Akzeptanz für LSBTI* weiter gestalten - Ergebnisse des zweiten Regenbogen-Parlaments in Köln am 22.09.2018 - Vielfalt Mediathek
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Akzeptanz für LSBTI* weiter gestalten Ergebnisse des zweiten Regenbogen- Parlaments in Köln am 22.09.2018 I N DI ES EM HEFT Grußworte zur Eröffnung Fachforum 3: Regenbogen- S. 16 S. 3 des Regenbogenparlaments kompetenz in Rundfunk- und Medienräten Fachforum 4: Regenbogen- S. 19 Keynote: Rechtspopulistische S. 5 kompetenz in der internationalen Agitation gegen LSBTI* Menschenrechtsarbeit Fachforum 1: Regenbogen- Fachforum 5: Out im Office S. 21 S. 7 – Regenbogenkompetenz in der kompetenz in Pflege und Alter Arbeitswelt Fachforum 2: Regenbogen- Podiumsdiskussion: Queer School S. 23 kompetenz in Kirchen und S. 10 – Regenbogenkompetenz in Religionsgemeinschaften Schule und Unterricht
Seite 2 Vo r wo rt Vorwort: Dokumentation des Regenbogenparlaments Diese Broschüre dokumentiert die Ergebnisse des zweiten bundesweiten Regenbogenparlaments „Akzeptanz für LSBTI* weiter gestalten“ am 22. September 2018 in Köln. Im Rahmen dieses bundesweit einmaligen Forums wird dem intensiven fachlichen Austausch zum Thema „Regenbogenkompetenz“1 in wichtigen Gesellschafts- und Politikbereichen Raum gegeben. Gleichzeitig will dieses Format Impulsgeber sein, um neue Allianzen und Bünd- nisse zwischen LSBTI*-Vereinen und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen anzustoßen (zum Beispiel mit Gewerkschaften und Unternehmen, Medien, Wissenschaft, Kultur und Sport, Religions- und Weltanschauungs- gemeinschaften, migrantischen und antirassistischen Initiativen sowie mit Fachkräften aus der Bildungs-, Familien- und Jugendarbeit). Das Regenbogenparlament ist Teil des Das LSVD-Projekt „Miteinander stär- Das Regenbogenparlament in Köln LSVD-Projekts „Miteinander stärken. ken. Rechtspopulismus entgegenwir- war eine Veranstaltung des Lesben- Rechtspopulismus entgegenwirken“. Der ken“ fördert die Akzeptanz von Les- und Schwulenverbandes (LSVD) in Ko- Familien- und Sozialverein des LSVD ben, Schwulen, bisexuellen, trans* und operation mit der Stadt Köln, Amt für als Projektträger wird gefördert in der intergeschlechtliche Menschen (LSBTI*). Weiterbildung – Volkshochschule / Strukturentwicklung zum bundeszentra- Die Stärkung von LSBTI*, ihren Verbün- Bereich Politische Bildung. Die Veran- len Träger im Themen- und Strukturfeld deten und Fachkräften steht dabei staltung wurde unterstützt von: Arbei- „Akzeptanzförderung und Empower- ebenso im Vordergrund wie die Ent- ter-Samariter-Bund (ASB) Nordrhein- ment für lesbische, schwule, bi- und wicklung nachhaltiger Strategien und Westfalen, Heinrich Böll Stiftung Tunis, intersexuelle bzw. -geschlechtliche der Aufbau zivilgesellschaftlicher Alli- a & o Hostels (Köln), Restaurant Consi- Menschen und ihre Angehörigen” vom anzen gegen Homosexuellen- und lium (Köln). Moderiert wurde das Bundesministerium für Familie, Senio- Trans*Feindlichkeit, Rassismus, Antise- Regenbogenparlament von Berena ren, Frauen und Jugend im Rahmen des mitismus, sowie gegen jede weitere Yogarajah, Referent*in des Autono- Bundesprogramms „Demokratie le- Form gruppenbezogener Menschen- men Frauen*Lesben*Referats der Uni ben!“. feindlichkeit. Köln. „Das Regenbogen-Parlament ist neben zahlreichen anderen Projekten, welche der LSVD mit Erfolg und Anerkennung Homaira Mansury © LSVD/Caro Kadatz durchführt, in meinen Augen großartig. Die Menschen, die sich im FORUM Volkshochschule immer wieder versammeln, um sich politisch für Grundrechte und die Gleichstellung aller Men- schen in jeder Hinsicht und ohne falsche Kompromisse einzuset- zen, wollen wir als öffentliche Bildungseinrichtung weiterhin tatkräftig unterstützen. Als Leiterin der Politischen Bildung bei der VHS Köln freue ich mich, in einigen Projekten Teil dessen sein zu können. Die Vernetzung von Bildung und NGO-Arbeit ist so wichtig, denn gemeinsam können wir jedes Mal ein biss- chen mehr bewegen – und damit auch die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit. Denn LSBTI*-Themen sind keine Nischenthemen. Sie gehen die ganze Gesellschaft an.“ – Homaira Mansury 1 Regenbogenkompetenz meint die Fähigkeit von Fachkräften, mit den Themen der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität professionell und möglichst diskriminierungsfrei umzugehen.
Grußworte zur Eröffnung | Dennis Fischer Seite 3 Auszug aus dem ersten Grußwort Dennis Fischer, Vorstand des Lesben- und Schwulenverbands in Nordrhein-Westfalen (LSVD NRW) Dennis Fischer © LSVD/Caro Kadatz „Natürlich wird es auch weiterhin CSD‘s geben und das ist auch nötig, nicht nur weil wir seit ei- nem Jahr in unserem Parlament nun eine politi- sche Kraft haben, die uns unsere Rechte wieder nehmen will.“ – Dennis Fischer Liebes Regenbogenparlament, Gleichstellung im Recht ist auch nicht en bestellt ist. Auf Letzteres freue ich alles, zumal da auch noch nicht alles mich als gelernter Journalist beson- als ich zum ersten Mal den Begriff erreicht ist, man denke nur an die Um- ders. Ich bin gespannt auf die Vorträ- „Regenbogenparlament“ hörte, wusste setzung dessen, was das Bundesverfas- ge und Debatten, denn das Recht auf ich zunächst nicht genau, was sich hin- sungsgericht zum dritten Geschlechts- ein angstfreies und offenes Leben muss ter diesem Begriff verbirgt. Aber ich eintrag der Regierung als Arbeitsauf- in allen Lebensphasen Wirklichkeit finde ihn sehr schön und gelungen, trag mitgegeben hat. werden. denn er bündelt doch Vieles, was ge- rade in diesen Tagen so wichtig Foto © LSVD/Caro Kadatz scheint: Respekt vor unterschiedlichen Lebensweisen, sich friedvoll und ohne Vorurteile auszutauschen, auch Meinun- gen, die nicht immer dem Gegenüber gefallen müssen, aber in dem Bewusst- sein, dies im richtigen Ton zu tun, denn das verlangt eine starke Demokratie, die sich unterscheidet von Schreihälsen und Populist*innen. Vor gut einem Jahr trat die Eheöffnung in Kraft. Was durften wir uns da anhö- ren, natürlich wieder aus bestimmten Kreisen, nun seien zum Beispiel keine Christopher Street Days mehr nötig. Und wie war dieser Sommer? Nicht nur heiß, nein, hier in Köln wurden die Be- sucher*innenzahlen deutlich gesteigert Was mir und auch dem neuen Vor- Wir können stolz darauf sein, und es gab auch deutlich mehr Grup- stand in NRW wichtig ist, wie wir Ho- was wir erreicht haben. Und ich per- pen, die an der Demo teilnahmen. In mosexuellen- und Trans*Feindlichkeit sönlich bin nicht bereit, über jedes anderen Städten ein ähnliches Bild. im Alltag besser bekämpfen. Denn das Stöckchen zu springen, das man uns Natürlich wird es auch weiter CSD‘s Gesetz ist das eine, aber viel Zeit ver- hinhält. Ich wünsche uns einen bunten geben und das ist auch nötig, nicht nur bringen wir auch auf der Arbeit. Aber und interessanten Tag! weil wir seit einem Jahr in unserem nicht nur dort. Und dafür ist das Re- Dennis Fischer Parlament nun eine politische Kraft genbogenparlament eine gute Bühne. Vorstand LSVD NRW haben, die uns unsere Rechte wieder Dabei diskutieren wir heute etwa, wie nehmen will. Wobei ich betonen will, es mit der Regenbogenkompetenz in dass es im Bundestag nicht erst jetzt der Altenpflege, in der Bildung, in den (Es gilt das gesprochene Wort) schwierig geworden ist. Und die Religionsgemeinschaften, in den Medi-
