Alte Meister Kunst des 19. Jahrhunderts - Auktion 309 18. Mai 2022 Gemälde & Zeichnungen - Karl & Faber
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Auktion 309 18. Mai 2022 KARL & FABER Kunstauktionen · Amiraplatz 3 · 80333 München Alte Meister Kunst des 19. Jahrhunderts Old Masters 19th Century Art INHALT / INDEX Gemälde Alte Meister / Old Master Paintings Los / Lot 1–27 S. 15 Gemälde 19. Jahrhundert / 19th Century Paintings Los / Lot 30 –117 S. 43 Aquarelle & Zeichnungen 15. – 19. Jahrhundert / 15th – 19th Century Watercolours & Drawings Los / Lot 120–152 S. 137
ÖFFENTLICH BESTELLTE UND VEREIDIGTE AUKTIONATOREN / PUBLICLY APPOINTED AND SWORN AUCTIONEERS TERMINE DATES AUKTION 309 – Mittwoch, 18. Mai 2022 AUCTION 309 – Wednesday, 18 May 2022 Dr. Rupert Keim Sheila Scott, M. Phil. Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts Old Masters & 19th Century Art Geschäftsführender Gesellschafter / Geschäftsführerin / Managing Partner Managing Director 14 Uhr Gemälde & Zeichnungen Los 1 – 152 2 pm Paintings & Drawings Lot 1 – 152 +49 89 22 18 65 +49 89 24 22 87 16 16 : 30 Uhr Druckgrafik (separater Katalog) Los 160 – 307 4: 30 pm Prints (separate catalogue) Lot 160 – 307 info@karlundfaber.de sscott@karlundfaber.de Unseren Katalog finden Sie auch auf Please find our English catalogue at karlundfaber.de/kaufen/live-auktionen/ karlandfaber.com/buy/live-auctions/ EXPERTEN FÜR DIESE AUKTION / SPECIALISTS FOR THIS SALE Heike Birkenmaier, M.A. Leiterin Alte Meister & Katharina Wieland, M.A. VORBESICHTIGUNG ALLER WERKE PREVIEW ALL WORKS Kunst des 19. Jahrhunderts / Leiterin Druckgrafik (15. – 19. Jahrhundert) / Director Old Masters & 19th Century Art Director Prints (15th – 19th Century) MÜNCHEN MUNICH + 49 89 24 22 87 15 +49 89 24 22 87 231 Vernissage: Montag, 9. Mai 2022, 18 – 21 Uhr Opening: Monday, 9 May 2022, 6 – 9 pm hbirkenmaier@karlundfaber.de kwieland@karlundfaber.de Vorbesichtigung: Dienstag, 10. bis Dienstag, 17. Mai 2022 Preview: Tuesday, 10 to Tuesday, 17 May 2022 Montag bis Freitag, 10 – 18 Uhr, Monday to Friday, 10 am to 6 pm Samstag und Sonntag, 11 – 17 Uhr Saturday and Sunday, 11 to 5 pm WISSENSCHAFTLICHE KATALOGBEARBEITUNG UND EXPERTISEN / CATALOGUING AND RESEARCH Sebastian Stoltz, M.A. Sophie-Antoinette von Lülsdorff ONLINE-ONLY-AUKTION ONLINE ONLY AUCTION Wissenschaftliche Katalogbearbeitung / Provenienzforschung & Recherche / Alte Meister & Kunst des 19. Jahrhunderts Old Masters & 19th Century Art Cataloguing & Research Provenance & Research +49 89 24 22 87 239 +49 89 24 22 87 24 Ab Mittwoch, 27. April 2022, 10 Uhr From Wednesday, 27 April 2022, 10 am (CEST) sstoltz@karlundfaber.de sluelsdorff@karlundfaber.de bis Mittwoch, 11. Mai 2022, ca. 18 Uhr to Wednesday, 11 May 2022, c. 6 pm (CEST) auf karlundfaber.de at karlandfaber.com Weitere Informationen auf karlundfaber.de / More information at karlandfaber.com Zustandsberichte auf Anfrage: condition-report@karlundfaber.de/Condition reports upon request: condition-report@karlandfaber.com KARL & FABER Kunstauktionen · Amiraplatz 3 · 80333 München · T + 49 89 22 18 65 · karlundfaber.de · info@karlundfaber.de 11 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 12
KONTAKT KARL & FABER / CONTACT KARL & FABER NIEDERLASSUNG HAMBURG DEPENDANCE DÜSSELDORF Hamburg / Norddeutschland Rheinland Erika Wiebecke, M.A. Alexa Riederer von Paar, M.A. + 49 40 82 24 38 23 +49 211 91 19 41 14 ewiebecke@karlundfaber.de ariederer@karlundfaber.de Hamburg Frauke Willems + 49 40 82 24 38 23 fwillems@karlundfaber.de KARL & FABER Kunstauktionen Amiraplatz 3 · Luitpoldblock 80333 München · Germany REPRÄSENTANTEN / REPRESENTATIVES T +49 89 22 18 65 · F + 49 89 22 83 350 info@karlundfaber.de Tegernsee, Düsseldorf Österreich Christiane Zapp Benedikt Graf Douglas +49 179 242 10 38 +43 660 135 08 02 czapp@karlundfaber.de bdouglas@karlundfaber.de Österreich Schweiz Anastasia Gabrielle Hoyos Gabrielle J. Fehse +43 660 516 67 67 +41 61 272 12 13 ghoyos@karlundfaber.de gfehse@karlundfaber.de Italien USA Teresa Meucci Dr. Sabine Caroline Wilson +39 33 38 63 32 55 +1 917 328 10 15 tmeucci@karlundfaber.de swilson@karlandfaber.com KARL & FABER Hamburg KARL & FABER Düsseldorf Magdalenenstraße 50 · 20148 Hamburg · Germany Mannesmannufer 7 · 40213 Düsseldorf · Germany T +49 40 82 24 38 23 · F +49 40 82 24 38 24 T +49 211 91 19 41 14 hamburg@karlundfaber.de duesseldorf@karlundfaber.de 13 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 14
Entdecken Sie die Druckgrafik in einem separaten Katalog. Los 160– 307 Gemälde Alte Meister Discover the prints in a separate catalogue. Lot 160 – 307 Old Master Paintings Auktion 309 18. Mai 2022 Druckgrafik Alte Meister Kunst des 19. Jahrhunderts Katalogbestellung unter info@karlundfaber.de oder telefonisch unter T +49 89 22 18 65 Order a catalogue via email to info@karlandfaber.com or contact T +49 89 22 18 65 Versteigerung dieser Werke im Rahmen der Sale of these works as part of our Auktion 309 am 18. Mai 2022 in München: Auction 309 on 18 May 2022 in Munich: 14 Uhr Gemälde & Zeichnungen Los 1 – 152 2 pm Paintings & Drawings Lot 1 – 152 16 : 30 Uhr Druckgrafik (separater Katalog) Los 160 – 307 4 : 30 pm Prints (separate catalogue) Lot 160 – 307 15 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 16
Hendrik Frans van Lint (Umkreis) 1684 Antwerpen – Rom 1763 1 | Italienisches Hafencapriccio mit Palazzi Öl auf Kupfer. (Um 1730). 11,8 × 29,5 cm. Gerahmt. € 4.000/5.000 Blick auf die Hafeneinfahrt einer italienischen Küstenstadt mit zahlreichen, auf den flachen Wellenkämmen dahingleiten- den Segelschiffen. Im Dunst der Ferne erscheint silbrig glän- zend eine prachtvolle Palastanlage. Solche kleinformatigen Hendrik Frans van Lint (Umkreis) Veduten waren beliebte Souvenirs für Reisende auf der Grand Tour, jener Bildungs- und Vergnügungsreise, auf die vor allem 2 | Italienische Hafenszenerie mit Segelschiffen junge Aristokraten aus England und dem nördlichen Konti- Öl auf Kupfer. (Um 1730). 12,9 × 30,2 cm. Gerahmt. nent geschickt wurden. € 4.000/5.000 16 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 17
