ASIEN UND PAZIFIK - Klimareport 2014. Energiesicherheit und ...

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         Kasachstan
                                Mongolei

                 Kirgistan
     Usbekistan
Turkmenistan
            Tadschikistan

                                                           Republik
                                                            Korea   Japan
                                Volksrepublik
                                    China

                       Indien

                                Thailand

                                            Vietnam
                                 Kambodscha           Philippinen

                                    Malaysia
                                 Singapur

                                           Indonesien

      A S I E N U N D PA Z I F I K
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      VOLKSREPUBLIK CHINA

      Peter Hefele | LOU Chen

      Die Volksrepublik China hat die USA als größten Verur-
      sacher von klimaschädlichen Emissionen abgelöst und
      liegt auch beim Pro-Kopf-Ausstoß mittlerweile vor
      Europa. Ohne dramatische Veränderungen der chinesi-
      schen Energiepolitik und Wachstumsstrategie sind die
      Chancen eines globalen klimapolitischen Umsteuerns               Luftverschmutzung in Shanghai. Der Smog in chinesischen
      gering. Dabei ist das Ziel klar: „Wir wissen im Grunde,          Metropolen hat gesundheitsschädigende Ausmaße erreicht.

      dass langfristig, wenn wir uns die Weltbevölkerung
      anschauen, jeder Einwohner dieser Erde etwa zwei
      Tonnen CO2 emittieren dürfte‟, so Bundeskanzlerin                STEIGENDER PROBLEMDRUCK, NEUE ANREIZE
      Angela Merkel auf der VN-Klimakonferenz 2013 in
      Warschau.1                                                       Die öffentliche Wahrnehmung und das wachsende
                                                                       Problembewusstsein der Bevölkerung macht sich in
      Bisher hält sich die VR China bei international bin-             der VR China an der dramatisch verschlechterten Luft-
      denden Verträgen mit einschneidenden Konsequenzen                qualität und der immer stärker werdenden Austrock-
      für das eigene „Klimaverhalten‟ sehr zurück und stützt           nung bzw. Desertifikation großer Landesteile fest. Der
      sich dabei u. a. auf die Beschlüsse von Rio de Janeiro           Blick auf die App zur Luftqualität auf dem Smartphone
      aus dem Jahr 1992, als erstmals das Prinzip der                  gehört auch für Chinesen (nicht nur für im Lande
      gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung                lebende Ausländer) zur täglichen Übung. Nachrichten
      (common but differentiated responsibilities, CBDR)               über steigende Lungenkrebsraten in den hoch belas-
      anerkannt worden war. Immerhin konnte in Warschau
                               2
                                                                       teten Gebieten Nordchinas führen zu erheblicher
      Konsens darüber erzielt werden, dass ein künftiges               Verunsicherung der Bevölkerung.
      Klimaschutzabkommen „für alle Parteien‟ gelten solle.
      In den zähen Verhandlungen in Warschau hatten sich               Partei und Regierung sind sich der politischen Brisanz
      große Entwicklungs- und Schwellenländer wie China,               dieser Herausforderungen bewusst und versuchen,
      aber auch Indien, lange gegen eine Neuordnung                    auf verschiedenen Ebenen Gegenmaßnahmen zu
      gewehrt. 3
                                                                       ergreifen. Nach anfänglichem Widerstand werden nun
                                                                       auch offizielle Luftwerte in den meisten chinesischen
      Auf der 2013 von der Konrad-Adenauer-Stiftung                    Städten in Echtzeit über das Internet zur Verfügung
      durchgeführten Konferenz „Energiesicherheit und                  gestellt.
      Klima­wandel‟ forderten chinesische Vertreter für
      erneute Klimaverhandlungen einen völlig neuen Ver-               Peking, aber auch andere Städte, haben Fünf-Jahres-
      handlungsansatz, um zu einem Nachfolgeabkommen                   Aktionspläne für saubere Luft (2013 bis 2017) veröf-
      des Kyoto-Protokolls zu kommen. Dazu gehöre                      fentlicht. So will etwa die Hauptstadt die Werte für
      unter anderem auch eine Betrachtung der einzelnen                lungengängigen Feinstaub (PM2.5) bis 2017 um mindes-
      Sektoren des jeweiligen nationalen Energiesystems.               tens 25 Prozent verringern. Der steigende Individual-
      Ferner sollte es dabei nicht nur um technologische               verkehr stellt eine wesentliche Quelle klima­schädlicher
      Entwicklungen gehen, sondern etwa auch das Ver-                  Gase dar. Deshalb gehen Städte wie Peking zunehmend
      halten beim Energiekonsum mit einbezogen werden.4                dazu über, die Zahl der Fahrzeuge zu begrenzen und
                                                                       Elektromobilität sowie den Ausbau öffentlicher Ver-
      1|   Vgl. Wikipedia, „UN-Klimakonferenz in Warschau 2013‟,       kehrsträger zu fördern.5
           http://de.wikipedia.org/wiki/UN-Klimakonferenz_in_
           Warschau_2013 [28.07.2014].
      2|   Vgl. Global Policy Forum (GPF), „Neuer Report: Gemein-
           same Ziele – unterschiedliche Verantwortung‟, 11.03.2014,
           http://bit.ly/1m1ZPNa [28.07.2014].
      3|   Vgl. Markus Becker, „Uno-Klimakonferenz: Drama
           Sekunden vor dem Hammerschlag‟, Spiegel Online,             5|   Die Stadtregierung von Peking will die Gesamtzahl der
           http://spiegel.de/wissenschaft/natur/a-935263.html               Fahrzeuge bis zum Ende 2017 auf ca. sechs Millionen be-
           [28.07.2014].                                                    schränken. Davon sollen 200.000 Elektrofahrzeuge zum
      4|   Vgl. „Energiesicherheit und Klimawandel. Herausforde-            Einsatz kommen. Vgl. „Beijing geht entschlossen gegen
           rungen für Deutschland und China‟, Veranstaltungsbei-            Luftverschmutzung vor‟, China Internet Information
           träge, Konrad-Adenauer-Stiftung Shanghai, 13.09.2013,            Center (CIIC), 27.09.2013, http://german.china.org.cn/
           http://kas.de/china/de/publications/35386 [28.07.2014].          china/2013-09/27/content_30154613.htm [28.07.2014].
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Um Unternehmen Anreize für Investitionen in emissi-                ENERGIESICHERHEIT VOR KLIMASCHUTZ?
onsarme Produktionsverfahren zu geben, wurden seit
2013 sieben regionale Pilot-Emissionshandelssysteme                Obwohl die Partei die Bedeutung von Märkten für
(Emission Trading Systems, ETS) eingeführt, ein                    einen effizienten Ressourceneinsatz betont, bleibt die
nationales ETS soll 2016 folgen. Das erste Pilotpro-
                                     6
                                                                   Energie(sicherheits-)politik auch in Zukunft weitge-
jekt startete in Shenzhen, Provinz Guangdong. In                   hend in staatlicher Kontrolle. Denn gerade in den
einem ersten Schritt umfasst es die Verpflichtung                  monopolistischen Strukturen des chinesischen Ener-
für 638 Unternehmen sowie Betreiber von rund 200                   giemarktes ist der Widerstand gegen eine Privatisie-
(vor allem) öffentlichen Gebäuden, CO2-Zertifikate zu              rung / Liberalisierung massiv, und sie zählen eher zu
erwerben. Zusammen kommen sie für 38 Prozent der                   den Bremsern einer Energietransformation.
gesamten Emissionen Shenzhens auf.7 Sie müssen                     Diese hemmenden Kräfte stützen sich dabei auch auf
nun für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, eine                    das Argument der Energiesicherheit. Denn bis 2030
entsprechende Berechtigung vorweisen, einige davon                 könnte der Anteil des zu importierenden Öls auf bis zu
bekommen sie kostenlos zugeteilt. Stoßen sie mehr                  75 Prozent des Inlandverbrauches steigen (rund acht
Klimagase aus, müssen sie zusätzliche Emissionszer-                Milliarden Tonnen), sollte es nicht zu einer dramati-
tifikate von anderen Firmen erwerben. Liegen sie mit               schen Energieeffizienzsteigerung kommen. Davon ist
ihren Emissionen darunter, können die Unternehmen                  aber gegenwärtig nicht auszugehen, bzw. die Erfolge
ihre überschüssigen Rechte verkaufen und damit Geld                werden durch den kontinuierlich steigenden Verbrauch
verdienen.8                                                        zunichte gemacht.

