Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6

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Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
Tapper & Schroer 1979, 46

Aufwertung des Fließgewässers Else
im Siedlungsraum von Bünde

                                        Meier 1996, 6
Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
Aus Gründen einer besseren Lesbarkeit dieser Projektarbeit werden
in den folgenden Beschreibungen die männlichen Begriffsformen
verwendet. Es wird darauf hingewiesen, dass jegliche personen-
bezogenen Bezeichnungen geschlechtsneutral zu verstehen sind.
Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
Fakultät AuL

Master Landschaftsarchitektur und Regionalentwicklung

            Projekt „Schwerpunktsetzung“

                    - WS 2017/18 -

           Betreuer: Prof. Dr. Henrik Schultz

              Alexandra Peitsch 778661
               Stephanie Opp 603884
Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
Hochwasserschutz und Gewässergüte             jedoch nicht rechtzeitig erfüllen und ste-     Bürgerforum, dass die Einwohner sich die
spielen heutzutage bei der Stadt- und Frei-   hen nun zunehmend unter Druck. Für die         bessere Erlebbarkeit der Else wünschen
raumplanung eine zentrale Rolle, da die       Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie           (Stadt Bünde 2017a).
Zustände der Gewässer sich größtenteils       wurde die Frist bis zum Jahr 2027 verlän-      Diese Projektarbeit soll folglich den fol-
in einem schlechten Zustand befinden.         gert, was jedoch auch ein baldiges Han-        genden Fragen nachgehen:
Zur Verbesserung der Gewässerzustände         deln erfordert (Das Europäische Parlament &
und für die Minderung der Hochwasser-         Der Rat der Europäischen Union 2000 & 2007).   - Wie kann der Fluss Else im städtischen Be-
risiken wurden dementsprechend zwei                                                          reich von Bünde aufgewertet werden?
europäische Richtlinien verabschiedet         Die Projektarbeit „Else Erleben – Aufwer-
– zum einen die Wasserrahmenrichtlinie        tung des Fließgewässers Else im Sied-          - Welche Maßnahmen wären unter Be-
(WRRL) und zum anderen die Hochwas-           lungsraum von Bünde“ schließt an diese         rücksichtigung der Europäischen Wasser-
serrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-         Problematik an und hat die Entwicklung         rahmen- und der Hochwasserrisikoma-
RL) (Umweltbundesamt 2014).                   eines Konzepts zur ökologischen und ge-        nagement-Richtlinie erfolgversprechend?
                                              stalterischen Aufwertung des genann-
Die Umsetzung der Maßnahmen zur Erfül-        ten Fließgewässers in Bünde zum Ziel. Als      - Wie kann ein besseres Bewusstsein und
lung dieser gesetzlichen Vorgaben sollte      Untersuchungsgebiet wurde der Bereich          eine erhöhte Wertschätzung für die Else
bis zum Jahr 2015 erfolgen. Viele Kreise      nahe des Stadtzentrums ausgewählt. Erst        bei den Bürgern der Stadt Bünde geschaf-
und Kommunen konnten die Vorgaben             kürzlich (04.10.2017) ergab ein örtliches      fen werden?
Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung							                                4   3 Konzept			        		      46

1.1 Untersuchungsgebiet						                      4    3.1 Typen					             48
1.2 Zielsetzung							                             6    3.2 Maßnahmen 				         50
1.3 Interessen der Stadt Bünde und deren Bürger    7    3.3 Akteure					           60
1.4 Gesetzliche Grundlagen					                    8    3.4 Umsetzung				          64

2 Analyse							                                  10   4 Fazit						 74

2.1 Historie der Stadt Bünde 					                10
2.2 Flächennutzung          					                 12   5 Literaturverzeichnis			   78
2.3 Schutzgebiete							                          14
2.4 Lärm									                                 16
2.5 Gewässersystem Else						                     18
   2.5.1 Eigenschaften					                       18
   2.5.2 Historie						                           20
   2.5.3 Gewässerzustand und -struktur			         24
   2.5.4 Überschwemmungsgebiete		                 28
   2.5.5 Querprofile 					                        30
2.6 Atmosphäre							                             32

