Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)
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Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psycho- hritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Ps rtschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte de Fortschritte der Psychotherapie Georg H. Eifert Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte apie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortsch erapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fort- chotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Akzeptanz- und Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psycho- hritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Ps Commitment- rtschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte de Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte apie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortsch Therapie (ACT) erapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fort- chotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psycho- hritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Ps rtschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte de Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte apie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortsch erapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fort- chotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psycho- hritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Ps rtschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte de Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte apie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortsch erapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fort- chotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psycho- hritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Ps
Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)
Fortschritte der Psychotherapie Band 45 Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) von Prof. Dr. Georg H. Eifert Herausgeber der Reihe: Prof. Dr. Dietmar Schulte, Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Dieter Vaitl Begründer der Reihe: Dietmar Schulte, Klaus Grawe, Kurt Hahlweg, Dieter Vaitl
Akzeptanz- und Commitment- Therapie (ACT) von Georg H. Eifert Göttingen · Bern · Wien · Paris · Oxford · Prag · Toronto Cambridge, MA · Amsterdam · Kopenhagen · STOCKHOLM
Prof. Dr. Georg H. Eifert, geb. 1952. 1973 –1979 Studium der Psychologie in Bochum. 1983 Promotion in Frankfurt. Anschließend wissenschaftliche Tätigkeiten an verschiedenen deut- schen sowie amerikanischen und australischen Universitäten, u.a. Professor für Psychologie an der James Cook University in North Queensland, Australien, der West Virginia University in Morgantown und an der University of Hawaii in Honolulu. Seit 2002 Direktor der Abteilung für Psychologie an der Chapman University in Orange, Kalifornien. Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen etc.) mit Autoren bzw. Herausgebern große Mühe darauf verwandt, diese Angaben genau entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abzudrucken. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwor- tung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handele. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG Göttingen • Bern • Wien • Paris • Oxford • Prag • Toronto Cambridge, MA • Amsterdam • Kopenhagen • Stockholm http://www.hogrefe.de Aktuelle Informationen • Weitere Titel zum Thema • Ergänzende Materialien Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe- sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Illustrationen: Joseph Ciarrochi und David Mercer Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Printed in Germany Auf säurefreiem Papier gedruckt ISBN 978-3-8017-2215-9
Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung des ACT-Therapieansatzes . . . . . . . . 1 1.1 Ziele und Fokus von ACT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Theoretisch-philosophische Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2.1 Relationsbildungstheorie (RBT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2.2 Funktion- und Kontextorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.3 ACT ist Teil der Evolution der Verhaltenstherapie . . . . . . . 4 1.3.1 Die behaviorale und kognitiv-behaviorale Phase . . . . . . . . 4 1.3.2 Die „dritte Welle“: Akzeptanz und Veränderung . . . . . . . . 5 2 ACT-„Störungsmodell“ und Therapie- prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1 Was verursacht psychisches Leiden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2 Störungsrelevante Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.1 Erlebensvermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2.2 Kognitive Fusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.3 Dominanz der vorgestellten Vergangenheit und Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2.4 Festhalten am Selbstkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2.5 Mangelnde Werteklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.2.6 Untätigkeit und beharrliches Vermeidungsverhalten . . . . . 15 2.3 Behandlungsprozesse und -ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.3.1 Akzeptieren und bereit sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.3.2 Kognitive Defusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.3.3 Im Hier-und-Jetzt präsent sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.3.4 Beobachter-Selbst: Selbst als Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.3.5 Klärung von Lebenswerten und -zielen . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.3.6 Engagiertes entschlossenes Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.3.7 Psychische Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3 Diagnostische Überlegungen und Fallkonzeptualisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.1 Ein transdiagnostischer und integrativer Ansatz . . . . . . . . . 26 3.1.1 Allgemeine Indikationsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.1.2 Ein transdiagnostischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.1.3 Ein integrativer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.2 Diagnostik und Messung von Therapieprozessen . . . . . . . . 29 3.3 Fallkonzeptualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 V Eifert_ACT.indd V 02.03.11 16:18
4 Behandlungsstrategien und -methoden . . . . . . . . . . 33 4.1 ACT ist ein flexibler Therapieansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.2 Haltung und Kernkompetenzen des Therapeuten . . . . . . . . 34 4.3 Behandlungsstrategien und -ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.3.1 Behandlungsfokus auf Erleben und direkter Erfahrung . . . 36 4.3.2 Behandlungsorientierung des Klienten . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.3.3 Aufgeben der Kontroll- und Bekämpfungsagenda . . . . . . . 40 4.3.3.1 Kreative Hoffnungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 4.3.3.2 Unterscheidungslernen: Wann funktioniert Kontrolle und wann nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.3.3.3 Kontrolle in der Außenwelt und der Innenwelt . . . . . . . . . . 47 4.3.4 Klärung von Lebenswerten und -zielen . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.3.4.1 Was sind Werte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.3.4.2 Erleben von zentralen Werten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4.3.4.3 Verpflichtung von Klient und Therapeut . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.3.4.4 Abklärung konkreter Intentionen (Absichten) . . . . . . . . . . . 53 4.3.5 Lernen von Akzeptieren, Achtsamkeit und Bereitschaft . . . 54 4.3.5.1 Entwicklung von Akzeptieren durch Achtsamkeit . . . . . . . 55 4.3.5.2 Entwicklung von Bereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.3.5.3 Förderung von Mitgefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.3.6 Kognitive Defusion und Beobachter-Selbst . . . . . . . . . . . . 66 4.3.6.1 Kognitive Defusion: Lösen aus Gedanken- verstrickungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.3.6.2 Förderung des Beobachter-Selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4.3.7 Verhaltensaktivierung – Entschlossenes wertorientiertes Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.3.7.1 Konkrete und erreichbare Ziele setzen . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.3.7.2 Verhaltensschritte logisch und hierarchisch anordnen . . . . 77 4.3.7.3 Verhaltensverpflichtung und -durchführung . . . . . . . . . . . . 