Aachener Umwelt Rundbrief - Dezember 2020 Nr. 87 - Ökologie-Zentrum Aachen e.V.
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Aachener Umwelt Rundbrief Dezember 2020 Nr. 87 • Der Amstelbach: Von der Quelle bis Herzogenrath • Der Nellessenpark • Von-Halfern-Park 2 • Energie-Klima-Kiste • Was Bäume können… • Integriertes Klimaschutzkonzept Ökologie-Zentrum 1 Aachen e.V.
Führung im Nelson-Mandela-Park am 18. Juli 2020 Impressum Mitarbeit: Herausgeber: Hans Falk vom Aachener Baumschutz Ökologie-Zentrum Aachen e.V., bund, Birgitta Hollmann, Gisela Lenze, An der Schanz 1, 52064 Aachen Monika Nelißen, Frank Suttner Tel: 0241/8891425 Layout: www.oekologie-zentrum-aachen.de Planungsbüro Urgatz, Aachen info@oekologie-zentrum-aachen.de Druck: Öffnungszeiten Zypresse, Aachen, gedruckt auf 100 % nach telefonischer Vereinbarung Recycling-Papier mit ökoPlus- Farben 2
In eigener Sache Liebe Leserinnen und Leser, auch uns hat das Corona-Jahr vor große Herausforderungen gestellt. Unser Programm für das erste Halbjahr mussten wir schweren Herzens im Altpapier entsorgen. Von den geplanten vierzehn Veranstaltungen konnten im ersten Quartal drei durchgeführt werden. Die zehn Angebote von April bis Juni mus- sten ausfallen. Im Juli fand unter reger Beteiligung bei strahlendem Wetter und Corona-conformen Bedingungen eine Führung am Geburtstag des Namensgebers im Nelson-Mandela Park statt. Viele Interessenten an der Führung mussten abgewiesen werden, da die Teilnehmerliste schnell voll war. In der Folge boten wir über unsere Internetseite und die Tageszeitungen eine Reihe von Parkführungen mit begrenzter Teilnehmerzahl an. Auch an den Ferienprogrammen für Kinder beteiligten wir uns, sowohl in den Sommerferien als auch in den Herbstferien. Veranstaltungen mit Kitas und Schulklassen fanden von August bis Oktober statt. Für die letzten zwei Monate des Jahres rechnen wir damit, keine Veranstaltungen mehr durchführen zu können. Alle geplanten Vorträge zu stadtökologischen Themen mussten abgesagt wer- den, da das Publikum und die Vortragende zur Risikogruppe gehören. Unsere Arbeits-Treffen fielen in den Wochen des Lockdowns ebenfalls aus. Auch die Mitgliederversammlung im Frühjahr konnte nicht stattfinden und wurde für November geplant und wieder abgesagt. Dennoch haben wir zwei Rundbriefe erstellt und an unsere LeserInnen versandt. Darüber hinaus haben wir an unserem Buch über die Aachener Bäche gear- beitet. Neben der Recherche und dem Schreiben der einzelnen Kapitel war die Beschaffung von Finanzmitteln für das Buch eine wichtige Herausforderung. Im September haben wir von der „NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege“ einen großen Teil der Erstellungskosten zugesagt bekommen. Die Recherche und das Schreiben des Buches wird von uns ehrenamtlich geleistet. Wir hoffen, das Buch in der ersten Jahreshälfte 2021 fertig stellen zu können. Für den noch nicht abgedeckten Teil der Erstellungskosten bitten wir weiterhin um fi- nanzielle Unterstützung. Eine weitere große Hilfe wären historische Bilder der Aachener Bäche. Wer solch einen Schatz zu Hause hat, würde uns mit der Zusendung, digital oder analog, eine Freude machen. Wir wünschen allen unseren LeserInnen frohe und friedliche Festtage und ein gesundes, glückliches und erfolgreiches neues Jahr Alle MitarbeiterInnen des Ökologie-Zentrums 3
Der Amstelbach im Heydener Ländchen von der Quelle bis Herzogenrath Von Monika Nelißen Bereits im vorangegangen Umwelt-Rundbrief wurde über der Amstelbach in seinem Verlauf zwischen Herzogenrath und deutsch-niederländischer Grenze erzählt. Hier nun folgt die Beschreibung des Oberlaufs. Abb. 1: Quellgebiet bei den Niersteiner Höfen Die Quellen des Amstelbachs liegen wurden bereits um 1000 n. Chr. er- in den Viehweiden bei den Niersteiner wähnt, bei einem Überfall in 1388 Höfen in Richterich, am Ortsausgang aber vollständig zerstört. Erst im 17. nach Vetschau. Folglich erhält der in Jahrhundert wurden sie in massi- alten Dokumenten als Anstela oder ver Bauweise wieder errichtet. Der Anstel bezeichnete Wasserlauf, sein Große Niersteiner Hof wird auch Wasser auch nicht aus den mächti- gerne „Vetschauer Burg“ genannt. gen Sandschichten am Rande des Negative Schlagzeilen machte das Aachener Talkessels – den er ja nicht historische Gehöft im Januar 2000, berührt – wie die übrigen Aachener als der damalige Besitzer wegen Bäche. Die drei Niersteiner Höfe Streits mit der Denkmalschutzbehörde 4
Abb. 2: Die Niersteiner Höfe an der Laurensberger Straße, rechts der Große Nier- steiner Hof. es eigenhändig in Teilen niederriss. mündet – wenn denn Wasser fließt – Weitere Schäden verursachten zwei im dortigen Angelteich, der ursprüng- schwere Brände in 2002 und 2012. lich als Regenrückhaltebecken und Inzwischen wurde bzw. wird es jedoch damit für den Hochwasserschutz wieder restauriert. von Richterich angelegt wurde. Dem Bachlauf sieht man kaum an, dass Schöne Kopfweiden kennzeichnen es sich hierbei um ein künstliches den Verlauf des Quellbachs ab dem Bett handelt, denn um 1970 verlegten Großen Niersteiner Hof, ansonsten ihn die Richtericher kurzerhand, um nimmt man ihn in der Landschaft im Bereich der alten Aue eine große zunächst kaum wahr. Relief- und Sport- und Spielplatzanlage zu errich- bodenbedingt führt der kleine Bach ten. Von dem einst hier gelegenen am Oberlauf über längere Phasen großen Feuchtgebiet – „Sumpfland“ – vor allem im Sommer – kein oder galt in diesen Jahren (noch) als wert- kaum Wasser. Zunächst in nördliche los – ist heute nur noch ein kleiner Richtung fließend, wendet sich der Restbestand erhalten. Geblieben ist Bachlauf nach der Unterquerung der die große Bedeutung als Lebensraum in den 1980er Jahren stillgelegten für Frösche, Kröten und Molche. Bahnlinie Aachen-Maastricht nach Alljährlich im Frühjahr wird die an- Osten auf Richterich zu. Bei (den) grenzende Straße Grünenthal für Kaletzbenden endet der Amstelbach den Durchgangsverkehr gesperrt, um genau genommen zunächst, denn er die Amphibienwanderung zwischen 6
