AMERICAN FOOTBALL ALLES ÜBER / ALL ABOUT - Holger Weishaupt - Leseprobe
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Holger Weishaupt ALLES ÜBER / ALL ABOUT AMERICAN FOOTBALL Leseprobe © 2017 Holger Weishaupt Verlag: tredition GmbH, Hamburg
VORWORT: 40 JAHRE AMERICAN FOOTBALL IN DEUTSCHLAND Seit der Gründung des ersten deutschen American-Football-Vereines in Deutschland entwickelte sich diese Sportart in Deutschland in den letzten 40 Jahren mit vielen Höhen und Tiefen. Dies betrifft sowohl das Zuschauerinteresse in den Stadien als auch die Medienpräsenz. 1977 wurde von Alexander Sperber und Wolfgang Lehneis der erste American-Football-Verein in Deutschland gegründet, die Frankfurt Löwen. Dann folgten die Düsseldorf Panther, Munich Cowboys, Ansbach Grizzlies, Bremerhaven Sealords und Berlin Bären (heute Adler). Ein American-Football-Pionier war sicher der bekannte Sportjournalist und Moderator Holger Obermann, welcher als Fußballtorwart schon sehr früh in die USA wechselte. Danach arbeitete er in Miami für den Fernsehsender ABC und er sorgte dann nach seiner Rückkehr bei der ARD Sport Extra 1977 für die erste Zusammenfassung eines Superbowlspieles. Am 12. Januar zeigte er abends eine knappe Stunde Zusammenfassung vom Super Bowl XI (11). Zwei Jahre später am 30. Januar 1979 gab es dann wieder eine Zusammenfassung des Super Bowl XIII (13). Dies gilt als eines der besten Endspiele überhaupt, 14 spätere Hall of Famer standen damals auf dem Feld. Dieses Spiel war damals für viele Fernseh-Zuschauer in Deutschland das erste American-Football-Spiel überhaupt und hat viele in Deutschland mit dem Thema American Football infiziert. Ich gehöre seit damals auch dazu. Der Sport war sehr stark von den Amerikanern geprägt, in den Anfangszeiten durften bis zu 8 US-Spieler gleichzeitig auf dem Feld stehen. Dieser Einfluss führte dann auch zur Gründung zweier Konkurrenzverbände, den AFV (American Football Verband) für Nord und West und AFBD (American Football Bund Deutschland) für Mitte und Süd. 1982 wurde dann als einziger Verband für ganz Deutschland der AFVD (American Football Verband Deutschland) gegründet, welcher in diesem Jahr sein 35-jähriges Jubiläum feiert. Den absoluten Zuschauerrekord in Deutschland für ein Spiel von 7
deutschen Teams erzielte 1999 der German Bowl in Hamburg mit 30.400 Zuschauern, als die Braunschweig Lions die Hamburg Blue Devils 25:24 besiegten. Doch immer wieder mussten gerade die besonders ambitionierten Vereine finanzielle Rückschläge hinnehmen, manche verschwanden ganz, andere mussten in unteren Ligen wieder von vorne beginnen. Seit 2015 übertragen ProSieben MAXX und Sat 1 regelmäßig die NFL- Spiele live und American Football bekam dadurch einen gewaltigen Schub in Deutschland. Die inzwischen über 400 Vereine freuen sich über den Zuwachs vieler Kinder und Jugendlicher, welche Spaß an diesem Sport gefunden haben. Alle Spiele, Touchdowns und ein riesiges Archiv können über ein Gamepass-Abo geschaut werden oder als Livestream bei DAZN. Und auch medial hat sich vieles getan. Die Vereine präsentieren sich oft mit sehr professionellen Internetauftritten und nutzen alle Medien wie Facebook, Twitter, Pinterest, Instagram und Youtube für ihre Außendarstellung. Und manche Spieler wie Connor Sullivan (Stuttgart Scorpions) und Silas Nacita (Frankfurt Universe) verzeichnen mit ihren Vlogs (Videoblogs) schon über 60.000 Abonnenten und bis zu 1 Million Aufrufe pro Video. Der Verband hat mit GFL (German Football League) TV einen professionellen TV-Kanal, welcher wöchentlich die GFL-Spieltage mit Highlights und Interviews präsentiert. Einige Vereine bieten von ihren Spielen bereits Livestreams an und ab 2019 sollen alle GFL-Spiele per Livestream gezeigt werden. Der German Bowl wird seit Jahren live auf Eurosport übertragen und ganz aktuell hat der Verband einen Vermarktungsvertrag mit dem ZDF abgeschlossen. Seit diesem Jahr hat die NFL einen deutschsprachigen Facebook- und Twitter-Kanal und auch die Collegeorganisation NCAA (National Collegial Athletic Association) ist seit Neuestem mit einem deutschsprachigen Facebookauftritt vertreten. Wenn sich die beiden größten Sportorganisationen so um den deutschen Markt bemühen, zeigt das deutlich den Stellenwert, welchen American Football mittlerweile in 8
Deutschland genießt. Dazu kommen immer mehr Internetseiten, welche mit unterschiedlichen Schwerpunkten über American Football informieren, immer mehr Shops bieten American-Football-Artikel an und auch die regulären Medien berichten immer öfters und regelmäßig über diesen Sport. Und das nicht nur noch einmal im Jahr im Rahmen des Super Bowl. 40 Jahre American Football in Deutschland – hoffen wir, dass der Schwung der letzten beide Jahre auch in die nächsten Jahrzehnte mitgenommen wird. Eine Anmerkung: Im Sport – nicht nur im American Football – ist überwiegend das „Du“ üblich, sowohl bei Spielern untereinander wie auch häufig zwischen Trainern und Spielern. Daher haben wir uns dafür entschieden, auch den Leser mit „Du“ anzusprechen. Auch wer dies nicht mag, möge es bitte nicht als Mangel an Höflichkeit auffassen, sondern als freundschaftliche Geste; man könnte auch sagen: im Sinne des Teamgeistes. Ausdrücklich und herzlich danken möchte ich an dieser Stelle dem Team von American-Football.com sowie Jürgen Behrend für zahlreiche Beiträge zu diesem Buch, von Recherchen bis hin zu einigen Kapiteln. Ebenso danke ich Volkmar Hoppe für Umschlag, Logos, Layouts und die Schiedsrichterzeichen. Und nun wünschen wir Dir, lieber Leser, viel Spaß bei der Lektüre und zahlreiche neue Erkenntnisse über den American Football. Holger Weishaupt und das Team von American-Football.com 9
