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S3-Leitlinie: Analabszess A. Ommer, A. Herold, E. Berg, St. Farke, A. Fürst, F. Hetzer, A. Köhler, S. Post, R. Ruppert, M. Sailer, T. Schiedeck, O. Schwandner, et al. coloproctology ISSN 0174-2442 coloproctology DOI 10.1007/s00053-016-0109-0 1 23
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Author's personal copy Leitlinien coloproctology A. Ommer1 · A. Herold2 · E. Berg3 · St. Farke4 · A. Fürst5 · F. Hetzer6 · A. Köhler7 · DOI 10.1007/s00053-016-0109-0 S. Post8 · R. Ruppert9 · M. Sailer10 · T. Schiedeck11 · O. Schwandner12 · © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 B. Strittmatter13 · B. H. Lenhard14 · W. Bader15 · S. Krege16 · H. Krammer17 · E. Stange18 1 End- und Dickdarm-Zentrum Essen, Essen, Deutschland 2 Enddarmzentrum Mannheim, Mannheim, Deutschland 3 Prosper Hospital, Recklinghausen, Deutschland 4 Klinikum Delmenhorst, Delmenhorst, Deutschland 5 Caritas Krankenhaus, Regensburg, Deutschland 6 Spital Linth, Uznach, Schweiz 7 HELIOS St. Johannes Klinik Duisburg, Duisburg, Deutschland 8 Universitätsklinik Mannheim, Mannheim, Deutschland 9 Städt.Klinikum München GmbH, Klinikum Neuperlach, München, Deutschland 10 Bethesda-Krankenhaus, Hamburg, Deutschland 11 Klinikum Ludwigsburg, Ludwigsburg, Deutschland 12 Krankenhaus Barmherzige Brüder, Regensburg, Deutschland 13 Praxis für Koloproktologie, Praxisklinik 2000, Freiburg, Deutschland 14 Praxis für Enddarmerkrankungen, Heidelberg, Deutschland 15 Klinikum Bielefeld, Bielefeld, Deutschland 16 Kliniken Essen-Mitte, Essen, Deutschland 17 Gastroenterologie, End-Darm-Zentrum, Mannheim, Deutschland 18 Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart, Deutschland S3-Leitlinie: Analabszess 2. revidierte Fassung 2016, AWMF-Registriernummer: 088/005 Einleitung und Definition formen stellen Abszesse bei chronisch- ner Proktodealdrüsenentzündung, auch entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. wenn dies im Rahmen der akuten Inter- Abszesse in der perianalen Region sind Morbus Crohn; [70, 72]), immunsup- vention nicht immer differenziert werden ein häufiges Krankheitsbild. Die star- primierenden Erkrankungen (z. B. HIV, kann. Der Text stellt eine komplett über- ke lokale Schmerzhaftigkeit zwingt zu Leukämie) und Malignomen [9] sowie einer schnellen Intervention. Häufigs- nach operativer Behandlung im Bereich te Ursache ist eine Entzündung der des Beckens (z. B. tiefe anteriore Rektum- beim Menschen rudimentär angelegten resektion) oder Verletzungen [48] dar. Beteiligte Fachgesellschaften Proktodealdrüsen. Dabei stellt der Anal- Sehr selten sind Abszesse bei speziellen 4 Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und abszess das akute und die Analfistel das Erregern (z. B. Tuberkulose, Aktinomy- Viszeralchirurgie (DGAV) chronische Stadium des gleichen Krank- kose, Gonorrhöe u. a; [6, 11, 18, 20, 28, 4 Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Coloproktologie (CACP) heitsbildes dar [109]. Bezüglich der 69, 104]). Weitere Sonderformen stellen 4 Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie Behandlung von Analfisteln wird auf die Abszesse durch Fremdkörperingestion (DGK) entsprechende Leitlinie, die im Internet [23, 26] dar. 4 Berufsverband der Coloproktologen zugänglich ist [82, 84], verwiesen. Deutschlands (BCD) Von dieser Krankheitsgenese sind 4 Deutsche Gesellschaft für Gastroenterolo- Methodik gie, Verdauungs- und Stoffwechselkrank- Analabszesse anderer Genese zu unter- heiten (DGVS) scheiden, die nicht Bestandteil dieser Die Erstellung dieser Leitlinie erfolgte 4 Deutsche Dermatologischen Gesellschaft Leitlinie sind. Die wichtigste Differenzi- auf Initiative der Deutschen Gesellschaft (DDG) aldiagnose stellen der Pilonidalsinus und für Allgemein- und Viszeralchirurgie 4 Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) die Acne inversa dar, die sich ebenfalls (DGAV) mit ihrer Arbeitsgemeinschaft 4 Arbeitsgemeinschaft für Urogynäkologie und plastische Beckenbodenrekonstrukti- als akute Abszedierung manifestieren für Coloproktologie (CACP). on e. V. (AGUB) der Deutschen Gesellschaft können. Auch hier wird auf die entspre- Die vorliegenden Leitlinien gelten pri- für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) chenden Leitlinien verwiesen. Sonder- mär für Analabszesse auf dem Boden ei- coloproctology
Author's personal copy Leitlinien folgende Ergebnisse der einzelnen Stu- Tab. 1 Definition von Evidenzlevel und Empfehlungsgrad [99] dien erfasst: Anzahl der behandelten Evidenz- Typen von Therapiestudien Empfehlungs- Patienten, Lokalisation der behandel- level grad ten Abszesse, Studiendesign (retro-/ 1-a Systematisches Review randomisierter kontrollierter Studien (RCT) A („soll“) prospektiv, randomisiert), Therapiever- 1-b Geeignete geplante RCT fahren, Häufigkeit des primären und 1-c Alles-oder-nichts-Prinzip sekundären Fistelnachweises, Rate der 2-a Systematisches Review gut geplanter Kohortenstudien B („sollte“) Rezidivabszesse und Häufigkeit von Kon- 2-b Gut geplante Kohortenstudie einschließlich RCT mit mäßigem Fol- tinenzstörungen sowie die Follow-up- low-up (95 % der Teilnehmer nur unzureichend das Therapiespek- Konsens Zustimmung von >75–90 % der Teilnehmer trum wiedergeben oder gar vergleichen, Mehrheitliche Zustimmung Zustimmung von >50–75 % der Teilnehmer mussten auch diese z. T. methodisch Kein Konsens Zustimmung von
Author's personal copy Zusammenfassung · Abstract coloproctology DOI 10.1007/s00053-016-0109-0 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 A. Ommer · A. Herold · E. Berg · S. Farke · A. Fürst · F. Hetzer · A. Köhler · S. Post · R. Ruppert · M. Sailer · T. Schiedeck · O. Schwandner · B. Strittmatter · B. H. Lenhard · W. Bader · S. Krege · H. Krammer · E. Stange S3-Leitlinie: Analabszess. 2. revidierte Fassung 2016, AWMF-Registriernummer: 088/005 Zusammenfassung Hintergrund. Analabszesse sind relativ häufig, vatorischen Abszessen erwogen werden. Risiko einer Reabszedierung oder sekundären v. a. bei jungen männlichen Erwachsenen. Der Zeitpunkt der operativen Intervention Fistelbildung ist insgesamt gering, die Ursache Methode. Aufbauend auf der S3-Leitlinie wird v. a. durch die Symptomatik bestimmt, kann in einer unzureichenden Drainage aus dem Jahr 2011 wurde erneut ein wobei der akute Abszess grundsätzlich eine bestehen. Eine primäre Fistelspaltung systematisches Review der Literatur Notfallindikation darstellt. Die Therapie soll nur bei oberflächlichen Fisteln durch vorgenommen. des Analabszesses ist operativ. Der Zugang einen erfahrenen Operateur erfolgen. Bei Ergebnisse. Die neue Literatur ermöglicht (transrektal oder perianal) richtet sich nach unklaren Befunden oder hohen Fisteln soll die wenige neue Schlussfolgerungen für den dia- der Abszesslokalisation. Ziel der Operation ist Sanierung in einem Zweiteingriff erfolgen. gnostischen und therapeutischen Bereich. Es eine großzügige Drainage des Infektionsherds Schlussfolgerung. In diesen klinischen S3- wird zwischen subanodermalen, intersphink- unter Schonung der Schließmuskelstrukturen. Leitlinien werden anhand der aktuellen tären, ischioanalen und supralevatorischen Eine intraoperative Fistelsuche sollte allenfalls Literatur Richtlinien für die Diagnostik Abszessen unterschieden, die von den sehr vorsichtig erfolgen, ein Fistelnachweis und Therapie des anorektalen Abszesses Proktodealdrüsen des Intersphinktärraums nicht erzwungen werden. Die Wunde soll vorgestellt. ausgehen. Anamnese und klinische Unter- regelmäßig gespült werden (Ausduschen suchung sind als Diagnostik ausreichend. mit Leitungswasser). Die Anwendung von Schlüsselwörter Weiterführende Untersuchungen (Endoso- lokalen Antiseptika birgt die Gefahr der Analabszess · Diagnostik · Operative Therapie · nographie, Magnetresonanztomographie) Zytotoxizität. Eine Antibiotikatherapie ist Stuhlinkontinenz · Analfistel sollten bei Rezidivabszessen oder suprale- nur in Ausnahmefällen erforderlich. Das S3 guidelines: anal abscess. 