Abb. 3: Regenrückhaltebecken (RHB) / Angelteich bei Kaletzbenden. Landlebensraum und Laichgewässer Karl-Friedrich in Grünenthal auf. Bis zu schützen. 1927 wurde hier Steinkohle gefördert. Am Zehnthof, heute eine attraktive Auf den nächsten knapp 450 Metern Wohnanlage, ist allerdings schon Fließstrecke unterhalb des Weihers wieder Schluss mit schönem Bach, zeigt sich ein recht schöner, naturnaher er taucht unter der Grundschule ab in Bachlauf. Ein ursprünglich verrohrter den Untergrund. Für die nächsten 600 Teilabschnitt nach dem Weiherablauf m plätschert das Bachwasser durch wurde um 2009 wieder offen ge- Kanalrohre quer durch Richterich, nur legt. Auf diesem Teilstück nimmt der der Straßenname erinnert die Bewohner Bachlauf die Entwässerung des ehe- an den kleinen Wasserlauf. Die maligen Zechengeländes der Grube Überlegungen einer Bachoffenlegung auf dem Turnhallenvorplatz in den 1980er Jahren scheiterten leider da- mals an Bedenken der Anwohner. Abb. 4: Überschwemmung in Richterich im Jahre 1966 vor der teilweisen Regu- lierung des A. und dem Bau des RHB Kaletzbenden (Quelle: Richterich 1945-1971, S. 90). 7
Abb. 5: Der Zehnthof in Richterich. Soviel zum Thema Wertschätzung der scheiden ausgesehen haben. Dieser Aachener Bäche. Zustand erfuhr eine grundlegende Umwandlung mit der Renaturierung. Erst kurz vor der Bahnlinie Aachen – Möglich wurde dies durch den Erwerb Düsseldorf gelangt der Amstelbach eines breiten Geländestreifens durch wieder an die Oberfläche – um gleich den Wasserverband. So konnte der darauf wieder unter dem Bahndamm Bach in einen naturnahen, geschwun- abzutauchen. Danach bewegt er sich genen Verlauf mit Aufweitungen – ab hier fließt tatsächlich häufiger gebracht werden. Gleichzeitig be- Wasser – gestreckten Laufs zur klei- kam er einen breiten, beiderseitigen nen Ortslage Uersfeld. Bis 1997 glich Randstreifen, so dass sich eine ty- dieser Bachabschnitt einem monoto- pische, gehölzreiche Ufervegetation nen, öden Graben. Fast schnurgera- ausbilden konnte. Weitere positi- de, mit steilen, gleichförmigen Ufern ve Effekte: Die Aufweitungen mit und verschlammter Bachsohle zog er verlängertem Bachlauf verzögern sich dahin, einge¬zwängt zwischen Äckern bzw. Viehweiden auf der einen Seite sowie Fuß- und Radweg auf der anderen Seite. Weder gab es eine bachtypische Ufervegetation noch Bäume oder Sträucher und auch mit der Wasserqualität muss es eher be- Abb. 6: Am Ende der nach ihm benannten Straße kommt der Amstelbach wieder an die Oberfläche. 8
Abb. 7: Amstelbach zwischen Richterich Abb. 8: Renaturierter Abschnitt nach und Uersfeld bis 1997, vor der Renaturie- 13 Jahren - rechts das Bachbett. rung (Quelle: Stadt Aachen 2000.) Hochwasserabflüsse, dienen also dem hin wurde außerdem ein kleines Hochwasserschutz der Unterlieger. Gewerbegebiet angelegt, heute der Und das inzwischen gut entwickelte Engineeringpark Uersfeld mit der Band aus Sträuchern und Bäumen Firma Krantz. hat einen hohen Mehrwert für die Der Amstelbach speist bei Uersfeld Naherholung, gleichzeitig bildet es ein ehemaliges Rückhaltebecken, einen Puffer gegenüber Einträgen wie fließt allerdings selber darum her- Dünger oder Pestizide aus den an- um. Das Becken wurde einst für den grenzenden Landwirtschaftsflächen. Hochwasserschutz angelegt, nachdem Die Ansiedlung Uersfeld wurde einst der kleine Ort immer wieder, zuletzt im von drei Gehöften gebildet. Der südli- Juli 1985 (Aachener Nachrichten vom che Hof, heute bekannt als Küppershof, 30.04.1987) unter Wasser gesetzt wurde mit dem Bau der Roermonder worden war. Verursacher war aller- Straße von der übrigen Ortslage ab- dings weniger der Amstelbach, son- getrennt. Der mittlere Hof – Haus dern der an dieser Stelle zufließende Ottegraven genannt – verfiel nach Schönauer Bach, der bei Starkregen dem Krieg und existiert nicht mehr, schnell große Regenwassermengen auch er läge heute auf der anderen zuführt. Obwohl nur etwa 1 km lang, Straßenseite. Von dem dritten Landgut, muss dieser Bachlauf, der seinen Unter- bzw. Groß-Uersfeld genannt, be- Anfang in den Teichanlagen bei steht noch die eindrucksvolle Vorburg Schloss Schönau nimmt, bei Regen aus dem 17. Jahrhundert. Auch der sehr schnell viel Wasser aufnehmen Wassergraben ist als Teichanlage zum und abführen. Der eigentliche Grund Teil noch vorhanden. für den Wasserrückstau und daraus folgende Überflutungen lag aller- Später entwickelte sich ein kleiner Ort dings konkret in der anschließenden mit rund 30 Häusern. Zur Bahnlinie Verrohrung des Bachlaufs unter dem 9
