Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...

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Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...
Adrian Sauer
Identitäten und Ideologien
Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...
Reihe Kunststiftung DZ BANK
Band 1

                                     »Als ich [Vilém] Flusser zum ersten Mal las, war ich schockiert!
Adrian Sauer                         Die Kamera folgt einem Programm, das alle vorstellbaren Bilder
                                     bereits enthält? Folgt der Fotografierende wie ein Schauspieler
Identitäten und Ideologien           nur den vorgegebenen Optionen? Das wäre unglaublich für
                                     einen jungen Künstler, der seine eigene Geschichte erzählen will.
                                     Dieser Gedanke hat mich nicht verlassen. Er war eine gute Lektion
                                     für mich, um mein Medium von da an skeptischer zu betrachten.
27. 05.2021 – 11.09.2021             […] Mir geht es vielmehr darum, das Programm zu zeigen, zu zeigen,
                                     dass Bilder das Ergebnis mathematischer und wissenschaftlicher
                                     Prinzipien sind.«

                                     Adrian Sauer

                                     »Unboxing Photography. Adrian Sauer im Gespräch mit Katarina Sluis«.
Titelbild:                           In: Adrian Sauer. Foto Arbeiten, hg. von Galerie Klemm’s, Berlin
Adrian Sauer, Block, 2008 (Detail)   und Galería Helga de Alvear, Madrid, Bielefeld, Berlin 2020, S. 201.
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Abb.1: Adrian Sauer,
                                                             Die Platonischen Körper, 2019
                                                             Installationsansicht:
                                                             Altana Galerie der Kustodie
                                                             der TU Dresden
                                                             im Görges-Bau,
                                                             Dresden 2019,
                                                             Foto: Karen Weinert;
                                                             rechts im Bild: Bettina
                                                             Allamoda, Untitled
                                                             (Chandelier), 2019,
                                                             Detailansicht

4   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   5
Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...
Identitäten und
Ideologien

Adrian Sauer (* 1976, Berlin, DDR) gibt unserem Selbst mit seinen                             Ich-Identität auszubilden. Joachim Bauer 1      Geburt noch nicht entwickelt ist.3 Erst in
fotografischen Kunstwerken körperliche, seelische und geistige Impulse.                        zieht zur Verdeutlichung der sich bedingen-     den ersten 12 bis 24 Monaten bildet sich
                                                                                              den Reaktionen zwischen Erziehenden             das Bewusstsein des Kindes heraus, ein
Er stellt Fragen, ohne Antworten zu erwarten. Mit seinen Methoden                             und Kindern immer wieder zwei Gitarren          eigenständiges Ich zu sein. Es stellt fest,
öffnet er die gedanklichen Strukturen derer, die sich auf seine Arbeiten                      heran, die genau gleich gestimmt einander       dass es nicht in einer Personalunion mit
einlassen. Letztlich handelt es sich dabei um ein Vorgehen, das ideolo-                       gegenüberstehen. Schlägt man die tiefste        seinem Gegenüber existiert. Dennoch
gisches Denken und Handeln entlarvt.                                                          Saite an, so beginnt auch die E-Saite der       ist jeder Mensch auf positive Resonanz
                                                                                              Partnergitarre zu vibrieren. Der Ton der        angewiesen. Daher registriert das Kind
                                                                                              Personen, die sich (hauptsächlich) um ein       sehr genau, unter welchen Umständen
                                                                                              Kind kümmern, überträgt deren Vorstellun-       es wohlwollende Rückmeldungen erfährt
Mit »Ideologien« ist die vierte Ausgabe        die Ausstellung im Rahmen von RAY in der       gen also unmittelbar auf den Jungen oder        und unter welchen abweisende. Auf diese
der RAY Fotografieprojekte Frankfurt/           Kunststiftung DZ BANK um den wichtigen         das Mädchen. »Was der Säugling in den           Weise lernen Kinder, was erwünscht ist
RheinMain überschrieben. Die DZ BANK           Aspekt »Identitäten« zu ergänzen.              ersten Lebensmonaten von einem Du, also         und was nicht. So bildet jeder Mensch ein
Kunstsammlung war von Beginn an                                                               einem Gegenüber gespiegelt bekommt,             Selbst, eine Ich-Identität aus, die sich an
mit dabei und hatte sich bei den ersten                                                       wird seine eigene Identität prägen. […]         der Umwelt orientiert.
                                               Identität
Ausgaben als sogenanntes Partnerprojekt                                                       Was signifikante Bezugspersonen tun,                  Diese frühkindlichen Erfahrungen
an dem Festival beteiligt. In diesem Jahr      Um exkludierende Standpunkte – und             denken und beabsichtigen, kann zu einem         lassen sich im Laufe eines Lebens zwar
gehören wir als Kunststiftung DZ BANK          damit ideologische Denkmuster – aus-           förderlichen oder fatalen Teil der kindlichen   anpassen und modifizieren – dies ist
zum ersten Mal zu den Kuratorinnen und         zubilden, spielt die Entwicklung unseres       Person werden, ein als Introjektion be-         jedoch mit einem erheblichen inneren
Kuratoren der Triennale.                       inneren Selbst eine entscheidende Rolle.       zeichneter Vorgang. […] Der Mensch ist          Bewusstsein und Aufwand verbunden.
    Schon sehr früh haben wir mit Adrian       Identität und Ideologie sind eng miteinan-     aus neurowissenschaftlicher Sicht dafür         Wenn sich beispielsweise die politische
Sauer gesprochen und ihn gefragt, ob           der verwoben. Identität entsteht in jedem      gemacht, am Du zum Ich zu werden.« 2            Lage verändert, können plötzlich Dinge
er bereit wäre, mit uns eine Ausstellung       Einzelnen von uns erst nach und nach. Zum          Joachim Bauer ist Neurowissenschaftler      verboten werden, die früher erlaubt
unter dieser Überschrift zu konzipieren.       Zeitpunkt unserer Geburt sind wir nicht        und hat über viele Jahre das Gehirn und         waren, oder umgekehrt. Es liegt nicht
Dabei war uns klar, dass er sich nicht nur     nur frei von Ideologien – unsere Identität,    seine Funktionsweisen untersucht. Immer         zuletzt in der frühen Prägung begründet,
inhaltlich, sondern gerade auch mit den        unser Selbst hat sich noch nicht entwickelt.   wieder macht er darauf aufmerksam, dass         wie ein Mensch sich seiner Umgebung
Grenzen des Materials auseinandersetzen        Vielmehr lernen wir erst durch fortgesetzte    das Stirnhirn, der präfrontale Cortex, in       anpasst, ob er sich beugt oder ob er seine
würde. Er war sofort bereit und bat uns,       Resonanz unserer Bezugspersonen, eine          dem das Selbst beheimatet ist, bei der          Überzeugungen vertritt.