Malerfamilie Vergós tätig in Barcelona in der 2. Hälfte des 15. Jh. 4 | Prinzessin Eudòxia vor dem Grab des heiligen Stephanus Tempera, Gipsstuck und Blattgold auf Holz. (Um 1495/1500). 132 × 69,8 cm. Gerahmt. Mit einer undatierten Fotoexpertise von August Liebmann Mayer, München. Provenienz: Kende Galleries, New York, Auktion 3.10.? (in den 1940er Jahren), Los 60; Privatbesitz Österreich; Privatbesitz, Süddeutschland. € 18.000/24.000 Vorliegende Altartafel zeigt ein posthumes Wunder, das der heilige Stephanus vollbracht haben soll. Die byzantinische Prinzessin Eudòxia ist in Begleitung ihrer Eltern, des Kaisers Theodosius II. und seiner Frau, zum Grab des Heiligen nach Rom gepilgert. Sie trägt einen Kopfschmuck aus Samt mit ei- nem diaphanen Schleier, ihr Kleid ist mit einem großen Gra- natapfelblütendekor bestickt. Das drachenartige Teufelchen, das aus ihrem Mund hervorspringt, ist ein Zeichen dafür, dass Eudòxia durch das Eingreifen des Heiligen von ihrer dämoni- schen Besessenheit befreit wurde, ebenso wie die eisernen Ketten, die von ihren Handgelenken auf den Mosaikfußboden fallen. Neben ihr steht ein weiterer Mann, der wohl ebenfalls für seine Heilung betet. Auf einer größeren Version im Museu Nacional d’Art de Catalunya, Barcelona (Inv-Nr. 024146-000), ehemals Teil des Hochaltars der Pfarrkirche Sant Esteve de Granollers, wird derselbe mit einem Stumpf und auf Krücken gestützt dargestellt. Er ist durch die Jakobsmuscheln und die Petrusschlüssel, die auf seinen Hut aufgenäht sind, sowie durch die Jakobsmuschel an seiner Schulter eindeutig als Pil- Juan de Valdés Leal (Nachfolge) ger gekennzeichnet. Der Leichnam des heiligen Stephanus, in 1622 – Sevilla – 1690 kostbares Goldbrokat gekleidet, ist auf seinem Grab aufge- bahrt, die Palme in seinen Händen verweist auf seinen Status 3 | Unsere Liebe Frau auf dem Pfeiler (Virgen del Pilar) als Märtyrer, der Stein neben seinem Haupt auf sein Martyri- Öl auf Kupfer. (Spätes 17. Jh.). 47 × 32,7 cm (oben halbrund). um. Unter dem gotischen, die Szene rahmenden Wellenschliff- Unterhalb des Altars auf Latein bezeichnet. Gerahmt. bogen hängen verschiedenste Votivgaben, die von seinen Provenienz: heilenden Kräften zeugen. Privatbesitz, Süddeutschland. Die Malerfamilie Vergós war katalanischen Ursprungs und € 5.000/8.000 betrieb im 15./16. Jahrhundert eine florierende Werkstatt in Barcelona. Ihr hispano-flämischer Stil war von Jaume Huguet Das dargestellte Gnadenbild der Jungfrau Maria befindet sich (1414-1492) beeinflusst, mit welchem sie zeitweise eng zu- heute in der Basílica del Pilar im aragonischen Saragossa. sammenarbeitete. 18 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 19
Jan Brueghel d. J. 1601 – Antwerpen 1678 5 | Felsige Flusslandschaft mit Flucht nach Ägypten Öl auf Kupfer. (Anfang der 1630er Jahre). 1993, Los 25, vgl. Klaus Ertz: Jan Brueghel der Ältere (1568 – 21,6 × 27 cm. Gerahmt. 1625). Landschaften mit christlichen Themen, Mythologie, Bd. Literatur: 2, Lingen 2008, S. 514, Kat. Nr. 232, Abb.) und eine weitere Ver- Klaus Ertz: Jan Brueghel der Ältere (1568–1625). Die sion datiert Klaus Ertz um 1605 (London, Privatbesitz, vgl. Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Köln 1979, S. 207, ebd., S. 514-515, Kat. Nr. 233, Abb.). Die Rundkomposition sei- Anm. 236. nes Vaters übersetzte Jan ins Rechteck, mit dem er die Land- Ausstellung: schaft derart ausweitet, dass man sich als Betrachter in ihr Katalog der Ausstellung: Das Flämische Landschaftsbild des verlieren kann. Jan d. J. übernimmt zwar die Landschaftssil- 16. und 17. Jahrhunderts, Ausstellung 6.-30. November 1927, houette des Vaters mit den Häusern, die durch eine Brücke Galerie Dr. Gottschewski/Dr. Schäffer, Berlin 1927, S. 12, Nr. mit Reiter verbunden sind, doch vergrößert er ihren Abstand 20, Taf. XIV (als Jan Brueghel d. Ä.) zueinander merklich. Aus dem kurzen, schluchtartigen Bach- Provenienz: lauf des Vaters macht Jan d. J. einen breiten, die Komposition Galerie Dr. Gottschewski/Dr. Schäffer, Berlin, 1927 (als Jan durchziehenden Bach, der sich von Felsen und üppiger Ufer- Brueghel d. Ä.); vegetation gesäumt in mehreren Stufen durch das Bild schlän- Winkel og Magnussen, Kopenhagen, Auktion 101, 29.10.1931, gelt. Gespickt mit der Natur abgeschauten Details wie das Los 8 (als Jan Brueghel d. Ä.); Schilf oder die abgebrochenen Bäume erzählt Jan d. J. im Ge- Privatsammlung, Dänemark (in obiger Auktion erworben); gensatz zu seinem Vater eine andere Geschichte, in deren Bruun Rasmussen, Kopenhagen, 3.11.1981, Los 6 (als Jan Mittelpunkt die Landschaft steht. Sie ist der Hauptakteur des Brueghel d.Ä.); Bildes, sie bekommt bei Jan d. J. eine gestalterische Tiefe, die danach Privatbesitz, Norddeutschland. seinem Vater fernliegt. Während sein Vater die Landschaft im Rund gleichsam umschließt, öffnet sein Sohn den Blick auf € 60.000/80.000 eine urwüchsige Landschaft voller erzählerischer, mit höchs- ter malerischer Fertigkeit vorgetragener Details, in der die Als Jan Brueghel d. J. nach dem Ausbruch der Pest 1625 in Menschen und Josephs Flucht mit Maria und dem Christus- Antwerpen, die seinen Vater Jan d. Ä. hingerafft hatte, in seine kind nur Beiwerk sind – sie sind als heilige Figuren kaum er- Heimatstadt zurückkehrte, um dort das väterliche Atelier zu kennbar und könnten auch Wanderer sein wie die Gestalten übernehmen, schloss er sich nicht etwa der neuen Land- hinter ihnen. Jan Brueghel d. J. hat das Thema der Ruhe auf schaftskunst eines Peter Paul Rubens an, sondern setzte die der Flucht vorher wiederholt dargestellt (vgl. Ertz 1984, S. 308- Tradition seines Vaters fort. Sein landschaftliches Werk be- 310, Kat. Nrn. 137–140, und S. 314–319, Kat. Nrn. 147–151), doch steht zu einem großen Teil aus Kopien oder Varianten nach nie in eine so ausgreifende Landschaft eingebettet wie auf vorgefundenen Motiven seines Vaters, die er weiterentwickel- unserer kleinen Kupfertafel. Insofern dokumentiert die kleine te. Die Brueghel-Mode hatte nach dem Tod des Vaters ihren Tafel auch einen Wandel, in dem das christliche Thema hinter Höhepunkt erreicht und der Sohn konnte die Nachfrage nach die Landschaft zurücktritt, deren Ausbreitung im Mittelpunkt Gemälden in der Art seines Vaters kaum befriedigen. der Darstellung steht. Dass Brueghel mit solchen Landschaf- In dieser kurzen Phase, die nur bis etwa 1632 dauert, ist zu ten bei seinem Publikum erfolgreich war, belegt auch eine Beginn der 1630er Jahre unsere kleine Tafel in der künstleri- zeitgenössische, im Format unserer Fassung nahezu entspre- schen Nachfolge seines Vaters entstanden. Sie galt ehemals chende Kopie, die sich in Göteborg befindet (Konstmuseum, als Arbeit Jans d. Ä., was nicht verwunderlich ist, denn sie geht Inv. Nr. GKM 1670, vgl. Ertz 1979, S. 207, Abb. 252). direkt zurück auf eine seiner Kompositionen, die in zwei Fas- Peter Prange sungen als kleinformatige Rundkomposition existiert: Eine si- gnierte Version der „Felsigen Flusslandschaft mit der Flucht Mit Gutachten und Foto-Expertise von Dr. Klaus Ertz, nach Ägypten“ entstand 1600 (New York, Sotheby’s, 20. Mai Lingen, datiert 18.11.2021 20 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 21
