130 Jahre Krankenpflege in Halle (Saale) mit den Ordensschwestern von der heiligen Elisabeth
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
130 Jahre Krankenpflege in Halle (Saale) mit den 1891 - 2021 Ordensschwestern von der heiligen Elisabeth
Obere Reihe (von links) Sr. M. Stefania Scholz Sr. M. Beate Lange Sr. M. Gerburgis Bahr Sr. M. Celina Lemke Sr. M. Andrea Händler Sr. M. Andrea Salbura Sr. M. Magdalena Hagenow 2. Reihe (von links) Sr. M. Adeline Grabisch Sr. M. Silvia Moska Sr. M. Angelika Moska Sr. M. Daniela Gärtner Sr. M. Carola Passon Sr. M. Kat harina Brodhun Unterste Reihe (im Sitzwagen) von links Sr. M. Mart ina Rudisch Sr. M. Hedwig Pohl 2021 04 05
Abschied 130 Jahre Schwestern von der hl. Eli- Kurz: die Schwestern waren so verschieden, sabeth in Halle – diese Ära geht nun zu wie Menschen nun mal verschieden sind. Ende. Die Niederlassung wird aufge- löst, die letzten 16 Schwestern versetzt, Worin alle diese Frauen gleich waren, das das Haus ausgeräumt. Zurück bleiben war ihr Lebensstil, ihr persönlicher Einsatz für ein gut funktionierendes, anerkanntes eine gute, umfassende Betreuung der Pati- Krankenhaus mit zwei Standorten in enten mit Herz und Barmherzigkeit und – als der Stadt und jede Menge Erinnerungen sichtbares Zeichen – ihr Ordenskleid. Auch, an die Zeit mit den Schwestern bei den wenn sich das Aussehen der Schwestern im Mitarbeitern, bei ehemaligen Patienten Laufe der vergangenen 130 Jahre dreimal und vielen Bürgern – Christen und Nicht- (1924, 1962, 1971) änderte, so war jede von christen – in der Stadt Halle. ihnen doch immer schon von weitem als Elisabeth-Schwester erkennbar. Ihr äußeres, An die 900 Schwestern haben im Laufe der für manche recht exotisch wirkendes Erschei- Jahre in Halle gelebt und gearbeitet, manche nungsbild war, wie jedes Etikett, Hilfe und nur eine kurze Zeit, einige ihr ganzes Ordens- Problem zugleich. Durch die Entscheidung, leben. 502 davon sind in Halle gestorben am Krankenbett und im Alltag das Or- und wurden auf dem Südfriedhof begraben. denskleid zu tragen, bringt jede Schwester in Manche Schwestern (hoffentlich die meisten) jede Begegnung nicht nur sich selbst in ihrer waren liebenswürdig, andere weniger. Es gab persönlichen Individualität ein, sie ist immer Schwestern, bei denen die Schülerinnen gern auch Vertreterin für Kirche, für Christen- auf Station waren, andere waren gefürchte- tum, für Gläubigkeit. Und je nach den damit te „Ösen“, um die man lieber einen großen verbundenen Vorerfahrungen, begegneten Bogen machte. Es gab Frauen darunter, die den Schwestern viele Menschen mit einem in ihrer frommen Berufung mit beiden Beinen hohen Vertrauensvorschuss, für andere war fest auf der Erde standen, andere wirkten das Kleid „ein rotes Tuch“ oder zumindest manchmal wie verloren in dieser Welt. Barriere für eine offene Kommunikation. Sr. M. Dominika 06 07
Diese Sichtbarkeit von Kirche und Glauben Durch den Weggang der Schwestern muss machte in den vergangenen Jahrzehnten das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barba- einen wesentlichen Teil des Profils des Kran- ra in Halle nun auf diese Ergänzung verzich- 130 Jahre sind eine lange Zeit. Wenn es, kenhauses St. Elisabeth und St. Barbara aus. ten und das ist sicher ein Verlust. Weil die wie in vielen Abschiedsworten zum Ausdruck Wer das Haus betrat, wusste in dem Mo- Schwestern aber in den letzten Jahren viel- gebracht, eine gute und segensreiche Zeit ment, wenn er an der Pforte auf eine Ordens- fach erfahren haben, dass es viele, sehr viele war, dann soll es uns recht sein. Mehr haben schwester traf, dass er in einem katholischen Mitarbeiter im Krankenhaus gibt – auf allen die Schwestern vor 130 Jahren nicht gewollt. Krankenhaus war. Hierarchieebenen, in allen Bereichen und Dafür, dass „nebenbei“ ein großes Kranken- unabhängig von der persönlichen Religions- haus entstanden ist, von dem zu hoffen ist, Seit Gründung des Krankenhauses bemühte oder Konfessionszugehörigkeit, die großen dass in ihm auch in Zukunft etwas vom Geist man sich auf vielfältige Weise, die immer Wert darauf legen, dass das Krankenhaus der heiligen Elisabeth zu spüren ist, dürfen gegebene Diskrepanz zwischen dem, durch das bisherige Profil behält und verdeutlicht, wir Gott und vielen engagierten, fachkundi- die Präsenz der Ordensschwestern gesetzten, ist ihr Abschiedsschmerz nicht ohne Zuver- gen und fleißigen Mitmenschen danken. Etikett „christliches Krankenhaus“ und der sicht. Sie dürfen die begründete Hoffnung im Krankenhausalltag erfahrbaren Realisie- haben, dass man sich auch in Zukunft nicht Im Namen aller Schwestern, die jemals in rung der christlichen Werte möglichst gering nur um die Verwirklichung der Werte bemüht, Halle gelebt haben und nach dem Beispiel zu halten. Durch das „Vorhandensein“ der sondern mit Phantasie und Kreativität andere, der heiligen Elisabeth die Menschen in Leid Ordensschwestern war man aber – vor allem neue, zeitgemäße Zeichen entwickelt, die – und Not froh machen wollten, in der Außenwirkung – für die Erkennbar- ähnlich wie das Ordenskleid der Schwestern grüßt herzlich keit des christlichen Profils von EK und BK – eindeutige Hinweise auf den christlichen nicht nur auf den Durchdringungsgrad der Charakter des Krankenhauses in Halle sind. Sr. M. Dominika Kinder christlichen Werte in der Mitarbeiterschaft Bei diesem Bemühen wird sie das Gebet der angewiesen. Es sei dahingestellt, ob das nur Schwestern auch in Zukunft begleiten und positiv ist. Eine Hilfe und Unterstützung für unterstützen. die Identität und Identifizierbarkeit katholi- scher Sozialeinrichtungen ist es sicher. 08 09
Den Auftrag weiter leben den Gründerinnen unseres Krankenhauses haus steht für christliche Medizin. Das an Flexibilität und Beharrlichkeit abverlangt bedeutet unter anderem, dass der Wille des Wir verabschieden uns von den worden ist – über gleich mehrere politi- Patienten oberstes Gebot ist und bleibt. Wir Schwestern von der heiligen Elisa- sche Systeme und große Krisen hinweg. haben ein Seelsorge-Team, das mit immer beth in Halle. Der Fortgang „unserer“ Die Schwestern haben unser Krankenhaus neuen Ideen und wachem Interesse am Ge- Schwestern ist eine Zäsur. Aber ist er nicht nur durch ihre Arbeit mitgetragen. Sie spräch, aber auch am Handeln daran mitar- auch ein Ende? Ich denke nicht. haben die Mitarbeitenden aus allen Berufs- beitet, christliches Krankenhaus erfahrbar zu Das Krankenhaus St. Elisabeth und St. feldern immer wohlwollend begleitet und machen. In unseren Projekten und Vorhaben Barbara hat eine feste Basis, die vor 130 angespornt, Nähe zu ihrer Tätigkeit und zu finden sich so viele Wesenszüge der Kongre- Jahren von eben dieser Kongregation, unseren