AMERICAN FOOTBALL ALLES ÜBER / ALL ABOUT - Holger Weishaupt - Leseprobe

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AMERICAN FOOTBALL ALLES ÜBER / ALL ABOUT - Holger Weishaupt - Leseprobe
Holger Weishaupt

ALLES ÜBER / ALL ABOUT

AMERICAN
FOOTBALL
            Leseprobe

       © 2017 Holger Weishaupt

    Verlag: tredition GmbH, Hamburg
AMERICAN FOOTBALL ALLES ÜBER / ALL ABOUT - Holger Weishaupt - Leseprobe
VORWORT: 40 JAHRE AMERICAN FOOTBALL IN
    DEUTSCHLAND
Seit der Gründung des ersten deutschen American-Football-Vereines in
Deutschland entwickelte sich diese Sportart in Deutschland in den letzten
40 Jahren mit vielen Höhen und Tiefen. Dies betrifft sowohl das
Zuschauerinteresse in den Stadien als auch die Medienpräsenz.
   1977 wurde von Alexander Sperber und Wolfgang Lehneis der erste
American-Football-Verein in Deutschland gegründet, die Frankfurt Löwen.
Dann folgten die Düsseldorf Panther, Munich Cowboys, Ansbach Grizzlies,
Bremerhaven Sealords und Berlin Bären (heute Adler).
   Ein American-Football-Pionier war sicher der bekannte Sportjournalist
und Moderator Holger Obermann, welcher als Fußballtorwart schon sehr
früh in die USA wechselte. Danach arbeitete er in Miami für den
Fernsehsender ABC und er sorgte dann nach seiner Rückkehr bei der ARD
Sport Extra 1977 für die erste Zusammenfassung eines Superbowlspieles.
Am 12. Januar zeigte er abends eine knappe Stunde Zusammenfassung vom
Super Bowl XI (11). Zwei Jahre später am 30. Januar 1979 gab es dann
wieder eine Zusammenfassung des Super Bowl XIII (13). Dies gilt als eines
der besten Endspiele überhaupt, 14 spätere Hall of Famer standen damals
auf dem Feld. Dieses Spiel war damals für viele Fernseh-Zuschauer in
Deutschland das erste American-Football-Spiel überhaupt und hat viele in
Deutschland mit dem Thema American Football infiziert. Ich gehöre seit
damals auch dazu.
   Der Sport war sehr stark von den Amerikanern geprägt, in den
Anfangszeiten durften bis zu 8 US-Spieler gleichzeitig auf dem Feld stehen.
Dieser Einfluss führte dann auch zur Gründung zweier Konkurrenzverbände,
den AFV (American Football Verband) für Nord und West und AFBD
(American Football Bund Deutschland) für Mitte und Süd.
   1982 wurde dann als einziger Verband für ganz Deutschland der AFVD
(American Football Verband Deutschland) gegründet, welcher in diesem
Jahr sein 35-jähriges Jubiläum feiert.
   Den absoluten Zuschauerrekord in Deutschland für ein Spiel von

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AMERICAN FOOTBALL ALLES ÜBER / ALL ABOUT - Holger Weishaupt - Leseprobe
deutschen Teams erzielte 1999 der German Bowl in Hamburg mit 30.400
Zuschauern, als die Braunschweig Lions die Hamburg Blue Devils 25:24
besiegten.
   Doch immer wieder mussten gerade die besonders ambitionierten
Vereine finanzielle Rückschläge hinnehmen, manche verschwanden ganz,
andere mussten in unteren Ligen wieder von vorne beginnen.
   Seit 2015 übertragen ProSieben MAXX und Sat 1 regelmäßig die NFL-
Spiele live und American Football bekam dadurch einen gewaltigen Schub
in Deutschland. Die inzwischen über 400 Vereine freuen sich über den
Zuwachs vieler Kinder und Jugendlicher, welche Spaß an diesem Sport
gefunden haben.
   Alle Spiele, Touchdowns und ein riesiges Archiv können über ein
Gamepass-Abo geschaut werden oder als Livestream bei DAZN.
   Und auch medial hat sich vieles getan. Die Vereine präsentieren sich oft
mit sehr professionellen Internetauftritten und nutzen alle Medien wie
Facebook, Twitter, Pinterest, Instagram und Youtube für ihre
Außendarstellung. Und manche Spieler wie Connor Sullivan (Stuttgart
Scorpions) und Silas Nacita (Frankfurt Universe) verzeichnen mit ihren Vlogs
(Videoblogs) schon über 60.000 Abonnenten und bis zu 1 Million Aufrufe
pro Video.
   Der Verband hat mit GFL (German Football League) TV einen
professionellen TV-Kanal, welcher wöchentlich die GFL-Spieltage mit
Highlights und Interviews präsentiert. Einige Vereine bieten von ihren
Spielen bereits Livestreams an und ab 2019 sollen alle GFL-Spiele per
Livestream gezeigt werden.
   Der German Bowl wird seit Jahren live auf Eurosport übertragen und ganz
aktuell hat der Verband einen Vermarktungsvertrag mit dem ZDF
abgeschlossen.
   Seit diesem Jahr hat die NFL einen deutschsprachigen Facebook- und
Twitter-Kanal und auch die Collegeorganisation NCAA (National Collegial
Athletic Association) ist seit Neuestem mit einem deutschsprachigen
Facebookauftritt vertreten. Wenn sich die beiden größten
Sportorganisationen so um den deutschen Markt bemühen, zeigt das
deutlich den Stellenwert, welchen American Football mittlerweile in

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Deutschland genießt.
   Dazu kommen immer mehr Internetseiten, welche mit unterschiedlichen
Schwerpunkten über American Football informieren, immer mehr Shops
bieten American-Football-Artikel an und auch die regulären Medien
berichten immer öfters und regelmäßig über diesen Sport. Und das nicht
nur noch einmal im Jahr im Rahmen des Super Bowl.
   40 Jahre American Football in Deutschland – hoffen wir, dass der
Schwung der letzten beide Jahre auch in die nächsten Jahrzehnte
mitgenommen wird.

Eine Anmerkung:
   Im Sport – nicht nur im American Football – ist überwiegend das „Du“
üblich, sowohl bei Spielern untereinander wie auch häufig zwischen
Trainern und Spielern. Daher haben wir uns dafür entschieden, auch den
Leser mit „Du“ anzusprechen. Auch wer dies nicht mag, möge es bitte nicht
als Mangel an Höflichkeit auffassen, sondern als freundschaftliche Geste;
man könnte auch sagen: im Sinne des Teamgeistes.