Cornelis Norbertus Gijsbrechts Vanitas-Bedeutung. Dass alles der Flüchtigkeit der Zeit unter- um 1625/29 Antwerpen – ? 1675 oder kurz darauf liegt und diese unaufhaltsam verrinnt, verrät uns ein Stunden- glas. Der Docht der heruntergebrannten Kerze verglimmt, die 7 | Vanitasstillleben mit bekränztem Schädel, Blütenblätter werden bald welk sein, die Seifenblasen jeden Rosen und Palette Moment zerplatzen. Selbst die Gelehrsamkeit – darauf wird Öl auf Leinwand, aufgezogen auf Holzplatte. (Um 1660-65). mit dem geöffneten, mit einem Eselsohr versehenen Folianten 74,5 × 86,5 cm. Gerahmt. hingewiesen – darf über die Vergänglichkeit nicht hinwegtäu- Provenienz: schen. Eine dämmrige Atmosphäre hält den Bildeindruck zu- Italienisch Privatbesitz, Norddeutschland. sammen; einzig die arrangierten Gegenstände auf dem Tisch € 3.000/5.000 leuchten juwelenhaft aus dem Halbdunkel hervor, besonders 6 | Blumenumrankte Früchteschale mit Jagdtrophäen die strahlendgelben Getreidehalme, die auf die Auferstehung Öl auf Leinwand. (18. Jh.). 54 × 77 cm. Gerahmt. In einer Wandnische sind auf einem achtlos übergeworfenen Christi verweisen. Die Darstellung ermahnt, sich trotz aller Provenienz: Tischtuch zahlreiche Gegenstände nebeneinander ausgelegt. Schönheit nicht an Diesseitiges zu klammern, sondern das Ottorino Visconti Gallerie d’Arte, verso auf dem Keilrahmen Dort befinden sich u.a. auf Rosen gebettet, ein von Ähren um- ewige Leben zu bedenken. mit Aufkleber; kränzter Totenschädel, ein aufgeschlagenes Notenheft sowie Privatbesitz, Süddeutschland. eine Palette mit antrocknender Farbe und einem Bündel Pin- Wir danken Dr. Fred Meijer, Amsterdam, für die Identifizierung € 4.000/5.000 sel. Gijsbrechts versammelt hier ausschließlich Objekte mit des Künstlers und wertvolle Hinweise. 22 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 23
Bolognesisch 8 | Der heilige Hieronymus Öl auf Leinwand. 1663. 122,8 × 91,8 cm. Datiert auf der aufgeschlagenen Seite des Buches. Gerahmt. Provenienz: Privatbesitz, Süddeutschland. € 18.000/24.000 Der heilige Hieronymus, einer der vier lateinischen Kirchenvä- ter, lebte als Asket zurückgezogen in der Wüste. Sein einziger Gefährte war sein Löwe, dem er der Überlieferung zufolge ei- nen Dorn aus der Pranke gezogen haben soll, und der darauf- hin zahm wurde und nicht mehr von seiner Seite wich. Der greise Mann hockt vor dem blätterumrankten Eingang zu ei- ner Felsgrotte, links neben ihm lagert sein Löwe. Die blasse Haut und das graue Haar kontrastieren scharf mit der leuch- tend roten Farbe des Umhangs, der um seinen hageren Körper drapiert ist. Er beugt sich über einen Felsen, der ihm als Pult dient, und ist damit beschäftigt, die Bibel aus dem griechi- schen Urtext in die lateinische Vulgata zu übersetzen. Vorlie- gende Darstellung stammt wohl von einem Vertreter der Bolo- gneser Schule und rekurriert auf den Blick des ehrfürchtig zum Himmel aufsehenden Hieronymus Guido Renis im Kunst- historischen Museum Wien (Inv.-Nr. 9124). Wenngleich unser Maler auf den Engel als Überbringer der göttlichen Inspiration verzichtet, scheint auch unser Heiliger die Worte direkt aus dem Himmel zu empfangen. 24 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 25
Ulmer Malerschule Gottfried Eichler d. Ä. 1677 Liebstadt – Augsburg 1759 9 | Bildnis des Ulmer Ratsherren Marx Philipp Besserer einen Patrizier vorgezeichnete Laufbahn, erklomm schnell Öl auf Leinwand, doubliert. 1635. 60,7 × 52,5 cm. Datiert und sämtliche Sprossen auf der Karriereleiter, bevor er 1629 zum 10 | Selbstbildnis bezeichnet „ÆTATIS SUÆ 40“ oben rechts, darüber das Oberrichter aufstieg und im August 1635 in den Geheimen Öl auf Leinwand, doubliert. (Um 1706). 56 × 51,2 cm. Stammwappen der Besserer von Thalfingen. Verso auf Rat gewählt wurde. Noch im gleichen Jahr verstarb er „seines Gerahmt. einem altem Klebeetikett bezeichnet „Marx Philipp Eitel Alters vierzigjährig“ – so die Inschrift, über der das Wappen € 6.000/8.000 Eberhard Besserer/erstgeborener Sohn. Natus 1595 J: 16 der Besserer prangt. Es zeigt einen silbernen Becher auf October“. Gerahmt. schwarzem Grund, darüber einen Helm, dem als Zierde zwei Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich bei vorliegen- nedetto Luti und Carlo Maratta weiterbildete. Dort schloss er Provenienz: Arme entwachsen, die einen mit drei schwarzen Straußenfe- dem Brustbild um ein Selbstporträt des Malers Gottfried Eich- auch Freundschaft mit Kupezky, mit dem er dann um 1706 Privatsammlung, Österreich. dern besteckten Becher halten. lers d. Ä. Dafür spricht der unverwandte, energische Blick und nach Wien ging, bevor er sich schließlich 1713 in Augsburg nie- € 4.000/5.000 Da der Dargestellte in seinem Todesjahr 1635 porträtiert der Verzicht auf jegliche Idealisierung, die bei Auftragsarbei- derließ. Das Selbstporträt könnte während des Aufenthaltes in wurde, in welches auch seine Aufnahme in den Geheimen Rat ten häufig mit einfloss. So zeichnen sich die Narben einer Wien entstanden sein und stellt den Maler als etwa Dreißigjäh- Marx Philipp Besserer wurde am 16. Oktober 1594 in der fiel, hat er sich zu diesem Zeitpunkt wohl nicht außerhalb von überstandenen Pockenerkrankung deutlich auf Stirn und Kinn rigen dar. Er ist in ein blaues Brokatgewand gekleidet, sein Freien Reichsstadt Ulm geboren. Er entstammte dem alten Ulm aufgehalten. Die Vermutung liegt also nahe, dass dieses ab, eine Art von Realismus, die laut Börsch-Supan dem zehn Übermantel ist auf die rote, pelzbesetzte Mütze abgestimmt. schwäbischen Geschlecht der Besserer, die seit dem 13. Jahr- Brustbildnis von dem aus Franken stammenden Andreas Jahre älteren Malerkollegen Johann Kupezky nahestehe. hundert zur städtischen Führungselite zählten und die höchs- Schuch (um 1600–1686) stammen könnte, der drei Jahre spä- Von 1696–1703 war Eichler Schüler von Johann Heiss in Mit einem schriftlichen Gutachten von Professor Dr. Helmut ten Ämter bekleideten. Marx Philipp durchlief die damals für ter auch den Sohn Marx Philipp d. J. Besserer malen sollte. Augsburg, danach zog es ihn nach Rom, wo er sich bei Be- Börsch-Supan, Berlin, vom 5.10.2010 (in Kopie). 26 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 27