6   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                                       Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   7
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Adrian Sauer hat im Laufe seines Lebens        Zivilbevölkerung Vietnams verbildlichte,     Mit den Eingriffs- und Zugriffsmöglich-         da es kein Bild gibt, auf das wir uns
in zwei sehr unterschiedlich geprägten         hat entscheidend zum Ende des Krieges        keiten der digitalen Revolution einher          beziehen könnten. Auf diese Weise löst
Systemen gelebt. Vielleicht hat ihn das        beigetragen.                                 geht eine Erweiterung des fotografischen         er das Abbild von seiner Materialität und
besonders hellhörig werden lassen, als             Eigentlich war dieses einprägsame        Materials.                                      macht erlebbar, dass Fotografie immer
er anfing, Fotografie an der Hochschule          Bild, das um die Welt gegangen ist, ein                                                      nur eine Abstraktion der Umwelt ist.
für Grafik und Buchkunst in Leipzig zu          Ausschnitt aus einer Szene, die sehr viel                                                    Gleichzeitig führt er uns vor Augen,
                                                                                            Die Ideologie der Fotografie
studieren. Auch wenn er bei einem Lehrer       mehr Rückschlüsse auf das Umfeld zuließ,                                                     welche Erwartungen wir mit Fotografie
ausgebildet wurde, der aus dem Westen          in dem das Ereignis stattfand. So waren      »Als ich [Vilém] Flusser zum ersten Mal         verbinden und welche Vorstellung wir
stammt, war es ihm doch ein Anliegen,          ursprünglich mehrere Personen zu sehen.      las, war ich schockiert! Die Kamera folgt       davon haben, was Fotografie sein kann
im Osten Deutschlands zu bleiben und           Der gewählte Ausschnitt hat jedoch das       einem Programm, das alle vorstellbaren          und darf.
somit in einem Umfeld, das ihm vertrauter      Mädchen fokussiert und somit den Inhalt      Bilder bereits enthält? Folgt der Foto-             Der Künstler interessiert sich neben
erschien.                                      derart intensiviert, dass der Bildteil die   grafierende wie ein Schauspieler nur             all diesen Aspekten des Fotografischen
    Wir waren mit dem Künstler einig,          Kraft besaß, Menschen zum Umdenken           den vorgegebenen Optionen? Das wäre             auch für die kognitiven Leistungen und
dass Ideologie nicht ohne Identität ent-       zu bewegen.                                  unglaublich für einen jungen Künstler,          Fähigkeiten des Wahrnehmungsapparats.
steht. Möchte man Ideologien verstehen,            Was daran deutlich wird, ist, dass       der seine eigene Geschichte erzählen will.      Seine dreidimensionalen »Platonischen
ist es daher unerlässlich, sich mit den        Fotografien Aussagen haben können,            Dieser Gedanke hat mich nicht verlassen.        Körper«, 2019 (Abb. 1–3), die ihre Form
Prägungen zu beschäftigen, die Personen        die auf unterschiedliche Weise in Szene      Er war eine gute Lektion für mich, um           durch feine Kohlefaserstäbe erhalten,
und Nationen durchlaufen haben. Nur            gesetzt, also manipuliert werden, und das,   mein Medium von da an skeptischer zu            führen dies vor Augen. An der Wand, auf
so können wir mit Empathie gewordene           seitdem es fotografische Techniken gibt.      betrachten.« So berichtet Adrian Sauer im       dem Boden oder an der Decke installiert
Identität nachvollziehen und Möglich-          Solcherart szenische Abbilder gibt           Gespräch mit Katarina Sluis und ergänzt:        verändert sich, je nach der Position des
keiten für Veränderungen aufzeigen.            es unendlich viele in der Geschichte der     »Mir geht es vielmehr darum, das Pro-           Betrachtenden im Raum, das Objekt. Es
                                               (journalistischen) Fotografie.                gramm zu zeigen, zu zeigen, dass Bilder         erscheint bisweilen zweidimensional wie
                                                   Seitdem die Digitalität Einzug in        das Ergebnis mathematischer und wissen-         eine Zeichnung auf einem Untergrund und
Ideologie
                                               unser Leben gehalten hat, stellen gerade     schaftlicher Prinzipien sind.« 6                kann schon beim nächsten Schritt seine
Der Medienphilosoph und Kommunikati-           Künstlerinnen und Künstler nicht nur die         Adrian Sauer ist ein Meister in der viel-   Dreidimensionalität preisgeben. Letztlich
onswissenschaftler Vilém Flusser definiert      vermeintliche Wirklichkeit von Motiven       fältigen Verarbeitung von (Bild-)Material.      lässt sich hier eine Idee erkennen, die
Ideologie als »das Bestehen auf einen          mehr und mehr infrage – sie verändern        Er geht sogar so weit, dass er sich ganz        nicht nur menschliche Wahrnehmungs-
einzigen, für vorzüglich gehaltenen Stand-     die Bilder auch derart, dass die Manipula-   vom Abzug befreit und beispielsweise            fähigkeiten vorführt, sondern um ein
punkt« 4.                                      tionen deutlich zutage treten. Dabei geht    in Soundinstallationen Motive wachruft,         weiteres Mal darauf verweist, dass das
    Fotografinnen und Fotografen haben          ihre Aufmerksamkeit in zwei Richtungen:      die wir alle im Kopf gespeichert haben.         Betrachtete immer auch mit der Perspek-
gerade auch im Journalismus immer              Einerseits machen sie die Manipulation       Damit wird auch deutlich, dass jeder und        tive, mit der Haltung dessen einhergeht,
wieder versucht, bestimmte Perspektiven        von Motiven zum Beispiel durch Bildbe-       jede von uns anderen Assoziationen folgt.       der es in Augenschein nimmt.
einzufangen, um damit (politische) Stand-      arbeitungssysteme sichtbar, andererseits     Ebenso thematisiert er darin die Ränder             Adrian Sauer gehört einer Generation
punkte deutlich zu machen. Erinnern wir        versuchen sie deutlich zu machen, wie        der Bilder, die wir bei Motiven immer           an, die zunächst noch ohne digitale
uns beispielsweise an das Mädchen 1972         der Mensch von Bildern beeinflusst wird.      mitdenken, die wir uns jedoch nur selten        Artefakte aufgewachsen ist und bereits
in Vietnam, das nackt und mit Napalm-          »What You See Is [not] What You Get.« 5      bewusst machen. Denn das Betrachten             erwachsen war, als das Smartphone
Verbrennungen am ganzen Körper mit             Die Algorithmen von Google, Facebook,        von Abbildungen ruft in jedem Menschen          zum Alltagsgegenstand wurde. In seiner
erhobenen Händen und schmerzverzerr-           Instagram etc. verarbeiten die Fotografien    andere Erinnerungen und Empfindungen             Kindheit und Jugend gab es also noch den
tem Gesicht dem Fotografen entgegen-           auf unseren Smartphones und ziehen           wach. Durch die Soundinstallation ver-          fotografischen Abzug, der in ein Album
rennt. Diese Aufnahme, die die Lage der        Rückschlüsse auf unsere Vorlieben.           stärkt Adrian Sauer diese Tatsache noch,        eingeklebt wurde.

8   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                                     Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   9
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Abb.2–3:
                                                Die Platonischen Körper, 2019
                                                Installationsansicht: Folkwang Universität der Künste, Essen 2019,
                                                Foto: Adrian Sauer

10   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   11
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In der Serie »Ziegel«, 2021 (Abb. 4–6)                            geschenkt hätten, zu einem Platzhalter für
                        verarbeitet der Künstler einen alltäglichen                       zentrale Ereignisse unseres Lebens.
                        Gegenstand, den man als banal bezeich-                                Aus unserer Sicht hat die Fotografie,
                        nen könnte. Die Aufnahmen hat er selbst                           seitdem sie auf einen Bildträger gebannt
                        hergestellt. Im Verlauf der Aneignung                             wird, entscheidend dazu beigetragen,
                        übermalt er seine Motive am Computer.                             Identitäten und somit auch Ideologien zu
                        Er überarbeitet sie. Er schreibt seine                            bilden. Sie wurde und wird im Privaten
                        Sichtweisen in sie ein und erzeugt damit                          wie von öffentlichen Stellen dazu genutzt,
                        andere, neue Abbilder, die man als digitale                       Vorstellungen zu manifestieren. Ihre
                        Malerei bezeichnen könnte.                                        digitale Variante kommt in den Sozialen
Abb. 4–6:
                            Im Rahmen der Ausstellung »Identitä-                          Medien zum Einsatz. Hier werden Bilder
Strangpressziegel,      ten und Ideologien« kann der Ziegelstein                          zur Kommunikation verwendet, die von
Dünnformat,             als Platzhalter für vieles stehen. Zum                            Algorithmen gelesen und in der Werbung
Innenraum
                        Beispiel für das Haus, das wir bauen; der                         verwertet werden. Der Einfluss von Bildern
                        Slogan von Schwäbisch Hall – einem Un-                            hat sich auf diese Weise potenziert.
                        ternehmen der DZ BANK Gruppe – lautet:                                Immer wieder macht der Künstler
                        »Auf diese Steine können Sie bauen«.                              deutlich, dass das Wahrnehmen von
                        Wir legen einen Grundstein, der gleicher-                         Kunstwerken Denken ist. Er führt uns vor
                        maßen ideeller Natur sein kann. Die Steine                        Augen, dass die individuelle Wahrneh-
                        können auch für Mauern stehen, die aus                            mung mehr ist als ein Motiv, das sich auf
                        ihnen gebaut sind, für Mauern, die ein                            unserer Netzhaut abbildet. Es ist Inhalt,
                        Innen vom Außen abgrenzen oder zwei                               Kommunikation, Impuls, Bewusstsein,
                        Länder voneinander trennen. Sie rufen                             Hinterfragung, Erkenntnis und vieles mehr.
                        ebenso eine Assoziation der Mauern in                             Mit seinen Herangehensweisen befragt
                        unseren Köpfen hervor. Gleichzeitig wer-                          Adrian Sauer unsere Ideologien und
                        den sie im Widerstand eingesetzt, um                              versetzt uns in die Lage, unsere Identität
                        Wände einzureißen. Es sind sicher noch                            immer wieder neu zu definieren.
Wasserstrichziegel,     weitere Denkanstöße darin verborgen. So
Dünnformat,             wird ein Gegenstand, dem wir unsere Auf-                          Dr. Christina Leber
gruppiert, Hof
                        merksamkeit wahrscheinlich nicht eigens                           Geschäftsführerin Kunststiftung DZ BANK