Patienten zu empfinden – und diese gation wieder. Medizinische Angebote, die von Persönlichkeiten mit Mut, festem auch zu zeigen. So ist unser Krankenhaus unsere Patienten ein Leben lang begleiten. Glauben und Pioniergeist geschaffen Einzelleistungen, sondern das gemeinsam von einer dringend benötigten medizinischen Von den Himmelswunsch-Ballons für die worden ist. Von den Schwestern konn- Geschaffene. Unsere Patienten bringen nicht Versorgungseinrichtung in Halle zu einem Ort Neugeborenen über unsere spezialisierten ten und können wir viel lernen. Sie nur ein körperliches oder seelisches Leiden inmitten der Stadt geworden, an dem Jeder Kliniken hin zu einer Sterbe- und Trauerkultur, haben allen Menschen, die in unserem mit. Sie haben Fragen und erwarten Orientie- und Jede etwas für sich entdecken kann. die vielen Menschen echten Halt gibt. Ob Krankenhaus gearbeitet haben und rung. Für mich ist klar: Nur wer selbst über Mehr als ein Krankenhaus. Wir wollen gesell- „Engel der Kulturen“, „Tränenweihnacht“, arbeiten mit auf den Weg gegeben, in Orientierung verfügt, kann sie an andere schaftspolitisches Forum und verlässlicher Gesundheitsversorgung für Geflüchtete, jeder Situation das Mögliche zu tun. Und weitergeben. Wirtschaftliche Stabilität Partner sein. „Gemeinde auf Zeit“ für Patien- Elisabethtisch oder Familienbegleitung: Unser sie haben es vorgelebt. Unverzagt. Stets und medizinische Exzellenz sind für unser ten und Mitarbeitende gleichermaßen. Ohne Ziel ist es, Menschen zu stärken, statt sie zu auf der Suche nach immer besseren Lö- Krankenhaus wichtige Mittel zum Zweck. das Beispiel der Schwestern hätte sich ein so stigmatisieren. Auch damit stehen wir fest in sungen. Mit hoher Disziplin, aber auch Den langfristigen Erfolg verspricht aber hoher Anspruch vermutlich manches Mal im der Tradition der Schwestern von der heiligen mit aufrichtiger Freude am Arbeiten in die Erkenntnis, dass nur, wer die Richtung medizinischen Alltag verloren. Elisabeth. der Gemeinschaft. kennt, das Ziel erreichen kann. Deshalb ist der Auftrag der Schwestern von der heiligen Wie also geht es weiter? Ich denke, vor allem In der Mitverantwortung für unser Haus habe Unsere Aufgabe als Krankenhaus ist es, den Elisabeth so wichtig für uns. „Wert-voll“. Das Wertegerüst unseres Hau- auch ich viele Gemeinsamkeiten mit den Blick auf die Hilfesuchenden zu richten. In ses ist stark, aber es ist kein starres Korsett. Schwestern entdecken können. Möglichkei- unserem Krankenhaus, das sich zurecht auch Leicht ist dieser Weg nicht – und er war es Es fußt auf dem Beispiel der Kongregation, ten eröffnen und Angebote machen gehören mit „High Tech“-Medizin zeigt, zählen in nie. Die Mühen der derzeitigen weltweiten spiegelt sich in unseren Handlungen wider ebenso dazu wie pragmatische Sparsamkeit letzter Konsequenz weder Instrumente noch Gesundheitskrise lassen uns vergessen, was und entwickelt sich weiter. Unser Kranken- und überlegte Zurückhaltung, wo sie erforder- 10 11
lich sind. Um für andere da sein zu können, müssen wir selbst stark bleiben. Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen, die im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara ihren Dienst tun, möchte ich den Schwestern danken. Dafür, dass sie unseren Blick gewei- tet haben. Sie haben uns vor Augen gehalten, dass es neben dem Bestreben, Krankheit zu heilen oder zu lindern so viel mehr am Men- schen zu erfahren gibt, an das es anzuknüp- fen gilt. Ich wünsche den Schwestern von der heiligen Elisabeth von Herzen, dass sie Halle mit Zu- versicht und Genugtuung verlassen. Behalten Sie uns und Ihre Stadt Halle (Saale) in froher Erinnerung! Es grüßt Sie herzlich Thomas Wüstner Geschäftsführer 12 13
Die Anfänge der Elisabethschwestern in Halle Schwesternstation ein. Am 31. Januar 1891 hatten bald viele Patienten, fanden aber auch kamen die ersten vier Elisabethschwestern Gegner, weil ihr Anliegen der ambulanten Die Niederlassungen und Krankenhäuser der Der Verein sammelte erfolgreich Geld für ein und fanden Unterkunft bei dem katholischen Krankenpflege damals noch etwas Unge- Elisabethschwestern in Halle entwickelten katholisches Krankenhaus und eine Nieder- Schneidermeister Ochsenknecht im Grase- wöhnliches war. Die Auseinandersetzungen sich in enger Verbindung mit der katholischen lassung katholischer Krankenschwestern. weg 16. Die Leitung der Gruppe hatte die führten dazu, dass sich die Gruppe zunächst Gemeinde in der Stadt. Nach der Reformation spätere Provinzoberin Schwester M. Jucunda auflöste. entstand erst 1808 wieder eine katholische Noch im selben Jahr 1890 traf die damals Pohl. Pfarrei in Halle. Ihre Gottesdienste feierte sie erforderliche staatliche Genehmigung für die Zwei der Gründerin- im Bildersaal der Residenz. Als die Gemeinde Als die Schwestern nach Halle kamen, war nen, Maria Mer- im Jahr 1880 auf 2600 Mitglieder angewach- ihre Gemeinschaft noch jung. 1842 hatten kert und Franziska sen war, reichte dieser Raum nicht mehr aus. sich in Neisse (Schlesien) vier junge Frau- Werner, unternah- 1883 kaufte man für einen Kirchenbau ein en zusammengetan, um auf eigene Kosten men 1850 einen Grundstück in der Mauerstraße. Kranke, die ohne Versorgung waren, in deren zweiten Versuch, der Wohnungen zu zum Erfolg führte. Pfarrer Franz pflegen. 1859 erhielt ihre Wilhelm Woker Clara Wolff, von der Gemeinschaft die (1874–1892), der die Initiative ausge- bischöfliche und damals die treiben- gangen war, sagte 1871 die päpstliche de Kraft war, vertrat über ihre Motive: Anerkennung. Da den Standpunkt: „Der liebe Gott hat die Schwesternge- „Ich will keine neue mir schon früher ein- meinschaft einen Kirche, ehe nicht für gegeben, wie gut es staatlich anerkann- die Armen meiner wäre, wenn es Men- ten Rechtsträger Gemeinde gesorgt ist.“ Daher gründete man schen gäbe, die sich der Pflege aller Kranken benötigte, wurde 1890 in der katholischen Gemeinde einen ohne Unterschied des Standes unentgeltlich 1864 die Katholische Verein zur „Pflege der Kranken, Armen, unterzögen, und da ich darüber viel nachge- Wohltätigkeitsan- Witwen und Waisen, zur Linderung der Not in dacht und auch darüber gesprochen hatte, so stalt zur heiligen den schwersten Stunden des Lebens, in den haben sich noch einige Mädchen gefunden, Elisabeth (KWA) Schmerzen der Krankheit und des Todes“. welche so dachten und fühlten wie ich.“ Sie gegründet. 14 15
