Konzept Pflegeüberleitung - für die vollstationären Pflegeeinrichtungen der Altenpflege in der Landeshauptstadt München

Die Seite wird erstellt Ava Hahn
 
WEITER LESEN
Konzept Pflegeüberleitung - für die vollstationären Pflegeeinrichtungen der Altenpflege in der Landeshauptstadt München
Landeshauptstadt
                                      München
                                      Sozialreferat

         Konzept Pflegeüberleitung

für die vollstationären Pflegeeinrichtungen der Altenpflege
              in der Landeshauptstadt München

                        März 2010
Impressum: Sozialreferat der Landeshauptstadt München
           Amt für Soziale Sicherung
           Hilfen im Alter und bei Behinderung
           Tel: 089 / 233-48351
           Email: altenundbehindertenhilfe.soz@muenchen.de
           Internet: www.muenchen.de/soz/altenhilfe

            Dipl. Pflegewirtin FH Cornelia Allgeyer, Kirchheim
Vorwort

    Der Münchner Stadtrat beschloss am 07.10.1998 ein Soforthilfeprogramm über drei Millionen
    DM (= 1,56 Mio. EURO). Die Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege hatte in ihrem
    zweiten Bericht die problematische Personalsituation in der Pflege beschrieben und die
    zwangsläufig damit verbundenen Qualitätsmängel aufgezeigt. Es sollte hier durch ein
    Soforthilfe-Programm schnell und spürbar die Situation in der stationären Altenpflege
    verbessert werden.

    Das Sozialreferat, die Abteilung Altenhilfe wurde beauftragt, dieses Soforthilfeprogramm mit
    Leben zu füllen. Es entstand in gemeinsamer Arbeit mit der Beschwerdestelle für Probleme in
    der Altenpflege und einzelnen Vertretungen der Berufsfachschulen für Altenpflege in München
    das Soforthilfeprogramm mit dem Titel Pflegeüberleitung. Zunächst wurde ein eigenes
    Konzept der Schulungsinhalte für die Weiterbildung zur Pflegeüberleitung entwickelt und die
    Zugangsvoraussetzungen für die Münchner Pflegeeinrichtungen festgelegt. Die Umsetzung der
    Pflegeüberleitung wurde in die Hände der Pflegefachlichkeit gelegt. Den Pflegeüberleitungen
    wurden zunächst Weiterbildungsmaßnahmen zur Fachkraft für Pflegeüberleitung finanziert. Die
    Pflegeüberleitungen wurden von Beginn an mit aktuellen fachlichen Fortbildungsangeboten,
    Workshops und Supervisionen begleitet. Alles wurde durch die Fachabteilung im Sozialreferat
    organisiert.

    Die Finanzierung der jeweiligen Planstellen wurde wie folgt festgelegt:
           Pflegeeinrichtungen mit 30 bis 79 vollstationären Pflegeplätzen können die
           Förderung einer halben Planstelle für eine Fachkraft zur Pflegeüberleitung und
           Pflegeeinrichtungen mehr als 80 vollstationären Pflegeplätzen einer ganzen Stelle
           erhalten.
    Der Stadtrat bewilligt jeweils die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel des freiwilligen
    Programms.

    Die Auswirkungen des Programms „Pflegeüberleitung“ waren bei den Pflegenden schnell und
    deutlich spürbar. Mittlerweile sind in 42 Alten- und Pflegeheimen examinierte Pflegefachkräfte
    in der Funktion „Pflegeüberleitung“ eingesetzt.
    Eine im Jahr 2006 durchgeführte Studie1 konnte nachweisen, dass die hohe Kompetenz der
    Pflegeüberleitung die Qualität der Pflegeleistung und damit die Zufriedenheit der
    Bewohnerinnen und Bewohner und ihrer Angehörigen direkt positiv beeinflusst. Die Entlastung
    der Pflegenden durch dieses Programm wurde von den Befragten eindeutig bejaht. In der
    abschließenden Bewertung wurden dessen Notwendigkeit und Wirksamkeit bestätigt und die
    Weiterführung empfohlen. Der Münchner Stadtrat beschloss am 10.05.2007 entsprechend der
    Empfehlungen der Studie die Weiterführung dieses Programms.

    Das hier vorliegende Konzept „Pflegeüberleitung“ wurde in gemeinsamer Arbeit mit 55
    Pflegeüberleitungen unter fachlicher Begleitung von Cornelia Allgeyer, Helma Kriegisch und
    Felicitas Ruhlig weiterentwickelt, spezifiziert und fertiggestellt. Es wurde 2008 im Rahmen von
    Workshops erarbeitet und 2009 mit den Münchner Heimträgern abgestimmt. In der
    kooperativen Zusammenarbeit spiegelt sich auch hier das gemeinsame Interesse für diese
    wichtige Unterstützung wieder.
    Bis zum heutigen Tag ist die Funktion der Pflegeüberleitung im vollstationären
    Altenpflegebereich innerhalb Deutschlands einmalig. Die Bedeutung dieser Funktion hat sich in
    den letzten Jahren immer weiter herausgestellt und wird von allen Beteiligten sowie den
    Unterstützerinnen und Unterstützern (Landeshauptstadt München, Berufsstandsvertretungen,
    Bildungsträgern etc.) als nicht mehr wegzudenkendes Qualitätsinstrument geschätzt.

    Die Tatsache, dass über 30% dieser Pflegeüberleitungen in der Funktion seit Beginn des
    Programms 1998 geblieben sind, spricht für sich. Es ist mit diesem Programm ein wichtiges
    Beispiel dafür gefunden worden, dass ein Angebot guter Rahmenbedingungen in der Pflege
1
    Reinspach, Kraus, 2006.

                                                                                       1 von 42
dazu führt, dass dort auch gerne und mit großem Engagement gearbeitet wird.
    Durch die Funktion der Pflegeüberleitung ist eine wichtige Brücke zwischen zukünftigen
    Bewohnerinnen und Bewohnern, deren Angehörigen bzw. Bezugspersonen und der
    vollstationären Pflegeeinrichtung entstanden, die in gemeinsamer Arbeit und gegenseitigem
    Vertrauen geschaffen und aufgebaut wurde.

    Das vorliegende Konzept zeigt auch den Unterschied zum Case Management z. B. aus dem
    Krankenhausbereich auf. Es sagt deutlich aus, was es nicht ist bzw. was es nicht sein soll. Bei
    der Erarbeitung dieses Konzepts wurde allen Beteiligten sehr klar, wie sehr sich das Programm
    „Pflegeüberleitung“ weiterentwickelt hat. Ebenso wurden die Abgrenzungen zu anderen
    Bereichen wesentlich deutlicher.

    Die Fachabteilung Hilfen im Alter und bei Behinderung des Sozialreferats möchte mit der
    Veröffentlichung dieses Konzeptes der Fachwelt eine Orientierungshilfe an die Hand geben,
    die sich aus der Bündelung des Fachwissens aller Mitarbeitenden in der Pflegeüberleitung hier
    in München entwickelt hat.

    Wir wünschen allen Pflegeüberleitungen weiterhin Kraft, Idee und Kreativität für Ihre wichtige
    Funktion und bedanken uns bei allen Beteiligten für die großartige Unterstützung.