Abb. 9: Ehemaliger Wassergraben bei Groß-Uersfeld. Park von Groß-Uersfeld, mit einem Gehölzrückschnitt) zur Offenhaltung für diese Wassermassen zu kleinem durchgeführt. In den ersten Jahren Durchmesser. 1987 begab man sich nach der Aufgabe entwickelte sich an die Behebung des Problems. Leider auf dem Beckenboden eine ökolo- lediglich in der Form, dass man ein gisch hochwertige Feuchtstaudenflur Rohr mit größerem Durchmesser mit Seggen und Blutweiderich. Einen verlegte. Die günstige Gelegenheit Einstau des gesamten Beckens gibt für eine Bachrenaturierung bzw. eine es nur sehr selten, lediglich der tief- Öffnung zu nutzen, war zu diesem ste Bereich steht längere Zeit im Jahr Zeitpunkt bedauerlicherweise kein unter Wasser. Daher erobern Bäume, Thema. Als zusätzlicher Schutz wur- hauptsächlich Weiden, das Areal de das Becken gegraben, um ein immer mehr. Bei dieser Entwicklung Zuviel an Wasser vor der Verrohrung handelt es sich zwar um einen na- zurückhalten zu können. Als sich ab- türlichen, Sukzession genannten zeichnete, dass das Becken nicht mehr Prozess. Da Feuchtstaudenfluren in für den Wasserrückhalt vorgehalten unserer Landschaft jedoch recht sel- werden musste, wurde es auch nicht ten sind, wären in diesem Fall eine mehr „unterhalten“. D.h. es werden Offenhaltung und stärkere Vernässung keine Pflegemaßnahmen (Mahd, wünschenswert. 10
Hinter Uersfeld gelangt der Amstelbach wieder ans Tageslicht und findet sich außerdem auf Herzogenrather Gebiet wieder. Spaziergänger haben hier übrigens das Nachsehen, denn für sie gibt es keine Wegeverbindung parallel zum Bach. Sie müssen ent- weder nach Südosten (also ‚rechts’), zur Roermonder Straße, oder nach Nordwesten (nach ‚links’) auswei- chen. Für den Bach gilt es nun, die rund 40 m hohe Bergehalde Wilsberg zu umrunden, ein Relikt aus der Steinkohle-Bergbauaera. Die Halde stellt inzwischen ein viel genutztes Naherholungsgebiet für Kohlscheid dar. Und auch dem Bach wurde wieder mehr Freiraum zugestan- den. Der Haldenrundweg mit einer Amphitheater-ähnlichen Aufweitung am Bachufer wurde im Rahmen der Euregionale 2008 als Teil des weißen Abb. 11: Bachbett in Herzogenrath-Bank Weges im „Pferdelandpark“ ausge- baut, Es lohnt sich ein Abstecher auf unterqueren und durch den Ortsteil die Bergkuppe, denn von dort hat man Bank seinen Weg zu finden. Zwar ist eine hervorragende Aussicht, u.a. auf er im Siedlungsbereich nur teilweise das Amstelbachtal. verrohrt, aber selbst auf den offenen Abschnitten führt der Bach ein eher Von nun an fließt der Amstelbach in trauriges Schattendasein, einge- nördliche Richtung. Zunächst gilt es zwängt zwischen hohen Mauern oder für ihn, nochmals die Bahnlinie zu Böschungen. Doch wenn er dann die letzten Häuser hinter sich gelassen hat, wandelt sich sein Charakter zu einem bemerkenswert idyllischen Fließgewässer. Dieser Bachabschnitt wurde bereits im vorangegangen Rundbrief Nr. 86 beschrieben. Abb. 10: Bachaufweitung bei der Halde Wilsberg. 11
Wasserqualität Algenwachstum, der Fachbegriff dafür ist „Eutrophierung“. Um die Wasserqualität des Amstel bachs war es noch nie wirklich gut Eher noch problematischer sind je- bestellt. Das liegt zum einen an der doch andere Wirkstoffe, die bei vorge- stark schwankenden Wasserführung, schriebenen Untersuchungen immer insbesondere im Oberlauf. Er speist wieder nachgewiesen werden: Es sind sich zu einem hohen Anteil aus vor allem Herbizide wie Mecoprop Oberflächenabfluss bei Regen (Methylchlorphenoxypropionsäure, bzw. oberflächennahem Abfluss, M C P P ) , M C PA ( 2 - M e t h y l - 4 - Grundwasser macht nur einen gerin- chlorphenoxyessigsäure) und gen Anteil aus. Damit werden viele Diflufenican, oder Imidacloprid, Fremdstoffe direkt in den Bach ge- ein Insektizid aus der Gruppe der spült. Bis zum Jahre 1960 wurden Neonicotinoide. Diese Stoffe werden fast alle anfallenden Abwässer noch in der Landwirtschaft ebenso wie direkt dem Amstelbach (und Horbach) in Privatgärten verwendet, um be- zugeführt. So flossen in den älteren stimmte unerwünschte Wildkräuter Ortsteilen die häuslichen Abwässer, wie Löwenzahn, Ampfer, Greiskraut bis auf die in Trockentoiletten zurück- oder Disteln abzutöten („Unkraut- gehaltenen Fäkalien, oberirdisch über Ex“) bzw. zur Saatgutbehandlung. die Straßenrinnen in die Bachläufe Irreführend werden sie leider ger- ab (Richterich 1945-1971). Dieser ne als „Pflanzenschutzmittel“ an- Verhältnisse änderten sich erst mit gesprochen – ein Unwort aus der Fertigstellung der Kanalisation Naturschutzsicht. Ein weiteres und dem Bau der ersten Kläranlage Anwendungsfeld von Mecoprop in Richterich-Bank. Die Kläranlage ist der Durchwurzelungs¬schutz in Horbach, gegenüber von Gut in Dachpappen, wie sie z.B. bei Obermühle, wurde zwischen 1977 und Dachbegrünungen angewendet 1980 errichtet. werden. Außerdem durchfließt der Bach Kritisch ist auch der Nachweis von ein Gebiet mit intensiver landwirt- Benzo[a]pyren, einem polycyclischen schaftlicher Nutzung. Wie bei vielen aromatischen Kohlenwasserstoff, der Bördengewässern im Nordkreis, zeigt nicht nur für Menschen, sondern ge- sich dies in zu hohen Phosphor- bzw. nerell als umwelt- und wassergefähr- Phosphatwerten im Wasser. Phosphor lich einzustufen ist. Für im Wasser ist neben Stickstoff das wesentliche lebende Organismen ist er sehr giftig Nährelement aus der Düngung von (höchste Wassergefährdungsklasse Wiesen und Feldern. Im Gewässer füh- WGK3: stark wassergefährdend). Die ren zu hohe Nährsalz-Konzentrationen Ursache wird im ehemaligen Bergbau unter anderem zu übermäßigem vermutet, jedoch konnte eine konkre- 12