Sie eröffneten am 1. Februar 1895 ein Kinder- Genesung finden. Möge in diesem Hause nie- preisen, der im Himmel ist. Möge der barm- Die Kongregation wuchs sehr schnell und und Altenheim. Am 4. Februar 1895 kam ein mand sterben, der nicht mit Gott ausgesöhnt herzige Gott den Pflegerinnen stets Gesund- hatte im Jahr 1892, zur Zeit der Anfänge Kinder-garten hinzu. Der ambulanten Kran- ist; mögen Eifersucht und Neid übelwollender heit, Geduld, Sanftmut, Demut und Eifer für in Halle, bereits 1105 Schwestern und 140 kenpflege gingen die Schwestern weiterhin Feinde der katholischen Sache verstummen die Ehre Gottes und Mitleid mit der Not der Niederlassungen. Ihre Arbeitsgebiete hatten nach. 1896 wirkten 16 Schwestern in Halle. im Angesichte der Wohltaten, die hier ge- Mitmenschen alle Zeit ins Herz legen.“ sich von der ambulanten Krankenpflege auf spendet werden; mögen sie die guten Werke Krankenhäuser, Kinder- und Altenbetreuung Am 24. September 1896 legte man bereits der edlen Schwestern sehen und den Vater Johannes Mertens sowie Gemeindearbeit ausgeweitet. den Grundstein für den Bau des St. Elisa- In Halle arbeiteten die vier Schwestern vom beth-Krankenhauses, das am 8. September Graseweg aus in der ambulanten Kranken- 1897 eingeweiht wurde. pflege, hielten Nachtwachen in Kranken- In der Gründungsurkunde hieß es: „Die hiesi- häusern und kochten das Mittagessen für ge Niederlassung hat die katholische Sache die Kinder der katholischen Schule in der vielfach gefördert, indem die Schwestern Residenz. Die Zutaten mussten sich die Freunde und Gegner, Katholiken, Protestanten Schwestern zusammenbetteln. Regelmäßige und Juden mit aufopfernder Liebe pflegten, Einkünfte hatten sie nicht. Durch ihre Arbeit und dadurch nicht bloß die Kongregation, gewannen sie allgemeines Vertrauen und Sympathie über die katholische Gemeinde hinaus. ... Mögen hier für alle Zukunft 1893 kaufte der neue Pfarrer Christian die Kranken Genesung finden... Schwermer (1892–1904) den „Maidaischen Torfplatz“, ein Grundstück zwischen Gom- mer-gasse und Mauerstraße. Am 5. Dezem- ber 1893 wurde hier der Grundstein sowohl sondern auch die katholische Sache zu für die neue katholische Kirche als auch für Ehren brachten … So möge denn der Segen das Schwesternhaus gelegt. des allmächtigen Gottes auf diesem Werk Am 28. Oktober 1894 wurde das St. Elisa- ruhen, das zu Seiner Ehre und zum Heile der bethhaus der Schwestern eingeweiht. Der leidenden Menschheit ins Leben gerufen Konvent bestand damals aus elf Schwestern. ist. Mögen hier für alle Zukunft die Kranken 16 17
Schwester M. Modesta, die „Mutter Theresa von Halle“ Schwester M. Modesta hat sich ihr ganzes An einem anderen Abend betraten wir einen Ordensleben lang nach dem Beispiel unserer Raum, den man auf keinen Fall eine Woh- Gründerinnen mit ganzem Herzen der Armen nung nennen konnte. Ich war erschrocken und Kranken in ihren Wohnungen angenom- von all dem, was ich sah. Die kranke Frau, zu men. Als sie älter und kraftloser geworden der Schwester M. Modesta gerufen worden war, nahm sie mich mit auf ihren Wegen zu war, lag auf Brettern, die mit alten Tüchern den Hilfsbedürftigen in unserer Stadt, zumal bedeckt waren. Auch als Kopfkissen und an den Abenden. Von da an bekam ich per- Zudecke dienten schmutzige alte Decken. sönliche Einblicke in ihre Tätigkeit. Von einem Ein kleines Kind, ungefähr vier Jahre alt, lag Erlebnis bei diesen Krankenbesuchen möchte vollständig angezogen auf einer alten Bank ich berichten: und schlief, es war ja schon später Abend. Ein Mann stand hilflos am Bett seiner Frau. Schwester M. Modesta bat mich, bei einem Schwester M. Modesta versuchte, so gut es Sterbenden Nachtwache zu halten, und sie ihr möglich war, der Lage Herr zu werden. Da- brachte mich zu ihm. Das Haus wurde nur von nach machten wir uns wieder auf den Heim- ihm bewohnt und war mehr als abrisswür- weg. Am nächsten Tag, es war ein Sonntag, dig. Die Haustür und auch seine Zimmertür schickte mich Schwester M. Modesta mit waren nicht abschließbar. Doch so etwas einer Milchkanne voll heißem Wasser zu hielt Schwester M. Modesta nicht davon ab, dieser Familie und gab mir den Auftrag, die die notwendige Hilfe zu leisten, sondern war Frau zu waschen. Sie selbst wollte dann mit viel mehr ein besonderes Kennzeichen ihrer dem Frühstück für alle nachkommen, und so Barmherzigkeit und großen Nächstenliebe. geschah es auch. Unverschlossene Türen, auch in der Nacht, waren für sie unerheblich, ihr ging es um den Wie vielen kranken, alten und armen Men- Menschen und sein Wohlbefinden, nicht um schen Schwester M. Modesta mit ihrer Äußerlichkeiten, selbst wenn diese für sie zur großen Nächstenliebe und ihrer Uneigennüt- Gefahr werden konnten. zigkeit geholfen und sie dadurch auch froh Sr. M. Modesta 20 21
gemacht hat, weiß nur Gott allein. Jedenfalls Ich erinnere mich an den duften Geruch war sie tagtäglich in der Stadt unterwegs, zu Weihnachten aus der Klosterküche, wir stets mit zwei großen Taschen, die mit dem hatten dort im Kloster unsere Klassenräume. gefüllt waren, was die Menschen, zu denen Ich erinnere mich an Sr. Alberta, die streng sie unterwegs war, am nötigsten brauchten. über das Gelände lief, aber immer ein Wort Noch als sie selber alt und krank war und übrig hatte. An Sr. Stefanie, die uns immer nicht mehr ihren geliebten Dienst tun konnte, etwas mehr auf den Teller gemacht hat und Der Pflege-Abschlussjahrgang 1979 machte gingen ihre Gedanken stets zu bestimmten dabei lustig war. An Christina, die Chefin seine Examensfahrt nach Annaberg (Góra Familien. Sie sorgte sich sehr und wollte wis- aus der Küche, die uns mit viel Geduld das Swietej Anny) in Polen, einen Wallfahrtsort in sen, ob sie genug zu essen und auch sonst Kochen beigebracht hat. Sr. Edeltrud mit Oberschlesien. Die Schwestern Sr. Edeltrud, keine zu großen Nöte hatten. ihrem großen Schlüsselbund hatte alles Ausbildungs- und Stationsschwester Sr. Ro- im Blick. Sr. Modesta mit ihrem gebeugten switha und Sr. Stefania wurden ebenso wie Sr. M. Mechtild Siegmund Körper und alter Tasche in der Hand. Wir Herr Herbert Schmeja mitgenommen. In An- nannten sie Mutter Teresa von Halle. Die naberg erwartete die Frauenschar aus Halle meisten Schwestern erkannte man schon am eine große Männerwallfahrt! Vielleicht ist es Gang, obwohl doch alle in ihrem Habit gleich ja dem Segen dieses frommen Ortes zu ver- aussahen. Schön war es auch, wenn Sonn- danken, dass bis heute Krankenschwestern tag der Tisch im Speisesaal eingedeckt war dieses Ausbildungskurses aktiv im Dienst und sich jeder kannte und ins Gespräch kam. unseres Krankenhauses stehen und der Kurs Gelernt haben wir, zu arbeiten und die Freude über all die Jahre untereinander und mit den daran. Das JA zum Leben und natürlich die Ordensschwestern Kontakt gehalten hat! Freundschaft innerhalb unseres Ausbildungs- kurses über die ganzen Jahre hinweg. Das Barbara L Miteinander und die Vertrautheit. Es hat uns zusammengeschweißt – insbesondere kommt es mir vor, als wäre es erst gewesen. Regine R. 22 23