DOWN – SET – HUT! Beide Mannschaften stehen sich auf dem Spielfeld gegenüber, der ovale Ball liegt in der Mitte der neutralen Zone zwischen beiden Teams am Boden. Nur eine Hand des Center-Spielers der Angriffsmannschaft (Offense) ruht auf dem Ball. Die Anspannung aller Spieler sowie der verstummenden Zuschauer liegt in der Luft wie jene vor einem Gewitter. „Down – set – hut!“, durchbricht endlich das Signal des Spielmachers (Quarterback) die Stille und so beginnt sein Team den nächsten Angriff. Er bekommt den Ball vom Center vor ihm durch die Beine und wird von den starken Jungs in der Offense Line vor den heranstürmenden Verteidigern (Defense) geschützt. Die schweren Jungs der Defense Line krachen auf die Offense Line, doch diese halten stand. Schnell geht der Quarterback drei Schritte zurück, täuscht an, als ob er den Ball werfen würde (Pass), übergibt diesen jedoch geschickt an den Ballträger (Runningback). Dieser sieht rechts neben dem Center eine kleine Lücke, welche ihm die Offense Line freigeblockt hat, nimmt den Kopf zwischen die Schultern und ab durch die Mitte. Die ersten Yards wären geschafft, da stürmt direkt ein Verteidiger aus der zweiten Reihe (Linebacker) auf ihn zu. Mit einer schnellen Drehung kann der Runningback diesem ausweichen doch ein weiterer Verteidiger schafft es noch, sein Bein festzuhalten. Mit ganzer Kraft schiebt er sich immer noch weiter vorwärts, wird aber langsamer. Nun stürzen sich zwei weitere Verteidiger auf ihn und begraben ihn unter sich. Jetzt bloß nicht beim Fallen den Ball verlieren, schießt es ihm durch den Kopf, instinktiv hält er diesen fest umklammert. Der Schiedsrichter pfeift ab, der Spielzug ist beendet. Immerhin 7 Yards Raumgewinn – gemessen von der Ballposition zu Spielzugbeginn – konnten mit diesem Laufspielzug erzielt werden. Damit sind es im zweiten von insgesamt vier Versuchen nur noch 3 Yards bis zu den nächsten vier Versuchen (First Down) der Offense, um letztlich den Ball regelgerecht in die Endzone der Defense zu bringen und somit einem Touchdown näher zu kommen. Stehen dafür die Chancen etwa beim letzten der vier Versuche schlecht, bleibt immer noch die Möglichkeit eines Fieldgoals (Feldtor) aus der Ferne 12
durch die Torstangen hindurch – natürlich dann mit deutlich weniger Punkten als beim Touchdown. Doch so kritisch ist es beim aktuellen Spielgeschehen noch nicht. Beide Mannschaften formieren sich für den zweiten Versuch neu und wieder gibt der Quarterback das Signal: „Down – set – hut!“ Falls diese Spielszene in Dir, lieber Leser, viele Fragen aufgeworfen hat: Keine Sorge, dieses Buch ist dafür da, all Deine Fragen zu beantworten. Am Ende wirst Du nicht nur American Football verstehen, sondern vielleicht auch lieben. Doch zunächst folgt zur weiteren Einstimmung ins Thema eine Szene der besonderen Art: AN JEDEM VERDAMMTEN SONNTAG Dieser absolute Kultfilm „An jedem verdammten Sonntag“ (Any given Sunday) des American Football entstand 1999 unter der Regie von Oliver Stone und ist immer noch aktuell. Die American-Football-Fans in Deutschland haben seit den Live-TV-Übertragungen sonntags auf prosiebenmaxx und Sat 1 bereits Social-Media-Fangruppen „An jedem verdammten Sonntag“ gegründet. Und immer öfters taucht der Begriff auch in der Werbung für American Football auf. Neben den vielen Hollywoodstars wie Al Pacino, Cameron Diaz, Dennis Quaid, James Wood, Jamie Foxx, LL Cool, Aaron Eckhart und Charlton Heston spielen auch sehr viele American-Football-Legenden mit, welche diesen Film zu etwas ganz Besonderem machen: Lawrence Taylor, Jim Brown, Dick Butkus, Johnny Unitas, Warren Moon und Terrell Owens. Eine der besten Szenen dieses Films und eine geniale Motivationsrede nicht nur im Sport ist die Halbzeitansprache von Headcoach Tony D'Amato von den Miami Sharks, in welcher er nicht nur über Football, sondern das ganze Leben an sich spricht. Damit verdeutlicht er seine Philosophie „Every inch counts“, das gilt auf dem Footballfeld genauso wie im Leben. „Erst wenn es losgeht mit dem Verlieren, lernt ihr, dass es im Leben auf Kleinigkeiten ankommt.“ 13
Ich weiß nicht, was ich euch sagen soll, Männer. In drei Minuten beginnt die größte Schlacht unserer Profilaufbahn. Heute wird sich alles entscheiden. Entweder bestehen wir als ein Team, oder wir zerbrechen Stück für Stück, Spielzug um Spielzug, bis wir am Ende sind. Wir stecken knöcheltief in der Scheiße, Männer, und wir können da hocken bleiben und uns den Arsch aufreißen lassen. Oder wir können uns wieder nach oben kämpfen, ans Licht. Wir können wieder aus dieser Hölle aufsteigen, Stück für Stück nach oben. Nur, ich kann das nicht für euch tun, ich bin zu alt. Ich sehe mich um, sehe eure jungen frischen Gesichter und denke, mein Güte, ich habe alles falsch gemacht, was ein Mann in mittleren Jahren nur falsch machen kann. Ich, äh, ich hab mein gesamtes Vermögen verplempert, ob ihrs glaubt oder nicht. Ich habe jeden Menschen, der mich in