                        1 Joachim Bauer (* 21. Oktober 1951 in Tübingen) ist ein          4 Vilém Flusser: »Für eine Philosophie der Fotografi e« (1983).
                        deutscher Internist, Psychiater und Facharzt für Psychosoma-      In: Hubertus von Amelunxen (Hg.), Theorie der Fotografi e,
                        tische Medizin. Er ist Universitätsprofessor an der Universität   Band IV, München 2000, S. 52.
                        Freiburg und als solcher im Bereich Psychoneuroimmunologie
                                                                                          5 Das Akronym WYSIWYG wurde verwendet, um ein Dokument
                        tätig. Bauer ist zweifach habilitiert und Autor zahlreicher
Wasserstrichziegel,                                                                       während der Bearbeitung am Bildschirm genau so anzuzeigen,
                        Sachbücher.
Dünnformat,                                                                               wie es bei der Ausgabe über ein anderes Gerät, z. B. einen
Innenraum               2 Joachim Bauer: Wie wir werden, wer wir sind. Die Entste-        Drucker, aussieht (auch als Echtzeit- oder Echtbilddarstellung
                        hung des menschlichen Selbst durch Resonanz, München 2019,        bekannt). Der Begriff wurde zuerst Anfang der 1980er Jahre im
                        S. 39.                                                            Zusammenhang mit Computer-Drucksatz-Systemen (Desktop-
Aus der Serie:                                                                            publishing) und Textverarbeitungsprogrammen verwendet.
                        3 Es ist eben die Stelle, an der sich oft bei indischen Frauen
Ziegel, 2021            der »Bini« genannte rote Punkt (Tropfen) befi ndet, der auch       6 »Unboxing Photography. Adrian Sauer im Gespräch mit
Digitaler chromogener   als das energetische dritte Auge bezeichnet wird. Es gilt im      Katarina Sluis«. In: Adrian Sauer. Foto Arbeiten, hg. von
Abzug auf PE-Papier,    hinduistischen Glauben als religiöses Mal und markiert den Sitz   Gertrude Wagenfeld-Pleister, Oldenburger Kunstverein und
Blatt: 50 x 75 cm       des sechsten Chakra oder des geheimen Wissens.                    Galerie Klemm’s Berlin, Bielefeld, Berlin 2020, S. 201.
Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...
Adrian Sauer: Fotografie ist ja ein Medi-     inhaltlich etwas mit der Fotografie zu
Drei Fragen an                                                                                 um der Reflexion. Im direkten Sinne: Das
                                                                                               von verschiedenen Objekten reflektierte
                                                                                                                                            tun. Darin werden in drei Teilen auf
                                                                                                                                            ganz unterschiedliche Weise Texte zur
Adrian Sauer                                                                                   Licht bewirkt eine bildliche Darstellung
                                                                                               auf dem Material. Andererseits ist Foto-
                                                                                                                                            Fotografie überprüft, indem ich Fund-
                                                                                                                                            stücke aus dem Internet variiere, einen
                                                                                               grafie damit gleichsam transparent und        Text von László Moholy-Nagy aus heuti-
                                                                                               gewissermaßen unsichtbar. Man meint,         ger und meiner Perspektive neu schreibe
                                                                                               das Motiv, das Objekt zu sehen und           oder Gedanken von Lucia Moholy
                                                                                               nicht das Foto. Dennoch unterscheiden        weiterführe. Eine weitere Arbeit – »Die
                                                                                               wir selbstverständlich zwischen ver-         platonischen Körper«, 2019 – befragt
Janina Vitale: Sie wurden im Rahmen             Glaubenskonstruktion stärker als die           schiedenen Fototechniken. In vielen Ar-      eher übliche Sehgewohnheiten. Körper,
der Triennale RAY Fotografieprojekte             abstrakte Idee des Ganzen. So kam es           beiten versuche ich, dieses Verhältnis zu    deren Kanten aus dünnen Kohlefaser-
Frankfurt/RheinMain, die sich 2021 dem          zu der Ergänzung des Titels mit »Identi-       verschieben. Ich lasse das Material und      stäben gebildet werden, sind im Raum
Thema »IDEOLOGIEN« widmet, zu einer             täten«. Und die habe ich aus demselben         den Prozess des Fotografischen sichtbar       verteilt und teilweise an den Wänden
Einzelausstellung in die Kunststiftung          Grund in den Plural gesetzt. Denn hier         werden. Das führte mich schließlich so       angebracht. Unsere Wahrnehmung, die
DZ BANK eingeladen.                             geht es ja um das Selbstbild. Um die           weit, dass ich bestimmte Eigenschaften,      durch Fotografie gewöhnlich eine selbst-
    Für den Titel Ihrer Ausstellung haben       Abgrenzung vom Großen und Ganzen.              die mir an der Fotografie wichtig sind,       verständliche Bestätigung erfährt, wird
Sie dem Begriff Ideologien das Wort             Ich möchte hier jetzt nicht ins Detail         auch in Objekten und Texten verarbeite-      hier irritiert. Einerseits wirken die Körper
Identitäten vorangestellt. Was verbinden        gehen. Für meine künstlerische Arbeit          te, die erst mal nicht direkt etwas mit      wie Zeichnungen, also flach, aber wenn
Sie mit dem Begriff der Ideologien?             spielen konkrete politische Aussagen           fotografischem Material zu tun haben.         man sich durch den Raum bewegt,
Inwiefern bedingen sich in Ihren Augen          keine Rolle. In der Tradition der Foto-                                                     wird dieser Eindruck schnell gestört.
Identität und Ideologie? Welche Gedanken        grafie sehe ich mich hier als Beobachter.       Janina Vitale: Was hat Sie dazu bewogen,
und Ideen entwickeln sich für Sie durch         In einer anderen Tradition der Fotografie       das Sichtbare (Motiv) durch Soundinstalla-
diese Paarung?                                  begreife ich mich aber auch als Manipu-        tionen um weitere Sinneswahrnehmungen
                                                lator. Das Besondere an diesem Medium          wie das Hören zu erweitern? Und welche
Adrian Sauer: Die Entstehung meiner             ist ja, dass es offenbar keiner eindeu-        fotografische Idee verbinden Sie damit?
Kunstwerke beginnt oft mit sehr direk-          tigen Ideologie zuzuordnen ist. Der
ten, sehr persönlichen Erfahrungen.             Aufklärer nutzt die Fotografie genauso          Adrian Sauer: Für mich ist die Fotografie
Meine eigene Wahrnehmung und meine              wie der Demagoge.                              nicht allein ein Mittel zum Zweck. Meine
eigene Fähigkeit zu handeln spielen                                                            Auseinandersetzung befragt immer auch
dabei eine wichtige Rolle. Und so ver-          Janina Vitale: Sie bedienen sich innerhalb     ihre Eigenschaften und Fähigkeiten.
suche ich auch, die Auseinandersetzung          Ihres Schaffens eines sehr breiten Spekt-      In Arbeiten wie »256 Graustufen«, 2020
mit dem Thema Ideologien nicht zu               rums an fotografischen Ausdrucksformen.         mache ich das mit den fotografischen
groß werden zu lassen. Obwohl ich für           Darunter sind zum Beispiel digitale C-Prints   Mitteln selbst. Der Raum, den ich dafür
meinen Titel da ja auch gleich den Plural       (chromogene Abzüge auf PE-Papier),             nutze – der Ausstellungsraum –, bietet
ins Spiel gebracht habe. Was ist eine           Video-Animationen, digital gezeichnete         natürlich noch viele andere Möglich-
Ideologie schon wert, wenn sie keinen           Bilder, Soundinstallationen und z. B. auch     keiten der Artikulation, die ich dankbar
Gegenpart im persönlichen Handeln hat?          lichtreflektierende Objekte aus Kupfer.         annehme und so meine Ausdrucks-
    Auf jeden Fall interessiert mich die            Wie beeinflusst die Materialität den        formen erweitere. Die angesprochene
Rolle jedes Einzelnen innerhalb einer           Inhalt Ihrer Werke und umgekehrt?              Soundinstallation hat in erster Linie        Porträt Adrian Sauer, 1993, Foto: Mike Minehan

