Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs

 
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Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG                                                                                            www.cme-kurs.de

 ONLINE ERSCHIENEN AM 15.02.2019

Neue Konzepte zum Umgang mit
Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit
Prof. Dr. Thomas R. Tölle, Prof. Dr. Christoph Maier, Univ. Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc

Zusammenfassung                                terschiedliche Behandlungskonzepte         Teilnahmemöglichkeiten
Weltweit hat der Opioid-Verbrauch in           anhand von Fallbeispielen vor.
                                                                                          Diese Fortbildung steht als animierter Au-
den vergangenen 20 Jahren stark zu-            Lernziele                                  diovortrag (e-Tutorial) bzw. zum Download
genommen. Vor allem nicht tumorbe-                                                        in Textform zur Verfügung. Die Teilnahme
                                               Am Ende dieser Fortbildung …               ist kostenfrei.
dingte Schmerzen sind heute die
                                               • kennen Sie die Prävalenz und Inzi-       Die abschließende Lernerfolgskontrolle kann
Hauptindikation. Unter Experten mehrt
                                                                                          nur online erfolgen. Bitte registrieren Sie sich
sich die Sorge, dass eine zunehmende             denz der Opioid-Schmerzmittel-Ab-
                                                                                          dazu kostenlos auf www.cme-kurs.de.
Zahl von Patienten in eine Schmerzmit-           hängigkeit in Deutschland,
                                               • wissen Sie, welche speziellen Risi-      Zertifizierung
telabhängigkeit geraten. Während man
für die USA den Fehlgebrauch auf 5–              kogruppen besonderer Aufmerk-            Diese Fortbildung wurde nach den Fort-
                                                 samkeit bedürfen,                        bildungsrichtlinien der Landesärztekammer
10 % schätzt, gab es hierzulande bis-
                                                                                          Rheinland-Pfalz von der Akademie für Ärztli-
lang kaum verlässliche Zahlen.                 • kennen Sie die Leitsymptome einer        che Fortbildung in RLP mit 4 CME-Punkten
Eine nun vorliegende repräsentative              Therapiefehlentwicklung bei der          zertifiziert (Kategorie I). Sie wird für das
Auswertung von 4 Millionen Datensät-             Langzeittherapie mit Opioiden,           Fortbildungszertifikat der Ärztekammern
zen aus der GKV-Datenbank 2014                 • kennen Sie das praktische Vorge-         anerkannt.

kommt zu dem Ergebnis, dass in                   hen bei einer kontrollierten Ent-        Redaktionelle Leitung / Realisation
Deutschland 640.000 Menschen als                 zugsbehandlung, deren Erfolgsaus-        J.-H. Wiedemann
Langzeit-Opioid-Patienten gelten. Je-            sichten und potenzielle Risiken,         CME-Verlag
der vierte Patient gilt als gefährdet.         • kennen Sie die Eckpfeiler der Sub-       Siebengebirgsstr. 15
                                                 stitutionstherapie bei behand-           53572 Bruchhausen
Diese Fortbildung beleuchtet das Aus-            lungsbedürftiger Opioid-Schmerz-         E-Mail: info@cme-verlag.de.
maß der behandlungsbedürftigen Opi-              mittel-Abhängigkeit und die Vortei-      Mit freundlicher Unterstützung von:
oid-Schmerzmittel-Abhängigkeit     in            le einer Kombinationstherapie mit        INDIVIOR Deutschland GmbH (2016/2017)
Deutschland und stellt zwei sehr un-             Buprenorphin/Naloxon.

© CME-Verlag 2019
Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

Teil 1: Prävalenz, Inzidenz und         der Langzeitbehandlungen im Unter-       - Patienten mit mindestens einer
sozioökonomische Daten aus              suchungszeitraum deutlich zu.5             Opioid-Verordnung in drei aufei-
Deutschland                                                                        nanderfolgenden Quartalen
                                        Obwohl wesentliche Unterschiede in
                                                                                 - Nur Patienten ohne Krebserkran-
Weltweit hat der Opioid-Verbrauch       der Verschreibungspraxis von Opioi-
                                                                                   kung
seit den 1990er-Jahren stark zuge-      den in Deutschland zu den USA be-
                                                                                 - Nur Patienten ohne Substitutions-
nommen. Von 1997 bis 2007 stieg         stehen, gibt es bislang nur wenige
                                                                                   therapie
die Zahl der Opiatverordnungen in       Daten zur Prävalenz der Opioid-
den USA um 149 %, sodass dort in-       Schmerzmittel-Abhängigkeit     bei       Im weiteren Verlauf der Analyse
zwischen 80 % aller Opiate weltweit     Nichttumorschmerzpatienten hierzu-       wurden diese Daten auf die Gesamt-
verbraucht werden. Dabei sind vor       lande.                                   population in Deutschland hochge-
allem nicht tumorbedingte Schmer-                                                rechnet. In 2014 lag die deutsche
zen die Hauptindikation. Gerade der     Opioid-Abusus – Situation in             Bevölkerung bei etwa 81 Millionen.
Einsatz von Opioiden in diesen Berei-   Deutschland                              Bei Anwendung der oben genannten
chen mehrt international die Sorge                                               Schärfungskriterien ergeben sich
                                        Erste Hinweise ermittelten Prof.
um eine zunehmende Zahl von Pati-                                                dann:
                                        Häuser und Dr. Marshall. Die For-
enten, die über eine langfristige Be-   scher haben Daten aus dem Jahr           - 3 Millionen Patienten mit mindes-
handlung mit Analgetika und vor-        2012 von rund 870.000 Versicherten         tens einer Opioid-Verordnung,
nehmlich Opioiden in eine Schmerz-      der Barmer GEK ausgewertet und die       - 1 Million mit der vollen Beobach-
mittelabhängigkeit geraten. Als Hin-    Einjahresprävalenz für die, wie sie es     tungszeit, das heißt jeweils min-
weis auf einen nicht sachgemäßen        genannt haben, „Abuse/Addiction of         destens eine Opioid-Verordnung
Einsatz von Opioiden mehren sich die    Prescribed Opioids“, bestimmt. Einen       in drei aufeinanderfolgenden
Publikationen vor allem aus dem         Abusus schrieb man Patienten zu, die       Quartalen,
angloamerikanischen Raum, die ei-       mentale Verhaltensstörungen infolge
nen Zusammenhang zwischen der                                                    - 695.000 Patienten ohne Krebser-
                                        der Einnahme von Alkohol, Opioiden
zunehmenden        Opioid-Verordnung                                               krankung und
                                        oder Tranquilizern zeigten oder Nar-
und Todesfällen durch Überdosie-        kotika-Intoxikationen erlitten. Die      - 640.000 Patienten ohne Substitu-
rungen sehen.1,2,3                      Untersuchung ergab, dass lediglich         tionstherapie.
In den vergangenen 20 Jahren ist die    0,008 % der Patienten aus solchen        Demnach gelten annähernd 640.000
Zahl der Todesfälle infolge einer un-   Gründen hospitalisiert wurden.6          Menschen in Deutschland als Lang-
beabsichtigten     Opioid-Überdosie-                                             zeit-Opioid-Patienten.
rung in den USA dramatisch ange-        Analyse der GKV-Datenbank
stiegen. Metaanalysen, die zu 90 %      2014                                     Definition einer Risikopatieten-
auf amerikanischen Daten basieren,      Neue Daten liefert nun die Studien-      gruppe
kommen zu dem Ergebnis, dass 5–         gruppe von Prof. Tölle und Kollegen.
10 % der Patienten, die Opioide be-                                              Welche Patienten sind besonders
                                        Diese hat insgesamt 4 Millionen Da-      gefährdet? Um potenzielle Risikopa-
kommen, einen Missbrauch betrei-        tensätze aus der GKV-Datenbank           tienten besser beschreiben zu kön-
ben.4                                   2014 untersucht.                         nen, wurden auf Basis von Einzelin-
Für Deutschland zeigen Auswertun-       Zunächst wurde festgestellt, wie         terviews, nach Literatursichtung,
gen einer Versichertenstichprobe der    viele der 4 Millionen Versicherten       Expertenkreis und Expertenmeinun-
AOK Hessen/KV Hessen für die Jahre      eine Opioid-Verordnung in 2014 er-       gen die nachfolgenden Kriterien de-
2000 bis 2010 einen Anstieg der Opi-    halten hatten. Das waren 169.000.        finiert:
oid-Verordnungen um 37 % sowie
eine Zunahme der Tagesdosen um          In den weiteren Untersuchungs-           - Höhe der Opiat-Dosis – als Grenz-
109%. Opioide wurden überwiegend        schritten wurden insgesamt vier            wert wurde 120 mg Morphin-
zur Behandlung des Nichttu-             Schärfungskriterien angewendet:            äquivalenz pro Tag angesetzt
morschmerzes eingesetzt. Im Jahr        - Patienten mit voller Beobach-          - Kombination mit einer Benzodia-
2010 waren es 77 % der Opioid-            tungszeit                                zepin-Therapie
Empfänger. Auch nahm der Anteil

