AMBROSIA - ERFAHRUNGSBERICHT - Verbraucherschutz
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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung (R. Baeker)......................................................................................................................................................... 3 2 Zur Biologie der Beifußblättrigen Ambrosie (Ambrosia artimisiifolia) (R. Baeker)............................................. 4 3 Der Arbeitskreis (R. Baeker).............................................................................................................................................. 5 4 Monitoring im Land Brandenburg (F. Zimmermann, R.Baeker) ................................................................................... 7 5 Gesundheitliche Aspekte (M. Ulrich) ............................................................................................................................ 13 6 Pollenmessung in Brandenburg (R. Baeker) .............................................................................................................. 17 7 Aspekte des Naturschutzes (F. Zimmermann, V. Feichtinger) .................................................................................... 20 8 Verbreitung und Bekämpfung auf landwirtschaftlichen Flächen (G. Schröder, Dr. C. Müller).......................... 21 9 Eintragswege über Vogelfutter und über Saatgut (R. Baeker, Dr. C. Müller)........................................................ 24 10 Ambrosiabekämpfung an den Straßenrändern (M. Berlin, D. Berghof)............................................................... 27 11 Die Ambrosiaproblematik aus der Sicht des Arbeitsschutzes (T. Gehrke) ..................................................... 30 12 Rechtsgrundlagen für Maßnahmen zur Bekämpfung von Ambrosia (S. Hoffmann)..................................... 31 13 Öffentlichkeitsarbeit (R. Baeker).................................................................................................................................. 32 14 Ergebnisse und Diskussion ....................................................................................................................................... 35 15 Zusammenfassung ....................................................................................................................................................... 37 Endredaktion: R. Baeker, Dr. C. Müller, M. Ulrich 2
1 Einleitung Die Beifußblättrige Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) ist in den letzten Jahren in den Fokus von Öffentlichkeit, Wissenschaft und Ärzteschaft gerückt. Gründe dafür sind die zunehmende Ausbreitung der Pflanze sowie das hohe allergene Potenzial ihrer Pollen und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung. Entsprechende Befunde werden für Länder mit großen etablierten Vorkommen in Nordamerika aber auch in Ungarn, Norditalien und Südfrankreich bereits beschrieben. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) hat 2007 in seinem Aktionsplan gegen Allergien die Erarbeitung eines Maßnahmeprogramms gegen die Einschleppung und Verbreitung von Ambrosia aufgenommen und die Aufgabe dem Julius Kühn-Institut (JKI) übertragen. Im gleichen Jahr wurde durch die „Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Ambrosia“ unter Leitung von Dr. Uwe Starfinger vom JKI das „Aktionsprogramm Ambrosia“ initiiert. Ziel des Programms ist es, Deutschland so weit wie möglich von Vorkommen der Art frei zu halten. 2009 vertraten die Experten der Interdisziplinären Arbeitsgruppe die Meinung, dass Deutschland dazu noch die Chance hat. Die Umsetzung des Aktionsprogramms ist Aufgabe der Länder. Brandenburg ist durch das Vorkommen großer zusammenhängender - auch landwirtschaftlicher- Flächen das von Ambrosia am meisten betroffene Bundesland. Der folgende Bericht wertet die beiden vergangenen Vegetationsperioden aus. Die im Brandenburger „Ambrosia Arbeitskreis“ vertretenen Ressorts stellen ihre Aktivitäten, Probleme und Lösungsansätze dar. 3
2 Zur Biologie der Beifußblättrigen Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) Die Beifußblättrige Ambrosie syn. beifußblättriges Traubenkraut- amerik.: Ragweed - gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Die Pflanze wächst aufrecht und kann bis zu 2 Meter hoch werden. Ihre Wuchshöhe wird stark von Standortfaktoren wie Temperatur, Nährstoffe, Wasserversorgung und Konkurrenz durch andere Pflanzen beeinflusst. Sie bevorzugt volle Sonne und warme Gebiete mit nährstoffreichen und leicht sauren Böden, kann aber auch trockene Bodenbedingungen tolerieren. An eher ungünstigen Standorten werden die Pflanzen lediglich zehn Zentimeter hoch, bilden jedoch auch Blüte und Samen aus. Mit Einsetzen der ersten Fröste sterben die Pflanzen ab, die Samen überdauern den Winter. Eine durchschnittlich große Ambrosia produziert ca. 3.000 bis 4.000 Samen, große Pflanzen bilden über 50.000 Samen. Die Keimfähigkeit der Samen im Boden bleibt über einen Zeitraum von 40 Jahren erhalten. Die ersten Pflanzen keimen im Frühjahr (April), die Hauptblütezeit liegt in den Sommermonaten, kann aber bis in den Oktober andauern. Als Jungpflanze besteht die Gefahr, Ambrosia mit anderen Arten aus der Familie der Korbblütler zu verwechseln, z.B. mit dem Gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris), der Studentenblume (Tagetes) oder dem Rainfarn (Tanacetum vulgare). Blühende Ambrosia-Pflanzen haben dagegen charakteristische Merkmale. Ihre männlichen Blütenstände, viele kleine ungestielte Blüten, sind an den Enden der Sprossachsen sowie der Seitenzweige wie Trauben oder Ähren angeordnet. Diese Anordnung ist Ursache der Bezeichnung „Traubenkraut“, der häufig in der Literatur für A. artemisiifolia verwendet wird. An Standorten mit viel Platz und Licht wachsen die Pflanzen in die Breite und bilden dutzende solcher männlichen, kerzenleuchterartig angeordneten Blütenstände aus. Abbildung 1: Blühende Ambrosiapflanze In den zahlreichen Blütenköpfen der Blütenstände produzieren die männlichen Blüten Pollen. Eine Pflanze kann bis zu 1 Million Pollen bilden und bis zum Spätherbst in die Luft abgeben. Die eher unscheinbaren weiblichen Blüten entstehen am Grund des männlichen Blütenstandes oder in den Blattachseln der oberen Blätter. Männliche und weibliche Blütenstände befinden sich auf der gleichen Pflanze, eine Vermehrung erfolgt durch Selbstbefruchtung oder durch Windbestäubung. Damit ist auch eine einzeln stehende Pflanze in der Lage, eine neue Population zu gründen. Der Stängel ist rötlich, rund, behaart und oft sehr verzweigt. Die doppelt fiederschnittigen Blätter sind auf der Ober- und Unterseite grün gefärbt. Diese grüne Färbung ist ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zum Gemeinen Beifuß mit einer silbrigen Blattunterseite. . Die zunehmend günstigeren Klimabedingungen lassen eine weitere Ausbreitung von Ambrosia artemisiifolia erwarten. 4