Seite 4 Grußworte zur Eröffnung | Elfi Scho-Antwerpes Auszug aus dem zweiten Grußwort Elfi Scho-Antwerpes, Bürgermeisterin der Stadt Köln Elfi Scho-Antwerpes © LSVD/Caro Kadatz „Die Kompetenz, mit Themen der sexuellen Orien- tierung und geschlechtlichen Identität professionell und diskriminierungsfrei umzugehen, ist ein großes Anliegen und muss sich auch in allen Regelleistun- gen wiederfinden.“ – Elfi Scho-Antwerpes Es freut mich außerordentlich, dass das ralen und demokratischen Gesellschaft. wenn in den Partnerländern LSBTI* zweite bundesweite Regenbogenpar- Werte, deren Selbstverständnis es zu verfolgt, inhaftiert oder gar gefoltert lament in Köln stattfindet. Als Bürger- bewahren gilt. Das erste Regenbogen- werden? meisterin von Köln bin ich nicht nur stolz parlament in Berlin Anfang dieses Jah- Welche Möglichkeiten bieten die Lan- darauf, dass viele Lesben, Schwule, res hat ein besonderes Augenmerk auf desaktionspläne und was können zum Bisexuelle, trans* und intergeschlechtli- die Vermittlung und Etablierung von Beispiel die Gewerkschaften tun, damit che Menschen hier leben oder Köln sogenannten „Regenbogenkompeten- Menschen über ihre sexuelle und ge- besuchen, um hier eine weltoffene At- zen“ gesetzt. Die Kompetenz, mit The- schlechtliche Identität am Arbeitsplatz mosphäre der Akzeptanz zu genießen. men der sexuellen Orientierung und sprechen können? Ich bin ebenso stolz darauf, dass Köln geschlechtlichen Identität professionell eine engagierte LSBTI*-Community hat, und diskriminierungsfrei umzugehen, ist Und – und hier geht auch die VHS Köln dass die Bundesgeschäftsstelle des ein großes Anliegen und muss sich auch mit positivem Beispiel voran –: Wie LSVD und die Geschäftsstelle des in allen Regelleistungen wiederfinden. kann es gelingen, dass Schulen und NRW-Landesverbandes ihren Sitz in Bildungseinrichtungen Orte des Res- Heute geht es um weitere Schwerpunk- Köln haben und dass Köln auch Ta- pekts und der Vielfalt werden? te: Über die Vereinbarkeit von Religio- gungsort für bundesweite Veranstal- Es gibt noch viel zu tun. Ich wünsche sität und Akzeptanz unterschiedlicher tungen wie diese ist: eine Veranstal- Ihnen einen intensiven Austausch, eine Lebensweisen und Identitäten wird oft tung, bei der Menschen aus ganz gelungene Tagung und ein schönes gestritten. Es gibt in allen Gemein- Deutschland zusammenkommen, um sich Wochenende in Köln! schaften fortschrittliche Kräfte. Welche für die entsprechenden Rechte einzu- Beispiele guter Lehre und Praxis gibt Elfi Scho-Antwerpes setzen. Und das am richtigen Ort: hier es hierzu? Bürgermeisterin der Stadt Köln im FORUM Volkshochschule, einem Ort der Begegnung, geprägt von Diversi- In Berlin wurde über die „Lebenswelten tät, Einsatz für Menschenrechte, von von LSBTI* in Medien - Wunsch und konstruktivem Austausch und respekt- Wirklichkeit“ diskutiert. Heute fragen (Es gilt das gesprochene Wort) voller Diskussion auf Augenhöhe. wir, was sich bisher durch die LSBTI*- Interessenvertretung in einigen Rund- Das LSVD-Projekt „Miteinander stär- funk- und Medienräten verbessert hat ken“ ruft dazu auf, sich aktiv rechtspo- und welche Herausforderungen noch pulistischen Parolen entgegen zu stel- bestehen. len. Eine Tradition, die es in Köln seit langem gibt. LSBTI*, sexuelle, ge- Wie sollten sich Kommunen und Orga- schlechtliche und auch familiäre Viel- nisationen im Rahmen ihrer internatio- falt gehören zu unserer offenen, libe- nalen Menschenrechtsarbeit verhalten,
Keynote | Hans-Peter Killguss und Carolin Hesidenz Seite 5 Keynote: „Rechtspopulistische Agitation gegen LSBTI*“ Vortrag von Hans-Peter Killguss und Carolin Hesidenz, Informations - und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln Hans-Peter Killguss © LSVD/Caro Kadatz „Die autoritären Vorstellungen des Rechtspopulismus zeigen sich in einer repressiven Law-and-Order-Politik. Rechtspopulismus bedeutet auch eine spezifische Form der emotionalisierten und polarisierten Kommunikation.“ – Hans-Peter Killguss & Carolin Hesidenz Carolin Hesidenz und Hans-Peter Kill- ge zum Rechtskonservatismus und zum Carolin Hesidenz und Hans-Peter Kill- guss beleuchteten in ihrem Einführungs- Rechtsextremismus fließend sind, stell- guss zeigten die rechtspopulistische vortrag die rechtspopulistische Agitati- ten die Referierenden die Frage, wel- Agitation gegen LSBTI* anhand von on gegen LSBTI* am Beispiel verschie- che Begriffe zur inhaltlichen Auseinan- neonazistischen Organisationen, par- dener Erscheinungsformen und stellten dersetzung zielführend seien. teipolitischen Strömungen, der „Identi- einige Gedanken zu Gegenstrategien tären Bewegung“ und öffentlich sicht- Von rechter Seite wird immer wieder im Sinne der Akzeptanzförderung an. baren Kundgebungen wie beispiels- das Thema „Migration“ als Dreh- und Angelpunkt gesellschaftspolitischer weise der „Demo für alle“ auf. Dabei Ausgehend von der Feststellung, dass Debatten aufgegriffen. In diesem Sin- gebe es Schnittmengen zum Beispiel in bestimmte Rollenbilder und Homosexu- ne wird die Einteilung von „Wir“ („Wir der Ablehnung der „Ehe für alle“ oder ellen- und Trans*feindlichkeit auch Einheimische“) und „Die“ („Die Frem- auch von Gender Mainstreaming, was historisch in der Ideologie der den“) gesetzt. Carolin Hesidenz und von den verschiedenen rechten Spek- (extremen) Rechten zu verorten sind, Hans-Peter Killguss rieten dazu, diese tren als Angriff auf vermeintlich natür- widmeten sich Carolin Hesidenz und binären Denkmuster nicht unbewusst zu lich vorgegebene Geschlechterrollen Hans-Peter Killguss zunächst der Fra- übernehmen und auch die eigene interpretiert wird. Es stellt sich die Fra- ge, was unter Rechtspopulismus zu ver- Wortwahl zu hinterfragen. Zudem ver- ge, inwieweit rechtspopulistische Ak- stehen sei. Zu dessen Merkmalen zähl- wiesen sie als Diskussionsanregung auf teure auf Zustimmung aus „der Mitte ten neben dem Bezug auf das „Volk“ die Thesen der Sozialwissenschaftlerin der Gesellschaft“ hoffen können. Die und die Abgrenzung zu „denen da Naika Foroutan, die davon ausgeht, allgemeine Haltung in der Bevölkerung oben“ auch die Abgrenzung von „den dass die eigentlichen gesellschaftlichen gegenüber LSBTI* lässt auf der Ober- Anderen“. Dabei werden soziale