Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)

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Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)
Fortschritte der Psychotherapie
Band 45
Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)
von Prof. Dr. Georg H. Eifert

Herausgeber der Reihe:
Prof. Dr. Dietmar Schulte, Prof. Dr. Kurt Hahlweg,
Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Dieter Vaitl
Begründer der Reihe:
Dietmar Schulte, Klaus Grawe, Kurt Hahlweg, Dieter Vaitl
Akzeptanz- und
Commitment-
Therapie (ACT)

von Georg H. Eifert

                      Göttingen · Bern · Wien · Paris · Oxford · Prag · Toronto
                      Cambridge, MA · Amsterdam · Kopenhagen · STOCKHOLM
Prof. Dr. Georg H. Eifert, geb. 1952. 1973 –1979 Studium der Psychologie in Bochum. 1983
Promotion in Frankfurt. Anschließend wissenschaftliche Tätigkeiten an verschiedenen deut-
schen sowie amerikanischen und australischen Universitäten, u.a. Professor für Psychologie an
der James Cook University in North Queensland, Australien, der West Virginia University in
Morgantown und an der University of Hawaii in Honolulu. Seit 2002 Direktor der Abteilung für
Psychologie an der Chapman University in Orange, Kalifornien.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat für die Wiedergabe aller in diesem Buch enthaltenen Informationen
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© 2011 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG
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                        die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Illustrationen: Joseph Ciarrochi und David Mercer
Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar
Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten
Printed in Germany
Auf säurefreiem Papier gedruckt
ISBN 978-3-8017-2215-9
Inhaltsverzeichnis

               1       Beschreibung des ACT-Therapieansatzes . . . . . . . .                                      1
               1.1     Ziele und Fokus von ACT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                1
               1.2     Theoretisch-philosophische Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     3
               1.2.1   Relationsbildungstheorie (RBT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   3
               1.2.2   Funktion- und Kontextorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    3
               1.3     ACT ist Teil der Evolution der Verhaltenstherapie . . . . . . .                            4
               1.3.1   Die behaviorale und kognitiv-behaviorale Phase . . . . . . . .                             4
               1.3.2   Die „dritte Welle“: Akzeptanz und Veränderung . . . . . . . .                              5

               2       ACT-„Störungsmodell“ und Therapie-
                       prozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        6
               2.1     Was verursacht psychisches Leiden? . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     6
               2.2     Störungsrelevante Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               8
               2.2.1   Erlebensvermeidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           9
               2.2.2   Kognitive Fusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        11
               2.2.3   Dominanz der vorgestellten Vergangenheit und
                       Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   13
               2.2.4   Festhalten am Selbstkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               13
               2.2.5   Mangelnde Werteklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             14
               2.2.6   Untätigkeit und beharrliches Vermeidungsverhalten . . . . .                               15
               2.3     Behandlungsprozesse und -ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  16
               2.3.1   Akzeptieren und bereit sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             17
               2.3.2   Kognitive Defusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          19
               2.3.3   Im Hier-und-Jetzt präsent sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              21
               2.3.4   Beobachter-Selbst: Selbst als Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . .                   22
               2.3.5   Klärung von Lebenswerten und -zielen . . . . . . . . . . . . . . . .                      23
               2.3.6   Engagiertes entschlossenes Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    25
               2.3.7   Psychische Flexibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         25

               3       Diagnostische Überlegungen und
                       Fallkonzeptualisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 26
               3.1     Ein transdiagnostischer und integrativer Ansatz . . . . . . . . .                         26
               3.1.1   Allgemeine Indikationsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                26
               3.1.2   Ein transdiagnostischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                27
               3.1.3   Ein integrativer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           29
               3.2     Diagnostik und Messung von Therapieprozessen . . . . . . . .                              29
               3.3     Fallkonzeptualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          31