Ausdrücklich und herzlich danken möchte ich an dieser Stelle dem Team von
American-Football.com sowie Jürgen Behrend für zahlreiche Beiträge zu
diesem Buch, von Recherchen bis hin zu einigen Kapiteln. Ebenso danke ich
Volkmar Hoppe für Umschlag, Logos, Layouts und die Schiedsrichterzeichen.

Und nun wünschen wir Dir, lieber Leser, viel Spaß bei der Lektüre und
zahlreiche neue Erkenntnisse über den American Football.

Holger Weishaupt
und das Team von American-Football.com

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DOWN – SET – HUT!
Beide Mannschaften stehen sich auf dem Spielfeld gegenüber, der ovale Ball
liegt in der Mitte der neutralen Zone zwischen beiden Teams am Boden. Nur
eine Hand des Center-Spielers der Angriffsmannschaft (Offense) ruht auf
dem Ball. Die Anspannung aller Spieler sowie der verstummenden
Zuschauer liegt in der Luft wie jene vor einem Gewitter.
   „Down – set – hut!“, durchbricht endlich das Signal des Spielmachers
(Quarterback) die Stille und so beginnt sein Team den nächsten Angriff. Er
bekommt den Ball vom Center vor ihm durch die Beine und wird von den
starken Jungs in der Offense Line vor den heranstürmenden Verteidigern
(Defense) geschützt. Die schweren Jungs der Defense Line krachen auf die
Offense Line, doch diese halten stand.
   Schnell geht der Quarterback drei Schritte zurück, täuscht an, als ob er
den Ball werfen würde (Pass), übergibt diesen jedoch geschickt an den
Ballträger (Runningback). Dieser sieht rechts neben dem Center eine kleine
Lücke, welche ihm die Offense Line freigeblockt hat, nimmt den Kopf
zwischen die Schultern und ab durch die Mitte.
   Die ersten Yards wären geschafft, da stürmt direkt ein Verteidiger aus der
zweiten Reihe (Linebacker) auf ihn zu. Mit einer schnellen Drehung kann der
Runningback diesem ausweichen doch ein weiterer Verteidiger schafft es
noch, sein Bein festzuhalten. Mit ganzer Kraft schiebt er sich immer noch
weiter vorwärts, wird aber langsamer. Nun stürzen sich zwei weitere
Verteidiger auf ihn und begraben ihn unter sich.
   Jetzt bloß nicht beim Fallen den Ball verlieren, schießt es ihm durch den
Kopf, instinktiv hält er diesen fest umklammert. Der Schiedsrichter pfeift ab,
der Spielzug ist beendet.
   Immerhin 7 Yards Raumgewinn – gemessen von der Ballposition zu
Spielzugbeginn – konnten mit diesem Laufspielzug erzielt werden. Damit
sind es im zweiten von insgesamt vier Versuchen nur noch 3 Yards bis zu
den nächsten vier Versuchen (First Down) der Offense, um letztlich den Ball
regelgerecht in die Endzone der Defense zu bringen und somit einem
Touchdown näher zu kommen.
   Stehen dafür die Chancen etwa beim letzten der vier Versuche schlecht,
bleibt immer noch die Möglichkeit eines Fieldgoals (Feldtor) aus der Ferne

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durch die Torstangen hindurch – natürlich dann mit deutlich weniger
Punkten als beim Touchdown. Doch so kritisch ist es beim aktuellen
Spielgeschehen noch nicht.
  Beide Mannschaften formieren sich für den zweiten Versuch neu und
wieder gibt der Quarterback das Signal: „Down – set – hut!“

Falls diese Spielszene in Dir, lieber Leser, viele Fragen aufgeworfen hat:
Keine Sorge, dieses Buch ist dafür da, all Deine Fragen zu beantworten. Am
Ende wirst Du nicht nur American Football verstehen, sondern vielleicht
auch lieben.
   Doch zunächst folgt zur weiteren Einstimmung ins Thema eine Szene der
besonderen Art:

AN JEDEM VERDAMMTEN SONNTAG
Dieser absolute Kultfilm „An jedem verdammten Sonntag“ (Any given
Sunday) des American Football entstand 1999 unter der Regie von Oliver
Stone und ist immer noch aktuell. Die American-Football-Fans in
Deutschland haben seit den Live-TV-Übertragungen sonntags auf
prosiebenmaxx und Sat 1 bereits Social-Media-Fangruppen „An jedem
verdammten Sonntag“ gegründet. Und immer öfters taucht der Begriff auch
in der Werbung für American Football auf.
   Neben den vielen Hollywoodstars wie Al Pacino, Cameron Diaz, Dennis
Quaid, James Wood, Jamie Foxx, LL Cool, Aaron Eckhart und Charlton
Heston spielen auch sehr viele American-Football-Legenden mit, welche
diesen Film zu etwas ganz Besonderem machen: Lawrence Taylor, Jim
Brown, Dick Butkus, Johnny Unitas, Warren Moon und Terrell Owens.
   Eine der besten Szenen dieses Films und eine geniale Motivationsrede
nicht nur im Sport ist die Halbzeitansprache von Headcoach Tony D'Amato
von den Miami Sharks, in welcher er nicht nur über Football, sondern das
ganze Leben an sich spricht. Damit verdeutlicht er seine Philosophie „Every
inch counts“, das gilt auf dem Footballfeld genauso wie im Leben. „Erst
wenn es losgeht mit dem Verlieren, lernt ihr, dass es im Leben auf
Kleinigkeiten ankommt.“