Prob- Bruchlinien nicht entlang der Kategorie fläche eine weit verbreitete Akzeptanz lemlagen kulturalisiert und ethnisiert, „Migration“ verlaufen, sondern zwi- erkennen. Die Einstellungsforschung sie also einer Gruppe aufgrund ihrer schen Pluralitätsaffinen und Pluralitäts- kann jedoch zeigen, dass die Zustim- „Herkunft“, „Kultur“ oder „Religion“ gegner*innen. Migration ist nach mung abnimmt, je konkreter gefragt zugeschrieben. Auch gegen LSBTI* Foroutan nur eine Chiffre für Pluralität, wird. Das gilt zum Beispiel auch in der wird Stimmung gemacht. Die autoritä- hinter der sich vieles versteckt: Frage nach dem vollen Adoptionsrecht. ren Vorstellungen des Rechtspopulismus „Umgang mit Gender-Fragen, Religi- Eine gewisse Ablehnung besteht auch zeigen sich in einer repressiven „Law- on, sexueller Selbstbestimmung, Rassis- bezüglich der Sichtbarkeit von Homo- And-Order-Politik“. Rechtspopulismus mus, Schicht und Klasse, zunehmende sexualität in der Öffentlichkeit. Unter bedeutet aber auch eine spezifische Ambiguität und Unübersichtlichkeit dem Hashtag #mequeer werden Er- Form der Kommunikation: emotionali- usw.“3 fahrungen benannt, welche Formen von siert und polarisiert. Da die Übergän- 3 Naika Foroutan, in: Günter Piening: Die Macht der Migration, Münster 2018
Seite 6 Keynote | Hans-Peter Killguss und Carolin Hesidenz Diskriminierung in der Gegenwart er- noch viel zu tun: In den Diskussionen um nenministeriums lediglich ein Minimal- lebt werden. So sei in der Gesellschaft die Umsetzung des Urteils zum Ge- konsens zu erwarten sei. noch keine volle Akzeptanz erreicht. schlechtseintrag zeigt sich, dass mit Und auch im Feld der Politik gibt es dem aktuellen Entwurf des Bundesin- Foto © LSVD/Caro Kadatz Vortrag von Hans-Peter Killguss im FORUM Volkshochschule Zur weiteren Diskussion über die Förderung von Akzeptanz gaben Carolin Hesidenz und Hans-Peter Killguss noch folgende Fragen für die Fachforen mit auf den Weg: Wann ist es notwendig, öffentliche Signale zu setzen (z.B. Demonstrationen für LSBTI*-Rechte)? Wie können wir vermeiden , über jedes Stöckchen der extremen und populistischen Rechten zu springen? Wann muss oder sollte Differenz sichtbar gemacht werden? Wann ist Differenz nicht relevant? Wie können/müssen wir verschiedene Diskriminierungsformen zusammendenken, um miteinander Gegenstrategien zu entwickeln? Wie ist Solidarität (bspw. mit LSBTI*-Geflüchteten) zu organisieren? Wie können wir der Etablierung von Begrifflichkeiten (sogenannte „Homo-Lobby“) entgegenwirken und positive Formulierungen für die Pluralität finden und verbreiten? Wie können wir so etwas wie „Herzensbildung“ als Teil der politischen Bildung (von der Kita bis zur Erwachsenenbildung) begreifen?
Fachforum 1 Seite 7 Fachforum 1: „Regenbogenkompetenz in Pflege und Alter“ Leitung: Sina Vogt, Supervisor*in Expert*innen: Vera Ruhrus, Dachverband Lesben und Alter; Lucie Veith, Intersexuelle Menschen e.V.; Frank Kutscha, Schwulenberatung Berlin Das Recht auf ein angstfreies und offe- der Pflege wie auch im alltäglichen privatwirtschaftliche Einrichtungsträger. nes Leben muss in allen Lebensphasen Leben der Einrichtung. Das Qualitätssiegel wurde in Zusam- verwirklicht werden. Sowohl die Ange- Der sogenannte „Diversity-Check“, das menarbeit mit der LSBTI*-Community bote der offenen Altenhilfe als auch Herzstück des Qualitätssiegels, ist ein entwickelt und wird unter Berücksichti- die ambulanten/stationären Angebote 120 Punkte umfassender Kriterienka- gung der Erfahrungen der Beratungs- der Altenpflege sind oftmals nicht für talog, mit dessen Hilfe die LSBTI*- praxis weiterentwickelt. die besonderen Bedürfnisse und Le- benslagen von LSBTI* ausgerichtet. Aus Foto © LSVD/Caro Kadatz Angst vor Vorbehalten und Diskriminie- rung durch die Mitarbeitenden oder Mitbewohner*innen werden wichtige Aspekte der eigenen Biografie ver- schwiegen oder verleugnet. Einschrän- kungen von Mobilität und Gesundheit führen zum Verlust von Autonomie und von sozialen Kontakten. Das hat auch für LSBTI* massive Auswirkungen. Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu gewährleisten? Wie kann der professionelle und diskriminierungsfreie Umgang mit Themen der sexuellen und ge- schlechtlichen Vielfalt in Pflege und Freundlichkeit einer Pflegeeinrichtung Kutscha betonte, dass von dem Siegel Alter erhöht werden? festgestellt werden kann und der zu- alle Bewohner*innen einer Einrichtung Welche Bedürfnisse haben Inter* und gleich als Basis für die deutschlandwei- profitieren würden, nicht nur LSBTI*. auch ältere alleinlebende Lesben? te kostenlose Beratungstätigkeit dient. Fortbildungen der Mitarbeitenden sind Die Kriterien des Diversity-Checks be- ein wesentlicher Bestandteil des Krite- Diesen und weiteren Fragen ging das ziehen sich auf fünf zentrale Bereiche rienkatalogs. Unter Berücksichtigung Fachforum nach. einer Pflegeeinrichtung: Unternehmens- von hohen Fortbildungsanforderungen Frank Kutscha von der Schwulenbera- politik und Kommunikation, Personal- und Fachkräftemangel in den Pflege- tung Berlin stellte zum Einstieg die Pro- management, Transparenz und Sicher- einrichtungen ist ein Fortbildungskata- jekte des Netzwerks „Anders Altern“ heit, Pflege und Gesundheit sowie die log entstanden, der es Einrichtungen der Schwulenberatung Berlin, insbeson- Wohn- und Lebenswelten der Bewoh- ermöglicht, das Personal umfassend in dere das vom Bundesministerium für ner*innen. Sie erfassen die Ebenen der verschiedenen, für pflegebedürftige Familie, Senioren, Frauen und Jugend Struktur-, Prozess- und Ergebnisquali- LSBTI* relevanten Bereichen zu schulen. geförderte „Qualitätssiegel Lebensort tät. Die erste Einrichtung, das Pilotpro- Zugleich wird die Vernetzung mit der Vielfalt“ vor. Einrichtungen erhalten jekt des „Qualitätssiegels Lebensort regionalen LSBTI*-Community geför- diese Auszeichnung, wenn sie sich nach- Vielfalt“, wird voraussichtlich noch die- dert. Neben einer LSBTI*-Basisschulung weislich bemühen, die sexuelle und ses Jahr ausgezeichnet, eine zweite sind Fortbildungen im Bereich von In- geschlechtliche Vielfalt ihrer Bewoh- Einrichtung folgt Anfang nächsten Jah- ter* und Trans* in der Pflege sowie ner*innen als wesentlichen Aspekt ihrer res. Interesse am Qualitätssiegel be- Schulungen im Bereich HIV/AIDS ver- Persönlichkeit zu berücksichtigen – in kunden kommunale, konfessionelle und pflichtender Bestandteil des Qualitäts-