                                                                                                                 V

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4         Behandlungsstrategien und -methoden . . . . . . . . . .                                   33
                     4.1       ACT ist ein flexibler Therapieansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  33
                     4.2       Haltung und Kernkompetenzen des Therapeuten . . . . . . . .                               34
                     4.3       Behandlungsstrategien und -ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  36
                     4.3.1     Behandlungsfokus auf Erleben und direkter Erfahrung . . .                                 36
                     4.3.2     Behandlungsorientierung des Klienten . . . . . . . . . . . . . . . .                      38
                     4.3.3     Aufgeben der Kontroll- und Bekämpfungsagenda . . . . . . .                                40
                     4.3.3.1   Kreative Hoffnungslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               41
                     4.3.3.2   Unterscheidungslernen: Wann funktioniert Kontrolle
                               und wann nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      44
                     4.3.3.3   Kontrolle in der Außenwelt und der Innenwelt . . . . . . . . . .                          47
                     4.3.4     Klärung von Lebenswerten und -zielen . . . . . . . . . . . . . . . .                      50
                     4.3.4.1   Was sind Werte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         50
                     4.3.4.2   Erleben von zentralen Werten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                51
                     4.3.4.3   Verpflichtung von Klient und Therapeut . . . . . . . . . . . . . . .                      52
                     4.3.4.4   Abklärung konkreter Intentionen (Absichten) . . . . . . . . . . .                         53
                     4.3.5     Lernen von Akzeptieren, Achtsamkeit und Bereitschaft . . .                                54
                     4.3.5.1   Entwicklung von Akzeptieren durch Achtsamkeit . . . . . . .                               55
                     4.3.5.2   Entwicklung von Bereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                58
                     4.3.5.3   Förderung von Mitgefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             61
                     4.3.6     Kognitive Defusion und Beobachter-Selbst . . . . . . . . . . . .                          66
                     4.3.6.1   Kognitive Defusion: Lösen aus Gedanken-
                               verstrickungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      66
                     4.3.6.2   Förderung des Beobachter-Selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   72
                     4.3.7     Verhaltensaktivierung – Entschlossenes wertorientiertes
                               Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   75
                     4.3.7.1   Konkrete und erreichbare Ziele setzen . . . . . . . . . . . . . . . .                     76
                     4.3.7.2   Verhaltensschritte logisch und hierarchisch anordnen . . . .                              77
                     4.3.7.3   Verhaltensverpflichtung und -durchführung . . . . . . . . . . . .                         77
                     4.3.7.4   Werte in schwierigen Situation ausleben . . . . . . . . . . . . . . .                     78
                     4.3.8     Exposition im Rahmen von ACT. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     79
                     4.3.8.1   Kontext und Ziel von Exposition in der ACT . . . . . . . . . . .                          80
                     4.3.8.2   Arten von Expositionsübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  81
                     4.4       Probleme bei der Durchführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  82
                     4.4.1     Barrieren und Rückschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               82
                     4.4.1.1   Lernen, Barrieren mitzunehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   82
                     4.4.1.2   Neuverpflichtung bei Rückschlägen – Auf Kurs bleiben . . .                                84
                     4.4.2     Mangelnde Bereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            85
                     4.4.3     Intensive Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           85
                     4.4.4     Verhaltensdefizite (Mangelnde Fertigkeiten) . . . . . . . . . . .                         86
                     4.4.5     Probleme in der Haltung des Therapeuten . . . . . . . . . . . . .                         86

                     5         Effektivität von ACT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              87
                     5.1       Therapieerfolgsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              87
                     5.2       Prozessforschungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               89

                     VI

Eifert_ACT.indd VI                                                                                                            02.03.11 16:18
6     Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    89

                7     Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  91

                8     Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   91

                9     Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    97
                      Ressourcen zur ACT im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  97
                      Akzeptanz- und Handlungsfragebogen (AAQ-Rev-16) . . . .                                   98
                      Arbeitsblatt „Beschriften Sie Ihren eigenen Grabstein“. . . . 100
                      Arbeitsblatt „Mein Lebenskompass“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
                      Arbeitsblatt „Werte und Ziele“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