Eine zunehmend wichtigere Kraft in der nationalen                  Gegenwärtig ist die Volksrepublik in hohem Maße von
Klimadiskussion stellen die chinesischen NGOs dar.                 Lieferungen aus dem politisch wenig stabilen Nahen
Sie haben auf lokaler Ebene durch eine Vielzahl von                Osten abhängig. Deshalb werden die Bezugsquellen
Aktionen zum Wandel des öffentlichen Bewusstseins                  stärker diversifiziert, z. B. aus Afrika, Lateinamerika
beigetragen. So gibt etwa das Institute of Public                  und Russland / Zentralasien. Auch inländische Res-
and Environmental Affairs (IPE) in Peking Karten zur               sourcen sollen verstärkt gefördert werden. So sind
Umweltverschmutzung (China Pollution Map) heraus,                  neun große Anlagen für Synthetic Natural Gas im
um die Umweltbelastung zu überwachen und Ver-                      Nordwesten Chinas und der Mongolei geplant, um die
schmutzungsquellen zu lokalisieren. Den wirtschafts-               verschmutzten Mega-Citys an der Ostküste Chinas
politischen Rahmen dieser Veränderungen stellt das                 zu entlasten. Die einheimische Kohle bleibt auch in
2011 verabschiedete Fünfjahresprogramm der chinesi-                Zukunft Energieträger Nummer Eins. Allerdings soll
schen Regierung dar (2011 bis 2015), das im Wesent-                der Gesamtkohleverbrauch bis 2020 seinen Höhe-
lichen auch durch die jüngsten Beschlüsse des dritten              punkt erreichen und auf unter drei Milliarden Tonnen,
Plenums des Zentralkomitees der Kommunistischen                    der Ölverbrauch auf unter 650 Millionen Tonnen bis
Partei Chinas vom November 2014 bekräftigt wird.                   zum Jahr 2030 begrenzt werden. In Anlehnung an
Die Transformation der chinesischen Volkswirtschaft                die Erdgas-Förderung durch Fracking in den USA lotet
soll massiv vorangetrieben werden: Laut Li Wei, Leiter             auch China gegenwärtig diese Option aus. Ein erheb-
des einflussreichen Development Research Centers                   licher Beitrag zur Energieversorgung ist aber in den
des Staatsrates, soll sich China bis 2030 in ein Land              nächsten Jahren noch nicht zu erwarten, weil techni-
mit „Sicherheit, viel Grün und Effizienz‟ verwandeln.9             sche Rückstände dem noch entgegenstehen.
Dabei sind aber schon jetzt Zielkonflikte zwischen
sozialer Stabilität, Wirtschaftswachstum und einer                 Auch die neuen Militärkonzeptionen, etwa der Ausbau
„Grünen Wirtschaft‟ erkennbar.                                     der Marinestreitkräfte hin zu Blue-water-Kapazitäten
                                                                   und die Fähigkeit zur Machtprojektion auch außerhalb
                                                                   des engeren regionalen Umfeldes, sind Teil einer
6|   Vgl. Tianbao Qin, „Climate Change and Emission Trading
     Systems (ETS): China′s Perspective and International          neuen Energiesicherheitspolitik Chinas.
     Experience‟, KAS-Schriftenreihe CHINA, Nr. 102 (en)
     Shanghai, 2012.
7|   Jan Willmroth, „Emissionshandel: China probiert ein
     bisschen Klimaschutz‟, Wirtschaftswoche Green,
     04.06.2013, http://green.wiwo.de/emissionshandel-
     chinas-probiert-ein-bisschen-klimaschutz [28.07.2014].
8|   Vgl. „China startet erstmals Emissionshandel‟, Zeit Online,
     18.06.2013, http://zeit.de/wirtschaft/2013-06/China-
     Klima-Emissionshandel [28.07.2014].
9|   Vgl. Fu Peng, „China Focus: China ponders energy
     strategy‟, 13.02.2014, Xinhua, http://news.xinhuanet.
     com/english/china/2014-02/13/c_133112237.htm
     [28.07.2014].
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      VORBILD DEUTSCHLAND?                                      Zusammenarbeit eng auf den Gebieten des Klima-
                                                                schutzes und der regenerativen Energie zusammen.
      Die Diskussionen über die Energiewende und die dazu       Gleichwohl geht das Land auch für die nächsten
      erforderlichen Anpassungen in Deutschland bei den         Jahrzehnte davon aus, dass fossile Energieträger (ins-
      gesetzlichen Rahmenbedingungen, ökonomischen              besondere auch Kohle) und ein steigender Anteil von
      Anreizen und der technischen Infrastruktur werden in      Atomkraft die Basis der eigenen Energieversorgung
      der VR China sehr genau beobachtet. Zwar bestehen         bilden werden. Hier besteht ein fundamentaler kon-
      Zweifel, ob die ambitionierten Einsparungsziele und       zeptioneller Unterschied zur deutschen / europäischen
      der geplante Energiemix im geplanten Zeitrahmen           Energie- und Klimapolitik.
      realisiert werden kann. Gleichzeitig erhofft man sich
      aber aus den Erfahrungen aus Deutschland wichtige
      Impulse für die eigene zukünftige Energiepolitik.
      Die Bundesrepublik Deutschland und die VR China
      arbeiten schon jetzt im Rahmen der bilateralen

      INDIEN
      Lars Peter Schmidt | Mareen Haring                        Spielraum für öffentliche und private Unternehmen.
                                                                Jedoch behindern gerade die politische Komplexität
      Indien als schnell wachsende und aufstrebende Wirt-       und die langjährige Tendenz zu einer sozialistischen
      schaftsmacht mit rund 1,2 Milliarden Einwohnern1 wird     Wirtschaft sowie die von der neuen Regierung deutlich
      in den kommenden Jahren und Jahrzehnten besonders         gemachte Priorität des Energieprogramms als natio-
      drastischen ökologischen Auswirkungen als Folge von       nales Prestigeobjekt die vollständige Liberalisierung
      industriell bedingter Verschmutzung und landesüber-       des indischen Energiesektors, was zu suboptimalen
      greifendem Klimawandel entgegensehen müssen.              Ergebnissen führt.
      Millionen Inder mussten in den letzten Jahren starke
      Schwankungen bei Niederschlag, Temperatur und ver-        In der Regierungszeit von Manmohan Singh als
      mehrte Naturkatastrophen hinnehmen. Weitaus mehr          Premierminister stand Entwicklungs- und Wirtschafts-
      als die Hälfte der indischen Bevölkerung, rund 800        politik für die indische Regierung im Vordergrund.
      Millionen Menschen, arbeiten in der Landwirtschaft        Seit den Parlamentswahlen im Mai 2014 und dem
      und sind somit primär von der Natur und stabilen kli-     folgenden fulminanten Machtwechsel zugunsten von
      matischen Verhältnissen abhängig. Zwar haben die          Narendra Modi und der Bharatiya Janata Party (BJP)
      indische Regierung, Nichtregierungsorganisationen         bleibt abzuwarten, wie die neugebildete Regierung
      sowie Vertreter der Wissenschaft in den letzten Jahren    die nationalen Probleme wie fehlende Infrastruktur
      konzentrierte Anstrengungen unternommen, um Sze-          vor allem in ländlichen Bereichen, vermehrten Ener-
      narien darüber zu entwickeln, inwiefern und in welchen    giebedarf durch eine wachsende Mittelschicht und
      Regionen und Sektoren Indien anfällig für Klimaverän­     die Konsequenzen aus der Umweltverschmutzung
      derungen ist und wie auf diese Herausforderungen          angehen will. Laut Parteimanifest werden die Ent-
      reagiert werden sollte. Verschiedene Eckpfeiler wie der   wicklung der Energie-Infrastruktur und der Human
      National Action Plan of Climate Change (NAPCC), der       Resources sowie neuere Technologien eine zentrale
      State Level Action Plan on Climate Change (SAPCC),        Rolle beim indischen Nuklearprogramm spielen. Laut
      der REDD+-Prozess und die Expert Group on Low             BJP sind die Energieeffizienz und die Konservierung
      Carbon Strategy for Inclusive Growth sollen Indien        wichtige Punkte der Energiesicherheit. Deshalb sollen
      vor dem klimatischen Super-GAU bewahren. Diese            Schritte unternommen werden, um die Potenziale
      Anstrengungen treffen auf oberster Ebene jedoch nur       von Öl, Gas, Hydropower, Windenergie, Kohle und
      auf wenig Umsetzungswillen. Zwar bedingten unzäh-         Kernenergie zu maximieren.2 Es sollen klima- und
      lige Reformen in den vergangenen Jahrzehnten die          umweltbezogene Programme in das Paradigma der
      Transformation von Indiens vorrangig staatseigenem        nationalen Entwicklung integriert werden, jedoch
      Energiesektor zu einem marktorientierten System mit       wird Indien weiterhin daran arbeiten, den Status des