Die Zeit mit den Schwestern: Da habe ich haben wir auch „Adelbienchen“ genannt. Mit ganz viele Erlebnisse und Erinnerungen. Und einer Hingabe hat sie sich gekümmert! Und nur positive. Wir haben von 1975 bis 1979 diesen Geist nimmt man mit. Geprägt haben unsere Ausbildung am St. Elisabeth-Kran- mich die Schwestern nur positiv. Glaube + kenhaus absolviert. Als 16-jährige Schülerin Liebe + Hoffnung. Disziplin, Willenskraft, kam ich ins Internat im Haus. Wir kamen aus Teamgeist und die Liebe zum Beruf. Wir allen Teilen der damaligen DDR. Von morgens waren für die Schwestern, die uns ausbilde- 5.30 Uhr Teildienst, mittags frei und 16.00 bis ten, „Rohdiamanten“. Die Schwestern gaben 19.00 Uhr täglich. 10 Tage durcharbeiten, 4 uns den Schliff. Sie waren uns gegenüber Tage frei. Trotzdem war es die schönste Zeit. sehr streng, aber die meisten von ihnen sehr herzlich. Für unser Leben haben wir unwahr- Jetzt, da es Kurznachrichtendienst-Apps gibt, scheinlich viel gelernt, alle Höhen und Tiefen. haben wir eine Gruppe und teilen unsere Freuden, Sorgen und Nöte. Wir sehen uns bis Sr. Carmelita danke ich: Nach den ersten 10 heute regelmäßig alle 5 Jahre – nur letztes Arbeitstagen wollte ich nie mehr nach Halle, Jahr fiel es durch Corona ins Wasser. aber am Sonntagabend stand ich am Bahn- steig, und es ging…zurück nach Halle. Sr. Sr. Adeltraud, haben wir auch Edeltrud mit ihrem Geburtstagstischchen am „Adelbienchen“ genannt. Mit einer Fahrstuhl. Sr. Thekla von der Pforte hat uns Hingabe hat sie sich gekümmert! oft durchgelassen, aber auch mal verpetzt. Sr. Christina aus der Küche, es hat immer gut geschmeckt und die Kilos merkte man. Zum Ich habe eine Sammeltasse zum bestandenen Abschied Sr. Edeltruds Worte: „So einen Kurs Examen, geschenkt von Sr. M. Alexandra und wie unseren hat es und wird es nie wieder Sr. M. Uta – sehr, sehr liebe Schwestern, die geben.“ Also Mädels, wir können stolz auf ich sehr verehre, aber um keine zu verges- uns und die Ordensschwestern sein! sen, wäre die Liste so lang. Meine damalige Schwester von Station 8, wo wir als Prak- Barbara M. Sr. Tobia und Sr. Edeltraud tikanten eingesetzt waren, Sr. Adeltraud, 24 25
Ich finde, alle Schwestern haben unser Leben geprägt – mehr oder weniger. Ich erinnere mich noch an den ersten Schultag, an dem Die Zeit in Halle bei den Schwestern hat mich wir Schwester Roswitha unsere Hände für mein Leben geprägt: zeigen mussten (wegen Nagellack) und ob Sr. Edeltrud, vor der wir am Anfang gezittert wir ein sauberes Taschentuch hatten. Unsere haben und die uns dann so gut durch unsere ersten Unterrichtsstunden fanden in einem Ausbildung geführt hat. Wenn eine von uns Gebäude neben dem Schwesternsaal statt, Geburtstag hatte, stand hinten im Internat ein bevor wir in die Räume des Klosters gezogen Tisch mit Kerze, Karte und ein Stück „West- sind. seife“ oder Schokolade; Sr. Roswitha, die wir lieb „Schnüffelinchen“ Sr. M. Beate L. hatte oft an den Wochen- genannt haben, weil sie immer an der Tür enden Nacht-Pfortendienst und war für gehorcht hat oder gerochen, ob im Zimmer mich eine große Beruhigung und Stütze. Bei geraucht wird; Station 1 im Untergeschoss war die Durch- Sr. Celina aus der Kapelle hat uns das Gitarre fahrt, und es war oft sehr gruselig, und die spielen beigebracht; Schwester hatte etwas Beschützendes. Sr. Monika mit dem Bücherwagen; Am meisten haben mich immer ihre Einstel- Die Schwestern aus der Apotheke mit ihren lung zum Leben auch als Nonne und ihre selbstgemachten Likör, der tat Wunder; Ehrlichkeit fasziniert. Daraus ist bis heute die strenge Sr. Cornelia vom OP, die eigent- eine großartige Freundschaft und Verbunden- lich gar nicht streng war; heit entstanden. Wir wurden sehr gut auf das Sr. Thekla von der Pforte haben wir mit einem Leben vorbereitet. Schokoapfel bestochen, wenn es etwas Jede Ordensschwester war ein Original: To- später war; bia, Sr. Dorothea aus der Pforte, jede einzelne Sr. Sabina, von der ITS, die diesen damaligen Stationsschwester, Conselatrix, Monika, Sr. Bereich mit aufgebaut hat und die viel zu früh Adeltraud. verstorben ist. Apotheke des Krankenhauses, Sr. M. Hyazintha und Sr. M. Alexia Martina W. Jutta H. 26 27
Nach meinem Praktikum in Dessau habe ich von 1979-1982 im Elisabeth-Krankenhaus meine Ausbildung gemacht. Diese Zeit gehört für mich zu einer meiner schönsten Erinnerun- gen. So anstrengend die Ausbildung natürlich auch gewesen ist, so sehr habe ich diese Zeit Ich lebe nach wie vor in Halle und freue mich aber auch genossen. Noch heute treffen wir sehr, dass an die Schwestern als "FrauenOrt" uns gelegentlich (zuletzt 2018) und tauschen auch künftig erinnert wird. uns aus. Bei unserem letzten Treffen hatten wir nochmal die Möglichkeit, Sr. M. Ros- Als Erinnerungsstück fiel mir sofort das Kreuz witha, und beim Rundgang einige andere ein, welches wir zum Abschluss bekommen Schwestern zu treffen. haben. Es bedeutet mir sehr viel und hängt in unserem Schlafzimmer. Es ist sehr schade, dass die Zeit für die Schwestern in Halle zu Ende geht. Leider Ich danke allen Schwestern für Ihr Wirken in macht es die Pandemie ja nicht möglich, aber Halle und wünsche Ihnen alles Gute. Bleiben ich bin mir sicher, wenn es möglich gewesen Sie alle unter Gottes Schutz und Segen wäre, dann wären viele gekommen. behütet. Neben mir haben ja auch mein Bruder Jo- Mit dankbaren Grüßen hannes und meine Schwestern Christine und Maria Elisabeth Koschig. Felicitas ihre Ausbildung im EK gemacht. Ich kann für uns alle sprechen, dass uns diese Zeit menschlich sehr positiv geprägt hat, und wir diese Zeit und auch die Schwestern nicht vergessen werden. 28 29
Cordula Litschko, von 1982-1984 Ferienhilfe, sierte doch sehr, welche Frisur sie unter dem von 1985-1988 Auszubildende und anschlie- Schleier trägt – und bekam eine Antwort. Als ßend Mitarbeiterin, auch in Leitungsfunktion Auszubildende und spätere junge Mitarbei- bis 2015. terin ist mir der mächtige Schlüsselbund von Schwester M. Edeltrud besonders in Erinne- Zum EK, wie ich es aus meiner Familie kann- rung geblieben. Er kündigte ihr Kommen an. te, hatte ich als Ferienhilfe Kontakt. 1982 auf Stat. 12 bei Schwester M. Editha. Der Die ständige Einsatzbereitschaft der Ordens- Wunsch, den Beruf der Krankenschwester schwestern fand ich in den 80er Jahren hier zu erlernen, flammte sofort auf. Eine der richtig und angemessen – das hat mich wohl Patientinnen war auch Schwester M. Chris- mehr geprägt als ich bisher annahm. tina aus der Küche. Es kostete schon Über- windung, das Zimmer zu betreten. Jedoch Dem Krankenhaus St. Elisabeth und St. Bar- erwartete mich eine sehr freundliche, offene, bara wünsche ich, dass vom Geist der Demut ja „normale“ Frau. Wir führten einige sogar in dieser schnelllebigen Zeit etwas bleibt: sehr persönliche Gespräche. Mich interes- "Wie kann ich eine goldene Krone tragen, wenn der Herr eine Dornenkrone trägt!“ Elisabeth von Thüringen 30 31