Jeanne-Agnès Berthelot de Pléneuf (1698–1727) war eine der Ihr Aufstieg fand jedoch ein jähes Ende, als sie 1725 eine Int- schillerndsten Gestalten der Régence und als Mätresse des rige entspann, um den Bischof André-Hercule de Fleury ins Herzogs von Bourbon, der für den unmündigen Louis XV. ein- Exil zu drängen. Nach Fleurys Rückkehr und dem Verweis des trat, für kurze Zeit die eigentliche Herrscherin Frankreichs. Sie Herzogs nach Chantilly wurde sie, nun in Ungnade gefallen, stammte aus dem in der Bretagne angesessenen Geschlecht auf das Gut ihres Mannes in Courbépine verbannt, wo sie im Jean-Baptiste van Loo (Nachfolge) der Berthelot. Ihr Vater arrangierte die Heirat der 15-jährigen folgenden Jahr unter ungeklärten Umständen verstarb. Ihren 1684 – Aix-en-Provence – 1745 mit dem mittellosen Louis de Prie, Marquis de Plasnes, dem sie letzten Jahren setzte Stefan Zweig mit seiner Erzählung „Ge- an den savoyischen Hof in Turin folgte. Nach dem Umzug nach schichte eines Untergangs“ (1910) ein literarisches Denkmal. 12 | Bildnis der Jeanne-Agnès Berthelot de Pléneuf, Versailles wurde sie die Geliebte des Premierministers, dessen Jean-Baptiste van Loos Porträt der Jeanne-Agnès Ber- Marquise de Prie Politik sie in den nächsten Jahren maßgebend mitbestimmte. thelot de Pléneuf wurde vielfach von seinen Werkstattgehil- Anthonie Palamedesz. (Nachfolge) Öl auf Leinwand, randdoubliert. 47,2 × 38,1 cm. Gerahmt. Ihr größter Coup war die eingefädelte Hochzeit des jungen Kö- fen kopiert, ein spiegelverkehrter Kupferstich von Jacques 1601 Delft – Amsterdam 1673 Wir danken Alastair Laing, London, und Gui Rochat, New nigs mit der polnischen Prinzessin Maria Leszczyńska. Der oft Cherreau war bereits im 18. Jahrhundert weit verbreitet. Un- York, für die freundlichen Hinweise zur Katalogisierung kränkliche Ludwig XV. war zwar bereits mit seiner Cousine, der sere Darstellung stammt wohl aus der Nachfolge des Künst- 11 | Die Begrüßung dieses Werks. spanischen Infantin Maria Anna, verlobt; diese hatte aber erst lers. Auf ein samtenes Kissen gestützt, sitzt die Marquise in Öl auf Holz. 42,1 × 53,4 cm. Gerahmt. Provenienz: das zarte Alter von fünf Jahren erreicht, weshalb eine Ehe- einem silbernen Seidenkostüm vor einer Parklandschaft. Auf Provenienz: Privatsammlung, Deutschland, durch Erbfolge an die schließung noch warten musste. Der Fortbestand der regie- ihrer linken Hand hält sie einen goldenen Sittich. Sie lächelt Privatbesitz, Süddeutschland. jetzigen Besitzer. renden Bourbonenlinie war also bedroht, weshalb schnellst- den Betrachter wissend an, ihr rechter Zeigefinger ist zu einer € 4.000/5.000 € 4.000/6.000 möglich eine Kandidatin im zeugungsfähigen Alter hermusste. vielsagenden Geste erhoben. 28 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 29
Johann Elias Ridinger 1698 Ulm – Augsburg 1767 13 | Liegender Hirsch mit zwei Hirschkühen an einem Johann Conrad Seekatz (Umkreis) Baumstamm 1719 Grünstadt – Darmstadt 1768 Öl auf Leinwand, doubliert. 66,2 × 82,6 cm. Gerahmt. Provenienz: 14 | Pendants: Spielende Kinder Seit Jahrzehnten in Privatbesitz, Baden-Württemberg. Öl auf Leinwand, doubliert. (Mitte 18. Jh.). 45,4 × 56,4 cm und € 3.000/4.000 45,7 × 56,4 cm. Jeweils gerahmt. Provenienz: Mit einer Expertise des Thüringer Museums, Eisenach, vom Privatbesitz, Süddeutschland. 8.5.1948 (in Kopie). € 3.000/4.000 30 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 31
Venezianisch ses die Steine, so hätte er sterben müssen. Er griff aber, ge- lenkt von einem Engel, nach der glimmenden Kohle. So behielt 16 | Die Feuerprobe des Mosesknaben er sein Leben, verbrannte sich aber gehörig die Lippen. Der Öl auf Leinwand, doubliert. (Frühes 18. Jh.). 98 × 78 cm. Überlieferung zufolge hatte Moses fortan eine „schwere Spra- Provenienz: che“, will heißen, er stotterte. Privatbesitz, Süddeutschland. In einer prunkvoll ausgestatteten Palastarchitektur drän- € 5.000/8.000 gen sich Diener, Soldaten und Gelehrte um den Thron des Pharaos. Der Mosesknabe sitzt auf dem Schoß seiner Adop- In vorliegendem Bild wird ein selten dargestelltes Thema visu- tivmutter Thermuthis, die sich mit flehendem Blick ihrem Va- alisiert, über das apokryph Flavius Josephus berichtet: Der ter zuwendet (die Krone sitzt wieder an Ort und Stelle, kein Anton Petter Mosesknabe habe die Krone, die ihm der Pharao im Spiel auf- Zacken ist herausgebrochen). Während sie mit einer Handbe- 1781 – Wien – 1858 gesetzt hatte, zu Boden geschleudert und sie mit seinen Füß- wegung signalisiert, das Tablett mit den Edelsteinen abtragen chen getreten (vgl. Antiquitates Judaicae II, 9, 7). Der Pharao, zu lassen, hat Moses schon ein Stück glühende Kohle gefähr- 15N | Das Martyrium der Heiligen Felix und Nabor der seine Königswürde verspottet sah, ließ daraufhin seine lich nah zum Mund geführt. Die Umstehenden weichen aufge- Öl auf Leinwand, doubliert. 1834. 79 × 44,2 cm. Signiert Richter und Obersten zu sich rufen, um über den Fehltritt des schreckt unter großem Gebaren zurück. Moses hat die Feuer- „Anton Petter. p.“ und datiert unten rechts. Gerahmt. Kleinen zu entscheiden. Man unterzog ihn einer Probe: Um probe bestanden und seine Treue unter Beweis gestellt. Provenienz: Der vor allem für seine Historienbilder bekannte Anton auszuschließen, dass sich in dem lästerlichen Verhalten des Privatbesitz, Schweiz. Petter war zum Zeitpunkt der Entstehung des Gemäldes Kindes ein Machtwunsch äußerte, ließ man ihm funkelnde Wir danken Dr. Andreas Gamerith für die wertvollen Hinwei- € 3.000/4.000 Leiter der Mal- und Bildhauerschule der Wiener Akademie. Edelsteine und eine Schale voller Kohlen bringen. Wählte Mo- se zur Katalogisierung dieses Loses. 32 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 33
Lodewijk de Vadder Jacques Joseph Franse 1605 Grimbergen – Brüssel 1655 nach 1782 in Antwerpen tätig 18 | Brabanter Landschaft mit Jägern 17N | Landschaft mit Reisenden in einem Planwagen Öl auf Holz, auf eine weitere Holztafel montiert. 53 × 72,5 cm. Öl auf Holz. 51 × 73,2 cm. Monogrammiert „J.F.“ auf einem Gerahmt. Stein unten links. Verso mit Resten eines alten Ausstellungs- Mit einem schriftlichen Gutachten von Walther Bernt, etiketts. Gerahmt. München, vom 7.5.1968 (in Kopie). Provenienz: Provenienz: Privatbesitz, Schweiz. Seit Jahrzehnten in Privatbesitz, Baden-Württemberg. € 3.000/5.000 € 3.000/4.000 34 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 35