77 4.3.7.4 Werte in schwierigen Situation ausleben . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.3.8 Exposition im Rahmen von ACT. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.3.8.1 Kontext und Ziel von Exposition in der ACT . . . . . . . . . . . 80 4.3.8.2 Arten von Expositionsübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.4 Probleme bei der Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4.4.1 Barrieren und Rückschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4.4.1.1 Lernen, Barrieren mitzunehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4.4.1.2 Neuverpflichtung bei Rückschlägen – Auf Kurs bleiben . . . 84 4.4.2 Mangelnde Bereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.4.3 Intensive Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.4.4 Verhaltensdefizite (Mangelnde Fertigkeiten) . . . . . . . . . . . 86 4.4.5 Probleme in der Haltung des Therapeuten . . . . . . . . . . . . . 86 5 Effektivität von ACT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5.1 Therapieerfolgsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5.2 Prozessforschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 VI Eifert_ACT.indd VI 02.03.11 16:18
6 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 7 Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 8 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 9 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Ressourcen zur ACT im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Akzeptanz- und Handlungsfragebogen (AAQ-Rev-16) . . . . 98 Arbeitsblatt „Beschriften Sie Ihren eigenen Grabstein“. . . . 100 Arbeitsblatt „Mein Lebenskompass“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Arbeitsblatt „Werte und Ziele“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Karte: ACT-Fallkonzeptformular VII Eifert_ACT.indd VII 02.03.11 16:18
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1 Beschreibung des ACT-Therapieansatzes „Menschen leiden. Sie erleben nicht nur Schmerz – Leiden ist mehr“ (Hayes, 2007, S. 15). Steven Hayes, der führende Begründer von ACT, will mit diesen ersten Sätzen seines Buches ausdrücken, dass Menschen emotio- nalen Schmerz nicht nur einfach erleben. Sie kämpfen mit ihrem Erleben Menschen und tun oft alles Mögliche, um komplizierte Gefühle, quälende Gedanken, leiden, wenn sie mit ihrem belastende Erinnerungen, beängstigende körperliche Empfindungen zu eigenen Erleben kontrollieren und möglichst zu beseitigen. Die langfristigen Kosten dieser kämpfen emotionalen Vermeidungsprozesse – maßgeblich durch sprachlich-kognitive Lernprozesse beeinflusst – tragen wesentlich dazu bei, normalen Schmerz in klinisches Leiden zu transformieren. Das grundlegende Ziel der ACT ist es, Menschen zu helfen, Vermeidungsziele aufzugeben und ihren unpro- duktiven Kampf mit dem eigenen Erleben zu beenden. Stattdessen können sie lernen, ihre Energien auf das Ausleben eines von persönlichen Werten geleiteten Lebens zu richten und auf Annährungsziele zuzugehen. ACT geht davon aus, dass Symptomfreiheit weder eine Voraussetzung noch eine Ga- rantie für ein solches Leben ist. 1.1 Ziele und Fokus von ACT Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie ist ein kognitiv-verhaltensthe- ACT steht für „action“ = rapeutischer Ansatz, der darauf abzielt, Menschen beizubringen, emotiona- engagiertes len Problemen mit Achtsamkeit und Mitgefühl zu begegnen und gleichzei- Handeln tig in ihrem Leben das zu verfolgen, was ihnen wirklich am Herzen liegt. Die Aussprache „ACT“ ist wichtig, denn sie beschreibt, wofür ACT letzt- endlich steht: bewusste ACTion – entschlossenes engagiertes und von Le- benszielen geleitetes Handeln. Im Kern soll die ACT den Menschen helfen, drei Dinge zu tun: • sich selbst und andere mit Fürsorglichkeit akzeptieren, • eine für sie selbst wertvolle Neuorientierung für ihr Leben wählen und • Handlungen ausführen, die sie auf den Weg in diese Richtung führen. Statt mit dabei auftretenden unerwünschten Gedanken und Gefühlen zu kämpfen, lernen Klienten, diese Gedanken oder Gefühle zuzulassen und sie auf eine neue Weise als zu erlebende Erfahrungen anzuerkennen und zu akzeptieren. Im Prinzip verfolgt die ACT zwei Hauptziele: (1) das Akzep- tieren von unerwünschten Gedanken und Gefühlen, deren Auftreten oder 1 Eifert_ACT.indd 1 02.03.11 16:18