© CME-VERLAG 2019                                                                                                    2
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NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

- Zeigen diese Patienten ein             nungen? Oder anders ausgedrückt:          ren und einem deutlicheren Peak im
  Doctor-Hopping?                        Wie verbreitet ist Doctor-Hopping         Alter von 75–79 Jahren.
- Vorliegen spezifischer, auf eine       bei Schmerzpatienten in Deutsch-
                                                                                   Die Patienten mit Risikoprofil sind
  Abhängigkeit hinweisende Diag-         land? Auch dieses Kriterium wurde
                                                                                   durchschnittlich 2–3 Jahre jünger.
  nosen.                                 untersucht und ergab folgende Ver-
                                                                                   Dieses Kollektiv erhält besonders
                                         teilung:
Da die untersuchten Patienten so-                                                  hohe und häufige Verschreibungen.
wohl starke (z. B. Morphin) als auch     - 100 % der Versicherten erhalten
                                           ihre Medikation von einem Arzt,         Komorbiditäten
schwache (z. B. Tilidin) Opioide er-
hielten, wurden Morphinäquivalen-        - bei zwei unterschiedlichen Ärzten       Ein weiteres Augenmerk galt der
zen (MÄ) gebildet. Eine Überschrei-        sind 56 % in Behandlung                 Analyse der spezifischen Komorbidi-
tung war gegeben, wenn der Tages-        - bei drei unterschiedlichen Ärzten       täten. Die Liste der 15 häufigsten
mittelwert an MÄ oberhalb des MÄ-          21 %                                    spezifischen Komorbiditäten bei Pa-
Schwellenwertes      von     120 mg                                                tienten mit und ohne Risikoprofil
MÄ/Tag lag. Der Tagesmittelwert          - und bei vier unterschiedlichen
                                                                                   wird angeführt von der Diagnose
                                           Ärzte immerhin 6,48 % der Pati-
errechnete sich aus der Mor-                                                       „Schmerz, anderenorts nicht klassifi-
                                           enten.
phinäquivalenz-Gesamtsumme aller                                                   ziert“, gefolgt von „Rückenschmer-
innerhalb eines Jahres verordneten       41.000 Patienten, die ihre Schmerz-       zen“, „sonstige chronische Schmer-
Opioid-Präparate dividiert durch 365     mittel von vier verschiedenen Ärzten      zen“ und „depressive Episoden“.
Tage.                                    erhalten. Diese Patienten sind bereits
                                                                                   Betrachtet man Komorbiditäten mit
Nach Anwendung dieses ersten von         in einem sehr kritischen Bereich des
                                                                                   dem größten absoluten Unterschied,
vier Risikokriterien zeigten 63.000      Konsums von Opiaten.
                                                                                   dann nehmen erneut dieselben Di-
Langzeit-Opioid-Patienten eine auf-      Fast 37.000 Langzeit-Opioid-Patien-       agnosen die vorderen Ränge ein:
fällig erhöhte Opiat-Dosierung. Ins-     ten wiesen bereits eine diagnostizier-
                                                                                   - Schmerz anderenorts nicht klassi-
gesamt 9,91 % der Versicherten er-       te Abhängigkeit auf, wie z. B. psychi-
                                                                                     fiziert,
hielten eine Dosierung über dem          sche oder Verhaltensstörungen
Schwellenwert.                           durch Alkohol, Opioide, Sedati-           - depressive Episoden,
Die parallele Einnahme von Benzodi-      va/Hypnotika, multiplen Substanzge-       - sonstige chronische Schmerzen,
azepinen wird auch in Deutschland        brauch oder Konsum psychotroper
                                                                                   - somatoforme Störungen,
häufig praktiziert. Auf die damit ver-   Substanzen, Vergiftung durch Betäu-
                                         bungsmittel oder Psychodysleptika.        - psychische Verhaltensstörungen,
bundenen Risiken für eine Abhängig-
keit weist die Internationale Gesell-    Die Diagnosen wurden stationär oder       - Alkohol,
schaft zur Erforschung des Schmerzes     ambulant über zwei Quartale gesi-         - andere Angststörungen.
(IASP) immer wieder hin.                 chert.
                                                                                   Welche Fachgruppe verordnet Opia-
Die Datenanalyse hinsichtlich dieses     Diese Patienten benötigen eine be-        te am häufigsten? Es sind die Haus-
Risikofaktors zeigte, dass fast jeder    sondere Aufmerksamkeit hinsichtlich       ärzte, gefolgt von den Anästhesiolo-
                                         der Führung der Therapie und des          gen und Orthopäden.
zehnte Langzeit-Opioid-Patient seine
Therapie mit einem Benzodiazepin         Einsatzes von Opioiden.
                                                                                   Es ist daher insbesondere der haus-
kombiniert.                                                                        ärztliche Bereich, der hinsichtlich der
                                         Baseline Parameter – Soziode-
Hochgerechtet ergibt das für das Jahr    mografie                                  Langzeitverordnung von Opioiden
2014 eine Zahl von 54.000 Patienten,                                               sensibilisiert werden muss.
die ein Opioid und ein Benzodiazepin     Ein weiterer Untersuchungsgegen-
gleichzeitig dauerhaft einnehmen.        stand war die soziodemografische          Arbeitsunfähigkeit und Kran-
Angemerkt sei, dass die Dosierung        Verteilung der Patienten mit dem          kengeld
der Benzodiazepin-Therapie keine         oben beschriebenen Risikoprofil. Die
                                         Altersverteilung der Versicherten mit     Unterschiede zeigten Patienten mit
Berücksichtigung fand.
                                         Risikoprofil ist zweigipflig, mit einem   und ohne Risikoprofil auch bei der
Von wie vielen Ärzten erhalten die       ersten Peak im Alter von 55–59 Jah-       Arbeitsunfähigkeit (AU) und dem
Patienten    ihre   Opioid-Verord-                                                 Krankengeld. Rund 6 % der Versi-

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Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