    Helma Kriegisch Felicitas Ruhlig                                  Cornelia Allgeyer
    Landeshauptstadt München                                          Dipl. Pflegewirtin FH
    Sozialreferat
    Amt für Soziale Sicherung
    Abteilung Hilfen im Alter und bei Behinderung

2 von 42
Inhaltsverzeichnis

1.    Einleitung                                                        4

1.1   Einleitung                                                        4
1.2   Zielsetzung                                                       5
1.3   Formales Vorgehen                                                 5
1.4   Mitwirkende                                                       5

2.    Konzept Pflegeüberleitung                                         8
2.1     Präambel                                                        8
2.2     Grundsätze                                                      9
2.3     Aufgabenbereiche der Pflegeüberleitung                          11
  2.3.1 Beraten und Informieren                                         11
  2.3.2 Öffentlichkeitsarbeit                                           11
  2.3.3 Akquise bzw. Anwerbung neuer Heimbewohnerinnen/ Heimbewohner    12
  2.3.4 Organisation und Koordination der Überleitung                   12
  2.3.5 Informationsübergabe an das Pflegeteam                          13
  2.3.6 Begleitung in der Eingewöhnungszeit                             14
  2.3.7 Organisation und Begleitung von Arztbesuchen                    15
  2.3.8 Pflegeüberleitung bei Krankenhausaufenthalten                   15
2.4     Kooperationen/Schnittstellen                                    17
2.5     Dokumente der Pflegeüberleitung                                 18
2.6     Rahmenbedingungen der Pflegeüberleitung                         20
2.7     Qualitätsmanagement in der Pflegeüberleitung                    21
2.8     Qualifikation der Pflegeüberleitung                             23
  2.8.1 Anforderungen der Qualifikation                                 23
  2.8.2 Inhalte der Weiterbildung                                       24

3.    Literaturhinweise                                                 25
4.    Glossar                                                           26
5.    Anlagen                                                           27

                                                                       3 von 42
1.1    Einleitung
    Einleitend zitieren wir einen Auszug aus der Rede einer Pflegeüberleitungskraft „der ersten
    Stunde“ anlässlich der Feier zum 10-jährigen Bestehen des Programms im November 2008:

      „... In Abgrenzung zum ’Entlassungsmanagement in der Pflege’, wie im Expertenstandard
      vorliegend, möchte ich auf die Besonderheit der Überleitung ins Pflegeheim hinweisen.
      Natürlich ist es Teil unserer Aufgabe, eine kontinuierliche bedarfsgerechte Pflege sicher zu
      stellen, alle Schnittstellen, die damit einhergehen, zu verknüpfen und das alles in sehr vielen
      Bereichen, punktgenau für den Zeitpunkt des Einzugs.

      Darüber hinaus kommt aber die – nicht so leicht zu beschreibende und dennoch so zentrale
      – Leistung, ein Leben zu begleiten. Die Menschen – eines Tages sind wir selbst oder unsere
      Angehörigen diese Menschen –, deren Kraft auf vielen Ebenen so abgenommen hat, dass
      sie nicht mehr in der Lage sind, ihr Leben selbstständig zu meistern, müssen oder wollen in
      eine Einrichtung umziehen. Eine Einrichtung, die ihnen die unbedingt nötigen Hilfen anbietet.
      Das heißt, aus gesundheitlichen Gründen kommt es zum Verlust der Selbstständigkeit, und
      so zieht ein Mensch mit tausend Eigenheiten, mit lieben Gewohnheiten, mit Erinnerungen,
      mit allem, was zu einem 80- oder 90-jährigen Leben gehört, von zu Hause aus und muss
      sich in diesem hohen Alter auf eine neue Umgebung einlassen.

      Und wir, die Pflegeüberleitungen, begleiten diesen Weg. Den Weg vom bisherigen Zuhause
      – oft über die Zwischenstationen Krankenhaus und Reha – in diese zunächst völlig fremde
      Welt des Pflegeheims. Vertrauen aufbauen, Sicherheit geben, Möglichkeiten aufzeigen und
      oft einfach DA-SEIN und zu hören: Diese emotionalen, empathischen Fähigkeiten gehören
      genauso zu unserem Beruf wie das Organisieren von Ärzten, Therapeuten und allen nur
      denkbaren Hilfsmitteln, Verbandstoffen, Medikamenten und vieles mehr. Darüber hinaus darf
      natürlich der ganz alltägliche Lebensvollzug auch nicht zu kurz kommen. Im Alltag ist es zum
      Beispiel wichtig, dass das gewohnte Getränk bereit steht oder dass am Abend das richtige
      Fernsehprogramm eingeschaltet wird, und auch das Bild des verstorbenen Partners sollte
      am gewohnten Platz stehen. Wir begleiten, wenn es uns möglich ist, in den ersten Wochen,
      bis die neue Umgebung sich schon ein kleines bisschen vertraut anfühlt. Bis bei allen am
      Prozess Beteiligten Ruhe einkehrt und Vertrauen die ersten Wurzeln schlägt.

      Sie sehen:
                                       PFLEGEÜBERLEITUNG
                     ist ein anspruchsvoller und äußerst vielfältiger Beruf! ...“

4 von 42
1.2    Zielsetzung
Ziel des Programms „Pflegeüberleitung“ ist eine stabile, bedarfsgerechte Versorgung jedes
Menschen beim Einzug in eine vollstationäre Münchner Pflegeeinrichtung, unter
Berücksichtigung seiner Persönlichkeit, seiner Lebensgewohnheiten und der Integration seiner
Angehörigen bzw. Bezugspersonen. Dieser Anspruch beinhaltet ein Agieren über die Grenzen
der Einrichtung hinaus. Ein in diesem Sinn leistungsstarkes Überleitungsmanagement bedarf
der konstruktiven Zusammenarbeit und der gemeinsamen Anstrengungen der
Pflegeeinrichtungen, des Sozialreferats der Landeshauptstadt München und der
Pflegeüberleitungen. Eine gelungene Umsetzung des Programms liegt in den Händen aller
Beteiligen, nicht nur bei den Akteurinnen und Akteuren vor Ort.
In seinen Ausführungen gibt das Konzept einen Gestaltungskorridor vor, der für alle
Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflegeüberleitung
richtungsweisend ist.

1.3    Formales Vorgehen
Die Entwicklung des vorliegenden Konzeptes umfasste den Zeitraum von Juni 2007 bis
Dezember 2008. In der ersten Phase wurde das Thema „Pflegeüberleitungskonzept“ definiert,
eine Liste der erforderlichen Inhalte aufgestellt und ihre Prioritäten festgelegt. Die Methode der
folgenden Phasen war, ausgewählte Themen in Gruppen zu bearbeiten und die Ergebnisse
wechselseitig zu validieren. Um einen möglichst breiten Konsens zu erzielen, sollten alle
Pflegeüberleitungen in dieser Zwischenphase den Stand der zusammengefassten Arbeit
beurteilen und ihre Einschätzung zurück melden. Die Pflegeüberleitungen bekamen dazu den
aktuellen Konzeptentwurf ausgehändigt und konnten ihn, mit entsprechenden Anmerkungen
versehen, anonym zurückschicken.
Die Methoden der Gruppen- und Einzelarbeit sollten ungewollte Ergebnisse, bedingt durch
gruppendynamische Prozesse, minimiert werden und gleichzeitig die Vorteile der Prozesse,
Ausgleich von Defiziten im Know-how einzelner Expertinnen und Experten, nutzen.
Die Strategie orientierte sich an der Delphi-Methode, ein mehrstufiges, auf Konsens
angelegtes Design, das versucht, Fehleinschätzungen der Expertinnen/Experten zu
vermeiden.
Noch offene und strittige Punkte wurden in einer abschließenden schriftlichen Abfrage anonym
bewertet. Die Ergebnisse beeinflussten die Inhalte des Konzepts in der Schlussphase.
Das Konzept wurde mit den Geschäftsführungen der Münchner Alten- und Pflegeheime
abgestimmt.