Verschwinden zumeist nur schwer kontrollierbar sind, und (2) eine Neu- orientierung und engagiertes Handeln zu bewirken, um ein wertegeleitetes Leben zu leben. In diesem Sinn geht es bei der ACT gleichzeitig um das Lernen von Akzeptanz und Veränderung. Merke: Behandlungsfokus der ACT ACT (als ganzes Wort gesprochen) ist ein aktueller störungsübergreifender Therapieansatz, der im Kern funktional verhaltensanalytisch orientiert ist. Auf der Grundlage neuerer sprach-lerntheoretischer Annahmen stehen im Zentrum der Behandlung: 1. Vermeidungsstrategien aufgeben und ungewolltes Erleben akzeptieren lernen sowie 2. auf von persönlichen Werten abgeleitete Lebensziele zugehen („wertge- leitete Verhaltensaktivierung“). Akzeptieren von Gedanken und Gefühlen Das Aufgeben von Vermeidungsstrategien und das Akzeptieren und Zulas- sen von in der Regel schwer kontrollierbaren Gedanken und Gefühlen ist der erste und grundlegende Behandlungsschritt. Hierbei geht es um das Erlernen der Fertigkeit auf das Erleben von emotionalen Schmerzen und Belastungen nicht wie bisher mit Kontroll- und Vermeidungsverhalten zu reagieren. Worauf es ankommt, ist aversives Erleben zuzulassen und anzu- nehmen, und zwar nicht mit Resignation und Widerwillen, sondern mit Offenheit, Güte, Mitgefühl und Behutsamkeit. Das Erlernen dieser Fertig- keit dient dazu, den Kampf mit ungewollten Gedanken und Gefühlen zu untergraben und dadurch größere psychische Flexibilität und neue Hand- lungsmöglichkeiten zu schaffen. Chancen ergreifen durch Identifizieren von Werten Bei ACT geht es Beim zweiten Schritt lernen Klienten, ihre persönlichen Lebensziele (Werte) um die Balance von Akzeptieren zu identifizieren und eine Richtung für ihr Leben bestimmen. Es geht da- und Verändern rum, dass Menschen entdecken, was ihnen im Leben wichtig ist und ihnen wirklich am Herzen liegt – was Sie schätzen – und dann die Chance ergrei- fen und sich dafür entscheiden. Tun/Engagiertes Handeln Beim dritten Schritt geht es für Klienten darum zu lernen, engagiert zu han- deln und sich zunehmend mehr und häufiger auf eine Weise zu verhalten, die sie in Richtung ihrer gewählten Lebenswerte voranbringt. Therapeuten helfen den Klienten, sich immer wieder erneut zu verpflichten (Commitment), das zu 2 Eifert_ACT.indd 2 02.03.11 16:18
verändern, was sie ändern können: ihr Verhalten. Klienten lernen dabei auch, auftretende Barrieren – oftmals in Form von „Symptomen“ – gegebenenfalls auf ihren Weg mitzunehmen anstatt sie zu überwinden oder zu besiegen. Merke: ACT = Akzeptieren – Chance ergreifen – Tun Man kann mit dem ACT-Akronym sowohl auf englisch wie auf deutsch die drei Kernschritte und -themen dieses Ansatzes wie folgt zusammenfassen: A = Akzeptiere Gedanken und Gefühle (Accept thoughts and feelings) C = Chancen ergreifen/Werte wählen (Choose values) T = Tun/engagiertes Handeln (Take action) 1.2 Theoretisch-philosophische Wurzeln 1.2.1 Relationsbildungstheorie (RBT) Die wesentliche theoretische und empirische Grundlage von ACT sind em- pirisch basierte Überlegungen zur Funktion der menschlichen Sprache, der Weitergabe symbolischen Wissens und von Erfahrungen, sowie der Rolle von Kognitionen bei fehlender Verhaltensflexibilität (Hayes, 1993). Theo- retische Annahmen zur menschlichen Sprache und Kognition werden in der sogenannten „Relational Frame Theory“ (Relationsbildungstheorie; Hayes, 2004; Hayes, Barnes-Holmes & Roche, 2001) zusammengefasst und im Rahmen von Verhaltensanalysen empirisch untersucht (Rehfeldt & Barnes- Holmes, 2009). Zentral in diesem Zusammenhang ist, dass menschliche Kognitionen und Sprache eine Form gelernten Verhaltens und gelernter relationaler Netzwerke sind. Im Verlauf dieses Lernprozesses kann es vor- kommen, dass ungünstige Relationen hergestellt oder abgeleitet werden, die wiederum einen ungünstigen Einfluss auf andere Relationen und offenes Verhalten nehmen können: Beispielsweise werden infolge der Vermeidung unangenehmer innerer Erfahrungen wie Angst, Schmerz oder depressiver Stimmung (Erlebnisvermeidung) die Verhaltens- und Handlungsressourcen eingeschränkt, was wiederum zu geringer psychischer Flexibilität und rigi- den Verhaltensweisen führt. Dieser Prozess bildet die Grundlage für eine Vielzahl von Lebensproblemen bis hin zu psychischen Störungen. 1.2.2 Funktion- und Kontextorientierung Kognitive Verhaltenstherapeuten versuchen in der Regel Kognitionen direkt zu verändern. Ein solches Vorgehen ist eher mechanistisch anstatt funktional orientiert. Begriffe wie „kognitive Umstrukturierung“ zeigen, dass es darum geht, die fehlerhaften kognitiven Strukturen und Inhalte (z. B. irrationale Gedanken) buchstäblich auszuwechseln und beispielsweise durch realisti- 3 Eifert_ACT.indd 3 02.03.11 16:18