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Ich weiß nicht, was ich euch sagen soll, Männer. In drei Minuten
     beginnt die größte Schlacht unserer Profilaufbahn. Heute wird sich
     alles entscheiden. Entweder bestehen wir als ein Team, oder wir
     zerbrechen Stück für Stück, Spielzug um Spielzug, bis wir am Ende sind.
     Wir stecken knöcheltief in der Scheiße, Männer, und wir können da
     hocken bleiben und uns den Arsch aufreißen lassen. Oder wir können
     uns wieder nach oben kämpfen, ans Licht.
        Wir können wieder aus dieser Hölle aufsteigen, Stück für Stück nach
     oben. Nur, ich kann das nicht für euch tun, ich bin zu alt. Ich sehe mich
     um, sehe eure jungen frischen Gesichter und denke, mein Güte, ich
     habe alles falsch gemacht, was ein Mann in mittleren Jahren nur falsch
     machen kann. Ich, äh, ich hab mein gesamtes Vermögen verplempert,
     ob ihrs glaubt oder nicht. Ich habe jeden Menschen, der mich in
     meinem Leben je geliebt hat, vertrieben. Seit einiger Zeit ertrage ich
     nicht mal mehr den Anblick der Visage, die ich im Spiegel sehe. Ist nun
     mal so, wenn man älter wird, geht einem einiges verloren. Ich meine
     so, so ist nun mal das Leben.
        Aber das lernt ihr erst, wenn es losgeht mit dem Verlieren. Dann
     findet ihr heraus, dass es im Leben auf die Kleinigkeiten ankommt.
     Genau wie beim Football. Weil sowohl im Leben als auch beim Football
     der Spielraum für Fehler winzig ist. Ich meine, ein halber Schritt zu weit
     oder zu kurz heißt meistens, ihr kriegt den Ball nicht. Nur eine halbe
     Sekunde zu schnell oder zu langsam und ihr greift vorbei. Diesen
     Kleinigkeiten, die so wichtig sind, begegnen wir immerzu. Und zwar in
     jedem Moment des Spiels, in jeder Minute, in jeder Sekunde.
        Wir kämpfen hier um jeden Zentimeter. Für ein paar Zentimeter
     zerreißen wir uns selbst und jeden, der dazugehört, in Stücke. Wir
     krallen uns mit den Fingern in die Erde für jeden Zentimeter, weil wir
     wissen, wenn wir die Zentimeter zusammenzählen, die wir geholt
     haben, ergibt das am Ende den verdammt wichtigen Unterschied
     zwischen Gewinnen und Verlieren – mehr noch zwischen Leben und
     Tod.
        Ich sag euch eins, in jedem Kampf gewinnt nur der, der für ein

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Stückchen Erde sein Leben einsetzt. Und ich weiß, dass noch Leben in
  mir ist, solange ich auch bereit bin, für dieses Stückchen zu kämpfen
  und zu sterben, weil es das ist, was für mich Leben heißt.
     Dieses kleine Stückchen, das ihr vor euch seht. Ich kann euch nicht
  befehlen, es zu tun. Ich kann nur sagen, seht euch den Mann neben
  euch an, seht in seine Augen, und ich glaube, dann werdet ihr jemand
  sehen, der genauso denkt wie ihr. Ihr werdet einen Mann sehen, der
  bereit ist, sich selbst für das Team zu opfern, weil er genau weiß, wenn
  es drauf ankommt, dann tust du Dasselbe für ihn. Das ist ein Team,
  Gentlemen. Und entweder bestehen wir jetzt als ein Team, oder wir
  werden untergehen – als Einzelgänger.
     Das ist Football, Jungs – mehr ist es nicht.
     Also, was werdet ihr tun? Raus mit Euch!!
  Tony D'Amato – An jedem verdammten Sonntag

GESCHICHTE DES AMERICAN FOOTBALLS
American Football ist heute eine der populärsten Sportarten der Welt,
wenngleich sich ein Großteil der Fans naturgemäß nur in den USA aufhält.
Auch hierzulande gewinnt die Sportart jedoch an Beliebtheit – und so kann
es nicht schaden, einen näheren Blick auf das ebenso traditionsreiche wie
komplexe American Football zu werfen.

American Football – die Anfänge
Wir drehen das Rad der Zeit zurück in die 1870er: Fußball und Rugby waren
bereits bekannt und American Football – diesen Begriff gab es damals noch
nicht – war eine Mischung dieser beiden Sportarten. Als allgemein
akzeptiertes Datum für einen der wichtigsten Grundbausteine des späteren
American Footballs gilt der 6. November 1869, als Studenten der Ivy-
League-Universität Princeton und der etwas weniger hoch angesehenen
Rutgers-Universität aufeinandertrafen.
   Dieses erste Spiel war Fußball noch sehr ähnlich: Segmente wie Offense
und Defense gab es nicht, stattdessen fanden viele Ballwechsel zwischen
den Spielern einer Mannschaft statt – ähnlich wie beim Fußball. (…)

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Jim Thorpe
"I am no more proud of my career as an athlete than I am of the fact that I
am a direct descendant of that noble warrior [Chief Black Hawk]." (Jim
Thorpe)
   Jim Thorpe gilt als einer der vielseitigsten Athleten des letzten
Jahrhunderts. Ihm gelang nicht nur als Erster in der olympischen Geschichte
ein Olympiadoppelsieg in der Leichtathletik, er spielte zudem professionell
Baseball, Football und Basketball.

Herkunft und Kindheit
Jim Thorpe wurde gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Charlie um den
28. Mai 1888 in der Nähe von Prague in Oklahoma geboren. Seine Eltern
waren Hiram Thorpe und Charlotte Vieux – beide halb indianischer, halb
europäischer Abstammung. Als Nachfahre des Sauk- und Fox-Häuptlings
Black Hawk mit irischen und französischen Wurzeln erhielt er den
indianischen Namen Wa-Tho-Huk, was so viel wie „Heller Pfad“ bedeutet.
Getauft wurde er auf den Namen Jacobus Franciscus Thorpe.
   Er wuchs auf der Farm seiner Eltern im damaligen Sauk- und Fox-Reservat
auf. Englisch war die Sprache, die Zuhause gesprochen wurde. Bereits früh
lernte er zu jagen. Auf seinen ausgedehnten Jagdausflügen trainierte er sich
auch die Ausdauer und Kraft an, für die er später berühmt werden sollte.
Seine Abneigung gegenüber der Schule wurde durch den frühen Tod seines
Zwillingsbruders vertieft und er lief immer wieder von der Schule weg. Nach
dem Tod seiner Mutter kam es wiederholt zu Differenzen mit seinem Vater.
   Mit 13 Jahren lief er nach einem heftigen Streit von zu Hause weg. In
Texas fand er Arbeit und zähmte wilde Pferde. Nach einem Jahr kehrte er
nach Hause zurück, wo er sich mit seinem Vater einigte. Thorpe willigte ein,
die lokale öffentliche Schule zu besuchen, wo er Baseball spielte und an der
Leichtathlet teilnahm.

Carlisle Indian Industrial School
„Here and there, there are some people who are supremely endowed. My
memory goes back to Jim Thorpe. He never practiced in his life, and he could
do anything better than any other football player I ever saw.“ (Dwight D.