1.4    Mitwirkende
                         Mitwirkende am „Konzept Pflegeüberleitung“
Leitung und Organisation      Helma Kriegisch,
des Programms
                              Felicitas Ruhlig,
„Pflegeüberleitung“:
                              Landeshauptstadt München – Sozialreferat
                              Amt für Soziale Sicherung
                              Abteilung Hilfen im Alter und bei Behinderung

Leitung/Moderation der        Cornelia Allgeyer, Kirchheim
Workshops,
Zusammenstellung der
Ergebnisse:

                                                                                     5 von 42
Expertinnen und      Andreas Ahrweiler, St. Elisabeth
    Experten der
                         Thekla Asam-Weidling, St. Antonius
    Pflegeüberleitung:
                         Anita Baier, BRK-Senioren- und Pflegeheim Alt-Lehel
                         Jenny Baron, Haus der AWO Gravelottestraße
                         Bozena Block, Seniorenzentrum Residenzia
                         Barbara Brunner, Seniorenheim Pasing-Westkreuz
                         Heidi Dialer, Kreszentia-Stift
                         Monika Dilloo, Haus an der Tauernstraße
                         Edeltraud Feth, Haus St. Martin
                         Erna-Maria Fürst, Leonhard-Henninger-Haus
                         Gabriele Förster, Alfons-Hoffmann-Haus
                         Petra Gröber, Altenheim St. Franziskus
                         Elke Görl, Seniorenheim Vincentinum
                         Brigitte Hagemann, Münchner Bürgerheim
                         Angela Habermeier, Haus St. Josef
                         Beate Heine, Seniorenresidenz
                         Doris Heppert, Marienstift
                         Franziska Herdzina, Altenheim St. Willibrord
                         Angelika Huber, Haus St. Josef
                         Maria Isfort, St.-Josefs-Heim
                         Claudia Jäger, Seniorenheim Vincentinum

6 von 42
Expertinnen und Experten   Jutta Jelle, Hans Sieber Haus
der Pflegeüberleitung:
                           Karin Jung, Horst-Salzmann-Seniorenheim
                           Marianne Kailer, Haus St. Maria Ramersdorf
                           Ilona Kauerauf, St.-Josefs-Heim
                           Christa Klaß-Fuchs, St.-Josefs-Heim
                           Elke Klein-Heinrich, Haus an der Tauernstraße
                           Silvia Kren, Bethel
                           Katja Krumpe, Seniorencentrum am Partnachplatz
                           Marion Liegel, Seniorenheim Kieferngarten
                           Martin Lindauer, Alfons-Hoffmann-Haus
                           Ottilie Maier, Münchener Bürgerheim
                           Heike Mattheis, Luise-Kiesselbach-Haus
                           Zlatan Mihotek, Altenheim St. Michael
                           Ulla Neffgen-Pohl, Haus an der Rühmannstraße
                           Martina Piggot, Senioren-Wohnen Westpark
                           Clemens Pinieck, Damenstift am Luitpoldpark
                           Maria-Luise Ruhm, Kursana Domizil Pullach
                           Sabine Schmidt, Hans-Sieber-Haus
                           Hanna Schwanke, Diakoniewerk Maxvorstadt
                           Ulrike Seeger, Haus St. Martin
                           Jutta Segschneider-Diekmann, Haus St. Josef
                           Svetlana Sicius, Sozialzentrum Hasenbergl
                           Jasmin Sonnweber, Sozialzentrum Giesing
                           Viola Spillner, Zitaheim
                           Anna-Maria Steiner, Haus Ludwigshöhe
                           Ariane Steuer, Seniorenzentrum Residenzia
                           Vesna Stoces, Horst-Salzmann-Seniorenheim
                           Elisabeth Streinik, Seniorenheim Pasing-Westkreuz
                           Christiane Thiel, Seniorenheim Saul Eisenberg
                           Susanne Troiano, Seniorenzentrum Bethel
                           Isolde Ulm, Georg-Brauchle-Haus
                           Gabi Wagner, Damenstift
                           Angelika Yetgin, Fritz-Kistler-Haus
                           Gabriela Zemke, Haus an der Rümannstraße

                                                                               7 von 42
2     Konzept Pflegeüberleitung

    Die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit dem aktuellen Stand der Fachdiskussion zum
    Thema Pflegeüberleitung und zehn Jahre Praxiserfahrung als Pflegeüberleitung im damaligen
    Soforthilfeprogramm sind in vorliegendem Konzept zusammengefasst.
    Das Konzept beruht zugleich auf dem Bemühen, die unterschiedlichen Interessen der
    Beteiligten (Träger, Einrichtungen, Landeshauptstadt München) mit den beruflichen
    Grundsätzen des Pflegeberufes in Einklang zu bringen. Aktuelle fachliche Entwicklungen,
    Erfahrungen aus verschiedenen Projekten und Inhalte des Expertenstandards2 zum Thema
    wurden aufgegriffen und an die spezifischen Gegebenheiten des Programms der
    Landeshauptstadt München angepasst.

    2.1 Präambel
    Jeder Mensch kann in die Situation kommen, pflegebedürftig zu werden, was nicht per se ein
    Altersproblem ist. Dies kann z.B. auch bedeuten, mit 40 Jahren chronisch körperlich krank zu
    sein, mit 50 unter den Folgen eines Hirntraumas zu leiden oder mit 60 das Gedächtnis zu
    verlieren.
    Erfordert die Pflegebedürftigkeit letztlich den Umzug in eine Pflegeeinrichtung, ist dieser
    Umstand bei den Betroffenen und deren Angehörigen3 u.a. mit großen Verlustängsten und
    Sorgen verbunden.

    „Lotsen in der neuen Umgebung“ war 1998 die Schlagzeile einer Münchner Tageszeitung, der
    dazugehörige Artikel handelte von dem Soforthilfeprogramm „Pflegeüberleitung“. Gestartet
    wurde es nach dem Stadtratsbeschluss von der Landeshauptstadt München mit dem Ziel, den
    Umzug in eine Münchner Pflegeeinrichtung für die Betroffenen so sicher und schonend wie
    möglich zu gestalten. Schnell und effektiv sollten die überlasteten Pflegenden in den Heimen
    Unterstützung erhalten. Konsequent wurden durch das jeweilige Heimmanagement
    Pflegeüberleitungskräfte in 40 örtlichen Pflegeeinrichtungen institutionalisiert. Damit wurde ein
    nachhaltiges und bis heute (leider) einzigartiges Programm in Deutschland gestartet.

    Projekte mit dem Ziel, sektoren- und professionsübergreifend die Stabilität und Kontinuität der
    Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten, gibt es viele. Sie etablieren sich überwiegend in
    Krankenhäusern, um dem zunehmenden Kostendruck zu begegnen und „Drehtüreffekte“ bei
    der Entlassung zu vermeiden. Das zeigt eine Bestandsaufnahme des Deutschen Instituts für
    angewandte Pflegeforschung e.V. . Analysiert wurden dabei bundesweit 20 Projekte zur
    Pflegeüberleitung4. In keinem der analysierten Projekte stand die Altenpflege im Fokus, ging die
    Initiative von einer Kommune aus oder kann von einer vergleichbaren finanziellen Förderung
    der beteiligten Einrichtungen gesprochen werden.
    Mit seiner Besonderheit musste das Münchner Programm „Pflegeüberleitung“ von Beginn an
    eigene Wege gehen und eigene Erfahrungen sammeln. Zudem hatte das Thema
    Pflegeüberleitung in den 90er Jahren in Deutschland noch einen echten „Exotenstatus“5.
    Die in den letzten Jahren steigende Bedeutung des koordinierten Entlassungs-managements
    in Krankenhäusern erklärt sich vor allem durch die immer kürzer werdende Verweildauer der
    Patientinnen und Patienten, resultierend aus der Einführung eines pauschalierenden
    Entgeltsystems (den Diagnosis Related Groups – DRGs). Allerdings scheinen auch heute noch
    Ausgangspunkt und Initiative für die koordinierte Überleitung, laut Veröffentlichungen in einer
    Fachzeitung6, ausschließlich im klinischen Bereich vorstellbar.

2
    DNQP, Expertenstandard für Entlassungsmanagement in der Pflege, 2004.
3
    Mit dem Begriff Angehörige sind die jeweiligen Bezugspersonen gemeint, das können die Partnerin, der
    Partner sowie Nachbarschaft, rechtliche Vertretungen oder auch andere Personen sein.
4
    Vgl. Dörpinghaus et al., 2004.
5
    Vgl. Schaeffer, 2004.
6
    Vgl. Ausgabe 10/08 Die Schwester/Der Pfleger.

8 von 42
Unter diesen Voraussetzungen erscheint die Leistung der „Geburtshelferinnen und
    Geburtshelfer“ des Programms Pflegeüberleitung umso beachtlicher. Ist es ihnen doch
    gelungen, ein nachhaltiges Programm im Sektor Altenpflege mit zu gestalten und zu
    institutionalisieren, dessen Effektivität und Effizienz inzwischen auch wissenschaftlich bestätigt
    wurde. Die entsprechende Studie bestätigt die Funktion der Pflegeüberleitung als deutliches
    Kennzeichen einer Versorgung auf hohem fachlichen Niveau7.
    Auch die positiven Rückmeldungen seitens der Bewohnerinnen und Bewohner, der
    Angehörigen und der Pflegenden sprechen für die Qualität des Konzepts und den
    unerschütterlichen Pioniergeist der Umsetzenden, d.h. der Pflegeüberleitungen vor Ort.