2. revised version 2016, The German Association of Scientific Medical Societies registration number: 088/005 Abstract Background. Anal abscesses are relatively The timing of surgical interventions depends or secondary fistula formation is relatively frequent, particularly in young male adults. on the clinical symptoms, whereby acute low and one cause could be insufficient Methods. A new systematic review of the abscesses basically represent an emergency drainage. A primary fistulotomy should only literature has been undertaken based on the indication. The treatment of anal abscesses be performed for superficial fistulas and S3 guidelines published in 2011. is primarily surgical. The access route (e.g. by an experienced surgeon. If the findings Results. The newly published literature only transrectal or perianal) depends on the are unclear or in the case of high fistulas, allows very few new recommendations for localization of the abscess. The aim of surgery treatment should be undertaken in a second diagnostics and treatment to be given. A is an extensive drainage of the infection operation. differentiation is made between subdermal, site and preservation of the anal sphincter Conclusion. In these clinical S3 guidelines intersphincteric, ischioanal and supralevator structures. An intraoperative search for instructions for the diagnostics and treatment abscesses, all of which originate from the a fistula should always be carried out very of anal abscesses are described based on proctodeal glands in the intersphincteric carefully and detection of a fistula should a systematic review of the literature. space. A patient history and clinical not be compulsory. The wound should examination are sufficient as indications be rinsed at regular intervals (i.e. flushed Keywords for surgery. Further investigations, such as with clear tap water). Treatment with local Anal abscess · Diagnostic · Operative endosonography and magnetic resonance antiseptics bears the risk of cytotoxicity. treatment · Fecal incontinence · Anal fistula imaging (MRI) should be considered in the Therapy with antibiotics is necessary only in case of recurrent or supralevator abscesses. exceptional cases. The risk of recurrent abscess nommen. Die Konsensuskonferenz wur- gen. Unklare Stellen wurden nach Dis- ihre Zustimmung zu dervorliegendende- de durch den unabhängigen Moderator kussion korrigiert. Die Abstimmung er- finitiven Textfassung. Eine methodische (Dr. Jan Jongen, Kiel) moderiert. Der un- folgte per Handzeichen. Alle anwesen- Überprüfung des Textes erfolgte durch abhängige Moderator (Dr. Jan Jongen) den Mitglieder der Leitliniengruppe hat- Frau Muche-Borowski als Vertreterin der wies keine Interessenkonflikte in Bezug ten die gleiche Stimmberechtigung. Die AWMF. Eine kritische Beurteilung nach auf Firmen, die Produkte zur Behand- Mitglieder der Leitliniengruppe, die an dem DELBI-Verfahren fand durch die lung von Analfisteln vertreiben, auf. Der den Treffen nicht teilnehmen konnten, beiden Chirurgen Dr. Roland Scherer, Text wurde Punkt für Punkt durchge- stimmten dem Text später getrennt zu. Berlin, und Dr. Gerd Kolbert, Hannover, sprochen und diskutiert. Der Text war al- Auch die jeweiligen Vorstände der be- statt. len Mitgliedern zuvor per Mail zugegan- teiligten Fachgesellschaften bekundeten coloproctology
Author's personal copy Leitlinien 87]. Ausgehend von dieser Genese wer- Evidenzstärke Empfehlungsgrad den somit 4 Abszesstypen unterschieden Bezeichnung * Symbole * * (. Abb. 2): 1. subanodermaler Abszess, Hoch Starke Empfehlung 2. intersphinktärer Abszess, Klasse I A, ⇑⇑ 3. ischioanaler Abszess, Mäßig 4. supralevatorischer Abszess. Empfehlung Klasse II B, ⇑ Die Häufigkeit der einzelnen Typen vari- Schwach Empfehlung offen iert in den verschiedenen Publikationen Klasse III, IV,V 0, ⇔ ([1, 8, 14, 55, 73, 80, 93, 94, 101, 121]; . Tab. 4), wobei oberflächliche Typen die deutliche Mehrheit darstellen. So finden Kriterien für die Graduierung (Konsensusaspekte): sich subanodermale Abszesse mit einer - Konsistenz der Studienergebnisse Häufigkeit von 40–75 %, intersphinktäre - Klinische Relevanz der Endpunkte und Effektstärken von 13–55 %, ischioanale von 5–42 % und - Nutzen-Risiko-Verhältnis supralevatorische von 2–8 %. Die große - Ethische Verpflichtungen - Patientenpräferenzen Spannbreite ist wahrscheinlich auf die - Anwendbarkeit, Umsetzbarkeit unterschiedlichen Klassifikationsformen zurückzuführen. So beschreiben Knoefel et al. [55] lediglich 1 % subanodermale Abb. 1 8 Korrelation zwischen Evidenzstärke (Evidenzgrad) und Empfehlungsgrad. (Aus [99]) und dagegen 71 % intersphinktäre und 22 % ischioanale Abszesse. Eine Liste möglicher Interessenkon- wachsenen auf. Epidemiologische Daten In der Literatur findet sich häufig flikte aller an der Erstellung dieser Leit- fehlen. die Bezeichnung perianaler Abszess. Un- linie beteiligten Ärzte ist online unter ter dieser Bezeichnung dürften jedoch http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ Ätiologie und Klassifikation in vielen Publikationen auch Abszesse ll/088-005.html nachzulesen. Keiner der bei Acne inversa oder perianale Haar- Autoren gibt relevante Interessenskon- Analabszesse haben in den meisten Fäl- follikelentzündungen ohne Verbindung flikte an, die in direktem Zusammen- len ihren Ursprung im kryptoglandulä- zum Analkanal erfasst worden sein, hang mit den Aussagen dieser Leitlinien ren Gewebe (Proktodealdrüsen) des In- so dass in diesen Leitlinien bewusst auf stehen. Bei der Behandlung des Anal- tersphinktärraums (. Abb. 2; [1, 19, 54]). diese Bezeichnung verzichtet wurde. Bei- abszesses kommen keine speziell für Mehrere Studien beschreiben eine de Erkrankungen stellen eine wichtige diesen Zweck verwendeten Materialien individuelle Varianz der Anzahl der Differenzialdiagnose zum proktodea- irgendwelcher Firmen zu Einsatz, die proktodealen Drüsen und ihrer Aus- len Abszess dar [106]. Am nächsten möglicherweise Einfluss auf die Behand- führungsgänge mit einer posterioren dürfte vielen als perianal bezeichneten lung haben könnten. Häufung [102]. Die Zahl der Drüsen Abszessen der subanodermale Abszess Die nächste Überarbeitung der Leit- ist bei Männern höher als bei Frauen kommen. Die Nomenklatur in den zi- linie wird geplant für 03/2021. [63]. In einer aktuellen Studie [2] wird tierten Publikationen