Aktuelles: Migräne Brössner G - www.kup.at/ - Krause und Pachernegg
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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Aktuelles: Migräne Homepage: Brössner G www.kup.at/ Journal für Neurologie JNeurolNeurochirPsychiatr Neurochirurgie und Psychiatrie Online-Datenbank mit Autoren- 2017; 18 (3), 116-117 und Stichwortsuche Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Mozar tgasse 10 Preis : EUR 10,–
Seggauer Fortbildungstage 2018 Entzündlicher Formenkreis, Therapieansätze und Pathophysiologie. Individualisierte Arzneimitteltherapie 13. bis 14. Oktober 2018 in Schloss Seggau bei Leibnitz zum Programm
For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. Aktuelles: Migräne G. Brössner Charakteristika der Tabelle 1: Diagnosekriterien: Migräne ohne Aura, adaptiert nach ICHD-3 beta Migräne (mod. nach [1]) Migräne ist eine der häufigsten neurolo- a) Mindestens fünf Attacken, die die Kriterien b)–d) erfüllen gischen Erkrankungen mit einer durch- b) Kopfschmerzdauer unbehandelt: 4 bis 72 Stunden (bei Kindern 2 bis 72 Stunden) c) Mindestens zwei der folgenden Kriterien: schnittlichen Prävalenz von 16 % für 1) Schmerzlokalisation einseitig Frauen und 8 % für Männer. Sie ist ge- 2) Schmerzqualität pochend/pulsierend kennzeichnet durch einen attackenar- 3) Schmerzintensität mäßig bis stark tig auftretenden starken, zumeist unila- 4) Leichte oder mäßige körperliche Aktivität verstärkt die Schmerzen oder wird teralen, klopfenden oder pulsierenden vermieden. Kopfschmerz, der unbehandelt für 4–72 d) Mindestens eines der folgenden Kriterien: 1) Übelkeit und/oder Erbrechen Stunden anhält [1]. Meistens bestehen 2) Photo- und Phonophobie während der Attacke eine Licht- und e) Durch keine andere ICHD-3-Diagnose besser begründet. Lärmempfindlichkeit sowie Rückzugs- bedürfnis und bei körperlicher Anstren- gung verschlimmert sich der Schmerz. Tabelle 2: Diagnosekriterien: Migräne mit typischer Aura, adaptiert nach ICHD-3 Viele Patienten beklagen zusätzlich beta (mod. nach [1]) Übelkeit und Erbrechen (siehe Tabel- le 1). a) Mindestens zwei Attacken, die die Kriterien b)–d) erfüllen b) Aura bestehend aus visuellen, sensiblen, sensorischen, Sprachsymptomen, motorischen, Hirnstamm- oder retinalen Symptomen Grundsätzlich unterscheidet man 2 Ar- c) Mindestens zwei der folgenden Punkte sind erfüllt: ten von Migräne, jene ohne bzw. mit 1) ≥ 1 Symptom entwickelt sich graduell über ≥ fünf Minuten oder ≥ zwei Symptome Aura. Neurophysiologisches Korrelat treten aufeinanderfolgend auf einer Migräneaura ist sehr wahrschein- 2) Jedes Symptom hält fünf bis 60 Minuten an. lich eine über den Kortex wandernde 3) ≥ 1 Symptom ist einseitig. 4) Die Aura ist begleitet oder innerhalb von 60 Minuten gefolgt von Kopfschmerzen. Depolarisationswelle (sogenannte „cor- d) Durch keine andere ICHD-3 Diagnose besser begründet und TIA ausgeschlossen. tical spreading depression“; CSD). Als Aurasymptomatik wird ein fokal neu- rologisches Defizit bezeichnet, das dem Kopfschmerz meist voraus geht und sich Anhand der Häufigkeit der Kopf- –– progressive Muskelrelaxation nach typischer Weise graduell ausbreitet (sie- schmerztage im Monat kann die epi- Jacobson (PMR) und he auch Tabelle 2). Die Aurasymptoma- sodische (< 15 Kopfschmerztage/Mo- –– Biofeedback-Training. tik ist vollständig reversibel und besteht nat) von der chronischen Migräne (> 15 häufig aus visueller (Flimmerskotome, Kopfschmerztage/Monat) unterschie- Attackentherapie Fortifikationsspektren), sensibler (Krib- den werden [1]. Letztere wird meist belparästhesien), apathischer und selten von einem Analgetika-Abusus beglei- Die medikamentöse Therapie akuter auch motorischer Symptomatik, die sich tet. Migräneattacken orientiert sich an der in der Regel innerhalb von 60 Minuten Schwere und Länge der Attacken, an wieder zurückbildet. Die Therapie der Migräne basiert auf: der Ausprägung der Begleitsymptome (1) Lifestyle-Modifikation, (2) Atta- (insb. Erbrechen) sowie an der Häufig- Die Pathophysiologie der Migräne ist ckentherapie und (3) medikamentöser keit. Grundsätzlich gilt, dass Medika- nicht vollständig geklärt, neueste bild- Prophylaxe. mente umso besser wirken, je früher zu gebende Untersuchungen unterstreichen Beginn der Migräneattacke sie einge- aber die neurobiologische Grundlage Lifestyle-Modifikation nommen werden. dieser Erkrankung [2, 3]. Das zurzeit gängigste Konzept ist jenes der neuro- Ein umfassender Ansatz beinhaltet ne- Erster Behandlungsschritt bei mittel- genen Inflammation. Durch eine zentra- ben der Optimierung der Pharmakothe- schweren Attacken sind Analgetika le Aktivierung (vor allem im Hirnstamm rapie immer nicht medikamentöse Ver- oder nicht steroidale Antirheumatika und Hypothalamus) kommt es zur