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Eisenhower)
   1904 kam ein Vertreter der Carlisle Indian Industrial School in
Pennsylvania in das Oklahoma Reservat, um Schüler für die Berufsschule
anzuwerben. Thorpes Vater überzeugte ihn, auf diese Schule zu gehen, da
es in Oklahoma nur wenige Zukunftsperspektiven für ihn gab. Mit 16 kam er
auf die Carlisle, um dort eine Schneiderlehre zu beginnen.
   Kurze Zeit später erfuhr er, dass sein Vater verstorben war. Um diesen
Verlust zu verarbeiten, nahm Thorpe mehrmals am sogenannten „Outing“-
Programm der Schule teil. Im Rahmen dieses Programms gingen die jungen
indianischen Männer in weiße Familien, um deren Bräuche zu lernen und
für diese zu arbeiten. Er arbeitete unter anderem als Gärtner und
Landarbeiter.
   1907 kehrte Thorpe, mittlerweile groß und muskulös gebaut, zur Schule
zurück und trat dem schulinternen Football-Team bei. Durch seine
Leistungen machte er sehr bald den Football- und Leichtathletiktrainer auf
sich aufmerksam. Der Legende nach soll er quasi im Vorbeigehen und in
gewöhnlicher Straßenkleidung die Hochsprunglatte von 1,75 m Höhe
übersprungen haben. Thorpe trat dem ersten Leichtathletikteam der
Carlisle bei, später auch dem Football-Team. Beide Teams wurden von der
Trainerlegende Glenn „Pop“ Warner trainiert.
   Thorpe wurde schnell zum Star des Leichtathletik-Teams und war dank
seines sportlichen Talents bald auch im Baseball, Hockey, Lacrosse und
sogar Standardtanz erfolgreich.
   Allerdings war es der Football, der Thorpe bald zu nationalem Ruhm
verhelfen sollte. Als Halfback, Kicker, Punter und Defender führte Thorpe
sein Team 1911 zu einem überraschenden Sieg über die hoch favorisierten
Spieler von der Harvard. Ein Jahr später kam es zu einem Kantersieg gegen
West Point, für das auch der zukünftige Präsident Dwight D. Eisenhower
spielte, der sich am Knie verletzte, als er Thorpe stoppen wollte. In den
Jahren 1911 bis 1912 hatte Carlisle eine Bilanz von insgesamt 23-2-1, Thorpe
gelang dabei beide Male der Einzug in die All-American-Auswahl.

Die Olympischen Spiele 1912
1910 beschloss Thorpe, die Schule zu verlassen, um Geld zu verdienen. In
den Sommermonaten 1910 und 1911 spielte er in North Carolina in der

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Minor League Baseball. Eine Entscheidung, die er später noch bereuen
würde. 1911 überzeugte ihn Pop Warner nach Carlisle zurückzukehren, wo
er eine weitere außergewöhnlich starke Football-Saison spielte und zum All-
American-Halfback gewählt wurde. Im Frühjahr 1912 trat er erneut dem
Leichtathletikteam bei – mit einem neuen Ziel: einen Platz im
amerikanischen Olympiateam.
   Thorpe qualifizierte sich für das olympische Fünfkampf- und
Zehnkampfteam. Im Juni 1912 machte sich der 24-Jährige Richtung
Stockholm auf, wo er alle Erwartungen übertraf. Er dominierte sowohl den
Fünf- als auch den Zehnkampf und gewann in beiden Disziplinen die
Goldmedaille – etwas, das vor und nach ihm niemandem mehr gelingen
sollte.
   Er gewann im Fünfkampf 4 von 5 Disziplinen und ließ den zweitplatzierten
Norweger Ferdinand Brie mit mehr als 400 Punkten Vorsprung weit hinter
sich.
   Eine Woche später wiederholte er seines Siegeszug im Zehnkampf und
gewann den Hochsprung, die 110-Meter-Hürden und die 1500 Meter. Und
das, obwohl er in einem Paar Schuhe am Wettkampf teilnahm, die nicht
zusammenpassten. Er beendete den dreitägigen Wettkampf mit 8.412,95
Punkten und fast 700 Punkten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten.
   Die durch ihn aufgestellten Rekorde sollten noch für 30 Jahre
ungebrochen bleiben. Thorpe wurde nach seiner Rückkehr aus Schweden in
New York City als olympischer Held mit einer Parade begrüßt.

Aberkennung der Goldmedaillen
Nach den olympischen Spielen überredete Warner ihn zu einer weiteren
Saison in Carlisle, wo er seinem Team 1912 zu 12 Siegen bei nur einer
Niederlage verhalf. Ein halbes Jahr nach den Spielen berichtete eine Zeitung
in Worcester (Massachusetts), dass Thorpe bereits in den Minor Leagues
halbprofessionell Baseball gespielt hatte und mit seiner Olympiateilnahme
entsprechend gegen die damaligen Amateur-Bestimmungen verstieß.
   Trotz seines Briefs an die AAU (Amateur Athletic Union) musste Thorpe
seine Goldmedaillen zurückgeben und seine historische Leistung wurde
zunächst aus den olympischen Statistiken gestrichen.

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Die Profikarriere im Baseball
Zehn Tage nachdem ihm seine Goldmedaillen aberkannt wurden, beschloss
Thorpe professionell zu spielen und verließ Carlisle. Er unterzeichnete 1913
bei den New York Giants der Major League. Die Giants wussten, dass
Baseball nicht seine größte Stärke war, aber auch, dass sein Name
Publikumsmassen anziehen würde. So hatte Thorpe Probleme mit dem
Curveball und erreichte lediglich .252 in seiner sechsjährigen Profikarriere
als Baseballspieler bei den Giants, Cincinnati Reds und Boston Braves,
wenngleich er in seinem letzten Jahr einen beeindruckenden Durchschnitt
von .327 erreichte.
   Thorpe spielte drei Jahre sporadisch als Außenfeldspieler für die Giants,
bevor er 1916 verletzungsbedingt pausieren musste. 1917 kehrte er zu den
Giants zurück, wurde aber bereits zu Beginn der Saison an die Cincinnati
Reds verkauft. Am Ende der Saison kehrte er zu den Giants zurück, für die
er bis zum 21. Mai 1919 spielte, als er im Austausch für Pat Regan zu den
Boston Braves – heute Atlanta Braves – wechselte. Dort beendete Thorpe
auch seine Karriere in den Major Leagues. Bis 1922 spielte er allerdings noch
für unterschiedliche Teams in den Minor Leagues.