wurde dement- die Korrelation zwischen Lokalisation sprechend angepasst. In der internatio- Epidemiologie der Drüsen und der Fistelbildung auf- nalen ICD-10-Klassifikation finden sich gearbeitet. Es wird auf eine mit 65 % folgende Typen: K61.0 (Analabszess), Aktuelle epidemiologische Daten zur In- deutliche Häufung im dorsalen Bereich K61.1 (Rektalabszess), K61.2 (Anorek- zidenz des Analabszesses liegen nicht vor. verwiesen. talabszess), K61.3 (Ischiorektalabszess), In Analogie zu den Analfisteln finden Der Abszess entsteht somit meist zu- K61.4 (intrasphinkterer Abszess), K65.0 sich Analabszesse überwiegend bei jün- nächst im intersphinktären Raum. Von (Beckenabszess). geren Erwachsenen zwischen dem 30. hier kann sich dieser Abszess direkt in Zur Ätiologie des anorektalen Abszes- und 50. Lebensjahr [73, 80, 121], wo- Richtung perianale Region ausbreiten ses wurden in den 1970er und 1980er bei Männer deutlich häufiger als Frau- und als subanodermaler oder subkuta- Jahren mehrere Arbeiten vorgelegt, die en betroffen sind. Eine Sonderform von ner Abszess zeigen. Beim Durchbruch das Keimspektrum untersuchten. In der Analfisteln und Abszessen findet sich bei durch den M. sphincter ani externus Regel findet sich erwartungsgemäß eine Kleinkindern [15, 30, 53, 68]. Diese ist entsteht der ischioanale Abszess, der Mischflora aus Darmkeimen (v. a. E. coli, nicht Grundlage dieser Leitlinie. ehemals als ischiorektaler Abszess be- Bacteroides) und Hautkeimen (Staphylo- zeichnet wurde, und durch Extension coccus aureus; [14, 36, 125]). Dieses wird Fazit für die Praxis. Analabszesse treten nach proximal in die Fossa pelvirectalis auch von aktuellen Publikationen bestä- überwiegend bei jungen männlichen Er- der supralevatorische Abszess [27, 35, tigt [22]. Mehrere ältere Arbeiten ver- coloproctology
Author's personal copy Tab. 3 Mitglieder der Konsensusgruppe Diabetes und Adipositas das Risiko für Für die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV), die Chirurgische Arbeits- die Entstehung eines Analabszesses. gemeinschaft für Coloproktologie (CACP), die Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie (DGK), den Die ICD-Klassifikation (ICD 10) sieht Berufsverband der Coloproktologen Deutschlands (BCD) insgesamt 6 Verschlüsselungsmöglich- Dr. A. Ommer, End- und Dickdarmdarm-Zentrum, Essen keiten vor. Dabei sind die drei ersten Prof. Dr. A. Herold, Enddarmzentrum, Mannheim K61.0 (Analabszess), K61.1 (Rektalab- Dr. E. Berg, Prosper Hospital, Recklinghausen szess) und K61.2 (Anorektalabszess) Prof. Dr. St. Farke, Klinikum Delmenhorst, Delmenhorst nicht zur Differenzierung anwendbar. Prof. Dr. A. Fürst, Caritas Krankenhaus, Regensburg Speziell verschlüsselbar sind der in- tersphinktäre Abszess (K61.4, intras- Prof. Dr. F. Hetzer, Spital Linth, Uznach, Schweiz phinktärer Abszess), der ischiorektale Dr. A. Köhler, HELIOS St. Johannes Klinik Duisburg, Duisburg Abszess (K61.3, Ischiorektalabszess) und Prof. Dr. S. Post, Universitätsklinik Mannheim, Mannheim der supralevatorische Abszess (K65.0, Dr. R. Ruppert, Städt. Klinikum München GmbH, Klinikum Neuperlach, München Beckenabszess). Prof. Dr. M. Sailer, Bethesda-Krankenhaus, Hamburg Prof. Dr. Th. Schiedeck, Klinikum Ludwigsburg, Ludwigsburg Fazit für die Praxis. Der Analabszess Prof. Dr. O. Schwandner, Krankenhaus Barmherzige Brüder, Regensburg entsteht vorwiegend aus einer akuten Dr. B. Strittmatter, Praxisklinik 2000, Praxis für Koloproktologie, Freiburg Entzündung der Proktodealdrüsen im Für die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) Intersphinktärraum. Von dieser Gene- Dr. B. H. Lenhard, Praxis für Enddarmerkrankungen, Heidelberg se ausgehend unterscheidet die Klas- sifikation zwischen subanodermalen, Für die AGUB der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe intersphinktären, ischioanalen und su- Prof. Dr. W. Bader, Klinikum Bielefeld, Bielefeld pralevatorischen Abszessen. Das Erre- Für die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) gerspektrum besteht i. d. R. aus einer Prof. Dr. S. Krege, Kliniken Essen-Mitte, Essen Mischflora von Darm- und Hautkeimen. Für die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten Umgebungsfaktoren wie Rauchen, Dia- (DGVS) betes mellitus und Adipositas scheinen Prof. Dr. H. Krammer, Gastroenterologie am End-Darm-Zentrum, Mannheim mit einer erhöhten Prävalenz assoziiert Prof. Dr. E. Stange, Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart zu sein. 4 Konsensusstärke: starker Konsens weisen auf eine höhere Fistelinzidenz bei Seltene Ursachen eines Abszesses sind Symptomatik und Diagnostik Nachweis von Darmkeimen [37, 117]. Ni- die Tuberkulose [6, 11, 18, 104], die Ak- cholls et al. [76] konnten keinen Zusam- tinomykose [20, 69] und die Gonorrhöe Die Symptomatik des Analabszesses menhang zwischen dem Nachweis von [28]. Weitere Sonderformen stellen Abs- besteht in der akut über wenige Tage Bacteroides spec. und einem Fistelnach- zesse durch Fremdkörperingestion dar auftretenden schmerzhaften Schwellung weis herstellen. Eine Arbeit aus dem Jahr [23]. Diese Abszesstypen sind nicht Be- im Analbereich. Bei den perianalen 2010 untersuchte erstmals wieder die Mi- standteil der vorliegenden Leitlinie. und ischiorektalen Abszessen lässt sich krobiologie des Abszesses [118]. Es fand Eine Risikogruppe stellen Patienten i. d. R. eine perianale Rötung und Über- sich überwiegend eine aerobe Mischflo- mit hämatologischen Malignomen dar, wärmung nachweisen. Die Palpation ra. bei denen sich ebenfalls Abszesse im ano- bestätigt die Induration. Insbesondere Eine weitere Arbeit verweist auf die rektalen Bereich ausbilden können [10, beim intersphinktären Abszess kann die- Gefahr der MRSA-Besiedelung, die mit 16]. se oft nur durch eine bidigitale/rektale 34 % an einem selektionierten Patienten- Eine Arbeit aus dem Jahr 2011 be- Untersuchung getastet werden. Wegen gut angegeben wird. Ein erhöhtes Ri- schreibt den Einfluss des Rauchens als der Schmerzen sollte die rektale Un- siko wird bei großflächiger Induration Risikofaktor für eine Abszess- bzw. Fis- tersuchung auf ein Minimum begrenzt und Überwärmung sowie überwiegend telbildung [24]. werden. Proktoskopie und Rektoskopie phlegmonöser Entzündung gesehen. Das Eine chinesische Arbeit sieht einen liefern nur geringe Zusatzinformationen Risikokrankengut sollte speziell betrach- Zusammenhang zwischen Analabszes- und belasten den Patienten durch die tet werden. sen und Diabetes mellitus [122]. In einer Schmerzen sehr stark. Anamnestisch Eine aktuelle Arbeit untersucht die Be- Follow-up-Studie beobachteten sie ein sollten vorhergehende Abszessereignisse deutung von Streptokokken der Gruppe erhöhtes Risiko für Diabetes bei Patien- und die Dauer der Symptomatik erfragt Milleri für die Ausbildung von Analab- ten nach Operation eines Analabszesses. werden. Weiterhin sollte Hinweisen auf szessen [108]. Die Autoren beobachteten Zu gleichen Ergebnissen kommt eine eine chronisch-entzündliche Darmer- eine erhöhte Rezidivrate. schwedische Studie [4]: Neben dem krankung nachgegangen werden. Eine Morbus Crohn erhöht die Prävalenz von weitergehende, insbesondere bildgeben- coloproctology