14   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                                    Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien    15
Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...
Abb. 7–9:
Palast der Republik, 1993/2021
Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier,
Blatt: je 24 x 17,8 cm

                                                Abb. 10:
                                                Detailaufnahme aus dem Atelier
                                                Adrian Sauer, 2021

16   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien
Adrian Sauer Identitäten und Ideologien - Kunststiftung DZ ...
»Die Fotografie war
mit der Demokratie groß
geworden.
Oder umgekehrt.«*
Adrian Sauers Arbeiten als Metaphern des innerdeutschen
und (post-)fotografischen Wandels
                                                                                                                                       Abb. 11:
                                                                                                                                       Urheber unbekannt,
                                                                                                                                       El Lissitzky: Pavillon der UdSSR auf der Pressa,
                                                                                                                                       Köln, 1927–1928

Mitte der 1980er Jahre avancierte das           Sauer 13 Jahre alt; als er seinen ersten    – Gründungsmitgliedern der Fotoagentur     Aufnahmen zweierlei: ein Stück deut-
Skateboarding in der BRD zur Massen-            Film schoss 16 (Abb. 7–10). Die schmissi-   OSTKREUZ – bezeugen. Vergleicht man        scher Wiedervereinigungsgeschichte
sportart. Claus Grabke war damals der           gen analogen Schwarz-Weiß-Aufnahmen         ihre Ansichten von Besichtigungen, Ver-    und ein Stück Fotogeschichte – die
Star der westdeutschen Skateboard-Szene;        von Skateboardern (1993) fangen nicht       sammlungen und Protesten mit Adrian        Geschichte eines endlich von staatlicher
die Stadt Münster wurde zur Hochburg. 1         nur den Freiheitsdrang der Jugend und       Sauers Skateboarding-Aufnahmen, so ist     Kontrolle und Zensur losgelösten Alltags-
In Ostdeutschland konnte man ähnliches          die damit verbundene Einnahme des           in diesen nur noch wenig von der ehe-      und Kunstlebens, aber auch die einer
beobachten: Auf der Betonwüste des              (Stadt-)Raums ein, sondern auch die         mals andächtigen Atmosphäre und dem        Zeit vor dem Smartphone und vor dem
Berliner Alexanderplatzes tummelte sich         Faszination eines gleichaltrigen Beobach-   angespannten politischen Klima kurz vor    Web 2.0.
die Jugend und rieb sich an der alles           ters dieser Umbruchszeit. Das Skateboard    der Wende spürbar. Zweckentfremdend            Die Faszination an historischen, tech-
durchdringenden Kontrolle der SED.2             war nun nicht mehr nur Ausdruck des         und von alten Machtsymboliken befreit,     nologischen und ideologischen Zwischen-
Die »Rollbrettfahrer«, wie sie nach der         Protests, sondern wurde zum Erkun-          schreit in dem Bild, das der jugendliche   Zeiten zieht sich wie ein roter Faden durch
DDR-Sprachregelung bezeichnet wurden,           dungsmittel unbekannter Stadtteile und      Künstler einfängt, alles nach Aufbruch.    das fotografische Werk Adrian Sauers.
erlangten über die Landesgrenzen hinaus         die gemeinsame Hauptstadt Berlin zum        Aber auch der Staatsgewalt im wieder-      Die damit verbundene Ambivalenz fängt
Bekanntschaft. Freiheit, Spaß und An-           Spielplatz. Einer der Hotspots war der      vereinigten Deutschland blieb die Ska-     er mittlerweile durch eine sehr viel subtiler
derssein – das vereinte die west- und ost-      nun leerstehende Ostberliner Palast der     ting-Kultur ein Dorn im Auge: So kommt     vorgehende Bildsprache und mehrdeutig
deutsche Skating-Kultur. Und so scheint         Republik, der den Schauplatz und den        es Mitte der 1990er Jahre zu Polizei-      lesbare Referenzen ein. Die Fotoserie
es wenig überraschend, dass die Szenen          Titel der Fotoserie Adrian Sauers bildet.   Razzien, um den überdachten Vorplatz zu    »Light and Dark Stars«, 2017 (Abb. 12)
mit dem Befreiungsschlag des Mauerfalls         Bereits zu DDR-Zeiten war der ehemalige     räumen, der von Skaterinnen und Skatern    fand ihre Inspiration im UdSSR-Pavillon
1989 zusammenwuchsen.                           Sitz der Volkskammer ein beliebtes künst-   als Winter-Domizil in Beschlag genom-      der Pressa 1928 in Köln,4 in dem ein rot
    Zum Zeitpunkt der Wende war der in          lerisches Motiv, wie Aufnahmen von          men wurde. 3 Aus heutiger Sicht doku-      leuchtender, dreidimensionaler Stern zu
der DDR aufgewachsene Künstler Adrian           Sibylle Bergemann und Harald Hauswald       mentieren Adrian Sauers Skateboarding-     sehen war (Abb. 11) 5.

18   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                               Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien      19
Davon abgeleitet konstruierte Adrian Sauer
einen sogenannten Dodekaeder-Stern. Die
geometrische Figur besitzt zwölf Spitzen
und kann aus verschiedenen Richtungen
gelesen werden, was der Künstler in neun
zweidimensionalen Fotoaufnahmen durch-
dekliniert. Wer sie betrachtet, kann dabei
leicht einem optischen Trick zum Opfer
fallen, da die Ausleuchtung den Anschein
erweckt, als handle es sich um drei ver-
schiedene geometrische Körper. Auch ist
schwer erkennbar, ob das zu sehende
Objekt physischer Natur ist oder mithilfe
eines Computers generiert wurde. Gleich-
zeitig ist die Serie auch aus fotohistorischer
Perspektive spannend. Der sowjetische
Pressa-Pavillon, eingerichtet von einem
Kollektiv von Künstlerinnen und Künstlern
unter Leitung El Lissitzkys, war eine Parade-
schau des sozialistischen Staats und seine
Ausstellungsarchitektur wurde später vom
NS-Regime als Vorlage der propagandisti-
schen Fotoschau »Kamera. Ausstellung für
Fotografie, Druck und Reproduktion«
(1933) adaptiert. 6 Die Verstrickung von
Ideologie und Fotografie, die sich in Adrian
Sauers Appropriation des Pressa-Sterns
andeutet, potenziert sich noch, wenn man
bedenkt, dass die »Kamera«-Ausstellung
zum Vorläuferformat der populären Kölner
Fotoindustriemesse »photokina« (1950–
2020) avancierte. 7 »Light and Dark Stars«
bildet damit nicht nur eine ausgeklügelte
Metapher für das politisch und religiös
aufgeladene Symbol des Sterns, sondern
entlarvt auch die einfache Manipulation
des Publikums durch die Fotografie, seine         Abb. 12:
von Bildern abgeleiteten, aber auch in sie       Light and Dark Stars, 2017,
                                                 Chromogener Abzug auf PE-Papier,
hineinprojizierten Vorstellungen. Kurz           Blatt: je 48,3 x 60,5 cm, Installationsansicht
gesagt: Fotografie ist Ansichtssache.