cherten, unabhängig vom Risikopro-      weisen einen Risikofaktor, 14 % zwei    - Welche Prognose hat eine solche
fil, hatten mindestens einen Arbeits-   von vier Risikofaktoren auf.              Entzugsbehandlung?
unfähigkeitsfall im Jahr 2014.                                                  - Wie wird der Entzug in der klini-
                                        Die Altersverteilung ist zweigipflig,
Wer das Risikoprofil besitzt, hatte     mit einer ersten Spitze bei den 60-       schen Praxis vollzogen und wel-
doppelt so viele AU-Tage. Die Länge     Jährigen und dann noch einmal bei         che Gefahren bzw. Konsequenzen
der Ausfallzeiten war unter Risiko      den über 75- bis 79-Jährigen.             leiten sich daraus ab?
demnach deutlich länger.
                                        Der Großteil der Versicherten mit       Ursachen von Schmerzen unter
Die häufigste AU-Diagnose stellen       einer Langzeit-Opioid-Therapie hat      einer Opioid-Therapie
Schmerzen und Schäden des Rückens       den Versicherungsstatus „Rentner“.
dar.                                                                            Schmerzen unter einer Opioid-
                                        Verschiedene Arten von Schmerzen
                                                                                Therapie können verschiedene Ursa-
Die Wahrscheinlichkeit, bei Versi-      nehmen die Top 3 der spezifischen
                                                                                chen haben. Ein in der Praxis zu be-
cherten mit einer Langzeit-Opioid-      Komorbiditäten der Versicherten mit
                                                                                obachtendes Phänomen ist, dass
Therapie im Jahr 2014 einen Kran-       Risikoprofil ein, darunter Schmerz
                                                                                Patienten unter Opioid-Gabe im Ver-
kengeldfall auszulösen, war insge-      andernorts nicht klassifiziert, Rü-
                                                                                lauf von 2–5 Jahren, selten schneller,
samt jedoch gering. Allerdings bezo-    ckenschmerzen und sonstiger chroni-
                                                                                eine Überempfindlichkeit entwickeln
gen die Versicherten mit einem Risi-    scher Schmerz.
                                                                                können, die sich klinisch als soge-
koprofil 30 Tage länger Krankengeld
                                        Der wichtigste Verordner ist der        nannter Widespread Pain manifes-
im Vergleich zu Versicherten ohne
                                        Hausarzt.                               tiert. Man spricht in diesem Zusam-
dieses Risikoprofil.
                                        Versicherte mit einem Risikoprofil      menhang von Opioid-induzierter
Schließlich sind auch die Kosten, die                                           Hyperalgesie (OiH). Wenn also ein
                                        haben im Vergleich doppelt so viele
Langzeit-Opioid-Patienten verursa-                                              Patient trotz Opioid-Therapie keine
                                        AU-Tage im Jahr 2014, erhalten
chen deutlich unterschiedlich. Die                                              Besserung seiner Schmerzen verspürt
                                        durchschnittlich 30 Tage länger Kran-
Gesamtkosten liegen bei Versicher-                                              und dann die Dosis steigert, entwi-
                                        kengeld und verursachen Arzneimit-
ten mit Risikoprofil um 30 % höher                                              ckelt sich ein neuer Schmerz, auch
                                        telkosten, die ca. 1.500 € über der
als in der Vergleichsgruppe ohne ein                                            jenseits     des     vorbestehenden
                                        Vergleichsgruppe liegen.
Risikoprofil     (10.866,65 €     vs.                                           Schmerzareals.
7.581,28 €).                            Die vorliegende Auswertung der
                                        GKV-Daten von 2014 ist repräsenta-      Die Hyperalgesie kann mit einer Opi-
Die größte Kostendifferenz zwischen                                             oid-induzierten Toleranz einherge-
                                        tiv für alle GKV-Versicherten in
den Gruppen besitzen die Arzneimit-                                             hen. Charakteristisch für die Toleranz
                                        Deutschland. Die Daten bestätigen,
telkosten, mit einem Unterschied                                                ist eine allmählich beginnende
                                        dass sich die Situation hierzulande
von 1.545,12 €. Der Kostenunter-                                                Wirkabnahme ohne Dosissteigerung.
                                        sehr viel besser darstellt als ande-
schied dieser Kostenart hat einen                                               Die Lokalisation des Schmerzes än-
                                        renorts, insbesondere den angel-
Anteil von 50 % am Gesamtkosten-                                                dert sich nicht.
                                        sächsischen Ländern.
unterschied von 3.015,37 €.
                                                                                Beide Phänomene treten häufiger
Fazit                                                                           bei einer höheren Dosierung, z. B.
                                        Teil 2: Kontrollierter Entzug als       über 100 mg Morphinäquivalenz,
Zusammenfassend lässt sich feststel-    Baustein der Therapieoptimie-           und längerer Behandlungsdauer auf.
len, dass in Deutschland annähernd
                                        rung                                    Schließlich gibt es eine verschwin-
640.000 Personen eine Langzeitthe-
                                                                                dend kleine Gruppe von Patienten,
rapie mit Opiaten erhalten. Hiervon     Beim kontrollierten Entzug als Bau-
                                                                                die die Schmerztherapie als Einstieg
weist etwa jeder vierte Patient min-    stein der Therapieoptimierung stellt
                                                                                in eine Suchtkarriere genutzt haben.
destens einen der beschriebenen         sich zunächst die Frage nach der
                                                                                Am Klinikum Bochum schätzt man
Risikofaktoren auf.                     genauen Indikation:
                                                                                deren Anteil auf unter 5 % der dort
Der häufigste Risikoindikator ist die   - Kann und darf man bei Patienten,      behandelten Entzugspatienten.
Höhe der Opioid-Therapie. Vier von        die sogar unter Opioiden noch
                                                                                Abbildung 1 klassifiziert unterschied-
fünf Versicherten mit Risikoprofil        Schmerzen haben, diese Therapie
                                                                                liche Leitsymptome einer Fehlent-
                                          absetzen?
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Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

                                                                                                  Bei Patienten mit hohem Risikopo-
                                                                                                  tenzial ist das primäre therapeuti-
                                                                                                  sche Ziel der komplette Entzug. So-
                                                                                                  fern weiterhin Bedarf an einer
                                                                                                  Schmerz-therapie besteht, sollte
                                                                                                  diese zunächst ohne Opioide opti-
                                                                                                  miert und der Verlauf engmaschig
                                                                                                  kontrolliert werden. Ist dieses nicht
                                                                                                  möglich, ist es auch am Klinikum
                                                                                                  Bochum üblich, Patienten auf ein
                                                                                                  niedrigdosiertes Opioid einzustellen,
                                                                                                  beispielsweise Buprenorphin, aber
                                                                                                  auch andere Substanzen. Ziel bleibt
                                                                                                  eine 80%ige Dosisreduktion.

Abb. 1: Leitsymptome einer Therapiefehlentwicklung bei Langzeittherapie mit Opioiden
                                                                                                  Patienten mit wenigen Risikofakto-
                                                                                                  ren stellen die größere Gruppe dar.
                                                                                                  Hier wird das Therapieziel zu Be-
wicklung bei der Langzeittherapie mit                     Die vorliegende Klassifizierung er-
                                                                                                  handlungsbeginn nicht immer festge-
Opioiden.7                                                laubt einen differenzierten Umgang
                                                                                                  legt. Vorrangiges Ziel ist es, mit so
                                                          mit den entsprechenden Patienten-
Im blauen Kreis werden Hinweise auf                                                               wenigen Opiaten wie möglich auszu-
                                                          gruppen. Nicht bei jedem Patienten
psychotrope Nebenwirkungen zu-                                                                    kommen, idealerweise sogar ganz
                                                          ist eine Entzugsbehandlung indiziert.
sammengefasst, die meistens auf                                                                   ohne selbige. Die weitere Prozedur
Therapiefehlern beruhen, wie etwa                         Wichtig ist es zu erkennen, in wel-     verläuft dann analog.
eine zunehmende Tagesmüdigkeit,                           cher Gruppe sich ein Patient befindet
                                                                                                  Dass dieses Vorgehen erfolgreich ist,
Schlafstörungen, eine Einschränkung                       und welche Gefahr für ihn besteht, in
                                                                                                  zeigt eine im Jahr 2013 publizierte
der kognitiven Leistungsfähigkeit;                        die orange oder rote Gruppe abzu-
                                                                                                  Studie der Forschungsgruppe von
alles Hinweise auf relative Unverträg-                    rutschen.
                                                                                                  Prof. Maier am Klinikum Bochum. Die
lichkeit. Ursächlich ist hier nicht die
                                                          Die Downhill-Spirale                    Arbeit beschreibt 106 konsekutive
Opiat-Auswahl per se.
                                                                                                  Patienten. Nur in vier Fällen haben
Eine weitere Gruppe, hier grün dar-                       Wie behandelt man einen Patienten,      die Patienten den Entzug aufgrund
gestellt, die sich mit der blauen                         der sich bereits in der sogenannten     von Nebenwirkungen abgebrochen.
Gruppe überlappt, beschreibt die                          Downhill-Spirale befindet? Charakte-    102 Patienten wurden in das Proto-
bereits genannten Hinweise auf eine                       ristisch für diese Patienten ist eine   koll aufgenommen. Hiervon haben
Hyperalgesie. In der Praxis zeigt sich                    Vielzahl psychotroper Nebenwirkun-      78 Teilnehmer komplett entzogen.
dieses Leitsymptom als Zustand, bei                       gen oder Folgen der Überdosierung,      24 Patienten haben sich gemäß dem
dem alle Therapiemaßnahmen ein-                           zunehmende oder transformierte          oben beschriebenen Entscheidungs-
schließlich der Psychotherapie weit-                      Schmerzen, eine Druckhyperalgesie,      baum zu einer 80%igen Dosisreduk-
gehen wirkungslos werden.                                 die sich bereits zur Unberührbarkeit    tion entschlossen.8
                                                          entwickelt hat. Diesen Patienten
Hinweise auf Fehlgebrauch entspre-                                                                In einem Follow-up nach einem Jahr
                                                          stehen Ärzte mitunter hilflos gegen-
chend dem ICD F 11.1 werden im                                                                    und nach zwei Jahren haben etwa
                                                          über.
orangefarbenen Kreis dargestellt.                                                                 60 % diese Entscheidung genauso
                                                          Die Abbildung 2 zeigt einen Entschei-   beibehalten, 40 % haben die Dosis
Die rote Gruppe beschreibt Patienten
                                                          dungsbaum mit zwei Handlungsopti-       wieder gesteigert oder neu angefan-
mit eindeutigen Hinweisen auf eine
                                                          onen für Patienten, die sich in einer   gen.
Suchterkrankung. Hier steht die Fo-
                                                          Downhill-Spirale befinden. Dabei
kussierung des Denkens und des                                                                    Die Hälfte dieser 40 % ist jedoch
                                                          wird unterschieden zwischen Patien-
Handels auf die Beschaffung im Vor-                                                               nicht als Rückfälle zu werten, da hier
                                                          ten mit hohem Risikopotenzial und
dergrund, gleichgültig ob legal oder                                                              der erneute Einsatz von Opiaten eine
                                                          solchen ohne.7
illegal.