Author's personal copy Leitlinien durch den Schmerz bei der Untersuchung zur sofortigen Intervention zwingt, und zu berücksichtigen. dem bereits spontan perforierten Abs- Die Labordiagnostik gibt nur indirek- zess (chronischer Abszess), der mit mehr te Hilfe bei der Indikationsstellung. Er- oder weniger dringlicher Indikation elek- höhte Entzündungswerte (Leukozyten- tiv behandelt werden kann. zahl, C-reaktives Protein) können jedoch Auch bei stattgehabter Spontanperfo- in Verbindung mit der entsprechenden ration sollte eine operative Intervention Klinik Hinweise auf einen supralevato- erfolgen. Es liegen keine wissenschaft- rischen Abszess geben. lichen Untersuchungen vor, ob durch Die weiteren Maßnahmen erfolgen in- eine Erweiterung der Drainageöffnung traoperativ in Narkose. Dazu zählt die nach Spontanperforation eine Fistel- Inspektion des Analkanals zum Nach- entstehung verhindert werden kann. weis bzw. Ausschluss einer inneren Fis- Andererseits kann die unzureichende telöffnung. Vorsichtig kann eine Sondie- Drainage Ursache eines Rezidivabszes- rung mit einer gebogenen Sonde erfol- ses oder einer Fistel sein. gen. Eine forcierte Untersuchung sollte Eine spontane Rückbildung des Ab- jedoch vermieden werden. Die Endoso- szesses ist außerordentlich selten. Kon- nographie erlaubt eine Lokalisation des servative Therapieoptionen, insbeson- Abb. 2 8 Schematische Darstellung der Lokali- Abszesses zur Wahl des optimalen ope- dere eine Therapie mit Antibiotika, sind sation von Analabszessen (aus [81]) rativen Zugangswegs, insbesondere bei nicht erfolgversprechend und erscheinen supralevatorischen Abszessen. nicht sinnvoll. Wissenschaftliche Unter- de Diagnostik ist präoperativ bei der Die Schließmuskelfunktion sollte vor suchungen zu diesem Thema fehlen. Eine Mehrzahl der Patienten nicht erforder- einer operativen Intervention anhand aktuelle Studie berichtet über die erfolg- lich. der Anamnese und ggf. eines Inkonti- reiche endosonographisch-assistierte Zu differenzieren ist die Symptoma- nenzscores, insbesondere im Hinblick Punktionsdrainage von intersphinktären tik des supralevatorischen Abszesses, auf eine mögliche primäre Fistelspaltung, Abszessen [29], die jedoch Sonderfällen bei dem die Inspektion keine Informa- eingeschätzt werden. Die Manometrie vorbehalten sein dürfte. tionen liefert. Öfter finden sich hier liefert keine zusätzliche Information und Eine routinemäßige intraoperative Allgemeinreaktionen wie Fieber und ist, insbesondere im akuten Abszesssta- Abstrichentnahme erscheint nicht not- Krankheitsgefühl. Hier kann die rektale dium, nicht aussagekräftig. wendig [66, 76], da i. d. R. keine the- Palpation i. d. R. eine Induration bis rapeutischen Konsequenzen entstehen hin zur Fluktuation zeigen. Typisch sind Fazit für die Praxis. Die Diagnostik des und eine antibiotische Therapie nach dumpfe Schmerzempfindungen im klei- Analabszesses erfolgt anhand der klini- Abszessexzision als nicht erforderlich nen Becken oder Rückenschmerzen [43]. schen Symptomatik, der Inspektion und angesehen wird [118]. Ein möglicher Bei unklaren Befunden kann eine En- der Palpation. Eine bildgebende Diag- Therapiealgorithmus für die Behand- dosonographie, Computertomographie nostik sollte allenfalls bei supralevatori- lung des Analabszesses ist in der . Abb. 3 [88] oder Magnetresonanztomographie schen Abszessen und Rezidivabszessen dargestellt. (MRT; [33]) zur Lokalisation beitragen. erwogen werden. Eine Veränderung der Zur Wertigkeit der Verfahren wird auf Leitlinienempfehlungen durch neue Stu- Fazit für die Praxis. Die Therapie des die entsprechenden Ausführungen in der dien gegenüber der Erstfassung ergibt Analabszesses erfolgt operativ, wobei die Leitlinie „Kryptoglanduläre Analfisteln“ sich nicht. klinische Symptomatik den Zeitpunkt [83] verwiesen. Hierbei ist jedoch die 4 Empfehlungsgrad: KKP (klinischer der operativen Intervention bestimmt. Schmerzempfindung des Patienten zu Konsensuspunkt) Auch nach Spontanperforation sollte berücksichtigen, die häufig eine Endo- 4 Konsensusstärke: starker Konsens eine semi-elektive operative Interventi- sonographie nur in Narkose ermöglicht, on erfolgen. Auf eine mikrobiologische während durch die MRT auch im Not- Therapie Untersuchung kann in den meisten fall eine schmerzarme Untersuchung Fällen verzichtet werden, da es keine möglich ist. Als einfache diagnosti- Operationsindikation therapeutische Konsequenz gibt. Eine sche Maßnahme zur Diagnostik eines Veränderung der Leitlinienempfehlun- Abszesses kann eine transperineale So- Ziel derBehandlung istdie Entlastung der gen durch neue Studien gegenüber der nographie auch ohne Narkose erfolgen Abszesshöhle, um ein Fortschreiten der Erstfassung ergibt sich nicht. [91]. Mehrere Arbeiten beschreiben die Entzündung mit potenziell lebensgefähr- 4 Empfehlungsgrad: KKP (klinischer Bedeutung der Endosonographie zur lichen Komplikationen (z. B. pelvine Sep- Konsensuspunkt) Abklärung des Analschmerzes, der auch sis, Fourniersche Gangrän) [25, 56, 58, 59, 4 Konsensusstärke: starker Konsens durch einen Abszess bedingt sein kann 126, 128] zu verhindern. Zu unterschei- [12, 120]. Auch hier ist die Limitation den ist zwischen dem akuten Abszess, der coloproctology
Author's personal copy Tab. 4 Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Abszesstypen (Angaben in Prozent) Scoma Buchan Abcarian McElwain Read [94] Ramanujan Weber Athanasiadis Ommer Knoefel [101] [14] [1] [73] n = 398 [93] [121] [8] [80] [55] n = 232 n = 180 n = 93 n = 456 n = 1023 n = 79 n = 127 n = 323 n = 323 Submukös – 0,6 4,3 0,3 5 5,8 – – – – Subanodermal 75 56,7 61 45,6 50 42,7 67 62,3 39 1 (ehemals perianal) Intersphinktär 13 – 14 54,1 13 21,4 17 14,7 35 71 Ischioanal (ehemals 8 41,8 14 – 24 22,8 5 9,1 19 22 ischiorektal) Supralevatorisch 4 0 2,1 – 8 7,3 6 6,5 7 6 Kombination – – 4,5 – – – – 7,4 – – Technik der Abszessdrainage Gupta [38] fand bei 532 Patienten mit einer Fadendrainage 50 % der Fisteln ge- einer chronischen Analfissur in 16,5 % spalten und 37 % durch ein sog. sphink- Die operative Technik unterscheidet sich einen Abszess, der in 70 % der Fälle pos- tersparendes Verfahren behandelt, wäh- beidenverschiedenenAbszesstypen[77]. terior lokalisiert war. Auch in einer aktu- rend bei den Patienten ohne Fadendrai- In der Regel findet die Abszessoperation ellen Arbeit von Naldini et al. [75] wird nage nur 12 % der Abszesse gespalten in Allgemein- oder Regionalanästhesie ein dorsaler Abszess in Verbindung mit und 75 % durch ein sphinkterschonendes statt. Lediglich einige ältere Arbeiten be- einer inter- oder transsphinktären Anal- Verfahren behandelt wurden. Eine wei- richten über Serien von Patienten, die fistel als mögliche Ursache für anhaltende tere Arbeit desselben Autors [112] be- ganz [94, 101] oder teilweise [119] in Beschwerden identifiziert und der Stel- schreibt einen individuell entwickelten Lokalanästhesie operiert wurden. lenwert der Endosonographie dargestellt. intersphinktären Zugang bei 17 Patien- Bei den subanodermalen und ischio- Die Drainage des supralevatorischen ten (Follow-up 8 [5–32] Monate). Von analen Abszessen wird entweder eine Abszesses kann transrektal oder perianal