Wie ich 1978 als Medizinstudent das erste Mal mit den Ordensschwestern Kontakt hatte – Erinnerungen von Dr. Peter Göbel Ich hoffe, es bleibt ein Krankenhaus zurück, mich erwartet. Etwas müde ging ich durch welches sich in, zugegeben schwierigen 1978 war ich Medizinstudent in Dresden und die noch leere Stadt vom Bahnhof in Richtung mich der Empfang durch die Schwestern. wirtschaftlichen Zeiten, an den Kernauftrag, interessierte mich schon für das Fach Kin- St. Barbara Krankenhaus. Dort angekommen Als ich dann 2004 als Chefarzt für Kinderchi- den die Schwestern gelebt haben, immer wie- derchirurgie, welches man damals schon als klingelte ich an der Pforte und wurde sehr rurgie die Tür des St. Barbara Krankenhauses der erinnert: Das Krankenhaus muss ein Ort Facharzt in der DDR ausüben konnte. nett von einer Ordensschwester begrüßt. Ich durchschritt, erinnerte ich mich als erstes sein, wo sich Patienten in für sie schwieriger stellte mich vor und bat darum, mich zu Dr. an diese Begebenheit. Oft fragte ich mich: Situation geborgen und verstanden wissen. Ich bin aus der Generation, die für ihren Hofmann zu bringen. Die Ordensschwester warum? Ich glaube, es war die Erfahrung, dass Es muss aber auch ein Ort sein, wo Mitar- Abschluss eine Diplomarbeit schreiben (ihren Namen weiß ich leider nicht mehr) sich die Schwestern nicht nur um das Wohl beiterinnen und Mitarbeiter jeden Tag gern musste. Diese Arbeit beschäftigte sich mit meinte: „das hat Zeit, sie müssen doch sehr ihrer Patienten aufopferungsvoll kümmerten, hingehen, weil sie dort ihren Beruf mit Freude der Behandlung von Kindern mit einem müde sein nach der langen Fahrt aus dem das war ja in der DDR hinreichend bekannt. ausüben können und sich in einer Gemein- Hydrozephalus (Wasserkopf). Ein wichtiges fernen Dresden. Wir haben für Sie eine Deshalb zog es auch so viele Patienten in kon- schaft von Gleichgesinnten aufgehoben und diagnostisches Hilfsmittel bei dieser Erkran- Kleinigkeit vorbereitet.“ Sie führte mich in fessionelle Krankenhäuser. Nein, sie kümmer- verstanden wissen. Dann hat das Kranken- kung war der Ultraschall. In der DDR gab es ein Zimmer und was ich dort vorfand, ließ mir ten sich genauso um das Wohl der Mitarbei- haus St. Elisabeth und St. Barbara auch ohne zu dieser Zeit nur wenige Kliniken, die diese die „Studentenaugen“ übergehen. An einem ter, wie ich an diesem Morgen erleben durfte. Ordensschwestern eine gute Zukunft in der Untersuchungsmethode zur Verfügung hatten schön gedeckten Tisch stand ein köstliches Stadt Halle. und auch gut beherrschten. Eine war das Frühstück mit dampfendem Kaffee und Erinnerungen verblassen oder überhöhen die Krankenhaus St. Barbara in Halle. frischen Brötchen. Die Schwester sagte: „Er- tatsächliche Situation. Das ist mir klar. Aber Dr. Peter Göbel Der Chef der Kinderchirurgie in Dresden, bei holen Sie sich von ihrer Reise. In einer halben dieses Erlebnis hat mich mein Berufsleben Chefarzt Klinik für Kinderchirurgie 2004-2020 dem ich die Arbeit schrieb, meinte: ich sollte Stunde hole ich Sie wieder ab und bringe Sie lang begleitet und ich hoffe, dass es auch ein mir das mal in Halle ansehen. zu Dr. Hofmann. Übrigens habe ich Ihnen dort wenig mein Verhältnis zu meinen Mitarbeite- auf den Stuhl Ihre Arbeitssachen gelegt“. Auf rinnen und Mitarbeitern als Chefarzt beein- Im Stil der Zeit: Und dann erlebte ich folgendes: einem Stuhl lagen frisch gebügelt ein weißes flusst hat. Erstes Assistenz- Mit dem Zug machte ich mich am frühen Hemd, eine Hose und ein frisch gestärkter arztjahr in der Morgen auf den Weg nach Halle, um pünkt- Kittel. Kinderchirurgi- lich zum Dienstbeginn in der Klinik zu sein. Nun verlassen die Schwestern von der Hei- schen Abteilung Ich war beim Chef Herrn Dr. Hofmann an- Was ich an dem Tag fachlich lernte, weiß ich ligen Elisabeth unser Krankenhaus und die der Medizinischen gemeldet und natürlich sehr gespannt, was heute auch noch, aber beeindruckend war für Stadt Halle. Was wird bleiben? Akademie Dresden 32 33
Johannes Hünert mit Sr. Edeltrud Der Vorgänger des Elisabethtisches auf dem Tisch. An kirchlichen Feiertagen, die Lange, bevor der Elisabethtisch eingerichtet in der DDR manchmal auch Werktage waren, wurde, hatten die Ordensschwestern aus wie zum Beispiel Ostermontag, Himmelfahrt einer Not heraus probiert, wie Speisenver- und Fronleichnam, sowie an den Festtagen sorgung für wirtschaftlich weniger bemittelte der Heiligen Elisabeth, Barbara, Kosmos und Menschen funktioniert. In einem Nebenraum Damian und anderen Ordensschwesternfei- der Klosterküche, mit schönen großen und ertagen gab es zusätzlich weiße Tischdecken kleinen Grünpflanzen, einem riesigen Tisch und Kerzen. mit Holzstühlen und vielen Fenstern, also Heute Gebetsraum, 1972 u.a . Werkstät ten eine Wohlfühloase, die auch ein bisschen zum Ausruhen gedacht war, wurden Männer J"eder bekam seinen Teller mittags bedient. Vier Mal in der Woche gab gebracht, niemand musste in es wohlschmeckende Suppen und nur einmal einer Schlange stehen. O ft gab es Kartoffeln, Fleisch oder Fisch mit Gemüse und auch Kompott oder Pudding." Soße, aber zu jeder Mahlzeit eine Flasche Bier. Ja, die Bedürftigen, es waren 10 bis 15 Männer, wurden wirklich bedient. Jeder be- kam seinen Teller gebracht, niemand musste Gern haben die Ordensschwestern die Hand- in einer Schlange stehen. Oft gab es auch werker bedient, natürlich haben die Männer Kompott oder Pudding. auch bei Bedarf unbürokratisch und schnell Im Gesundheitswesen der DDR war die technische Probleme beseitigt, manches Entlohnung der Arbeit, die nie einfach Bleirohr gelötet und wenn Schwester Johan- war, nicht besonders üppig. Die Gehälter na aus dem Personalbüro es wollte, heimlich der Haushanderker lagen an der untersten einen Baum vor ihrem Bürofenster gefällt. Grenze. Um Haustechniker am Krankenhaus zu halten, waren besondere Ideen gefragt. Johannes Hünert Mit bescheidenen Mitteln und Möglichkeiten ehem. Leiter Technik wurden die Herren versorgt. Blumen standen Kloster und Krankenhaus mit Werkstätten, Gärtnerei und Handwerkerspeisesaal 1928 34 35