meinem Leben je geliebt hat, vertrieben. Seit einiger Zeit ertrage ich nicht mal mehr den Anblick der Visage, die ich im Spiegel sehe. Ist nun mal so, wenn man älter wird, geht einem einiges verloren. Ich meine so, so ist nun mal das Leben. Aber das lernt ihr erst, wenn es losgeht mit dem Verlieren. Dann findet ihr heraus, dass es im Leben auf die Kleinigkeiten ankommt. Genau wie beim Football. Weil sowohl im Leben als auch beim Football der Spielraum für Fehler winzig ist. Ich meine, ein halber Schritt zu weit oder zu kurz heißt meistens, ihr kriegt den Ball nicht. Nur eine halbe Sekunde zu schnell oder zu langsam und ihr greift vorbei. Diesen Kleinigkeiten, die so wichtig sind, begegnen wir immerzu. Und zwar in jedem Moment des Spiels, in jeder Minute, in jeder Sekunde. Wir kämpfen hier um jeden Zentimeter. Für ein paar Zentimeter zerreißen wir uns selbst und jeden, der dazugehört, in Stücke. Wir krallen uns mit den Fingern in die Erde für jeden Zentimeter, weil wir wissen, wenn wir die Zentimeter zusammenzählen, die wir geholt haben, ergibt das am Ende den verdammt wichtigen Unterschied zwischen Gewinnen und Verlieren – mehr noch zwischen Leben und Tod. Ich sag euch eins, in jedem Kampf gewinnt nur der, der für ein 14
Stückchen Erde sein Leben einsetzt. Und ich weiß, dass noch Leben in mir ist, solange ich auch bereit bin, für dieses Stückchen zu kämpfen und zu sterben, weil es das ist, was für mich Leben heißt. Dieses kleine Stückchen, das ihr vor euch seht. Ich kann euch nicht befehlen, es zu tun. Ich kann nur sagen, seht euch den Mann neben euch an, seht in seine Augen, und ich glaube, dann werdet ihr jemand sehen, der genauso denkt wie ihr. Ihr werdet einen Mann sehen, der bereit ist, sich selbst für das Team zu opfern, weil er genau weiß, wenn es drauf ankommt, dann tust du Dasselbe für ihn. Das ist ein Team, Gentlemen. Und entweder bestehen wir jetzt als ein Team, oder wir werden untergehen – als Einzelgänger. Das ist Football, Jungs – mehr ist es nicht. Also, was werdet ihr tun? Raus mit Euch!! Tony D'Amato – An jedem verdammten Sonntag GESCHICHTE DES AMERICAN FOOTBALLS American Football ist heute eine der populärsten Sportarten der Welt, wenngleich sich ein Großteil der Fans naturgemäß nur in den USA aufhält. Auch hierzulande gewinnt die Sportart jedoch an Beliebtheit – und so kann es nicht schaden, einen näheren Blick auf das ebenso traditionsreiche wie komplexe American Football zu werfen. American Football – die Anfänge Wir drehen das Rad der Zeit zurück in die 1870er: Fußball und Rugby waren bereits bekannt und American Football – diesen Begriff gab es damals noch nicht – war eine Mischung dieser beiden Sportarten. Als allgemein akzeptiertes Datum für einen der wichtigsten Grundbausteine des späteren American Footballs gilt der 6. November 1869, als Studenten der Ivy- League-Universität Princeton und der etwas weniger hoch angesehenen Rutgers-Universität aufeinandertrafen. Dieses erste Spiel war Fußball noch sehr ähnlich: Segmente wie Offense und Defense gab es nicht, stattdessen fanden viele Ballwechsel zwischen den Spielern einer Mannschaft statt – ähnlich wie beim Fußball. (…) 15
Jim Thorpe "I am no more proud of my career as an athlete than I am of the fact that I am a direct descendant of that noble warrior [Chief Black Hawk]." (Jim Thorpe) Jim Thorpe gilt als einer der vielseitigsten Athleten des letzten Jahrhunderts. Ihm gelang nicht nur als Erster in der olympischen Geschichte ein Olympiadoppelsieg in der Leichtathletik, er spielte zudem professionell Baseball, Football und Basketball. Herkunft und Kindheit Jim Thorpe wurde gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Charlie um den 28. Mai 1888 in der Nähe von Prague in Oklahoma geboren. Seine Eltern waren Hiram Thorpe und Charlotte Vieux – beide halb indianischer, halb europäischer Abstammung. Als Nachfahre des Sauk- und Fox-Häuptlings Black Hawk mit irischen und französischen Wurzeln erhielt er den indianischen Namen Wa-Tho-Huk, was so viel wie „Heller Pfad“ bedeutet. Getauft wurde er auf den Namen Jacobus Franciscus Thorpe. Er wuchs auf der Farm seiner Eltern im damaligen Sauk- und Fox-Reservat auf. Englisch war die Sprache, die Zuhause gesprochen wurde. Bereits früh lernte er zu jagen. Auf seinen ausgedehnten Jagdausflügen trainierte er sich auch die Ausdauer und Kraft an, für die er später berühmt werden sollte. Seine Abneigung gegenüber der Schule wurde durch den frühen Tod seines Zwillingsbruders vertieft und er lief immer wieder von der Schule weg. Nach dem Tod seiner Mutter kam es wiederholt zu Differenzen mit seinem Vater. Mit 13 Jahren lief er nach einem heftigen Streit von zu Hause weg. In Texas fand er Arbeit und zähmte wilde Pferde. Nach einem Jahr kehrte er nach Hause zurück, wo er sich mit seinem Vater einigte. Thorpe willigte ein, die lokale öffentliche Schule zu besuchen, wo er Baseball spielte und an der Leichtathlet teilnahm. Carlisle Indian Industrial School „Here and there, there are some people who are supremely endowed. My memory goes back to Jim Thorpe. He never practiced in his life, and he could do anything better than any other football player I ever saw.“ (Dwight D. 64