Thorpe als professioneller Football-Spieler
Während seiner Zeit als Baseballspieler spielte er bereits teilweise parallel
professionell Football. 1915 unterzeichnete er bei den Canton Bulldogs für
250 US-$ pro Spiel, was für die damaligen Verhältnisse eine enorme Summe
darstellt. Dafür zog er aber auch ein riesiges Publikum an.
   Thorpe spielte insgesamt 6 Jahre für die Bulldogs als Halfback und führte
das Team zu einer Reihe von großen Siegen, unter anderem 1916, 1917 und
1919 zur regionalen Meisterschaft. Er galt als vielseitiger Spieler, der nicht
nur schnell und wendig war, sondern auch passen, tacklen und kicken
konnte. Thorpes Punts waren im Schnitt 60 Yards weit.
   1920 gehörten die Bulldogs zu den 14 Clubs, die die American
Professional Football Association gründeten, die später in die National
Football League umbenannt wurde. Thorpe wurde für eine Saison zum
ersten Ligapräsidenten gewählt.
   Von 1922 bis 1923 trainierte Thorpe das All-Native American Team
Oorang Indians, für das er auch spielte. Das Team wurde von Walter Lingo,

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dem Eigentümer der Oorang Dog Kennels in LaRue (Ohio), gesponsert. Das
Team verlor mehr Spiele, als es gewann, und war mehr bekannt dafür, dass
es „Kriegstänze“ und andere indianische Rituale aufführte.
   1925 hatte der mittlerweile 37-Jährige seinen sportlichen Zenit
überschritten und gab seinen Rücktritt von seiner professionellen Football-
Karrierre bekannt, wenngleich er in den folgenden vier Jahren noch
gelegentlich für verschiedene Teams spielte, darunter die Cleveland Indians,
Rock Island Independets, New York Football Giants sowie die Chicago
Cardinals.
   Insgesamt stand Thorpe von 1920 bis 1928 – seinem endgültigen
Karriereende – bei sechs Teams unter Vertrag, konnte im Football aber nie
einen Meistertitel gewinnen, obgleich er das Spiel in seinen frühen Jahren
stark prägte.

Thorpe als Basketball-Spieler
Bis vor wenigen Jahren war nur den wenigsten bekannt, dass Thorpe auch
Basketball gespielt hat. So wurden in einem alten Buch zwei Eintrittkarten
für ein Spiel des Teams „Jim Thorpe and His World-Famous Indians“ von
1927 gefunden. Daraufhin konnte nachgewiesen werden, dass Thorpe 1927
und 1928 mit dieser Mannschaft in New York, Ohio und Pennsylvania
gespielt haben muss.

Nach der Profikarriere
Nach seiner sportlichen Karriere konnte Thorpe nie so richtig Fuß fassen. Er
versuchte sich als Schauspieler in Hollywood und partizipierte zwischen
1931 und 1950 an mehr als 60 Filmen. Mehr als kleine Rollen als stereotyper
Native American konnte er allerdings nicht für sich verbuchen. Daneben
hielt er sich mit mehreren Hilfsarbeiterjobs über Wasser, um seine sieben
Kinder aus mittlerweile zwei Ehen finanziell unterstützen zu können.
   Als die olympischen Spiele 1932 in Los Angeles ausgetragen wurden,
konnte er sich keine Eintrittskarte leisten. Nachdem der damalige
Vizepräsident Charles Curtis – selbst indianischer Abstammung – aus der
Presse davon erfuhr, lud er Thorpe ins Stadion ein und ließ ihn neben sich
sitzen. Als dessen Anwesenheit im Stadion bekannt gegeben wurde, gab es
Standing Ovations für den früheren Olympiateilnehmer.

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Da das öffentliche Interesse an seiner Person wieder stieg, erhielt Thorpe
Anfragen für öffentliche Reden. 1937 kehrte er nach Oklahoma zurück, um
sich dort für die Rechte der Native American einzusetzen. 1941 führte sein
zunehmender Alkoholkonsum zur zweiten Scheidung. Nachdem er am 28.
März 1953 an seinem dritten Herzinfarkt in seinem Wohnwagen in Lomita
(Kalifornien) verstarb, wurden seine sterblichen Überreste nach Mauch
Chunk, einer Gemeinde in Pennsylvania überführt, die sich im Austausch für
seine Überreste in Jim Thorpe umbenannte.

Teilrehabilitierung
Am Ende seines Lebens wurde Thorpe zum Teil rehabilitiert. So ernannte die
Associated Press Thorpe 1950 zum besten männlichen Athleten der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts – noch vor Sportlegenden wie Babe Ruth, Jack
Dempsey und Jesse Owens. Ein Jahr später wurde er von Burt Lancaster im
Film Jim Thorpe – All-American porträtiert. Er selbst half als Berater bei den
Dreharbeiten, wenngleich er an dem Film nichts verdiente, da er seine
Rechte bereits im Vorfeld für 1500 US-$ an MGM verkauft hatte.
   1963 wurde Thorpe in die Professional Football Hall of Fame
aufgenommen. 1982 – fast dreißig Jahre nach seinem Tod – wurde sein
Name wieder in die olympischen Statistiken als Co-Gewinner des Fünf- und
Zehnkampfs der Olympiade von 1912 aufgenommen.
   Dass er noch lange im öffentlichen Bewusstsein verbleiben sollte, zeigt
auch, dass er auch noch 2000 bei einer ABC Sports Umfrage zum besten
Athleten des vorangegangenen Jahrhunderts gewählt wurde, während er
bei der Wahl der Associated Press den dritten Platz belegte.

George Halas
George Stanley Halas wurde am 2. Februar 1895 in Chicago, Illinois als Sohn
böhmischer Immigranten geboren. Halas, dessen bekannteste Spitznamen
„Mr. Everything“ und „Papa Bear“ sind, war ein sehr erfolgreicher Spieler
und Trainer im American Football. Darüber hinaus war er Gründer und
langjähriger Besitzer (1920 bis 1983) des NFL-Teams der Chicago Bears. Er
war einer der Mitbegründer der National Football League im Jahr 1920, und
1963 wurde er als einer der ersten 17 Menschen in die Pro Football Hall of
Fame einberufen.                  (…)