3 Der Arbeitskreis Auf Initiative der Abteilung Verbraucherschutz des damaligen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz wurde am 3. März 2009 in einem Arbeitsgespräch zum Thema „Ambrosia“ mit Vertretern der Ministerien für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie, für Infrastruktur und Raumordnung und des Innern die Zusammenarbeit in einem ressortübergreifenden Brandenburger „Arbeitskreis Ambrosia“ vereinbart (Mitglieder siehe Anlage 1). Auf der ersten Arbeitskreissitzung am 27. April 2009 wurde ein „Aktionsprogramm Ambrosia des Landes Brandenburg“ beschlossen. Ziel ist es, die Ambrosiabestände zu erfassen, zu minimieren und möglichst zu beseitigen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Damit sollen Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung eingedämmt, Ertragsverluste der Landwirtschaft und Verluste der Artenvielfalt durch Bekämpfungsmaßnahmen vermieden werden. Der Arbeitskreis traf sich jeweils zweimal im Jahr, zusätzlich fanden weitere, nachfolgend beschriebene Aktivitäten statt. Auf Bundesebene agiert der interdisziplinäre Arbeitskreis des Julius Kühn-Instituts (Internet: http://pflanzengesundheit.jki.bund.de/index.php?menuid=60&reporeid=118. Jährlich trifft er sich zu einem zweitägigen Workshop in Braunschweig. Mitglieder des Brandenburger Arbeitskreises nehmen an diesen Veranstaltungen regelmäßig teil und beteiligen sich mit Vorträgen. Vororttermin in der Stadt Drebkau Die Stadt Drebkau wandte sich im April 2009 in einem offenen Brief an den Brandenburger Ministerpräsidenten mit der Bitte um Unterstützung bei der Bekämpfung der Ambrosia. Bei einem Vororttermin im Juli 2009 überzeugten sich die Mitglieder des Arbeitskreises von der besonderen Betroffenheit dieser Region. In der unmittelbaren Umgebung der Stadt war auf landwirtschaftlichen Flächen und an Straßenrändern massiver Ambrosiabewuchs festzustellen (siehe Abbildung 2). Die Stadt Drebkau gründete einen eigenen Arbeitskreis und führte Bekämpfungsmaßnahmen durch. Seit 2009 werden dafür u.a. jährlich MAE- Beschäftigte (Mehraufwandsentschädigung/ sogenannte Ein- Euro-Jobber) für Monitoring und Bekämpfung im Stadtbereich engagiert. Der Arbeitskreis unterstützt die Stadt mit Fachinformationen. Abbildung 2: Drebkau 2009 - massiver Ambrosiabewuchs auf Ackerflächen und an Straßenrändern 5
Wissenschaftliche Projekte im Land Brandenburg Uta Berghöfer und Dr. Felix Rauschmayer vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ) begleiteten im Rahmen des Forschungsprojektes INVASION (gefördert vom BMBF, 2010 beendet) seit 2009 den Prozess der Bildung des Brandenburger Arbeitskreises und die ersten Schritte zur Gestaltung seines Aktionsprogramms. Inhalt des Forschungsprojektes waren u.a. die gesellschaftspolitischen Aspekte von Pflanzeninvasionen, rechtliche Grundlagen und Handlungsoptionen sowie Untersuchungen zum Risikomanagement von Ambrosia. Ihre Untersuchungen zeigten, dass eine koordinierte Strategie für den Umgang mit Ambrosia auf Bundesebene bisher nicht existiert. Die Wissenschaftler stellten dar, dass diese jedoch langfristig notwendig ist, um einer weiteren Ausbreitung der Pflanze effektiv entgegenzuwirken. Dazu wurden von Dr. Wanda Born vom UFZ Studien zu den Kosten für das Gesundheitssystem bei einer weiteren Ausbreitung von Ambrosia vorgelegt. Die Forschungsprojektergebnisse und die Brandenburger Erfahrungen wurden bei der Tagung „Biologische Invasionen und Phytodiversität-Auswirkungen und Handlungsoptionen“ 2009 in Osnabrück vorgestellt. Im Rahmen einer studienbegleitenden Projektarbeit führten Studenten der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU), Lehrstuhl Allgemeine Ökologie, (Prof. Dr. Gerhard Wiegleb) 2009 ein Monitoring in ausgewählten Stadtteilen von Cottbus durch. Der daraus entstandene Bericht zur GIS-gestützen Kartierung von Ambrosia in Cottbus ist unter www.mugv.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.189326.de zu finden. Die Bearbeitung des Themas wird im Jahr 2011 im Rahmen von Masterarbeiten zu „Ambrosia und ihren Auswirkungen auf die Biodiversität“ fortgesetzt. Für ein gemeinsames Forschungsvorhaben von BTU, UFZ und Brandenburger Arbeitskreis wurde 2009 beim BMELF ein Projektantrag zum Thema: “Ein Beitrag zur Verminderung des Allergiepotentials/ Aktionsprogramm gegen die weitere Verbreitung von Ambrosia in Brandenburg / Entwicklung eines Monitoring- und Sanierungsplans“ eingereicht. Der Auftrag wurde nicht vergeben. Im Leibnitz Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. beschäftigen sich die Forschungsgruppen um Dr. Karl-Heinz Dammer und Dr. Monika Heiermann mit Ambrosia. Erste Ergebnisse zur Inaktivierung von Ambrosia-Samen in Biogasanlagen und zur spektralphotometrischen Bestimmung von Ambrosia wurden von ihnen in einer Beratung des Arbeitskreises vorgestellt. Berlin-Brandenburger Ambrosia-Atlas Seit 2009 besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Akteuren des Berliner Aktionsprogramms gegen Ambrosia. Vom Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin wurde zur Online-Erfassung von Ambrosiameldungen eine Datenbank mit dem Namen „Ambrosia-Atlas“ entwickelt und im Juli 2009 gestartet. Diese Datenbank kann auch für Brandenburger Meldungen kostenfrei genutzt werden. Im Atlas werden alle relevanten Informationen über die Standorte gesammelt und anschließend der Öffentlichkeit aktualisiert über www.fu-berlin.de/ambrosia zur Verfügung gestellt. Informationsveranstaltung 2010 Am 23. Juni 2010 wurde eine regionale Informationsveranstaltung in Drebkau durchgeführt. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung standen detaillierte Informationen rund um die allergene Pflanze. Der Veranstaltungsort wurde in die Region mit den meisten Ambrosiapflanzen gelegt, um den Verantwortlichen in Städten und Gemeinden das notwendige Wissen zum sachlichen Umgang mit der Ambrosiaproblematik zu vermitteln: zur Biologie der Pflanze, ihrer Bestimmung, zu Meldewegen, Bekämpfungsmöglichkeiten am Straßenrand und in der Landwirtschaft und zum dabei erforderlichen Schutz der Beschäftigten. Den 70 anwesenden Gästen, unter anderem aus Brandenburger Ordnungs-, Gesundheits-, Unteren Naturschutz- und Grünflächen-Ämtern wurden hierfür zahlreiche Materialien, wie z.B. Herbarbelege der Pflanzen als Bestimmungshilfe, angeboten. 6