[..] Ein Lichtblick in dieser schwierigen rekt aus dem katholischen Himmel in Gestalt Anfangszeit war Schwester Barbara, das von Ordensschwester Katharina. Sie war „Ich war immer gern bildhübsche, intelligente Patenkind meiner in Halle legendär, Mitte 40, klein, liebevoll, auf Stat ion. Es war Schwiegermutter. Sie hatte die Ausbildung ein guter Zusammen- zur Kinderkrankenschwester und zur Inten- halt. Das ist wich- sivschwester in Jena abgeschlossen. Dort Kat harina hat te etwas t ig, dass sich alle gut erhielt sie lukrative Angebote, aber als sie Engelhaftes an sich. verstehen und sich von meinen Problemen hörte, kam sie nach gegenseit ig helfen und Halle, sah sich im St. Barbara-Krankenhaus wenn Neue auf Sta- um und sagte sofort zu. Damit war eines der immer fröhlich und begnadet im Umgang mit t ion kommen, dass größten Probleme gelöst. Infolge fehlender kranken Kindern. Man kannte sie in der Stadt. man sie gut einführt Fachschwestern sollten nämlich wie bisher Wenn sie mit der Straßenbahn vom Barbara- und ihnen alles alle Säuglinge und alle etwas komplizierteren Krankenhaus ins Mutterhaus am Franckeplatz erklärt.“ Operationen bei Kindern in der Kinderab- fuhr, traf sie meistens eines der Kinder, das teilung weiterbehandelt werden. Das wäre irgendwann im „Barbara" behandelt worden das vorzeitige Ende meiner Vorstellung von war. Katharina hatte etwas Engelhaftes an Kinderchirurgie gewesen. Wir Kinderärzte mit sich. Sie begleitete mich von Anfang an in chirurgischen Möglichkeiten verstanden uns allen schwierigen Situationen und wurde ja als gleichberechtigt zu den Kinderärzten, auch mein persönlicher Engel. Die Kinder die für die internistische Behandlung zustän- liebten sie über alles, sie sang, spielte und dig waren. Alle operierten Kinder sollten bei betete mit ihnen, obwohl die meisten Kinder uns bis zu ihrer Entlassung weiterbetreut in Halle schon damals nicht wussten, was ein werden. Gebet sein sollte und wer dieser traurige Kerl war, der in allen Zimmern an einem Holzkreuz Schwester Barbara erlernte in kürzester Zeit hing und auf sie herunterschaute. Funktionä- die Besonderheiten einer postoperativen The- re, Parteigenossen und russische Offiziere der fast 50 Jahre im BK auf Kinderstation/ rapie und baute mit den jungen Absolventen nahen Garnison brachten ihre Kinder beson- Kinderchirurgie. der eigenen Kinderkrankenpflegeschule die ders gern ins katholische Krankenhaus wegen neue Station auf. Dabei hatten wir Hilfe di- der guten Pflege. Sr. M. Kat harina Brodhun (94) 36 37
Katharina war eine von vielleicht noch 20 also zwei Seiten. Das übertriebene Hygiene- Petra Walter, Leiterin der Küche im Kranken- Ordensschwestern im Haus. Meistens waren regime konnte sogar in personell unterbesetz- haus erinnert sich: sie an leitender Stelle eingesetzt, als Oberin, ten Zeiten durchgehalten werden, weil dafür Stationsoberschwester oder Laborleiterin. rund um die Uhr die jüngsten Schülerinnen "Ich habe bei Schwester Christina gelernt, Schwester Cassiana leitete dank ihres pas- unserer Kinderkrankenpflegeschule einge- das war noch eine von den Köchinnen, die senden Namens das Lohnbüro. Aber einige setzt wurden. Auf Station, am Krankenbett, in alles konnten – vom Backen, über Kochen Bereiche waren schon verweltlicht: Kreiß- Labor, Röntgen oder OP-Saal wurden sie im usw. – Fachwissen pur. Bei ihr habe ich viel saal, Operationssaal, Röntgen und nun auch ersten Jahr überhaupt nicht ausgebildet, sie gelernt. Sie hat ihre Mannschaft gut im Griff die Kinderchirurgie. Die Ordensschwestern mussten schrubben, was das Zeug hielt. Es gehabt. Und wenn mal ein lautes Wort fiel, hatten über viele Jahre seit der Gründung waren auffallend viele hübsche, gut erzogene war sie am Tag darauf etwas leiser. 1904 ein strenges, fleißiges und vor allem und intelligente Schülerinnen im Haus, weil Sie hatte immer einen riesigen Schlüsselbund sauberes Regime geführt. St. Barbara die einzige katholische Ausbil- dungsstätte für Kinderkrankenschwestern in Von früh bis spät wurde geputzt, alles war der DDR gewesen ist. Aus allen katholischen steril, überall stank es entsetzlich nach Teilen der Republik kamen junge Mädchen, Wofasept, das dem Scheuerwasser reichlich die nicht in der FDJ waren, kein Abitur zugesetzt wurde. Diese übertriebene Desin- machen durften und auch sonst fortlaufend fektion war dem früheren pädiatrischen Chef politische Schwierigkeiten in ihren Schulen mit ganz vielen Schlüsseln dran, ich habe zum Verhängnis geworden, denn so konnten hatten, zur Ausbildung nach Halle. [...] immer ewig gebraucht, bis ich den richtigen sich die resistenten Hospital-Staphylokokken gefunden habe. Sie sagte dann immer zu mir: ungehemmt ausbreiten. Schwere abszedie- Prof. Dr. Volker Hofmann, Er aber zog seine Straße Ach, Peterchen, eines Tages wirst du diesen fröhlich. Erinnerungen eines Kinderchirurgen, S. 149f rende Pneumonien bei Säuglingen waren die Schlüsselbund haben. Daran war damals Folge. Diesen heftigen Stallgeruch bekam nicht zu denken. Und dass es dann wirklich man nicht so schnell aus seinen Kleidern. mal so kommt, hätte ich nicht gedacht. Ei- Wenn ich mit der Straßenbahn zum Bahnhof gentlich wollte ich das nicht. Als es dann so fuhr, drehten sich die Passagiere zu mir um weit war, habe ich die Herausforderung aber oder wanderten einen Wagen weiter. Selbst gerne angenommen. zu Hause kam noch eine ausreichende Brise St. Barbara an. Die peinliche Sauberkeit hatte Krankenhausküche 38 39
Schwester Oberin Magdalena Jeder Leser dieser Zeilen hat sofort den un- Lange war das Labor ihr Reich und später für verwechselbaren "Wohlgeruch" in der Nase, viele Jahre das ganze Krankenhaus. nach dem alle Kliniken in der DDR gestunken haben. Aber wenn das Mittel fehlte, konnte So wie es in der Natur eine "Nahrungsket- der Mangel für unsere Patienten lebensge- te" gibt, in der das aufgenommene Gift von fährlich werden. Darum ist Schwester Oberin unten nach oben, von einem auf den anderen umgehend in ihren Wartburg gestiegen und übergeht und der Letzte vielleicht daran in Richtung Wolfen gefahren. Wie sie in den stirbt, gibt es im Krankenhaus eine "Katastro- VEB "Chemiekombinat Bitterfeld" hineinge- phenkette." Findet zum Beispiel die Schülerin kommen ist, habe ich sie nicht gefragt, denn keine Mullbinde mehr im Schrank, wendet sie ist stets mit einigen Kanistern des kostba- sie sich an die nächste Schwester, diese ren Bakterientöters heimgekehrt. dann an die Stationsschwester und so geht es stufenweise die Treppe der medizinischen Hierarchie aufwärts, bis das Problem bei Schwester Oberin auf dem Tisch liegt. Wenn unterwegs auf dieser Spirale der Verantwor- tung niemand Mullbinden gefunden hat, ist die Oberin nicht zu beneiden. Sie kann zwar den Herrgott um Hilfe bitten, die Lösung des Problems muss sie auf Erden jedoch selbst finden. Das ist der Alltag auch von unserer Oberin, Schwester Magdalena, gewesen. Mehrmals ist es geschehen, dass die Lieferung von Wo- fasept ausgeblieben ist, das als Desinfekti- onsmittel im Krankenhaus unentbehrlich war. Sr. M. Magdalena 40 41