                      Karte:
                      ACT-Fallkonzeptformular

                                                                                                                VII

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1        Beschreibung des ACT-Therapieansatzes

               „Menschen leiden. Sie erleben nicht nur Schmerz – Leiden ist mehr“
               (Hayes, 2007, S. 15). Steven Hayes, der führende Begründer von ACT, will
               mit diesen ersten Sätzen seines Buches ausdrücken, dass Menschen emotio-
               nalen Schmerz nicht nur einfach erleben. Sie kämpfen mit ihrem Erleben       Menschen
               und tun oft alles Mögliche, um komplizierte Gefühle, quälende Gedanken,      leiden, wenn
                                                                                            sie mit ihrem
               belastende Erinnerungen, beängstigende körperliche Empfindungen zu           eigenen Erleben
               kontrollieren und möglichst zu beseitigen. Die langfristigen Kosten dieser   kämpfen

               emotionalen Vermeidungsprozesse – maßgeblich durch sprachlich-kognitive
               Lernprozesse beeinflusst – tragen wesentlich dazu bei, normalen Schmerz
               in klinisches Leiden zu transformieren. Das grundlegende Ziel der ACT ist
               es, Menschen zu helfen, Vermeidungsziele aufzugeben und ihren unpro-
               duktiven Kampf mit dem eigenen Erleben zu beenden. Stattdessen können
               sie lernen, ihre Energien auf das Ausleben eines von persönlichen Werten
               geleiteten Lebens zu richten und auf Annährungsziele zuzugehen. ACT geht
               davon aus, dass Symptomfreiheit weder eine Voraussetzung noch eine Ga-
               rantie für ein solches Leben ist.

               1.1      Ziele und Fokus von ACT

               Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie ist ein kognitiv-verhaltensthe-       ACT steht
                                                                                            für „action“ =
               rapeutischer Ansatz, der darauf abzielt, Menschen beizubringen, emotiona-    engagiertes
               len Problemen mit Achtsamkeit und Mitgefühl zu begegnen und gleichzei-       Handeln
               tig in ihrem Leben das zu verfolgen, was ihnen wirklich am Herzen liegt.
               Die Aussprache „ACT“ ist wichtig, denn sie beschreibt, wofür ACT letzt-
               endlich steht: bewusste ACTion – entschlossenes engagiertes und von Le-
               benszielen geleitetes Handeln.
               Im Kern soll die ACT den Menschen helfen, drei Dinge zu tun:
               • sich selbst und andere mit Fürsorglichkeit akzeptieren,
               • eine für sie selbst wertvolle Neuorientierung für ihr Leben wählen und
               • Handlungen ausführen, die sie auf den Weg in diese Richtung führen.
               Statt mit dabei auftretenden unerwünschten Gedanken und Gefühlen zu
               kämpfen, lernen Klienten, diese Gedanken oder Gefühle zuzulassen und sie
               auf eine neue Weise als zu erlebende Erfahrungen anzuerkennen und zu
               akzeptieren. Im Prinzip verfolgt die ACT zwei Hauptziele: (1) das Akzep-
               tieren von unerwünschten Gedanken und Gefühlen, deren Auftreten oder

                                                                                       1

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Verschwinden zumeist nur schwer kontrollierbar sind, und (2) eine Neu-
                    orientierung und engagiertes Handeln zu bewirken, um ein wertegeleitetes
                    Leben zu leben. In diesem Sinn geht es bei der ACT gleichzeitig um das
                    Lernen von Akzeptanz und Veränderung.