schere Gedanken zu ersetzen – ähnlich wie ein Automechaniker schadhafte alte Zündkerzen durch neue ersetzt. Was hierbei weniger beachtet wird, ist die Funktion von Sprache und Kognition und der Kontext, in dem sie statt- finden. Damit werden spezifische kontextuelle Ereignisse und Umstände, die psychische Ereignisse beeinflussen und regulieren, weitgehend vernachläs- sigt (Ciarrochi & Bailey, 2010). In der ACT geht es darum, vor allem die handlungsorientierte Funktion von Kognitionen kritisch zu unterlaufen, wenn diese Kognitionen Erlebens- und anderes Vermeidungsverhalten begünstigen und nicht hilfreich für die Erreichung von selbst gesetzten Lebenszielen sind. Merke: Die theoretisch-empirische Grundlage der ACT ist die Relationsbildungs- theorie mit ihren Erkenntnissen zur menschlichen Sprache und der Entste- hung von Verhaltensinflexibilität infolge von Erlebensvermeidung. 1.3 ACT ist Teil der Evolution der Verhaltenstherapie ACT ist keine neue Therapie, sondern eine gezielte Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie, insbesondere der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Wie bei der Verhaltenstherapie geht es zunächst darum, Klienten bei ihren Schwierigkeiten zu helfen, die oft ihr Leben beherrschenden Flucht- und Vermeidungsstrategien aufzugeben. Das zweite Ziel ist jedoch nicht der Abbau von „Symptomen“, sondern das Verhalten der Klienten auf das Er- reichen selbst gesetzter positiver Lebensziele auszurichten. Um diese allgemeinen Ziele zu erreichen, wendet ACT eine Reihe von erle- bensorientierten Therapiemethoden an (z. B. Metaphern), die teilweise von anderen Therapieformen adaptiert und die in der KVT im Allgemeinen nicht üblich sind. Dennoch sind die zentralen theoretischen Grundlagen, die funk- tional-pragmatische Ausrichtung und die Betonung von Verhaltensaktivierung ACT ist fest in der Tradition der Verhaltenstherapie (VT) verankert. ACT wird oft als eine Weiter- entwicklung Teil der „dritten Welle“ oder dritten Phase der Verhaltenstherapie bezeichnet der Verhaltens- (Hayes, 2004; Heidenreich, Michalak & Eifert, 2007). Die folgende kurze therapie Darstellung dient dazu, wesentliche gemeinsame Merkmale von der traditio- nellen VT und der ACT darzustellen, damit die Leser die ACT besser einord- nen und gleichzeitig ihre Besonderheiten nachvollziehen können. 1.3.1 Die behaviorale und kognitiv-behaviorale Phase Die erste (behaviorale) Phase der VT zeichnete sich dadurch aus, das die Entwicklung theoretischer Konstrukte und Modelle und deren Umsetzung in therapeutische Interventionen auf einer wissenschaftlich zufriedenstel- 4 Eifert_ACT.indd 4 02.03.11 16:18
lenden empirischen Grundlage erfolgen sollte. Der Ausgangspunkt der Entstehung der VT lag dabei in der Anwendung von Prinzipien der experi- mentellen Psychologie (vor allem der Lerntheorien) auf Verhaltenspro- bleme allgemein und klinische Störungen im Speziellen (Margraf, 2008). Trotz der zahlreichen empirischen Wirksamkeitsnachweise für verhaltens- therapeutische Interventionen, entwickelte sich bei Forschern und Prakti- kern im Laufe der 1960er und 1970er Jahre eine zunehmende Unzufrieden- heit mit der damaligen theoretischen Fundierung der VT: Die „Lerngesetze“ wie klassische und operante Konditionierung erschienen nicht hinreichend, um komplexes menschliches Verhalten, insbesondere Kognition und Spra- che, zu beschreiben. Vor allem die strikten behavioralen Grundsätze und mechanistischen Begrifflichkeiten der Anfangsjahre wurden als einengend erlebt. Die zweite Phase der Verhaltenstherapie erweiterte die bisherige Theorie- bildung um kognitive Prozesse wie Überzeugungen und Schemata (Beck, Emery & Greenberg, 1985). Da im Gegensatz zur Theoriebildung in der behavioralen Phase überzeugende