      1|   Republik Indien, Ministry of Home Affaires,          2|   „Election Manifesto 2014‟, http://bjpelectionmanifesto.
           http://www.censusindia.gov.in [31.07.2014].               com/pdf/manifesto2014.pdf [31.07.2014].
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                                                                  In der Klimapolitik werden Sicherheitsgefahren, die
                                                                  durch den Klimawandel verursacht werden, zwar
                                                                  wahrgenommen, diese bilden jedoch kein vorrangiges
                                                                  Thema im Bereich der Sicherheitspolitik. U. a., um den
                                                                  für das Land und für die Energiesicherheit wichtigen
                                                                  Import von Ressourcen nicht zu gefährden, bleibt
                                                                  Indien bei außenpolitischen Konflikten zurückhaltend.
                                                                  Bei der derzeitigen Krim-Krise schlägt sich Indien auf
                                                                  die Seite Russlands: „There are legitimate Russian
Windfarm bei Tirunelveli im südindischen Bundesstaat              and other interests involved and we hope they are
Tamil Nadu.                                                       discussed and resolved.‟5 Eine mögliche Erklärung
                                                                  für dieses Statement könnten die indisch-russischen
Schwellenlands abzulegen. Um die Wirtschaftsleistung              Kooperationen im Energiebereich sein.
zu steigern, wird ausreichend Energie benötigt. Auch
die schnell wachsende Mittelschicht bedarf durch den              M E D I A L E U N D Ö F F E N T L I C H E WA H R N E H M U N G
neugewonnenen Status mehr Energie und trägt zur
Umweltverschmutzung durch Konsum bei. Während es                  Medienberichterstattung zu Umwelt und Klima­
Aufgabe der indischen Bevölkerung und Unternehmen                 wandel in Indien
ist, den wachsenden Energiebedarf im Kontext des
Klimawandels zu kontrollieren, muss die Regierung                 Die mediale Wahrnehmung in Indien zum Thema
den Zugang zu Energie sowie die Energiestabilität                 Klimawandel steigt zunehmend, seitdem das Thema
und Effizienz der Energieversorgung verbessern und                zu einem Anliegen auf der Agenda der nationalen
gleichzeitig die Kohlenstoffemissionen so niedrig wie             und internationalen Politik aufgestiegen ist. Selbst
möglich halten. 2011 bestand der indische Ener-                   nationale Tageszeitungen und verschiedene Magazine
giemix aus 57 Prozent Kohle, 19 Prozent Hydropower,               berichten – teils auch sehr kritisch – über Indiens
zwölf Prozent Biomasse und anderen erneuerbaren                   Strategien auf nationalem und internationalem Parkett
Energien, neun Prozent Gas, zwei Prozent Kernenergie              und regen damit die Bevölkerung zu Debatten und
und ein Prozent Diesel.3 Um die kontroversen Ziele zu             kontroversem Denken an. Laut einer Studie der Yale
erreichen, müssen vermehrt erneuerbare Energien in                University folgen 69 Prozent der indischen Bevölke-
den Energiemix und andere saubere Energien aufge-                 rung den Debatten zu Klimawandel und Umweltprob-
nommen werden.                                                    lemen mindestens sporadisch. Dabei haben die Medien
                                                                  eine große Verantwortung. Mehr als zwei Drittel der
Indien trat 2013 auf Einladung des damaligen Bun-                 Bevölkerung haben ein hohes Vertrauen in Medienaus-
desumweltministers Peter Altmaier dem „Club der                   sagen – nur Expertenmeinungen sind laut Auffassung
Energiewendestaaten‟ bei – zusammen mit Deutsch-                  vieler Inder noch verlässlicher.6
land, Frankreich, Großbritannien, Dänemark, Marokko,
Südafrika, China, Tonga und den Vereinigten Ara-                  Berichterstattung zu Klimawandel und Umweltpro­
bischen Emiraten. Gemeinsames Ziel dieses politi-                 blemen erfolgt laut einer Studie des Centre for Science
schen Zusammenschlusses ist es, den Ausbau der                    and Technology Policy Research (CSTPR) vor allem vor,
erneuerbaren Energien weltweit voranzutreiben. Die                während und nach einer der VN-Klimakonferenzen,
Mitglieder wollen das Thema erneuerbare Energien in               besonders der COP15 in Kopenhagen in 2009, oder bei
Zukunft gemeinsam auf die politische Agenda setzen.               extremen lokalen Wetterbedingungen.7

Trotz des Vorfalls in Fukushima werden Sicherheits-
politik und Klimapolitik von der indischen Regie-
rung weiterhin überwiegend getrennt voneinander
betrachtet – durch neue Kernkraftwerk-Projekte sollen             5|   Vgl. „Putin thanks India for its stand on Ukraine‟,
                                                                       The Hindu, 18.03.2014, http://thehindu.com/news/
bis 2050 25 Prozent der Elektrizität aus Kernkraft-
                                                                       international/world/putin-thanks-india-for-its-stand-on-
werken stammen.4                                                       ukraine/article5800989.ece [31.07.2014].
                                                                  6|   Anthony Leiserowitz und Jagadish Thaker, „Climate
                                                                       Change in the Indian Mind‟, Yale Project on Climate
                                                                       Change Communication, http://environment.yale.edu/
3|   U.S. Energy Information Administration, „India. Overview‟,        climate-communication/files/Climate-Change-Indian-
     26.06.2014, http://eia.gov/countries/cab.cfm?fips=in              Mind.pdf [31.07.2014].
     [31.07.2014].                                                7|   Vgl. Maxwell T. Boykoff und Ami Nacu-Schmidt, Coope-
4|   World Nuclear Association, „Nuclear Power in India‟,              rative Institute for Research in Environmental Sciences
     30.07.2014, http://world-nuclear.org/info/Country-                (CIRES), Center for Science and Technology Policy
     Profiles/Countries-G-N/India [31.07.2014].                        Research (CSTPR), University of Colorado, 2013.
118

          ABB. 1: BERICHTERSTATTUNG ÜBER DEN KLIMAWANDEL GROSSER INDISCHER ZEITUNGEN

                         in Anzahl Beiträge
        300
                           The Hindu
                           The Times of India
                           The Hindustan Times
                           The Indian Express
        200

        100

              2000          2002           2004           2006           2008           2010          2012           2014

      Quelle: L. Gifford et al., „World Newspaper Coverage of Climate Change or Global Warming, 2004-2014‟, Center for Science
      and Technology Policy Research, Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences (CIRES), University of Colorado,
      2014, in: International Collective on Environment, Culture & Politics, http://sciencepolicy.colorado.edu/icecaps/research/
      media_coverage/india [28.07.2014].