20   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                     Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   21
Eine Werkreihe, die die Betrachtenden           Diesen Gedanken reflektiert Adrian
ebenfalls zum genauen Hinsehen auffor-          Sauer erneut in drei Hörstücken –
dert, sind die romantisch anmutenden            1. »Fotografieren ist«, 2. »Ist die Fotografie
Himmelsaufnahmen »Form und Farbe«               noch beispiellos«, 3. »Demokratie und
(seit 2013) (Abb. 13–16). Auf den ersten        Fotografie« (alle 2019) –, die sich aus dem
Blick sind diese Wolkenbilder ein gewohn-       Off an die Zuhörerinnen und Zuhörer
tes, ja fast schon zu oft gesehenes Motiv       wenden. »Fotografie ist allgegenwärtig«,
aus dem kunst- und fotohistorischen             hört man da, und ihre Interpretation als:
Kanon, wie ihn Saskia Dams nachge-              »Kunst«, »Dokumentation«, »Wissen-
zeichnet hat.8 Nach längerer Betrachtung        schaft«, »Reklame«, »Mittel der Kommu-
fällt jedoch auf, dass es sich um vier Auf-     nikation«, »Nachrichtenmedium«, »Fake
nahmen derselben zwei Motive handelt.           News«, »Image«. Die Dauerbeschallung
Ein Teil der Paare wurde invertiert, das        gleicht dem endlosen Strom fotografischer
heißt, die Farbwerte wurden mithilfe von        Bilder, die uns im Alltag begegnen, ihn
Bildbearbeitungssoftware umgekehrt.             maßgeblich strukturieren oder als Hinter-
Wie weit solche Eingriffe ins Bild historisch   grundrauschen begleiten, ohne dass wir
zurückreichen, ist einem Publikum, das          diese Prozesse wirklich bewusst wahr-
mit Photoshop aufgewachsen ist, oft gar         nehmen. Auch die mannigfaltigen zeit-
nicht so bewusst: Bereits der französische      genössischen Erscheinungsformen des
Fotopionier Gustave Le Gray nutzte im           Fotografischen benennt der Künstler:
19. Jahrhundert Wolkenbilder, um seine          »Filter«, »Algorithmus«, »clouds«, »3D-
Landschaftsansichten zu inszenieren. Viele      und Computeranimation«, »Live Photos«.
seiner Aufnahmen sind sogenannte Kom-           Dass die von Adrian Sauer verfassten
positbilder aus zwei oder mehr Negativen.       Hörstücke an Kunstmanifeste oder sogar
Adrian Sauers »Form und Farbe« führt uns        politische Propagandaformeln erinnern,
damit eine grundlegende Eigenschaft             ist dabei kein Zufall. Als Quellen dienten
des Mediums vor Augen: Fotografische             László Moholy-Nagys Fotomanifest »Die
Bilder waren nie frei von Manipulationen,       beispiellose Fotografie« von 1927 und           Abb. 13–14:
                                                                                               01.05.2014 (a); (b), 2014
und durch die zunehmenden Möglich-              Lucia Moholys Fotohistoriografie »One           Chromogener Abzug auf PE-Papier,
keiten der digitalen Bildbearbeitung wird       Hundred Years of Photography. 1839–            Blatt: je 119 x 159 cm
dieser Aspekt nur noch verschärft – nicht       1939« von 1939,10 die Adrian Sauer aktua-
umsonst ist immer wieder die Rede von           lisiert und damit letztlich die fotohistori-
einem post-faktischen Zeitalter. 9 Es wird      sche und -theoretische Disziplin zu Selbi-
auch deutlich, dass das historische Nar-        gem auffordert. Verstärkt wird dies zudem
rativ, unter dem die Fotografie oftmals          dadurch, dass der Künstler eine Online-
schablonenhaft verhandelt wird – ihr            Suchmaschinen-Eingabe mit den Worten
scheinbarer Objektivitäts- und Universal-       »Fotografieren ist« als dritte, gleichwertige
anspruch – tatsächlich in ihrem jeweiligen      Quelle nutzt und die von unbekannten
Zeitkontext gelesen und konstant über-          Userinnen und Usern verfassten Aussagen
prüft werden muss.                              bejahend und verneinend durchdekliniert.

22   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                     Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   23
Abb. 15–16:
                                                20.09.2014 (a); (b), 2014
                                                Chromogener Abzug auf PE-Papier,
                                                Blatt: je 119 x 159 cm

                                                Dass Fotografie Ansichtssache ist, wird      ihre Blütezeit ab Mitte der 2000er Jahre,
                                                hier nicht mehr nur auf der Ebene der       als das erste iPhone 2007 auf den Markt
                                                Wahrnehmung und Interpretation von          ging und die Sozialen Medien ab 2004
                                                Bildinhalten verhandelt, sondern auch       mit der Gründung von Facebook boom-
                                                durch eine Hinterfragung der noch           ten. Das Verständnis von Foto grafie, aber
                                                immer diskursprägenden Rolle von Foto-      auch die Rolle der Fotografinnen und
                                                geschichtsschreibung und -theorie des       Fotografen haben sich damit in den letz-
                                                20. Jahrhunderts.                           ten zwanzig Jahren maßgeblich verscho-
                                                    Um diese kritische Note zu begreifen,   ben. Dies spiegelt sich in Adrian Sauers
                                                lohnt sich erneut ein Blick in Adrian       künstlerischer Praxis wider, die um
                                                Sauers Biografie: Die technischen Rah-       Fragen kreist wie: Was bedeutet der digi-
                                                menbedingungen der Fotografie haben          tale Wandel für unsere Wahrnehmung,
                                                sich während seines Fotografiestudiums       visuelle Kultur und das Verständnis von
                                                in der Klasse von Timm Rautert zwischen     Bildern? Wo verschwimmen die Grenzen
                                                1999 und 2005 grundlegend geändert:         von analogen und digitalen Bildmodalitä-
                                                Digitalkameras und damit einhergehend       ten? Wie kann die flüchtige, aus Zahlen-
                                                die seit den 1980er Jahren professionali-   codes bestehende Natur digitaler Bilder
                                                sierte digitale Bildbearbeitung erfuhren    materialisiert werden?

24   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   25
Abb. 17:                                        Abb. 18:
256 Graustufen, 2020                            256 Graustufen, 2020
Silbergelatine-Abzug auf Barytpapier,           Installationsansicht: Oldenburger Kunstverein,
Blatt: je 10 x 160 cm                           Oldenburg 2020, Foto: Adrian Sauer

26   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien
Insbesondere der letzte Aspekt wird in          Fotografie der 1970er Jahre.11 Gleichwohl
jenen Arbeiten des Künstlers deutlich, die      ließen sich hier aber auch Vergleiche zu
sich mit der Übersetzung und gleicherma-        zeitgenössischen medienreflexiven Arbei-
ßen Verkürzung des Farbspektrums in der         ten ziehen wie Kim Nuijens »Grey Spect-
digitalen Fotografie auseinandersetzen.          rum«, 2019, die die Technik der Graukarte
Eine seiner neueren Arbeiten – »256 Grau-       zur Kalibrierung von Belichtung reflektiert,
stufen«, 2020 (Abb. 17–18) – beschäftigt        Stephanie Syjucos »Dodge and Burn (Visi-
sich mit dem sogenannten Graustufen-            ble Storage)«, 2019, die fotografische Bild-
modus, den wir aus unserer alltäglichen         praktiken und -techniken als diskriminie-
Bildbearbeitung kennen. Das RGB-Farb-           rende Praxis entlarvt, oder Clare Strands
modell, auf dem unsere Bildschirme basie-       »The Discrete Channel with Noise«, 2019,
ren, setzt sich aus drei Farben (Kanälen)       die sich mit digitaler Farbkodierung und
zusammen: Rot, Grün und Blau. Um Grau-          den Fehlern von Datenübermittlung aus-
stufen zu erzielen, müssen alle Kanäle          einandersetzt.12 Bereits in »Light and Dark
denselben Wert aufweisen. Wenn Rot,             Stars«, die 3D-Renderings – also compu-
Grün und Blau den Wert 0 haben, ist die         tergenerierten Objekten – zum Verwech-                                 Abb. 19:
                                                                                                                       Urheber unbekannt
damit definierte Farbe ein reines Schwarz.       seln ähnlich sind, zeichnet sich ab, dass                              Graffi ti am Fundament des abgerissenen Palasts der Republik,
Wenn alle drei Farbanteile als Wert 255         Adrian Sauer sich neben diesen Farb-                                   Oktober 2008
definiert wurden, ergibt sich ein reines         normierungsprozessen mit der »Krise der
Weiß. Alle davon abweichenden Kombina-          Repräsentation« zunehmend algorithmi-
tionen – wie etwa 150, 150, 150 – erge-         sierter Bilder beschäftigt, die Katrina Sluis
ben einen anderen Grauton; daraus folgen        und David Rubinstein 2013 postulierten:
256 mögliche Graustufen in der digitalen        »Die Fotografie ist heute eine Art ›algo-
Bildverarbeitung. Adrian Sauer präsentiert      rithmisches Bild‹; diesen Terminus verwen-
dieses Spektrum als monumentale Raum-           den wir, um darauf hinzuweisen, dass das
installation über 256 Quadrate, die in          Bild wie ein Programm verstanden werden         Videospielen, virtuellen Architekturent-         das Mauern bilden kann, aber ebenso
einem Band auf einer Länge von stolzen          muss, als ein Prozess, der als eine, mit        würfen und 3D-Drucken kennen. Das                Fenster zerschlagen – ein Echo dessen,
25,6 Metern angeordnet sind. Indem sich         einer, in einer oder durch eine Software        mehrschichtige Digitalbild verdeutlicht          was war, wie dessen, was sein kann –,
der Künstler in die Minimalstruktur des         zum Ausdruck gebracht wird. Wenn die            dabei zwei Aspekte zeitgenössischer              was uns zurück zum Anfang dieses
Pixels begibt – also die kleinste Einheit       Fotografie zu einer digitalen Information        Bildpraktiken: erstens die einfache              Beitrags führt. Den Palast der Republik
digitaler Bilder, die man mit einem Korn        wird, wird sie nicht nur formbar und            Manipulierbarkeit fotografischer Bilder           gibt es mittler weile seit mehr als
des Analogfilms vergleichen kann – und           nicht-indexikalisch, sie wird rechnerisch       in Zeiten zunehmender Digitalisierung,           fünfzehn Jahren nicht mehr. Nachdem
diese großformatig in den Raum über-            und programmierbar.«13 Adrian Sauers            wie zuvor bei »Form und Farbe«, und              man festgestellt hatte, dass das Gebäude
führt, konfrontiert er die Betrachterinnen      Serie »Ziegel«, 2021 (Abb. 4–6) geht je-        zweitens, dass sich die Darstellungs-            mit Asbest verseucht war, wurde es
und Betrachter mit den Möglichkeiten und        doch noch einen Schritt weiter, indem di-       modalitäten computergenerierter Bilder,          letztlich abgerissen. »Die DDR hat‘s nie
Grenzen digitaler Bilder sowie einer damit      gitale Fotografien mithilfe von Photoshop        wie Lev Manovich bereits 1994 heraus-            gegeben«15, liest man auf einem Graffiti
einhergehenden Normierung. Kathrin              übermalt und letztlich eins zu eins rekons-     stellte, noch immer eines fotorealistischen      auf den alten Mauerresten, das auf
Schönegg und Florian Ebner rücken die           truiert werden. Der Effekt ist, dass jene       Vokabulars bedienen.14                           einem auf Wikipedia hochgeladenen
Arbeiten des Rautert-Schülers zu Recht          Bilder an perfektionierte 3D-Renderings             Der Ziegelstein als solcher ist auch         Amateurfoto von 2008 festgehalten
in die Tradition der medienanalytischen         erinnern, wie wir sie beispielsweise aus        metaphorisch zu begreifen, als etwas,            wurde (Abb. 19).