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Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

                                                                                                                cherweise als Startdosis einer Ent-
                                                                                                                zugsbehandlung eingesetzt wird.
                                                                                                                Anders ausgedrückt: Es ist nicht nur
                                                                                                                die Hochdosisgruppe, die entzogen
                                                                                                                werden will. Die Streuung reicht im
                                                                                                                Einzelfall von einer Tagesdosierung
                                                                                                                von umgerechnet 2,4 g bis zu 5 g
                                                                                                                Morphin.
                                                                                                                 Es sind zwei Kollektive zu beobach-
                                                                                                                 ten, die sich auf alle Medikamente,
                                                                                                                 die bis 2014 üblich in Deutschland
                                                                                                                 waren, verteilen.

                                                                                                                 Management der kontrollierten
Abb. 2: Entscheidungsbaum bei einer schmerzmedizinisch indizierten Entzugsbehandlung
                                                                                                                 Entzugsbehandlung
                                                                                                                 Wie erfolgt der Entzug in der klini-
therapeutische        Entscheidung dar-                 Das Kollektiv enthält auch solche
                                                                                                                 schen Praxis? Das wichtigste Erfolgs-
stellte.                                                Fälle, in denen Patienten extrem
                                                                                                                 kriterium ist eine gute Vorbereitung
                                                        hohe Opiat-Dosen über einen länge-
Dennoch müssen 20 % als Misserfolg                                                                               und die Nachbehandlung. Vorberei-
                                                        ren Zeitraum eingenommen haben,
gewertet werden. Vergleicht man                                                                                  tung bedeutet, dass die Indikation
                                                        wie die mitgebrachten „Medikamen-
diesen Wert jedoch mit den Erfah-                                                                                gesichert werden muss, warum der
                                                        tentaschen“ belegen.
rungen aus dem kontrollieren Hero-                                                                               Patient entziehen will.
inentzug mit gerade einmal 10 %                         Die Liste der eingenommenen Arz-
                                                                                                                 Es reicht nicht aus, wenn lediglich
Langzeiterfolg, dann zeigt sich, dass                   neimittel ist ein Spiegel der hierzu-
                                                                                                                 der Hausarzt der Meinung ist. Und es
der Entzug auch bei durchaus prob-                      lande meistverordneten Opioide
                                                                                                                 reicht ebenfalls nicht aus, wenn die
lematischen Patienten eine exzellen-                    einschließlich Tapentadol.
                                                                                                                 Ehefrau das möchte. Es muss eine
te Prognose hat.
                                                        Die Abbildung 3 zeigt, welche Opioi-                     intrinsische Motivation geben. Die
Welche Gründe führten zur Entzugs-                      de in welcher Dosierung entzogen                         Entzugsbehandlung fordert dem
behandlung? Etwa 32 % der Patien-                       wurden. Zum besseren Vergleich                           Patienten einiges ab. Wer diese Mo-
ten befanden sich in der Downhill-                      wurden      Morphinäquivalenzdosen                       tivation nicht aufweist, wird vorläufig
Spirale mit Dosiseskalation. Ca. 25 %                   gebildet. Etwa die Hälfte der Patien-                    nicht entzogen.
zeigten Hinweise auf Fehlgebrauch.                      ten war vor dem Entzug unterhalb
                                                                                                                 Aus diesem Grund nehmen am Klini-
Bei weiteren 25 % hatten die Opiate                     der 100-mg-Marke, die heute übli-
                                                                                                                 kum Bochum immer ein Psychologe
nie gewirkt und bei 20 % waren Ne-
benwirkungen der Hauptgrund,
überwiegend kognitive Einschrän-
kungen, Libidoverlust, hormonelle
Störungen, selten Obstipation.

Stationäre Entzugsbehandlung
in der Schmerzklinik Bochum
Am Klinikum Bergmannsheil liegen
mittlerweile gut dokumentierte Er-
fahrungen aus über 700 Entzugsbe-
handlungen vor. In dieser Zeit gab es
lediglich 30 Fälle mit vorzeitigem
Abbruch.
                                                        Abb. 3: Welche Opioide wurden in welcher Dosierung entzogen?

© CME-VERLAG 2019                                                                                                                                     6
Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

und ein Arzt am Eingangsgespräch            Am Klinikum Bochum entscheiden                          Patienten gut abgedeckt werden.
teil. Außerdem erfolgt grundsätzlich        sich 89 % der Patienten zu einem                        Sobald kardiovaskuläre Reaktionen
ein Drug Monitoring, im Einzelfall          Totalentzug, 11 % präferieren einen                     auftreten, sollte die Dosis gesteigert
sogar mehrfach. Das Einverständnis          80-%-Entzug.                                            werden. Zur Vermeidung von Ent-
hierzu erteilt der Patient schriftlich in                                                           zugssymptomen sollte die Clonidin-
                                            Der eigentliche Entzug erfolgt seit
einem Behandlungsvertrag. Zusätz-                                                                   Behandlung noch mindestens 14
                                            2015 nach dem folgenden, neuen
lich nimmt der Patient an einem                                                                     Tage nach Entlassung fortgesetzt
                                            Regime: jeder Patient beginnt mit
dreistufigen     Edukationsprogramm                                                                 werden.
                                            einer Initialdosis von 100 mg Mor-
teil.
                                            phin, unabhängig davon, welches                         Andere Bedarfsmedikationen können
Im Motivationsgespräch erfolgt diese        Opiat er vorher eingenommen hat.                        situativ verabreicht werden.
Unterweisung zunächst mündlich. Im          Einzige Ausnahmen: Patienten, die
                                                                                                    Es kommt immer wieder vor, dass
Vertrag wird alles noch einmal              vorher bereits eine geringere Äquiva-
                                                                                                    Patienten Angst vor einem „qualvol-
schriftlich festgehalten. Die Patien-       lenzdosis genommen haben oder
                                                                                                    len Entzug“ haben. Es ist ein belieb-
ten müssen diesen ausnahmslos zu            Patienten mit einer Morphinäquiva-
                                                                                                    ter Mythos von Süchtigen, dass der
Hause durchlesen und unterschrei-           lenz über 1 g.
                                                                                                    Entzug „die Hölle“ ist. Unter dem
ben.
                                            In den ersten Tagen wird die Dosis                      dargestellten Entzugsmanagement
Durch ihre Unterschrift stimmen die         sehr schnell reduziert, gegen Ende                      gibt es in der Praxis, insbesondere
Patienten unangekündigten Blutkon-          der Behandlung dann deutlich lang-                      bei Schmerzpatienten, keinerlei
trollen und der Einsichtnahme in ihre       samer. Die eigentlichen Symptome                        Probleme.
Kulturtaschen zu. Dieses harte Vor-         treten in den ersten zwei Tagen und
                                                                                                    Die     Auswertung     von     SOWS-
gehen ist unbedingt notwendig und           in den letzten zwei Tagen auf.
                                                                                                    Fragebögen veranschaulicht dies
vergleichbar mit Maßnahmen aus
                                            Im Rahmen des Entzugsmanage-                            noch einmal. Die gelben Balken in
der Suchtmedizin.
                                            ments erhält jeder Patient eine Be-                     der Abbildung 4 bedeuten Erster Tag,
Verstößt der Patient gegen die Ver-         gleitkarte. Bewährt hat sich die initia-                weiß heißt Zweiter Tag und so wei-
einbarungen, erhält er zunächst eine        le Komedikation mit Clonidin. Mit                       ter. Die am häufigsten beschriebenen
gelbe Karte. Gelb-rot bedeutet dann         Dosierungen zwischen 175 und                            Symptome sind Schlafprobleme,
einen sofortigen Therapieabbruch.           300 mg pro Tag können 80–90 % der                       unruhige Beine, Muskelschmerz und
Eine Wiederaufnahme nach Ablauf
einer vier Wochen Frist ist jedoch
möglich.