diesen konnte 12 erfolgreich auf diese Inzision oder eine Exzision mit ovaler erfolgen [7, 130]. Wichtigstes diagnosti- Weise drainiert werden bei nur einem Ausschneidung der Haut vorgenommen. sches Verfahren ist die Endosonographie, Rezidiv. Bei den 5 Patienten, die sekun- Unter dem Aspekt der Drainage ist da- die darstellen kann, ob die Muskelplat- där diesem Verfahren unterzogen wor- bei Letzterem der Vorzug zu geben. Der te des Musculus levator ani intakt ist. den waren, traten bei 4 Patienten Rezidive Schnittverlauf sollte parallel zum Faser- Bei intaktem Levator und Beschränkung auf. Insgesamt lag somit die Erfolgsrate verlauf des M. sphincter ani externus des Abszesses auf die Fossa pelvirektalis bei 70 %. verlaufen. Vergleichende wissenschaftli- kann eine transrektale Drainage vorge- Es wurden die in . Tab. 5 dargestell- che Untersuchungen zu diesem Thema nommen werden, um eine Fistelbildung ten Arbeiten identifiziert, welche die Be- fehlen, wobei ältere Arbeiten nach reiner zu verhindern. Ist der Abszess bereits handlung des anorektalen Abszesses un- Inzision in Lokalanästhesie eine hohe durch den Musculus levator in die Fos- tersuchen. Insgesamtwardie Einordnung Rate persistierender Fisteln nachwei- sa ischioanalis durchgebrochen, wird die in eine Tabellenform wegen der sehr he- sen [101, 119]. Insbesondere bei den Drainage transischioanal durchgeführt. terogenen Aussagen äußerst schwierig. ischioanalen Abszessen, die aus einem Dabei ist darauf zu achten, dass der lan- Dabei stammen 10 aus der Zeit vor 1990, Durchbruch des Abszesses durch den ge Drainageweg offen bleibt. Gegebenen- weitere 9 erschienen zwischen 1990 und M. sphincter ani externus resultieren, falls wird für einige Tage eine Drainage 1999 und lediglich 8 wurden nach 2000 finden sich in nicht geringem Maße per- (z. B. Penrose, Easyflow o. Ä.) eingelegt. publiziert, davon 4 nach 2010, die in die- sistierende Fisteln nach der operativen Häufig stellen sowohl Diagnostik als auch ser revidierten Leitlinienfassung erstmals Intervention. Therapie ein Problem dar [33, 98]. Berücksichtigung fanden, jedoch keine Der Zugangsweg zum intersphink- Eine Sonderform stellt der Hufeisen- neuen Aspekte für die Behandlungsemp- tären Abszess richtet sich nach der abszess dar. Dieser ist in den meisten fehlungen erbringen. Es handelt sich um Lokalisation: Bei rein intraanaler Lage Fällen dorsal lokalisiert und involviert 19 retrospektive, 3 prospektive und 5 ran- mit Verbindung zum Analkanal sollte beide Fossae ischioanales. Die Arbeit von domisierte Studien. Eine weitere rando- eine transanale Drainage, ggf. mit In- Tan et al. [113] beschreibt die eigene Er- misierte Studie [62], die in mehreren Re- ternus-Sphinkterotomie, erfolgen. Bei fahrung und sieht Vorteile bei Patien- views behandelt wird, wurde für die vor- subanodermaler Lage kann ein periana- ten mit Identifikation der inneren Öff- liegenden Leitlinien nicht herangezogen, ler Zugang mit oder ohne Fistelspaltung nung und Einlage einer Fadendrainage. da sie lediglich in chinesischer Sprache gewählt werden. Die Häufigkeit von Operationen und die vorliegt. Die Zahl der behandelten Pati- Eine Sonderform des intersphinktä- Zeit bis zur definitiven Heilung waren enten schwankt zwischen 38 und 1023, ren Abszesses stellen Abszesse auf dem nach Fadeneinlage signifikant niedriger. wobei lediglich 6 Arbeiten über mehr als Boden einer chronischen Analfissur dar. Interessanterweise wurden nach Einlage 100 Patienten berichten. Insbesondere 4 coloproctology
Author's personal copy Leitlinien und Abszessexzision in Bezug auf Rezi- div und Kontinenzstörung. Zwei Arbei- Analabszess ten [101, 119] untersuchen die Ergebnisse nach reiner Inzision (z. T. in Lokalanäs- Starke Schmerzen, thesie) und beobachten eine kumulative Allgemeinsymptome geringe Schmerzen, keine Allgemeinsymptome Rate an persistierenden Fisteln, bzw. Re- ausreichende Spontanperforation zidivabszessen von 66 % bzw. 48 %. Nach Abszessexzision lagen die Raten der Re- zidivabszesse zwischen 4 und 88 %, wo- schnellstmögliche semielektive bei in den meisten Fällen keine Diffe- Intervention Intervention renzierung zwischen Abszessrezidiv und sekundärer Fistel getroffen wurde. Die vorhandenen Daten deuten da- großzügige Drainage (ovaläre Exzision) in Narkose rauf hin, dass die unzureichende Drai- vorsichtige Fistelsuche nage möglicherweise die persistierende Entzündung im Hinblick auf ein Abszess- rezidiv oder eine persistierende Fistel un- eindeutiger kein terstützt. Andererseits wird in keiner Stu- Fistelnachweis Fistelnachweis die untersucht, ob die frühzeitige großzü- gige Drainage eine Fistelentstehung ver- hindern kann. Beurteilung durch nur Drainage Es existiert keine Studie, die zwischen erfahrenen Operateur Inzision und Exzision, d. h. dem Aus- maß der Drainage, differenziert. Weiter- hin wurde in keiner Studie das Outcome Oberflächliche Fistel „Hohe“ oder „komplexe“ in Bezug auf die einzelnen Abszessloka- Fistel lisationen mit und ohne Fistelnachweis untersucht. In älteren Studien findet sich als Al- Ggf. Spaltung durch ternativverfahren die Inzision in Narko- erfahrenen Operateur nur Drainage se mit Einlage einer Lasche überwiegend oder in lokaler Betäubung [51, 52, 60]. Alle Fadeneinlage Publikationen stammen jedoch aus der Elektive Operation bei gleichen Klinik. persistierender Sekretion Fazit für die Praxis. Die Wahl des opera- tiven Vorgehens beim Analabszess rich- Abb. 3 8 Therapiealgorithmus beim Analabszess tet sich nach der Lokalisation. Ziel der operativen Intervention soll eine großzü- der 5 randomisierten Studien beinhalten ten Kontinenzstörungen sowie der Fol- gige Drainage des entzündlichen Gewe- nur zwischen 40 und 70 Patienten. Le- low-up-Zeit analysiert. bes ohne relevante Schädigung der an- diglich die aktuellste randomisierte Stu- Gegenüber der Erstfassung der Leit- grenzenden gesunden Strukturen, insbe- die [79] vergleicht je 100 Patienten. Es linie konnte keine weitere randomisierte sondere des Schließmuskelapparats, sein. werden alle Abszesstypen, i. d. R. ohne Studie identifiziert werden, so dass kei- Eine Veränderung der Leitlinienempfeh- Differenzierung, behandelt. Auffällig ist ne relevante Veränderung der Aussagen lungen durch neue Studien gegenüber der zum Teil auch eine inkomplette Aufar- unter Evidenzgesichtspunkten zu konsta- Erstfassung ergibt sich nicht. Die Evi- beitung des Patientenguts: So wurden in tieren ist. denzlage ist weiterhin sehr niedrig. der ersten Arbeit von Akkapulu [5] le- Insgesamt ist die Aussage dieser Studi- 4 Empfehlungsgrad: KKP (Klinischer diglich 93 von 149 operierten Patienten en sehr inhomogen, zumal verschiedene Konsensuspunkt) und in der Arbeit von Stremitzer [111] operative Techniken (Inzision/Exzision) 4 Konsensusstärke: starker Konsens 173 von 300 Patienten aufgearbeitet. Die- mit und ohne Fistelspaltung vorgestellt se Arbeiten wurden bezüglich Therapie- wurden. In einige Studien erfolgte die Ursachen des Abszessrezidivs verfahren, Häufigkeit des primären und Operation in Lokalanästhesie. sekundären Fistelnachweises sowie des In den meisten und speziell in den Der Frage des Frührezidivs gehen Onaca Abszessrezidivs, der Rate an beobachte- randomisierten Studien erfolgt ein Ver- et al. [86] nach. Von 627 Patienten muss- gleich zwischen primärer Fistelspaltung ten 48 (7,6 %) innerhalb von 10 Tagen coloproctology