28   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                                          Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   29
Auf dem alten Platz thront inzwischen           * Aus der Soundinstallation »Demokratie und Fotografi e« von          12 Mona Schubert: »Wenn Bilder unsichtbar machen. Über
                                                Adrian Sauer                                                         Stephanie Syjucos Rauminstallation Dodge and Burn (2019)«.
eine 2020 vervollständigte Nachbildung                                                                               In: REPUBLIK. Online Magazine (24.10.2020), https://www.
                                                1 Ingo Neumayer: »Skaten«. In: planet wissen (19.06.2018),           republik.ch/2020/10/24/wenn-bilder-unsichtbar-machen
des Preußischen Berliner Stadtschlosses,        https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/sport/skaten/              (letzter Zugriff: 04.03.2021); Orianne Castel: »The Discrete
in dem das Humboldt-Forum unterge-              index.html (letzter Zugriff: 05.01.2021).                            Channel with Noise«. In: Art Critique (10.06.2019), https://
                                                                                                                     www.art-critique.com/en/2019/06/the-discrete-channel-with-
bracht ist – ein Zusammenschluss des            2 Katja Ilken: »Skaten in der DDR. Bretter, die die Welt bedeu-      noise/ (letzter Zugriff: 07.02.2021).
ehemaligen Ethnologischen Museums und           ten«. In: DER SPIEGEL (29.08.2011), https://www.spiegel.de/
                                                geschichte/skaten-in-der-ddr-a-947311.html (letzter Zugriff:         13 »The photograph is now a type of ›algorithmic image‹;
des Museums für Asiatische Kunst. Dass          28.12.2020).                                                         a term we use in order to indicate that the image has to be
                                                                                                                     considered as a kind of program, a process expressed as, with,
sich (Foto-)Geschichte nicht so einfach         3 Christian Rothenhagen: TRANSIT, Berlin Skateboarding               in or through software. When the photograph became digital
ausradieren lässt, davon zeugen Adrian          Retrospektive …89/90... (05.03.2013), S. 29–30, https://issuu.       information, it not only became malleable and non-indexical, it
                                                com/deerbln/docs/transit-zine (letzter Zugriff: 05.01.2021).         became computational and programmable.« (Daniel Rubinstein
Sauers Arbeiten, die nicht nur als Meta-                                                                             und Katrina Sluis: »The Digital Image in Photographic Culture:
                                                4 Künstlergespräch mit Adrian Sauer / DZ BANK Kunstsamm-             Algorithmic Photography and the Crisis of Representation«.
phern der kollektiven Erinnerung, sondern       lung / DIE ZAHL ALS CHIFFRE IN DER KUNST (26.06.2018),               In: Martin Lister (Hg.): The Photographic Image in Digital
auch als Metaphern des Wandels (post-)          https://www.youtube.com/watch?v=UI3-YSu0Q9A (00:18–                  Culture, London 2013, S. 22–40, hier S. 29).
                                                01:10; letzter Zugriff: 27.12.2020). Für diesen Hinweis danke
fotografischer Technologien und damit            ich herzlich Dr. Ulrich Pohlmann, Kurator für Fotografi e am          14 Lev Manovich: »Die Paradoxien der digitalen Fotografi e«.
verbundener Theorien gelesen werden             Stadtmuseum in München.                                              In: Fotografi e nach der Fotografi e (Kat. Ausst. Fotomuseum
                                                                                                                     Winterthur, Kunsthalle Krems, Städtische Galerie Erlangen,
können. Florian Ebner beschrieb die             5 Urheber unbekannt, Aufnahmejahr ca. 1928, Motiv:                   Brandenburgische Kunstsammlungen Cottbus, Museet for
                                                El Lissitzky: Pavillon der UdSSR auf der Pressa, Köln (The Pavili-   Fotokunst Odense, Finnish Museum of Photography Helsinki
Arbeiten des Künstlers 2009 treffender-         on of the Soviet Union, at the Pressa Exhibition, Cologne),          und Institute of Contemporary Art Philadelphia), Basel 1996,
weise als »Nachbilder«, als »Reminiszen-        1927–1928, https://www.fostinum.org/pressa-exhibition-in-            S. 58–66.
                                                cologne.html (letzter Zugriff: 26.02.2021).
zen«16 eines »vordigitalen« Zeitalters,                                                                              15 Urheber unbekannt, Graffi ti am Fundament des abgerisse-
was sich aus der Perspektive der 2020er         6 Ulrich Pohlmann: »El Lissitzkys Ausstellungsgestaltungen in        nen Palasts der Republik, Oktober 2008, https://de.wikipedia.
                                                Deutschland und ihr Einfl uß auf die faschistischen Propaganda-       org/wiki/Palast_der_Republik#/media/Datei:Palastruine.jpg
Jahre um Reminiszenzen des digitalen            schauen 1932–1937«. In: Margarita Tupitsyn (Hg.), El Lissitzky.      (letzter Zugriff: 26.02.2021).
                                                Jenseits der Abstraktion (Kat. Ausst. Sprengel Museum,
Zeitalters erweitern ließe. Man kann            Hannover und Fondacao de Serralves, Porto), München 1999,            16 Ebner: »Verifi kationen und Falsifi kationen«, S. 19.
nur gespannt sein, wie Adrian Sauer den         S. 52–65, hier S. 60 f.
                                                                                                                     17 Andreia Alves de Oliveira: »Post-Photography, or Are We
aktuellen fotografischen Wandel vom              7 Rolf Sachsse: »Propaganda für Industrie und Weltanschau-           past Photography?«. In: Ana Moutinho, Ana Teresa Vicente,
Digitalen zum Post-Digitalen,17 der sich        ung. Zur Verbindung von Bild und Technik in deutschen                Helena Ferreira, José Gomes Pinto und Judite Primo (Hg.),
                                                Photomessen«. In: NGBK (Hg.), Inszenierung der Macht.                Post-Screen. Intermittence + Interface, Lissabon 2016,
bereits in seiner »Block«-Serie abzeichnet,     Ästhetische Faszination im Faschismus, Berlin 1987,                  S. 68–75.
                                                S. 273–284, hier S. 274 f.
in seinen zukünftigen Arbeiten aufgreifen
wird.                                           8 Saskia Dams: »Welche Farbe hat der Himmel?«. In:
                                                Adrian Sauer. Spektren (Kat. Ausst. Museum im Kleihues-Bau,
                                                Kornwestheim), Altenried 2019, S. 19–20.
Mona Schubert,
                                                9 Vertiefend dazu: Ursina Lautenegger: SITUATION #89:
Kunsthistorikerin und freie Kuratorin,          The Real Truth about Facts. Bibliografi e und visuelle Recherche,
                                                https://www.fotomuseum.ch/de/explore/situations/31194
Köln und Graz, Österreich                       (letzter Zugriff: 07.02.2021).