Eisenhower) 1904 kam ein Vertreter der Carlisle Indian Industrial School in Pennsylvania in das Oklahoma Reservat, um Schüler für die Berufsschule anzuwerben. Thorpes Vater überzeugte ihn, auf diese Schule zu gehen, da es in Oklahoma nur wenige Zukunftsperspektiven für ihn gab. Mit 16 kam er auf die Carlisle, um dort eine Schneiderlehre zu beginnen. Kurze Zeit später erfuhr er, dass sein Vater verstorben war. Um diesen Verlust zu verarbeiten, nahm Thorpe mehrmals am sogenannten „Outing“- Programm der Schule teil. Im Rahmen dieses Programms gingen die jungen indianischen Männer in weiße Familien, um deren Bräuche zu lernen und für diese zu arbeiten. Er arbeitete unter anderem als Gärtner und Landarbeiter. 1907 kehrte Thorpe, mittlerweile groß und muskulös gebaut, zur Schule zurück und trat dem schulinternen Football-Team bei. Durch seine Leistungen machte er sehr bald den Football- und Leichtathletiktrainer auf sich aufmerksam. Der Legende nach soll er quasi im Vorbeigehen und in gewöhnlicher Straßenkleidung die Hochsprunglatte von 1,75 m Höhe übersprungen haben. Thorpe trat dem ersten Leichtathletikteam der Carlisle bei, später auch dem Football-Team. Beide Teams wurden von der Trainerlegende Glenn „Pop“ Warner trainiert. Thorpe wurde schnell zum Star des Leichtathletik-Teams und war dank seines sportlichen Talents bald auch im Baseball, Hockey, Lacrosse und sogar Standardtanz erfolgreich. Allerdings war es der Football, der Thorpe bald zu nationalem Ruhm verhelfen sollte. Als Halfback, Kicker, Punter und Defender führte Thorpe sein Team 1911 zu einem überraschenden Sieg über die hoch favorisierten Spieler von der Harvard. Ein Jahr später kam es zu einem Kantersieg gegen West Point, für das auch der zukünftige Präsident Dwight D. Eisenhower spielte, der sich am Knie verletzte, als er Thorpe stoppen wollte. In den Jahren 1911 bis 1912 hatte Carlisle eine Bilanz von insgesamt 23-2-1, Thorpe gelang dabei beide Male der Einzug in die All-American-Auswahl. Die Olympischen Spiele 1912 1910 beschloss Thorpe, die Schule zu verlassen, um Geld zu verdienen. In den Sommermonaten 1910 und 1911 spielte er in North Carolina in der 65
Minor League Baseball. Eine Entscheidung, die er später noch bereuen würde. 1911 überzeugte ihn Pop Warner nach Carlisle zurückzukehren, wo er eine weitere außergewöhnlich starke Football-Saison spielte und zum All- American-Halfback gewählt wurde. Im Frühjahr 1912 trat er erneut dem Leichtathletikteam bei – mit einem neuen Ziel: einen Platz im amerikanischen Olympiateam. Thorpe qualifizierte sich für das olympische Fünfkampf- und Zehnkampfteam. Im Juni 1912 machte sich der 24-Jährige Richtung Stockholm auf, wo er alle Erwartungen übertraf. Er dominierte sowohl den Fünf- als auch den Zehnkampf und gewann in beiden Disziplinen die Goldmedaille – etwas, das vor und nach ihm niemandem mehr gelingen sollte. Er gewann im Fünfkampf 4 von 5 Disziplinen und ließ den zweitplatzierten Norweger Ferdinand Brie mit mehr als 400 Punkten Vorsprung weit hinter sich. Eine Woche später wiederholte er seines Siegeszug im Zehnkampf und gewann den Hochsprung, die 110-Meter-Hürden und die 1500 Meter. Und das, obwohl er in einem Paar Schuhe am Wettkampf teilnahm, die nicht zusammenpassten. Er beendete den dreitägigen Wettkampf mit 8.412,95 Punkten und fast 700 Punkten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten. Die durch ihn aufgestellten Rekorde sollten noch für 30 Jahre ungebrochen bleiben. Thorpe wurde nach seiner Rückkehr aus Schweden in New York City als olympischer Held mit einer Parade begrüßt. Aberkennung der Goldmedaillen Nach den olympischen Spielen überredete Warner ihn zu einer weiteren Saison in Carlisle, wo er seinem Team 1912 zu 12 Siegen bei nur einer Niederlage verhalf. Ein halbes Jahr nach den Spielen berichtete eine Zeitung in Worcester (Massachusetts), dass Thorpe bereits in den Minor Leagues halbprofessionell Baseball gespielt hatte und mit seiner Olympiateilnahme entsprechend gegen die damaligen Amateur-Bestimmungen verstieß. Trotz seines Briefs an die AAU (Amateur Athletic Union) musste Thorpe seine Goldmedaillen zurückgeben und seine historische Leistung wurde zunächst aus den olympischen Statistiken gestrichen. 66
Die Profikarriere im Baseball Zehn Tage nachdem ihm seine Goldmedaillen aberkannt wurden, beschloss Thorpe professionell zu spielen und verließ Carlisle. Er unterzeichnete 1913 bei den New York Giants der Major League. Die Giants wussten, dass Baseball nicht seine größte Stärke war, aber auch, dass sein Name Publikumsmassen anziehen würde. So hatte Thorpe Probleme mit dem Curveball und erreichte lediglich .252 in seiner sechsjährigen Profikarriere als Baseballspieler bei den Giants, Cincinnati Reds und Boston Braves, wenngleich er in seinem letzten Jahr einen beeindruckenden Durchschnitt von .327 erreichte. Thorpe spielte drei Jahre sporadisch als Außenfeldspieler für die Giants, bevor er 1916 verletzungsbedingt pausieren musste. 1917 kehrte er zu den Giants zurück, wurde aber bereits zu Beginn der Saison an die Cincinnati Reds verkauft. Am Ende der Saison kehrte er zu den Giants zurück, für die er bis zum 21. Mai 1919 spielte, als er im Austausch für Pat Regan zu den Boston Braves – heute Atlanta Braves – wechselte. Dort beendete Thorpe auch seine Karriere in den Major Leagues. Bis 1922 spielte er allerdings noch für unterschiedliche Teams in den Minor Leagues. Thorpe als professioneller Football-Spieler Während seiner Zeit als Baseballspieler spielte er bereits teilweise parallel professionell Football. 