4 Monitoring im Land Brandenburg Ein landesweites gezieltes und umfassendes Monitoring findet zurzeit in Brandenburg nicht statt. Fundmeldungen aus Aufrufen an die Bevölkerung und von Mitarbeitern der Straßenpflegedienste und des Pflanzenschutzdienstes werden im Berlin-Brandenburger-Ambrosia-Atlas eingetragen. Die gesammelten und verifizierten Meldungen werden dem Julius Kühn-Institut als zuständiger Bundesmeldestelle weitergeleitet. In den Atlas wurden 2009 135 Brandenburger Fundorte eingetragen, 100 stammten aus dem Landkreis Spree-Neiße und lagen in unmittelbarer Umgebung der Stadt Drebkau. Das Monitoring der Gemeinde Drebkau wurde 2010 weitergeführt. Alle Standorte aus 2009 wurden während der Ambrosia-Saison 2010 von den MAE-Beschäftigten zweimal aufgesucht und die Beobachtungen mit Fundortfotos in den Ambrosia-Atlas eingetragen. Auf kommunalen Flächen wurden punktuell kleinere Ambrosiabestände beseitigt. 2010 beteiligten sich zusätzlich die Städte Calau, Lübbenau und Vetschau mit MAE-Beschäftigten am Monitoring (siehe Abbildung 3). Im vergangenen Jahr wurden 416 Fundstellen aus Brandenburg in den Ambrosia-Atlas eingetragen. Ca. 10% der gefundenen Pflanzen konnten unmittelbar beseitigt werden. Abbildung 3: T-Shirt der GIA e.V. Calau Im September 2010 wurde im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz die Brandenburger Landesmeldestelle eingerichtet. Hier erfolgt die Entgegennahme und Betreuung der im Ambrosia-Atlas gemeldeten Daten (Plausibilitätsprüfung/ Verifizierung) sowie deren Auswertung in Form von GIS-gestützten Karten. Auf der Grundlage der im Ambrosia-Atlas enthaltenen Daten und der Daten aus den beschriebenen Projekten der BTU wurden für die Jahre 2009 und 2010 Verbreitungskarten für Ambrosia artemisiifolia und Ambrosia psilostachya erstellt (siehe Abbildungen 4,5,8,9). 7
Abbildung 5: Verbreitungskarte von A. artemisiifolia im Land Brandenburg nach den Fundmeldungen 2010 9
Abbildung 6: Vorkommen von A. artemisiifolia auf unterschiedlichen Flächennutzungstypen –verifizierte Funde 2010 Abbildung 7: Angaben zur Eintragsquellen von A. artemisiifolia - verifizierte Funde 2010 10
Ambrosia psilostachya In den letzten beiden Jahren wird in einigen Gebieten Brandenburgs neben A. artemisiifolia häufig auch eine weitere Art der Gattung gefunden (siehe Abbildung 8,9). Die Ausdauernde Ambrosie (A. coronopifolia, synonym: A. psilostachya) ist ebenfalls ein Neophyt aus Nordamerika. Sie unterscheidet sich botanisch, ökologisch und in ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft teilweise deutlich von der Beifußblättrigen Ambrosie. Der Pollen beider Arten zeigt jedoch weder morphologische noch allergologisch bedeutende Unterschiede. Insofern geht von Beständen beider Arten eine vergleichbare Gefahr für die menschliche Gesundheit aus. Deshalb sind Monitoring, alle Arbeiten zur Verhinderung der Ausbreitung aber auch Informationen für die Öffentlichkeit auch auf die Bestände der Ausdauernden Ambrosie auszuweiten. Abbildung 8: Verbreitungskarte A. psilostachya im Land Brandenburg –Fundmeldungen 2009 11
Abbildung 9: Verbreitungskarte A. psilostachya im Land Brandenburg –Fundmeldungen 2010 Für die weitere Beobachtung der Bestandssituation bzw. weiteren Ausbreitung der Ambrosia-Arten sollten die Erfassung durch MAE-Beschäftigte oder andere geeignete Maßnahmen in den Hauptverbreitungsgebieten fortgesetzt und die Daten in den Berlin-Brandenburger Ambrosia-Atlas online eingepflegt werden. Für die Registrierung weiterer Funde wird die Meldung über den Ambrosia- Atlas in der bisherigen Form für ausreichend erachtet und sollte durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden. Ob 2011 in den betroffenen Städten wieder MAE-Beschäftigte ein Monitoring durchführen, ist derzeit unklar. Der Grund ist die enorme Reduzierung der Bewilligung von MAE-Maßnahmen und die Prioritätensetzung der Arbeitsinhalte für die Beschäftigten in den Maßnahmen durch die Jobcenter. 12
5 Gesundheitliche Aspekte Ambrosia artemisiifolia enthält hoch allergene Pollen. Im Vergleich zu den einheimischen Pollenallergie auslösenden Pflanzenarten liegt ihr allergenes Potential an der Spitze. Die Pollen können bereits bei geringer Konzentration ab 10 Pollen/m³ Luft eine Allergie (Pollinosis) oder Asthma bronchiale auslösen. Der Kontakt mit der Pflanze kann zu Hautreaktionen wie Urtikaria und Ekzem führen. Kreuzallergien mit Nahrungsmittel wie Gurke und Banane sind ebenfalls möglich. Ambrosia-Pflanzen blühen von Mitte Juli bis zum Frost, wenn andere Pollenallergie auslösende Pflanzen (z.B. die Gräser) bereits verblüht sind. Insofern verlängert sich die Beschwerdezeit für Allergiker, die z.B. neben einer vorhandenen Gräserpollen-Allergie eine Ambrosia-Allergie entwickeln. Die Wirkung der Beifußblättrigen Ambrosie auf die menschliche Gesundheit ist nicht auf Gebiete beschränkt, die von der Pflanze besiedelt werden. Wegen der enormen Pollenproduktion und der Verbreitung der Ambrosia-Pollen über Wind kann Ambrosia Allergien in Entfernungen von über 200 km auslösen. Eine vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz geförderte Studie „Ragweedpollen (Ambrosia artemisiifolia, syn. Beifußblättriges Traubenkraut) – ein bedeutsames Allergen?