Jacob Philipp Hackert 1737 Prenzlau – San Piero di Careggi bei Florenz 1807 19 | Ein bepackter Maulesel mit Festschmuck Öl auf Holz. 1804. 35,7 × 27,4 cm. Verso signiert, datiert und nummeriert „5.“. Gerahmt. Die Authentizität der vorliegenden Arbeit wurde von Frau Dr. Claudia Nordhoff, Rom, bestätigt. Das Werk wird in das Jacob Philipp Hackert Archiv aufgenommen. € 12.000/15.000 Dieses bislang nicht publizierte Tafelbild entstand in Hackerts letzten aktiven Schaffensjahren. Es gehört wohl zu den Tier- studien, die Hackert entweder auf dem Landgut der Mrs. Woodburn in Settignano oder auf seinem eigenen, in der Nähe von Florenz gelegenen Anwesen in Careggi anfertigte. Diese dokumentierten laut Nordhoff dessen „Liebe zu Tieren, zum anderen seinen Hang zum kleinen Bildausschnitt“ (C. Nord- hoff, Jakob Philipp Hackert, Bd. II, Berlin 1994, S. 158, bei Kat.- Nr. 322). 1802 schrieb Hackert an den Grafen Dönhoff, dass er „nicht nur Ziegen, sondern auch Esel ‚offen nach der Natur aber so daß es fertige Bilder werden‘“ (zit. nach C. Nordhoff, op. cit., S. 204, bei Kat.-Nr. 447) male. Tatsächlich ist der Maulesel nicht als Staffage gedacht, etwa um eine Landschaft zu bele- ben; vielmehr porträtierte ihn Hackert mit subtilem Einfüh- lungsvermögen als eigenständiges und -sinniges Wesen. Der schwer bepackte Esel müht sich einen unbefestigten Weg hi- nauf vorbei an einer Eiche, im Hintergrund erstrecken sich bewaldete Hänge. Obwohl der Kopf des Tieres größtenteils durch einen Maulkorb und einen festlich geschmückten Half- ter verdeckt ist, lassen die freiliegenden, nach vorn gerichte- ten Augen und die gespitzten Ohren das stoische Durchhalte- vermögen des Tieres erkennen. 36 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 37
Harper Adolf Friedrich 1725 – Berlin – 1806 22 | Idealisierte Campagnalandschaft Öl auf Leinwand, doubliert. 1787. 71,6 × 91,6 cm. Signiert und datiert unten rechts auf dem Fundament des Brunnens. Gerahmt. Provenienz: Privatbesitz, Österreich. Adriaen van Ostade (Nachfolge) € 3.000/4.000 1610 – Haarlem – 1685 Alexander Nasmyth (zugeschrieben) Deutsch oder Niederländisch Harper setzte ab 1752 in Rom bei Richard Wilson seine künst- 1758 – Edinburgh – 1840 20 | Landschaft mit bäuerlicher Staffage lerische Ausbildung fort und stand in engem Austausch mit Öl auf Holz. 25,5 × 31 cm. Verso mit altem Lacksiegel. 21 | Jagdstillleben mit erlegtem Fasan und Rebhuhn Winckelmann. Danach trat er in den Dienst von Herzog Carl 23 | Heimkehrender Hirte in weiter Landschaft Gerahmt. Öl auf Leinwand, doubliert. (Um 1700). 66,9 × 85,7 cm. Eugen von Württemberg, dessen Hofmaler er 1759 wurde. 1761 Öl auf Leinwand. 68,7 × 96,3 cm. Signiert unten links. Provenienz: Provenienz: wurde er zum Professor an der später mit der Hohen Carls- Provenienz: Privatbesitz, Süddeutschland. Privatbesitz, Süddeutschland. schule vereinigten Académie des Arts ernannt. Der größte Teil Privatbesitz, Sachsen-Anhalt. € 1.600 € 2.000/2.500 seines Œuvres befindet sich in württembergischen Schlössern. € 3.000/4.000 38 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 39
Schöne charakteristische Arbeit des Künstlers, der zunächst seine Ausbildung in der Privatschule des Kupferstechers Paul Christian Zinck in Leipzig erhalten hatte. Seine Lehrjahre ver- Ein Weg führt am Seeufer entlang in ein dichtes Waldstück brachte er ab 1738 beim sächsischen Landschaftsmaler Jo- hinein. Darauf ein Bauernjunge mit Schubkarre und am linken hann Alexander Thiele. Hinsichtlich des Kolorits schöpfte Vol- Wegesrand ein Hirtenjunge, der einem Mädchen einen Strauß lerdt Inspiration bei Jan Griffier, dessen auch häufig von einem Wiesenblumen überreicht, während die Schafe friedlich gra- hohen Standpunkt aus gesehenen tiefräumigen Landschaften Johann Christian Klengel sen. Im Zentrum der Darstellung steht ein mächtiger einzelner er in der Kurfürstlichen Gemäldegalerie zu Dresden studieren 1751 Kesselsdorf – Dresden 1824 Baum mit weit ausladender Krone, um den Klengel die Kompo- konnte. In den Folgejahren entstanden Elbe- und Rheinland- sition aufbaut. Anke Fröhlich-Schauseil beschreibt die waldige Johann Christian Vollerdt schaften, aber auch Fantasielandschaften, in denen durch Ar- 24 | Baumbestandener Weg am Seeufer mit Hirtenjun- Landschaft als „charakteristisches Werk“ von Klengel, ange- 1708 Leipzig – Dresden 1769 chitekturstaffage und hintereinander gestaffelte Gebirgsfor- gen fangen von Raumauffassung, Staffage, Kolorit bis zum tüpfeln- mationen mehrere Binnenräume angelegt sind, die der Öl auf Leinwand, randdoubliert. 36,4 × 47,9 cm. Verso auf den Pinselschlag des Laubes. 25 | Gewundene Flusslandschaft mit Mühle und Burg Betrachter blickend „durchwandert“. Etikett nummeriert „62“. Gerahmt. Öl auf Holz. (Um 1750). 46,5 × 54,5 cm. Gerahmt. Provenienz: Wir danken Frau Dr. Anke Fröhlich-Schauseil, Dresden, für die Provenienz: Wir danken Frau Dr. Anke Fröhlich-Schauseil, Dresden, für die Privatbesitz, Süddeutschland. Bestätigung der Authentizität dieses Werks auf Grundlage ei- Aus deutschem Adelsbesitz. Bestätigung der Authentizität dieses Werks auf Grundlage ei- € 3.000/4.000 ner digitalen Fotografie (E-Mail vom 4.4.2022). € 5.000/6.000 ner digitalen Fotografie (E-Mail vom 4.4.2022). 40 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 41
Gemälde des 19. Jahrhunderts 19th Century Paintings Niederländisch Neapolitanisch 26 | Stillleben mit Äpfeln, Pflaumen, Trauben und einer Birne 27 | Eierverkäuferin Öl auf Leinwand, doubliert. (18. Jh.). 35 × 26,9 cm. Gerahmt. Öl auf Leinwand, doubliert. (Um 1650/60). 38,9 × 25,1 cm. Provenienz: Provenienz: Privatbesitz, Süddeutschland. Privatbesitz, Deutschland. € 1.800 € 1.500 42 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 43
Christian Leberecht Vogel Heirat 1787 zuwandte. Sich auf das Porträtieren von Kindern 1759 – Dresden – 1816 zu spezialisieren, das war selbst für das Zeitalter der Empfind- samkeit ungewöhnlich. Über eine allgemeine Sensibilisierung 30 | Knabe mit Skizzenbuch für das Kind und dessen Belange hinausreichend, gründete Öl auf Leinwand, doubliert. 1797. 65,5 × 54,6 cm. Verso auf Vogels Motivation wohl auf der aus der Aufklärung hervorge- dem Spannrahmen und auf der Rahmenrückseite datiert und henden Überzeugung, dass eine intellektuelle wie sittlich-äs- mit dem Namen bezeichnet „III Vogel“. Im O.-Rahmen. thetische Erziehung zur Verbesserung der gesellschaftlichen Provenienz: Verhältnisse beitragen könne und so nicht nur Staatsmänner, Louis Leopold Boilly Bréton/Zuber 1161 PP. Pescheteau-Badin-Godeau & Leroy, Paris, Auktion, 6.2.2002, sondern auch die nächste Generation Maler herangezogen 1761 La Bassée – Paris 1845 Literatur: Los 74; werden würde. Étienne Bréton und Pascal Zuber, Louis-Léopold Boilly. Privatsammlung, Österreich. Hier zeigt er in warmtonigem Kolorit einen elegant geklei- 31 | Frauenbildnis mit gelber Schleife 1761–1845. Le peintre de la société Parisienne de Louis XVI à € 3.000/4.000 deten Knaben, der ein Skizzenbuch in den Händen hält. Mit (wohl Madame Ducatel) Louis-Philippe, Paris 2019, Bd. 2, S. 774, Kat.-Nr. 1161 PP, mit selbstvergessener Nachdenklichkeit schaut er von der aufge- Öl auf Leinwand. 1826. 21,8 × 17,1 cm. Bezeichnet auf einem farb. Abb. Vogel war nicht nur ein gefragter Maler, sondern auch ein schlagenen Doppelseite auf und mustert sein Gegenüber mit Etikett auf der Rückseite des Keilrahmens „Mme Duca- Provenienz: hoch geschätzter Kunsttheoretiker und ab 1814 Professor an wachem Blick. Vogel erteilte den Kindern von Otto Carl Fried- tel/1826/par Boilly“ sowie auf der Rückseite der Leinwand Piasa, Paris, Auktion, 13.12.2006, Los 94 (als Umkreis von der Dresdner Kunstakademie. Überschaut man sein Werk, so rich Fürst von Schönburg-Waldenburg häufig Zeichenunter- „Boilly/père/1826“. Gerahmt. Jules Boilly); fällt auf, dass der Großteil seines Schaffens aus einfühlsamen richt. Möglicherweise handelt es sich bei dem Jungen um ei- Mit einer Fotoexpertise von Dr. Georg Fresen, München, Privatbesitz, Süddeutschland. Kinderbildnissen besteht, denen er sich vermehrt nach seiner nen Zögling des Fürstenhauses. vom 1.2.2008. € 3.000/4.000 44 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 45