1915 unterzeichnete er bei den Canton Bulldogs für 250 US-$ pro Spiel, was für die damaligen Verhältnisse eine enorme Summe darstellt. Dafür zog er aber auch ein riesiges Publikum an. Thorpe spielte insgesamt 6 Jahre für die Bulldogs als Halfback und führte das Team zu einer Reihe von großen Siegen, unter anderem 1916, 1917 und 1919 zur regionalen Meisterschaft. Er galt als vielseitiger Spieler, der nicht nur schnell und wendig war, sondern auch passen, tacklen und kicken konnte. Thorpes Punts waren im Schnitt 60 Yards weit. 1920 gehörten die Bulldogs zu den 14 Clubs, die die American Professional Football Association gründeten, die später in die National Football League umbenannt wurde. Thorpe wurde für eine Saison zum ersten Ligapräsidenten gewählt. Von 1922 bis 1923 trainierte Thorpe das All-Native American Team Oorang Indians, für das er auch spielte. Das Team wurde von Walter Lingo, 67
dem Eigentümer der Oorang Dog Kennels in LaRue (Ohio), gesponsert. Das Team verlor mehr Spiele, als es gewann, und war mehr bekannt dafür, dass es „Kriegstänze“ und andere indianische Rituale aufführte. 1925 hatte der mittlerweile 37-Jährige seinen sportlichen Zenit überschritten und gab seinen Rücktritt von seiner professionellen Football- Karrierre bekannt, wenngleich er in den folgenden vier Jahren noch gelegentlich für verschiedene Teams spielte, darunter die Cleveland Indians, Rock Island Independets, New York Football Giants sowie die Chicago Cardinals. Insgesamt stand Thorpe von 1920 bis 1928 – seinem endgültigen Karriereende – bei sechs Teams unter Vertrag, konnte im Football aber nie einen Meistertitel gewinnen, obgleich er das Spiel in seinen frühen Jahren stark prägte. Thorpe als Basketball-Spieler Bis vor wenigen Jahren war nur den wenigsten bekannt, dass Thorpe auch Basketball gespielt hat. So wurden in einem alten Buch zwei Eintrittkarten für ein Spiel des Teams „Jim Thorpe and His World-Famous Indians“ von 1927 gefunden. Daraufhin konnte nachgewiesen werden, dass Thorpe 1927 und 1928 mit dieser Mannschaft in New York, Ohio und Pennsylvania gespielt haben muss. Nach der Profikarriere Nach seiner sportlichen Karriere konnte Thorpe nie so richtig Fuß fassen. Er versuchte sich als Schauspieler in Hollywood und partizipierte zwischen 1931 und 1950 an mehr als 60 Filmen. Mehr als kleine Rollen als stereotyper Native American konnte er allerdings nicht für sich verbuchen. Daneben hielt er sich mit mehreren Hilfsarbeiterjobs über Wasser, um seine sieben Kinder aus mittlerweile zwei Ehen finanziell unterstützen zu können. Als die olympischen Spiele 1932 in Los Angeles ausgetragen wurden, konnte er sich keine Eintrittskarte leisten. Nachdem der damalige Vizepräsident Charles Curtis – selbst indianischer Abstammung – aus der Presse davon erfuhr, lud er Thorpe ins Stadion ein und ließ ihn neben sich sitzen. Als dessen Anwesenheit im Stadion bekannt gegeben wurde, gab es Standing Ovations für den früheren Olympiateilnehmer. 68
Da das öffentliche Interesse an seiner Person wieder stieg, erhielt Thorpe Anfragen für öffentliche Reden. 1937 kehrte er nach Oklahoma zurück, um sich dort für die Rechte der Native American einzusetzen. 1941 führte sein zunehmender Alkoholkonsum zur zweiten Scheidung. Nachdem er am 28. März 1953 an seinem dritten Herzinfarkt in seinem Wohnwagen in Lomita (Kalifornien) verstarb, wurden seine sterblichen Überreste nach Mauch Chunk, einer Gemeinde in Pennsylvania überführt, die sich im Austausch für seine Überreste in Jim Thorpe umbenannte. Teilrehabilitierung Am Ende seines Lebens wurde Thorpe zum Teil rehabilitiert. So ernannte die Associated Press Thorpe 1950 zum besten männlichen Athleten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – noch vor Sportlegenden wie Babe Ruth, Jack Dempsey und Jesse Owens. Ein Jahr später wurde er von Burt Lancaster im Film Jim Thorpe – All-American porträtiert. Er selbst half als Berater bei den Dreharbeiten, wenngleich er an dem Film nichts verdiente, da er seine Rechte bereits im Vorfeld für 1500 US-$ an MGM verkauft hatte. 1963 wurde Thorpe in die Professional Football Hall of Fame aufgenommen. 1982 – fast dreißig Jahre nach seinem Tod – wurde sein Name wieder in die olympischen Statistiken als Co-Gewinner des Fünf- und Zehnkampfs der Olympiade von 1912 aufgenommen. Dass er noch lange im öffentlichen Bewusstsein verbleiben sollte, zeigt auch, dass er auch noch 2000 bei einer ABC Sports Umfrage zum besten Athleten des vorangegangenen Jahrhunderts gewählt wurde, während er bei der Wahl der Associated Press den dritten Platz belegte. George Halas George Stanley Halas wurde am 2. Februar 1895 in Chicago, Illinois als Sohn böhmischer Immigranten geboren. Halas, dessen bekannteste Spitznamen „Mr. Everything“ und „Papa Bear“ sind, war ein sehr erfolgreicher Spieler und Trainer im American Football. Darüber hinaus war er Gründer und langjähriger Besitzer (1920 bis 1983) des NFL-Teams der Chicago Bears. Er war einer der Mitbegründer der National Football League im Jahr 1920, und 1963 wurde er als einer der ersten 17 Menschen in die Pro Football Hall of Fame einberufen. (…) 69