“¹ bestätigt die hohe allergene Potenz. In dieser Studie wurden im Zeitraum von 2006 bis 2008 1131 Patienten untersucht. Jeder fünfte Untersuchte reagiert im Hauttestverfahren (Pricktest) positiv auf Ambrosia. Ingesamt wiesen 312 Patienten, d.h. 27,2 %, in dieser Patienten-Studie am Allergie-Zentrum München eine Ambrosia-Sensibilisierung auf. Rückschlüsse auf die klinische Relevanz lassen sich dabei nicht ziehen. Die Untersuchungen aus Bayern ergeben, dass bei einer Ambrosia- Sensibilisierung meist auch eine Sensibilisierung gegen Beifuß oder Ko-Sensibilisierungen gegen weitere Aeroallergene bestehen. Laut „Forschungsprogramm Herausforderung Klimawandel Verbundprojekt Ambrosia-Pollen“ des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg (2009)² sind ca. 15 % des untersuchten Gesamtkollektivs (vorwiegend wurden Kinder untersucht) gegenüber Komponenten aus Ambrosiapollen sensibilisiert. Im Land Brandenburg wurde bisher die allergologische Relevanz dieser Pflanze wenig betrachtet. Deshalb ist nicht bekannt, wie hoch der Grad der Sensibilisierung in der Brandenburger Bevölkerung ist bzw. wie viele Menschen bereits allergisch – in Sinne einer Pollinosis oder eines Asthma bronchiale – reagieren. Im Mai und August 2010 wurden insgesamt ca. 400 allergologisch tätige Ärzte im Land Brandenburg mit der Bitte angeschrieben, dem MUGV mit einem Meldebogen anonymisiert die Pricktestergebnisse ihrer Patienten bzgl. Ambrosia artemisiifolia und Beifuß mitzuteilen. Der Verband der Allergologen Brandenburgs e.V. unterstützt die prospektive Erhebung der Daten. Von 43 ÄrztInnen (15 Kinder- und Jugendmedizin, 17 Haut und Geschlechtskrankheiten, 7 Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, vier Innere Medizin / Allgemeinmedizin / Pulmologie) wurden die Meldebögen diskontinuierlich zurückgesandt. 20 von ihnen gehören dem Verband der Allergologen Brandenburg e.V. an. 1 Ruëff, F., D. S. Bové, et al. (2009). Ragweed-Pollen (Ambrosia artemisiifolia, syn. Traubenkraut) - ein bedeutsames neues Allergen? Abschlussbericht. G. u. V. S. Bayerisches Staatsministerium für Umwelt. München. (www.stmug.bayern.de/gesundheit/aufklaerung_vorbeugung/umweltgesund/ambrosia/doc/abschlussbericht_ragweed.pdf ) ² Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, H. (2009). Forschungsprogramm Herausforderungen Klimawandel Verbundprojekt Ambrosia-Pollen. Abschlussbericht. H. Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart. Stuttgart (www.herausforderung-klimawandel-bw.de/images/stories/Ambrosia_Schlussbericht_Herausforderung_Klimawandel.pdf) 13
Mit dem Meldebogen (siehe Anlage 2) werden die Quaddel-Durchmesser in Millimeter bei einer Reaktion der Haut auf Ambrosia-Allergene und auf Beifuß-Allergene erfasst. Bei positiven Testergebnissen werden neben Angaben zu den Ambrosia- oder/und Beifluß-Quaddel folgende Daten abgefragt: die Histamin-Quaddel als Positiv-Kontrolle, Alter und Geschlecht des Patienten, Test-Datum und auftretende Symptome / Diagnose. Die deskriptive Auswertung der Meldebögen orientiert sich an den Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie Nr. 061/026 (Quaddel-Durchmesser ≥ 3mm bedeutet positives Testergebnis). Im Abschlussbericht zur „Brandenburger Datenerhebung zur Feststellung des Sensibilisierungsgrades bzgl. Ambrosia artemisiifolia mittels Pricktests“ erfolgt die ausführliche Darstellung und Bewertung der Ergebnisse. Abbildung 10: Pricktest am Unterarm eines Patienten Die erste Auswertung der gelieferten Daten über den Zeitraum von Februar 2009 bis April 2011 bestätigt, dass es auch im Land Brandenburg Patienten mit einer Sensibilisierung gegen Komponenten aus Ambrosiapollen gibt. Von 1143 getesteten Patienten sind insgesamt 103 (9 %) auf Ambrosia sensibilisiert, 155 (15,3 %) reagieren auf das Beifuß-Allergen. 80 (7 %) der getesteten Patienten reagieren auf beide Allergene, d.h. auf das Ambrosia-Allergen und auf das Beifuß-Allergen (Ko- Sensibilisierung) (vgl. Abb. 12). Abbildung 11: Überblick über die Positiv-Testungen Orientierend am Ambrosia-Vorkommen wird bei einer Zuordnung der teilnehmenden Ärzte und der Anzahl der Untersuchungen in die Regionen Nord-, Mittel- und Südbrandenburg deutlich, dass die meisten der 1143 Untersuchungsberichte (N = 705) aus Mittel-Brandenburg stammen. 14
Ambrosia‐ und Beifuß‐Sensibilisierungen nach Region 1500 1143 1000 705 Fälle 500 356 45 59 53 84 5 12 82 103 155 0 Süd‐ Mittel‐ Nord‐ GESAMT Brandenburg Brandenburg Brandenburg Ambrosia‐Sensibilisierung 45 53 5 103 Beifuß‐Sensibilisierung 59 84 12 155 Gesamt 356 705 82 1143 Region Abbildung12: Sensibilisierungsfälle nach Region Aus Mittel-Brandenburg (n = 705) sind etwa doppelt so viele Untersuchungen gemeldet worden, wie aus der Region Süd (n = 356). Trotzdem liegt die Anzahl der hier erfassten Ambrosia-Sensibilisierten (n = 45) über der in Mittel-Brandenburg (n = 53), bezogen auf die in der jeweiligen Region Untersuchten: 12,6 % zu 7,5 %. (Die Region Nord ist aufgrund der geringen Patientenzahl (n=82) nicht mit den beiden anderen Regionen zu vergleichen). Von den 1143 gelieferten Daten liegen für 604 Patienten entsprechende Detailangaben vor. So sind von den Positiv-Testungen alle Angaben zu Alter, Geschlecht, Krankheitssymptomen und zur Reaktion auf die zeitgleich durchgeführte Beifuß-Testung und deren Kontrolle (Histamin) vorhanden. Bei den negativen Testergebnissen sind diese Angaben nicht vollständig. Die Auswertung dieser vollständigen Datensätze zeigt, dass die Untersuchten vergleichsweise jung sind, der Median der Patienten liegt bei 22,5 Jahre, der Mittelwert bei 28 Jahre. 39 der Ambrosia- Sensibilisierten (n = 103) sind nicht älter als 25 Jahre. Sechs von 15 Patienten, die die Lebenszeit verkürzende Atemwegserkrankung Asthma bronchiale haben, gehören ebenfalls dieser Altersgruppe an. Zu beachten ist hier, dass etwa ein Drittel der Daten liefernden Ärzte, Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin sind. Aus einer Ambrosia-Sensibilisierung kann jederzeit, wenn der Körper erneut mit diesem Allergen in Kontakt kommt, eine Ambrosia-Allergie werden. Allergien stellen neben dem persönlichen Leidensdruck auch einen erheblichen Kostenfaktor für das Gesundheitswesen dar. Schon 1996 betrugen in Deutschland die Kosten für alle allergischen Erkrankungen insgesamt ca. 6,9 Mrd. DM. Die allergischen Erkrankungen der Atmungsorgane, wie asthmatische Erkrankungen, bestreiten mit einem Kostenvolumen von ca. 5,1 Mrd. DM den Hauptanteil.³ Gesundheitskostenberechnungen für Erkrankungen an allergischem Asthma aus dem Jahr 2003, die sich nur auf Ambrosia beziehen, werden mit durchschnittlichen jährlichen Kosten von 24,5 Mio. Euro angegeben. Hinzu kommen noch die Kosten für allergische Rhinitis (Heuschnupfen). Die jährlichen Aufwendungen belaufen sich nach den Hochrechnungen insgesamt auf 32,1 Mio. Euro.4 Nach den bisherigen Erkenntnissen handelt es sich bei Ambrosia-Sensibilisierten meist um Polysensibilisierte (von den 103 Ambrosia-Sensibilisierten, die in der Brandenburger Patientendatenauswertung erfasst sind, sind 80 Untersuchte gleichzeitig gegenüber Beifuß sensibilisiert). So können die Kosten nicht ausschließlich der Ambrosia zugeordnet werden. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass die aggressiven Pollen der Ambrosia bei Pollenallergikern zusätzlich ein 15