                                                10 László Moholy-Nagy: »Die beispiellose Fotografi e«. In:
                                                Hans Windisch (Hg.), Das Deutsche Lichtbild. Jahresschau 1927,
                                                Berlin 1927, S. X–XI; Lucia Moholy: One Hundred Years of
                                                Photography. 1839–1939, Harmondsworth, Middlesex 1939.

                                                11 Kathrin Schönegg: »Spiegel ohne Gedächtnis«. In: Adrian
                                                Sauer. Spektren (Kat. Ausst. Museum im Kleihues-Bau, Korn-
                                                westheim), Altenried 2019, S. 23–24, hier S. 24; Florian Ebner:
                                                »Verifi kationen und Falsifi kationen. Adrian Sauers Fragmente
                                                zum digitalen Gebrauch der Fotografi e«. In: Adrian Sauer.
                                                16.777.216 Farben, Leipzig 2009, S. 19–28, hier S. 23.

30   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                               Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien              31
Ausstellungen (Auswahl)

                                                                                  2020   »Foto Arbeiten«, Oldenburger Kunstverein [e] [k]
                                                                                  2019   »Über die Sprachen der Fotografie – Eine Möglichkeit«,
                                                                                         Sanaa-Gebäude, Folkwang Universität der Künste, Essen [e]
                                                                                         »Spektren«, Museum im Kleihues-Bau, Kornwestheim [e] [k]
                                                                                         »Zentrum«, Kunststiftung K52, Berlin [e]
                                                                                  2018   »Die Zahl als Chiffre in der Kunst«, DZ BANK Kunstsammlung,
                                                                                         Frankfurt am Main [k]
                                                                                         »Adrian Sauer«, Photoforum Pasquart, Biel/Bienne, Schweiz [e]
                                                                                         »Generikum«, Klemm’s Berlin [e]
                                                                                  2017   »Farewell Photography – Biennale für aktuelle Fotografie«,
                                                                                         Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen/
                                                                                         S-Bahn-Station Ludwigshafen Mitte [k]
                   Porträt Adrian Sauer, Foto: Horst Dömötör
                                                                                         »Keys and Mirrors«, Galería Helga de Alvear, Madrid, Spanien [e]
                                                                                  2016   »Adrian Sauer«, Freunde aktueller Kunst Zwickau [e]
                   Adrian Sauer (* 1976, Berlin, DDR)
                                                                                         »Chip vs. Chemie«, DZ BANK Kunstsammlung, Frankfurt am Main [k]
                   lebt und arbeitet in Leipzig
                                                                                  2015   »Die Idee der Landschaft«, DZ Bank Kunstsammlung,
                                                                                         Frankfurt am Main
                   Ausbildung
                                                                                  2014   »Form und Farbe«, Klemm’s Berlin [e]
2005               Meisterschülerabschluss bei Timm Rautert                              »Looking at the Window«, Galería Helga de Alvear, Madrid, Spain [e]
1997–2003          Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig,                    2012   »Schwarze Quadrate«, Fondation entreprise d’Hermès, TH 13,
                                                                                         Bern, Schweiz [e]
                   Studium der Fotografie bei Timm Rautert
                                                                                         »A–Z«, Klemm’s Berlin [e]
                                                                                  2011   »From Here On«, Rencontres d’Arles, Frankreich [k]
                   Preise und Stipendien
                                                                                         »Bilder aus Berechnung«,
2017               Stiftungspreis Fotokunst der Alison und Peter Klein Stiftung          Museum für Photographie Braunschweig [e] [k]
2013               Casa-Baldi-Stipendium der Deutschen Akademie Rom               2010   »16.777.216 Farben«, Klemm’s Berlin [e] [k]
2007               Arbeitsstipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung                 2003   »raum_bild / Ortsbegehung 9«, Neuer Berliner Kunstverein, Berlin [k]
2004               Stipendium Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf,
                                                                                         e = Einzelausstellung
                   Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
                                                                                         k = Publikation

32   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                              Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   33
Vermittlungsangebote zur Ausstellung*                                                                  Workshops

Öffentliche Führungen*                                                                                 Ergänzend zu den Führungen werden spannende neue Workshops für Schulklassen
Donnerstags um 18 Uhr, an jedem letzten Freitag im Monat um 17.30 Uhr                                  angeboten. In ihnen können die Schülerinnen und Schüler das Gesehene und Gehörte
                                                                                                       durch eigene praktische Arbeit vertiefen. Führungen und Workshops stimmen wir gerne
Kuratorenführung*
                                                                                                       auf bestimmte Fächer und Unterrichtsinhalte ab.
Donnerstag, 08.07.2021, 18 Uhr; mit Dr. Christina Leber
                                                                                                       Dauer: 60 min/90 min/120 min (Führung + Workshop)
Buchpräsentation »Adrian Sauer. Foto Arbeiten«*
Donnerstag, 10.06.2021, 18 Uhr; Adrian Sauer im Gespräch mit Christin Müller,                          Workshop I (Primarstufe)
freie Kuratorin, Leipzig                                                                               Wolkenwelten
                                                                                                       Der Künstler Adrian Sauer zeigt uns ein Motiv, das schon viele Künstlerinnen und
Kinder-Kunsträtsel-Plus
                                                                                                       Künstler über die Jahrhunderte beschäftigt hat: Wolken. Wolken faszinieren die Men-
Mit unserem Kunsträtsel können Inhalte der Ausstellung auf spielerische Weise
                                                                                                       schen, sie regen zum Träumen an und beflügeln die Fantasie. In Wolkenbildern können
erforscht werden. Das Quiz beinhaltet einen praktischen Kreativteil, der mit Materialien
                                                                                                       wir ganze Welten entdecken und beim gemeinsamen Erkunden die Wahrnehmung
aus unserer »Art-Box« umgesetzt werden kann. Das Rätsel und die Box liegen im
                                                                                                       anderer Menschen kennenlernen. Wo der eine ein Schaf sieht, erkennt die andere einen
Ausstellungsraum für die Kinder bereit.
                                                                                                       Drachen oder eine Blume. Wir wollen uns während der Führung die Wolkenbilder von
Kunst für Kids*                                                                                        Adrian Sauer genauer anschauen. Was entdecken wir, wenn wir die Bilder vergleichen,
Neben den individuell buchbaren Workshops bieten wir an jedem letzten Freitag im                       welche Formen zeichnen sich für uns ab? Wir tauschen uns über das Gesehene aus und
Monat von 15.30 bis 17.30 Uhr »Kunst für Kids« an. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht.                gestalten im Anschluss eigene Wolkenwelten. Hierfür arbeiten wir mit verschiedenen
Die Teilnehmenden können alleine oder in Kleingruppen zu uns kommen und sich durch                     ausgedruckten Wolkenbildern von Künstlerinnen und Künstlern der Sammlung sowie
eigene künstlerische Praxis den Themen der Ausstellung annähern. Eltern sind ebenso                    unseren eigenen Kreationen und bringen sie in Form von Collagen zusammen.
willkommen.                                                                                            Anschließend beschäftigen wir uns mit der Vielfalt der Collagen, die wir gestaltet
                                                                                                       haben, und tauschen uns zu Anordnung, Farbe und Stimmung aus.
Fortbildung für Lehrkräfte*
Zu jeder Ausstellung in der Kunststiftung DZ BANK gibt es eine Fortbildung für
                                                                                                       Workshop II (Sek. I und Sek. II)
Lehrerinnen und Lehrer. Diese besteht aus einer einstündigen Führung sowie der
                                                                                                       Wie viel bunt steckt in der Farbe Schwarz?
Vorstellung der angebotenen Workshops. Das Vermittlungsprogramm wurde an das
                                                                                                       Wie entstehen verschiedene Farben wie Rosa, Grün oder Türkis in einem Computerbild
schulische Curriculum angepasst.
                                                                                                       (digitalen Bild)? Was passiert, wenn umgekehrt ein farbiges Bild mit einem Computer-
Nächster Termin: Freitag, 11.06.2021, 16.30 bis 18 Uhr
                                                                                                       programm in ein Schwarz-Weiß-Bild umwandelt wird? Ergeben sich dann viele ver-
Sonderführungen und Workshops auf Anfrage*                                                             schiedene Grautöne oder wird es ein Schwarz-Weiß-Bild ohne Nuancen? Adrian Sauer
Ab einer Gruppengröße von 6 Personen können Sie Führungen und Workshops                                hat sich mit Farbmischung und Farbdarstellung von digitalen Bildern beschäftigt.
auf Anfrage buchen. Dies gilt für Erwachsene wie für Kinder und Jugendliche ab der                     Das Ergebnis seiner Untersuchungen präsentiert er uns in seinem Kunstwerk »256 Grau-
Grundschule.                                                                                           stufen«, das wir uns im Workshop genauer anschauen möchten. Wir experimentieren
Dauer: 30 min/60 min/90 min/120 min                                                                    mit roten, grünen und blauen Lichtstrahlern und überprüfen, welche Farbtöne sich beim
                                                                                                       Mischen der Lichtstrahlen ergeben. Außerdem untersuchen wir Farben, wie wir sie
* Einschränkungen durch Corona-Vorsichtsmaßnahmen: Die Workshop-Angebote, die öffentlichen             aus dem Malkasten kennen. Wie entstehen die unterschiedlichen Töne, die man mit
Führungen sowie Führungen durch Kuratorinnen und Kuratoren können zurzeit nicht stattfinden.
Sobald dies wieder möglich ist, erhalten Sie weitere Informationen zu Ihrem Besuch und zur Anmeldung   dem Pinsel anrührt? Und wie ist das eigentlich mit der Nicht-Farbe Schwarz?
unter http//:kunststiftungdzbank.de (Stand: Mai 2021).                                                 Wir werden zu Detektivinnen und Detektiven der Farbe!