1 – Grundregeln Bevor es losgeht, möchten wir Dich darauf hinweisen, dass es sich beim American Football natürlich um eine US-amerikanische Sportart handelt. Das bedeutet, dass zahlreiche Begriffe aus dem englischen Sprachgebrauch auch hierzulande angewendet werden. Wir liefern, sofern vorhanden, die deutschen Übersetzungen dazu. Stelle Dich trotzdem darauf ein, einige englische Begriffe zu lesen und auch selbst zu verwenden. Im American Football geht es darum, mehr Punkte als der Gegner zu erzielen, um ein Match zu gewinnen. Das gelingt, indem ein Team den Ball in die Endzone des gegnerischen Teams trägt. „Tragen“ ist hier das Stichwort: Anders als beim Fußball etwa muss sich der Ball in den Händen eines Spielers befinden, wenn dieser die Endzone erreicht. Es reicht nicht, den Ball einfach nach vorne in die besagte Endzone zu schleudern. Eine kleine Anmerkung: In unserem Regelwerk werden wir hin und wieder Bezug zum Fußball nehmen. Dies hilft Anfängern, bestimmte Spielzüge und Regeln zu verstehen, da es einfacher ist, einen Vergleich mit einer bekannten Sportart anzustellen. Bist Du mit den Grundregeln bereits bestens vertraut, überlese diese Stellen am besten einfach. Die beiden Mannschaften, die sich gegenüberstehen, werden jeweils in Offense und Defense eingeteilt – also die Angreifer und die Verteidiger. Das angreifende Team hat immer vier Versuche, um den Ball entweder bis in die Endzone zu tragen oder mindestens 10 Yards des Spielfelds zu überbrücken (mehr zum Thema Spielfeld erfährst Du in Abschnitt 2 dieser Regeln). Hat es die Offense geschafft, den Ball mindestens 10 Yards weit zu tragen (oder einem Spieler, der sich in einer Entfernung von mindestens 10 Yards aufhält, den Ball zuzuwerfen), hat das Team erneut vier Versuche. Anfängertipp: 1 Yard entspricht genau 91,44 Zentimeter und damit etwas weniger als 1 Meter. Kann die Offense den Ball bis in die Endzone tragen, erhält das Team Punkte (mehr zur Punktevergabe in Abschnitt 13). Gelingt es der Offense nicht, die besagten 10 Yards zu überbrücken, findet ein Wechsel statt: Die soeben als Defense agierende Mannschaft wird jetzt zur Offense und darf ihrerseits 99
versuchen, den Ball in die Endzone zu bringen. Das vorherige Offense-Team ist jetzt die Defense. Um die Endzone überhaupt zu erreichen, stehen verschiedene Angriffsformationen, defensive Taktiken und allgemeine Spielzüge offen. Welche das sind, liest Du in den nächsten Abschnitten. Glückwunsch: Du hast soeben verstanden, worum es beim American Football in den Grundzügen geht! 2 – Das Spielfeld Selbst wenn Du gar nichts von American Football verstehst, hast Du wahrscheinlich schon einmal ein Spielfeld gesehen. In den Grundzügen handelt es sich um ein grünes Rechteck, womit es einem Fußballfeld nicht unähnlich ist. In seinen Feinheiten unterscheidet es sich jedoch. Jedes Football-Feld besteht aus zwölf Zonen, die jeweils 10 Yards und damit etwa 9,1 Meter breit sind. Im Zentrum des Spielfelds befinden sich zehn dieser Zonen, und nur diese sind das eigentliche, aktive Spielfeld. Die jeweiligen Endzonen komplettieren die Anzahl von insgesamt zwölf Zonen. Sie sind in jedem Spiel das Ziel der Offense, während die Defense versucht, die Offense vom Erreichen der eigenen Endzone abzuhalten. Begrenzt ist das Spielfeld von den Seitenlinien. Ebenfalls dort zu finden ist die Bench Area: Dies ist der Bereich, wo Coach und Auswechselspieler das Geschehen von außen verfolgen. Anfängertipp: Anders als beim Fußball ist der Bereich direkt am Spielfeld nur für die Chain Crew und andere Offizielle vorgesehen. Coach und Spieler dürfen dieses Areal nicht betreten. Beobachtest Du das Spielfeld genauer, wirst Du an den Seiten außerdem Personen finden, die verschiedene Markierungen in den Boden stecken. Diese sogenannte Chain Crew kannst Du Dir als Hilfe für die Spieler und Zuschauer vorstellen: Sie markiert die sogenannte Line to Gain. Diese zeigt an, welche Strecke der Ball überwinden muss, damit die Offense mindestens 10 Yards überbrückt hat. Bei einem erfolgreichen Versuch verschiebt die Chain Crew diese Marker entsprechend und zeigt von Neuem an, an welchen Ort der Ball exakt kommen muss, um einen gültigen Versuch zu 100
erzielen. Zusätzlich zeigt die Chain Crew an, wie viele Versuche für die Offense noch verbleiben und wo die Line of Scrimmage ist (hierzu erfährst Du mehr in Abschnitt 8). Ebenfalls wichtig ist der sogenannte Goalpost: Er sieht ein wenig aus wie eine (sehr große) Stimmgabel. Eine etwa 3 Meter hohe Querstange wird von zwei senkrechten Standen an den Enden der Querstange gesäumt. Diese reichen etwa 9,1 Meter in die Höhe und spielen für die Punktevergabe bei einigen Spielzügen eine wichtige Rolle. Anfängertipp: Je höher die Klasse der beiden aufeinandertreffenden Teams, desto geringer ist der Abstand zwischen den beiden senkrechten Pfosten – bis hin zu 5,64 Metern nach offiziellem NFL-Standard. Du hast jetzt eine gute Vorstellung davon, wie ein Spielfeld beim American Football aussieht und welche Funktionen die unterschiedlichen Zonen, Linien und die Chain Crew haben. Weiter geht es zum vielleicht wichtigsten Sportgerät des American Footballs: dem Ball! 3 – Der Ball Ein Football erinnert in seiner Form an ein sehr gleichmäßig geformtes Ei. Es besteht aus vier gleichförmigen Stücken, die je nach Qualität des Balls entweder aus Leder, Gummi oder einfachem