Asthma bronchiale auslösen5. Bei Zunahme der allergischen Asthmapatienten von nur 1 % würden im Land Brandenburg im Gesundheitsbereich Mehrkosten von über 6,5 Mio. € pro Jahr entstehen. Die Länderarbeitsgruppe umweltbezogener Gesundheitsschutz (LAUG), eine Arbeitsgruppe der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden und der Gesundheitsministerkonferenz beschäftigt sich seit 2009 mit der Ambrosiaproblematik. Die Diskussionen in der Arbeitsgruppe haben gezeigt, dass verschiedene rechtlich-fachliche Fragen hinsichtlich des Vollzugs bei der Ambrosiabekämpfung ungeklärt sind. Bis zur Sitzung im September 2011 wollen einige Länder, darunter auch das Land Brandenburg, Eckpunkte für rechtliche Regelungen zur Lösung des Ambrosiaproblems vorlegen. 3 RKI, Spezialbericht Allergien (2000). www.gbe- bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_pruef_verweise?p_fid=4317&sprache=D&p_ftyp=TXT&p_uid=gasts&p_aid=62941659&p_hlp_nr=&p_vtrau=4&p_p spkz=D&p_sspkz=&p_wsp=&p_sprachkz=D&p_lfd_nr=10&p_news=&p_window=&p_modus=2&p_th_id=&p_suchstring=&p_janein=J 4 Reinhardt, F. et.al., Ökonomische Folgen von Neobiota, 2003 5 Schramm, B., B. Ehlken, et al. (2003). "Cost of Illness of atopic asthma and seasonal allergic rhinitis in Germany: 1-yr retrospective study." European Respiratory Journal 21: 116-122 16
6 Pollenmessung in Brandenburg Bestandteile der Pollen können Auslöser einer Pollenallergie (Pollinosis) sein. Da die Gesundheitsgefährdung der Ambrosiapflanze in erster Linie von den Ambrosiapollen ausgeht, sollten Pollenmessungen in der Region Brandenburgs mit hohem Pflanzenvorkommen zur Abschätzung des wirklichen Gefährdungspotentials dienen. Grundlagen der derzeitigen Pollenflugvorhersagen sind die regionalen Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die in verschiedenen Städten Deutschlands gemessenen und ausgewerteten Pollenkonzentrationen und phänologische Daten, die im Rahmen der agrarmeteorologischen Datenerfassung gewonnen werden. Pollenkonzentrationen, die in diese Vorhersagen einfließen, werden in Brandenburg derzeit nur in den Städten Treuenbrietzen und Potsdam gemessen. In diesen Städten ist nach derzeitigem Wissensstand Ambrosia wenig verbreitet. Interessant ist daher, welche Pollenbelastung in Drebkau gemessen wird. Mit der Unterstützung des DWD (Bereitstellung eines Leihgerätes), des Instituts für Meteorologie der Freien Universität Berlin (Auswertung und Schulung zur Auswertung), der Stadt Drebkau (Betrieb der Pollenfalle siehe Abbildung 15) sowie der Laborgemeinschaft Mydlak/Thorausch und den Ärzten Dr. Schneider/ Gereke aus Cottbus (Auswertung) konnten 2009 und 2010 in bzw. um Drebkau Ambrosia- Pollenmessungen erfolgen. Die Messungen im Jahr 2009 begannen im August. Abbildung 13: Burkard-Pollenfalle auf dem Dach der Drebkauer Stadtverwaltung 2010 17
Abbildung 14: Pollenmesswerte 2009 und 2010 (Grafik FU Berlin) Anhand der dokumentierten Ambrosia-Pollenmessungen der Jahre 2009 und 2010 (Abbildung 16) blüht die Pflanze von Juli bis zum Frost, wobei die Hauptblütezeit August/ September ist. Bei der Pollenflugvorhersage des Polleninformationsdienstes (PID, abrufbar u.a. auf den Seiten des DWD) werden die Belastungsrisiken anhand der Anzahl gemessen Pollen angegeben. Im Fall von Ambrosia wird folgende Einstufung vorgenommen: 1-3 Pollen/m3 = schwach 3-10 Pollen/m3 = mäßig >10 Pollen/m3 = stark In den letzten beiden Jahren wurden während der Hauptblütezeit fast durchgängig Messwerte ermittelt, die oberhalb der Grenze für eine starke Belastung mit Ambrosiapollen liegen. Der Wert von 10 Pollen pro m3 Luft, der als Auslösewert für Beschwerden bei Allergikern gilt, wurde im Jahr 2009 an 46 Tagen und 2010 an 42 Tagen überschritten. An 18 Tagen 2009 und 5 Tagen 2010 lag eine zehnfache Überschreitung dieses Belastungswertes vor. Im August 2009 wurde ein Spitzenwert von über 2000 Pollen/ m3 Luft gemessen. In keiner anderen Region Deutschlands werden vergleichbar hohe Pollenwerte gemessen (Abbildung 17, 18). Selbst im November wurde in Drebkau noch eine mäßige bis starke Ambrosiapollenbelastung festgestellt. 18
Pollenwerte im Spätsommer/Herbst 100 90 80 Drebkau Dresden 70 Potsdam 60 Greifswald Mönchengladbach 50 Bad Lippspringe Hannover 40 Fulda Freiburg 30 Delmenhorst 20 Treuenbrietzen 10 0 19.8 29.8 8.9 18.9 28.9 8.10 Abbildung 15. Pollenwerte aus Drebkau von 2009 im Vergleich mit Messwerten einiger deutschlandweiter Referenzmessstationen vom PID, dargestellt sind Pollentagesmittelwerte/m3 Luft 2500 Jahressumme 2000 1500 1000 500 0 Mönchengladbach Treuenbrietzen2 Berlin Prenzlauer Allee Reinbek b. Hamburg Bad Lippspringe Neustadt /Südharz Zusmarshausen Ganderkesee München (LMU) Magdeburg Norderney Münnerstadt Garz / Rügen Delmenhorst Berlin 1 (Charite) Heidelberg Mannheim Göttingen Königsfeld Oberjoch Erlangen Flensburg Berlin Steglitz Hagen (Westfalen) Drebkau Dresden Neustrelitz Chemnitz Lübeck Potsdam Prerow / Darß Bochum Freiburg Westerland /Sylt Fulda Bonn Greifswald Vechta Soest Wangen Rostock Kiel Mittel Abbildung 16: Ambrosiapollen-Jahressummen 2010 von deutschen Messstellen(Grafik: Dr. R. Wachter)Quelle: EAN / PID 19
Im Vergleich zu 2009 war 2010 aufgrund der Temperaturen und Niederschläge ein schwächeres Pollenjahr und somit auch der Ambrosiapollenflug geringer. Nach einer Vorhersage des Polleninformationsdienstes (PID) vom Januar ist für 2011 mit einer stärkeren Belastung durch Ambrosiapollen zu rechnen. Die Messungen sollten unbedingt am selben Standort weitergeführt werden. Nur so ist eine realistische Einschätzung der saisonalen Pollensituation in der am stärksten mit Ambrosia in Brandenburg betroffenen Region möglich. Das MUGV unterstützt die langfristige Realisierung dieser Pollenmessungen mit einer einmaligen Zuwendung aus Mitteln der Konzessionsabgabe Lotto zur Anschaffung einer Pollenfalle. 