Abb. 12: Kläranlage Horbach im Luftbild (Land NRW (2020) - Lizenz dl-de/zero-2-0 (www.govdata.de/dl-de/zero-2-0) te Quelle bislang nicht ausgemacht Bäumen und Sträuchern ist sinnvoll, werden, daher ist eine Beseitigung denn verschattende Gehölze unter- der Ursache kaum möglich. binden das Algenwachstum. Daneben sind aber auch die Flächennutzer Bei schädlichen Stoffen aus der land- gefordert, eine Verdriftung der Stoffe wirtschaftlichen Nutzung kann durch bei der Ausbringung zu unterbinden geeignete Maßnahmen am Gewässer – „betriebliche Optimierung“ heißt bis zu einem gewissen Grad ver- hier das Zauberwort. Ob das aber hindert werden, dass sie über den ausreicht? Schließlich fordert die Oberflächenabfluss oder über den EU-Wasserrahmenrichtline, dass sich Lufteintrag ins Wasser gelangen. auch der Amstelbach allerspätestens Ausreichend breite Randstreifen ohne bis zum Jahre 2027 in einem guten oder mit nur extensiver Nutzung als Zustand befinden muss! Pufferzonen stehen dabei vorne an. Auch die Bepflanzung der Ufer mit 13
Quellen: • Stadt Aachen (2000, unveröff.): Umweltbericht 1999 – Wasser, • Steckbriefe der Planungseinheiten Stadt Aachen im Teileinzugsgebiet Maas/Maas Süd NRW • Ministerium für Klimaschutz, Um- welt, Landwirtschaft, Natur- und • Rat und Verwaltung der Gemeinde Verbraucherschutz des Landes Richterich (1971): Richterich 1945 Nordrhein-Westfalen (MKULNV – 1971. Eine Gemeinde im Wandel NRW, Dez. 2015): Bewirtschaf- der Zeit tungsplan 2016-2021 Der Nellessen-Park Von Birgitta Hollmann Der Nellessen-Park ist ein Waldstück Weiher am Hitfelder Bach und am in Burtscheid zwischen Beverau Beverbach sowie durch den namen- und Lintert, südlich begrenzt vom losen Bach, der auf dem Waldfriedhof Kornelimünsterweg, nördlich begrenzt entspringt und kurz vor Gut Schöntal vom Beverbach. Von derAdenauerallee in den Beverbach mündet. Am Rand bis zur Lintertstraße durchschneidet des Waldes ergeben sich immer wie- der Eselsweg den Nellessen-Park, der reizvolle Blicke auf das im Bachtal der ein wichtiges Naherholungsgebiet direkt am Beverbach gelegene Gut für viele Menschen aus Forst und Schöntal, auf Drimborn, und auf Forst Teilen von Burtscheid darstellt. Auf mit der katholischen Pfarrkirche St. den Wiesen südlich des Eselswegs Katharina. werden im Herbst Drachen fliegen Der Mischwald bestehend aus Buchen, gelassen, im Beverbach am Eselsweg Eichen, Fichten und Lärchen, verein- spielen ganze Gruppen von Kindern. zelt auch Ahorn und Eschen wird Ansonsten wird der Nellessen-Park durchzogen von einigen rechtwinklig intensiv genutzt von Menschen, die verlaufenden Wegen. An manchen spazieren gehen, joggen, walken, Rad Stellen zeigt er deutliche Spuren des fahren oder reiten. letzten Weltkrieges. Einige ausgepräg- Eingerahmt wird der Nellessen-Park te Bombenkrater sowie ein gespreng- vom Waldfriedhof im Südwesten, vom ter Bunker mahnen am Wegesrand. Friedhof Lintert im Südosten, nord- Seinen Namen erhielt der Park von der östlich liegt der viel kleinere Friedhof Tuchfabrikanten-Familie Nellessen. von St. Katharina. Geprägt wird die 1860 erwarb Carl Martin Freiherr von Landschaft durch Wald, Wiesen, das Nellessen das am Beverbach gelege- Bachtal des Beverbachs, durch die 14
Abb. 1: Karte vom Nellessen-Park mit Umgebung ne Gut Schönthal. Heute liegt dieses Die Familie Nellessen machte das Gut an der Adenauerallee, dort wo Gut Schönthal zum herrschaftlichen der Beverbach den Außenring un- Hauptwohnsitz und ließ es im neu- terquert. Zum Gut gehörten ausge- gotischen Stil umbauen. Die auf der dehnte Ländereien, Wiesen, Wälder, Abbildung von 1864/65 sichtbare Bäche und Teiche. Da der Beverbach Pracht des Hofes und der umgeben- die Grenze zwischen Burtscheid und den Parkanlagen ging im Zweiten Schönforst bildete, lagen weite Teile Weltkrieg verloren. der Ländereien auf Burtscheider Vom Gut in Richtung Lintertstraße Gebiet, während die Gutsgebäude führt noch heute eine repräsentative nördlich des Beverbachs und somit auf Allee, die an der Lintertstraße von zwei dem Gebiet von Schönforst lagen. Bis zinnengekrönten Torhäusern flankiert zur Zeit der französichen Besatzung wird. Direkt daneben befindet sich war Burtscheid eine freie Reichsabtei die kleine Straße „Buschmühle“. Der und Schönforst eine freie Herrschaft, Name erinnert an die alte Buschmühle, die zum Herzogtum Jülich gehörte. die zum Gut Schönthal gehörte und 15
Abb. 2 und 3: Auf dem Luftbild ist in der Mitte oben Gut Schöntal mit zwei am Bever- bach gelegenen Teichen zu erkennen. Der Kartenausschnitt von 1846 zeigt anähernd den gleichen Ausschnitt. Südlich des Gutes Schönthal ist eine Parkanlage im Stil eines englischen Landschaftsgartens mit geschwungenen Wegen zu sehen. Südlich davon ist der Park begrenzt von einem Wald mit rechtwinkliger Wegeführung. Das entspricht auch dem heutigen Zustand des Nellessen-Parks. 16