      Medien und Politik                                             Lokale Umweltprobleme

      In den Medien wird eine klare Verbindung zwischen              Doch nicht nur internationale Verhandlungen wecken
      Umwelt und den Themen Wachstum, Handel und                     das Interesse der Medien – vermehrt, wenn auch nicht
      Außenpolitik gezogen. Gerade die internationale                übermäßig, werden lokale und regionale Umweltpro-
      Klimadebatte und die letzten VN-Klimakonferenzen               bleme behandelt. Der Trend zur Berichterstattung
      wurden in indischen Medien intensiv behandelt und              über umweltschädliche Lokal-Projekte wie Bergbau in
      der Standpunkt, keine verbindlichen Ziele eingehen             grundwasserabhängigen Gebieten bringen die lokalen
      zu wollen, vehement unterstrichen. Die indischen               Probleme auf eine nationale Plattform und erregen
      Medien spiegelten die Positionierung ihres Landes zu           bundesstaatsübergreifend kurzfristig Aufmerksamkeit.
      einem Großteil wider, die besagt, dass die historische         Trotz der vermehrten Berichterstattung werden lokale
      Verantwortung die Grundlage für die Bestimmung der             Themen zu Umweltproblemen und Klimawandel in den
      Verantwortung jedes einzelnen Landes für das globale           Medien schnell wieder fallengelassen, und nur selten
      Klimaregime sein sollte. Den meisten indischen Medi-           wird das Problem von der politischen Ebene aufge-
      enberichten liegt das Prinzip der gemeinsamen, aber            griffen. Indische Medien haben hier einen Auftrag –
      differenzierten Verantwortung über den Klimawandel             durch gezielte Berichterstattung zu klimarelevanten,
      zugrunde. Entwicklungsländer, so die Medien, sollten           lokalen Problemen wird das Interesse der betroffenen
      keine verbindlichen Zusagen abgeben müssen, da ihre            Gemeinschaft geweckt und durch Persistenz wird das
      historischen Emissionen im Vergleich zur entwickelten          Thema zuerst auf die lokale politische Ebene gehoben,
      Welt geringfügig seien. Derartige Verpflichtungen              anschließend auf die nationale. So können die Medien
      würden zudem das Wirtschaftswachstum behindern.                ihren Beitrag zu einer nachhaltigen Umweltpolitik
      In Anbetracht der vorrangigen Anstrengungen, die               leisten.
      Grundbedürfnisse der Bevölkerungen zu befriedigen,
      sehen die indischen Medien derartige Schritte deshalb
      ausgesprochen skeptisch. Der große Konflikt in der
      Klimapolitik verläuft zwischen Industrie- und Ent-
      wicklungsländern, wobei sich Indien mit der Seite der
      Entwicklungsländer solidarisiert hat und die Positionen
      der Entwicklungsländer und der Industrienationen als
      unvereinbar gelten.
119

INDONESIEN

Jan Woischnik                                              wirkungen des Klimawandels wie beispielsweise die
                                                           großen Fluten oder das Mangrovensterben. Eine Aus-
2014, im indonesischen Superwahljahr der Präsi-            nahme bilden die Medien der Hauptstadt Jakarta. Dort
dentschafts- und Parlamentswahlen, wird besonders          gibt es bedeutende englischsprachige Tageszeitungen,
augenfällig, wie wenig das Thema Klimawandel bislang       die sich oft und eingehend mit Themen des Klimawan-
auf der allgemeinen politischen bzw. öffentlichen          dels auseinandersetzen. Diese erreichen jedoch nur
Agenda angekommen ist. Seit der VN-Klimakonferenz          eine kleine gebildete Elite, die in ausreichendem Maße
auf Bali 2007 ist das Bewusstsein der Bevölkerung für      Englisch verstehen kann.
das Thema zwar gestiegen. Auch wurden einige Regu-
larien entwickelt wie beispielsweise der National Action   E N E R G I E S I C H E R H E I T U N D K L I M AWA N D E L
Plan on Emission Reduction (RAN-GRK), basierend
auf den an die UNFCCC abgegebenen Schwerpunkten            Energiesicherheit verdrängt aufgrund der Maxime
(Nationally Appropriate Mitigation Action, NAMA).          „Energiesicherheit vor Umwelt‟ den Klimawandel in
Diese formalen Schritte sind jedoch hauptsächlich          der politischen Diskussion. Daher werden die beiden
dazu gedacht, Indonesien international Geltung zu          Themen nur ungenügend im Zusammenhang dis-
verschaffen. Auf Provinz- und lokaler Ebene ist das        kutiert. Es werden weiterhin neue Kohlekraftwerke
Thema nicht Priorität. Positiv zu verzeichnen sind         gebaut, Forstlandschaften zu Nutzland umgewandelt
dagegen immer häufiger zu beobachtende öffentlich-         oder zu Bergbauzwecken gerodet. Gerade die Entwal-
keitswirksame Aktionen der Zivilgesellschaft wie die so    dung großer Flächen ist immer noch das Kernproblem
genannten „Bike-to-work‟-Tage, die „Earth Hour‟, die       Indonesiens. Bis heute konnte diese nicht gestoppt
„Plastic Diet‟ oder der „My Baby Tree‟. Die Initiatoren    werden, obwohl sie immer noch für 59,4 Prozent der
haben es damit geschafft, landesweit Aufmerksamkeit        nationalen Emissionen verantwortlich ist. Hier spielen
auf sich zu ziehen – auch in den Medien.                   vor allem die Torfmoorböden eine wichtige Rolle, da
                                                           sie bedeutend mehr CO2 speichern als andere Bio-
Von den Parteien werden die Themen Klimawandel             masse. Diese gehen durch Waldrodung verloren,
und Naturschutz dagegen nicht angesprochen. Keine          beziehungsweise reduzieren sich signifikant bei
der zwölf zur Parlamentswahl am 9. April zugelas-          Bepflanzung mit Ölpalmen. Die Interessen der Wirt-
senen Parteien hat sich im Wahlkampf mit dem Thema         schaft stehen hier immer noch klar über Umweltin-
Klimawandel auseinandergesetzt – obwohl Indone-            teressen. Die politische Debatte zu einer Umstellung
sien mit seinen rund 17.000 Inseln besonders von           auf umweltfreundlichere Varianten der Energiepro-
den Auswirkungen betroffen ist. Das gleiche gilt für       duktion wird immer noch von wirtschaftlichen Motiven
die verschiedenen Bewerber um das Amt des indo-            bestimmt und weniger vom Willen zu einer nachhal-
nesischen Staatspräsidenten. Bei einer Studie des          tigeren Energiepolitik. Es zählt die Effizienz neuer
indonesischen Umweltforums WALHI, durchgeführt im          Technologien, nicht deren positive Bedeutung bei der
März 2014, zeigte sich, dass nur sieben Prozent aller      Emissionsreduktion.
6.561 für die Parlamentswahlen gelisteten Kandidaten
das Thema Umwelt überhaupt in ihrer Wahlkampf­             Indonesien als ein mit reichhaltigen Ressourcen aus-
agenda thematisieren. Dies ist umso bedenklicher, als      gestattetes Land sieht sich von dem globalen Problem
für Indonesien die Folgen des Klimawandels immer           knapper werdender Rohstoffe kaum bedroht. Nur
offensichtlicher werden. Gab es im Jahr 2012 noch          etwa die Hälfte des jährlich in Indonesien geförderten
475 Fälle von Naturkatastrophen, so stieg die Zahl         Erdgases wird für den Eigenbedarf verwendet, der
derselben im Jahr 2013 auf 1.392 an. Dies entspricht       Rest exportiert. Das Land gewinnt bis heute 87 Pro-
einem Anstieg um 293 Prozent in nur einem Jahr.            zent seiner Energie aus fossilen Energieträgern,
Hinzu kommt, dass die Chancen auf einen Wahlsieg           9,9 Prozent entstammen Wasserkraftwerken und
jener sieben Prozent schlecht stehen, da sie meist         Geothermalenergiequellen, 3,1 Prozent kommen aus
kleinen, unbedeutenden Parteien angehören.                 der Verwendung anderer erneuerbarer Energiequellen.
                                                           Insbesondere große Kohle- und Erdgasvorkommen –
Indonesischsprachige Medien setzen sich mit dem            Indonesien ist weltweit zweitgrößter Steinkohleexpor-
Thema Klimawandel nur selten auseinander. Immerhin         teur – erlauben es Indonesien, diese beiden Ener-
wird spezifischen Projekten und Initiativen wie REDD       gieträger prioritär zu verwenden. Indonesien verfügt
und REDD+ eine gewisse mediale Aufmerksamkeit              über 40 Prozent der weltweit verfügbaren Geotherma
zuteil. Das gleiche gilt für die unübersehbaren Aus-       lenergie, ein Potenzial, das bisher, wie oben gezeigt,
120