Kunststoff bestehen. Am teuersten sind Footballs aus echtem Leder. Sie sind die einzigen Bälle, die in der NFL verwendet werden dürfen (und auch die German Football League hierzulande besteht darauf). Amateure greifen hingegen zu Gummi oder Kunststoff, da diese Materialien deutlich günstiger sind. Ebenfalls erwähnenswert ist die Tatsache, dass einige Bälle weiße Streifen an den Enden haben und andere nicht. Besondere Flugeigenschaften bekommt der Ball dadurch nicht: Es handelt sich lediglich um Bestimmungen der unterschiedlichen Organisationen. College Football (auch unter dem Namen NCAA (National Collegiate Athletic Association) bekannt) schreibt zwei weiße Markierungen vor, bei der Canadian Football League CFL sind es durchgehende Streifen. Die NFL setzt auf „reine“ Bälle ohne Streifen. Der Ball selbst muss übrigens zwingend vom Hersteller Wilson kommen. 101
Nicht etwa, weil andere Unternehmen nicht dazu in der Lage wären, einen Football herzustellen – sondern ganz einfach, weil es das offizielle Regelbuch der NFL so vorschreibt. Jedes Team muss außerdem 24 Bälle vor Spielbeginn bereitstellen, um für alle Fälle gerüstet zu sein. Zerstörte Bälle kommen bei einer Sportart wie dem American Football schon einmal vor, sodass für genügend Ersatz gesorgt sein muss. Anfängertipp: Beim Werfen eines Footballs „schmeißt“ Du den Ball nicht wie einen runden Gummiball oder ähnliche Geräte einfach nach vorne. Stattdessen umgreifst Du ihn mit Deiner Hand, beginnst mit der Wurfbewegung und öffnest anschließend die Hand. Der Ball wird sich über die vier Finger an Deiner Hand (abzüglich des Daumens) abrollen und seinen Flug beginnen. Durch diese Technik schlingert der Ball nicht in der Luft, sondern bekommt eine gerade Flugbahn. Beobachte einmal Profispieler bei der Arbeit und Du wirst bei jedem Flug eine sehr schnelle Rotation des Balls bemerken! Die Eiform hat übrigens einfach praktische Gründe: Einen kreisrunden Ball könntest Du entweder gar nicht oder wesentlich schwerer in den Händen halten. 4 – Begriffsdefinitionen Wie in allen anderen Sportarten gibt es auch im American Football zahlreiche Fachbegriffe. Die wichtigsten findest Du in den folgenden Absätzen. Solltest Du später Schwierigkeiten haben, einen bestimmten Begriff zu verstehen, kannst Du noch einmal an diese Stelle zurückkehren. Alle Fachbegriffe, die wir in diesem Regelwerk verwenden, findest Du auch in dieser Definitionsliste. Sie ist alphabetisch sortiert, um Dir den Überblick zu erleichtern. • Audible Dieser Begriff beschreibt einen Befehl des Quarterbacks, der den nächsten Spielzug ansagt und sich dabei außerhalb des Huddles befindet (siehe dazu: Huddle). 102
• Backs Beschreibt alle Spieler, die nicht direkt auf der Line of Scrimmage stehen, sondern leicht versetzt dahinter. • Backup Ein Ersatzspieler, der sich in der Bench Area aufhält. • Blitz Ein besonderer Spielzug: Die Defense versucht, durch zusätzliche Linebacker und Defensive Backs ein Übergewicht an der Line of Scrimmage zu schaffen und so zum gegnerischen Quarterback durchzudringen und ihn am Spielaufbau zu hindern. • Block Das (regelkonforme) Zustellen des Laufweges eines Gegners mithilfe des eigenen Körpers. • Center Wichtige Position der Offensive Line: Er ist für den Snap verantwortlich und schützt gleichzeitig den Quarterback. • Challenge Der Coach darf einen Videobeweis anfordern, wenn er mit der Entscheidung eines Schiedsrichters nicht einverstanden ist oder etwas gesehen haben will, was den Schiedsrichtern entgangen ist. • Chain Crew Ist verantwortlich für die Anzeige der Line to Gain an der Seite des Spielfelds und der Line of Scrimmage. • Dead Ball / Live Ball Ist ein Ball nicht mehr im Spiel, wird er als Dead Ball bezeichnet. Umgekehrt ist ein Ball „Live“, wenn er sich noch im Spiel befindet und die Mannschaften darum kämpfen können. • Defense Die Defense versucht zu Beginn eines Spielzugs, die Offense am 103
Punktgewinn zu hindern. Anfänger erkennen die Defense leicht an der Tatsache, dass diese Mannschaft am Anfang des Spielzugs nicht im Ballbesitz ist. • Defensive Line Die erste Reihe der Verteidiger der Defense: Sie besteht aus den Defensive Tackles und Defensive Ends. Ziel der Defensive Line ist es in der Regel, den Quarterback direkt anzugreifen und ihn damit am Spielaufbau zu stören. • Down Ein Down ist nichts anderes als ein Spielzug. Beispielsweise wird der erste der vier Versuche für die Offense als First Down bezeichnet. • Down by Contact Nicht zu verwechseln mit dem Down als Spielzug: Down by Contact bedeutet, dass der ballführende Spieler von einem Gegenspieler zu Boden gebracht wurde. Damit ist der Spielzug beendet. • Draw Ein je nach Spielverlauf hin und wieder beliebter Spielzug: Der Quarterback täuscht einen Pass an, aber gibt den Ball stattdessen weiter an den Runningback oder läuft selbst los in Richtung gegnerischer Endzone. • Endzone Die beiden Gebiete am Ende des Spielfeldes, in das die Offense den Ball tragen muss, um Punkte zu erzielen. • Facemask Zwei Bedeutungen sind möglich: Einerseits beschreibt die Facemask das schützende Gitter, das am Footballhelm befestigt ist. Gleichzeitig steht Facemask auch für ein Foul, bei dem ein Spieler in das Gitter eines anderen Spielers greift. • Field Goal Drei Punkte, die durch den Tritt des Balls durch die Torpfosten gutgeschrieben werden (siehe Punktevergabe in Abschnitt 13). 104