Ziele des Entzugs
Im Rahmen des Motivationsge-
sprächs werden dem Patienten beide
Behandlungspfade gleichwertig kom-
muniziert: kompletter Entzug oder
signifikante Dosisreduktion.
Wenn der Schmerz unter dem Entzug
jedoch nicht abfällt oder sogar an-
steigt, trotz intermittierender Thera-
pie, wenn eine Escape-Medikation
nicht wirkt, die psychologische Inter-
vention auch nicht, oder ein Patient
unbedingt wieder möchte, dann wird
ein anderes Opiat in Erwägung gezo-
gen, jedoch nicht vor Ablauf der ers-
ten Behandlungswoche.
                                            Abbildung 4: Anteil von Patienten mit ausgeprägten Symptomen

© CME-VERLAG 2019                                                                                                                       7
Neue Konzepte zum Umgang mit Opioid-Schmerzmittel-Abhängigkeit - CME-Kurs
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

sich insgesamt schlecht fühlen. Alle            Teil 3: Substitutionstherapie bei        - psychiatrische Komorbidität
diese Symptome lassen aber schon                behandlungsbedürftiger Opioid-           - regelmäßiger Drogenkonsum
nach wenigen Tagen deutlich nach.               Schmerzmittel-Abhängigkeit
                                                                                         - Heavy Smoking Index >4
Bedrohliche Risiken                             Opioide sind aus der Schmerzthera-       - CAGE-Fragebogen >2
                                                pie nicht mehr wegzudenken. Ihr
Eine Entzugsbehandlung ist durchaus             Einsatz geht allerdings auch mit ei-     Dieser Algorithmus findet sowohl bei
mit einigen, auch bedrohlichen, Risi-           nem Missbrauchs- und Abhängig-           Neueinstellungen als auch bei einer
ken verbunden:                                  keitspotenzial einher. Während bei       länger als drei Monate andauernden
                                                korrekter Indikationsstellung und        Opioid-Therapie Anwendung.
- Herzversagen, Herzinsuffizienz
- Angina pectoris, Herzinfarkt                  Anwendung retardierter Opioide
                                                                                         Evaluation der Abhängigkeitsge-
                                                dieses Risiko sehr gering ist, begüns-
- Epileptische Anfälle                                                                   fahr
                                                tigen Opioide mit schnellem Wirkein-
- Hypothalmische Störung (Diabe-                tritt und kurz wirksame Darrei-          Abbildung 6 zeigt den Fragebogen
  tes insipidus)                                chungsformen die Entwicklung einer       zur Einschätzung der Abhängigkeits-
- Delir                                         Abhängigkeit. Der differenzierte Ein-    gefahr, wie er am Klinikum Kla-
- Atemdepression                                satz von Opioiden zur Prävention der     genfurt regelmäßig eingesetzt wird.
                                                behandlungsinduzierten         Opioid-   Im ersten Teil wird nach der Nikotin-
Es ist wichtig, sich nicht auf den An-
                                                Abhängigkeit ist daher von entschei-     abhängigkeit gefragt, es folgen die
fangserfolgen auszuruhen. Die The-
                                                dender Bedeutung.                        Fragen zum Alkoholkonsum – also
rapie muss ambulant weitergeführt
werden.                                         Das wichtigste Ziel einer angemessen     der CAGE-Teil. Weiterhin wird die
                                                und verantwortungsvoll durchge-          psychiatrische Vorgeschichte der
                                                führten Therapie mit Opioid-Anal-        Patienten erfasst und schließlich die
                                                getika ist das Erreichen der „4 S“:      Einstellung der Patienten zu Medi-
                                                                                         kamenten eruiert.9
                                                - Schmerzlinderung
                                                                                         Bei starken Hinweisen auf das Beste-
                                                - Sicherheit der Therapie                hen einer Abhängigkeitsproblematik
                                                - Soziale Teilhabe                       sollte das Gespräch mit dem be-
                                                - Substanzproblematik vermeiden          troffenen Patienten gesucht werden.
                                                                                         Wesentlich ist hierbei eine Zusam-
                                                Psychiatrische Konsultation bei          menarbeit mit Schmerz- und
                                                Opioid-Langzeittherapie                  Suchtspezialisten.

Abb. 1: Beweglichkeit des Rückens nach Opiat-   In der Schmerzklinik am Klinikum         Für das Erstgespräch zu diesem The-
entzug                                          Klagenfurt werden jedes Jahr 3.000       ma hat sich die BRENDA-Methode
                                                Patienten erstmals behandelt. Insge-     bewährt.10 Diese beinhaltet die fol-
Abbildung 5 zeigt die Beweglichkeit                                                      genden Ebenen:
                                                samt finden 40.000 Patientenkontak-
des Rückens eines Patienten nach
                                                te statt. In Zusammenarbeit mit der      - die biopsychosoziale Auswertung,
Opiat-Entzug: Rot bedeutet „extrem
                                                österreichischen Schmerzgesellschaft
eingeschränkt“, grau heißt „eben                                                         - den Report, Bericht für den Pati-
                                                und dem Suchtexperten Prof. Lesch
grade so“, grün bedeutet „im Norm-                                                         enten,
                                                wurde ein Positionspapier zum Ein-
bereich“.                                                                                - die Empathie,
                                                satz von Opioiden bei tumor- und
Nach vier Monaten multimodaler                  nicht tumorbedingten Schmerzen           - die Auswertung der Bedürfnisse,
Therapie war dieser Patient wieder              erarbeitet.9                             - den direkten Rat und
im Alltag angekommen. Einem Opiat-
                                                Wird beim Erstgespräch mindestens        - die Auswertung der Reaktion.
Entzug muss immer auch eine
                                                eines der vier nachfolgenden Symp-
Schmerztherapie folgen.
                                                tome diagnostiziert, sollte der Pati-    Hinweise auf eine Substanz-
                                                ent weiter psychologisch oder psy-       problematik
                                                chiatrisch evaluiert werden:

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NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

                                                                                                             - Opioid-induzierter Hyperalgesie,
                                                                                                             - Hinweisen auf eine Substanzprob-
                                                                                                               lematik oder
                                                                                                             - Abhängigkeitssymptomen.9