Abb. 4: Gut Schönthal 1864/65 die bis zur Zerstörung im 2. Weltkrieg Tod im Jahr 1819 die Fabrik in der heu- hier betrieben wurde. Sie wurde tigen Mörgensstraße, erweiterten sie von einer künstlichen Ableitung des und führten die Dampfmaschine ein. Beverbachs angetrieben und diente 1830 arbeiteten 1200 Arbeiter an 400 zeitweise auch zur Tuchherstellung. Webstühlen. Die Einführung industri- In den ersten Quellen ab 1574 wird eller Neuerungen führte aber auch zu sie als Kupfermühle erwähnt. 1735 sozialen Verwerfungen. Viele Weber bis 1806 wird sie als Walkmühle be- empfanden die Maschinen als Ursache trieben, ab 1810 als Wollspinnerei. ihrer prekären sozialen Situation. Zwischen 1823 und 1830 arbeitete die Am 30. August 1830 begann vor den Buschmühle wieder als Walkmühle. Toren der Tuchfabrik C. Nellessen, J.M. Ursprünglich begann die Tuchpro Sohn in der damaligen Mörgensgasse duktion in den wasserbetriebenen ein Aufstand der Arbeiter. Anlass Mühlen an den Bächen des Aachener waren Lohnabzüge wegen eines Raums. Erst im 19. Jahrhundert traf die beschädigten Tuches, ein durchaus Industriealisierung, von England her sich übliches Verfahren, den geringen ausbreitend auf die Tuchmanufakturen, Lohn weiter zu kürzen. Voll Wut über die sich durch ein Verlegersystem die empfundene Ungerechtigkeit for- bereits aus den Fesseln der engen derten hunderte von Arbeitern und Zunftgesetze befreit hatten. Menschen, die sich solidarisierten, vor der Tuchfabrik Nellessen die Die Familie Nellessen war Vorreiter Abschaffung der Strafabzüge. Da es des industriellen Fortschritts. Die vier nicht gelang, in die Fabrik einzudrin- Söhne des Carl Martin Freiherr von gen, verlagerte sich der Protest vor Nellessen übernahmen nach seinem das Haus von James Cockerill am 17
Abb. 5: Grabmal der Familie von Nellessen auf dem Friedhof bei St. Katharina Friedrich-Wilhelm-Platz, der für die Literatur: Einführung der Maschinen verantwort- • Peter Bertram: Mühlen der lich gemacht wurde. Sein Wohnhaus Eifel,Band II, die Nordeifel, Müh- wurde gestürmt und geplündert. Die len und Müller im Aachener Raum, aufgebrachte Menschenmenge ver- Aachen 2005 suchte, sich zu bewaffnen und das Gefängnis zu stürmen. Schließlich • Heinrich Gandelheid: Alte Aache- wurde der Aufruhr durch eine eilig ner Bilder, Aachen 1989 gebildete Bürgerwehr im Keim erstickt. • Hans-Karl Rouette, Aachener Die Brüder Nellessen bauten das Textilgeschichte(n) im 19. und 20. Unternehmen weiter aus und besaßen Jahrhundert, Aachen 1992 1850 mit 1700 Arbeitern das größte • https://de.wikipedia.org/wiki/Tuch- Tuchunternehmen in Aachen. Die fabrik_Nellessen Fabrik war bis zur Weltwirtschaftkrise Ende der 1920er Jahre im Besitz der • https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_ Familie. von_Nellessen Das Gut Schöntal mit den umgeben- den Ländereien blieb lange im Besitz der Familie und wurde auch nur durch diese genutzt. Der Nellessen-Park wurde erst 1969 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und entwickel- te sich seitdem zu einem wichtigen Naherholungsgebiet. 18
Von-Halfern-Park (2) Von Gisela Lenze Noch vor gar nicht langer Zeit, in den ersten Coronawochen, entdeckte ich den Von-Halfern-Park aufs Neue und drehe seitdem dort meine Runden: genießend, suchend, erstaunt, begei- stert, fragend… Einige Male, wenn ich am Kutscherhaus vorbei in den Park ging, beobachtete ich einen Herrn, der ruhig auf seiner Bank saß, mit Blick zum Haus, und ich sprach ihn an. Herr Richter, stellte er sich vor, und er lud mich ein, neben ihm Platz zu nehmen. So saßen wir dann spä- ter auch zusammen vor ihrem Haus; Herr Klaus Richter und seine Frau Andrea Wolf-Richter. Sie erzählten mir einige Facetten ihrer Geschichte: Abb. 1: Kutscherhaus/Remise. vom Kutscherhaus, der Remise, dem gegenüber liegenden Gärtnerhaus, vom Park und dem Hochgrundhaus. 1990 war es, als die Stadt ihnen das Anwesen – anders ausgedrückt, wie Herr Richter meint, eine Ruine - für 20 Jahre zur Miete anbot für einen symbolischen Geldbetrag und der Auflage, beide Gebäude innerhalb einer bestimmten Zeit zu renovieren – um sie dann kaufen zu können. Die für die Sanierungen und Renovierungen notwendige Summe war nicht leicht zu stemmen, aber sie wollten kau- fen! Frau Richter verhandelte; unter 30 Jahren ginge gar nichts – und war erfolgreich! Wohn- und Büroräume sollten unter einem Dach verbunden sein und das Abb. 2: Gärtnerhaus/Hochgrundhaus. 19
war für Herrn Richter, den Architekten realisierbar. Hatten sie beide doch nach 10jähriger Suche ihr Haus gefunden. Frau Richter regelte dazu mit der Stadt, einige Änderungen am Hochgrundhaus vornehmen zu dürfen. Mit der Kernsanierung der Remise wurde begonnen, sie dauerte ein Jahr. In den von Halfern-Zeiten standen dort zwei Kutschen. Der denkmalgeschützte Pferdestall sollte erhalten bleiben. So ist er heute noch mit den alten weiß- grünen Kacheln und einer Pferdetränke zu sehen. Rundherum saniert konnte dann gekauft werden! Das kaputtsanierte Gärtnerhaus, wie Herr Richter nachdenklich erinnert, wurde kernsaniert und seitdem vermie- tet. Heute machen beide Gebäude, in Abb. 3: 1892 von Halfern, 1990 Wolf-Richter. diesen Wochen frisch renoviert, einen strahlenden Eindruck. Das KWR der Richters, golden gerahmt und wie ge- malt, ist dazu unter dem französischen Balkon gut zu lesen. 1892 steht für die Fertigstellung des Kutscherhauses von Friedrich und Helene von-Halfern, 1990 für das Übernahmejahr der Richters. Der Neuanstrich scheint wie passend gewählt für die 150jährige, unter Naturschutz stehende Rose „Gloire de Dijon“ an der Hauswand! Wie an- gegossen streckt sie sich mit ihrem Lachston und dem satten Grün der Wand entgegen. Ihr Stock hat sich am Kutscherhaus erhalten und gibt dem von Helene und Friedrich von Halfern englisch gestalteten Park am Eingang auch eine charmant französische Note. Und mir, die ich ein rundherum gutes Abb. 4: Die Kletterrose am Kutscherhaus.