7 Aspekte des Naturschutzes In Brandenburg kommt Ambrosia artemisiifolia in erster Linie in landwirtschaftlichen Kulturen und an Straßenrändern vor (v.a. im Raum Cottbus, Drebkau, Vetschau). Die meist kleineren Vorkommen in anderen Teilen Brandenburgs (z.B. in Potsdam) dürften überwiegend auf eine Verbreitung mit Vogelfutter zurückzuführen sein und bleiben (bislang) meist klein und unbeständig. Außerdem wird auch A. psilostachya zunehmend registriert, welche vor allem über verunreinigtes Erdreich verschleppt wird. Die Beifuß-Ambrosie ist in Deutschland zurzeit keine melde- bzw. bekämpfungspflichtige Pflanze. Für Deutschland existiert bislang keine offizielle Liste invasiver Pflanzenarten, die im Sinne des § 40 Abs. 3 BNatSchG zu werten wäre. Das Bundesamt für Naturschutz führt eine „Entwurfsliste invasiver und potenziell invasiver Arten", in der A. artemisiifolia (ohne Differenzierung) mittlerweile aufgeführt ist. Im dazugehörigen Artensteckbrief (letzte Aktualisierung: 15.12.2008 ) wird zu Ambrosia u.a. ausgeführt: "Ambrosia artemisiifolia kommt derzeit überwiegend in stark vom Menschen geprägten Lebensräumen wie z.B. an Straßenrändern vor. Hier sind bisher aus Deutschland keine Konflikte mit Zielen des Naturschutzes bekannt." Auch in Brandenburg konnte bislang in keinem einzigen Fall die Besiedlung naturschutzfachlich bedeutsamer, natürlicher oder naturnaher Lebensräume bzw. nach § 32 BbgNatSchG geschützter Biotope durch A. artemisiifolia oder andere Ambrosia-Arten registriert werden- ebenso wenig wie ein negativer Einfluss auf Vorkommen heimischer Pflanzen und Tiere. Aus naturschutzfachlicher Sicht gibt es in Brandenburg derzeit keinen Anhaltspunkt für eine Wertung von Ambrosia als invasive Art im Sinne von § 40 Abs. 3 BNatSchG. Deshalb wird gegenwärtig kein Handlungsbedarf für Naturschutzbehörden bei der Erfassung oder Bekämpfung gesehen. 20
8 Verbreitung und Bekämpfung auf landwirtschaftlichen Flächen Verbreitung Im südlichen Brandenburg existiert ein zusammenhängendes Verbreitungsgebiet von Ambrosia artemisiifolia. Die Pflanze tritt hier auch auf vielen landwirtschaftlichen Nutzflächen auf. Auf einigen Ackerstandorten werden Besatzdichten ermittelt, die eine direkte Bekämpfung von Ambrosia als Ackerunkraut erfordern. Abbildung 17: A.artemisiifolia in einem abgeernteten Getreidebestand Größere Vorkommen von Ambrosia wurden vor allem in den Landkreisen Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz festgestellt. Ursache dieser Vorkommen ist wahrscheinlich eine Einschleppung mit belastetem Sonnenblumensaatgut aus Ungarn in der Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Auf einigen Ackerflächen gehört die Pflanze nach Aussagen der ansässigen Landwirte bereits seit Jahrzehnten zur Unkrautflora. Erst in den letzten Jahren kam es jedoch zu der heute beobachteten starken Verbreitung von Ambrosia auf landwirtschaftlichen Flächen in der Region. Verantwortlich für das verstärkte Auftreten der eigentlich konkurrenzschwachen Pflanze sind neben Änderungen von Pflanzenschutzmittelzulassungen v.a. geänderte Anbaustrukturen. Dazu gehören u.a. unbegrünte Flächenstilllegungen zu Beginn der 90er Jahre, eine Zunahme der Anbauflächen, auf denen nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus produziert wird aber auch der Anbau von Kulturen mit spätem Bestandesschluss und fehlenden Bekämpfungsmöglichkeiten, wie z.B. Sonnenblumen. Zusätzlich begünstigen die in den letzten Jahren verstärkt auftretenden warmen und trockenen Witterungsbedingungen eine Verbreitung der Pflanze. Ein Teil der landwirtschaftlichen Flächen der Region ist auf Grund des mehrjährigen Auftretens und des langen Keimpotenzials von Ambrosia als dauerhaft belastet zu bezeichnen. Die größten Vorkommen in landwirtschaftlichen Beständen werden in Kulturen mit spätem Bestandesschluss registriert. Dazu gehören Mais, Sonnenblumen, Sommergerste, Hafer, Futtererbsen und Lupinen. In diesen Kulturen stellt Ambrosia nach Einschätzung des Pflanzenschutzdienstes des Landesamtes für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) ein bekämpfungswürdiges Ackerunkraut dar. So wurden Dichten von bis zu 320 Pflanzen/m2 in Sonnenblumen und bis zu 370 Pflanzen/m2 in Lupinen registriert. In diesen Kulturen ist bereits bei Pflanzendichten von mehr als 5 Pflanzen/m2 mit Ertragsverlusten zu rechnen. Auch auf Ökoflächen werden immer wieder hohe Ambrosiadichten festgestellt. 21
Abbildung 18: Ambrosiabefall in der Region Drebkau (Fundmeldungen 2010 mit der Angabe Ackerland) Die Abbildungen 20 und 21 zeigen die Ambrosia-Vorkommen des Jahres 2010 in der betroffenen Region. Die Daten basieren auf den Fundmeldungen des im Bericht beschriebenen Monitorings. Danach wurden die meisten Ambrosiafunde in einem etwa 450 km2 großen Anbaugebiet im Raum Drebkau im Landkreis Spree-Neiße registriert. Außerdem wurde Ambrosia auf mehreren Anbauflächen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz im Raum Vetschau und Calau festgestellt. Insgesamt sind 146 Fundmeldungen von Ambrosiapflanzen mit der Angabe „Befall einer Ackerfläche“ erfasst. In 43 Fällen handelt es sich um „Flächenbefall“, 107 x um „Linienbefall“ am Ackerrand und auf 13 Flächen um „Punktbefall“. Anhand dieser Funde wurden etwa 400 Feldblockschläge identifiziert, die direkt mit Ambrosia belastet sind bzw. an belastete Flächen angrenzen. Da die Angaben auf den Meldebögen sehr unterschiedlich sind, erlauben sie keine genaue Aussage zum tatsächlichen Befall von Ackerflächen. Das gilt vor allem für die 107 Linienfunde, die insgesamt mehr als 300 Feldblöcke umgeben. Bei 70 dieser Flächen handelt es sich um Dauergrünland. In Dauergrünland mit einer geschlossenen Grasnarbe ist Ambrosia ohne Bedeutung. Weitere135 Flächen sind Getreideäcker. In Getreide ist Ambrosia mit der üblichen Unkrautbekämpfung gut kontrollierbar. Ein bedeutender Ambrosiabefall ist auf diesen Flächen unwahrscheinlich, die Funde beschränken sich vermutlich ausschließlich auf die Feldränder bzw. angrenzenden Straßen. 22
Abbildung 19: Ambrosiabefall in der Region Calau (Fundmeldungen 2010 mit der Angabe Ackerland) Anhand der Fundmeldungen lässt sich nicht einschätzen, ob sich die Verbreitung von Ambrosia tatsächlich auf die in der Karte gezeigten Regionen südlich von Cottbus und um Vetschau beschränkt, oder ob noch andere Regionen der Landkreise betroffen sind. Die dargestellten Daten stellen damit lediglich eine Momentaufnahme dar. Für die Erfassung des aktuellen Vorkommens und der Bestandesdichte von Ambrosia auf landwirtschaftlichen Flächen des konventionellen und ökologischen Anbaus und eine realistische Einschätzung notwendiger Maßnahmen wären umfassende Erhebungen durch geschultes Personal notwendig. Durch den Pflanzenschutzdienst des Landes ist diese Aufgabe auf Grund der personellen Situation gegenwärtig nicht leistbar. Während in anderen Regionen Brandenburgs mit Fundorten in geringer Anzahl eine Ausrottung der Pflanze weiterhin realisierbar erscheint, kann es in der oben beschriebenen Region nur darum gehen, eine weitere Verbreitung zu verhindern. Bekämpfung In Beständen von Wintergetreide und Winterraps mit früher Vegetationsentwicklung und gutem Bestandesschluss wird Ambrosia von den Kulturpflanzen unterdrückt und stellt deshalb in der Regel kein Problem dar. Problematischer ist die Kontrolle des Unkrauts in Kulturen mit später Entwicklung wie Sonnenblumen, Erbsen, Mais und Kartoffeln. 23