                                                                           69
1 – Grundregeln
Bevor es losgeht, möchten wir Dich darauf hinweisen, dass es sich beim
American Football natürlich um eine US-amerikanische Sportart handelt.
Das bedeutet, dass zahlreiche Begriffe aus dem englischen Sprachgebrauch
auch hierzulande angewendet werden. Wir liefern, sofern vorhanden, die
deutschen Übersetzungen dazu. Stelle Dich trotzdem darauf ein, einige
englische Begriffe zu lesen und auch selbst zu verwenden.
   Im American Football geht es darum, mehr Punkte als der Gegner zu
erzielen, um ein Match zu gewinnen. Das gelingt, indem ein Team den Ball
in die Endzone des gegnerischen Teams trägt. „Tragen“ ist hier das
Stichwort: Anders als beim Fußball etwa muss sich der Ball in den Händen
eines Spielers befinden, wenn dieser die Endzone erreicht. Es reicht nicht,
den Ball einfach nach vorne in die besagte Endzone zu schleudern.
  Eine kleine Anmerkung: In unserem Regelwerk werden wir hin und
  wieder Bezug zum Fußball nehmen. Dies hilft Anfängern, bestimmte
  Spielzüge und Regeln zu verstehen, da es einfacher ist, einen Vergleich
  mit einer bekannten Sportart anzustellen. Bist Du mit den Grundregeln
  bereits bestens vertraut, überlese diese Stellen am besten einfach.
Die beiden Mannschaften, die sich gegenüberstehen, werden jeweils in
Offense und Defense eingeteilt – also die Angreifer und die Verteidiger. Das
angreifende Team hat immer vier Versuche, um den Ball entweder bis in die
Endzone zu tragen oder mindestens 10 Yards des Spielfelds zu überbrücken
(mehr zum Thema Spielfeld erfährst Du in Abschnitt 2 dieser Regeln). Hat es
die Offense geschafft, den Ball mindestens 10 Yards weit zu tragen (oder
einem Spieler, der sich in einer Entfernung von mindestens 10 Yards aufhält,
den Ball zuzuwerfen), hat das Team erneut vier Versuche.
  Anfängertipp: 1 Yard entspricht genau 91,44 Zentimeter und damit etwas
  weniger als 1 Meter.
Kann die Offense den Ball bis in die Endzone tragen, erhält das Team Punkte
(mehr zur Punktevergabe in Abschnitt 13). Gelingt es der Offense nicht, die
besagten 10 Yards zu überbrücken, findet ein Wechsel statt: Die soeben als
Defense agierende Mannschaft wird jetzt zur Offense und darf ihrerseits

                                                                         99
versuchen, den Ball in die Endzone zu bringen. Das vorherige Offense-Team
ist jetzt die Defense.
    Um die Endzone überhaupt zu erreichen, stehen verschiedene
Angriffsformationen, defensive Taktiken und allgemeine Spielzüge offen.
Welche das sind, liest Du in den nächsten Abschnitten.

Glückwunsch: Du hast soeben verstanden, worum es beim American
Football in den Grundzügen geht!

2 – Das Spielfeld
Selbst wenn Du gar nichts von American Football verstehst, hast Du
wahrscheinlich schon einmal ein Spielfeld gesehen. In den Grundzügen
handelt es sich um ein grünes Rechteck, womit es einem Fußballfeld nicht
unähnlich ist. In seinen Feinheiten unterscheidet es sich jedoch.
   Jedes Football-Feld besteht aus zwölf Zonen, die jeweils 10 Yards und
damit etwa 9,1 Meter breit sind. Im Zentrum des Spielfelds befinden sich
zehn dieser Zonen, und nur diese sind das eigentliche, aktive Spielfeld. Die
jeweiligen Endzonen komplettieren die Anzahl von insgesamt zwölf Zonen.
Sie sind in jedem Spiel das Ziel der Offense, während die Defense versucht,
die Offense vom Erreichen der eigenen Endzone abzuhalten. Begrenzt ist
das Spielfeld von den Seitenlinien. Ebenfalls dort zu finden ist die Bench
Area: Dies ist der Bereich, wo Coach und Auswechselspieler das Geschehen
von außen verfolgen.
  Anfängertipp: Anders als beim Fußball ist der Bereich direkt am Spielfeld
  nur für die Chain Crew und andere Offizielle vorgesehen. Coach und
  Spieler dürfen dieses Areal nicht betreten.
Beobachtest Du das Spielfeld genauer, wirst Du an den Seiten außerdem
Personen finden, die verschiedene Markierungen in den Boden stecken.
Diese sogenannte Chain Crew kannst Du Dir als Hilfe für die Spieler und
Zuschauer vorstellen: Sie markiert die sogenannte Line to Gain. Diese zeigt
an, welche Strecke der Ball überwinden muss, damit die Offense mindestens
10 Yards überbrückt hat. Bei einem erfolgreichen Versuch verschiebt die
Chain Crew diese Marker entsprechend und zeigt von Neuem an, an
welchen Ort der Ball exakt kommen muss, um einen gültigen Versuch zu

100
erzielen. Zusätzlich zeigt die Chain Crew an, wie viele Versuche für die
Offense noch verbleiben und wo die Line of Scrimmage ist (hierzu erfährst
Du mehr in Abschnitt 8).
   Ebenfalls wichtig ist der sogenannte Goalpost: Er sieht ein wenig aus wie
eine (sehr große) Stimmgabel. Eine etwa 3 Meter hohe Querstange wird von
zwei senkrechten Standen an den Enden der Querstange gesäumt. Diese
reichen etwa 9,1 Meter in die Höhe und spielen für die Punktevergabe bei
einigen Spielzügen eine wichtige Rolle.
  Anfängertipp: Je höher die Klasse der beiden aufeinandertreffenden
  Teams, desto geringer ist der Abstand zwischen den beiden senkrechten
  Pfosten – bis hin zu 5,64 Metern nach offiziellem NFL-Standard.

Du hast jetzt eine gute Vorstellung davon, wie ein Spielfeld beim American
Football aussieht und welche Funktionen die unterschiedlichen Zonen,
Linien und die Chain Crew haben. Weiter geht es zum vielleicht wichtigsten
Sportgerät des American Footballs: dem Ball!

3 – Der Ball
Ein Football erinnert in seiner Form an ein sehr gleichmäßig geformtes Ei. Es
besteht aus vier gleichförmigen Stücken, die je nach Qualität des Balls
entweder aus Leder, Gummi oder einfachem Kunststoff bestehen. Am
teuersten sind Footballs aus echtem Leder. Sie sind die einzigen Bälle, die in
der NFL verwendet werden dürfen (und auch die German Football League
hierzulande besteht darauf). Amateure greifen hingegen zu Gummi oder
Kunststoff, da diese Materialien deutlich günstiger sind.
   Ebenfalls erwähnenswert ist die Tatsache, dass einige Bälle weiße
Streifen an den Enden haben und andere nicht. Besondere
Flugeigenschaften bekommt der Ball dadurch nicht: Es handelt sich lediglich
um Bestimmungen der unterschiedlichen Organisationen. College Football
(auch unter dem Namen NCAA (National Collegiate Athletic Association)
bekannt) schreibt zwei weiße Markierungen vor, bei der Canadian Football
League CFL sind es durchgehende Streifen. Die NFL setzt auf „reine“ Bälle
ohne Streifen.
   Der Ball selbst muss übrigens zwingend vom Hersteller Wilson kommen.