    Wenn das Sozialreferat, seit Beginn Projektleitung des Programms, heute mit Unterstützung
    der Pflegeüberleitungen das Ursprungskonzept überarbeitet und in eine neue Form bringt, hat
    dies im Wesentlichen zwei Gründe:
    10 Jahre Praxiserfahrung und zwischenzeitlich deutlich veränderte Rahmenbedingungen,
    verursacht durch die Entwicklungen im Gesundheitssystem und eine veränderte
    Bevölkerungsstruktur.

    Beispiele für die Auswirkungen der veränderten Rahmenbedingungen auf die vollstationären
    Pflegeeinrichtungen:
                ➢ Zunahme von chronischen Erkrankungen und Multimorbidität mit
                ➢ zunehmend komplexeren, fachlich anspruchsvollen und damit zeitintensiven
                    Überleitungen
                ➢ Zunahme der Zahl von Menschen mit Demenz und/oder herausforderndem
                       Verhalten und damit besonderer Berücksichtigung bei der Ermittlung des
                       individuellen Pflegebedarfs
                ➢ Stark gestiegenes Eintrittsalter
                ➢ immer mehr Überleitungen in immer kürzeren Zeitabständen durch kürzere
                       Verweildauern der Bewohnerinnen und Bewohner
                ➢ Zunahme der spezifischen Betreuungsangebote in den Pflegeeinrichtungen
                    (Kurzzeitpflege, Wohngruppen, Palliativpflege, Wachkoma-Bereiche usw.)
    erfordern ein entsprechend vielfältiges und differenziertes Vorgehen bei der Überleitung.

    2.2     Grundsätze
    Begriffsdefinition „Pflegeüberleitung“
    Pflegeüberleitung beinhaltet sämtliche Interventionen, die bei einem Einzug eines
    pflegebedürftigen Menschen in eine vollstationäre Pflegeeinrichtung, einem Umzug innerhalb
    der Einrichtung sowie in Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt
    Versorgungsbrüche verhindern und die Kontinuität der Pflege sicherstellen. Sie impliziert die
    gezielte Vorbereitung von Bewohnerinnen bzw. Bewohnern und deren Angehöriger sowie den
    Informationsaustausch und die Kooperation zwischen den verschiedenen beteiligten
    Professionen innerhalb und außerhalb der Pflegeeinrichtung.

    Die Pflegeüberleitung ist integraler Bestandteil des Pflegeprozesses.

    Die Pflegeüberleitung koordiniert die Aufgaben und Abläufe aller an der Bewohnerversorgung
    beteiligten Stellen in einem systematisch geführten, kooperativen Prozess über professionelle
    und institutionelle Grenzen hinweg.
    Die Pflegeüberleitung ist als Brückenfunktion zwischen der eigenen Häuslichkeit und dem
    Heimbereich bzw. zwischen den verschiedenen Institutionen des Gesundheitswesens (z.B.
    Alten- und Pflegeheim – Krankenhaus) zu verstehen. Pflegeüberleitung setzt bei dieser
    Unterstützung sowohl auf der rein organisatorischen als auch auf der persönlichen Ebene an.
    Essentiell sind die berufsethischen Grundsätze der Pflegeberufe8.
7
    Siehe Reinspach, Kraus, 2006.
8
    Vgl. Deutscher Pflegerat, Rahmenberufsordnung für professionell Pflegende, 2004.

                                                                                         9 von 42
Eine Orientierung an rein ökonomischen Schwerpunkten verstößt gegen diese Grundsätze.
    Das Konzept stellt den hilfebedürftigen Menschen mit seinen Wünschen und Bedürfnissen
    sowie seine Angehörigen in den Mittelpunkt des Geschehens.
    Dieser individuelle und ganzheitliche Ansatz deckt sich mit den Aussagen zur Sichtweise des
    Pflegebedürftigen in relevanten Pflegetheorien9. Damit besteht eine Übereinstimmung mit den
    Pflegemodellen (z.B. von Krohwinkel, Roper, Henderson, Orem), die auch häufig den
    Leitbildern der Pflegeeinrichtungen zugrunde liegen.
    Es werden bewusst Methoden des Case-Management, wie z.B. Netzwerkarbeit, Fallsteuerung
    etc. eingesetzt. Case-Management ist ein Handlungsansatz zum Aufbau eines zielgerichteten
    Systems von Zusammenarbeit, das am konkreten Unterstützungsbedarf der einzelnen Person
    ausgerichtet ist und an deren Herstellung die betroffene Person konkret beteiligt wird. Dieser
    Ansatz deckt sich in vielen Bereichen mit dem hier formulierten Verständnis von
    Pflegeüberleitung.
    In den verschiedenen Konzepten des Überleitungs- oder Fallmanagements wird zwischen der
    indirekten Form (Schaffung von Stabsstellen) und der direkten Form der Überleitung (durch
    vorhandene Bezugspflegekräfte) unterschieden. Im Programm Pflegeüberleitung wählte man
    die indirekte Form.

    Die Vorteile der indirekten Überleitung sind:
                    • Spezifikation des Aufgabengebietes in einer Stelle,
                    • geringerer organisatorischer Aufwand durch die überschaubare Zahl
                         der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit diesem speziellen Aufgabengebiet,
                    • effektivere und effizientere Steuerung der Arbeitsprozesse,
                    • niedrigere Kosten für Qualifikation und fortlaufendes
                         Wissensmanagement.

    Die dezentrale oder direkte Organisationsform delegiert die Aufgaben der Pflegeüberleitung an
    die vorhandenen (Bezugs-)Pflegekräfte des Wohnbereiches.
    Soll die Qualität vergleichbar mit der indirekten Form der Überleitung sein, steigt der
    Ressourceneinsatz um ein Vielfaches. Wie groß der Wille seitens der Pflegenden auf den
    jeweiligen Wohnbereichen ist, bei bestehender Arbeitsüberlastung zusätzliche
    Aufgabengebiete zu übernehmen, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden.

9
    Vgl. Marriner-Tomey, 1992.

10 von 42
2.3    Aufgabenbereiche der Pflegeüberleitung

2.3.1 Beraten und Informieren
Kernaufgabe der Pflegeüberleitung ist die Beratung und Information von Betroffenen und deren
Angehörigen vor, während und nach dem Einzug in die vollstationäre Pflegeeinrichtung.
Die Beratung ist einer der Schwerpunkte der Pflegeüberleitung. Auch Interessentinnen und
Interessenten, die sich „nur“ einen Überblick über das Leistungsangebot und die Vorgänge
rund um einen Einzug zum besseren Vergleich der Pflegeeinrichtungen verschaffen wollen,
erwarten aktuelle und kompetente Informationen. Bedingt durch das steigende Marktangebot
und zunehmend sehr gut informierte, selbstbewusste Betroffene wächst die Herausforderung
in diesem Arbeitsbereich seit Jahren stetig an.

Das Beratungsspektrum beginnt mit der Teilnahme an allgemeinen
Informationsveranstaltungen der Pflegeeinrichtung, geht über die detaillierten Informationen zu
Leistungen der Pflegeüberleitung bis zum umfassenden, differenzierten Entlassungsgespräch
z.B. aus der Kurzzeitpflege, mit dem die nachfolgende Versorgung sichergestellt wird.

Der Umfang der Beratung wird durch zwei Voraussetzungen bestimmt. Erstens durch den
Umfang der Pflegeleistungen, die eine potentielle Bewohnerin/ein potentieller Bewohner
beansprucht und zweitens durch das Leistungsangebot der Pflegeeinrichtung. Die
Kurzzeitpflege erfordert in diesen Tätigkeiten die selbe Sorgfalt und damit mindestens den
gleichen Zeitaufwand wie bei einem dauerhaften Heimeinzug.
Inhaltlich dominieren die Themen, welche die Kontinuität und Konsistenz der Pflegeleistung
sicherstellen. Es gilt hierbei Versorgungsbrüche zu verhindern.