Ob ihr im atheistischen Staat das Ordensha- der Schule für Kinderkrankenschwestern un- Kleine Andekdoten von Peter Schmidt bit die Türen geöffnet hat, ihr entwaffnendes term Dach, die eine ungeheure Anziehungs- Lächeln oder ein Päckchen Westkaffee, ist kraft auf die Rekruten in der benachbarten Der Schlüssel Ordensschwestern haben einen weißen Sarg. ihr Geheimnis geblieben. Die Krankenhaus- Kaserne ausgeübt haben. Zwar gab es eine Ich hatte meinen Generalschlüssel verbum- So wie das weiße Brautkleid. Ihr Leben ist hygiene jedenfalls und die Patienten waren mit Stacheldraht bewehrte Mauer zwischen melt. Bekam ihn aber zum Glück recht schnell erfüllt – sie gehen zu Gott im Brautkleid und gerettet. den Grundstücken, die aber kein Hindernis zurück. Da musste ich an meine Chefin das Zeichen nach außen ist der weiße Sarg. für in der Kriegführung ausgebildete Männer Schwester Magdalena denken. Sie trug ihre Ein schönes Symbol! Die Ordensschwestern dargestellt hat. Sie sind sogar über Mau- Schlüssel immer an einer feinen Kette. Noch wurden aus dem Krankenhaus durch eine ei- ern, Nebengebäude und Blitzableiter bis zur heute hängen meine wichtigen Schlüssel an gene Friedhofstür auf den Friedhof gebracht. Klausur im vierten Stock geklettert, aber dann einer Kette, und ich habe sie immer griffbe- Das Tor ist lange zugemauert. Den Schlüssel war Schluss, noch bevor sie die anziehenden reit. für das Friedhofstor habe ich von Schwester Fenster im Dachgeschoss erreicht hatten. Ihr Magdalena übernommen. Er ist heute noch in Rumoren hat Schwester Oberin auf den Plan Das Kreuz meinem Besitz. gerufen, die, mit ihrer großen Taschenlampe Wir haben auf Station 3 im St. Barbara-Kran- bewaffnet, der Sache nachgegangen ist. kenhaus ein Zimmer gründlich geputzt. Das Immer die Jüngste Ein Kampf hat allerdings nie stattgefunden, Kreuz, das es in jedem Patientenzimmer gab, Die Sitzordnung der Ordensschwestern in der wenn sie den kurz vor dem Absturz auf einem war zerbrochen. Ich bekam den Auftrag, es Kapelle war streng geregelt. Das Eintrittsal- Sims zitternden Eindringling gestellt oder im Klostergarten zu „bestatten“. Warum ter regelte den Sitzplatz in der Kapelle. In vom hohen Balkon heruntergeholt hatte. Die wirft man es nicht einfach weg, so wie die den vorderen Reihen saßen die „Alten“. Je starken Kerle haben sich klein gemacht vor anderen Dinge, die kaputtgegangen sind? Ein kürzer man im Orden war, umso weiter saß der achtungsvollen schwarzen Gestalt in der Kreuz ist eben nicht einfach nur ein Deko- man weiter hinten. Bei einem Sommerfest Nacht. rationsgegenstand. Normalerweise wurden im Garten des St. Barbara-Krankenhauses, zu Kreuze, die kaputt gegangen sind, bei der einer späteren Zeit und bei einem Glas Wein, Die mutige Oberin hat der heiligen Barbara nächsten Bestattung einer Ordensschwester klagte Schwester Christiane mir ihr Leid. Gerettet hat unsere Oberin auch mehrmals Ehre gemacht und könnte, in Nachfolge der mit in den Sarg gelegt. Immer muss ich hinten sitzen. Sie war die Angehörige der Nationalen Volksarmee, die Patronin unseres Krankenhauses, die fünf- "Jüngste" im Konvent und Nachwuchs war in der Nacht auf das Krankenhausgelände zehnte Nothelferin geworden sein. Tod einer Ordensschwester nicht in Sicht. vorgedrungen waren. Denn in der Barba- Der erste Sterbefall einer Ordensschwester rastraße wohnten dreißig hübsche Mädchen Dr. Ernst Fukala war für mich auch eine Besonderheit. Die 42 43
Der Kaiser 1976, OP des St. Barbara-Krankenhauses, das dann kurz vor einem Feiertag im Krankenhaus OP-Programm war geschafft für diesen Tag. aufgenommen zu werden. Dort war es warm, Was aber nicht bedeutete, es war auch Fei- es gab gutes Essen und die eine oder andere erabend. Wir haben Tupfer gelegt. Schwester Kleinigkeit. Und vor allem, es war einer da, Antonina erzählte uns, wie sie als Kind den mit dem man sich etwas erzählen konnte. Kaiser in seiner Karosse gesehen hatte. Wir hörten ihr fasziniert zu. Tiefste DDR-Zei- ten und dann diese Geschichten. Herrlich! Bettwäsche Wir waren gerade erst verheiratet. In der DDR war ja alles knapp. Unsere Oberin Eine andere Welt wollte uns eine Freude machen und schenkte Als ich mit meiner Ausbildung im Kranken- uns Bettwäsche. Wir hatten natürlich auch haus begann, wurde eine Krankenstation keine Waschmaschine, und so gaben wir von einer Ordensschwester geleitet, die Tischtücher und Bettwäsche in die staatli- Stellvertretung war eine Ordensschwester, che Wäscherei. Als wir unsere Sachen zum für die Küche gab es noch eine Schwester, vereinbarten Termin abholen wollten, war die die Suppen aufwärmte oder Brote schmierte. neue Bettwäsche nicht dabei. Man vermute- Dazu gab es ein bis zwei freie Schwestern te, wir hätten sie gestohlen. Nur, wenn wir und eine Schar von Auszubildenden. Später einen Nachweis über die Herkunft erbringen, haben wir in meiner Familie oft gesagt, wenn würden wir sie ausgehändigt bekommen. es um Dinge aus der DDR ging, das haben Schwester Magdalena rief sofort in der Wä- wir so nicht erlebt. Das Krankenhaus, geprägt scherei an und nahm uns in Schutz. Mit einer durch die Schwestern, war eine Welt für sich, schriftlichen Bestätigung durch die Oberin in der wir gelebt haben. Zugegeben, auch und der Unterschrift des Verwaltungsleiters hier gab es Ärger und Streit. Es war aber ein erhielten wir unsere Wäsche zurück. Haben anderer Umgang miteinander. Sich um einan- sie dann aber lieber selber gewaschen. der sorgend? Ich erinnere mich an Patienten, die ihre Wehwehchen tapfer ertrugen, um 44 45
Das wird mir fehlen… die Krankenkommunion auszuteilen. Ja, wie mache ich das? Weder mein Chef noch mein Schwester Basilia Heimatpfarrer haben mir wirklich geholfen. …eine noch aktive Ordensschwester, die Ich bin dann mit Schwester Basilia einige neben der Seelsorge im Krankenhaus, der Male mitgegangen und habe von ihr gelernt. Arbeit in der Propstei, Orgelspiel auf den Au- Durch ihr Tun habe ich für mich eine Form ßenstationen, Gefängnisseelsorge auch noch gefunden, die der Liturgie entspricht, die aber in der Notfallseelsorge der Stadt Halle mitar- auch von mir getragen werden konnte. Danke beitet. Wo sie oft die Dienste übernimmt, die dafür! sonst keiner machen möchte. Wir haben einmal im Monat Supervision. Fasching im Kloster Das geht von 19.00 bis 21.30 Uhr. Eine Im Krankenhaus wurden alle christlichen schöne Tradition ist es geworden, dass wir Feste auch auf der Station gefeiert . Zu beide danach zu Fuß durch die Stadt nach Weihnachten hatte jede Station einen Hause gehen. Sie bringt mich immer von der Weihnachtsbaum und eine Krippe. Zu Ostern Mittelstraße bis zum Steinweg, wartet, bis wurden von den Schwestern Osterlämmer meine Straßenbahn 95 gekommen ist, winkt für die Station gebacken. Zum Rosenmontag noch kurz und geht dann ins EK. Auf unse- gab es zum Nachmittagskaffee eine Tasse rem Fußmarsch wird über Gott und die Welt alkoholfreien Punsch. Am Abend feierten die gesprochen. Ordensschwestern. Sie hatten sich verkleidet und trugen auf ihrem Schleier ein buntes Papphütchen. Krankenkommunion Zur Arbeit eines Seelsorgers im Krankenhaus gehört es auch, den Patienten, die es wollen, Sr. M. Basilia 46 47