Étienne Bouhot 1780 Bard-lès-Époisses – Semur-en-Auxois 1862 32 | Die Wachstube Öl auf dünnem Karton, aufgezogen auf Leinwand. 1830. 29 × 39,5 cm. Signiert und datiert unten links. Gerahmt. Provenienz: Privatbesitz, Nordrhein-Westfalen. € 8.000/12.000 Bouhot ließ sich zunächst in Dijon ausbilden, bevor er 1801 in das Pariser Atelier des Dekorationsmalers Charles Moench eintrat, der gerade mit der Ausstattung von Bonapartes Ge- mächern im Tuilerien-Palast beauftragt worden war. Er setzte seine Ausbildung bei Pierre Prévost fort, bekannt für seine topographisch genauen Veduten, bei dem er selbst große Könnerschaft in der Perspektive erlangte, bis er 1808 schließ- lich mit einer Ansicht der Place Vendôme im Salon debütierte. Vor allem seine Pariser Straßenszenen sind heute ein wert- volles Zeugnis für das Leben in der Stadt während des Kaiser- reichs und der Restauration. Mit diesem Interieur gewährt uns Bouhot, selbst Sohn eines Gendarmen, Zutritt in eine Wach- stube. Der ranghöchste Offizier, erkenntlich an den goldenen Epauletten, sitzt über seinen Schreibtisch gebeugt und stu- diert eine Akte, womöglich ist es aber auch die Tageszeitung. Zwei weitere Uniformierte essen zu Mittag, ein dritter hat die Zellentür geöffnet und tritt einem Bittsteller, womöglich aber auch einem Delinquenten in weißer Sträflingskleidung, ge- genüber. Man ist in Bereitschaft und wartet auf den nächsten Einsatz. Die Darstellung ist auf 1830 datiert, das Jahr der Ju- lirevolution, die nicht nur die Abdankung des Königs zur Fol- ge hatte, sondern auch das erneute Erstarken des Bürger- tums begünstigte. 46 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 47
Ein junger Höfling wirbt um die Gunst von gleich zwei vorneh- men Damen. Schmachtend folgt er ihnen durch eine Parkanla- Eugène Joseph Lejeune ge. Die vordere Dame in Rosa scheint bereits der Versuchung 1818 Beaumont les Autels – Paris 1897 nachzugeben und ist im Begriff, sich zu dem jungen Galan um- zudrehen, was die zweite Dame mit spöttischem Blick zur Nach Léon Augustin Lhermitte 33 | Galante Szene im Park Kenntnis nimmt. Sie will sich nicht von dessen Avancen locken 1844 Mont-Saint-Père – Paris 1925 Öl auf Leinwand, doubliert. 34,3 × 28,3 cm (im Oval). lassen, wird ihre Pflückblumen schön für sich behalten! Die Kopie nach dem großformatigen, 1882 datierten Original im Signiert unten links. Gerahmt. andere hingegen, die dem Flirt zugetan scheint, trägt ihre Rei- 34 | Die Bezahlung der Erntearbeiter Musée d'Orsay, Paris (Inv.-Nr. RF 333), mit welchem der von Provenienz: ze, versinnbildlicht durch ein Blumengewinde, offen zur Schau. Öl auf Leinwand. (Nach 1882). 34,5 × 45 cm. Gerahmt. van Gogh hochgeschätzte Lhermitte weite Berühmtheit er- Koller, Zürich, Auktion 106, 19.3.1998, Los 108; Ihr Übergewand steht offen und wird nur noch durch ein Provenienz: langte. Er wurde zum Chronisten des einfachen, bäuerlichen Hampel, München, Auktion, 10.12.2015, Los 379; schmales Band zusammengehalten. Der junge Mann ist wohl Adolf Weinmüller, München, Auktion, 2.12.1976, Los 1572; Lebens in seinem Heimat-Département Aisne. Besonders der ehemals Privatsammlung, USA. geneigt, die blauen Blümchen, die sie ihm nach hinten reicht, Privatbesitz, Süddeutschland. abwesend stierende Schnitter zur Linken veranschaulicht die € 3.000/4.000 anzunehmen. € 3.000/4.000 Erschöpfung am Ende eines langen Tages der Feldarbeit. 48 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 49
Albrecht Adam 1786 Nördlingen – München 1862 35 | Ein Apfelschimmel, ein Brauner mit Reiter und ein Rappfohlen vor ungarischer Landschaft Der Reiter trägt eine volkstümliche Tracht, die ihn als Angehöri- Öl auf Leinwand. 1845. 56,3 × 72 cm. ger eines südlichen Reitervolks wahrscheinlich in Ungarn aus- Signiert und datiert unten links. Gerahmt. weist, wo die Pferdezucht im 19. Jahrhundert vor allem in der Provenienz: Tiefebene der Puszta große Tradition hatte. Eine solche Ebene, Privatbesitz, Norddeutschland. auf der weitere Pferde weiden, breitet sich unterhalb der Anhöhe € 10.000/12.000 bis zu einem abschließenden Gebirgszug aus. All dies erzählt Albrecht Adam in satten Farben, mit großer Albrecht Adam war nicht nur erschöpfender Schilderer der na- Liebe zum Detail, angereichert mit anekdotischen Motiven wie poleonischen Kriege, sondern auch begnadeter Maler herr- dem Wagen oder den Enten und Hühnern im Vordergrund. Das schaftlicher Pferde. Seit Adam 1819 für den König von Württem- Gemälde ist ein hervorragendes Beispiel für die hohe Malkultur berg eine Reihe von Bildnissen seiner edlen arabischen Pferde Adams; Ulrike von Hase-Schmundt, die beste Kennerin von geschaffen hatte, gehörte die Darstellung von Pferden zu sei- Adams malerischem Werk, geht davon aus, dass es sich wie bei nem festen Repertoire. Selbst begeisterter Reiter und Besitzer vielen anderen Gemälden Adams um eine Gemeinschaftsarbeit von Pferden – etwa des arabischen Schimmels „Rhezia“ – fand mit seinem Sohn Eugen handelt, die durch die Signatur aller- Adam in der in der Nähe der Theresienwiese gelegenen Adamei dings als Werk des Vaters ausgewiesen ist. wiederholt Gelegenheit zum Studium verschiedenster Pferde. Adam hatte ein thematisch ähnliches Gemälde bereits 1830 Von ihm existieren Bildnisse hochgestellter Persönlichkeiten zu ausgeführt, als er sich sieben Wochen in Donaueschingen bei Pferde, aber auch von den Mitgliedern seiner eigenen Familie; den Fürsten von Fürstenberg aufhielt und neben zahlreichen eine eigene Gruppe bilden die sogenannten Pferdestallbilder, auf Pferdebildnissen ein Gemälde schuf, auf dem ein Araber eine denen Pfleger die eingestellten Pferde versorgen. Dazu gesellen arabische Stute mit ihrem Fohlen vorführt (Donaueschingen, sich einzelne Gemälde, die auf die südlich-orientalische Her- Fürsten zu Fürstenberg). Ein 1844 entstandenes Gemälde