34   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                                                          Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   35
Workshop III (Sek. I und Sek. II; gymnasiale Oberstufe Q4.4, Q2.1, Q2.5)
Ein Foto ist (k)ein Objekt
Wie verändert sich die Wahrnehmung von dreidimensionalen Gegenständen, wenn
sie fotografisch festgehalten werden? Was wird aus den Dingen, wenn man sie zwei-
dimensional auf’s Papier bringt? Den Künstler Adrian Sauer interessieren genau diese
Funktionsweisen unserer Wahrnehmung. Er hat Objekte wie zum Beispiel einen Stern
anfertigen lassen und zeigt uns in einem gerahmten Bild neun abfotografierte Versionen
des Sterns. Sind die Sterne wirklich alle gleich oder sind es doch unterschiedliche
Formen? Zudem präsentiert uns der Künstler dreidimensionale Objekte im Raum,
sowohl auf dem Boden als auch an der Wand montiert. Was macht das mit unserem
Erleben von Körpern? Wir betrachten diese Arbeiten genauer und beobachten, aus
welcher Perspektive sich die Wahrnehmung der Formen verändert. Im Workshop
gestalten wir anschließend eigene Objekte, die zwei- oder dreidimensional erfahrbar
sind, und arbeiten die Grenzen der fotografischen Darstellungsmöglichkeiten heraus.

Workshop IV (gymnasiale Oberstufe Q2.1, Q4.3, Q4.4)
Fotografieren ist …
Das Werk Adrian Sauers umfasst auch drei Soundinstallationen, die inhaltlich um das
Thema Fotografieren kreisen. In der Führung hören wir genau hin und besprechen die       Dark Star, Light Shadow, Third Point of View, 2017,
Bilder, die im Kopf beim Zuhören entstehen. Wir diskutieren die Aussagen, die die       aus der Serie: Light and Dark Stars
Stimmen formulieren, und beschäftigen uns mit den Fragen danach, was Fotografie          Chromogener Abzug auf PE-Papier,
                                                                                        Blatt: 48,3 x 60,5 cm
heute alles sein kann, in welchen Formen sie uns im Alltag begegnet und was sie
für unser Leben und unsere Kommunikation bedeutet. Anschließend versuchen wir
uns selbst im Workshop als Autorinnen und Autoren und bearbeiten die Fragen und
Aussagen, die wir gehört haben, in eigenen Texten. Am Ende diskutieren wir die
Ergebnisse und gewinnen auf diese Weise neue Ideen und Eindrücke davon, wie wir
miteinander kommunizieren und welche Bedeutung fotografische Abbildungen in
unserem Leben haben.

Der Eintritt, die Führungen sowie die Workshops sind kostenfrei. Eine Anmeldung ist
erforderlich.

36   Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien                                                                            Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien   37
Kunststiftung DZ BANK                                                             Impressum

Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung
»Adrian Sauer. Identitäten und Ideologien«
27.05.2021 – 11.09.2021

Kuratorin der Ausstellung                     Kunstpädagogik                      Herausgeberin                                            DZ BANK Kunststiftung gGmbH
Dr. Christina Leber                           Juliane Kutter                      Dr. Christina Leber                                      Platz der Republik
                                              Janina Vitale                                                                                60325 Frankfurt am Main
Kuratorin Kunststiftung DZ BANK                                                   Konzeption und Redaktion
                                              Claire Zimmermann                                                                            Korrespondenzanschrift
Janina Vitale                                                                     Janina Vitale
                                                                                                                                           Platz der Republik
                                              Buchungen von Führungen             Bildredaktion
Kurator, Registrar, Webadministrator                                                                                                       60325 Frankfurt am Main
                                              und Workshops                       Jana Zimmermann
Dietmar Mezler
                                              Claire Zimmermann
                                                                                  Texte                                                    Telefon +49 69 7447 42030
Digitales Sammlungsmanagement
                                              Kunstvermittlung                    Dr. Christina Leber                                      info@kunststiftungdzbank.de
Jana Zimmermann
                                              Berby Krägefsky                     Adrian Sauer                                             http//:kunststiftungdzbank.de
                                              Juliane Kutter                      Mona Schubert
                                              Robert Mondani                      Janina Vitale                                            Vertretungsberechtigte
                                              Sonja Palade                                                                                 Geschäftsführerinnen:
                                              Katja Schöwel                       Lektorat                                                 Dr. Christina Leber
                                              Claire Zimmermann                   Dr. Cathrin Nielsen                                      Dr. Kirsten Siersleben
                                              Fabian Zimpel                       Grafische Gestaltung                                      Gesellschafterin:
                                                                                  GABC GmbH                                                DZ BANK AG
                                              Lesesaal, Archiv
                                              Fabian Zimpel                       Burkardt | Hotz
                                                                                  Büro für Gestaltung GbR
                                              Konservatorische Betreuung
                                              Dierk Gessner                       Produktion und Druck
                                                                                  KOMMINFORM GmbH & Co.KG
                                              Ausstellungsaufbau
                                                                                  ColorDruck Solutions GmbH
                                              Dierk Gessner
                                              Kurt Hofmann                        Die Online-Version dieser Publikation
                                                                                  ist frei verfügbar und kann unter
                                              Ausleuchtung                        https://kunststiftungdzbank.de
                                              Stephan Zimmermann Lightsolutions   abgerufen werden
                                              Transporte                          Printed in Germany
                                              hasenkamp Internationale            Printausgabe:
                                              Transporte GmbH                     ISSN 2748-3681
                                                                                  ISBN 978-3-9823290-0-0
                                                                                  Urheberrechtshinweis:
                                                                                  Alle Inhalte in dieser Publikation sind, soweit nicht anders gekennzeichnet, urheberrechtlich geschützt.
                                                                                  Die Rechte an den Texten liegen bei den jeweiligen Verfasserinnen und Verfassern,
                                                                                  die Rechte an den Abbildungen bei Adrian Sauer.
DZ BANK Kunststiftung gGmbH         Öffnungszeiten
Platz der Republik                  Di. bis Sa. 11 – 19 Uhr
60325 Frankfurt am Main             Eintritt frei

Eingang: Cityhaus I                 Öffentliche Führungen
Friedrich-Ebert-Anlage              Jeden Donnerstag um 18 Uhr
                                    sowie an jedem letzten Freitag
Nahverkehrshaltestelle:             im Monat um 17.30 Uhr.
»Platz der Republik«                Die Teilnahme ist kostenfrei,
Öffentliches Parkhaus:              eine Anmeldung ist erforderlich.
»Westend«
                                    Buchungsanfragen für Führungen
Telefon +49 69 7447 42030           und Workshops richten Sie bitte an:
info@kunststiftungdzbank.de         kunstvermittlung@kunststiftungdzbank.de
https://kunststiftungdzbank.de
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                                                      ISBN 978-3-9823290-0-0
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