Tab. 5 Evidenztabelle. Ergebnisse der operativen Therapie (Literaturübersicht). In Bezug auf die möglichen Therapieoptionen wurden neben den randomisierten Studien alle Arbeiten ausgewertet, die Follow-up-Ergebnisse nach operativer Intervention lieferten Autor Jahr n (NU) Lokalisation (Anteil Studien- Therapie (Anteil in Primärer Fis- Sekundärer Rezidiv- Kontinenz- Follow-up in %) design %) telnachweis Fistelnachweis abszess (%) störung (%) (Monate) (%) (%) Buchana 1973 179 (?) Subanodermal 45, Retrospektiv Primäre Spaltung 22 K. A. 13 23 K. A. K. A. [14] ischioanal 36 Sekundäre Spaltung 7 8 0 Inzision 71 14 13 Scomab 1974 232 Subanodermal 75, Retrospektiv Inzision 0 66 K. A. K. A. 6–60 [101] (232) intersphinktär 13, ischioanal 6, supra- levatorisch 4, retrorek- tal 2 McElwain 1975 456 Alle Retrospektiv Primäre Spaltung 100 3,6 3,2 24 [73] Readc [94] 1979 474 Subanodermal 42, Prospektiv Primäre Spaltung K. A. 0 6 0 K. A. (keine) intersphinktär 11, Exzision 31 8 ischioanal 20, suprale- vatorisch 7, submukös 2, Acne inversa 12, andere 6 Weberd 1982 79 (66) Subanodermal 67, Retrospektiv Primäre Spaltung 30 K. A. 0 6 0 16 (6–30) [121] intersphinktär 22, Exzision 70 31 8 ischioanal 5, supra- levatorisch 6 Vasilevskye 1984 117 Subanodermal Retrospektiv Inzision K. A. 37 (31/83) 11 (9/83) K. A. 1–106 [119] (103) 20, ischioanal 63, intersphinktär 18, Author's personal copy supralevatorisch 2 Ramanujanf 1984 1023 (?) Subanodermal Retrospektiv Primäre Spaltung 32 K. A. 1,8 K. A. 36 (12–60) [93] 43, ischioanal 23, Exzision 65 3,7 intersphinktär 21, Staged 3 3,1 supralevatorisch 7 Henrichsen 1986 50 Subanodermal Retrospektiv Exzision, ggf. Fistel- 10 (5/50) 12 8 (4/50) K. A. K. A. [42] 40, ischioanal 34, spaltung (6/50) intersphinktär 26 Hebjorng 1987 38 Subanodermal Randomisiert Primäre Spaltung 53 90 Kein Unterschied Spaltung > 12 [41] (100 %) Inzision 47 K. A. Exzision Isbisterh [51] 1987 76 Subanodermal Retrospektiv Pezzer-Katheter K. A. 26,4 (20/76) 1,3 (1/76) K. A. K. A. Kyle [60] 1990 54 (?) K. A. Retrospektiv Exzision und Draina- K. A. 25 K. A. K. A. K. A. ge coloproctology
Tab. 5 Evidenztabelle. Ergebnisse der operativen Therapie (Literaturübersicht). In Bezug auf die möglichen Therapieoptionen wurden neben den randomisierten Studien alle Arbeiten ausgewertet, die Follow-up-Ergebnisse nach operativer Intervention lieferten (Fortsetzung) Leitlinien coloproctology Autor Jahr n (NU) Lokalisation (Anteil Studien- Therapie (Anteil in Primärer Fis- Sekundärer Rezidiv- Kontinenz- Follow-up in %) design %) telnachweis Fistelnachweis abszess (%) störung (%) (Monate) (%) (%) Fucini [31] 1990 66 (?) K. A. Retrospektiv Primäre Spaltung 77 88 0 4 36 Sekundäre Spaltung 0 11 88 Exzision 12 Athanasiadisi 1990 127 Alle Prospektiv Primäre Spaltung 39 42,6 (52/122) 17,3 K. A. 30–42 [8] (122) Exzision 61 21,4 Seow-Choen 1993 120 (?) Alle Prospektiv Primäre Spaltung 26 100 13 (4/31) 6,5 27 (23–30) [103] Exzision 74 0 11 (10/89) 0 Hoj [45] 1997 51 Subanodermal Randomisiert Primäre Spaltung 45 87,5 0 4 0 15,5 Exzision 55 K. A. 25 4 Schoutenk 1991 70 (66) Abszesstypen: Randomisiert Primäre Spaltung 51 100 2,8 0 39,4 42,5 [100] subanodermal Exzision 49 0? 8,8 29,4 21,4 (12–57) ischioanal Kumulativ: Nach Fisteltypen: 2,9 Exzision: 10,5 intersphinkter 43 40,6 nach sek. transsphinkter 45 Spaltung: unklassifiziert 13 44,5 Tang [114] 1996 45 Subanodermal Randomisiert Primäre Spaltung 47 100 0 5 23 Exzision 53 100 14 0 (12–41) Coxl [21] 1997 80 Ischioanal Retrospektiv Primäre Spaltung 38 68,8 21 15,8 44,3 Author's personal copy Exzision 34 44 11,8 Hämälainenm 1998 170 „Anterior“ Retrospektiv Inzision 0 55 (37 %) 15 (10 %) K. A. 99 (22–187) [40] (146) „Posterior“ Knoefeln 2000 158 Intersphinktär 71, Retrospektiv Primäre Spaltung 26 100 4,3 (1/23) 3 40 (3–78) [55] (131) ischioanal 22, Exzision 74 0 34 (22/65) Abszes- pelvirektal 6, subku- se: 88 tan 1 Olivero [79] 2003 278 Subanodermal 55, Randomisiert Primäre Spaltung 50 83 5 2,8 12 (200) intersphinktär 17, Exzision 50 K.A. 29 0 ischioanal 28 (37 nach sek. Spaltung) Hamadanip 2009 148 Subanodermal Retrospektiv Inzision und Drainage K. A. 36,5 % k. A: 38 (1–144) [39]
Tab. 5 Evidenztabelle. Ergebnisse der operativen Therapie (Literaturübersicht). In Bezug auf die möglichen Therapieoptionen wurden neben den randomisierten Studien alle Arbeiten ausgewertet, die Follow-up-Ergebnisse nach operativer Intervention lieferten (Fortsetzung) Autor Jahr n (NU) Lokalisation (Anteil Studien- Therapie (Anteil in Primärer Fis- Sekundärer Rezidiv- Kontinenz- Follow-up in %) design %) telnachweis Fistelnachweis abszess (%) störung (%) (Monate) (%) (%) Lohsirivatq 2010 118 (64) „Medial“ Retrospektiv Inzision und Drainage K. A. 31 K. A. K. A. 30 (10–53) [65] „Lateral“ Stremitzer 2011 173 (von K. A. Retrospektiv Inzision/Drainage 10 90 (156/173) K. A. 68 (118/173) Nur Draina- 121 (77–171) [111] 300) Inzision/ ge: 0 Fistelspaltung 45 Fistelspaltung: Multiple Eingriffe 118 9 % leicht, 4 % schwer Nach multiplen Eingriffen: 16 % leicht, 4 % schwer Tan [113] 2012 32 Hufeisenabszess Retrospektiv Nur Drainage 25 75 Verlauf: K. A. K. A. K. A. Plus Fadendrainage Mit Faden: 71 % 75 2 Op., 25 % 3 Op., 4 % > 3 Op. Ohne Faden: 25 % 2 Op., 25 % 3 Op., 50 % > 3 Op. Benjelloun 2013 102 (von A: Prospektiv A: Exzision und Drai- A: 0 A: 70 (35/50) A: 26 (13/50) A: 2 (1/50) 38,4 (24–60) [13] 165) Perianal 35, nage: 50 B: 100 B: 8 (4/52) B: 0 Grad 1 Author's personal copy intersphinktär 7, B: Exzision und Fistel- Spaltung: B: 10 (5/52) ischiorektal 10 spaltung: 52 Intersphinktär Grad 1: 3, B: 10, tief trans- Grad 2: 2 Perianal 35, in- sphinktär 29 tersphinktär 8, ischio- Fadendrainage: rektal 7 Hoch trans- sphinktär 9, suprasphinktär 2 Akkapulu 2015 93 (von Perianal 86, in- Retrospektiv Exzision 10,8 (10/93) K. A. 11,8 (11/93) K. A. 9 (4–24) [5] 149) tersphinktär 6, ischio- ggf. Penrose-Draina- Intersphinktär anal 1 ge (19/93) 80 %, transs- phinktär 20 % coloproctology