                                                                          101
Nicht etwa, weil andere Unternehmen nicht dazu in der Lage wären, einen
Football herzustellen – sondern ganz einfach, weil es das offizielle
Regelbuch der NFL so vorschreibt. Jedes Team muss außerdem 24 Bälle vor
Spielbeginn bereitstellen, um für alle Fälle gerüstet zu sein. Zerstörte Bälle
kommen bei einer Sportart wie dem American Football schon einmal vor,
sodass für genügend Ersatz gesorgt sein muss.
  Anfängertipp: Beim Werfen eines Footballs „schmeißt“ Du den Ball nicht
  wie einen runden Gummiball oder ähnliche Geräte einfach nach vorne.
  Stattdessen umgreifst Du ihn mit Deiner Hand, beginnst mit der
  Wurfbewegung und öffnest anschließend die Hand. Der Ball wird sich
  über die vier Finger an Deiner Hand (abzüglich des Daumens) abrollen
  und seinen Flug beginnen. Durch diese Technik schlingert der Ball nicht
  in der Luft, sondern bekommt eine gerade Flugbahn. Beobachte einmal
  Profispieler bei der Arbeit und Du wirst bei jedem Flug eine sehr schnelle
  Rotation des Balls bemerken!
Die Eiform hat übrigens einfach praktische Gründe: Einen kreisrunden Ball
könntest Du entweder gar nicht oder wesentlich schwerer in den Händen
halten.

4 – Begriffsdefinitionen
Wie in allen anderen Sportarten gibt es auch im American Football
zahlreiche Fachbegriffe. Die wichtigsten findest Du in den folgenden
Absätzen. Solltest Du später Schwierigkeiten haben, einen bestimmten
Begriff zu verstehen, kannst Du noch einmal an diese Stelle zurückkehren.
Alle Fachbegriffe, die wir in diesem Regelwerk verwenden, findest Du auch
in dieser Definitionsliste. Sie ist alphabetisch sortiert, um Dir den Überblick
zu erleichtern.

• Audible
Dieser Begriff beschreibt einen Befehl des Quarterbacks, der den nächsten
Spielzug ansagt und sich dabei außerhalb des Huddles befindet (siehe dazu:
Huddle).

102
• Backs
Beschreibt alle Spieler, die nicht direkt auf der Line of Scrimmage stehen,
sondern leicht versetzt dahinter.

• Backup
Ein Ersatzspieler, der sich in der Bench Area aufhält.

• Blitz
Ein besonderer Spielzug: Die Defense versucht, durch zusätzliche Linebacker
und Defensive Backs ein Übergewicht an der Line of Scrimmage zu schaffen
und so zum gegnerischen Quarterback durchzudringen und ihn am
Spielaufbau zu hindern.

• Block
Das (regelkonforme) Zustellen des Laufweges eines Gegners mithilfe des
eigenen Körpers.

• Center
Wichtige Position der Offensive Line: Er ist für den Snap verantwortlich und
schützt gleichzeitig den Quarterback.

• Challenge
Der Coach darf einen Videobeweis anfordern, wenn er mit der Entscheidung
eines Schiedsrichters nicht einverstanden ist oder etwas gesehen haben
will, was den Schiedsrichtern entgangen ist.

• Chain Crew
Ist verantwortlich für die Anzeige der Line to Gain an der Seite des Spielfelds
und der Line of Scrimmage.

• Dead Ball / Live Ball
Ist ein Ball nicht mehr im Spiel, wird er als Dead Ball bezeichnet. Umgekehrt
ist ein Ball „Live“, wenn er sich noch im Spiel befindet und die Mannschaften
darum kämpfen können.

• Defense
Die Defense versucht zu Beginn eines Spielzugs, die Offense am

                                                                           103
Punktgewinn zu hindern. Anfänger erkennen die Defense leicht an der
Tatsache, dass diese Mannschaft am Anfang des Spielzugs nicht im
Ballbesitz ist.

• Defensive Line
Die erste Reihe der Verteidiger der Defense: Sie besteht aus den Defensive
Tackles und Defensive Ends. Ziel der Defensive Line ist es in der Regel, den
Quarterback direkt anzugreifen und ihn damit am Spielaufbau zu stören.

• Down
Ein Down ist nichts anderes als ein Spielzug. Beispielsweise wird der erste
der vier Versuche für die Offense als First Down bezeichnet.

• Down by Contact
Nicht zu verwechseln mit dem Down als Spielzug: Down by Contact
bedeutet, dass der ballführende Spieler von einem Gegenspieler zu Boden
gebracht wurde. Damit ist der Spielzug beendet.

• Draw
Ein je nach Spielverlauf hin und wieder beliebter Spielzug: Der Quarterback
täuscht einen Pass an, aber gibt den Ball stattdessen weiter an den
Runningback oder läuft selbst los in Richtung gegnerischer Endzone.

• Endzone
Die beiden Gebiete am Ende des Spielfeldes, in das die Offense den Ball
tragen muss, um Punkte zu erzielen.

• Facemask
Zwei Bedeutungen sind möglich: Einerseits beschreibt die Facemask das
schützende Gitter, das am Footballhelm befestigt ist. Gleichzeitig steht
Facemask auch für ein Foul, bei dem ein Spieler in das Gitter eines anderen
Spielers greift.

• Field Goal
Drei Punkte, die durch den Tritt des Balls durch die Torpfosten
gutgeschrieben werden (siehe Punktevergabe in Abschnitt 13).

104
SUPER BOWL – ALLE SPIELE, SIEGE UND RINGE
Das erfolgreichste Super-Bowl-Team sind die Pittsburgh Steelers mit 6
Siegen, gefolgt von den Dallas Cowboys, San Francisco 49ers und New
England Patriots mit jeweils 5 Siegen (Stand Februar 2017).
   Noch nie im Super Bowl standen die Cleveland Browns, die Detroit Lions,
die Houston Texans und die Jacksonville Jaguars. Ganz bitter erwischte es
die Buffalo Bills, welche von 1991 bis 1994 gleich viermal in Folge im Super
Bowl standen und immer verloren haben.