                                                                                                             Behandlungsziele
                                                                                                             Die Behandlung der Abhängigkeit
                                                                                                             sollte durch Suchtspezialisten erfol-
                                                                                                             gen, die abwägen, welche Thera-
                                                                                                             piestrategie im individuellen Fall
                                                                                                             angezeigt ist. Diese orientiert sich an
                                                                                                             der Schmerzdiagnostik und an der
                                                                                                             Art der Abhängigkeit.
                                                                                                             Primäres Ziel der Therapie der Ab-
                                                                                                             hängigkeit ist nicht notwendiger-
                                                                                                             weise die Abstinenz, sondern die
                                                                                                             Verbesserung des psychosozialen
                                                                                                             Funktionsniveaus.11,12,13

                                                                                                             Buprenorphin/Naloxon
                                                                                                             Die Behandlung der Opioid-Schmerz-
                                                                                                             mittel-Abhängigkeit kann auf unter-
                                                                                                             schiedliche Weise erfolgen. Im zwei-
                                                                                                             ten Teil dieser Fortbildung haben Sie
                                                                                                             bereits das Konzept der Entgiftung
                                                                                                             kennen gelernt. Eine weitere Thera-
                                                                                                             pieoption stellt die Opioid-Substitu-
                                                                                                             tionstherapie dar. Hierzu gibt es
                                                                                                             neuere Erfahrungen mit einer Fix-
                                                                                                             kombination Buprenorphin/Naloxon.
Abb. 6: Fragebogen zur Einschätzung der Abhängigkeitsgefahr zu Beginn einer medikamentösen Schmerztherapie
mit Opioid-Analgetika                                                                                        Buprenorphin wird seit etwa 20 Jah-
                                                                                                             ren zur Behandlung der Opioid-
Im Klinikalltag können folgende Ver-                    - Patienten beharren auf Opiat-
                                                                                                             Abhängigkeit eingesetzt. Bei der Sub-
haltensweisen oder Anzeichen auf                          Therapie und lehnen andere The-
                                                                                                             stanz handelt es sich um einen parti-
eine Substanzproblematik hinweisen:                       rapieoptionen ab.
                                                                                                             ellen Opioid-Agonisten mit hoher
- Patienten beziehen Opioid-Anal-                       Beendigung der Opiat-Therapie                        Affinität und niedriger intrinsischer
  getika von mehreren Verordnern,                                                                            Aktivität am μ-Opioid-Rezeptor.
- häufige Visiten in Notfallambulan-                    Die Therapie chronischer nicht tu-                   Buprenorphin wirkt zusätzlich auf
  zen,                                                  morbedingter Schmerzen mit Opioid-                   dem Natriumkanal.
                                                        Analgetika sollte ausgeleitet werden
- Notfalltermine und telefonische                                                                            Die langsame, reversible Bindung an
                                                        bei:
  Kontaktaufnahme, vorgezogene                                                                               die μ-Opioid-Rezeptoren minimiert
  Termine,                                              - Erreichen des Therapiezieles                       das Bedürfnis des abhängigen Patien-
                                                          durch andere medizinische Maß-                     ten nach Opioiden über einen länge-
- häufige und nicht abgesprochene
                                                          nahmen,                                            ren Zeitraum.
  Dosiseskalation und Widerstand
  wenn Dosis reduziert werden soll,                     - Unwirksamkeit der Therapie,                        Der partialagonistische Effekt von
- frühzeitige Rezeptforderung, an-                      - starker Toleranzentwicklung,                       Buprenorphin bedeutet u. a., dass
  gebliche Rezeptverluste,                                                                                   die agonistische Wirkung von
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NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

Buprenorphin auf den μ-Rezeptor            geführt, dass die Substanz in einigen    - Hohe Vigilanz21 und Alltagstaug-
(klinisch erkennbar z. B. an der po-       Ländern als First-choice-Medikation        lichkeit
tenziell vitalbedrohlichen Nebenwir-       gilt. Vor allem in Skandinavien, aber    - Hohe Dosierbarkeit – mit großer
kung Atemdepression) nicht linear          auch in der australischen Leitlinie        therapeutischer Breite
ansteigt.                                  wird empfohlen, in der Substitution
                                           zunächst Buprenorphin zu verwen-            o i.d.R. keine kardialen22 Kompli-
Naloxon ist ein Opioid-Antagonist.                                                       kationen
                                           den.
Die Substanz wird nur bei nicht be-
                                                                                       o i.d.R. keine Atemdepressio-
stimmungsgemäßem Gebrauch der              Die Behandlung mit Buprenorphin
                                                                                         nen23
Fixkombination wirksam (z. B. bei          sollte erst dann begonnen werden,
intravenöser oder nasaler Einnah-          wenn der Patient bereits Entzugser-      - Bei ausreichender Dosierung
me). Dadurch verbessert sich das           scheinungen hat. Dies wird durch           (16 mg) werden die μ-Rezeptoren
Sicherheitsprofil der Medikation           eine Opioid-Pause erreicht. Die Be-        zu bis zu 95 % belegt.17 Dadurch
wesentlich, indem es u.a. die Weiter-      handlungsunterbrechung vor Thera-          keine zusätzliche Wirkung bei
gabe und den Missbrauch erschwert.         piebeginn ist notwendig, damit mög-        Einnahme weiterer Opioide.
                                           lichst viele Rezeptoren frei sind. An-   - Antidepressive Wirkung wurde
Die klinische Wirksamkeit und gute
Verträglichkeit von Buprenorphin/
                                           derenfalls würden die Patienten Ent-       beschrieben24
                                           zug verspüren, wenn die Opiat-           - Gute Nierenverträglichkeit von
Naloxon ist durch zahlreiche Studien
                                           Rezeptoren durch einen Vollagonis-         Buprenorphin25
belegt.
                                           ten belegt sind und letzterer vom
Die Fixkombination wird in einer           Partialagonisten Buprenorphin ver-       - Buprenorphin ist aufgrund der
Zusammensetzung von 4:1 verab-             drängt wird.15,16                          analgetischen Wirkung bereits in
reicht.                                                                               der Schmerztherapie bekannt
                                           Wenn der Rezeptor hingegen leer ist,
Buprenorphin in der Substituti-            verspürt der Patient eine deutliche      Fallbericht
on                                         Besserung, sobald der Partialagonist
                                           andockt. Je schlechter es dem Pati-      Wir stellen Ihnen nun einen Fall aus
Abbildung 7 veranschaulicht noch           enten zunächst geht, umso besser         der Schmerzambulanz des Klinikums
einmal die klinische Wirkung von           verläuft die Einstellung.                Klagenfurt vor. Dort stellte sich im
Buprenorphin in der Substitution.14                                                 Dezember 2014 ein Patient, männ-
                                           In der Einstellungsphase werden          lich, geboren 1961, vor.
- Keine tödliche Atemdepression            zunächst 2–4 mg Buprenorphin ver-
                                           abreicht und dann innerhalb von 24       Zur Vorgeschichte:
- Keine Sedierung
                                           Stunden auf bis zu 8 mg aufdosiert,      Der Patient hatte im November 2011
- Keine Dysphorie
                                             je nach klinischem Bild des Patien-    aufgrund einer posttraumatischen
                                             ten.                                   Gonarthrose eine Knietotalendopro-
                                            Die meisten Schmerzmittelabhän-         these rechts erhalten. Der Patient
                                            gigen benötigen eine Zieldosis von      wurde anschließend mit folgender
                                            16 mg. Diese wird i.d.R. am zweiten     Medikation entlassen:
                                            Tag erreicht.                           - Alprazolam
                                            Die Kombinationstherapie mit Bup-       - Pantoprazol
                                            renorphin/Naloxon stellt eine neue      - Hydromorphon sowie
                                            Therapieoption bei Patienten mit
                                                                                    - Hydromorphonkapseln für Durch-
                                             Opioid-Schmerzmittel-Abhängig-
                                                                                      bruchschmerzen
                                            keit dar. Vorteile der Medikation
                                            sind:
                                                                                    Was war in der Zwischenzeit pas-
Abb. 7: Buprenorphin in der Substitution
                                            - Weniger körperliche Abhängigkei-      siert? Der Patient litt zusätzlich an
                                              ten als unter Opioid-                 einer Discusprotrusion im Bereich
                                              Vollagonisten19                       der LWS L5/S1. Er war bei niederge-
Dieses spezielle pharmakologische                                                   lassenen Ärzten in Behandlung und
Profil von Buprenorphin hat dazu                                                    dort auf Oxycodon retard 45 mg ein-
© CME-VERLAG 2019                                                                                                      10
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