                        Merke: Behandlungsfokus der ACT
                        ACT (als ganzes Wort gesprochen) ist ein aktueller störungsübergreifender
                        Therapieansatz, der im Kern funktional verhaltensanalytisch orientiert ist.
                        Auf der Grundlage neuerer sprach-lerntheoretischer Annahmen stehen im
                        Zentrum der Behandlung:
                        1. Vermeidungsstrategien aufgeben und ungewolltes Erleben akzeptieren
                           lernen sowie
                        2. auf von persönlichen Werten abgeleitete Lebensziele zugehen („wertge-
                           leitete Verhaltensaktivierung“).

                    Akzeptieren von Gedanken und Gefühlen
                    Das Aufgeben von Vermeidungsstrategien und das Akzeptieren und Zulas-
                    sen von in der Regel schwer kontrollierbaren Gedanken und Gefühlen ist
                    der erste und grundlegende Behandlungsschritt. Hierbei geht es um das
                    Erlernen der Fertigkeit auf das Erleben von emotionalen Schmerzen und
                    Belastungen nicht wie bisher mit Kontroll- und Vermeidungsverhalten zu
                    reagieren. Worauf es ankommt, ist aversives Erleben zuzulassen und anzu-
                    nehmen, und zwar nicht mit Resignation und Widerwillen, sondern mit
                    Offenheit, Güte, Mitgefühl und Behutsamkeit. Das Erlernen dieser Fertig-
                    keit dient dazu, den Kampf mit ungewollten Gedanken und Gefühlen zu
                    untergraben und dadurch größere psychische Flexibilität und neue Hand-
                    lungsmöglichkeiten zu schaffen.

                    Chancen ergreifen durch Identifizieren von Werten
  Bei ACT geht es   Beim zweiten Schritt lernen Klienten, ihre persönlichen Lebensziele (Werte)
   um die Balance
  von Akzeptieren
                    zu identifizieren und eine Richtung für ihr Leben bestimmen. Es geht da-
   und Verändern    rum, dass Menschen entdecken, was ihnen im Leben wichtig ist und ihnen
                    wirklich am Herzen liegt – was Sie schätzen – und dann die Chance ergrei-
                    fen und sich dafür entscheiden.

                    Tun/Engagiertes Handeln
                    Beim dritten Schritt geht es für Klienten darum zu lernen, engagiert zu han-
                    deln und sich zunehmend mehr und häufiger auf eine Weise zu verhalten, die
                    sie in Richtung ihrer gewählten Lebenswerte voranbringt. Therapeuten helfen
                    den Klienten, sich immer wieder erneut zu verpflichten (Commitment), das zu

                    2

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verändern, was sie ändern können: ihr Verhalten. Klienten lernen dabei auch,
               auftretende Barrieren – oftmals in Form von „Symptomen“ – gegebenenfalls
               auf ihren Weg mitzunehmen anstatt sie zu überwinden oder zu besiegen.

                    Merke: ACT = Akzeptieren – Chance ergreifen – Tun
                    Man kann mit dem ACT-Akronym sowohl auf englisch wie auf deutsch die
                    drei Kernschritte und -themen dieses Ansatzes wie folgt zusammenfassen:
                    A = Akzeptiere Gedanken und Gefühle (Accept thoughts and feelings)
                    C = Chancen ergreifen/Werte wählen (Choose values)
                    T = Tun/engagiertes Handeln (Take action)