soll kunft der edlen Araber verweisen: Auf unserem Gemälde stehen den großen Siglavi, jenen arabischen Hengst, der eine der Lipiz- sich auf einer Anhöhe ein orientalisch anmutender Reiter und zaner-Hengst-Linien begründete, und den Forresto-Schimmel ein Mann mit wärmendem Umhang gegenüber, in dem man wohl des kaiserlichen Marstalls in Wien zeigen (Nürnberg, Germani- eine Art Pferdehirte erkennen darf, der für die Versorgung und sches Nationalmuseum, Inv. Nr. Gm 1652). Mit solchen Gemälden Ausbildung der Pferde verantwortlich war. Ihr Zusammentreffen versuchte Adam das Pferdebildnis aus seinem traditionellen steht in der Tradition der Begegnungsbilder Wilhelms von Ko- Darstellungszusammenhang zu lösen, indem er durch die Staffa- bell, auf denen sich unterschiedliche Stände begegnen – hier ge und Landschaft auf die exotische Herkunft der Tiere verwies. der offensichtlich höhergestellte Reiter, ihm gegenüber der zu Peter Prange ihm aufschauende Hirte. Um was es bei ihrem Gespräch geht, wird hingegen nicht ersichtlich – kommt der Reiter zur Kontrolle Wir danken Frau Dr. Ulrike von Hase-Schmundt, München, für oder sollte es um einen Handel mit dem bei dem Hirten stehen- die Bestätigung der Authentizität und für wertvolle Hinweise den grauen Schimmel und seinem Araberfohlen gehen? zur Katalogisierung dieses Werks. 50 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 51
Heinrich Adam ließ sich an der Augsburger Kunstakademie zum Radierer ausbilden. 1811 reiste er zusammen mit seinem Heinrich Adam Bruder Albrecht, späteres Haupt der Malerfamilie Adam, nach 1787 Nördlingen – München 1862 Oberitalien an den Comer See. In dieser Zeit entdeckte er, an- Deutsch geleitet durch seinen Bruder, erst die Aquarell- und dann die 37 | Blick auf Riva del Garda Ölmalerei für sich. Seine Städteansichten sind mit ihren klar 36 | Baumgesäumte Wiesenlandschaft Öl auf Bütten, aufgezogen auf feste Pappe. (1840er Jahre). umrissenen Formen im Klassizismus verhaftet, wobei sie Öl auf Velin, aufgezogen auf Leinwand. (Um 1820/30) 35,2 × 48,9 cm. Wohl verso unter der Montierung bezeichnet. durch eingestreute Staffagefiguren, ausfahrende Fischerboo- 26,2 × 38 cm. Gerahmt. Gerahmt. te o. Ä. aufgelockert werden. Unsere Vedute zeigt die Gemein- Provenienz: Provenienz: de Riva im Trentino, an der Nordwestspitze des Gardasees Privatbesitz, Berlin. Privatbesitz, Berlin. gelegen. Am südöstlichen Rand der Altstadt ist die Wasser- € 4.000/5.000 € 6.000/8.000 burg Rocca di Riva mit ihren vier Ecktürmen zu erkennen. 52 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 53
Carl Robert Kummer Stufen zum Castello Antico empor. Im Hintergrund leuchten 1810 – Dresden – 1889 die drei Faraglioni, die berühmten kegelförmigen Kalksteinfor- mationen, im Schein der sinkenden Sonne rosafarben. 39 | Die Faraglioni vor Capri Kummers letzte große Reise hatte ihn, begleitet von seiner Öl auf Malkarton. (1870). 33,5 × 48,3 cm. Signiert unten Frau, Anfang 1868 über Triest nach Kairo geführt. Nach nur rechts. Nummeriert verso auf altem Aufkleber „241“. Gerahmt. kurzem Aufenthalt ging es mit dem Dampfer nach Messina auf Nüdling 274. Sizilien, wodurch die Jugenderinnerungen an seine früheren Literatur: Italienaufenthalte wiederbelebt wurden. Die nächsten Statio- Elisabeth Nüdling, Carl Robert Kummer. Ein Dresdener Land- nen waren Rom, Florenz und Venedig, wo es zu einem Wieder- schaftsmaler zwischen Romantik und Realismus, Petersberg sehen mit dem dort sesshaft gewordenen Friedrich Nerly kam. Deutsch 2008, Kat.-Nr. 274, S. 262. „Nur mein liebes Capri; Sorrent und Ischia mußte ich lassen, da Provenienz: das Wetter zu einer Seefahrt für Damen nicht einladend war.“ 38 | Felsiges Flusstal mit Stromschnelle Bangels Frankfurter Kunstauktion, 8.6.1891; Obwohl es ihm nicht vergönnt war, nochmal alle seine Sehn- Öl auf Velin, aufgezogen auf festem Karton. (Um 1830) Neumeister, München, Auktion, 16.3.1994, Los 453; suchtsorte zu besuchen, wurde Kummers Begeisterung für die 22,7 × 29,8 cm. Gerahmt. Privatsammlung, Österreich. italienische Landschaft, die sein Spätwerk prägen sollte, neu € 2.000 € 3.000/4.000 entfacht. Abgesehen von seinen Erinnerungen konnte er auf eine breite Sammlung früherer Skizzen zurückgreifen; so be- Die Darstellung lässt an einen Künstler aus dem Umkreis der Bei untergehender Abendsonne ziehen in der Marina Piccola ruht wohl auch diese Darstellung auf einer Zeichnung aus den Dresdner Romantiker denken. auf Capri vier Fischer ein Boot an Land, andere steigen die frühen 1830er Jahren. 54 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 55
Andreas Achenbach 1815 Kassel – Düsseldorf 1907 40 | Heidelandschaft im Abendrot mit Wanderern das kleine Gemälde ein frühes Beispiel für Achenbachs Öl auf Leinwand. 1838. Monogrammiert und datiert unten virtuose Malerei und seine von den Zeitgenossen beson- links. 32,1 × 41,1 cm. Gerahmt. ders geschätzte Fähigkeit, Pleinair-Effekte und – Stimmungen Provenienz: wiederzugeben. Zeichnerische Brillanz und koloristische Ein Seit den 1850er Jahren in Privatbesitz, Süddeutschland. heitlichkeit verdichten sich zu einer Schilderung atmosphäri- € 5.000/8.000 scher Erscheinungen, der poetische Stimmungen eigen sind, „daß sie tief in die Seele des Beschauers eindringen“, wie Wolf- Der 1815 geborene Andreas Achenbach gehört zu jener Gene- gang Müller von Königswinter 1854 in seiner Abhandlung über ration von deutschen Malern, für die nicht mehr Italien Ziel Düsseldorfer Künstler vermerkte. Es ist ein karger Landstrich, ihrer künstlerischen Sehnsucht war. Im Gegensatz zu seinem der von Verlassenheit und Einsamkeit erzählt – der Wanderer Bruder Oswald, der ganz entscheidend das Italienbild in der im Vordergrund, dahinter die alte Frau und Häuser bezeugen zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts prägte, besuchte Andreas eine Landschaft, die zwar noch von romantischen Requisiten zwar Italien, doch blieb das Italienerlebnis bei ihm Episode. erfüllt ist – etwa die Figur des einsamen Wanderers und die Stattdessen wurde er zum „Herrscher über Land und Meer“, atmosphärischen Hell-Dunkel-Effekte – doch ist deren sym- wie ihn 1861 ein Rezensent bezeichnete, wurde zum Chronis- bolhafte Bedeutung einer subjektiven Schilderung des Natur ten der nordischen Landschaft und erlangte mit seinen dra- erlebnisses gewichen, allerdings ohne dass Achenbach den matischen Marinen schon früh in den 1830er Jahren Bekannt- Schritt zur Verselbständigung von Licht und Farbe anstreben heit. Intimer und ruhiger, noch vom Geist der Romantik bzw. vollziehen würde. berührt, präsentiert Achenbach seine Heidelandschaft im In jenen Jahren vor und um 1840 