SUPER BOWL – ALLE SPIELE, SIEGE UND RINGE Das erfolgreichste Super-Bowl-Team sind die Pittsburgh Steelers mit 6 Siegen, gefolgt von den Dallas Cowboys, San Francisco 49ers und New England Patriots mit jeweils 5 Siegen (Stand Februar 2017). Noch nie im Super Bowl standen die Cleveland Browns, die Detroit Lions, die Houston Texans und die Jacksonville Jaguars. Ganz bitter erwischte es die Buffalo Bills, welche von 1991 bis 1994 gleich viermal in Folge im Super Bowl standen und immer verloren haben. Die Super-Bowl-Teilnehmer Im Folgenden sind alle Super-Bowl-Sieger und alle Super-Bowl-Teilnehmer mit der jeweiligen Anzahl aufgelistet. Team Sieger Zweiter Teiln. Letzter Sieg Pittsburgh Steelers 6 2 8 01. Februar 2009 Dallas Cowboys 5 3 8 28. Januar 1996 San Francisco 49ers 5 1 6 29. Januar 1995 New England Patriots 5 4 9 05. Februar 2017 Green Bay Packers 4 1 5 06. Februar 2011 New York Giants 4 1 5 05. Februar 2012 Denver Broncos 3 5 8 07. Februar 2016 Oakland Raiders 3 2 5 22. Januar 1984 Washington Redskins 3 2 5 26. Januar 1992 Miami Dolphins 2 3 5 13. Januar 1974 Indianapolis Colts 2 2 4 04. Februar 2007 Baltimore Ravens 2 0 2 03. Februar 2013 Seattle Seahawks 1 2 3 02. Februar 2014 Chicago Bears 1 1 2 26. Januar 1986 Kansas City Chiefs 1 1 2 11. Januar 1970 Los Angeles Rams 1 1 2 30. Januar 2000 226
Team Sieger Zweiter Teiln. Letzter Sieg New Orleans Saints 1 0 1 07. Februar 1910 New York Jets 1 0 1 12. Januar 1969 Tampa Bay Buccaneers 1 0 1 26. Januar 2003 Buffalo Bills 0 4 4 Minnesota Vikings 0 4 4 Carolina Panthers 0 2 2 Cincinnati Bengals 0 2 2 Philadelphia Eagles 0 2 2 Arizona Cardinals 0 1 1 Atlanta Falcons 0 2 2 San Diego Chargers 0 1 1 Tennessee Titans 0 1 1 Alle Super-Bowl-Spiele Seit 1967 beginnt die Zeitrechnung der Super Bowls, Anfang 2017 wurde der 51. Super Bowl ausgespielt (offiziell gehört dieser zur Saison 2016). Nachfolgend haben wir alle Begegnungen mit den Teilnehmern, dem Ergebnis, dem Spielort und den Super-Bowl-Ringen aufgelistet. Ganz besonders danken wir unserem Freund Mike aus den USA von sports-rings.com, welcher uns das Bildmaterial für alle Super-Bowl-Ringe zur Verfügung gestellt hat. Mike ist ein privater Sammler, welcher solche Ringe gerne ankauft. Selbstverständlich muss bei dieser Art von Geschäft sehr viel Diskretion gewahrt werden, besonders wenn zum Beispiel ehemalige NFL-Stars aus Geldnot ihren Ring verkaufen müssen. Wissenswertes zu den Super-Bowl-Ringen und ihrer Geschichte findest Du im Kapitel Super Bowl im 1. Teil des Buches. Viele weitere Fotos der Ringe (z.B. unterschiedliche Ansichten) präsentieren wir auf unserer Webseite unter www.american-football.com/superbowl. Eine Liste mit allen MVPs, den Most Valuable Players, aus allen Super Bowls befindet sich hier im Anschluss. 227
AFL–NFL Championships: Datum Sieger/ Nr. Erg. Ringe Ort Verlierer 15. Jan. 1967 Green Bay Packers 35 I Los Angeles Kansas City Chiefs 10 14. Jan. 1968 Green Bay Packers 33 II Miami Oakland Raiders 14 12. Jan. 1969 New York Jets 16 III Miami Baltimore Colts 7 11. Jan. 1970 Kansas City Chiefs 23 IV New Orleans Minnesota Vikings 7 NFL Championships: Datum Sieger/ Nr. Erg. Ringe Ort Verlierer 17. Jan. 1971 Baltimore Colts 16 V Miami Dallas Cowboys 13 16. Jan. 1972 Dallas Cowboys 24 VI New Orleans Miami Dolphins 3 228
DER AUTOR Holger Weishaupt (30.10.1961) kam am 30. Januar 1979 zum ersten Mal mit American Football in Berührung. Damals gab es in der ARD eine Zusammenfassung des Super Bowl XIII (13) von Holger Obermann. Diese Begegnung zwischen den Dallas Cowboys und Pittsburgh Steelers gilt als eines der besten Endspiele überhaupt und weckte damals für viele TV- Zuschauer in Deutschland das Interesse an American-Football. Durch seinen Schulfreund Niko Varvaroussis, welcher damals bei den Frankfurt Löwen spielte, sah der Autor dann seine ersten Footballspiele auf dem Vorfeld des damaligen Waldstadions und war sofort von dieser tollen Sportart fasziniert. Mitte der 80er-Jahre spielte dann Weishaupt selbst bei den Fellbach Sioux und ist seitdem als Stadionsprecher, Vereinsfunktionär und Spielervater diesem Sport sehr eng verbunden. Der American Bowl in Berlin 1994, als die New York Giants gegen die San Diego Chargers spielten, war sein größtes Ereignis als Stadionsprecher. Damals arbeitete er mit Oliver Luck zusammen, der General Manager der Frankfurt Galaxy war. Neben den drei Eurobowls in Berlin moderierte er auch die Spiele der American Football WM und EM in Deutschland, verschiedene German und Junior Bowls und sogar einen Austrian Bowl. Als Stadionsprecher hat er für zahlreiche Vereine gerabeitet, in Hanau ist er immer noch aktiv. Holger Weishaupt kommt aus einer footballverrückten Familie mit drei Jungs. Dennis, der Älteste, ist mittlerweile vom Football zum Baseball gewechselt, Sonny ist Quarterback bei Frankfurt Universe und gehört zum erweiterten Kader der Nationalmannschaft, Jerry spielt Receiver und Tight End in Hanau und für die Hessenauswahl. American Football feiert 2017 40-jähriges Jubiläum in Deutschland und er selbst war fast von Beginn an dabei. Da war jetzt der richtige Zeitpunkt für ihn gekommen, endlich diese Buchidee zu verwirklichen, mit der er sich schon seit vielen Jahren beschäftigte.
Sie können auch lesen