S e it e 8 Fac hfo r u m 1 siegels. Derzeit spiele die LSBTI* kul- wohnt. Gleichzeitig unterstrich Vera denen Ressourcen in der Pflege der- tursensible Pflege in den Ausbildungen Ruhrus, dass es in den Einrichtungen zeit und zukünftig, gerade auch unter der Pflegekräfte, wenn überhaupt, nur der Altenhilfe oft auch an zeitge- der Berücksichtigung des demografi- eine sehr geringe Rolle. Deutschland schichtlichem Wissen um die Lebensum- schen Wandels, eine umfassende Be- unterscheidet sich in diesem Bereich stände der Klient*innen fehle (zum treuung und Hilfe gewährleisten könne. nicht von anderen Ländern. Auch die Beispiel Wissen um den § 175 StGB). hohe Anzahl von Quereinsteiger*innen Klient*innen haben oft Jahrzehnte im Sina Vogt berichtete, dass die mobilen ohne Grundausbildung profitieren von Verborgenen gelebt, ohne dass ein Pflegekräfte oft unter einem immensen den Fortbildungen, die sexuelle Orien- Coming Out möglich oder denkbar Zeitstress stehen. In nahezu 20 Minuten tierung und geschlechtliche Identität im gewesen wäre. Auch wenn Lesben müsse eine komplette Pflege erfolgen. Kontext der Pflege thematisieren. Foto © LSVD/Caro Kadatz Insgesamt ist festzustellen, dass der Forschungsbedarf in den unterschiedli- chen Bereichen der LSBTI* kultursensib- len Pflege hoch ist. Eine weitere Pro- fessionalisierung der Pflege- und Ge- sundheitsberufe im Sinne einer fort- schreitenden Akademisierung wäre für die Generierung von Forschungsergeb- nissen hilfreich. Lucie Veith wies darauf hin, dass be- sonders beim Thema Demenz oder beim Verlust der Sprachfähigkeit die Folgen für Inter* und Trans* gravie- rend seien. Fachkräfte in der Alten- pflege seien beispielweise auf die Versorgung einer Neovagina gar nicht vorbereitet. Wenn Klient*innen Infor- mationen über zurückliegende Opera- tionen und über das verwendete Ma- terial nicht weitergeben können, kom- me es zur „Verrottung“ von innen. Auch beim Thema „Hormongabe“ fehle es an Fachwissen, das habe gravierende Folgen für Pflegende und Klient*innen. Besondere Pflegebedürfnisse von In- ter* sind weitgehend unbekannt. Inter- geschlechtliche Menschen fürchten Aus- durch den § 175 StGB nur indirekt Daher sei es nicht verwunderlich, dass grenzungen und Unterbringungen in betroffen waren, wurden sie nicht sel- Fachkräfte abblocken beim Thema Mehrbettzimmern. Auch sind die Be- ten Opfer von Sorgerechtsentzug und „kultursensible Pflege“: „Das sollen wir dürfnisse von intergeschlechtlichen anderen Repressionen. Lucie Veith jetzt auch noch machen?“ Menschen im Alter in keiner Studie ergänzte, dass es besonders auch Eine Lösung könne eine Kooperation erfasst. beim Thema Trans* und Inter* konkrete von professionellen Pflegedienstleis- Studien brauche. Wir müssen wissen, Vera Ruhrus merkte in der Diskussion tern und nachbarschaftlichen Netzwer- was LSBTI* im Alter wichtig ist, so um LSBTI*-inklusive Alteneinrichtungen ken sein, merkte Vera Ruhrus an. Er- Veith. Gleichzeitig unterstrich Ruhrus, an, dass der Autonomiebedarf bei schwerend komme allerdings hinzu, dass es eine deutliche Diskrepanz gä- älteren, alleinlebenden Lesben sehr dass Pflegekräfte den Nutzen einer be zwischen dem, was sich LSBTI* wün- hoch sei. Lesbische Frauen* seien oft LSBTI*-kultursensiblen Pflege oft nicht schen und dem, was in der Pflege auch gut vernetzt. Hinzu komme, dass wahrnehmen. überhaupt noch möglich sei. nicht alle Menschen in entsprechenden Einrichtungen der Altenhilfe/-pflege Frank Hoyer vom ASB NRW fügte leben wollen. Es gebe den starken hinzu, dass man auch darüber spre- Wunsch, dort alt zu werden, wo man chen müsse, wie man mit den vorhan-
Fac hfo r u m 1 S e it e 9 Was ist nötig, um Regenbogenkompetenz in der Altenhilfe und -pflege zu erhöhen? + LSBTI*-kultursensible Pflege + Schulungen und Workshops in allen + Das Thema Non-Binärität sollte Bereichen: „Pflege & Beratung“, verpflichtend in die Curricula der + Diversity bzw. Regenbogen-Siegel „Geschlechtergerechter Umgang“, Aus- und Weiterbildung aufgenom- mit verbindlicher Umsetzung „Geschlechtergerechte Sprache“, men werden, zum Beispiel: „Wie + Regenbogenkompetenz muss als LSBTI*-inklusive Biographiearbeit spreche ich non-binäre Menschen Mainstream-Thema in allen Einrich- an?“ + Aktionspläne zum Thema Regenbo- tungen umgesetzt werden genkompetenz in Pflege und Alter Wie können Träger einen diskriminierungsfreien Alltag von LSBTI* Senior*innen ermöglichen? + Einrichtungen müssen das Thema + Maßnahmen müssen operationali- + Träger sollten sich stärker über Diversität mit in ihre Prozesse und sierbar sein („handpraktische Um- „best-practice“-Beispiele unterei- Organisation aufnehmen setzung“) nander austauschen Welche Forderungen leiten sich daraus für die Politik ab? + Studienlage verbessern: Was wün- sind keine Ausnahme. Wenn Leis- im ländlichen Raum aufwerten schen und brauchen LSBTI* im Al- tungen nicht erfolgen, muss es Kon- + Leistungen im Gesundheits-/und ter? Wie leben LSBTI* im Alter sequenzen haben. Der Staat muss Pflegesystem müssen unabhängig derzeit? hier seine Kontrollpflicht durch sei- von Einkommen / Rente finanziert ne Aufsichtsbehörden oder den + Wissenschaft zum Thema „Pflege“ werden Medizinischen Dienst der Kranken- fördern: Professionalisierung, For- kassen wahrnehmen. + Aufwertung des Pflegeberufs: fi- schungsgelder erhöhen, Professuren nanziell, Akademisierung (Bsp. schaffen + staatliche Förderung von entspre- Niederlande), niedergelassene chenden Zertifizierungen und von + Rechtsanspruch auf eine gerechte Krankenschwestern / Gemeinde- Modellprojekten Pflege absichern: Es geht hier nicht schwestern (Bsp. Rheinland-Pfalz) um eine bloße Dienstleistung, son- + Quartiersförderung: Menschen müs- + Die Haltung von Pflegenden muss dern um ein Grundrecht. Leistungen sen so lang wie möglich dort leben verbessert werden. stehen allen Menschen zu, LSBTI* können, wo sie wohnen. Strukturen An welchen Strategien sollten Verbände hier arbeiten? + interkulturelle Öffnung / generati- + Dialog mit den Wohlfahrtsverbän- Sozialgesetzbuch (SGB X I) defi- onale Öffnung: Verbände hängen den: Fachtagungen, Entwicklung niert Angehörige weiter, pflegende Menschen ab, weil sie sie nicht mit- von Empfehlungen, bundesweites Angehörige werden damit entlas- denken Bildungsprojekt zum Thema tet. Das SGB muss stärker auch auf „Pflege“, bundesweite Fachtage Zugehörige ausweitet werden + Träger sollten stärker Synergie- (Förderung der Gesundheit) Effekte zwischen nachbarschaftli- + Dialoge und Fachgespräche zwi- cher Unterstützung und Pflege nut- + LSVD soll Senior*innen-Verbände schen LSBTI*-Verbänden und Kran- zen wie BAGSO kenkassen / Kammern / Medizini- (Bundesarbeitsgemeinschaft Senio- schen Diensten der Krankenkassen + innerverbandliche Studien zur The- renorganisationen) ansprechen, um muss angestoßen und unterstützt matik „Bedarfe in Pflege und Al- einen großen gesellschaftsfähigen werden ter“ müssen angestoßen werden Polylog anzustoßen: Was macht ihr + Krankenkassen, Kammern und Ver- + vielfältige Gesellschaft muss über- für LSBTI*? Wie können wir ge- bände müssen intersektional den- all durchdekliniert werden (Land / meinsam arbeiten? ken und arbeiten. Beispiel: LSBTI* Kommune) + Stärkung der Zugehörigen: Das mit Behinderung