Sehr eingeprägt hat sich mir die Gastfreund- "... der liebe Gott kennt Ich wünsche dem Krankenhaus, auch weiter- schaft der Elisabethschwestern. Als ich mich so gut, da brauche hin ein Ort des Glaubens und der Menschlich- Peter Schmidt mehrmals im Monat Nachdienste im Dia- ich keine Angst zu haben." keit zu sein. Ein Ort, wo es einen Raum der (ehem. Krankenhausseelsorge) koniekrankenhaus hatte, durfte ich jeweils Stille gibt, mit Mittagsbesinnung, mit dem morgens früh im Dachkämmerchen des Klos- Feiern von christlichen Festen (z.B. Barbara, ters unterschlüpfen, um in Ruhe den Schlaf lag. Als ich schon wieder gehen wollte, sagte Elisabeth). Ein Ort, wo neue Abteilungen nachzuholen. Und meine ältere Mitschwester sie mir, dass sie wohl nicht mehr so lange da gesegnet werden, wo man eine christliche Margarete war immer willkommen, um Tage sein würde. Ob sie das ängstige oder beun- Feier zum Examen begeht. Wo Schwerkranke der Stille bei den Schwestern zu verbringen. ruhige, fragte ich daraufhin. „Nein, der liebe und Sterbende immer die Möglichkeit haben, Sie war gerührt, dass sogar ständig ein Gott kennt mich so gut, da brauche ich keine Seelsorge zu bekommen. Wo Mitarbeiter Zimmer für sie reserviert war und ihr Name Angst zu haben“ war ihre schlichte Antwort. offen und ehrlich mit ihren Vorgesetzten dort an der Tür stand. Die letzten Jahre nahm Etwa eine halbe Stunde später ist sie – für sprechen können. Wo es keine Unterschiede sie auch als Hausgast an den Exerzitien der uns in diesem Moment doch sehr unerwartet zwischen Deutschen und „Ausländern“ gibt. Schwestern teil und hat sehr davon profitiert. – ganz leise gegangen. Hin zu Dem, dem sie Wo alle Religionen gleichberechtigt gelebt so vertrauen konnte. werden dürfen. Wo die bestehenden Glau- Ein kurzes Gespräch mit einer der Elisabeth- bens- und Lebensäußerungen weiterhin Be- schwestern ist bis heute in meinem Herzen Kleine Schwester Myriam v. Jesus stand haben. Wo die Würde des Menschen lebendig. Ich kam morgens in ihr Zimmer, in oberste Priorität hat. dem sie mit einer Lungenentzündung im Bett 48 49
Maria Rother begann 1963 ihre Ausbildung Schwestern geputzt. Die Zimmer mussten als Krankenschwester bei den Ordens- gewischt werden, die Tischchen usw. Alle 4 schwestern von der heiligen Elisabeth am Wochen wurde der Fußboden mit Terpentin Standort des Krankenhauses St. Elisabeth abgerieben. Danach wurde von Hand geboh- in der Mauerstraße. Sie war eine von 30 nert, einmal längs und einmal quer. Hatten Schülerinnen, die im Internat, der jetzigen wir nur eine Richtung gebohnert, haben es Wahlleistungstation wohnten. Alle 4 Wochen die Schwestern gemerkt. Dann war es schon durften sie nach Hause fahren - Mittag, da mussten wir uns beeilen, denn das nach ordnungsgemäßer Abmeldung bei Sr. Geschirr musste noch per Hand gewaschen Agnes. Damals musste man katholisch sein, werden. Sonntags mussten in den Zimmern um Krankenschwester in einem kirchlichen Läufer gelegt werden, damit die Besucher mit Krankenhaus zu werden. ihren Absätzen den Fußboden nicht kaputt Um überhaupt eine Ausbildung beginnen zu machen. Die Läufer mussten natürlich dann dürfen, bedurfte es sogar eines Führungs- auch gereinigt werden. zeugnis vom Pfarrer. Gearbeitet wurde an 6 Tagen der Woche und nach der Arbeit war Schulunterricht. War die Klasse schön leise, gab es durchaus auch mal einen Bonbon von der Oberin. Alle trugen ein Häubchen bei der Arbeit. Am Sonntag trug man unter der Schürze ein dunkelblaues Kleid, an den Wochentagen ein graues Kleid. Der Tag war fest getaktet. Nachdem die Maria Rother blieb nach ihrem Examen bis Patienten ihr Frühstück bekommen haben, zur Rente am Krankenhaus St. Elisabeth, durften die Schwesternschüler in der "Aula" zuletzt als Leitende Endoskopieschwester. frühstücken. Danach war Saubermachen Noch heute trifft sich die einstige Klasse angesagt - einen Reinigungsdienst wie heute regelmäßig mit den Ordensschwestern und gab es damals nicht. Alles wurde von den denkt gern an die "alten Zeiten" zurück. 50 51
„Ich bin dankbar für die gute Zusammen- arbeit mit den Sta- t ionsteams (2c, 4d und Dialyse). Mein Wunsch ist, dass die Krankenhausseelsor- ger*innen mit allen Pat ienten Kontakt aufnehmen, nicht nur wenn man nach ihnen fragt. Meine Erfah- rung ist: nicht alle, die sich über meinen Besuch sehr freuten, hät ten die Seelsorge von sich aus gerufen." fast 50 Jahre im St. Marienstift Mag- deburg als „Röntgenschwester“, dann im EK Mitarbeit in der Krankenhaus- Röntgen, ca. 1930 seelsorge, vor allem für die Dialyse Sr. M. Carola Passon (92) 52 53
Als ich 1978 im Röntgen anfing, hatte ich in dern, Flötenmusik und einer Bescherung mit Schwester M. Alberta eine fachliche Stüt- gegenseitigen kleinen, aber ausgesuchten ze, die mir die Wünsche praktisch von den Geschenken. Die Ausflüge in die Umgebung Lippen ablas, was bei ihrer herausragenden trugen zur Festigung der Mitarbeiter bei. Stellung auch zur Realisierung führte. Als Besonders genossen Schwester M. Waltraud sie schon krank war, luden meine Frau und und Schwester M. Claudia die offene Land- ich sie mit Schwester M. Edeltrud zu uns schaft mit den Felsen im Saaletal. Bei einem nach Hause ein, wo wir bei guter Stimmung Ausflug zum Petersberg grillten wir im Pfarr- munter plauderten. Auch zu den damals noch hof. Als ein Gewitter aufzog, erlaubte uns zahlreichen Ordensschwestern in den ande- Pfarrer Loske, mit all unseren Sachen in die ren Bereichen hatten wir als Querschnittsfach ehrwürdige Stiftskirche umzuziehen. gute Kontakte. Zusammen mit Schwester M. Roswitha boten wir den Schülerinnen eine Dr. Hartwig Hintner Einführung in die Röntgendiagnostik an. (ehem. Chefarzt der Röntgenabteilung) Gern erinnern sich die Mitarbeiter noch an die Abteilungs-Weihnachtsfeier mit Lie- 54 55
Sr. M. Silvia Moska (78) lange Jahre Leiterin der Finanzbuchhaltung im St. Marienstift Magdeburg, seit ca.10 Jahren im Speiseraum des Schwesternhauses. “Ich wünsche dem Kranken- haus, dass der Geist der hl. Eli- sabet h im Krankenhaus erhalten bleibt. Das bedeutet für mich den Zusammenhalt Aller und das gegenseit ige Aufmerksam- keit geben: Mitarbeiter, Pat ienten, Besucher und dass man die Armen nicht vergisst.“ 56 57
Sie können auch lesen