      nicht ausreichend genutzt wird, da das Bewusstsein           Unter Indonesiens Präsident Yudhoyono hat sich das
      für nachhaltigere Formen der Energieproduktion bei           Land – Indonesien ist weltweit viertgrößter Emittent
      vielen Entscheidungsträgern noch nicht angekommen            von Treibhausgasen – aktiv in die multilaterale Klima-
      ist.                                                         politik eingebracht. Yudhoyono hat den Klimaschutz
                                                                   zu einem der Kernthemen seiner Regierungsarbeit
      I N T E R N AT I O N A L                                     gemacht. Unter ihm präsentierte sich Indonesien als
                                                                   Gastgeberland wichtiger internationaler Konferenzen
      Die EU als weltweit drittgrößter Emittent von Treib-         wie der VN-Klimakonferenz 2007 auf Bali und der
      hausgasen und ambitionierter Akteur in Sachen                ersten Weltozeankonferenz 2009 auf Sulawesi. Im
      Klimapolitik wird von der indonesischen Regierung als        April 2011 war die Hauptstadt Jakarta Gastgeberin
      Partner im Kampf gegen den Klimawandel wahrge-               des fünften Business for Environment-Gipfeltreffens,
      nommen. Indonesien sieht die EU hier vor allem als           der weltweit wichtigsten Konferenz zu wirtschaftsori-
      Unterstützer der eigenen Bemühungen im Zuge der              entiertem Umweltschutz. Von Aktivisten wird dennoch
      UNFCCC-Projekte. Die Regierung Indonesiens erwartet          kritisiert, dass der internationalen Profilierung keine
      sich technische und finanzielle Hilfe aus den entwi-         ausreichenden Reformen im Inland folgen. Es besteht
      ckelten Ländern der EU. Es wurden in der Vergangen-          der Eindruck, dass es Yudhoyono in erster Linie darum
      heit mehrere Abkommen unterzeichnet wie beispiels-           ging, seinem Land international ein gutes Image zu
      weise der im Oktober 2013 ratifizierte Vertrag zur           verschaffen.
      Bekämpfung illegaler Abholzung in Indonesien.
                                                                   Wichtigster internationaler Beitrag Indonesiens zur
      Die deutsche Energiewende ist – wenn überhaupt –             UNFCCC ist die Teilnahme am REDD+-Projekt der
      nur Fachleuten bekannt. Insofern wird auch Deutsch-          Vereinten Nationen. Die Vereinten Nationen genießen
      lands Vorreiterrolle im Zuge der Energiewende nur            in Indonesien auf dem Gebiet der Klimapolitik hohes
      sehr bedingt wahrgenommen. Indonesien plant trotz            Ansehen und werden von indonesischen Regierungs-
      großer Risiken den Bau zweier Atomkraftwerke auf der         verantwortlichen als Schlüsselinstitution zur Bekämp-
      Insel Java. Dies wird von Aktivisten scharf kritisiert;      fung des Klimawandels angesehen. Daher beteiligt
      nicht nur aufgrund der geografischen Lage Indone-            sich Indonesien mit großem Engagement seit dem
      siens, sondern auch vor dem Hintergrund terroristi-          Jahr 2007 aktiv an den REDD- und REDD+-Projekten,
      scher Bedrohungen.                                           den zentralen globalen Instrumenten zur Reduktion
                                                                   von durch Entwaldung verursachten Treibhausgasen.

             REDD+

             REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation          gründe hierfür sind rechtlicher Art, die Zuständig-
             and Degradation) ist ein Klimaschutzinstrument,       keiten der verschiedenen Behörden auf nationaler,
             das die Erhaltung großflächiger Wälder als Kohlen-    Provinz-, Distrikt- und lokaler Ebene sind unklar
             stoffspeicher finanziell attraktiv machen soll. Von   bzw. widersprüchlich geregelt und überlappen
             der norwegischen Regierung mit einer Milliarde        sich zum Teil. Hinzu kommen Schwierigkeiten bei
             US-Dollar unterstützt, sollen damit vor allem die     der Umsetzung des 2011 erlassenen Moratoriums
             Torfmoorböden Zentralkalimantans und Suma-            gegen Entwaldung von Primärwald sowie die Ver-
             tras geschützt werden. REDD+ ist zudem das            weigerungshaltung vieler großer Firmen. Genau
             wichtigste Instrument, um Yudhoyonos Ziel einer       dies, die Inanspruchnahme der Wirtschaft für den
             Reduktion der CO2-Emissionen um 26 Prozent bis        Naturschutz, war ein großes Ziel der Klimakon-
             zum Jahr 2020 zu erreichen. Das Projekt steht         ferenz in Warschau im Herbst 2013. Immerhin
             noch vor vielen ungelösten Herausforderungen.         haben sich zwei wichtige Akteure, Nestlé und Asia
             Bis dato wurden nur 50 Millionen US-Dollar aus        Pulp & Paper, zu einer Nulltoleranz beim Thema
             dem eine Milliarde zählenden Fond an Projekte in      Entwaldung verpflichtet. Auch andere große
             Zentralkalimantan übergeben. Grund dafür ist die      Firmen in Indonesien ändern mittlerweile ihre
             schleppende Umsetzung seitens der indonesischen       Geschäftsprinzipien, da sie international schlechte
             Verantwortlichen. Es wird mittlerweile absehbar,      Presse fürchten.
             dass das 26-Prozent-Ziel verfehlt wird. Die Haupt-
121

J A PA N
Paul Linnarz

Japan ist der viertgrößte Inselstaat der Erde und mit
seinen rund 127 Millionen Einwohnern die drittgrößte
Industrienation weltweit. Die wichtigsten Quellen zur
Energiegewinnung waren bis 2010 / 2011 die Atom-
kraft (ca. 30 Prozent), Gas (ca. 30 Prozent), Kohle
(ca. 23 Prozent), Öl (ca. fünf Prozent) und Wasserkraft
(ca. acht Prozent). Sonstige erneuerbare Energien
(Solar, Wind, Biomasse u. a.) spielten nur eine sehr
untergeordnete Rolle. Da Japan fast keine eigenen
Rohstoffe zur Energiegewinnung besitzt, muss der
weitaus größte Teil an fossilen Brennstoffen importiert
werden.

In Folge der Reaktorkatastrophe von Fukushima im
März 2011 hat Japan seine 48 kommerziellen Atom-                   Geothermiekraftwerk in der Präfektur Iwate.
kraftwerke für Wartungsarbeiten und Sicherheitstests
vom Netz genommen. Die Energielücke konnte nur
mit erheblichen Einsparungen beim Stromverbrauch                   andersetzung um die Rolle Chinas als militärischer
und mit einer drastischen Ausweitung der Importe von               Machtfaktor in der Region stehen auch vor diesem
Öl, Gas und Kohle überbrückt werden. Deren Anteil                  Hintergrund.
am Energiemix betrug 2013 / 2014 zusammen etwa
90 Prozent. Am stärksten nahmen 2013 die Gasim-                    Seit April 2014 bereitet sich die japanische Regierung
porte (+ 17,5 Prozent) zu. Der Stromverbrauch lag                  mit einem neuen Energieplan deshalb darauf vor,
im Sommer letzten Jahres fast zehn Prozent oder 17                 die ersten Atomreaktoren unter strengeren Sicher-
Gigawatt unter dem von 2010. Das Einsparvolumen                    heitsauflagen wieder in Betrieb zu nehmen. Das löst
entsprach in etwa der Leistung von 15 Atomreaktoren.               einen Teil der Probleme, verschärft aber andere. Zu
                                                                   den Herausforderungen gehört, dass Japan über kein
D E R E N E R G I E N OT S TA N D N A C H D E R                    Endlager für Atommüll verfügt. Schon jetzt sind etwa
F U K U S H I M A- K
                   ­ ATA S T R O P H E T R I F F T D A S L A N D   17.000 Tonnen an verbrauchten Brennstäben zur spä-
ERHEBLICH                                                          teren Entsorgung in den Abklingbecken der Reaktoren
                                                                   untergebracht.
Erstens hemmt er den Ende 2012 von Premierminister
Shinzo Abe eingeleiteten wirtschaftlichen Reformpro-               Zudem will die Regierung in Tokio die Energieversor-
zess („Abenomics‟). Dieser stützt sich unter anderem               gung des Landes dezentralisieren und die Produktion
auf eine lockere Geldpolitik und eine Abwertung des                und Verteilung von Strom spätestens bis 2020 organi-
Yen. Davon profitiert die japanische Exportwirtschaft.             satorisch voneinander trennen. Die neuen Strukturen
Denn ihre Güter werden im Ausland preiswerter.                     sollen bei einem neuerlichen Energienotstand eine
Umgekehrt steigen jedoch die Kosten für Importe,                   stabile Stromversorgung sicherstellen.
somit auch für die Einfuhr von Kohle, Gas und Öl.
Neben einem Rekorddefizit in der Handelsbilanz lag                 Da Japan ohne Atomstrom gezwungen war, seine Wär-
vor allem aus diesem Grund auch die Leistungsbilanz                mekraftwerke hochzufahren und in deutlich größerem
des Inselstaates bis Februar 2014 monatelang im                    Umfang mit fossilen Brennstoffen zu befeuern, gilt
Minus.                                                             die Erhöhung der CO2-Emissionen von 300 Millionen
                                                                   im Fiskaljahr 2010 / 2011 auf 400 Millionen Tonnen in
Da Japan zweitens ohne eigene Atomkraft bei der                    2012 / 2013 als unvermeidbar. Das vor gut vier Jahren
Energieproduktion derzeit nahezu vollständig von                   verkündete Ziel, im Jahr 2020 ein Viertel weniger
Brennstofflieferungen aus dem Ausland abhängig                     Treibhausgase auszustoßen als 1990, wurde von der
ist, berühren direkte oder indirekte Konflikte mit den             japanischen Regierung im November 2013 bei den
Zuliefererstaaten, Lieferengpässe und plötzliche Preis-            Klimaschutzverhandlungen in Warschau als „unrealis-
steigerungen auf den Weltmärkten die Energiesicher-                tisch‟ zurückgezogen.
heit des Landes unmittelbar. Die Territorialkonflikte
im ost- und südchinesischen Meer und die Ausein-
122