herrschten in Achen- Abendrot. Der verglühende Himmel, durch den Wolken ziehen, bachs Landschaften skandinavische Motive vor – er hatte nimmt mehr als die Hälfte des Malgrundes ein, während sich 1835 zusammen mit seinem Vater Dänemark, Norwegen und darunter eine hügelige, durch sandige Grüntöne geprägte Schweden besucht: „Große, besonders nordische Reisen be- Landschaft bis zum Horizont erstreckt. Rot- und Ockertöne, in reichern früh seine Fantasie und gaben seinen Werken bald die sich teilweise Himmelsblau mischt, dominieren die obere die überzeugende Wahrheit der Naturanschauung“ in der „der Bildhälfte; der Himmel ist kontrastreich in einer Weise be- Geist der Poesie ihn begleitet“, schrieb 1845 ein Zeitgenosse leuchtet, wie sie Andreas im August 1845 gegenüber seinem (Betrachtungen von Lorenz Clasen, in: Correspondenzblatt 1, Bruder Oswald äußerte: „Man muss die Beleuchtung mehr Nr. 5, Juli 1845, S. 51). Diese „überzeugende Wahrheit der Na- durch die Kontraste hervorzubringen suchen als nur durch turanschauung“ liegt auch unserer Heidelandschaft zugrunde, Dunkelheit, denn Schwarz und Weiß machen keinen Effekt.“ die allerdings kein Motiv aus Skandinavien, sondern aus hei- Präzise in der Ausführung und brillant in der Lichtführung ist matlichen Regionen wiedergeben dürfte. Peter Prange 56 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 57
August Albert Zimmermann 1808 Zittau – München 1888 41 | Zwei rastende Jäger vor dem Watzmannmassiv Zimmermann wurde insbesondere für seine erhabenen Öl auf Leinwand. 32,5 × 40,4 cm. Gerahmt. Schilderungen der oberbayerischen und niederösterreichi- Literatur zum Vergleichsbild: schen Gebirgswelten geschätzt. Zwei Jäger halten Zwiespra- Deutsch Rolf Günther und Ilka Melzer, Die Stiftung Friedrich Papper- che mit der Natur und richten ihre Blicke auf die imposante mann Freital: eine Privatsammlung Dresdner Kunst, Freital Kulisse des schneebedeckten Watzmannmassivs. Von die- 42 | Blick auf den Reschensee mit dem Ortler 2003, im Katalogteil. sem Motiv entstanden zwei weitere Versionen, eine in deut- Öl auf Leinwand. (Um 1820). 40,2 × 63,3 cm. Unten rechts mit Provenienz: schem Privatbesitz, die andere im Besitz der Städtischen Resten einer Signatur und undeutlich datiert „1821“ (?). Sammlung Johan Christian Clausen Dahl (1788-1857), verso Sammlungen Freital. Gerahmt. unten auf dem Keilrahmen beschriftet; Provenienz: Privatbesitz, Berlin. Wir danken Professor Dr. Helmut Börsch-Supan, Berlin, für die Privatbesitz, Berlin. € 3.000/4.000 freundliche Auskunft bei der Katalogisierung dieses Werks. € 3.000/4.000 58 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 59
Johann Friedrich Boeck (zugeschrieben) Deutsch 1811 Greifswald – Stettin 1873 43 | Gebirgsblick auf griechische Landschaft 44 | Ostseestrand bei Vollmond Öl auf Velin, aufgezogen auf Karton. (Um 1830). 20,3 × 26,3 Öl auf Leinwand, aufgezogen auf Holzplatte. (Um 1840). cm. Unten rechts undeutlich bezeichnet. Gerahmt. 17,4 × 19,4 cm. Gerahmt. Provenienz: Provenienz: Privatbesitz, Süddeutschland. Privatbesitz, Berlin. € 3.500/4.000 € 4.000/5.000 60 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 61
Dänisch (?) 45 | Bildnis eines Knaben wird vom Flaum der kaum sichtbaren Augenbraue überwölbt, Öl auf Leinwand, doubliert. 1828. 41,9 × 37,1 cm. Rechts vom während der rechte Nasenflügel genauso wie der Mund rechts Dargestellten ligiert monogrammiert und datiert „ÆR:/1828 etwas nach unten verschoben ist. Diese kleinen Abweichun- p.“. Gerahmt. gen von der Frontalität geben dem Kopf innere Spannung, Provenienz: leichte Erregung und bewirken den suggestiven Blick, der den Privatbesitz, Süddeutschland. Betrachter auch heute noch berührt. € 8.000/10.000 Wer ist der Junge? Das Gemälde gibt dazu keinerlei Aus- kunft, so dass eine Identifikation des Jungen nicht möglich Ernst schaut der Junge in eine Welt, die erst noch vor ihm sein wird, doch dürfte er jenen bürgerlichen Schichten ange- liegt. Am Übergang vom Kind zum Jugendlichen stehend, hören, für die das beginnende 19. Jahrhundert einen gesell- schaut er mit wachen Augen den Betrachter nahezu frontal an schaftlichen Aufbruch bedeutete, der auch bildliche Reprä- – kaum merklich ist die leichte Achsenverschiebung zwischen sentation beinhaltete. Genauso wenig wie sich die Identität Kopf und Oberkörper. Der Junge ist mit einer dunkelblauen des Jungen erhellen lässt, bleibt auch der Maler des Gemäl- Jacke mit goldenen Knöpfen bekleidet, die sich – auch be- des im Verborgenen, was man auch deshalb bedauern muss, dingt durch farbliche Veränderungen in den letzten zwei Jahr- da es sich um ein ausgesprochen qualitätvolles Bildnis han- hunderten – nur noch wenig vom dunklen Hintergrund ab- delt. Das Bildnis ist in der traditionellen Form der Büste ange- hebt. Aus der aufgeknöpften Jacke „ergießt“ sich gleichsam legt, die rechts der Schulter Raum für das ligierte Monogramm ein breiter weißer Hemdkragen, der sich auf seine Schultern „AE R/ 1828 p[inxit]“ lässt. Es ist bisher nicht gelungen, dieses gelegt hat und den Kopf wie auf eine weiße Wolke bettet. Das Monogramm mit einem Namen zu verbinden, doch lässt die Weiß des Kragens beherrscht das Bild, tritt aus dem Dunkel Unmittelbarkeit des Blicks, mit der der Junge dem Betrachter hervor und strahlt auf den Kopf des Jungen ab, der im Licht in gegenübertritt, möglicherweise an einen nordischen, vielleicht einer Weise greifbar wird, die nicht ohne Suggestion ist. skandinavischen Künstler denken. Dort hatte etwa in Ham- Man mag in dem weißen Kragen im christlichen Sinne burg Philipp Otto Runge, neben Caspar David Friedrich der auch einen Hinweis auf die Unschuld und Reinheit des Jun- Erfinder der Romantik, zu Beginn des Jahrhunderts mit seinen gen erkennen – Weiß ist die Farbe der Jungfrau Maria – vor „Hülsenbeckschen Kindern“ (Hamburger Kunsthalle, Inv. Nr. allem ist er es aber, der dem strengen Aufbau des Gemäldes HK 1012) ein neues Bild vom Kind geschaffen, das der Darstel- eine sanfte Dynamik verleiht, zusammen mit der unprätentiö- lung des Erwachsenen gleichberechtigt antwortet. Diesen Be- sen Frisur den Kopf in eine leichte Bewegung versetzt. Be- wusstseinswandel hat genauso unser Maler, der auf jede kind- trachtet man ihn länger, dann fallen auch im eigentlich eben- liche Attitüde verzichtet, wie auch der Junge vollzogen, dem mäßigen Gesicht leichte Unregelmäßigkeiten auf, die diesen wir bei seiner Bewusstseinswerdung, bei seiner Entdeckung Eindruck verstärken: Das linke Auge ist ein wenig kleiner und der Welt zuschauen dürfen. Peter Prange 62 KARL & FABER 5. 2022 5. 2022 KARL & FABER 63
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