Vertragsinhalte
Die Abklärung der Finanzierungsmöglichkeiten oder die Besprechung vertraglicher Regelungen
gehören nicht in den Zuständigkeitsbereich der Pflegeüberleitung. Sie betreffen andere
Verantwortungsbereiche der Einrichtung (z.B. Management, Verwaltung).

Beispiele für Umfang und Inhalt der Gespräche finden sich in den Leitfäden der Anlage:
                     • Anlage 3 – Unverbindliches Erstgespräch
                     • Anlage 4 – Strukturiertes Überleitungsgespräch

Häufigkeit und Umfang der Gespräche richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalls
und liegen im Entscheidungsspielraum der Pflegeüberleitung. Nach Abschluss der
Überleitungsphase, in der Regel vier bis sechs Wochen nach dem Einzug, zieht sich die
Pflegeüberleitung aus der Beratungsfunktion zurück.
Verantwortliche Ansprechpersonen in allen Belangen bleiben neben allen Pflegenden des
Wohnbereiches insbesondere die persönliche Bezugspflegekraft bzw. die
Wohnbereichsleitung. Ab diesem Zeitpunkt ist die Pflegeüberleitung nicht mehr erste
Ansprechperson und verweist bei Anfragen o.ä. an die zuständige Stelle. Im Rahmen eines
Abschlussgesprächs kann dies der Bewohnerin bzw. dem Bewohner und ihren bzw. seinen
Angehörigen gut vermittelt werden.

2.3.2 Öffentlichkeitsarbeit
Im Zusammenhang mit der aktiven Pflege eines multiprofessionellen Netzwerks, wie im
Kontakt mit Interessentinnen und Interessenten übernimmt die Pflegeüberleitung automatisch
Tätigkeiten aus dem Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Die Pflegeüberleitung ist sich in diesem
Rahmen ihrer Rolle als Repräsentantin/Repräsentant der Pflegeeinrichtung bewusst.
Weiterreichende Tätigkeiten im allgemeinen Verständnis von Öffentlichkeitsarbeit für die
gesamte Pflegeeinrichtung über das spezifische Fachgebiet der Pflegeüberleitung hinaus fallen

                                                                                 11 von 42
nicht in ihr Aufgabengebiet. Diese Position bestätigen die Ergebnisse der Evaluationsstudie der
     Katholischen Stiftungsfachhochschule (KSFH München)10.

     2.3.3 Akquise bzw. Anwerbung neuer Bewohnerinnen und Bewohner
     Die Pflegeüberleitung akquiriert keine neuen Bewohnerinnen bzw. Bewohner und ist nicht für
     die quantitative Belegung des Hauses verantwortlich (siehe Studie der KSFH München).

     Ihr Einsatz beginnt erst nach Anfrage einer Interessentin bzw. eines Interessenten mit den
     Überlegungen, welche Wohnmöglichkeiten bzw. Pflegeleistungen der zukünftigen Bewohnerin
     bzw. dem Bewohner angeboten werden können.

     2.3.4 Organisation und Koordination der Überleitung
     Unter Pflegeüberleitung fallen alle Tätigkeiten, die bei einem Übergang in eine neue
     Betreuungssituation zur Sicherstellung des Versorgungsbedarfs einer pflegebedürftigen Person
     entstehen und die die Person nicht mehr selbstständig bewältigen kann.
     Übergangssituationen sind:
             ➢ Einzug aus dem häuslichen Bereich,
             ➢ Einzug über Krankenhaus oder Rehabilitationsklinik,
             ➢ Umzug innerhalb der Einrichtung,
             ➢ Einweisung in und Entlassung aus dem Krankenhaus (evtl. ausgenommen
                   Notfalleinweisungen),
             ➢ Auszug aus einer anderen Pflegeeinrichtung.

     Ein Heimeinzug stellt für jede zukünftige Bewohnerin/ jeden zukünftigen Bewohner eine große
     emotionale, von Verlustängsten gekennzeichnete Belastungssituation dar. Es liegt in der
     Fachlichkeit und in der Verantwortung der Pflegeüberleitung, ihr Vorgehen an die Erfordernisse
     der individuellen Lebenssituation anzupassen. Ein ausschließlich standardisiertes Vorgehen
     würde den berechtigten Ansprüchen der Betroffenen und der Vielfalt der Umstände nicht
     gerecht werden.

     Kommen Bewohnerinnen bzw. Bewohner direkt aus einer Rehabilitationsklinik, liegt es im
     Entscheidungsbereich der Pflegeüberleitung, auch noch nach dem Einzug einen Vor-Ort-
     Termin in der ehemaligen Wohnung zu organisieren, um nur eine mögliche Variation vom
     Regelablauf zu nennen.
     Richtungsweisend für die Entscheidung der Pflegeüberleitung ist die Stabilität der Versorgung
     und damit das Wohlbefinden der Bewohnerin bzw. des Bewohners.

     Zwei Leitfäden im Anhang beschreiben beispielhaft die Tätigkeiten und deren Ablauf:
             • Anlage 1 – Einzug von zu Hause
             • Anlage 2 – Einzug über ein Krankenhaus oder eine Rehabilitationsklinik

     Im Rahmen der Überleitungstätigkeit gilt es, den folgenden Veränderungen Rechnung zu
     tragen:

     Veränderungen der äußeren Bedingungen
     Die realen Bedingungen für die Überleitung in vollstationäre Pflegeeinrichtungen haben sich
     unter Einfluss der Veränderungen im Gesundheitssystem und dem demografischen Wandel
     stark verändert.

10
     Vgl. Reinspach, Kraus, 2006.

12 von 42
Zunehmend hoch anspruchsvolle Versorgungssituationen
     Durch die hohe Bewohnerfluktuation finden in immer kürzeren Zeitabständen immer mehr hoch
     komplexe, umfangreiche Überleitungen statt, wie sie z.B. bei schwerst Pflegebedürftigen oder
     hochgradig Demenzkranken der Fall sind. Die Mehrheit der Überleitungen lassen sich heute
     einer dieser beiden Bewohnergruppen zuordnen und gestalten sich daher sehr individuell und
     zumeist zeitintensiv.

     Steigender Zeitdruck
     Seit Einführung der Diagnosis Related Groups (DRGs) entstehen Zeitnöte bei der Überleitung
     auch dadurch, dass mit Blick auf die Fallpauschalen Krankenhäuser bei Patientinnen/
     Patienten und deren Angehörigen auf eine zügige Entlassung drängen. In diesen Fällen ist es
     notwendig, im Austausch mit den verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
     Krankenhauses, im Idealfall mit der dortigen Pflegeüberleitung bzw. dem
     Krankenhaussozialdienst, kurzfristig Lösungen zu entwickeln, um die Situation zu entspannen
     und die Betroffenen zu entlasten.

     Bestehende Lücken zwischen den Sektoren des Gesundheitswesens
     Zum Teil besteht bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den klinischen Einrichtungen ein
     nicht unerhebliches Wissensdefizit bzgl. der Verfügbarkeit von Medikamenten und Hilfsmitteln
     in den Pflegeeinrichtungen. Organisationsspezifische Arbeitsweisen lassen sich nicht ohne
     weiteres auf andere Organisationen ausweiten (z.B. die spezifische Behandlungspflege). Die
     Abstimmungsprobleme hinsichtlich der weiteren Versorgung nach Entlassung führen zu
     Reibungsverlusten bei der Überleitung11.
     Braucht eine zukünftige Bewohnerin bzw. ein Bewohner Medikamente, Hilfsmittel oder eine
     spezielle pflegerische Versorgung, kann ohne einen gewissen zeitlichen Vorlauf die
     Versorgungskontinuität ohne Qualitätseinbußen nicht gewährleistet werden. Gleiches gilt für
     Überleitungen ohne Pflegeüberleitungsbogen oder für Bögen mit mangelhaftem
     Informationsgehalt. In den Überleitungen aus den Krankenhäusern steckt noch
     Verbesserungspotential.
     Leider stagniert in diesem Bereich nach den mehrheitlichen Erfahrungen der
     Pflegeüberleitungen in den Münchner Pflegeeinrichtungen die Entwicklung.