      Die öffentliche Diskussion über den weltweiten Klima-    Yokohama einzuladen. Jedenfalls fand das IPCC mit
      wandel ist hinter die Debatte über die direkten und      seinen Empfehlungen diesmal auch in den japanischen
      indirekten Folgen der Fukushima-Katastrophe für die      Medien eine beachtliche Aufmerksamkeit.
      Energieversorgung und wirtschaftliche Entwicklung
      des Landes teilweise zurückgetreten. In der Politik      Laut den Ergebnissen der Analyse im Globality Studies
      und in den japanischen Medien konzentriert sich die      Journal verwenden die japanischen Medien etwas
      Auseinandersetzung auf die hohe Abhängigkeit von         mehr als die Hälfte ihrer Berichterstattung auf interna-
      Energieimporten, die wirtschaftlichen Auswirkungen       tionale Fragen zum Klimawandel. Damit liegt Nippon
      steigender Preise bei der Energieversorgung und die      leicht über dem weltweiten Durchschnitt von 50 Pro-
      Risiken einer Wiederinbetriebnahme der japanischen       zent. Themen im Zusammenhang mit den wirtschaft-
      Atomkraftwerke gut drei Jahre nach der Havarie von       lichen und ökologischen Auswirkungen des Klimawan-
      Fukushima.                                               dels oder dem zivilgesellschaftlichen Engagement zum
                                                               Schutz gegen die globale Erwärmung finden in Japan
      Die europäische Klima- und Energiepolitik wird in        hingegen deutlich weniger Beachtung als beispiels-
      Japan deshalb zwar wahrgenommen, obwohl es               weise in Taiwan, Korea oder Indien. 2007 bis 2008
      gerade um das Thema „Energiewende in Deutschland‟        betrug der Anteil dieser Themen an der japanischen
      spätestens seit 2012 deutlich stiller geworden ist;      Berichterstattung über den Klimawandel weniger als
      insgesamt gilt Europa aktuell aber nur eingeschränkt     30 Prozent im Vergleich zu fast 60 Prozent im welt-
      als Beispiel. Die besonders erschwerte Lage nach der     weiten Durchschnitt.
      Fukushima-Katastrophe ist dafür ein Grund. Daneben
      wären für eine regelrechte Energiewende erhebliche       Das heißt nicht, dass der Klimawandel in der japani-
      Investitionen erforderlich. Denn das Stromnetz des       schen Öffentlichkeit keine Rolle spielt. Das Gegenteil
      Inselstaates ist nicht mit den Nachbarländern ver        ist der Fall.
      bunden und Japan teilt sich in eine Netzregion mit 50
      und mit 60 Hertz.                                        Nach der Mitte 2013 vom US-amerikanischen Pew
                                                               Research Center veröffentlichten „Global Attitudes‟-
      Was die öffentliche Aufmerksamkeit für die Rolle         Umfrage sind 72 Prozent aller Japaner besorgt über
      der Vereinten Nationen im Klimadiskurs angeht, ist       den globalen Klimawandel. Noch größer sind die
      zu unterscheiden zwischen den wissenschaftlichen         Befürchtungen nur vor dem wachsenden Einfluss der
      Erkenntnissen und Empfehlungen des IPCC und den in       Volksrepublik China (74 Prozent) und dem nordkore-
      der UNFCCC festgelegten Normen bzw. der Diskussion       anischen Atomprogramm (77 Prozent). Von allen bei
      über die konkreten Emissionsziele (Kyoto-Protokoll).     der Umfrage berücksichtigten asiatischen Ländern hat
                                                               nur Südkorea (85 Prozent) noch mehr Angst vor dem
      Für den letzten Aspekt gilt, dass die japanischen        Klimawandel als das benachbarte Japan.
      Medien der dritten VN-Klimakonferenz (COP3) schon
      aufgrund von Kyoto als Tagungsort 1997 überdurch-        Fast 70 Prozent aller Japaner halten eine Reduzierung
      schnittlich hohe Aufmerksamkeit geschenkt haben.         des Energieverbrauchs nach Angaben des Umwelt-
      Nach einer Mitte 2013 im Globality Studies Journal       ministeriums (2013) heute überdies für wichtiger als
      veröffentlichten Analyse der Universität von Minnesota   vor der Erdbeben-, Tsunami- und Reaktorkatastrophe
      markierten die darauffolgenden VN-Klima­konferenzen      von 2011. Über die Hälfte der Bevölkerung misst den
      und generell der Aspekt des policy-making auch in        erneuerbaren Energien eine höhere Bedeutung bei als
      den Folgejahren (2007 bis 2008 mit einem redaktio-       früher. Nach einer Umfrage der Tageszeitung Asahi
      nellen Anteil von über 70 Prozent) den Schwerpunkt       Shimbun vom März 2014 sind überdies fast 60 Prozent
      der japanischen Berichterstattung über Klimafragen       der japanischen Bevölkerung gegen eine Wiederinbe-
      und die Rolle der Vereinten Nationen.                    triebnahme der Atomreaktoren.

      Über die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Weltkli-    Unter dem Gesichtspunkt der Marktentwicklung wird
      marats hat die japanische Presse mit Ausnahme von        der Bereich Umwelt- und Klimaschutz von der japani-
      2007 (Verleihung des Friedensnobelpreises an das         schen Wirtschaft als aussichtsreich bewertet. Während
      IPCC) im Vergleich dazu deutlich weniger berichtet.      die Erwartungen für das Segment Ende 2012 insge-
      Das mag gerade unter den besonders erschwerten           samt noch negativ (- 9) waren, lag der vom Umwelt-
      Bedingungen nach der Havarie von Fukushima und im        ministerium in Tokio aufgestellte Stimmungsindex
      Diskussionsprozess über den künftigen japanischen        bereits ein Jahr später bei + 9 Punkten. Unternehmen,
      Energieplan einer der Gründe dafür gewesen sein,         die selbst im Umweltbereich tätig sind, bewerteten die
      die Mitglieder des Weltklimarates für die Abschlussar-   Aussichten mit neun (2012) bzw. 17 (2013) Punkten
      beiten an ihrem jüngsten Bericht im März 2014 nach       überdurchschnittlich positiv. Sie versprechen sich von
123

der Geschäftstätigkeit und von Investitionen zum                    (feed-in tariff) für erneuerbare Energien. Auf dieser
Klimaschutz im Vergleich zu anderen Sektoren (z. B.                 Grundlage hat Japan seine Solarstromkapazität allein
Abfallmanagement) die größten Potenziale. Hier ver-                 im letzten Jahr fast um ein Drittel auf jetzt mehr als
besserte sich die Stimmung von 18 (2012) auf zuletzt                zwölf Gigawatt ausbauen können. Bei Strom aus Son-
27 (2013) Indexpunkte. Für 2023 wird ein Wert von                   nenenergie zählt das Land inzwischen zu den wachs-
36 Punkten vorausgesagt.                                            tumsstärksten Märkten weltweit. Die Nutzung von
                                                                    Windkraft aus Offshore-Anlagen soll in Japan weiter
Die positiven Erwartungen der japanischen Umwelt-                   ausgebaut werden. Bis 2030 soll der Anteil der erneu-
unternehmen resultieren unter anderem aus den im                    erbaren Energien inklusive Wasserkraft am Energiemix
Sommer 2012 eingeführten Einspeisevergütungen                       mehr als 20 Prozent betragen.