S e it e 1 0 Fac hfo r u m 2 Fachforum 2: „Regenbogenkompetenz in Kirchen und Religionsgemeinschaften“ Leitung: Henny Engels, LSVD-Bundesvorstand Expert*innen: Dr. Michael Brinkschröder, Regenbogenforum, röm.-kathol. Kirche; Eva Burgdorf, Regenbogenforum, protest. Kirche; Günter B. Ginzel, liberales Juden- tum; Miyesser Ildem, Liberal-Islamischer Bund Foto © LSVD/Caro Kadatz Das Fachforum war eine Fortführung aus dem ersten Regenbogenparlament in Berlin. Ergebnisse hierzu fin- den Sie in einer Broschüre, die zum Download bereit- steht unter: www.miteinander- staerken.de/wp-content/ uploads/2018/09/lsvd- dokumentation-berlin- regenbogenparlament- 2018.pdf Über die Vereinbarkeit von Religiosität und Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen und Identitäten wird oft gestritten. Sowohl in den christlichen Kirchen als auch in muslimischen und jüdischen Glaubensgemeinschaften gibt es ausgeprägte Strömungen von Homosexuellen- und Trans*Feindlichkeit. Es gibt in allen Gemeinschaften auch fortschrittliche Kräfte, die für die Vereinbarkeit von Glauben und Homosexualität und Transgeschlechtlich- keit eintreten. Im Fachforum wurde unter anderem der Frage nachgegangen, wie sowohl die Situation von LSBTI* innerhalb der Religionen als auch der öffentliche Umgang der Glaubensgemeinschaft mit LSBTI* und ih- ren Interessen verbessert werden können. 1. Inputs der Expert*innen Günter B. Ginzel, Jüdische Perspektive, auch mit anderen Vorurteilen und In der Orthodoxie bewegt sich zumin- Köln: Traumata verknüpft. Das spielte z.B. in dest in Teilen einiges: Kann man der NS-Propaganda eine Rolle. Die Schwule und Lesben akzeptieren, weil Auch in einer säkularen Gesellschaft Liberalisierung in der Gesamtgesell- sie „krank“ sind? Denn in diesem Fall leben religiöse Vorstellungen weiter, schaft hat auch die Liberalisierung in müsste man nett zu ihnen sein, doch als Nischen und als anonyme Formen; Religionsgemeinschaften vorangetrie- wäre es keine Krankheit, sind sie dann das wird oft unterschätzt. In der Ver- ben. In der liberalen jüdischen Ge- „gefährlich“? Das wird gerade in Isra- gangenheit (nach Auschwitz) fehlte die meinde in Köln ist Homosexualität kein el intensiv diskutiert. Weltweit sind or- Solidarität der Minderheiten unterei- großes Thema. Das hat sich – ebenso thodoxe Juden/Jüdinnen aber in der nander: SLesben und Schwule, Roma wie das Denken über die Stellung der Minderheit. und Sinti waren nicht anerkannt. Die Frau – inzwischen sehr stark gewandelt Einladung von Sinti und Roma zu Ge- Miyesser Ildem, Liberal-islamischer aufgrund der Idee einer Solidarität denkfeiern ist Ignaz Bubis zu verdan- Bund (LiB): der Minderheiten untereinander. So ken. gibt es mittlerweile einen speziellen Als Muslima ist es in diesen Zeiten nicht Das Thema Homosexualität ist immer Schabbat-Gottesdienst vor dem CSD. so einfach, über Homosexualität zu
Fac hfo r u m 2 S e it e 1 1 sprechen. In der Öffentlichkeit besteht Überlagert wird das Thema Jugend in einigen evangelischen Landeskirchen der Eindruck, dass Homosexuellen- allerdings durch den weltweit debat- der Fall. Ein Überblick findet sich unter: feindlichkeit ein zentrales Kennzeichen tierten, sehr häufigen und häufig ver- https://www.huk.org/images/ vornehmlich des Islam sei. Die meisten tuschten sexuellen Missbrauch durch pictures/inhalte/karte- muslimischen Länder haben sehr rigide kath. Kleriker. Der ultrarechte Flügel partnerschaftssegnung.pdf Vorstellungen gegenüber Homosexua- der Kirche versucht, homosexuelle Der Workshop „Mit der Bibel gegen lität. Auch in Deutschland sind die Ver- Priester dafür verantwortlich zu ma- Homofeindlichkeit“ von Eva Burgdorf bände sehr konservativ orientiert. Der chen. und Nils Christiansen wird zum 3. Mal Liberal-Islamische Bund (LiB) hat ein Wir halten dagegen, dass es unter beim Deutschen Evangelischen Kirchen- Positionspapier zu Homosexualität ver- den homosexuell orientierten Priestern tag (DEKT) 2019 im Kontext des Re- öffentlicht, das eine neue Theologie zu reife und unreife Persön- entwickeln versucht. Das hat dem Ver- lichkeiten gibt. Das Verbot band viel Kritik eingebracht. der Homosexualität im Zu- sammenspiel mit dem Ver- Der LiB arbeitet eng mit internationa- bot der zwischenmenschli- len Netzwerken zusammen, z.B. mit The chen Sexualität allgemein Inner Circle, Südafrika (Muhsin Hend- (Zölibat) zieht zu viele un- ricks), der Safe Spaces bildet und reife Charaktere an. Daher LSBTI*-Imame ausbildet. Ein vielver- müssen beide Regulierun- sprechender Ansatz scheint zu sein, das gen außer Kraft gesetzt Thema zu enttheologisieren. Ziel ist es, werden. Im Erzbistum Mün- LSBTI* eine Heimat zu geben, um ihnen chen-Freising gibt es eine zu ermöglichen, ihre Religion und ihre AG Regenbogenpastoral, geschlechtliche Identität und sexuelle die die Strategie für die Orientierung zusammen leben zu kön- zukünftige Arbeit in diesem nen. Feld entwickelt. Ein erster Michael Brinkschröder, Regenbogenfo- Schritt ist ein Workshop rum, röm.-katholische Kirche „Screening Regenbogen- kompetenz“ mit Frau Prof. Die Ausstellung „Verschaff mir Recht“, Schmauch. die die Kriminalisierung von LSBTI* und die Verantwortung der röm.-kath. Kir- Eva Burgdorf, Regenbogenforum, pro- genbogenzentrums angeboten. che thematisiert, wird derzeit in kath. testantische Kirche: Lesben und Kirche (LuK) textet 17 Kir- Erwachsenenbildungsstätten, Akade- Zu der Frage, in welchen Landeskir- chenlieder in gendergerechter Spra- mien oder Einrichtungen der City- chen Trauungen und Segnungsfeiern che um, die in das Liederbuch des Pastoral gezeigt. möglich sind, findet sich der beste DEKT aufgenommen werden und von Zur diesjährigen weltweiten Jugendsy- Überblick auf der Web-Plattform da aus weiterwirken. Das führte zu Be- node wurde das Thema Annahme al- „Homosexuelle und Kirche“ (HuK) schimpfungen in Zeitungen im Zusam- ler, unabhängig von der sexuellen Ori- www.huk.org. Die evangelische Nord- menhang mit der Verunglimpfung der entierung und Geschlechtsidentität, im kirche trägt gleichgeschlechtliche Trau- Diskussion um Geschlechterrollen, hat Vorbereitungsdokument aufgenommen. ungen in die Kirchenbücher ein. Damit aber auch viel Publicity beschert. Die Vorsynode hat hier widersprüchli- ist völlige Gleichstellung bei der Trau- che Haltungen deutlich werden lassen. ung erreicht. Desgleichen ist inzwischen Folgende Anknüpfungspunkte für die Vernetzung ergaben sich aus der Diskussion: Es gibt das European Queer Muslim seit sieben Jahren eine queere Ju- die Keshet-Bewegung in Deutsch- Network (der LiB ist beteiligt durch gendgruppe. Außerdem gibt es land gründen möchte. Damit sollen Leyla Jagiella). Aber das globale die Junge Islam-Konferenz Jüd*innen, die gleichgeschlechtlich muslimische Netzwerk funktioniert (bundesweites Netzwerk). lieben und/oder sich als transge- besser als das europäische Netz- schlechtlich identifizieren, eine ei- Eine Teilnehmerin weist darauf hin, werk. gene Stimme bekommen und sich dass sich aus der Jüdischen Studie- gegenseitig stärken. In der alevitischen Jugend gibt es rendenunion Deutschland (JSUD)