gestellt worden. Er erhielt weiterhin    zusätzlich Chlonidin gegeben wer-        First Step of a Comprehensive Pain
das Benzodiazepin und Pregabalin.        den.                                     Rehabilitation Program Predicts
                                                                                  Long-term Nonuse of Opioids in
Aus der Vorgeschichte ist bekannt,       Der Schmerz bei der Entlassung war
                                                                                  Chronic Noncancer Pain. Clin J Pain.
dass er nach der Scheidung von sei-      VAS 4. Als Entlassungsmedikation
                                                                                  2013; 29: 760-9.
ner Ehefrau einen chronischen OH-        erhielt der Patient Buprenor-
Abusus hatte. Der Alkoholentzug war      phin/Nalaxon 8 mg sublinugal 1 x         9. Jaksch W, Likar R, Aigner M, Don-
erfolgreich. Aus dieser Zeit rührt       täglich. Die Begleitmedikation mit       nerer J, Kress HG, Lesch M. Positi-
jedoch noch ein Benzodiazepinabu-        Pregabalin und Benzodiazepin wurde       onspapier zum Einsatz von Opioiden
sus mit 3 x 1 mg Alprazolam oral.        beibehalten.    Zusätzlich   wurde       bei tumor- und nichttumorbedingten
                                         Quetiapin zum Schlafen verordnet.        Schmerzen. ÖSG, SCHMERZ NA-
Die Schmerzen sind zurückzuführen                                                 CHRICHTEN Nr.2a | 2015 •
auf die generalisierte Arthrose nach     Ein Jahr nach der Umstellung soll die    ISSN 2076-7625
der Operation. Im Laufe der Zeit kam     Dosis auf 4 mg reduziert werden.
                                                                                  10. Pettinati HM et al. Medical Man-
es zur exzessiven Steigerung von
                                                                                  agement Treatment Manual. A Clini-
Oxycodon. Der Patient nahm nach          Literatur:                               cal Research Guide for Medically
eigenen Angaben inzwischen täglich
                                         1. Okie, S. Flood of Opioids, a Rising   Trained Clinicians Providing Pharma-
6 x 80 mg Oxycodon und 2 x 75 mg
                                         Tide of Deaths. N Engl J Med 2010;       cotherapy as Part of the Treatment
Pregabalin ein.
                                         363: 1981–85                             for Alcohol Dependence. COMBINE
Der Patient wurde schließlich für                                                 Monograph Series 2004, Vol 2
                                         2. Kissin I. Long-term opioid treat-
eine Dauer von 5 Tagen stationär                                                  11. Fischer G (Hrsg.). Therapie mit
                                         ment of chronic nonmalignant pain:
aufgenommen. Da das Klinikum kei-                                                 Opioiden. Facultas Verlag 2002
                                         unproven efficacy and neglected
ne eigene Station zur Opiat-Rotation
                                         safety? J Pain Res 2013 Jul 4; 6: 513–   12. Salem BA, Vyssoki B et al. Lesch
und Schmerzmitteleinstellung be-
                                         29                                       typology and temperament in opioid
treibt, werden die Patienten hilfswei-
                                         3. Laxmaiah Manchikanti, MD et al.       dependence: A cross-sectional study.
se auf der Palliativstation versorgt.
                                         Opioid Epidemic in the United States.    Journal of Affective Disorders 2014;
Die Diagnose bei Aufnahme lautete:       Pain Physician 2012; 15: ES9–ES38        165: 203–7
chronisch-neuropathische Schmer-                                                  13. Bäwert A, Fischer G. Abhängigkeit
                                         4. Vowles KE, et al. Rates of opioid
zen nach Knie-TEP, Discusprotrusion,                                              von anderen psychotropen Substan-
                                         misuse, abuse, and addiction in
Tranquilizer- und Opioid-Abusus, zur                                              zen. in: Löffler Stastka H und Döring S
                                         chronic pain: a systematic review and
Opioid-Rotation.                                                                  (Hrsg.). Psychische Funktionen in
                                         data synthesis. Pain 2015; 156: 569–
Der Patient wurde erfolgreich umge-      76.                                      Gesundheit und Krankheit. Facultas
stellt auf die Fixkombination Bupren-    5. Schubert I, Ihle P, Sabatowski R.     Verlag 2013
orphin/Naloxon.                          Increase in opiate prescription in       14. Goodman and Gilman's: The
                                         Germany between 2000 and 2010—a          Pharmacological Basis of
Vorgehen bei der Umstellung                                                       Therapeutics – 12th Edition,
                                         study based on insurance data. Dtsch
Am Vorabend der Umstellung erhielt       Arztebl Int 2013; 110(4): 45–51.         McGraw-Hill 2011
der Patient noch ein letztes Mal         6. Marschall U, L‘hoest H, Radbruch      15. Johnson RE et al. Buprenorphine:
Oxycodon. Am nächsten Tag wurde          L, Häuser W. Long-term opioid ther-      how to use it right. Drug Alcohol
dann gegen Mittag die Behandlung         apy for chronic non-cancer pain in       Depend 2003; 70: S59–77.
mit Buprenorphin/Naloxon begon-          Germany. Eur J Pain. 2015 Oct 22.        16. Nielsen S et al. Comparing bu-
nen. Hierbei wurden in den ersten 24     doi: 10.1002/ejp.802. (Epub ahead of     prenorphine induction experience
Stunden 3 x 2 mg verabreicht. Zudem      print)                                   with heroin and prescription opioid
wurde der Patient am ersten Tag der      7. Maier C, Kindler D In: Mai-           users. J Subst Abuse Treat 2012; 43:
Umstellung intensiv überwacht.           er/Bingel/Diener (Hrsg.) Lehrbuch        285–90.
Es traten keine schweren Komplika-       der Schmerzmedizin (5. Auflage           17. Zubieta J et al. Buprenorphine-
tionen infolge der Umstellung auf. Im    2016) Elsevier Verlag                    Induced Changes in Mu-Opioid Re-
Bedarfsfall konnte dem Patienten         8. Krumova EK, et al. Low Pain Inten-    ceptor Availability in Male Heroin-
                                         sity After Opioid Withdrawal as a        Dependent Volunteers: A Preliminary

© CME-VERLAG 2019                                                                                                     11
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

Study. Neuropsychopharmacology            im Neuro-Kopf-Zentrum
2000; 23: 326–34.                         Ismaninger Str. 22
18. Elkader A et al. Buprenorphine:       81675 München
clinical pharmacokinetics in the          Prof. Dr. Christoph Maier
treatment of opioid dependence. Clin      Universitätsklinik für Anästhesiolo-
Pharmacokinet 2005; 44: 661–80.           gie, Intensiv-, Palliativ- und
19. Walsh SL et al. The clinical phar-    Schmerzmedizin
macology of buprenorphine: ex-            Abteilung für Schmerzmedizin
trapolating from the laboratory to        Berufsgenossenschaftliches Univer-
the clinic. Drug Alcohol Depend           sitätsklinikum Bergmannsheil
2003; 70: 13–27.                          Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
20. Mattick RP et al. Buprenorphine       44789 Bochum
versus methadone maintenance              Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar,
therapy: a randomized double-blind        MSc
trial with 405 opioid-dependent pa-       Klinikum Klagenfurt am Wörthersee
tients. Addiction 2003; 98: 441–52.       Feschnigstraße 11
21. Oliveto AH et al. Desipramine in      AT 9020 Klagenfurt am Wörthersee
Opioid-Dependent Cocaine Abusers
Maintained on Buprenorphine vs            Transparenzinformation:
Methadone. Arch Gen Psychiatry
1999; 56: 812–20.                         Ausführliche Informationen zu Inte-
                                          ressenkonflikten und Sponsoring
22. Walsh SL et al. Clinical pharma-
                                          sind online einsehbar unterhalb des
cology of buprenorphine: ceiling
                                          jeweiligen Kursmoduls.
effects at high doses. Clin Pharmacol
Ther 1994; 55: 569–80.
23. Wedam EF et al. QT-Interval Ef-
fects of Methadone, Levomethadyl,
and Buprenorphine in a Randomized
Trial. Arch Intern Med 2007; 167:
2469–75.
24. Pirastu R et al. Impaired decision-
making in opiate-dependent sub-
jects: effect of pharmacological ther-
apies. Drug Alcohol Depend 2006;
83: 163–8.
25. Tegeder I et al. Einsatz von Opio-
ide bei Leber- und Niereninsuffizienz.
Schmerz 1999; 13:183–95.