Grundlagenarbeiten aus dem Bereich Sprache und Kognition weitgehend fehlten, wurden eigene kognitive, kli- nisch relevante Modelle entwickelt, die als Grundlage für das Behandlungs- vorgehen dienten. Irrationale Gedanken, ätiologisch bedeutsame kognitive Schemata oder fehlerhafte Prozesse der Informationsverarbeitung werden im therapeutischen Vorgehen angesprochen und auf direktem Weg durch kognitive Bearbeitung und sorgfältig strukturierte Verhaltensaufgaben zu verändern versucht. Obwohl eine stattliche Anzahl von Studien Wirksam- keitsnachweise für die kognitive Verhaltenstherapie geliefert haben (Mar- graf, 2008), finden sich deutlich weniger Nachweise für die angenommenen Wirkmechanismen: Die Notwendigkeit kognitiver Veränderungen zur Bes- serung der problematischen Symptomatik konnte bisher nicht eindeutig empirisch belegt werden; auch die Rolle von Mediatoren der Veränderung ist im Rahmen der KVT nur unzureichend geklärt (Hayes, Luoma, Bond, Masuda & Lillis, 2006). Darüber hinaus ist die grundlagenwissenschaftliche Fundierung für die Integration kognitiver Elemente von Behandlungsprin- zipien weiterhin umstritten (Hayes, 2008; Hofmann & Asmundson, 2008). 1.3.2 Die „dritte Welle“: Akzeptanz und Veränderung Die Ansätze der sogenannten „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie orien- ACT erweitert die klassischen tieren sich weiterhin an klassischen VT-Traditionen (z. B. grundlagenwis- KVT um Acht- senschaftliche Fundierung, Verpflichtung zur empirischen Validierung, samkeit und Akzeptanz Abbau von Vermeidungsstrategien und Aufbau von Annäherungsstrategien). bezüglich Jedoch erweitern sie den Veränderungsfokus und ergänzen klassische ko- inneren Erlebens gnitiv-behaviorale Konzepte wesentlich durch ihren Fokus auf Achtsamkeit und Akzeptanz anstelle auf Kontrolle und Veränderung inneren Erlebens. 5 Eifert_ACT.indd 5 02.03.11 16:18
Eine Gemeinsamkeit dieser neueren Ansätze ist die stärkere Betonung kon- textueller und erlebensorientierter Prozesse und Themen, die bislang eher vernachlässigt und gelegentlich als „unwissenschaftlich“ bezeichnet wur- den (Heidenreich & Michalak, 2007). Darüber hinaus findet sich auch die Annahme, dass zwischen Therapeuten und Klienten keine grundlegenden Unterschiede bestehen im Hinblick auf das Erleben von Leiden und bzgl. Problemen, welche durch Verstrickungen mit Sprache verursacht werden – wir sitzen alle im gleichen Boot (Eifert & Forsyth, 2008). Die Ansätze der dritten Welle haben zwei wesentliche Gemeinsamkeiten: • Therapeuten versuchen nicht die kognitiven Inhalte zu verändern, son- dern ihre oft verhaltenssteuernde Funktion, indem sie Klienten helfen eine neue Beziehung zu ungewolltem Erleben zu entwickeln. Dies dient dazu, die oft nicht funktionierenden und kostspieligen Flucht- und Ver- meidungsstrategien unnötig zu machen. ACT strebt eine • Therapeuten streben eine Balance zwischen Akzeptieren und Verändern Balance zwischen an; sie fördern Akzeptieren, d. h. die Bereitschaft inneres Erleben anzu- Akzeptieren und erkennen und zuzulassen (vor allem unerwünschte Gefühle und Gedan- Verändern an ken), um eine wertgeleitete Verhaltensänderung wahrscheinlicher zu machen. Hierbei ist das Ziel, lebenszielorientiertes Annährungsverhalten zu fördern. Trotz dieser gemeinsamen Grundausrichtung ist das Spektrum der Ansätze und Vertreter der dritten Welle heterogen. Außer der ACT, sind die ein- flussreichsten und am besten empirisch abgesicherten Ansätze der dritten Welle die „Dialektische Verhaltenstherapie“ (DBT, Linehan, 1993) und die „Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie“ (Mindfulness-Based Cognitive Therapy, MBCT; Segal, Williams & Teasdale, 2008). Ein vergleichender Überblick findet sich bei Heidenreich et al. (2007) und in dem Band von Hayes, Follette und Linehan (2004). 2 ACT-„Störungsmodell“ und Therapie- prozesse 2.1 Was verursacht psychisches Leiden? Viele leidende Menschen, die psychotherapeutische Hilfe suchen, tun dies, weil ihr Leben nicht mehr funktioniert, d. h. ihr Lebens- und Handlungs- spielraum scheint so eingeengt zu sein, dass sie unzufrieden und unglück- lich sind und buchstäblich nicht mehr wissen, wie es weiter gehen soll – sie 6 Eifert_ACT.indd 6 02.03.11 16:18
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