S e it e 1 2 Fac hfo r u m 2 Folgende Fragen und Anregungen für die strategische Ausrichtung ergaben sich aus der Diskussion: Wie geht der LSVD mit rassisti- bieten und gemeinsam Rituale zu le- In dem Maße, wie eine Religion sich schen Äußerungen in den eigenen ben, z.B. bei Eheschließungen oder am der Frauenfrage stellen muss, brechen Reihen um? Lebensende. Dabei ist die geschlechtli- alte Strukturen auf: Emanzipatorische che Identität und sexuelle Orientierung Kämpfe von verschiedenen Gruppen Der LSVD wendet sich gegen Islam- unerheblich. sollten nicht gegeneinander ausge- feindlichkeit auch in den eigenen Rei- spielt werden, indem Kämpfe, die in hen. Zum Umgang mit dem Spannungs- Konservativ im Kontext „Islam“ ist ein den Vordergrund gestellt werden, von feld „Islamfeindlichkeit – Homosexuel- nur scheinbar korrekter Begriff, weil anderen kritisiert werden. Und es kön- lenfeindlichkeit“ wurden zahlreiche das, was darunter verteidigt wird, gar nen nicht alle Probleme gleichzeitig Gespräche mit muslimischen Organisa- nicht der Vergangenheit muslimischer gelöst werden. tionen und anderen, die mit dem The- Lebensweise entspricht. Stattdessen menfeld befasst sind, geführt. Zudem geht es um ein viktorianisches Familien- Im Dialog mit der Pastoralkommission gab es mit Unterstützung der Mobilen bild, das islamisiert worden ist. Sich der kath. Bischofskonferenz ist das Beratung Berlin zwei Workshops mit auf das Alte zu berufen, ist im Islam nächste Thema die Situation von lesbi- Argumentationstrainings. Das Angebot furchtbar wirkmächtig. Daher ist es schen Mitarbeiterinnen der Kirche. In wird fortgesetzt. wichtig, das Label zu entziehen. der Vergangenheit standen andere Themen im Vordergrund, die gemein- Mit Blick auf die römisch-katholische National, kulturell, religiös: Wer ist sam ausgewählt wurden (z.B. Partner- Kirche ist es gut, dass sich der LSVD für eigentlich angesprochen als Bünd- schaftssegnung, Homosexuellenseelsor- die Gleichberechtigung von LSBTI* ein- nispartner*in? ge, Seelsorge mit/für Trans*). setzt. Aber was ist mit der Gleichbe- Der Liberal-islamische Bund versucht rechtigung von Frauen? Hat sich dieses Es ist ein strategischer Mangel, dass weniger eine politische Organisation Thema für den LSVD schon erledigt? das Regenbogenforum und auch die als vielmehr eine religiös-rituelle Ge- Ggf. wäre dies auch ein gutes Ein- HuK bisher kaum Kontakt zu katholi- meinschaft zu sein, Beheimatung zu stiegsthema mit Blick auf LSBTI*. schen Frauenverbänden hat. 2. Was können wir im Bereich Bildung gemeinsam unternehmen? + Miteinander Eintreten für eine De- Problem, eine Balance zu finden funktioniert vermutlich, aber nicht mokratisierung der Religionsge- zwischen berechtigter Kritik und überall und nicht ausreichend. meinschaften (vor allem röm.-kath. einer islamfeindlichen Haltung. Hier + Im muslimischen Kontext sollte das Hintergrund). Hierzu brauchen wir gibt es wenige Leute, die die Thema theologisch angegangen aber einen differenzierten Blick. Spannung gut aushalten können. werden. Aber das muss nicht unbe- Um dies zu überwinden, braucht es + Liberale Themen und Menschen- dingt in der Moscheegemeinde Trainings. rechte haben sich ab einem Zeit- passieren. Denn hier können unter punkt nicht gegen, sondern auch in + Ansatzpunkt: Materialien für religi- Umständen nicht alle offen sagen, Religionsgemeinschaften entwickelt. öse Gemeinden / Synagogen- und was sie denken. Toleranz gesell- Das gilt auch für LSBTI*-Themen. Moscheevereine, um informiert und schaftlicher Verhältnisse ist leichter Menschenrechte und Demokratie zivilisiert über LSBTI*-Fragen und als eine religiöse Stellungnahme. sind per se nicht identisch und kön- mit LSBTI*-Personen zu sprechen + Es braucht eine Unterstützungsstruk- nen auch gegeneinander ausge- + Wie erreiche ich diejenigen, die tur für diejenigen, die sich in quee- spielt werden. Wir müssen klarma- nicht erreicht werden wollen? Bei- ren Glaubensgemeinschaften en- chen, dass beides nicht auseinan- spielsweise repräsentieren diejeni- gagieren. dergerissen werden darf, um eine gen, die wir in der muslimischen menschenrechtsbasierte Demokratie + In interreligiöse Foren sollten Community erreichen, nur eine Min- zu erreichen. LSBTI*-Personen vertreten sein; derheit. Was sind verbindende Ele- bislang sind sie es nicht. D.h. man + Die Religionsgemeinschaften haben mente und Gemeinsamkeiten, z.B. müsste bei der Fördermittelverga- sehr unterschiedliche Strukturen. In gegen Rechtspopulismus? Ein ge- be diese Verknüpfung einfordern. islamischen LSBTI*-Gruppen ist das meinsames Thema Rechtspopulismus
Fac hfo r u m 2 S e it e 1 3 Wie sollte die Kommunikation im Bereich Bildung gestaltet werden? + Essentiell ist eine Sprache und Me- den unterschiedlich ausgelegt, z.B. + Jugendverbände haben sechs Milli- thodik, die Religiöses wertschätzt. Religionsfreiheit. onen Mitglieder in Deutschland. Es gibt berechtigte Skepsis bei Wir müssen junge, religiöse LSBTI* + Wir brauchen Sprachkurse für Re- LSBTI* gegenüber Religionsgemein- empowern, damit sie in ihren Ju- genbogenkompetenz in religiösen schaften – hier gilt es, gegenseitig gendverbänden offen sprechen, Kontexten und für unterschiedliche um Empathie zu werben. z.B. auch in der Feuerwehrjugend. Religionsgemeinschaften. Darüber Viele Jugendverbände sind bei + Es braucht eine bestimmte Sprache, hinaus müssen wir im interreligiösen dem Thema schon unterwegs und damit in religiösen Kontexten Dialog miteinander ins Gespräch es ist wichtig zu identifizieren, wer LSBTI*-Positionen angenommen kommen. etwas macht. werden. Auch Menschenrechte wer- Vorschläge zum Bereich Schule + Vorschläge zum Bereich Schule rungen eine Stellungnahme verlan- Schulsozialarbeit ist eine wichtige gen, wie das Thema LSBTI* im Re- Partnerin, da sie Projekte in Schu- + Curricula für den Religionsunterricht ligionsunterricht verankert ist. len macht. Die Schü- für alle Schulformen durchgehen ler*innenvertretung sollte als Bünd- + In Baden-Württemberg gibt es + Man muss sich auch die Schulbücher nispartnerin mitberücksichtigt wer- Vorschläge für einen kultursensib- anschauen, denn das ist die Wirk- den. Eine mögliche Zielgruppe kön- len Umgang mit LSBTI* (Netzwerk lichkeit dessen, was unterrichtet nen religiöse Frauenverbände sein. LSBTTIQ und türkische Gemeinde), wird und hinkt den Curricula oft um was bei türkischen Schüler*innen + Der LSVD könnte