Frei- fahren wie: (NSAR). Schwere Migräneattacken und setzung von inflammatorischen Media- –– regelmäßiger (angepasster) Ausdau- solche, die auf Analgetika oder NSAR toren wie „Calcitonin Gene Related“- ersport mindestens 3 × pro Woche nur unzureichend ansprechen (der Pa- Peptiden (CGRP) und sekundär zu einer für 1 Stunde, tient sollte 2 Stunden nach Einnahme neurogenen Entzündung. Dadurch wer- –– ausgeglichene Ernährung mit regel- von NSAR deutlich schmerzgelindert/ den meningeale Nozizeptoren aktiviert, mäßigen Mahlzeiten (Cave: Hunger schmerzfrei sein), werden mit Triptanen sensibilisiert und letztlich die Kopf- ist ein potenter Trigger für Migräne- behandelt. Die Triptane sind seit An- schmerzen ausgelöst [2]. attacken), fang der 1990er Jahre zugelassen und 116 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2017; 18 (3)
Aktuelles stellen als Serotonin-Agonisten (5-HT –– Kalzium-Kanal-Blocker (Flunarizin) phylaktika nicht vertragen oder bei de- 1B/1D) eine spezifische Behandlungs- –– Antidepressiva (Amitriptylin) nen sie unwirksam sind, die neue Stoff- methode dar. Sie unterscheiden sich im gruppe der monoklonalen Antikörper Wesentlichen anhand der Darreichungs- Die Wirksamkeit aller dieser Medika- gegen CGRP oder CGRP-Rezeptoren form und der Halbwertszeit. Es gibt mente ist durch randomisierte kontrol- zur Verfügung stehen. sieben Triptane (alphabetisch): Almo- lierte Studien gut belegt, allerdings ist triptan, Eletriptan, Frovatriptan, Nara- deren Einsatz häufig durch das Auf- Literatur: triptan, Rizatriptan, Sumatriptan und treten von Nebenwirkungen (z. B. Ge- 1. IHS, H. C. C. O. T. I. H. S. The International Classification of Entgeltliche Einschaltung/ Mit freundlicher Unterstützung von Novartis Pharma GmbH Headache Disorders, 3rd edition (beta version). Cephalalgia Zolmitriptan. Unter Umständen müssen wichtszunahme, Hypotonie, kognitive 2013; 33: 629–808. einige Triptane beim Patienten auspro- Einschränkungen...) limitiert und führt 2. Gaul C, Meßlinger K, Holle-Lee D, Neeb L. [Pathophysiology biert werden, bis eine zufriedenstellen- zum Teil zu erschreckend niedrigen of Headaches]. Deutsche Medizinische Wochenschrift 2017; 142: 402–8. de Einstellung gefunden werden kann. Compliance-Raten von < 30 % [5]. 3. Schulte LH, May A. The migraine generator revisited: con Meist werden Triptane gut vertragen, tinuous scanning of the migraine cycle over 30 days and three die wichtigsten Kontraindikationen sind Zukünftige spontaneous attacks. Brain 2016; 139: 1987–93. kardio- oder zerebrovaskuläre Erkran- 4. Fischer M, Frank F, Wille G, Klien S, et al. Triptans for acute Entwicklungen migraine headache: current experience with triptan use and kungen. In einer rezenten Arbeit konnte prescription habits in a tertiary care headache outpatient gezeigt werden, dass Triptane aber im- „Calcitonin Gene Related Peptide“ clinic: an observational study. Headache 2016; http://doi. org/10.1111/head.12820 mer noch recht zögerlich verschrieben (CGRP) ist ein Neuropeptid, das wäh- 5. Hepp Z, Dodick DW, Varon SF, Gillard P, et al. Adherence to werden [4]. rend der Migräneattacke freigesetzt oral migraine-preventive medications among patients with wird und dessen Funktion unter ande- chronic migraine. Cephalalgia 2015; 35: 478–88. Datum der Erstellung: 07/2017, AT1707673450 rem substanziell in der Pathophysio- 6. Diener H-C. CGRP as a new target in prevention and treat- Medikamentöse ment of migraine. Lancet Neurology 2014; 13: 1065–7. logie der Migräne verankert scheint Prophylaxe 7. Mitsikostas DD, Rapoport AM. New players in the preven- [6]. Mittels rezent entwickelten huma- tive treatment of migraine. BMC Medicine 2015; 13: 279. Als Faustregel gilt, dass eine medika- nen monoklonalen Antikörpern kann mentöse Prophylaxe ab etwa 3 Atta- nun entweder direkt der CGRP-Rezep- cken / Monat begonnen werden sollte. tor oder das Peptid selbst blockiert wer- Korrespondenzadresse: Ziel ist es die Häufigkeit zu halbieren. den. Erste Ergebnisse von Phase-2- und Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. G. Brössner Es stehen hierzu 4 Medikamentengrup- -3-Studien zeigen bei überzeugender Präsident der Österreichischen pen zur Verfügung: Verträglichkeit signifikant überlegene Kopfschmerzgesellschaft (ÖKSG) –– Antiepileptika (Toprimat, Valproin- Wirksamkeit gegenüber Placebo in der Univ. Klinik für Neurologie, säure) Reduktion der Migräneanfälle [7]. In Medizinische Universität Innsbruck –– Beta-Blocker (Bisoprolol, Metopro- Zukunft könnte zum Beispiel für Patien- A-6020 Innsbruck, Anichstraße 35 lol, Propranolol) ten, welche die gängigen Migränepro- E-mail: gregor.broessner@i-med.ac.at J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2017; 18 (3) 117
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