               1.2          Theoretisch-philosophische Wurzeln

               1.2.1        Relationsbildungstheorie (RBT)
               Die wesentliche theoretische und empirische Grundlage von ACT sind em-
               pirisch basierte Überlegungen zur Funktion der menschlichen Sprache, der
               Weitergabe symbolischen Wissens und von Erfahrungen, sowie der Rolle
               von Kognitionen bei fehlender Verhaltensflexibilität (Hayes, 1993). Theo-
               retische Annahmen zur menschlichen Sprache und Kognition werden in der
               sogenannten „Relational Frame Theory“ (Relationsbildungstheorie; Hayes,
               2004; Hayes, Barnes-Holmes & Roche, 2001) zusammengefasst und im
               Rahmen von Verhaltensanalysen empirisch untersucht (Rehfeldt & Barnes-
               Holmes, 2009). Zentral in diesem Zusammenhang ist, dass menschliche
               Kognitionen und Sprache eine Form gelernten Verhaltens und gelernter
               relationaler Netzwerke sind. Im Verlauf dieses Lernprozesses kann es vor-
               kommen, dass ungünstige Relationen hergestellt oder abgeleitet werden,
               die wiederum einen ungünstigen Einfluss auf andere Relationen und offenes
               Verhalten nehmen können: Beispielsweise werden infolge der Vermeidung
               unangenehmer innerer Erfahrungen wie Angst, Schmerz oder depressiver
               Stimmung (Erlebnisvermeidung) die Verhaltens- und Handlungsressourcen
               eingeschränkt, was wiederum zu geringer psychischer Flexibilität und rigi-
               den Verhaltensweisen führt. Dieser Prozess bildet die Grundlage für eine
               Vielzahl von Lebensproblemen bis hin zu psychischen Störungen.

               1.2.2        Funktion- und Kontextorientierung
               Kognitive Verhaltenstherapeuten versuchen in der Regel Kognitionen direkt
               zu verändern. Ein solches Vorgehen ist eher mechanistisch anstatt funktional
               orientiert. Begriffe wie „kognitive Umstrukturierung“ zeigen, dass es darum
               geht, die fehlerhaften kognitiven Strukturen und Inhalte (z. B. irrationale
               Gedanken) buchstäblich auszuwechseln und beispielsweise durch realisti-

                                                                                              3

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schere Gedanken zu ersetzen – ähnlich wie ein Automechaniker schadhafte
                     alte Zündkerzen durch neue ersetzt. Was hierbei weniger beachtet wird, ist
                     die Funktion von Sprache und Kognition und der Kontext, in dem sie statt-
                     finden. Damit werden spezifische kontextuelle Ereignisse und Umstände, die
                     psychische Ereignisse beeinflussen und regulieren, weitgehend vernachläs-
                     sigt (Ciarrochi & Bailey, 2010). In der ACT geht es darum, vor allem die
                     handlungsorientierte Funktion von Kognitionen kritisch zu unterlaufen, wenn
                     diese Kognitionen Erlebens- und anderes Vermeidungsverhalten begünstigen
                     und nicht hilfreich für die Erreichung von selbst gesetzten Lebenszielen sind.

                         Merke:
                         Die theoretisch-empirische Grundlage der ACT ist die Relationsbildungs-
                         theorie mit ihren Erkenntnissen zur menschlichen Sprache und der Entste-
                         hung von Verhaltensinflexibilität infolge von Erlebensvermeidung.

                     1.3          ACT ist Teil der Evolution der Verhaltenstherapie

                     ACT ist keine neue Therapie, sondern eine gezielte Weiterentwicklung der
                     Verhaltenstherapie, insbesondere der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT).
                     Wie bei der Verhaltenstherapie geht es zunächst darum, Klienten bei ihren
                     Schwierigkeiten zu helfen, die oft ihr Leben beherrschenden Flucht- und
                     Vermeidungsstrategien aufzugeben. Das zweite Ziel ist jedoch nicht der
                     Abbau von „Symptomen“, sondern das Verhalten der Klienten auf das Er-
                     reichen selbst gesetzter positiver Lebensziele auszurichten.
                     Um diese allgemeinen Ziele zu erreichen, wendet ACT eine Reihe von erle-
                     bensorientierten Therapiemethoden an (z. B. Metaphern), die teilweise von
                     anderen Therapieformen adaptiert und die in der KVT im Allgemeinen nicht
                     üblich sind. Dennoch sind die zentralen theoretischen Grundlagen, die funk-
                     tional-pragmatische Ausrichtung und die Betonung von Verhaltensaktivierung
           ACT ist   fest in der Tradition der Verhaltenstherapie (VT) verankert. ACT wird oft als
      eine Weiter-
      entwicklung
                     Teil der „dritten Welle“ oder dritten Phase der Verhaltenstherapie bezeichnet
   der Verhaltens-   (Hayes, 2004; Heidenreich, Michalak & Eifert, 2007). Die folgende kurze
          therapie
                     Darstellung dient dazu, wesentliche gemeinsame Merkmale von der traditio-
                     nellen VT und der ACT darzustellen, damit die Leser die ACT besser einord-
                     nen und gleichzeitig ihre Besonderheiten nachvollziehen können.