auf die Kultusmi- Jahre hinterher. sehr wirksam ist. nister*innenkonferenz zugehen, da + Der LSVD könnte von Landesregie- dies eine passende Ebene ist. + Vorschläge zur Kooperation: Die 3. Erwartungen an den LSVD + Der LSVD sollte stärker bei der Er- Foto © LSVD/Caro Kadatz innerungsarbeit Unterstützung leis- ten. Lesbischen Frauen wurde von den 1950er bis in die 1990er Jah- re das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen. Die damit verbundenen Traumatisierungen müssen dringend aufgearbeitet werden. + Auch auf der Landesebene sollte der LSVD Sprach- und Argumenta- tionstrainings anbieten: Islamfeind- lichkeit & Homosexuellenfeindlich- keit. + ein Modul entwickeln, das bei Schulungen eingesetzt werden kann, insbesondere für Jugendlei- ter*nnen-Card (JuLeiCa) – Ausbil- kurse bzw. Unterrichtsmaterialien + Kritische Überprüfung der eigenen dung, Freiwilligendienste, Bufdis, für diese Zielgruppe erstellen Medienarbeit: Wie kann der LSVD Soldaten etc. mit Pressearbeit neue Zielgruppen + Materialien für Kirchengemeinden erreichen? + Bildungsberater*innen-Ausbildung (menschliche Sexualität und für Geflüchtete und Integrations- Lebensübergänge)
S e it e 1 4 Ei n drü c ke Fotos: Caro Kadatz / LSVD
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S e it e 1 6 Fac hfo r u m 3 Fachforum 3: „Regenbogenkompetenz in Rundfunk- und Medienräten“ Leitung: Tina Adomako, Neue Deutsche Medienmacher Expert*innen: Benjamin Rottmann, Vertretung des LSVD Niedersachsen-Bremen in der Niedersächsischen Landesmedienanstalt; Jenny Renner, ZDF-Fernsehrätin; Caro Frank, Mitglied der Medienkommission der Landesanstalt für Medien NRW Tina Adomako © privat „Wenn wir unseren eigenen Zielhorizont erweitern und Bündnisse mit anderen Gruppen eingehen, ermöglichen wir einen erweiterten Zugang zu Ressourcen, die zum Erreichen der eigenen Ziele beitra- gen. (…) Letztendlich kann das, was wir in unseren unterschiedli- chen Organisationen alle anstreben – ob wir jetzt beim LSVD, den NdM, NDO oder einer anderen Organisation aktiv sind – unter „soziale Gerechtigkeit“ zusammengefasst werden. Am Ende des Tages haben wir dann ein gemeinsames Ziel. Wir sollten, da wo es Sinn macht, viel häufiger common cause coalitions bilden.“ – Tina Adomako In der Medienberichterstattung über LSBTI* hat sich vieles zum Besseren gewandelt. Während einige Medien seriös und angemessen berichten, behandeln andere LSBTI*-Themen überwiegend in reißerischer oder voyeuris- tischer Aufmachung mit provokativ herabsetzenden Aussagen. Beim letzten Regenbogenparlament in Berlin wur- de über die „Lebenswelten von LSBTI* in Medien-Wunsch und Wirklichkeit“ diskutiert. In Köln ging es darum, was sich bisher durch die Interessenvertretung von LSBTI* in einigen Rundfunk- und Medienräten verbessert hat und welche Herausforderungen noch bevorstehen. Seit 2015 vertritt Caro Frank die Inte- umfassend wider. Hier besteht ressen der Allgemeinbevölkerung für weiterhin Verbesserungspo- Foto © LSVD/Caro Kadatz die LAG Lesben und das Schwule tential. Analog zur Situation in Netzwerk in der Medienkommission Nordrhein-Westfalen findet NRW. Damit gehören die beiden Lan- die ehrenamtliche Arbeit so- desverbände zum ersten Mal zu den wohl in den großen Sitzungen gesellschaftlich relevanten Gruppen, aller Mitglieder als auch in die in dieses Gremium berufen und einzelnen Ausschüssen statt. dort kollegial aufgenommen wurden. Und auch hier findet mehrheit- Der Medienkommission obliegen die lich eine vertrauensvolle Zu- Vergabe und Kontrolle von Frequen- sammenarbeit statt. Die wich- zen, die Aufsicht über bestimmte pri- tigste Personalentscheidung vate Fernsehprogramme, über die betrifft die Wahl des*der privaten Radioprogramme sowie die Direktors*in der Landesmedi- Förderung von Bürgermedien und Me- enanstalt, denn die Direktion dienkompetenz der Bevölkerung. bestimmt in jeder Anstalt maßgeblich die inhaltliche Gleiches gilt für die Niedersächsische Arbeit. Landesmedienanstalt. Benjamin Rott- mann übernimmt hier die Vertretung Jenny Renner ist seit 2016 des LSVD Niedersachsen-Bremen seit ZDF-Fernsehrät*in. Ihre Entsen- 2016. Auch in Niedersachsen spiegelt dung in den Fernsehrat er- sich die gesellschaftliche Vielfalt in der folgte über den Sitz des Lan- Zusammensetzung der Räte noch nicht des Thüringen. Seit diesem
Fac hfo r u m 3 S e it e 1 7 Zeitpunkt sind nicht mehr einzelne Par- tischem Vokabular in der Poli- Marie Hübner © LSVD teien, sondern lediglich die Vertretung tik, in der Berichterstattung und der Bundesregierung dabei, wodurch in den Medien allgemein mehr die Zusammensetzung des Rates weni- und mehr notwendig. Die An- ger politiklastig ist. Die dadurch her- griffe (z.B. auf die Pressefrei- vorgerufene Mehrheit von kirchlichen heit) nötigen zu direkter Ausei- Vertretungen wird allerdings kritisch nandersetzung, bieten jedoch gesehen. Bei diesem Gremium des gleichzeitig die Chance sich Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks kommt selbst zu positionieren. der direkten Programmbeobachtung Die Sensibilisierung für LSBTI*- eine größere Bedeutung als beim pri- Themen unter dem Gesichts- vaten Rundfunk zu. Auch können bei punkt von gesellschaftlicher Beschwerden der Zuschauer*innen di- Vielfalt ist in allen Gremien notwendig. eigener Berichterstattung möglich. rekte Nachfragen gestellt und Verbes- In allen Bundesländern ist weiterhin serungsvorschläge gemacht werden. Weitere LSBTI*-Vertretungen bestehen gute Lobbyarbeit nötig. Die Vertretun- Außerdem wählt der Fernsehrat die bereits beim WDR, beim SR, bei Radio gen der anderen Organisationen in Intendanz und den Verwaltungsrat. Bremen und zukünftig auch beim den Medien- und Rundfunkräten haben Eine Stärkung des Öffentlich- Deutschlandfunk. In allen Bundeslän- sich schon mehrfach als sehr gute Multi- Rechtlichen Rundfunks scheint sinnvoll dern ist weiterhin gute Lobbyarbeit plikator*innen herausgestellt. Auch hier zu sein, da nur dort Vielfalt ausdrück- nötig, um die Entsendung von LSBTI*- ist im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk lich gesetzlich vorgeschrieben ist.4 Vertretungen in die Gremien zu ge- (von ZDF über 3sat und KiKa bis zu währleisten. In allen Gremien wird die Auseinan- Phoenix und arte) eine direkte Sensibi- dersetzung mit vermehrt rechtspopulis- lisierung der Redaktionen zu deren Benjamin Rottmann© LSVD / Caro Kadatz „Insbesondere in Zeiten eines wachsenden Populismus müssen LSBTI* als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft Sitz und Stimme in Fernseh- und Medienräten haben. Auch die Deu- tungshoheit von Begriffen sollten wir zurückgewinnen, durch vereinfachte sprachliche Mittel können wir mehr Menschen mit unseren Themen und Positionen erreichen. – Benjamin Rottmann 4 Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem am 25.3.2014 veröffentlichten Urteil zum ZDF-Staatsvertrag deutlich gemacht, dass die bisherige Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates dem Grundsatz der Vielfaltsicherung nicht genügt. In dem Urteil heißt es u.a.: „Die Zusammensetzung der Kollegialorgane muss darauf ausgerichtet sein, Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und Erfahrungsho- rizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens zusammenführen“ (BVerfG, 1 BvF 1/11 Rz. 39). Siehe: http://www.der-appell.de. Vgl. dazu auch: Vielfaltsfinder der Neuen Deutschen Medienmacher, https://www.neuemedienmacher.de/projektevielfaltfinder