K A S A C H S TA N

Barbara Janusz-Pawletta | Amos R
                               ­ eginald Helms                      (sechs Prozent) diskutiert. Die Landespolitiker gelten
                                                                    als diejenigen, die am wenigsten über das Thema
A U S W I R K U N G E N D E S K L I M AWA N D E L S U N D I H R E   besorgt sind (zwei Prozent). Jedoch erwarten 40 Pro-
WA H R N E H M U N G I N D E R G E S E L L S C H A F T              zent der Befragten von der Regierung, der Erforschung
                                                                    und Lösung dieses Problems mehr Aufmerksamkeit
In Kasachstan sind durch ernsten Klimawandel                        zu widmen. Etwa 53 Prozent der Befragten beurteilen
verbundene Risiken bereits erkennbar. Periodische                   die Aufmerksamkeit seitens der Regierung als formell
Hitzewellen haben inzwischen die Übertragungsnetze                  und vermissen aktive Maßnahmen. Zur gleichen Zeit
von Kasachstan belastet.1 Steigende Defizite der                    wurde die aktive Politik der europäischen Länder, den
Wasserressourcen und die erwarteten Wetterbedin-                    Klimawandel zu verhindern, positiv von einem Drittel
gungen wirken sich bereits auf die Agrarindustrie aus.2             der Befragten (34 Prozent) beurteilt und fast 50 Pro-
Der Klimawandel beeinträchtigt auch die mensch-                     zent der Menschen in Kasachstan äußerten sich positiv
liche Gesundheit3 und die natürlichen Ökosysteme in                 über die deutsche Energiesparpolitik, die Nutzung
Kasachstan.                                                         alternativer Energiequellen und die Verringerung der
                                                                    Kernenergienutzung.
Die Mehrheit der Menschen in Kasachstan (83 Prozent)
hat in den letzten Jahren Klimaänderungen bemerkt.                  S T R AT E G I S C H E V E R S T R I C K U N G D E R K L I M A-
Darüber hinaus sind 43 Prozent ernsthaft besorgt über               U N D E N E R G I E P L Ä N E I N D E R S TA AT S P O L I T I K
die möglichen Folgen. Fast 40 Prozent bewerten die
Klimaveränderungen jedoch nicht als gravierend.4 Der                Die Unsicherheit über die Klimaänderungsszenarien
Meinung der Menschen in Kasachstan nach, werden                     für Kasachstan folgt aus der Unsicherheit über die
die Probleme des Klimawandels vor allem in der                      sich ändernden Szenarien der Treibhausgaskonzen-
Gesellschaft (41 Prozent), Medien (17 Prozent), sozi-               tration. Das Land hat einen der höchsten Werte der
alen Netzwerken (11 Prozent) und in den Umwelt-NGO                  Welt für die Emissionen pro BIP-Einheit. Vor allem
                                                                    wegen des blühenden Energie- und Bergbausektors
                                                                    bleiben erneuerbare Energiepotenziale weitgehend
1|   Vgl. Marianne Fay, Rachel Block und Jane Ebinger, „Adap­
                                                                    unerschlossenen.5 Das neue politische Ziel ist aber:
     ting to Climate Change in Eastern Europe and Central
     Asia‟, Weltbank, 01.06.2009, http://worldbank.org/eca/         Kasachstan soll regionaler Vorreiter bei der Förderung
     climate/ECA_CCA_Full_Report.pdf [31.07.2014].                  eines Grünen Wachstums werden.
2|   Vgl. Republik Kasachstan, Ministry of Environment
     Protection, „Kazakhstan’s Second National Communi-
     cation to the Conference of the Parties of the United
     Nations Framework Convention on Climate Change‟,
     2009, http://unfccc.int/resource/docs/natc/kaznc2e.pdf
     [31.07.2014].
3|   Ebd.
4|   Demoscope (The Bureau for Express Monitoring of Public
     Opinion), „83% of people in Kazakhstan know about
     climate changes, while 43% being seriously concerned           5|   Marton Kruppa, „Kazakhstan to launch carbon market
     about it‟, 31.03.2014, http://demos.kz/eng/index.php?               next year‟, Thomas Reuters Point Carbon, 12.04.2012,
     article=25 [31.07.2014].                                            http://pointcarbon.com/news/1.1825513 [31.07.2014].
124

                                                                     Übergang Kasachstans zu einer Grünen Wirtschaft‟
                                                                     wurde in Mai 2013 als eine Antwort auf die Rio+20-
                                                                     Konferenz im Jahr davor entwickelt.9 Ein wichtiger
                                                                     Mechanismus zur Entwicklung der Grünen Wirtschaft
                                                                     war die Initiative des kasachischen Präsidenten „Die
                                                                     Grüne Brücke‟, unterstützt von der Rio+20-Konfe-
                                                                     renz.10 Es könnte als mögliches Modell für die regio-
                                                                     nale Entwicklung in nachhaltiger Energie dienen. Ein
                                                                     wesentlicher Teil der Grünen-Brücke-Initiative soll in
                                                                     der Weltausstellung Expo liegen, die zum ersten Mal in
      Am Rande des West-Altai trainieren kasachische Feuerwehr­      der kasachischen Hauptstadt Astana unter dem Motto
      einheiten die Bekämpfung von Wald- und Flächenbränden,         „Energie der Zukunft‟ in 2017 stattfindet. Ein nati-
      die durch Hitzewellen zunehmen.
                                                                     onales Konzept zur Anpassung an den Klimawandel
                                                                     bleibt als Entwurf.
      Erneuerbare Energieprojekte bieten Kasachstan eine
      der drei aussichtsreichsten Chancen für Emissionsre-           In Bezug auf den institutionellen Kontext des Klima-
      duktion.6 Es gibt ein enormes Potenzial, um beispiels-         wandels in Kasachstan, gibt es keine effektive sektor-
      weise Wind- und Solarenergie zu entwickeln sowie               übergreifende Einheit mit gesamtpolitischen Leitlinien,
      Energieverschwendung zu minimieren. Eines der                  die vorrangige Maßnahmen, Ressourcenallokation
      Pilotprojekte ist der sich im Bau befindende Wind-             und Ergebnisüberwachung bestimmen und dafür
      park in Jereimentau, rund 150 Kilometer östlich von            sorgen, dass Anpassungs- und Klimaschutzpolitik und
      Astana, der u. a. das Messegelände der Expo 2017               Programme umgesetzt würden. Das Ministerium für
      mit Strom versorgen soll. Kasachstans staatlicher              Umwelt und Wasserressourcen ist das zentrale Organ
      Atomkonzern Kazatomprom hat in 2012 in der Nähe                der Koordinierung und Umsetzung der Regierungspo-
      von Astana eine Solarzellen- und Modulfabrik eröffnet.         litik, einschließlich von Fragen des Klimawandels. Die
      Im Rahmen der Entwicklung „sauberer‟ Energien –                Einheiten – die republikanischen Staatsunternehmen,
      wozu in Kasachstan auch Atomkraft gezählt wird –,              JSC „Zhasyl Damu‟ und Kazhydromet – sind für die
      wird Kasachstan sein erstes Atomkraftwerk in Aktau             Vorbereitung der jährlichen Berichte zu Treibhausgas­
      bauen.7 Kasachstan dominiert den Uranweltmarkt mit             emissionen, Bestands- und Klimaauswirkungen, Bewer-
      gut einem Drittel.8 In seiner Atompolitik lässt Kasach-        tung und Reduzierungsforschung zuständig. Eine bes-
      stan, gemäß dem Vertrag über die atomwaffenfreie               sere Koordinierung zwischen den Fachbehörden würde
      Zone in Zentralasien von 2006, keine Verlagerung               helfen, explizite Anpassung und Berücksichtigung in
      atomarer Abfälle aus anderen Ländern zu. Dafür                 die Politik Kasachstans für die Adressierung und Anpas-
      schlägt es die Einrichtung einer nuklearen Brennstoff-         sung an den Klimawandel zu stellen.
      bank vor, die unter der Aufsicht der Internationalen
      Atomenergie-Organisation für eine zivile Nutzung der           N E U E P E R S P E K T I V E N I N U M W E LT­
      Kernenergie in Kasachstan gebaut werden sollte.                ENERGETISCHEN BEZIEHUNGEN ZWISCHEN
                                                                     E U R O PA U N D K A S A C H S TA N
      Es gibt eine Reihe von wichtigen politischen Doku-
      menten von Kasachstan, die strategische Richtungen             Nach wie vor hat die Zusammenarbeit im Energie-
      für die nationalen Klimaschutz- und Anpassungsmaß              bereich Vorrang zwischen Kasachstan und der EU.
      nahmen skizzieren. Die Kasachstan-2050-Strategie               80 Prozent der kasachischen Energie wird nach Europa
      wurde 2012 verabschiedet und beinhaltet einen Fokus            geliefert, was Kasachstan die sechste Stelle als Lie-
      auf den Energiesektor und eine Anerkennung von                 ferant der Energieressourcen in die EU einbringt. Im
      alternativen und erneuerbaren Energiequellen (vor              Falle Deutschlands sieht das Regierungsabkommen
      allem Solar- und Windenergie). Das „Konzept für den            von 2012 über die Partnerschaft in Rohstoff-, Indus-
                                                                     trie- und Technologiebereichen die Zusammenarbeit
                                                                     nach der Formel „Rohstoff gegen Technologien‟ vor.
      6|   Climate Focus, „Option Review for Kazakhstan to Parti-
           cipate in the International Carbon Market‟, 06.01.2010,
           http://ebrd.com/downloads/sector/eecc/kaz.pdf
           [28.07.214].                                              9|   Republik Kasachstan, „Concept for transition of the
      7|   „Kazakhstan seeks Russia’s help to build nuclear power         Republic of Kazakhstan to Green Economy‟, 30.05.2013,
           plant‟, Kazinform, 05.02.2014, http://inform.kz/eng/           http://eco.gov.kz/files/Concept_En.pdf [31.07.2014].
           article/2628074 [31.07.2014].                             10 | Republik Kasachstan, Ministry of Environment Protection,
      8|   „Kasachstans Uranproduktion 2011 um neun Prozent               „Adaptation to Climate Change. Kazakhstan′s Green
           gewachsen – Kazatomprom‟, Ria Novosti, 03.02.2012,             Growth Strategy – ­Astana ‚Green Bridge‛ Initiative‟,
           http://de.ria.ru/business/20120203/262608952.html              http://adbi.org/files/2011.12.14.cpp.day2.sess2.16.
           [31.07.2014].                                                  country.presentation.kazakhstan.pdf [31.07.2014].
125