Die Super-Bowl-Teilnehmer
Im Folgenden sind alle Super-Bowl-Sieger und alle Super-Bowl-Teilnehmer
mit der jeweiligen Anzahl aufgelistet.

Team                       Sieger    Zweiter Teiln.    Letzter Sieg
Pittsburgh Steelers        6         2         8       01. Februar 2009
Dallas Cowboys             5         3         8       28. Januar 1996
San Francisco 49ers        5         1         6       29. Januar 1995
New England Patriots       5         4         9       05. Februar 2017
Green Bay Packers          4         1         5       06. Februar 2011
New York Giants            4         1         5       05. Februar 2012
Denver Broncos             3         5         8       07. Februar 2016
Oakland Raiders            3         2         5       22. Januar 1984
Washington Redskins        3         2         5       26. Januar 1992
Miami Dolphins             2         3         5       13. Januar 1974
Indianapolis Colts         2         2         4       04. Februar 2007
Baltimore Ravens           2         0         2       03. Februar 2013
Seattle Seahawks           1         2         3       02. Februar 2014
Chicago Bears              1         1         2       26. Januar 1986
Kansas City Chiefs         1         1         2       11. Januar 1970
Los Angeles Rams           1         1         2       30. Januar 2000

226
Team                        Sieger   Zweiter Teiln.     Letzter Sieg
New Orleans Saints          1        0         1        07. Februar 1910
New York Jets               1        0         1        12. Januar 1969
Tampa Bay Buccaneers        1        0         1        26. Januar 2003
Buffalo Bills               0        4         4
Minnesota Vikings           0        4         4
Carolina Panthers           0        2         2
Cincinnati Bengals          0        2         2
Philadelphia Eagles         0        2         2
Arizona Cardinals           0        1         1
Atlanta Falcons             0        2         2
San Diego Chargers          0        1         1
Tennessee Titans            0        1         1

Alle Super-Bowl-Spiele
Seit 1967 beginnt die Zeitrechnung der Super Bowls, Anfang 2017 wurde der
51. Super Bowl ausgespielt (offiziell gehört dieser zur Saison 2016).
Nachfolgend haben wir alle Begegnungen mit den Teilnehmern, dem
Ergebnis, dem Spielort und den Super-Bowl-Ringen aufgelistet.
   Ganz besonders danken wir unserem Freund Mike aus den USA von
sports-rings.com, welcher uns das Bildmaterial für alle Super-Bowl-Ringe
zur Verfügung gestellt hat. Mike ist ein privater Sammler, welcher solche
Ringe gerne ankauft. Selbstverständlich muss bei dieser Art von Geschäft
sehr viel Diskretion gewahrt werden, besonders wenn zum Beispiel
ehemalige NFL-Stars aus Geldnot ihren Ring verkaufen müssen.
   Wissenswertes zu den Super-Bowl-Ringen und ihrer Geschichte findest
Du im Kapitel Super Bowl im 1. Teil des Buches. Viele weitere Fotos der Ringe
(z.B. unterschiedliche Ansichten) präsentieren wir auf unserer Webseite
unter www.american-football.com/superbowl.
   Eine Liste mit allen MVPs, den Most Valuable Players, aus allen Super
Bowls befindet sich hier im Anschluss.

                                                                          227
AFL–NFL Championships:
      Datum             Sieger/
Nr.                                          Erg.   Ringe
      Ort               Verlierer

      15. Jan. 1967     Green Bay Packers    35
I
      Los Angeles       Kansas City Chiefs   10

      14. Jan. 1968     Green Bay Packers    33
II
      Miami             Oakland Raiders      14

      12. Jan. 1969     New York Jets        16
III
      Miami             Baltimore Colts      7

      11. Jan. 1970     Kansas City Chiefs   23
IV
      New Orleans       Minnesota Vikings    7

NFL Championships:
        Datum            Sieger/
Nr.                                          Erg.   Ringe
        Ort              Verlierer

        17. Jan. 1971    Baltimore Colts     16
V
        Miami            Dallas Cowboys      13

        16. Jan. 1972    Dallas Cowboys      24
VI
        New Orleans      Miami Dolphins      3

228
DER AUTOR
Holger Weishaupt (30.10.1961) kam am 30. Januar 1979 zum ersten Mal mit
American Football in Berührung. Damals gab es in der ARD eine
Zusammenfassung des Super Bowl XIII (13) von Holger Obermann. Diese
Begegnung zwischen den Dallas Cowboys und Pittsburgh Steelers gilt als
eines der besten Endspiele überhaupt und weckte damals für viele TV-
Zuschauer in Deutschland das Interesse an American-Football.
   Durch seinen Schulfreund Niko Varvaroussis, welcher damals bei den
Frankfurt Löwen spielte, sah der Autor dann seine ersten Footballspiele auf
dem Vorfeld des damaligen Waldstadions und war sofort von dieser tollen
Sportart fasziniert. Mitte der 80er-Jahre spielte dann Weishaupt selbst bei
den Fellbach Sioux und ist seitdem als Stadionsprecher, Vereinsfunktionär
und Spielervater diesem Sport sehr eng verbunden.
   Der American Bowl in Berlin 1994, als die New York Giants gegen die San
Diego Chargers spielten, war sein größtes Ereignis als Stadionsprecher.
Damals arbeitete er mit Oliver Luck zusammen, der General Manager der
Frankfurt Galaxy war. Neben den drei Eurobowls in Berlin moderierte er
auch die Spiele der American Football WM und EM in Deutschland,
verschiedene German und Junior Bowls und sogar einen Austrian Bowl. Als
Stadionsprecher hat er für zahlreiche Vereine gerabeitet, in Hanau ist er
immer noch aktiv.
   Holger Weishaupt kommt aus einer footballverrückten Familie mit drei
Jungs. Dennis, der Älteste, ist mittlerweile vom Football zum Baseball
gewechselt, Sonny ist Quarterback bei Frankfurt Universe und gehört zum
erweiterten Kader der Nationalmannschaft, Jerry spielt Receiver und Tight
End in Hanau und für die Hessenauswahl.
   American Football feiert 2017 40-jähriges Jubiläum in Deutschland und
er selbst war fast von Beginn an dabei. Da war jetzt der richtige Zeitpunkt
für ihn gekommen, endlich diese Buchidee zu verwirklichen, mit der er sich
schon seit vielen Jahren beschäftigte.
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