Jahr in Dijon gelebt habe, gefällt sie natürlich besonders gut! Zu einem weiteren Gespräch sind wir verabredet, müssen es aber beiderseits verschieben auf nächstes Jahr. Ich freue mich jetzt schon darauf, mehr zu erfahren von den Richters, die mit Elan und Freude diesem Eingang zum von- Halfern-Park so viel Gesicht geben! Mit der alten Bestandsaufnahme ma- che ich mich wieder auf den Weg zu den Bäumen. Denke wie jedes Mal: was für ein Glück, diesen Park zu haben und dass die von-Halfern ihn uns überlie- ßen! Stelle mir das Ehepaar Bertha und Gustav vor, die 1840 von Essen nach Aachen kamen. Schon gut be- Abb. 6: Douglasie, Bergahorn und Eisen- holz im Goldenen Oktober. tucht von Hause aus, besaßen sie bald in Burtscheid eine eigene Tuchfabrik, kauften 1870 den „Groutenhof“, für Sommeraufenthalte. Sohn Friedrich und dessen Frau Helene vergrößer- Abb. 5: Gloire de Dijon. Bodo von Coppen, ten nach Gustavs Tod das Anwesen Alt Aachener Gärten, S. 117: „Die Klet- bis auf 10 ha, Waldbesitz kam dazu. terrose „Gloire de Dijon“, in Frankreich Der Hobby-Dendrologe Friedrich gezüchtet von Jacotot 1853, war im alten sammelte Bäume aus aller Welt. Die Aachen eine Standardsorte zum Beklei- Bestandsaufnahme vom Garten- den sonniger Gartenmauern. Sie blüht und Friedhofsamt zeigt 81 verschie- bereits Anfang Juni und duftet stark. Im dene Laub- und 51 verschiedene von-Halfern-Park hat sich ein Stock am Nadelgehölze. Inzwischen hat sich Kutscherhaus erhalten. Auch im Vorgarten gewiss vieles verändert. Eine aktuelle des Hauses Eupener Straße 12 entdeckt Bestandsaufnahme wäre lohnenswert! man diese Rose.“ 21
Carl, Friedrich und Helenes Sohn Friedrich und Helenes Märchen verkaufte 1925 allen Besitz an die schloss, - die schneeweiße Villa. Stadt Aachen, der Park ist seitdem Ich wüsste zu gern, was die von- zugänglich für alle. 1957 begann das Halfern zu alledem meinen könnten Grünflächenamt mit Neupflanzungen, … und vergleiche am Saum vom was ich auch im März an vier Stellen im Geschlossenen zum Offenen Bestand Park beobachten konnte. Fröhlichen die Herbstfarbigkeit der Bäume zu der Kinderstimmen laufe ich entgegen. im Frühjahr. Schöner? Anders! Immer Der Waldorfkindergarten nutzt das schön!! Parkgelände seit 1982 als Spielplatz und dazu das Hochgrundhaus - Neu im Angebot: Energie-Klima-Kiste Energie erleben – Klima(wandel) verstehen Von Monika Nelißen Das Ökologie-Zentrum hat sein stellen den Zusammenhang zwischen Angebot „Lernen aus Kisten & Koffern“ der Stromerzeugung bei uns und dem um ein neues Objekt erweitert! Mit weltweiten Klima her. Mit vielen bunten den Gerätschaften dieser Kiste wird A3-Postern. Energie erlebbar gemacht. Eine kleine Die Kiste ist ausgerichtet auf die Dampfmaschine veranschaulicht die Zielgruppe Kita, Grundschule sowie konventionelle Art der Stromerzeugung weiterführende Schulen bis Klasse aus Brennstoff. Modelle von Wind-/ 6. Wie alle Koffer&Kisten ist sie ge- Wasserrädern und Solarspielzeuge gen eine Gebühr von 5 EUR und zeigen alternative Möglichkeiten auf. eine Kaution von 50 EUR von Kitas, Eisbär und Pinguin sowie Geschichten Schulen oder anderen Gruppen für von Kindern aus allen Teilen der Erde ca. 14 Tage ausleihbar. Zu allen Themen bieten wir außerdem eine Einführung im Rahmen einer Schul- Doppelstunde (1,5 h) an. Weitere Materialkisten gibt es zu den Themen Wasserbiologie, Wasserchemie, Biber, Papier-schöpfen, Geologie und Boden. Das Projekt „Lernen aus Koffern & Kisten“ wird vom Fachbereich Umwelt der Stadt Aachen finanziell unterstützt. 22
Was Bäume können, das können nur Bäume Ich bin ein Baum und schon viele Jahrzehnte alt. Ich kann Äpfel, Nüsse, Kirschen oder Maronen. Meine Früchte nähren Vögel, Eich- hörnchen und Euch Menschen, meine Blüten erfreuen Euch im Frühjahr, meine bunten Blätter schmücken den Herbst. Vom Frühling bis zum Herbst biete ich ganz vielen Lebewesen Nahrung und Unterschlupf. Vögel bauen ihr Nest in meiner Krone, Käfer laufen über meine Zweige und Blattläuse saugen an meinen Blättern und die ein oder andere Raupe knabbert daran herum. Ich bin das Holz von Eurem Tisch, das Papier auf dem Ihr schreibt. Bin das Buch, dass Ihr lest, der Apfel in Eurem Kuchen. Mein Feuer wärmt Euch im Kamin. Ich atme ein was Ihr ausatmet und wandele auch das CO2 von Euren Autos und Heizungen wieder in Sauerstoff um, damit Ihr wieder einatmen könnt. Den Kohlenstoff baue ich in meine Äste und Zweige ein und binde ihn für viele Jahrzehnte. Außerdem filtere ich jede Menge Staub und mindere den Schall. Im Sommer sorge ich für Schatten und befeuchte die Luft. Wenn ich im Herbst meine Blätter abwerfe, wird daraus eine hervorragende neue Erde, die voller Leben ist. Um meine Leistung für das Stadt- klima und den Natur- haushalt zu ersetzen, müsstet Ihr 100 junge Bäumchen pflanzen. Das kostet mindestens 100.000,- € und noch viel mehr, wenn Ihr erst einen Platz dafür herrichten müsst. Über Eure Wertschätzung freue ich mich! 23
Abb. 1 und 2: Klostergarten Guter Hirte – vorher – nachher - Die Stellungnahme vom Aachener Baumschutzbund haben wir in Ausschnitten übernommen. Viele Aspekte im Mittelteil sind auf un- serer Internetseite unter www. oekologie-zentrum-aachen.de nachzulesen. Stellungnahme zum Integrierten Klimaschutzkonzept Aachen (IKSK) Von Hans Falk für den Aachener Baumschutzbund Nach dem Eingeständnis eines gras- Trotz des Konvoluts von 165 Seiten, sierenden Klimanotstands durch sucht man nach dem Thema Stadtgrün Ratsbeschluss vom 19.6.2019, war nahezu vergeblich, was umso mehr er- die Erarbeitung eines übergreifenden staunt, als dass inzwischen allgemein Konzeptes für Gegenmaßnahmen not- bekannt und anhand internationaler wendig geworden. Dieses ist nun in Gutachten vielfach bestätigt ist, dass Form des IKSK vorgelegt worden und global ohne Berücksichtigung von umfasst ein Bündel an Maßnahmen in Flora und Fauna weder Natur- noch einem dicken Programmheft. Klimaschutz möglich sind. 24