                     1.3.1        Die behaviorale und kognitiv-behaviorale Phase
                     Die erste (behaviorale) Phase der VT zeichnete sich dadurch aus, das die
                     Entwicklung theoretischer Konstrukte und Modelle und deren Umsetzung
                     in therapeutische Interventionen auf einer wissenschaftlich zufriedenstel-

                     4

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lenden empirischen Grundlage erfolgen sollte. Der Ausgangspunkt der
               Entstehung der VT lag dabei in der Anwendung von Prinzipien der experi-
               mentellen Psychologie (vor allem der Lerntheorien) auf Verhaltenspro-
               bleme allgemein und klinische Störungen im Speziellen (Margraf, 2008).
               Trotz der zahlreichen empirischen Wirksamkeitsnachweise für verhaltens-
               therapeutische Interventionen, entwickelte sich bei Forschern und Prakti-
               kern im Laufe der 1960er und 1970er Jahre eine zunehmende Unzufrieden-
               heit mit der damaligen theoretischen Fundierung der VT: Die „Lerngesetze“
               wie klassische und operante Konditionierung erschienen nicht hinreichend,
               um komplexes menschliches Verhalten, insbesondere Kognition und Spra-
               che, zu beschreiben. Vor allem die strikten behavioralen Grundsätze und
               mechanistischen Begrifflichkeiten der Anfangsjahre wurden als einengend
               erlebt.
               Die zweite Phase der Verhaltenstherapie erweiterte die bisherige Theorie-
               bildung um kognitive Prozesse wie Überzeugungen und Schemata (Beck,
               Emery & Greenberg, 1985). Da im Gegensatz zur Theoriebildung in der
               behavioralen Phase überzeugende Grundlagenarbeiten aus dem Bereich
               Sprache und Kognition weitgehend fehlten, wurden eigene kognitive, kli-
               nisch relevante Modelle entwickelt, die als Grundlage für das Behandlungs-
               vorgehen dienten. Irrationale Gedanken, ätiologisch bedeutsame kognitive
               Schemata oder fehlerhafte Prozesse der Informationsverarbeitung werden
               im therapeutischen Vorgehen angesprochen und auf direktem Weg durch
               kognitive Bearbeitung und sorgfältig strukturierte Verhaltensaufgaben zu
               verändern versucht. Obwohl eine stattliche Anzahl von Studien Wirksam-
               keitsnachweise für die kognitive Verhaltenstherapie geliefert haben (Mar-
               graf, 2008), finden sich deutlich weniger Nachweise für die angenommenen
               Wirkmechanismen: Die Notwendigkeit kognitiver Veränderungen zur Bes-
               serung der problematischen Symptomatik konnte bisher nicht eindeutig
               empirisch belegt werden; auch die Rolle von Mediatoren der Veränderung
               ist im Rahmen der KVT nur unzureichend geklärt (Hayes, Luoma, Bond,
               Masuda & Lillis, 2006). Darüber hinaus ist die grundlagenwissenschaftliche
               Fundierung für die Integration kognitiver Elemente von Behandlungsprin-
               zipien weiterhin umstritten (Hayes, 2008; Hofmann & Asmundson, 2008).