Bildnachweis:
© Andrey Popov – Fotolia.com

Autoren:
Prof. Dr. Thomas R. Tölle
Klinikum rechts der Isar der
Technischen Universität München
Neurologische Klinik und Poliklinik
© CME-VERLAG 2019                                                                12
NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

                                             Bitte beachten Sie:

Fragebogen                                   • Die Teilnahme an der nachfolgenden Lernerfolgskontrolle ist nur online möglich unter: www.cme-kurs.de
                                             • Diese Fortbildung ist mit 4 CME Punkten zertifiziert bei mindestens 70% richtigen Antworten.
                                             • Es ist immer nur eine Antwortmöglichkeit richtig (keine Mehrfachnennungen).

   Welche Entwicklung zeigt der Opioid-Verbrauch weltweit seit                     Welche ICD 10 Diagnose trifft am ehesten zu bei Patienten mit
   Beginn der 1990er-Jahre?                                                        einem unspezifischen Rückenschmerz, dreijähriger Opioid-
       Seit den 1990er-Jahren steigt der Opioid-Verbrauch jährlich                 Einnahme, Dosissteigerung ca. 200 %, zunehmende Müdigkeit
       um ca. 12,5 % linear an                                                     und Depressivität und Wechsel des Arztes wegen der Ablehnung
                                                                                   einer weiteren Dosissteigerung?
       Die Verordnungsentwicklung verläuft in den USA und
       Deutschland annähernd gleich                                                      ICD 10 F11.0 (Intoxikation)
       Nichttumorbedingte Schmerzen sind die Hauptindikation von                         ICD 10 F11.1 (Fehlumgang, schädlicher Gebrauch)
       Opioiden                                                                          ICD 10 F11.2 (Suchterkrankung)
       Deutschland verfügt bereits seit Anfang 2000 über umfassen-                       ICD 10 F11.8 (Sonstige Opioid-induzierte Störung)
       de und genaue Registerdaten zur Prävalenz der Opioid-                             Keine Diagnose gemäß ICD 10 F11
       Schmerzmittel-Abhängigkeit bei Nichttumorschmerzpatienten
                                                                                   Wie ist die Prognose einer kontrollierten Entzugsbehandlung?
       Untersuchungen von 870.000 Versicherten der Barmer GEK
       weisen auf einen Opioid-Abusus hierzulande von ca. 8,8 % hin                      Vergleichsweise gut, wenn zeitnah eine Optimierung der
                                                                                         Schmerzbehandlung mit anderen Methoden/Pharmaka ge-
   Die Studiengruppe von Prof. Tölle und Kollegen hat im Rahmen
                                                                                         schieht.
   Ihrer Analyse von insgesamt 4 Millionen Datensätzen aus der GKV
   Datenbank 2014 zeigen können, dass …                                                  Generell sehr gut.
       in Deutschland annähernd 640.000 Personen eine Langzeit-                          Aufgrund hoher Abbruchsquoten schlecht.
       therapie mit Opiaten erhalten.                                                    Aufgrund hoher Rückfallquoten bei jedem Opioid-Entzug
       der häufigste Risikoindikator für eine Schmerzmittelabhängig-                     sehr schlecht.
       keit Doctor-Hopping ist.                                                          Antworten c) und d) sind beide richtig.
       Benzodiazepine nur sehr selten zusammen mit Opioiden ver-
                                                                                   Nennen Sie Substanzen, die prophylaktisch beim Opioid-Entzug
       ordnet werden.
                                                                                   zur Vermeidung von unerwünschten Begleitreaktionen eingesetzt
       Patienten, die Opiate über einen längeren Zeitraum erhalten,                werden sollen.
       keine Komorbiditäten aufweisen.
                                                                                         Hochdosiert Benzodiazepine
       Hausärzte besonders zurückhaltend bei der Verordnung von
       Opioiden sind.                                                                    Niedrigdosierte Benzodiazepine

   Welche Aussage zur Opioid-induzierten Hyperalgesie ist richtig?                       Laxanzien

       Eine Opioid-induzierte Hyperalgesie tritt nur bei Verwendung                      Clonidin oder vergleichbare Substanzen
       von Morphinen und anderen Opioiden auf, bei denen anti-                           Nicht steroidale Antiphlogistika
       analgetisch wirksame Metaboliten entstehen.
                                                                                   Wann sollte ein Patient mit Nichttumorschmerz unter starker
       Eine Opioid-induzierte Hyperalgesie tritt häufiger bei einer                Opioid-Therapie psychologisch/psychiatrisch evaluiert werden?
       höheren Dosis auf (z. B. über 100 mg Morphinäquivalenz).
                                                                                   a)    Bei psychiatrischer Komorbidität
       Eine Opioid-induzierte Hyperalgesie bezeichnet das Auftreten
                                                                                   b)    Bei eingeschränkter Nierenfunktion
       von neuen Schmerzsyndromen (z. B. Kopfschmerz zusätzlich
       zu Rückenschmerz).                                                          c)    Bei regelmäßigem Drogenkonsum
       Eine Opioid-induzierte Hyperalgesie tritt bei transdermaler                 d) Heavy Smoking Index ≥2
       Gabe nur sehr selten auf.                                                   e)    CAGE-Fragebogen ≥2
       Alle Aussagen sind richtig.
                                                                                         Nur Antwort a) ist richtig.
   Welche der folgenden Symptome/Hinweise sprechen spezifisch
   für eine Suchterkrankung auch bei Schmerzpatienten (ICD)?                             Antworten a) und b) sind richtig.

       Schmerzzunahme trotz steigender Dosierung                                         Antwort b) ist falsch.
                                                                                         Antworten a), b) und c) sind richtig.
       Wirkungslosigkeit anderer Therapiestrategien
                                                                                         Alle Antworten sind falsch.
       Craving
       Weitereinnahme gegen ärztlichen Rat
       Wunsch nach Therapiesteigerung

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NEUE KONZEPTE ZUM UMGANG MIT OPIOID-SCHMERZMITTEL-ABHÄNGIGKEIT

   Was zeichnet die Fixkombination Buprenorphin/Naloxon aus?
        Die Fixkombination verbessert das Sicherheitsprofil der Medi-
        kation wesentlich.
        Buprenorphin ist ein reiner µ-Agonist.
        Buprenorphin Ist ein reiner Kappa-Antagonist.
        Die Zusammensetzung von 8:1 hat sich als besonders
        wirksam erwiesen.
        16 mg Buprenorphin verabreicht besetzen 20 % der
        Opioid-Rezeptoren.
   Wie sollte die Entzugstherapie durchgeführt werden, und was
   sind die Ziele?
   a)   Neben Buprenorphin/Naloxon kann Clonidin verwendet
        werden.
   b)   Buprenorphin/Naloxon sollte erst eingesetzt werden, wenn
        Patienten Entzugssymptome haben.
   c)   Ziel der Entzugstherapie ist die völlige Abstinenz.
   d)   Ziel der Entzugstherapie ist die Verbesserung des
        psychosozialen Funktionsniveaus.
   e)   Buprenorphin/Naloxon sollte mit starken Opioiden kombiniert
        werden.
        Alle Antworten sind richtig.
        Nur Antwort a) ist richtig.
        Antworten a), b) und c) sind richtig.
        Antwort c) und e) ist falsch.
        Antworten c), d) und e) sind richtig.

© CME-VERLAG 2019                                                       14
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