     Ein weiteres Problem ist z.B. der Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus bzw. der
     Rehabilitationseinrichtung. Obwohl sich die Bewohnerinnen und Bewohner meist eine
     Rückfahrt in Laufe des Vormittags wünschen, weil sie zu dieser Tageszeit noch über mehr
     Kraftreserven verfügen, wird es in der Regel Nachmittag oder noch später. Anscheinend richtet
     sich der Zeitpunkt mehr nach den Strukturen der Einrichtung und nach den
     Transportkapazitäten als an nach den Bedürfnissen der jeweils Betroffenen.

     Überleitung in der letzten Lebensphase
     Eine Überleitung in der Sterbephase widerspricht den ethischen Grundsätzen in der
     Altenpflege12. Der ausdrückliche Wunsch des sterbenden Menschen ist maßgeblich zur
     Befürwortung einer Überleitung in der letzten Lebensphase.
     Alle Abläufe orientieren sich ausschließlich an seinen Bedürfnissen. Der Mensch ist bis zum
     letzten Augenblick seines Lebens wichtig. Es ist uns ein Anliegen, in Bezug auf die Hospiz-
     Idee, ihm in dieser schwierigen Phase seines Lebens zugewandt und achtungsvoll zu
     begegnen.

     2.3.5 Informationsübergabe an das Pflegeteam
     Wenn der Einzug in die Pflegeeinrichtung entschieden ist und der zukünftige Wohnbereich
     feststeht, beginnt der Austausch relevanter Informationen mit dem Pflegeteam. Die
     Pflegeüberleitung übermittelt ihre Einschätzung des zukünftigen Versorgungsbedarfs (z.B.
     Wünsche, Alltagsgewohnheiten, spezifischer Pflegebedarf, interdisziplinäre Zusammenarbeit
11
     Vgl. Döhner, 2002 ebd.
12
     Vgl. Bünemann, 2006.

                                                                                      13 von 42
usw.). Erste Ansprechpartnerin/ erster Ansprechpartner ist hierbei die zukünftige
    Bezugspflegekraft bzw. die Wohnbereichsleitung. Gemeinsam wird im Bezug auf die
    personellen, strukturellen und materiellen Ressourcen der Pflegeeinrichtung, das weitere
    Vorgehen geplant. Der Planungsaufwand hängt von der zu erwartenden Betreuungssituation
    ab, die sich nicht zwangsläufig in der Pflegestufe widerspiegelt.
    Organisiert werden Hilfsmittel, Pflegematerialien und die individuelle Anpassung des
    Wohnraums. Dazu kommen ggf. Schulungen von Pflegenden sowie die Beauftragung
    zusätzlich an Pflege und Versorgung beteiligter Berufsgruppen, z.B. die Heiminterne
    Tagesbetreuung, Verwaltung, Hauswirtschaft, technischer Dienst, Ergo- und Physiotherapie,
    Ernährungsberatung, Logopädie, Stomatherapie, usw., um nur einige zu nennen (siehe auch
    Punkt 2.3 Kooperationen/Schnittstellen).

    Die endgültige Übergabe der kompletten Daten- und Informationssammlung findet rechtzeitig
    vor dem Einzug des pflegebedürftigen Menschen statt. Um möglichst viele an der zukünftigen
    Versorgung beteiligte Pflegende zu erreichen, bietet es sich an, den Besprechungstermin in
    eine reguläre Übergabezeit des Wohnbereiches zu legen. Von besonderer Wichtigkeit ist die
    Anwesenheit der zuständigen Bezugspflegekraft.
    Im persönlichen Gespräch müssen erfahrungsgemäß einige Punkte der Informationssammlung
    erläutert und präzisiert werden (siehe auch Face-to-face-Austausch unter Punkt 3.3
    Kooperationen/Schnittstellen). Von Vorteil ist eine ruhige, weitgehend störungsfreie
    Atmosphäre, die eine konzentrierte Arbeit im Sinne der Bewohnerin bzw. des Bewohners
    zulässt und ermöglicht.

    Schwierige Lebensaufgaben wie z.B. ein Umzug ins Heim sind gekennzeichnet von starken
    Emotionen. Sie stellen für die Bewohnerin bzw. den Bewohner und ihre bzw. seine
    Angehörigen große Belastungsproben dar, auf die die Menschen höchst unterschiedlich
    reagieren. In der Praxis zeigen sich hier die Grenzen der schriftlichen Pflegedokumentation, sie
    kann diese stark wechselhaften Situationen häufig nicht in befriedigendem Umfang abbilden.
    Eine ausschließlich schriftliche Übergabe auf Basis der Pflegedokumentation ohne den
    persönlichen Kontakt zwischen der Pflegeüberleitung und mindestens einer verantwortlichen
    Pflegenden erfüllt daher erfahrungsgemäß nicht die Anforderungen an eine qualifizierte
    Überleitung und ist abzulehnen.

    Inhaltlich umfasst die Übergabe die komplette bisherige Informationssammlung, einschließlich
    einer zusammengefassten pflegerischen Beurteilung der momentanen Situation durch die
    Pflegeüberleitung. Es ist fachlich geboten, diese zusammengefasste Beurteilung im Bericht mit
    Einzugsdatum und Handzeichen festzuhalten. Sie hat sich in der Vergangenheit in der Praxis
    als guter Bezugspunkt bei den regelmäßigen Evaluationen des Pflegeprozesses bewährt.
    Ergänzt wird sie mit einer vorläufigen Einschätzung des Pflegeaufwandes. Dabei kann es sich
    aber immer nur um eine vorläufige Einschätzung handeln.

    Die Erfahrung zeigt insbesondere in der ersten Zeit nach dem Einzug, dass der individuelle
    Hilfebedarf starken Schwankungen unterliegt und sich erst nach und nach konkretisiert. Daher
    muss die vorläufige Einschätzung der Pflegeüberleitung in bzw. nach den ersten zwei Wochen
    des Aufenthalts durch die (Bezugs-)Pflegekraft überarbeitet werden.

    2.3.6 Begleitung in der Eingewöhnungszeit
    Vertrauensbasis
    Für ca. vier bis sechs Wochen nach Einzug des pflegebedürftigen Menschen ist die
    Pflegeüberleitung neben den anderen an der Betreuung und Pflege beteiligten Personen
    wichtigste Ansprechperson für die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Angehörigen. Die
    Erfahrungen der ersten Tage in der neuen Umgebung sind entscheidend für die Qualität des
    zukünftigen Zusammen-lebens. Aus Sicht der Bewohnerinnen / Bewohner handelt es sich um
    ein Zusammenleben, eine Beziehung, die weit über ein klassisches Arbeitsverhältnis

14 von 42
hinausgeht.
Erfahrene Pflegeüberleitungen erkennen diese Dimension und unterstreichen, dass es in
dieser ersten Zeit für die Betroffenen das Wichtigste ist, „gehört zu werden“, ernst genommen
zu werden. Die Bemühungen um das eigene Wohlergehen zu spüren, sind der Grundstein für
eine zukünftige vertrauensvolle Beziehung.

Edukation
Der zweite Tätigkeitsschwerpunkt in der Eingewöhnungszeit ist die sog. Edukation der
Bewohnerinnen und Bewohner. Dazu zählt die individuelle und bedürfnisorientierte Beratung,
die zielorientierte, strukturierte und geplante Vermittlung von Wissen sowie die Bereitstellung
und die Vermittlung des Umgangs mit verschiedenen Hilfsmitteln.
Wie intensiv der Kontakt und die Beziehungspflege in diesen Wochen sein muss, hängt vom
Einzelfall ab und wird von der Pflegeüberleitung entschieden. Leitgedanke ist die
Ressourcenorientierung und die Stärkung der Selbstbestimmung und Selbstpflegekompetenz
unter dem Stichwort: Empowerment.