Leitlinien coloproctology Tab. 5 Evidenztabelle. Ergebnisse der operativen Therapie (Literaturübersicht). In Bezug auf die möglichen Therapieoptionen wurden neben den randomisierten Studien alle Arbeiten ausgewertet, die Follow-up-Ergebnisse nach operativer Intervention lieferten (Fortsetzung) Autor Jahr n (NU) Lokalisation (Anteil Studien- Therapie (Anteil in Primärer Fis- Sekundärer Rezidiv- Kontinenz- Follow-up in %) design %) telnachweis Fistelnachweis abszess (%) störung (%) (Monate) (%) (%) Galanis [32] 2016 200 Ischioanal 45, perianal Randomisiertr Exzision 100 Gruppe 1: K. A. Gruppe 1: 70 Gruppe 1: 0 12 (31) 28, intersphinktär 13, Exzision und Fistel- 0 Gruppe 2: 10 Gruppe 2: 4 supralevatorisch 3, behandlung 100 Gruppe 2: unklassifiziert 11 intersphinktär 47, transs- phinktär 37, suprasphinktär 1, extrasphink- tär 2, Hufeisen 3, unklassifi- ziert 10 NU Anteil der tatsächlich nachuntersuchten Patienten, LA Lokalanästhesie a fast alle Operationen in LA, Patientenakquisition 1961–1965 b alle Operationen in LA, Patienten mit Rezidivabszess vom Follow-up ausgeschlossen c Primäre Inzision in LA, sekundäre Narkoseuntersuchung mit Fistelspaltung innerhalb von 3 Tagen d 77/79 Operationen in Narkose, Patientenakquisition über 2 Jahre e 74 % der Operation in LA f Operation in LA, Patientenakquisition über 5,5 Jahre, primärer Fistelnachweis subanodermaler Abszess 151/437 (34,5 %), ischioanaler Abszess 59/233 (25,3 %), intersphinktärer Abszess 104/219 (47,4 %), supraleva- torischer Abszess 32/75 (42,6 %), submuköser Abszess 9/59 (15,2 %) g Fistelspaltung nach 3 Tagen, Hospitalisation und Heilungsdauer nach primärer Spaltung länger h Operation überwiegend in LA, nur 23,7 % in Narkose Author's personal copy i Exzision: 43 Patienten mit zusätzlicher Internussphinkterotomie und Drainage des intersphinktären Raums, Rezidivrate mit Drainage 22 %, ohne 21 %, Rezidivrate: subanodermal 17,1 %, intersphinktär 16,6 %, ischioanal 18,1 %, supralevatorisch 37,5 %, nach Kombinationsformen 33,5 % j nur oberflächliche Fisteln gespalten k nur transsphinktäre Fisteln l Patientenakquisition über 13 Jahre (1983–1996) m Operation 58 % in LA, 42 % in Narkose, keine getrennte Auswertung n 158 Patienten mit Fistel/Abszess, 131 mit Follow-up, davon 88 mit initialem Abszess, davon wurden bei 26 % initial Fisteln nachgewiesen und primär gespalten, insgesamt Vermengung von Fistel und Abszess in der Auswertung o 11 hohe trans- und suprasphinktäre Fistel mit Fadendrainage versorgt, nicht gespalten, Operation in Sedierung 64 %, LA 31 %, Narkose 5 % p Patientenakquisition 1995–2007 = 12 Jahre q Patientenakquisition Januar 2005–Juni 2008 = 3,5 Jahre r Randomisierung: Exzision und Drainage vs. Exzision und primäre Fistelbehandlung
Author's personal copy nachoperiert werden. Die häufigste Indi- Indikation zur primären 34 %], nach Fistelspaltung: 0–32 % [Me- kation für die Reoperation war die unzu- Fistelsanierung dian: 4 %]). Kontinenzstörungen werden reichende Drainage (42 %), v. a. beiHufei- i. d. R. nur kursorisch dargestellt. Die senabszessen. Bei ausgedehnten Absze- Die vorliegende Literatur deutet darauf vergleichenden Studien finden höhere dierungen sollte deshalb großzügig die hin, dass eine im Rahmen der Abszess- Inkontinenzraten nach primärer Fis- Indikation zur Revision in Narkose ge- spaltung nachgewiesene Fistel nicht im- telspaltung, wobei in einigen Studien stellt werden. mer zu einem Folgeeingriff zwingt bzw. auch eine großzügige Spaltung hoher In einer aktuellen Studie [127], welche dass auch ein Spontanverschluss der Fis- Fisteln erfolgte, was im Hinblick auf die prognostischen Faktoren für das Ab- tel nach großzügiger Drainage möglich inakzeptable Inkontinenzraten vor dem szessrezidiv aufarbeitet, konnte lediglich ist [40, 80, 96]. So mussten in einer ran- Hintergrund der aktuellen Literatur als die verspätete Drainage als Risikofaktor domisierten Studie von Tang et al. [114] obsolet anzusehen ist (s. Leitlinie „Kryp- für ein Rezidiv dargestellt werden. von 24 Patienten mit subanodermalen toglanduläre Analfisteln“ [83]). Die Ursache des Abszess-Spätrezidivs Abszessen, bei denen im Rahmen der Eine aktuelle Arbeit [111] aus Wien wird von Charbot et al. [17] aufgearbeitet. Abszessoperation eine Fistel nachgewie- vergleicht die alleinige Drainage und die In einer prospektiven Studie bei 100 Rezi- sen wurde, lediglich 14 % wegen einer Drainage mit Fistelexzision in einer re- divabszessen wurden zunächst 32 mit der persistierenden Fistel nachoperiert wer- trospektiven Studie, bei der von 300 ope- Diagnose einer Hidradenitis suppurativa den (Follow-up: 12 bis 41 Monate). rierten Patienten aber nur 173 ausgewer- ausgeschlossen. Bei den übrigen 68 Pati- Andererseits ist der intraoperative tet werden konnten. Das Follow-up war enten bestand die Ursache des Abszesses Fistelnachweis auch von der Abszesslo- mit 121 (77–171) Monaten sehr hoch. ineinerunzureichendenVorbehandlung: kalisation abhängig, da die Ausbreitung Auffällig und abweichend von anderen Bei 37 Patienten (55 %) fanden sich unzu- des Infekts aus dem intersphinktären Studien war, dass bei 90 % der Patien- reichend drainierte Abszessanteile oder Raum den späteren Fistelverlauf [83] be- ten initial eine Fistel diagnostiziert wur- übersehene Nebengänge. Bei den übrigen stimmt. So fanden sich in einer prospekti- de. Nach reiner Drainage (n = 10) tra- 31 Patienten (45 %) wurde die sekundär ven Studie [80] bei den subanodermalen ten erwartungsgemäß keine Kontinenz- gespaltene Fistel als Abszessrezidiv defi- Abszessen lediglich in 4 % Fisteln (1,5 % störungen auf, nach Drainage und simul- niert. Die Autoren fordern die sorgfältige intersphinktär, 2,4 % nicht klassifizier- taner Fistelspaltung (n = 45) traten bei Narkoseuntersuchung bei allen Rezidiv- bar), bei den intersphinktären Abszessen 13 % Kontinenzstörungen auf (9 % leicht, abszessen. In diesem Zusammenhang ist in 35,7 % Fisteln (26,8 % intersphinktär, 4 % schwer). 68 % der Patienten mussten jedoch festzuhalten, dass insbesondere in 8,9 % transsphinktär), bei den ischioana- mehrfachoperiertwerden. Beidiesentra- älteren Publikationen beschrieben wird, len Abszessen in 47,5 % Fisteln (6,3 % in- ten in 20 % Kontinenzstörungen auf. dass die Primäreingriffe häufig in Lokal- tersphinktär, 41,3 % transsphinktär) und Insgesamt 6 randomisierte Studien anästhesie durchgeführt worden waren bei den supralevatorischen Abszessen vergleichen die reine Exzision mit der [94, 101, 119]. in 33,3 % Fisteln (25,0 % transsphinktär, primären Fistelspaltung. Hebjorn et al. 8,3 % suprasphinktär). [41] verglichen 20 vs. 18 perianale Abs- Fazit für die Praxis. Die ausreichende In der Literatur aus . Tab. 5 handelt zesse und sehen keinen Unterschied Drainage eines Analabszesses sollte an- es sich überwiegend um Zusammen- in Bezug auf Rezidiv- und sekundäre gestrebt werden, um ein Rezidiv und stellungen verschiedener Abszesslokali- Fistelbildung, wobei die Rate der Konti- eine Fistelbildung zu verhindern. Bei sationen aus einer Klinik mit verschie- nenzstörungen nach Spaltung höher war. ausgedehnten Abszedierungen sollte denen Operationstechniken und dem Ho et al. [45] beobachteten bei 23 bzw. großzügig die Indikation zur Revision in Ziel „definitiver Heilung“. Leider klas- 28 perianalen Abszessen eine höhere Narkose gestellt werden. Eine Verände- sifizieren die meisten Autoren weder Rate persistierender Fisteln nach reiner rung der Leitlinienempfehlungen durch die Lokalisation des Abszesses noch Exzision ohne Kontinenzstörungen in neue Studien gegenüber der Erstfassung der Fistel. Der Evidenzgrad der vor- beiden Gruppen. Fraglich ist in beiden ergibt sich nicht. liegenden Publikationen ist insgesamt Publikationen die Definition des Begriffs 4 Evidenzlevel: 4 sehr niedrig. Neuere Publikationen sind perianal, da nicht klar ist, ob hier nur die 4 Empfehlungsgrad: B (Begründung: selten. Durch die große Heterogenität subanodermalen Fisteln und nicht auch Aus ethischen Gründen ist eine der Arbeiten gestaltet sich die Zusam- intersphinktäre Fisteln gemeint sind. So- Überprüfung dieser allgemein akzep- menstellung in einer Übersichtstabelle mit ist eine Überschneidung mit der Acne tierten Aussage durch randomisierte sehr schwierig. Der primäre Fistelnach- inversa nicht auszuschließen. Relevanter Studien nicht möglich.) weis gelang zwischen 26 % und 100 %. sind die Ergebnisse der randomisierten 4 Konsensusstärke: starker Konsens Lediglich 3 Studien unterscheiden im Studien von Schouten et al. [100] und Verlauf zwischen persistierender Fistel Tang et al. [114] mit subanodermalen und Rezidivabszess. Insgesamt liegt die und ischiorektalen Abszessen. Schouten Rezidivrate nach reiner Drainage höher et al. [100] wiesen in der Gruppe mit als nach primärer Fistelspaltung (Rezi- primärer Spaltung in 94 % der Fälle eine divrate nach Drainage: 4–88 % [Median: Fistel nach. Die Rezidivrate (Abszess/ coloproctology