Dass man auch Land- und Forstwirt schaft vernachlässigt hat, bedeutet da- bei ebenso eine große Lücke. Inhaltlich ist die Kommentierung eigentlich damit schon am Ende, denn die Ausrichtung des Programms war von Anfang an bloß auf schnellgreifende, technische und infrastrukturelle Maßnahmen hin konzipiert. Dass Stadtökologie das Stadtklima bedingt und damit nicht ohne Grünstrukturen denkbar ist, wird leider nicht gedacht. Schon Abb. 3 und 4: Campus Melaten – vorher – nachher beim ersten Arbeitsgespräch des Runden Tisches mit Frau Vankann als Demgemäß ist bei der Hervorhebung Vertreterin der Verwaltung wurde dies der „gezielten Einladung von klimar- klar. Mit Ausklammern dieses Themas elevanten Fachkreisen, Institutionen erübrigte sich eine weitere Teilnahme und Organisationen“ (S. 152) auch der Gruppe Stadtgrün innerhalb der nur noch von der Gruppe Bauen/ Gruppe Bauen/Wohnen/Stadtgrün. Wohnen die Rede. Die Gruppe des 25
Runden Tisches zum Thema Land- Überschuss in der Atmosphäre, was und Forstwirtschaft als stadtübergrei- ein Stopp der Verschlechterung, aber fende Klimafaktoren taucht schon gar noch keine Verbesserung für das nicht auf. Klima bedeutet. Die einzige positiv wirksame Größe ist die Vegetation Die Fokussierung auf Maßnahmen des Planeten als CO2-Senke. Mit zur Reduktion von CO2-Emissionen anderen Worten: klimaheilsam sind herkömmlicher Techniken ist zwar allein natürliche Systeme, denen richtig, aber im Kontext von Ökologie man Raum lassen muss. Und ge- sehr einspurig, und das auch in nau dagegen wird massiv mit jeder Bezug auf das Klima, wo auch ande- Grünflächenzerstörung verstoßen. re Treibhausgase (THG) eine Rolle Was Regenwald in fernen Kontinenten spielen. Neue Techniken mit CO2 ist, sind die Grünflächen in den zahllo- reduzierten Emissionen, die sukzes- sen Kommunen. Beides wird vernichtet sive alte Techniken ersetzen sollen, und damit die Regenerationsfähigkeit tun eben nur das: weniger CO2 frei- natürlicher Funktionen, die klimabe- setzen. Neutralität wird man dabei stimmend sind. nicht erreichen. Selbst unter besten Voraussetzungen wird es ecological Diesbezüglich ist wenig Besinnung in footprints mit CO2-Äquivalenten ge- Aachen zu erwarten, das zeigt eben ben. Die errechneten CO2-Ersparnisse nicht nur die Vernachlässigung des sind nur relativ in Bezug auf die Themas Stadtgrün im IKSK, son- Alttechnik. Und je schlechter die ist, dern ein nimmersatter Flächenfraß desto größer die Ersparnis. So kann für Projekte jedweder Couleur. Kein man sich vieles schönrechnen. Wichtig Partialinteresse, dem nicht Grünflächen für die CO2-Bilanz ist allein die abso- und Bäume zum Opfer fallen. Und lute Größe. Wenn die CO2-Reduktion immer gilt der Grün- und faunistische im Energiebereich 50 % beträgt, sich Lebensraumverlust dabei als vertret- aber der Energieverbrauch verdoppelt, bar. Selbst die angeblich bestands- dann ist gar nichts gewonnen. geschützten Grünflächen wie Parks und die begrünten öffentlichen Plätze Es gibt schlicht keine klimaverträgli- werden bautechnisch reduziert und che Technik und auch keine regene- mit Gestaltungs- und Pflegewerken rative Energie. Dass solcher Unfug gelichtet, transparent gemacht und in Aachen, das sich als renommierter damit in ihrem ökologischen Wert dra- RWTH-Standort definiert, Verbreitung stisch verarmt. Aktuell werden sogar findet, sagt schon alles. Und wenn wir die Spazierwege asphaltiert. überlegen, dass unser aller Konsum stetige CO2-Quellen darstellt, bleibt All diese Zerstörungen wesent- auch unter Idealbedingungen ei- licher Lebensgrundlagen laufen ner CO2-Neutralität der kumulierte unverdrossen parallel neben dem 26
Abb. 5 und 6: Münsterwald – vorher - nachher Kahlschlag für nur eine der 7 Windkraft- anlagen im Münsterwald. Klimaschutzkonzept und ich mache Auf S. 11 oben, wird auf klimatische mir ernsthaft Sorgen, ob die bezweck- Kipppunkte als Begründung für die ten Verbesserungen nicht von den ver- dringende Notwendigkeit für kommu- nachlässigten Verschlechterungen, nale Programme wie das IKSK hinge- überholt werden. wiesen. Wie oben erwähnt, werden diese Kipppunkte nicht nur indirekt Im oben zitierten Kontext möchte ich über CO2-Emissionen angesteuert, zu einzelnen Punkten des IKSK die sondern weltweit durch sehr direkte folgenden Anmerkungen machen: Umweltzerstörung. 27
Abb. 7 : Premiumradweg Grüner Weg – vorher Den bundesweit angestrebten Grün- Ökologie und umweltengagierte Bürger und Freiflächenverbrauch auf null zu sind hinderlich für Bauvorhaben, senken hat man schnell verwässert da schafft man sich eben gesetzli- auf eine Reduktion auf 50%, aber che Sonderregelungen oder lässt nicht mal das funktioniert; es wird Schlupflochangebote offen. Den Preis wieder eher mehr verbraucht. Nicht zahlt am Ende auch das Klima. Gerade schlimm genug, hat man noch einen hier in Aachen mit einem durchschnitt- Baubeschleunigungsparagraphen lichen Grün- und Freiflächenverbrauch (§ 13b BauGB) eingeführt, ur- von 20 – 25 ha Fläche p.a., plus sprünglich um in unkritischen Fällen massiven Kahlschlägen und Lebens Amtsvorgänge zu beschleunigen. raumzerstörungen vorhandener Doch das bequeme Verfahren hat Grünstrukturen durch Straßen-NRW zu missbräuchlichen Anwendungen und Deutsche Bahn entlang der be- geführt, um Umweltbelange und reits existierenden Verkehrswege Bürgereinwendungen auszuwei- sowie Versorgungsunternehmen mit chen. Trotz bekannter missbräuch- neuen Versorgungstrassen, sollte licher Anwendungen, will die Politik man da sehr sensibel im Umgang mit bewusst weiter daran festhalten und Grünflächenzerstörung sein. Doch den Befristungstermin verlängern. Das das Gegenteil ist der Fall, fordern Ziel, den Flächenfraß zu senken, hat Energiewender und Radentscheider man also ins Gegenteil verkehrt und in paradoxen ökologisch formulierten die Situation verschlimmert. Forderungen gleiche Rechte wie die von ihnen kritisierten Lobbys, näm- 28