Übergabe
Den Abschluss der Überleitungsphase bildet ein gemeinsames Gespräch unter Leitung der
Pflegeüberleitung.
Die Teilnehmenden des Abschlussgesprächs sind, außer der Bewohnerin bzw. dem Bewohner
und ihren bzw. seinen Angehörigen nach Bedarf variabel. Bei einigen Pflegenden hat sich in
diesem Zusammenhang die Durchführung eines multiprofessionellen Abschlussgespräches
(dito: multiprofessionelle Sozial- oder Abschlussvisite) sehr gut bewährt. Vertreterinnen und
Vertreter aller Fachbereiche, von der Verwaltung bis zur Hauswirtschaft, die in der
Überleitungsphase unterstützend tätig waren, nehmen an dem gemeinsamen Gespräch teil.
In diesem Rahmen wird die Bewohnerin bzw. der Bewohner auch auf die zukünftigen primären
Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die verantwortliche Fach- bzw. Bezugspflegekraft,
hingewiesen.
Es empfiehlt sich für alle professionell Beteiligten, dieses Instrument auch im Sinne der
eigenen Qualitätssicherung zu nutzen. Dies erfolgt, indem man sich bezogen auf seine
Leistungen während der Überleitungssituation Rückmeldung holt, sich direkt bei der
Bewohnerin bzw. beim Bewohner vergewissert, ob die Interventionen zur Zufriedenheit
beitrugen oder ob noch Handlungsbedarf besteht (siehe auch Punkt 2.7 Qualitätsmanagement
in der Pflegeüberleitung). Die multiprofessionellen Abschlussgespräche werden erfahrungs-
gemäß von Bewohnerinnen und Bewohnern und ihren Angehörigen sehr positiv bewertet.

2.3.7 Organisation und Begleitung von Arztbesuchen
Das Konzept sieht vor, dass eine Überleitungssituation durch den Übergang von einer
Betreuungsform in eine andere gekennzeichnet ist (siehe Punkt 2.1 Grundsätze). Diese
Merkmale treffen bei einem Arztbesuch nicht zu.
Die Organisation und Begleitung von Arztbesuchen fällt daher nicht in den Aufgabenbereich
der Pflegeüberleitung.

2.3.8 Pflegeüberleitung bei Krankenhausaufenthalten
Die Praxis hat gezeigt, dass in akuten Fällen das Überleitungsmanagement in ein
Krankenhaus dem Verantwortungsbereich des betreffenden Wohnbereiches obliegt.
Mehrere Gründe sprechen für diese Vorgehensweise:
Die Begleitinformationen zur Bewohnerin/zum Bewohner kommen aus erster Hand. Durch den
Wegfall der Informationsübergabe an die Pflegeüberleitung wird Zeit gespart, zudem sind die
verantwortlich Pflegenden im Gegensatz zu den Pflegeüberleitungen Tag und Nacht präsent.
Handelt es sich um eine geplante Einweisung, ist nach entsprechend rechtzeitiger Information
durch den Wohnbereich die Pflegeüberleitung zuständig.
Sobald der Entlassungstermin der Bewohnerin/des Bewohners bekannt ist, übernimmt die
Pflegeüberleitung die Koordination der Überleitung. Der Versorgungsbedarf wird mit den

                                                                                  15 von 42
Pflegenden sowie den Ärztinnen bzw. Ärzten im Krankenhaus besprochen und das weitere
     Vorgehen abgestimmt. In dieser Phase ist der persönliche Kontakt zum Krankenhaus und zur
     Bewohnerin/zum Bewohner unersetzlich. Idealerweise findet die Übergabe am
     Krankenhausbett13 unter Einbezug aller Beteiligten (siehe multiprofessionelle Sozialvisite unter
     Punkt 2.2.6) statt. Ein schriftlicher Pflegeüberleitungsbogen (dito: Pflegebericht oder
     Pflegeexpertise) wird eingefordert. Im Anschluss werden die Pflegenden in der
     Pflegeeinrichtung über die Situation informiert und der Aufnahmeprozess geplant und
     organisiert.

     Welche Stellen in der Pflegeeinrichtung den Kontakt mit dem Krankenhaus und der
     Bewohnerin bzw. dem Bewohner während des Aufenthalts zuverlässig (telefonisch oder
     persönlich) pflegen, ist abhängig von den individuellen Gegebenheiten und ist in erster Linie
     die Entscheidung der Pflegeüberleitung. Eine größere Pflegeeinrichtung (>100 Pflegeplätze)
     mit nur einer Pflegeüberleitung wird deren persönliche Begleitung bei jedem
     Krankenhausaufenthalt nur zu Lasten anderer originärer Überleitungsaufgaben sicherstellen
     können.

     An der sehr komplexen Thematik „Überleitung bei Krankenhausaufenthalten“ wird deutlich, wie
     eng die Qualität der Überleitung an die interne Zusammenarbeit von Wohnbereichen und
     Pflegeüberleitungen gekoppelt ist.
     Voraussetzung für eine reibungslose Kommunikation ohne Informationsverluste ist ein
     funktionierendes Informationssystem. Aufbau und Pflege tragfähiger interner und externer
     Informationssysteme benötigen die entsprechende Beteiligung der Pflegeüberleitung.

     Beispiel aus der Praxis einer Münchner Pflegeeinrichtung
     Die Pflegeüberleitung wird rechtzeitig über jede Überleitung informiert. Für jede
     Bewohnerin/jeden Bewohner existiert eine „Überleitungsmappe“. Inhalt sind neben dem
     Pflegeüberleitungsbogen (vorab ausgefüllt mit den Stammdaten), notwendige Unterlagen in
     Kopie oder als Duplikat (Versicherungskarte, Hilfsmittelbefreiung, Schwerbehindertenausweis,
     evtl. Spezialausweise bei bestimmten medizinischen Diagnosen etc.) auch alle aktuellen
     Arztbriefe in Kopie. Die Mappe wird bei Einzug angelegt und fortlaufend aktualisiert. Die
     Pflegeüberleitung ergänzt diese bei Rückverlegung aus dem Krankenhaus um die Arztbriefe
     und kontrolliert die Mappen regelmäßig auf Vollständigkeit und Aktualität. Sie steht für interne
     Informationsgespräche zum Thema zur Verfügung.

13
     Vgl. Wirnitzer B., 2002.

16 von 42
2.4    Kooperationen/Schnittstellen
Die Bewohnerinnen und Bewohner befinden sich beim Einzug in unterschiedlich komplexen
Problemlagen, zu deren Lösung, ergänzend zu den Möglichkeiten der Pflegeeinrichtung, auch
externe Leistungserbringer (Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner) notwendig
sind. Die Pflegeüberleitung strukturiert und steuert die interne Zusammenarbeit und bindet die
externen Partnerinnen und Partner in einem kooperativen Prozess in das Leistungsgeschehen
mit ein.

Die Grafik zeigt exemplarisch, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, welche internen und
externen Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner der Pflegeüberleitung zur Seite
stehen.

Netzwerke
Die Pflegeüberleitung ist verantwortlich für den Aufbau eines leistungsfähigen Netzwerks und
verfügt über detailliertes Wissen zum fachlichen Leistungsspektrum jeder einzelnen
Partnerin/jedes einzelnen Partners. Bezogen auf ihr Handlungsfeld aktualisiert sie laufend ihr
interdisziplinäres Fachwissen und passt den Kooperationsbedarf (innerhalb des Netzwerkes)
den aktuellen Erfordernissen an.

Aspekte der Kooperationstätigkeit:
   ➢ Vermittlung des Leistungsangebotes der Pflegeeinrichtung,
   ➢ Vermittlung eines spezialisierten, externen Fachangebots
      (z.B. Fachärztinnen/Fachärzte usw.),
   ➢ Vermittlung von Angeboten, die die Selbstbefähigung der Bewohnerin/des
      Bewohners steigern (z.B. spezielle Schulungsangebote, Fachberatungen zu
      Hilfsmitteln, etc.),
   ➢ Vermittlung von Angeboten, die es der Bewohnerin/dem Bewohner ermöglichen,
      seine Situation generell besser zu bewältigen (Selbsthilfegruppen, spirituelle Angebote
      etc.).