Author's personal copy Leitlinien Fistel) betrug 2,9 %, die Inkontinenzrate 39,4 %. In der Exzisionsgruppe wurde bei Insgesamt deuten die Arbeiten da- 34, 74] zeigten keinen Vorteil der liegen- 82 % eine nachgewiesene Fistel belassen, rauf hin, dass die primäre Spaltung die den Fadendrainage für den Erfolg eines davon mussten 40,6 % erneut operiert Reoperationsrate senkt, jedoch unter plastischen Fistelverschlusses. Ein Vor- werden bei einer Rate an Kontinenz- Inkaufnahme einer erhöhten Rate an teil dieses Vorgehens scheint jedoch bei störungen von 21,8 %. Das Follow-up Kontinenzstörungen. Leider finden sich komplexen Abszessen, z. B. Hufeisenab- war mit 42,5 Wochen relativ lang. Die in keiner Studie Angaben über die Art szessen, zu bestehen [113]. Arbeit von Tang et al. wurde oben bereits der gespaltenen Fisteln. Noch wichtiger dargestellt. Die Arbeit von Oliver aus erscheint jedoch die Tatsache, dass die Fazit für die Praxis. Bei oberflächlichen dem Jahr 2003 [79] vergleicht hier 100 Mehrzahl der Patienten mit belassener Fisteln soll durch den erfahrenen Ope- unterschiedliche Abszesse (55 % sub- Fistel nicht erneut operiert wurde, so dass rateur eine primäre Fistelspaltung erfol- anodermal, 17 % intersphinktär, 28 % grundsätzlich auch eine Spontanheilung gen. Bei unklaren Befunden oder ho- ischioanal). In der Gruppe mit primärer nicht unmöglich erscheint. hen Fisteln soll die Sanierung in einem Spaltung wurde bei 83 % eine Fistel nach- Bei oberflächlichen Fisteln scheint Zweiteingriff erfolgen. Eine primäre Fis- gewiesen und gespalten. Insgesamt 5 % eine primäre Fistelspaltung sinnvoll zu telspaltung ist mit einem erhöhten In- der Patienten mussten erneut operiert sein, um Rezidive zu verhindern und kontinenzrisiko assoziiert. Dies sollte Be- werden, wobei die Rate der Kontinenz- den i. d. R. jungen Patienten einen er- standteil der Operationsaufklärung sein. störungen 2,8 % betrug. Dabei wurde neuten Eingriff zu ersparen. Wie bei Eine Veränderung der Leitlinienempfeh- eine Spaltung nur bei oberflächlichen den Analfisteln beschrieben, steigt je- lungen durch neue Studien gegenüber der Fisteln durchgeführt und bei den hohen doch die Inkontinenzrate mit der Menge Erstfassung ergibt sich nicht. Fisteln eine Fadendrainage eingelegt. In des durchtrennten Schließmuskelanteils 4 Evidenzlevel: 1a der Exzisionsgruppe finden sich keine und der Anzahl der Voroperationen. In 4 Empfehlungsgrad: A Angaben über die Häufigkeit des pri- diesem Zusammenhang ist darauf hinzu- 4 Konsensusstärke: starker Konsens mären Fistelnachweises. Insgesamt 29 % weisen, dass häufig die Abszessexzision mussten erneut operiert werden, Konti- notfallmäßig und von weniger erfahre- Häufigkeit des sekundären nenzstörungen wurden nicht beobachtet. nen Operateuren durchgeführt wird, so Fistelnachweises Eine aktuelle griechische Arbeit [32] fand dass die Frage der Fistelspaltung in diesen im Follow-up nach 12 Monaten nach Fällen besser im Rahmen eines Zweitein- Neben dem Rezidivabszess stellt die Aus- einfacher Exzision und Drainage eine griffs durch einen erfahrenen Operateur bildung einer Analfistel, die zu einer er- signifikant höhere Rezidivrate als nach entschieden werden sollte. Insbeson- neuten Intervention zwingt, die häufigs- Exzision und primärer Fistelbehandlung dere bei unklarem Fistelverlauf sollte te Folgeerscheinung nach einer Abszess- (44 % vs. 6 %). Die Fistelbehandlung eine definitive Fistelsanierung immer im operation dar. Während in älteren Stu- bestand in Spaltung bei intersphinktä- Rahmen eines Zweiteingriffs unter opti- dien [14] eine Untersuchung zur Fistel- ren Fisteln und Fadeneinlage bei hohen malen elektiven Bedingungen erfolgen. suche 2 Wochen nach einer Abszessspal- Fisteln. Ob sich bei den Rezidiven in Der Stellenwert der Fistelspaltung wird tung empfohlen wurde, konnte sich die- Gruppe 1 um wirkliche Abszessrezidive in der Leitlinie „Kryptoglanduläre Anal- ses Verfahren in neueren Arbeiten nicht oder sezernierende Analfisteln handelte fisteln“ [83] umfassend abgehandelt. Die durchsetzen. Die beschriebenen Arbei- wird leider nicht beschrieben. Gleich- häufigste Indikation zur primären Fistel- ten zeigen, dass nur ein Teil der wegen zeitig war in der Gruppe mit primärer spaltung ergibt sich wahrscheinlich bei eines Abszesses Operierten sekundär we- Fisteloperation auch eine signifikan- intersphinktären Abszessen, bei denen gen einer Fistel reoperiert werden muss- te Anzahl von Kontinenzstörungen zu oberflächliche intersphinktäre Fisteln te. Nach Auswertung der Literatur füh- beobachten. Als Kritikpunkte an dieser simultan gespalten werden können. Da ren lediglich 30 % der Abszesse zu einer Studie ist einzuwenden, dass ein Großteil dieses Verfahren auch bei Persistenz persistierenden Fistel [65, 96, 105]. der Eingriffe in Sedierung oder Lokal- die Therapie der Wahl wäre, kann dem Im Jahr 1984 untersuchten Vasilevsky anästhesie erfolgte, so dass die Frage Patienten so ein zweiter Eingriff erspart et al. [119] den Krankheitsverlauf von der ausreichenden Drainage mit einem werden. 117 Patienten nach Drainage ohne Fistel- Fragezeichen zu versehen ist. Von den Bei nachgewiesener Fistel kann durch spaltung. Während nach operativer Be- nachgewiesenen Fisteln in Gruppe 2 die Einlage einer Fadendrainage eine gu- handlung von intersphinktären Abszes- wurden 41 % mit einem schneidenden te Drainage erzielt und der Fistelkanal sen keine Rezidive gesehen wurden, ent- Faden behandelt. Es ist außerdem unklar, für eine sekundäre Operation unter elek- wickelten von 83 Patienten, die infolge warum in einer randomisierten Studie tiven Bedingungen vorbereitet werden. von subanodermalen und ischioanalen in der einen Gruppe kein Patient eine Andererseits deutet die Literatur jedoch Abszessen operiert worden waren, 11 % Fistel hatte, während sich in der zweiten darauf hin, dass sich ein relevanter Teil ein Abszessrezidiv und 37 % eine persis- Gruppe bei 90 % der Patienten eine Fistel der nachgewiesenen Fisteln spontan ver- tierende Fistel (Follow-up: 106 Monate). zeigte, obwohl z. B. 28 Patienten lediglich schließt. Die Wertigkeit der Fadendrai- Bei der Mehrzahl dieser Patienten (87 %) einen perianalen Abszess aufwiesen. nage ist nicht eindeutig geklärt. Aktuelle, war ein ischioanaler Abszess behandelt z. T. kontrovers diskutierte Arbeiten [3, worden, und bei 32 % lag ein Rezidivab- coloproctology
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