Abb. 8: Premiumradweg Grüner Weg – nachher lich auch noch auf die dramatisch Fazit: schrumpfenden Restbestände an Es gibt im IKSK vielerlei Maßnahmen, Grün- und Freiflächen zuzugreifen. Die die positive Ansätze bilden und man Altlasten bleiben und erfahren weitere bemüht sich die leicht umzusetzen- Ausdehnung und obendrauf kommen den, kleinen und unaufwendigen Neubelastungen. Maßnahmen zu betonen. Aber ein CO2-Emissionsminderungen auf Schutz der in stetigem Schwinden Kosten von Grün- und Freiflächen, da begriffenen Grün- und Freiflächen als wundert es natürlich nicht, dass man, wichtige ökologische Reserven kommt um dem einen den Vorzug zu geben, nicht zum Tragen. Da hilft auch nicht das andere beiseite lässt. Bildlich ge- das Kostenargument, das sonst im- sprochen ist das so, als strebe man mer zieht, dass ein Bestandsschutz eine Farbenvielfalt an und fokussiert von Grünflächen und Bäumen nichts sich dabei allein auf das Rot. kostet und dabei einen kostenlosen [Textkürzung, den vollständigen Text kann Mehrwert bringt, weil dieser Aspekt man hier lesen: einfach ausgeblendet bleibt. https://oekologie-zentrum-aachen. In Nebensätzen zugestandene Klima de/wp-content/uploads/2019/01/LP- relevanz von Stadtgrün bleibt nur Stellungnahme_%C3%96Z_20181210. papierene Aussage, ohne nen- pdf ] nenswerte Folgemaßnahmen, die eine Schutzfunktion hätten. Ganz im Gegenteil, werden nur weitere 29
Forderungen nach noch umfangreiche- Wenn weniger CO2-emittierende ren Flächen, über die üblichen Wohn- Techniken zu großzügigem Verbrauch und Gewerbeansprüche hinaus, laut, mit gutem Gewissen einladen, was im die vermeintlichem Klimaschutz die- Sinne eines derart „sauber“, „grün“, nen sollen. Klimaschutz, wie ihn der nachhaltig“, „ökologisch“, oder wie Titel vorstellt, kann bei dieser Ignoranz auch immer etikettierten Konsums nicht funktionieren. ökonomisch durchaus gewollt ist, hat der daraus resultierende „rebound“-Ef- Der Fokus - nur auf CO2-Bilanzen aus- fekt vergrößernde Schadenswirkung. gerichtet - ist zu einspurig und blendet alle weiteren klimarelevanten Faktoren Statt einem Mehrverbrauch von aus. Selbst in Bezug auf die eindimen- Nachhaltigkeitsprodukten ist viel- sionale Betrachtung der CO2-Bilanzen mehr Suffizienz vonnöten. Dieser wird noch der Aspekt der positiv wir- Aspekt jedoch taucht im ganzen kenden CO2-Absorptionsgrößen, bzw. IKSK nicht auf. Schließlich würde -senken ignoriert und ist damit oben- sich Konsumzurückhaltung nega- drein in seiner Einspurigkeit noch eine tiv auf das Wirtschafts- und damit Einbahnstraße. Wohlstandswachstum auswirken und das will man vermeiden. Der Boom Neue Technologien reduzieren kein soll ungehindert weitergehen, wenn CO2, sie emittieren allenfalls weni- nicht mehr mit alten, dann eben mit ger, ziehen aber auch eine bleibende neuen Methoden. Dass das aber ge- Spur an Erstellungslasten mit sich, die rade ein fundamentaler Antrieb in den man als CO2-Äquivalente betrachten Klimanotstand ist, darf nicht angedacht kann und die sich bei Recycling und und schon gar nicht angerührt werden. Entsorgung weiter vergrößert. Anzeige Ökozentrum 2011 18.11.2011 11:09 Uhr Seite 1 l i m a s c h u tz Umweltfreundliche K apier! Drucksachen b e i m P auch Adalbertsteinweg 252 52066 Aachen Tel.: 0241-90 26 93 Fax: 0241-53 29 54 info@zypresse.eu www.zypresse.eu 30
Es ist definitiv keine Lösung nur ange- Zweck eines Konjunkturprogramms nehme, kleinteilige oder vermeintliche für die regionale Wirtschaft, ver- Lösungen als Rosinen herauszupicken standen wissen will. Darüber hin- und sich den Sachzusammenhängen aus stellen die bereitgestellten zu verweigern, nur weil einem un- Klimaschutzfördermittel auch ein bequeme Schlussfolgerungen nicht Arbeitsplatzbeschaffungsprogramm passen. dar. Was sich als roter Faden durch alle So wie bei Bauplanungen üblich, ist Diskussionen und Planungen zieht, Umweltschutz das vernachlässigte ist das komplette Fehlen nicht nur an Endglied in der Interessenabwägung. Verständnis komplexer ökologischer Das Schwinden wertvoller und wert- Sachverhalte, sondern im Kern an vollster Grünflächen und ökologischer Respekt und Wertschätzung anderer Lebensräume beobachten wir als Lebensformen bis hin zur gesamten Aachener Baumschutzbund schon seit Biosphäre, an der wir wesentlich parti- Jahren. Die simple Mathematik, dass zipieren und die das Klima, das wir als man in endlichen Räumen nicht unend- angenehm empfinden, überhaupt erst lich wachsen kann, wird man wohl be- geschaffen hat und stabilisiert. Dieser greifen, aber nur sofern man darüber Geringschätzung folgend, gelten na- nachdenkt. Also wird weitergemacht türliche Räume, wenn sie nicht zur und weiter Fauna und Flora zerstört, direkten Rohstoffausbeutung dienen, als gäbe es keine Grenzen. Und des- bloß als Bauerwartungsland oder dem halb sprengt man neuerdings den Freizeitvergnügen, in der Regel aber kommunalen Rahmen und greift auf monetären Interessen. Grün- und Freiflächen der Nachbarn in kommunalen Kooperationen zu, So mag die Intention des IKSK damit das Bauen unvermindert wei- auch weniger echter Klimaschutz tergehen kann. sein, um gesellschaftspolitische Belastungen zu vermeiden, die eigent- Vielleicht will man sich das inter- lich notwendig wären. Lieber möch- kommunal dann als bauflächenre- te man ein Klimaschutzprogramm, duzierte Klimaschutzmaßnahme das neue wohlstandsmehrende anrechnen, ganz ähnlich wie man Entwicklungspotenziale aufzeigt den Fernverkehr, der von Aachenern und genau das findet man in der durchgeführt wird, nicht im eigenen Voraberklärung für die Ausschüsse CO2-Portfolio stehen haben will. Doch im Juni 2020, wo man die Vorteile des bei all der Schönrechnerei: das Klima IKSK als Grundlage für die Förder vergisst nicht und auch nicht die Natur mittelbeantragung und Akquise dar- und die Artenvielfalt. überhinausgehender Finanzmittel zum 31
Titelbild: Amstelbach-Weiher (Foto: M. Nelißen)
Sie können auch lesen