                                                                                  17 von 42
Eindeutige Informationen des Managements der jeweiligen Pflegeeinrichtung an alle
     Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Tätigkeitsprofil, Verortung und Weisungsbefugnis der
     Pflegeüberleitung sind die beste Voraussetzung für eine gute und konstruktive interne
     Zusammenarbeit.

     Das Zusammenwirken mit Berufsgruppen über die institutionellen Grenzen hinweg kann durch
     Kooperationsverträge geregelt werden, wie sie vereinzelt schon zwischen Pflegeeinrichtungen
     und Krankenhäusern sowie niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten getroffen wurden.
     Ergänzend ermöglichen regelmäßige interdisziplinäre Besprechungen und/oder Konferenzen
     die Bildung leistungsfähiger Arbeitsverhältnisse.

     Multiprofessionelle Visite
     Umgesetzt wird dieser Ansatz in einigen Überleitungsprojekten auf Ebene der Patientin/ des
     Patienten bzw. der Bewohnerin/des Bewohners mit der Durchführung einer
     multiprofessionellen Sozialvisite, an der neben Pflegenden, Sozialarbeiterinnen und
     Sozialarbeitern auch Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeiterinnen wie Mitarbeiter der
     nachsorgenden Einrichtung teilnehmen14. Einige Pflegeüberleitungen des Münchner
     Programms haben dieses Vorgehen in ihre Einrichtung adaptiert. Dort werden nach dem
     Heimeinzug in einem multiprofessionellen Abschlussgespräch unter Beteiligung der
     Bewohnerin/des Bewohners und ihrer/seiner Angehörigen sowie aller an der Versorgung
     Beteiligten wesentliche Belange im Sinne der Prozesssteuerung besprochen.
     Den nicht unerheblichen organisatorischen Aufwand rechtfertigen die äußerst positiven
     Rückmeldungen aller Beteiligten und daraus entstandene stabile Vertrauensverhältnis
     zwischen Bewohnerin/Bewohner und Pflegeeinrichtung.
     Dieses Vorgehen bestätigen auch die Ausführungen im Expertenstandard für
     Entlassungsmanagement in der Pflege. Neben der Gestaltung einer reibungslosen
     Zusammenarbeit wird es dort als Aufgabe der Pflegeüberleitung beschrieben, die Bewohnerin/
     den Bewohner und ihre/seine Angehörigen an weitere Ansprechpartnerinnen und
     Ansprechpartner zur Klärung von Detailfragen (z.B. zur Heiminternen Tagesbetreuung) zu
     vermitteln.
     Je komplexer die Situation im Einzelfall ist, um so eher empfiehlt sich ein direkter Face-to-face-
     Austausch aller Beteiligten mit entsprechender Dokumentation der getroffenen
     Vereinbarungen15.

     Der Ausbau und die Pflege des o.g. Versorgungsnetzwerks wird, insbesondere auch für neu
     hinzu kommende Pflegeüberleitungen, durch den Informationsaustausch innerhalb der Gruppe
     der Pflegeüberleitung des Programms enorm erleichtert. Die regionale Nähe ist hier von
     Vorteil.

     2.5     Dokumente der Pflegeüberleitung
     Die Dokumente, mit denen bei der Überleitung gearbeitet wird, sind vielfältig. Die
     Pflegeüberleitung tauscht im Verlauf des Überleitungsprozesses umfangreiche Informationen
     mit der zukünftigen Bewohnerin/dem Bewohner aus. Sie bzw. er erfährt alles Wissenswerte
     über die Pflegeeinrichtung sowie rund um den Einzug. Die Pflegeüberleitung erhebt und
     speichert die Daten und Fakten der Bewohnerin/des Bewohners, die für eine bedarfsgerechte
     Versorgung notwendig sind.
     In der Anlage 5 sind die bei Einzug einer Bewohnerin/eines Bewohners derzeit erforderlichen
     Dokumente und Informationsmaterialien aufgelistet. Man kann die Übersicht bei einem
     Neuzugang im Sinne einer Checkliste benutzen.

     Die Datenerhebung durch die Pflegeüberleitung bezieht sich auf ein erstes Assessment mit
     folgenden Schwerpunkten:

14
     Vgl. Dörpinghaus et al., 2004.
15
     Deutsches Netzwerk für Qualitätssicherung in der Pflege, 2004.

18 von 42
Allgemeine Informationen
zur Person, Angehörige, behandelnde Ärztinnen/Ärzte, Grund des Einzugs etc. .

Aktuelle Lebens- und Versorgungssituation
Wünsche und Bedarf zur zukünftigen Wohn- und Lebenssituation.
Gesundheitliche Situation incl. derzeitige therapeutische Versorgung.
Vorhandene oder benötigte Hilfsmittel.
Kognitive Fähigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten.
Selbstständigkeit im Bereich der Lebensaktivitäten (z.B. AEDL), Ressourcen.
Risikoeinschätzung, Bedarf an Prophylaxen.
Spezieller Versorgungsbedarf.

Es muss betont werden, dass die erhobenen Daten zunächst auf ersten Eindrücken beruhen,
die noch vor dem eigentlichen Umzug festgehalten wurden. Sie dienen dazu, Schwerpunkte
des zukünftigen Unterstützungsbedarfs zu ermitteln und zu entscheiden, welche Stellen
dementsprechend in die Versorgung einbezogen werden müssen.

Ein weitergehendes Assessment in den ersten zwei Wochen nach dem Einzug (derzeit
überwiegender Standard in den Münchner Pflegeeinrichtungen) durch die verantwortliche
Bezugs- oder Fachpflegekraft ist unumgänglich. In den Aufgabenbereich der Pflegeüberleitung
fällt auch die erste Erhebung einer Biografie entsprechend des Leitfadens zur Biografiearbeit in
Einrichtungen der stationären Altenpflege in Bayern (Anlage7).

Wichtig ist, dass von Beginn des Aufenthalts an die Bewohnerin/der Bewohner gemäß
ihrer/seiner Lebensgewohnheiten und Wünsche versorgt wird. Die Informationen dazu werden
per Checkliste (Anlage 5) eingeholt. Daten zur persönlichen Lebensbiographie von Seiten der
zukünftigen Bewohnerin/des zukünftigen Bewohners preiszugeben setzt ein gewachsenes
Vertrauensverhältnis voraus, das zum Zeitpunkt der Überleitung in der Regel noch nicht
bestehen kann. Die vertrauensvolle Beziehung zur zukünftigen Bezugs- oder Fachpflegekraft
ist die geeignete Basis für die auf Freiwilligkeit beruhende Erhebung der biografischen Daten
zu einem entsprechend späteren Zeitpunkt. Die Ausnahme stellen demenzkranke Personen
dar, wenn bei der individuellen Versorgung Bezug auf biographische Details genommen
werden muss. Voraussetzung hierzu sind kooperative und auskunftswillige Angehörige.

Pflegeexpertise versus Pflegeplanung
Die Überleitung ist ein kooperativer Prozess und richtet sich im Umfang nach der Komplexität
des Einzelfalls. Entsprechend unterschiedlich ist die Beschreibung des durch die
Ersteinschätzung begründeten Versorgungsbedarfs. Die Einschätzung der Pflegeüberleitung
zum Einzugstag, die Pflegeexpertise, findet sich im Pflegebericht unter dem betreffenden
Datum. Die sogenannte Pflegeexpertise ersetzt keine umfassende Pflegeplanung. Die
differenzierte Pflegeplanung fällt in den Verantwortungsbereich der Bezugs- oder
Fachpflegekraft.

Einheitliche Dokumentation
Die Qualitätsbestrebungen des Münchner Programms „Pflegeüberleitung“ zielen unter
anderem auf eine Vereinheitlichung des Dokuments für die erste Einschätzung der
Versorgungssituation. Idealerweise wird es von den Benutzerinnen und Benutzern selbst
entwickelt. Die Kompatibilität mit den von den Pflegeeinrichtungen geforderten Daten dürfte
dabei kein Problem darstellen, sind sie doch mit geringen Variationen deckungsgleich.
Fachliteratur und Expertenstandard betonen ausdrücklich die Chancen und den Nutzen einer
einheitlichen Dokumentation.

                                                                                  19 von 42
Sie können auch lesen