               1.3.2    Die „dritte Welle“: Akzeptanz und Veränderung

               Die Ansätze der sogenannten „dritten Welle“ der Verhaltenstherapie orien-    ACT erweitert
                                                                                            die klassischen
               tieren sich weiterhin an klassischen VT-Traditionen (z. B. grundlagenwis-    KVT um Acht-
               senschaftliche Fundierung, Verpflichtung zur empirischen Validierung,        samkeit und
                                                                                            Akzeptanz
               Abbau von Vermeidungsstrategien und Aufbau von Annäherungsstrategien).       bezüglich
               Jedoch erweitern sie den Veränderungsfokus und ergänzen klassische ko-       inneren Erlebens
               gnitiv-behaviorale Konzepte wesentlich durch ihren Fokus auf Achtsamkeit
               und Akzeptanz anstelle auf Kontrolle und Veränderung inneren Erlebens.

                                                                                       5

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Eine Gemeinsamkeit dieser neueren Ansätze ist die stärkere Betonung kon-
                     textueller und erlebensorientierter Prozesse und Themen, die bislang eher
                     vernachlässigt und gelegentlich als „unwissenschaftlich“ bezeichnet wur-
                     den (Heidenreich & Michalak, 2007). Darüber hinaus findet sich auch die
                     Annahme, dass zwischen Therapeuten und Klienten keine grundlegenden
                     Unterschiede bestehen im Hinblick auf das Erleben von Leiden und bzgl.
                     Problemen, welche durch Verstrickungen mit Sprache verursacht werden –
                     wir sitzen alle im gleichen Boot (Eifert & Forsyth, 2008).
                     Die Ansätze der dritten Welle haben zwei wesentliche Gemeinsamkeiten:
                     • Therapeuten versuchen nicht die kognitiven Inhalte zu verändern, son-
                       dern ihre oft verhaltenssteuernde Funktion, indem sie Klienten helfen
                       eine neue Beziehung zu ungewolltem Erleben zu entwickeln. Dies dient
                       dazu, die oft nicht funktionierenden und kostspieligen Flucht- und Ver-
                       meidungsstrategien unnötig zu machen.
   ACT strebt eine   • Therapeuten streben eine Balance zwischen Akzeptieren und Verändern
          Balance
        zwischen
                       an; sie fördern Akzeptieren, d. h. die Bereitschaft inneres Erleben anzu-
  Akzeptieren und      erkennen und zuzulassen (vor allem unerwünschte Gefühle und Gedan-
    Verändern an
                       ken), um eine wertgeleitete Verhaltensänderung wahrscheinlicher zu
                       machen. Hierbei ist das Ziel, lebenszielorientiertes Annährungsverhalten
                       zu fördern.
                     Trotz dieser gemeinsamen Grundausrichtung ist das Spektrum der Ansätze
                     und Vertreter der dritten Welle heterogen. Außer der ACT, sind die ein-
                     flussreichsten und am besten empirisch abgesicherten Ansätze der dritten
                     Welle die „Dialektische Verhaltenstherapie“ (DBT, Linehan, 1993) und die
                     „Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie“ (Mindfulness-Based Cognitive
                     Therapy, MBCT; Segal, Williams & Teasdale, 2008). Ein vergleichender
                     Überblick findet sich bei Heidenreich et al. (2007) und in dem Band von
                     Hayes, Follette und Linehan (2004).

                     2        ACT-„Störungsmodell“ und Therapie-
                              prozesse

                     2.1      Was verursacht psychisches Leiden?

                     Viele leidende Menschen, die psychotherapeutische Hilfe suchen, tun dies,
                     weil ihr Leben nicht mehr funktioniert, d. h. ihr Lebens- und Handlungs-
                     spielraum scheint so eingeengt zu sein, dass sie unzufrieden und unglück-
                     lich sind und buchstäblich nicht mehr wissen, wie es weiter gehen soll – sie

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