Bis heute sind deutsche Unternehmen kaum im Abbau                      Germanwatch-Klimaschutz-Index schnitt Kasachstan
von Lagerstätten tätig, sie begleiten kasachische                      unter den 58 größten CO2-Emittenten am schlech-
Firmen zu 50 Prozent technisch und technologisch.                      testen ab.11

Der Rohrstoffhandel als Kern der wirtschaftlichen                      In Kasachstan sollte Anfang Januar 2014 das erste
Beziehungen Kasachstans mit Europa soll nun um                         landesweite Emissionshandelssystem in Asien einge-
die Zusammenarbeit im Bereich der erneuerbaren                         führt werden, und zwar als eines der wichtigsten Ins-
Energien ergänzt werden. Das besondere Interesse                       trumente, um seine Strategie des Grünen Wachstums
Kasachstans gilt dem deutschen Know-how zu geeig-                      und kohlenstoffarmen Wirtschaft zu verfolgen. Das
neten rechtlich-administrativen und ökonomischen                       System umfasst Unternehmen der Energie-, Bergbau-,
Rahmenbedingungen sowie den deutschen Umwelt-                          Chemie- und Verkehrsbranche, die für 80 Prozent des
technologien. Am 8. Februar 2012 wurde eine gemein-                    gesamten Kohlendioxidausstoßes des Landes verant-
same Erklärung zur Vertiefung der Zusammenarbeit                       wortlich ist. Das kasachische Modell wurde auf Basis
im Bereich Energieeffizienz und erneuerbaren Ener-                     des europäischen Emissionshandelssystems entwi-
gien unterschrieben. Gemäß der Erklärung unterstützt                   ckelt, was die Möglichkeit bietet, die beiden Systeme
das Bundesumweltministerium das Umweltministerium                      eventuell zusammenzuschließen.12 Jedoch als Reaktion
Kasachstans beim Aufbau eines nationalen Emis-                         auf die Opposition der großen kasachischen Unter-
sionshandelssystems. Ferner wird die Beratung zu                       nehmen soll die Pilotvariante des Emissionshandels-
erneuerbaren Energien und Anreizinstrumenten für die                   systems nun bis 2015 laufen,13 in der die betroffenen
Förderung von Energieeffizienzinvestitionen vertieft.                  Unternehmen verpflichtet sind, ihre Emissionen ledig-
                                                                       lich zu dokumentieren und in der keine Geldstrafen für
Z E N T R A L A S I AT I S C H E R H O F F N U N G S T R Ä G E R       eine Überschreitung der Menge zugeteilter Zertifikate
D E R M U LT I L AT E R A L E N K L I M A P O L I T I K G E R Ä T      vorgesehen sind.
I N G E FA H R

                                                                       11 | Germanwatch, „Klimaschutz-Index: Die Emissionen
In 2010 hat sich Kasachstan auf freiwilliger Basis
                                                                            steigen weiter – doch es gibt einen Hoffnungsschim-
verpflichtet, bis 2020 seine Treibhausgasemissionen                         mer‟, 18.11.2013, https://germanwatch.org/de/7702
um 15 Prozent unter das Niveau von 1992 zu senken.                          [31.07.2014].
Kasachstan unterzeichnete entsprechende rechtliche                     12 | Vadim Ni, Jelmer Hoogzaad und Darragh Conway, „New
                                                                            Market Mechanism: Will Kazakhstan be the next country
Dokumente wie die UNFCCC aus dem Jahr 1992 und                              to establish a carbon emissions trading shame?‟, Carbon
ratifizierte 2009 das Kyoto-Protokoll. Trotzdem ist das                     Trading Magazine, Vol. 1, Nr. 8., 10 / 2012.
Land heute gemessen an der Wirtschaftskraft einer                      13 | Komila Nabiyeva, „Kasachstan stoppt Emissionshandel‟,
                                                                            Klimaretter, 16.01.2014, http://klimaretter.info/politik/
der größten CO2-Emittenten der Welt und im neuesten                         hintergrund/%ad15479-kasachstan-stoppt-seinen-emis-
                                                                            sionshandel125 [31.07.2014].

KAMBODSCHA

Denis Schrey                                                           betroffen:2 Insbesondere in den Regionen um den
                                                                       Mekong und den Tonle Sap-See gefährden regelmä-
K A M B O D S C H A U N D D E R K L I M AWA N D E L : D I E            ßige und verstärkte Überflutungen die Existenz der
A K U T E B E D R O H U N G D O M I N I E RT D I E Ö F F E N T L I -   Landbevölkerung. Dürren und solche Überflutungen
C H E WA H R N E H M U N G                                             haben zwischen 1996 und 2001 in der Reisproduktion
                                                                       Kambodschas zu einem Ernteausfall von 90 Prozent
Als Entwicklungsland, dessen Wirtschaft maßgeblich                     geführt. Auch Kambodschas Fischereiwirtschaft wird
von Reisproduktion und Fischfang geprägt ist, ist                      in besonderem Maße von den klimatischen Verände-
Kambodscha laut dem aktuellen VN-Klimabericht1                         rungen in Mitleidenschaft gezogen.
besonders stark von dem sich verändernden Klima

                                                                       2|   Vgl. Simon Henderson, „Cambodia At High Risk From
1|   IPCC, Climate Change 2014: Impacts, Adaptation and                     Climate Change, UN Report Says‟, The Cambodia Daily,
     Vulnerability. IPCC Working Group II Contribution to                   01.04.2014, http://cambodiadaily.com/archives/c-55383
     AR5, 2014, http://ipcc.ch/report/ar5/wg2 [28.07.2014].                 [31.07.2014].
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