Abbildung 20: A. atremisiifolia im Ackerrandstreifen eines Sonnenblumenfeldes Seit 2007 führt der Pflanzenschutzdienst des Landes Brandenburg Versuche zur chemischen Bekämpfung von Ambrosia auf landwirtschaftlichen Nutzflächen und im Straßenbegleitgrün durch. Als Ergebnis der Versuche ist nach derzeitigem Stand die Kontrolle des Unkrauts in den geprüften Kulturen wie folgt einzuschätzen: Im konventionellen Anbau ist in den Kulturen Sommer-, Wintergetreide, Mais und Raps mit der zur Verfügung stehenden Herbizidpalette eine effektive Bekämpfung von Ambrosia möglich. Dagegen ist in Körnerleguminosen, wie Lupinen und Erbsen und in Sonnenblumen die Wirkung der zugelassenen Herbizide nur unzureichend. Besonders problematisch ist die Bekämpfung der Pflanzen auf Ökoflächen und auf Flächen, die aus der Produktion genommen wurden. In Ökobetrieben wurden folgende Lösungsansätze durch die landwirtschaftliche Praxis geprüft. • 2-3 x flache Bodenbearbeitung, • Grundbodenbearbeitung mit dem Pflug, • 20 % höhere Aussaatmengen, • 2 x Striegeln in Roggen- und Haferbeständen, • Zwischenfruchtanbau. Die genannten Maßnahmen sind auf Grund der bisherigen Versuche als unzureichend einzuschätzen. Die oben genannten Versuchsergebnisse sind u.a. in einem Artikel „Untersuchungen zur Bekämpfung von beifußblättriger Ambrosia mit herbiziden Wirkstoffen“ des Jahres 20091 und einem Poster der Deutschen Pflanzenschutztagung 2010 (siehe Anlage 3) veröffentlicht. Sie werden außerdem in den jährlich stattfindenden Winterschulungen für Landwirtschaftsbetriebe vermittelt und stehen den Landwirten über die Internetplattform ISIP (Informationssystem Integrierte Pflanzenproduktion) zur Verfügung. Eine im Jahr 2010 durchgeführte Informationsveranstaltung zu Ambrosia richtete sich speziell an die Landwirtschaftsbetriebe der betroffenen Regionen. In der Veranstaltung erhielten interessierte Landwirte allgemeine Informationen zur Pflanze, der gesundheitlichen Problematik und Hinweise zu Bekämpfungsmöglichkeiten in den einzelnen Kulturen. 1 Untersuchungen zur Bekämpfung von Beifußblättriger Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia L.) mit herbiziden Wirkstoffen. Gesunde Pflanze 2009. Vol.9, Nr.3, S.135-150 24
9 Eintragswege über Vogelfutter und über Saatgut Vogelfutter Vogelfuttermischungen und Vogelfutter, insbesondere solches, das Sonnenblumensamen enthält, sind eine der hauptsächlichen Ursachen für eine Einschleppung der Beifußblättrigen Ambrosie im städtischen Bereich. Abbildung 21: Ambrosiasamen im Vogelfutter Um den Eintrag von Ambrosia-Samen durch Vogelfutter zu verringern, hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zusammen mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ein Merkblatt herausgeben. Dieses Merkblatt zeigt den Futtermittelherstellern Möglichkeiten auf, potentielle Einträge für Samen von Ambrosia artemisiifolia bei der Herstellung von bestimmten Futtermitteln zu erkennen und zu minimieren. Das Ministerium empfiehlt, einen Orientierungswert von 35 Ambrosia-Früchte/Samen pro Kilogramm Futtermittel = 0,02 % einzuhalten. Futtermittelhersteller werden gebeten, die im Rahmen ihrer Eigenkontrollen ermittelten Befunde zum Verunreinigungsgrad von Futtermitteln mit Ambrosia-Samen dem BVL mitzuteilen. Die amtliche Futtermittelkontrolle führte dazu Beprobungen von im Handel befindlichen Vogelfutterproben durch, die im Landeslabor Berlin-Brandenburg untersucht wurden. 2009 wurden 17 Proben analysiert. Vier davon enthielten Ambrosia, drei wiederum mit Gehalten von über 35 Ambrosia-Früchte/Samen pro Kilogramm, dem Orientierungswert in der ersten Stufe. Der mit Abstand höchste Anteil weit über diesem Wert fand sich in dem (einzigen) Produkt, das mit "Ambrosia kontrolliert" warb. Dass der Verbraucher leider nicht auf Vogelfutter vertrauen kann, welches als "Ambrosia kontrolliert" ausgelobt wird, berichtete auch die Zeitschrift ÖKOTEST in ihrer Januar- Ausgabe von 2010. 2010 wurden 16 Proben untersucht. Das Ergebnis fiel nicht besser aus, sechs von ihnen enthielten Ambrosiasamen, wobei eine Probe eines deutschen Alleinfuttermittels für Vögel (Winterstreufutter) sogar um das Zehnfache den Orientierungswert überschritt. Im vergangenen Jahr hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, einen Höchstgehalt für Ambrosiasaaten in Körnerfuttermitteln festzulegen. Eine entsprechende Regelung, verbunden mit Empfehlungen zu Maßnahmen zur Verringerung der Verunreinigung von Futtermitteln mit Ambrosiasaaten und zum Umgang mit den anfallenden Reinigungsabfällen wird voraussichtlich in diesem Jahr europaweit wirksam werden. Somit könnte in naher Zukunft mit Vogelfutter zu rechnen sein, das weniger Ambrosiasamen enthält. Aus den letzten beiden Jahren ist erkennbar, dass die Eintragung durch Vogelfutter eher im städtischen Bereich bzw. bei den Hausgärten eine Rolle spielt. Bei den in Ostbrandenburg vorkommenden großen Beständen spielen andere Eintragswege eine Rolle (siehe Monitoring). 25