S e it e 1 8 Fac hfo r u m 3 Zentrale Ansatzpunkte für die Medien aus Sicht der Teilnehmenden im Fachforum 3 Forderungen Strategien Maßnahmen Waldschlösschen-Appell überarbeiten Bewusstsein schaffen für LSBTI*in und verbreiten: www.der-appell.de Sensibilisierung für Lebenswelten Redaktionen und Medienhäusern Angebote der Medienanstalten zur von LSBTI* („Normalisierung des Besonderen“) Diversitätssensibilisierung für Redaktio- nen Qualitätsstandards (Recherche, The- Guter Journalismus zu LSBTI*- menvielfalt, Repräsentation etc.) for- Professionalisierung von Medien- mulieren Themen braucht Aufklärung und schaffenden / Redaktionen zu LSBTI* Sensibilisierung der Redaktionen / Standards für „No-Gos“ (bezgl. der -Themen Medienhäuser Verwendung von Begriffen und der Bebilderung) festlegen Pool von Sprechenden von Interessens- Repräsentation von vielfältigen Stim- vertretungen anlegen und zur Verfügung Vernetzung und vielfältige Aufstel- men in den Medien („nicht immer nur stellen (vgl. Vielfaltsfinder der Neuen lung in den eigenen Verbänden der weiße schwule cis-Mann, „keine Deutschen Medienmacher: („Diversität leben“) single story“) https://www.neuemedienmacher.de/ projekte/vielfaltfinder Vernetzung der Community- aktive Pressearbeit durch gemeinsame mehr Präsenz von selbstgesetzten Strukturen für gemeinsame PR- Pressemitteilungen und öffentlichkeits- queeren Themen in den Medien Arbeit und Professionalisierung der wirksame Aktionen Pressearbeit Redaktionen / Medienhäusern signa- Redaktionen nicht nur tadeln, son- Beispiele für gute Berichterstattung lisieren, was gute Medienarbeit zu dern auch loben teilen, liken, verbreiten LSBTI*-Themen ist Bündnisse mit anderen Vereinen, größere mediale Kraft, Sichtbarkeit, Organisationen, Interessensvertre- Austausch, Wissenstransfer und Solidarität tungen (Bündnispolitik statt Identi- gegenseitige Unterstützung tätspolitik) Sichtbarkeit der LSBTI*-Community LSBTI*-Medien unterstützen Zeitungen kaufen, Abos abschließen stärken Vertretung von LSBTI* in allen Sensibilisieren und Gespräche mit Lobbyarbeit Rundfunk- und Medienräten Landtagsabgeordneten führen (An)Sprache finden, die außerhalb Leitfaden zu LSBTI*-Themen in einfa- der „queer bubble“ funktioniert. cher Sprache (geplant von SCHLAU für alle verständlich werden Wir müssen auch außerhalb der NRW) LSBTI*-Community verstanden wer- Workshop-Angebot von ANDERS & den. GLEICH
Fac hfo r u m 4 S e it e 1 9 Fachforum 4: „Regenbogenkompetenz in der internationalen Menschenrechtsarbeit“ Leitung: Berena Yogarajah, Referent*in des Autonomen Frauen*Lesben*Referats der Universität Köln Expert*innen: Bochra Triki, Chouf, Tunis; Dr. Sebastian Bartsch, Amnesty International, Bezirk Köln; Susanne Bonnemann, Fachstelle für Lesben, Schwule und Transgender der Stadt Köln Städtepartnerschaften und staatliche Austauschprogramme sind effektive Maßnahmen, um Menschen aus unter- schiedlichen Regionen und Ländern zusammenzubringen. Sie sind Teil des internationalen Kulturaustauschs und auch der Menschenrechtsarbeit. Aber wie sollten sich Kommunen und Organisationen verhalten, wenn in den Partnerländern beispielsweise LSBTI* verfolgt, inhaftiert oder gar gefoltert werden? Hierzu sollte im Fachforum geklärt werden, wie Initiativen und kommunale Behörden sich für die Menschenrechte von LSBTI* in den Partner- städten und Partnerländern einsetzen können. Zunächst stellte Susanne Bonnemann das Foto © LSVD/Caro Kadatz Austauschprogramm „Sister Cities stand together“ vor. Anfang Juli 2018 hatte die Stadt Köln zum zweiten Mal haupt- sächlich lesbische Aktivistinnen aus fünf Kölner Partnerstädten zum Christopher Street Day (CSD) eingeladen. Im Fokus standen internationale Solidarität, Ver- netzung, Sichtbarkeit von Lesben und ge- genseitiges „Empowerment“. Mit dieser Ausrichtung folgt die Verwaltung einem Auftrag des Rates der Stadt Köln, das Thema Menschenrechte stärker in den Fokus der Städtepartnerschaftsarbeit zu rücken. Für das Austauschprogramm wa- ren lesbische, schwule oder queere Aktivist*innen aus den Kölner Partner- städten Istanbul (Türkei), Cluj/Klausen- burg (Rumänien), Kattowitz (Polen), Tunis (Tunesien) und Rio de Janeiro (Brasilien) Städtepartnerschaften stärker für Men- Fälle von Diskriminierung und Verfolgung angereist. schenrechtsarbeit zu nutzen, sowie über von LSBTI*. Allerdings ist gerade mit Ein weiteres starkes Mittel zur Unterstüt- eine Städtebefragung, die er kürzlich im Partnerstädten, in denen die Menschen- zung der Aktivist*innen vor Ort ist der Auftrag der Stadt Köln durchgeführt hat. rechtslage besonders problematisch ist, offizielle Besuch von Pride Events in den Menschenrechte spielen in den Partner- ein Dialog über Menschenrechte sehr Partnerstädten. In Vertretung für die Köl- schaften bislang keine zentrale Rolle. schwierig. Die Offiziellen auf der Part- ner Oberbürgermeisterin reiste in diesem Gründe hierfür sind unter anderem, dass nerseite sind in der Regel wenig daran Jahr Bürgermeister Andreas Wolterzu die Partnerschaften aus anderen Motiven interessiert und auf deutscher Seite den Pride Veranstaltungen in Kattowitz entstanden sind (z.B. Völkerverständi- fürchtet man, dass das Insistieren auf und Cluj. Bemerkenswert war, dass der gung oder wirtschaftliche Interessen) und Menschenrechten die Partnerschaft be- Bürgermeister von Cluj nicht für ein Tref- dass Menschenrechtsorganisationen eher lasten oder gar gefährden könnte. Dar- fen mit der Delegation der Stadt Köln nicht zum städtepartnerschaftlichen über hinaus ist immer darauf zu achten, zur Verfügung stand. Die Berichterstat- Akteursnetzwerk gehören. dass der Einsatz für Personen in der tung in den lokalen Medien war hinge- Menschenrechte kommen vereinzelt aber Partnerstadt diesen nützt und sie nicht gen sehr groß. auf die Agenda, wenn es in der Part- gefährdet. Dennoch haben alle Partner- Dr. Sebastian Bartsch berichtete über nerstadt zu besorgniserregenden Ent- schaften ein beträchtliches Potenzial für Bestrebungen bei Amnesty International, wicklungen kommt. Dies betrifft u.a. auch menschenrechtliches Engagement.
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