Saatgut Ambrosia artemisiifolia wurde wahrscheinlich bereits im 19. Jahrhundert mit belastetem Getreide und Saatgutimporten in verschiedene Regionen Deutschlands eingeschleppt. Auch als Ursache aktueller Vorkommen in Südbrandenburg wird immer wieder Ambrosia-verunreinigtes Saatgut thematisiert. Die Annahme beruht auf Beobachtungen besonders dichter Ambrosiabestände auf einigen landwirtschaftlichen Flächen, neu angelegten Grünflächen oder sogenannten Wildäckern. Aktuell ist eine Verbreitung über kontaminiertes Saatgut aber wahrscheinlich von untergeordneter Bedeutung. So sind stark ambrosiabefallene Bestände bisher ausschließlich in den Regionen mit etabliertem Befall auf landwirtschaftlichen Flächen festgestellt worden, nicht in anderen Anbauregionen des Landes. Aber auch die Untersuchungen von Saatgut der vergangenen Jahre sprechen gegen eine Verbreitung über Saatgutpartien. Für die Beschaffenheitsprüfung von Saatgut ist im Land Brandenburg das Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF) zuständig. Hier wird in Saatgutproben u. a. der Besatz mit anderen Arten wie z. B. Ambrosia ermittelt. In den letzten drei Jahren wurden in der Samenprüfstelle etwa 7500 Saatgutproben von Getreide-, Gräser-, Leguminosen-, Gemüse- und weiteren Arten untersucht. Im Anbaujahr 2008/2009 wurde hier jeweils ein Same von Ambrosia artemisiifolia in einer Probe Rettich und einer Blumensamenprobe gefunden. Im laufenden Jahr 2010/2011 konnte ein Ambrosiasamen in einer Saatgutprobe von Ölrettich aus Ungarn nachgewiesen werden. Bezogen auf die Anzahl der untersuchten Proben, ist der Anteil befallener Proben mit 0,32 % sehr niedrig. Um eine mögliche Verbreitung von Ambrosia durch Saatgutmischungen für die Begrünung von Böschungen bzw. Wildackerflächen zu ermitteln, wurden im Frühjahr 2010 in einem ersten Screening im Rahmen der Saatgutverkehrskontrolle sechs Proben von Saatgutmischungen untersucht. In keiner der Proben wurde ein Befall mit Ambrosia festgestellt. Auch die Untersuchung von 2000 Ernteproben der letzten drei Jahre, welche im Rahmen der Besonderen Ernteermittlung bei Getreide und Raps erfolgte, zeigte keinen Besatz mit Ambrosiasamen. Eine Gefahr der Ausbreitung der Ambrosia besteht bei der Verwendung von betriebseigenem Saatgut (Nachbausaatgut), wenn dieses von Flächen mit starkem Ambrosiabesatz stammt und nicht entsprechend aufbereitet wird. Im aktuellen Saatgutrecht gibt es keine spezielle Regelung für das Vorhandensein von Ambrosia im Feldbestand oder im Saatgut. Ambrosiasamen werden in Saatgutpartien ebenso wie alle anderen Unkrautsamen als Besatz erfasst und entsprechend geregelt. Zertifiziertes Saatgut von Futterpflanzen ist mit einem Ambrosiabesatz bis zu < 1 Gewichtsprozent anerkennungsfähig. Damit könnte theoretisch eine Vielzahl von Ambrosiasamen mit dem amtlich attestierten Saatgut in den Handel gelangen und zur Ausbreitung beitragen. Um das Risiko einer Verbreitung über anerkanntes Saatgut auszuschließen, müssten Regelungen in nationalen wie auch EU-Saatgutrecht geschaffen werden. 26
10 Ambrosiabekämpfung an den Straßenrändern Aus dem Monitoring ist bekannt, dass die Verbreitung von Ambrosia an Brandenburger Straßenrändern ein großes Problem darstellt. In den vergangenen zwei Jahren wurde eine weitere Ausbreitung entlang der Straßen beobachtet (A. Lemke www.pflanzengesundheit.jki.bund.de/index.php?menuid=60&downloadid=643&reporeid=119). Abbildung 22: Ambrosiabestand am Straßenrand Im Rahmen des Aktionsprogramms Ambrosia wirkt die Straßenbauverwaltung des Landes Brandenburg aktiv an der Bekämpfung der Ambrosia mit. Dafür wurde 2009 ein Strategiepapier erstellt und in den zwei vergangenen Vegetationsperioden versucht, dieses umzusetzen. Die Eckpunkte des Strategiepapiers im Einzelnen: 1. Schulungen Die Mitarbeiter der Straßenmeistereien wurden für die Ambrosiabekämpfung geschult. Inhalt der Schulungen waren u.a. Informationen zur Identifizierung von Ambrosia, zur Biologie und Verwechslungsmöglichkeiten, ihrer Verbreitung, der gesundheitlichen Problematik, zum Monitoring und zum Arbeitsschutz. Eine weitere Schulung zur Eintragung und Bearbeitung von Ambrosiafunden im Ambrosia- Atlas wurde am Institut für Meteorologie der FU Berlin durchgeführt 2. Kartierung der Bestände Die Straßenmeistereien trugen die ihnen bekannt gewordenen Ambrosiastandorte an Straßenrändern und entsprechende Aktivitäten (Beseitigung) im Ambrosia- Atlas ein. 27
3. Mäharbeiten Der wichtigste Beitrag im Aktionsprogramm ist die an die Ambrosiaproblematik am Straßenrand angepasste optimale Mahd. Hierzu gab es theoretische Ansätze für die Arbeiten der Straßenmeistereien: - Mahdzeitpunkte 1.vor der Blüte: Erste Mahd spät im Mai/ Anfang Juni, Mähgut ist liegen zu lassen, um den Neuaustrieb/ die Keimung zu verschlechtern. Danach ist die Mahd wie gewohnt durchzuführen bzw. ist nur eine zweite Mahd vorgesehen, ist diese in der ersten Septemberwoche vorzusehen. Haben sich zwischen 1. und 2. Mahd Samen gebildet, ist die zweite Mahd aufzunehmen und abzufahren (maschinelle Unterstützung durch Autobahnmeistereien). 2.nach der Blüte: Eine Mahd Anfang September, je nach Vegetationsfortschritt – vor Reifung der Samen. Das Mähgut ist zu entfernen und zu entsorgen. Zu diesen Mahdzeitpunkten wurden Mähbereiche festgelegt. Grundsätzlich ist so tief wie möglich zu mähen! 2009 und 2010 konnte dieser theoretische Ansatz nur teilweise umgesetzt werden. Beginnend kurz vor der Blüte wurde zwei- bis dreimal im Jahr gemäht. Diese Entscheidung wurde getroffen, um den Pollenflug und damit die gesundheitliche Gefährdung nicht in Kauf zu nehmen. Das mehrfach beschriebene Problem der außerordentlichen Regenerationsfähigkeit der Pflanzen erschwert die Mäharbeiten. Die Pflanzen treiben nach der Mahd wieder aus und bilden sogar als sehr kleine Pflanze erneut Blüten und damit auch Samen. Die Strategie der späten Mahd im September, zu einem Zeitpunkt, wo die Pflanzen geschwächt sind und noch keine reifen Samen gebildet haben konnte nicht realisiert werden, da: - der Reifepunkt der Samen bei der Spätmahd regional sehr unterschiedlich ist (Fachmann müsste ständig vor Ort sein), - im Fall der Spätmahd zu viele Flächen zum gleichen Zeitpunkt zu mähen wären (organisatorisch nicht realisierbar) und - zusätzliche Schnittgut-Aufnahmegeräte für die Ambrosiapflanzen (mit reifen Samen) beschafft werden müssten (eben so wäre hier auch die Flächenmenge zum gleichen Zeitpunkt relevant- organisatorisch nicht realisierbar). Ein weiteres Problem sind die hohen Kosten. Durch die zusätzlichen Mäharbeiten der mit Ambrosiapflanzen betroffenen Flächen kann der Mehraufwand für die Straßenbauverwaltung (nur Straßenmeisterei Cottbus, Hauptverbreitungsgebiet um Drebkau) bis zu 400.000 € betragen. Für die in den letzten Jahren zunehmende Verbreitung der Pflanzen an Straßenrändern sind mehrere Quellen zu diskutieren. In der Region um Drebkau mit umfangreichen zusammenhängenden Vorkommen ist eine Verbreitung von landwirtschaftlichen Flächen auf Straßenränder und umgekehrt wahrscheinlich. Die in den letzten Jahren beobachteten Ambrosiabestände an Straßenrändern anderer Regionen Brandenburgs (z.B. Wünsdorf) sind vermutlich auf ambrosiabelastete Erdtransporte zurückzuführen. 28
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