                                                                                        1
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Abbildungsverzeichnis
    Abb. 1: Untersuchungsgebiet                                                                               5
    Abb. 2: Bünde um 1880 (Meier 1996, 11)                                                                   10
    Abb. 3: Zigarrenmacherinnen in der Filiale einer Bünder Firma (Tapper & Schroer 1979, 110)               10
    Abb. 4: Tabakspeicher (Müller 2003, 20)                                                                  10
    Abb. 5: Wappen (Meier 1996, 10)                                                                          11
    Abb. 6: Flächennutzung im Untersuchungsgebiet M.: 1:10.000                                               13
    Abb. 7: Schutzgebiete im Untersuchungsgebiet M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)                 15
    Abb. 8: Lärmpegel im Untersuchungsgebiet M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Kreis Herford 2014)               17
    Abb. 9: Einzugsgebiet Weser inkl. Planungsgebiet (bearbeitet nach NordNordWest 2011)                     19
    Abb. 10: Unbegradigte Else (Tapper & Schroer 1979, 39)                                                   20
    Abb. 11: Historischer Verlauf der Else M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)                       21
    Abb. 12: Historie der Else                                                                               22
    Abb. 13: Überschwemmung 1928 (Tapper & Schroer 1979, 42)                                                 23
    Abb. 14: Arbeiten am Flussbett (Tapper & Schroer 1979, 42)                                               23
    Abb. 15: Flussbadeanstalt Bünde - Ennigloh (Tapper & Schroer 1979, 47)                                   23
    Abb. 16: Gewässerzustände in Bünde (bearbeitet nach Wittler 2017)                                        25
    Abb. 17: Grad der Veränderungen der Else im urbanen Gebiet M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)   26
    Abb. 18: Überschwemmungsgebiete M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)                              29
    Abb. 19: Querprofil im Stadtgebiet                                                                       30
    Abb. 20: Querprofil im Landschaftsschutzgebiet                                                           31
    Abb. 21: Querprofil im Naturschutzgebiet                                                                 31
    Abb. 22-27: Impressionen der Vor-Ort-Begehungen in Bünde                                                 33
    Abb. 28: Erster Atmosphären-Abschnitt                                                                    34
    Abb. 29-34: Impressionen des Landschaftsschutzgebiets                                                    35
    Abb. 35: Zweiter Atmosphären-Abschnitt                                                                   36
    Abb. 36-41: Impressionen der Brücken zu den Schutzgebieten                                               37
    Abb. 42: Dritter Atmosphären-Abschnitt                                                                   38

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Abb. 43-48: Impressionen des urbanen Bereichs im Westen   39
Abb. 49: Vierter Atmosphären-Abschnitt                    40
Abb. 50-55: Impressionen der Brücken im urbanen Bereich   41
Abb. 56: Fünfter Atmosphären-Abschnitt                    42
Abb. 57-62: Impressionen des urbanen Bereichs im Osten    43
Abb. 63: Sechster Atmosphären-Abschnitt                   44
Abb. 64-69: Impressionen zum Naturschutzgebiet im Osten   45
Abb. 70: Verortung der Typen M.: 1:10.000                 49
Abb. 71: Flussweite                                       50
Abb. 72: Szenenwechsel                                    51
Abb. 73: „Berme“ in der Flussstadt                        52
Abb. 74: Querprofil der „Berme“                           53
Abb. 75: Querprofil des „Flussstrands“                    54
Abb. 76: „Flussstrand“                                    55
Abb. 77: Flusszone                                        56
Abb. 78: Stadtinseln                                      57
Abb. 79: Querprofil der Stadtinseln                       57
Abb. 80: Umweltbilder                                     58
Abb. 81: Querprofil mit Kiesbänken                        59
Abb. 82: Akteure                                          61
Abb. 83: Schema GEK (Flussgebiete NRW 2018)               65
Abb. 84-86: Impressionen von „ELSErleben“                 76

                                                               3
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1 Einführung
    Einleitend sollen das Untersuchungsgebiet und die Zielsetzung dieser Projektarbeit kurz vorgestellt werden. Außerdem werden die
    Interessen der Stadt Bünde und deren Bürger sowie der rechtliche Rahmen erläutert.

    1.1 Untersuchungsgebiet

    Als Standort wurde die Stadt Bünde             gewisse Zugänglichkeit für Fußgänger           ner näheren Umgebung. Innerhalb des
    (Westf.) ausgewählt. Dort leben derzeit        und Fahrradfahrer wurde bereits in Form        Untersuchungsgebiets lassen sich meh-
    rund 47 500 Einwohner (Stadt Bünde 2017b),     von ufernahen Wegen geschaffen. Dies           rere unterschiedliche Strukturen ausma-
    was den Ort zu einem urbanen Siedlungs-        stellt eine wichtige Voraussetzung dar,        chen. So ist beispielsweise ein Großteil
    raum macht, der im Rahmen dieser Pro-          da der zeitliche Rahmen zur Bearbeitung        der Else im Stadtzentrum stark begradigt,
    jektarbeit größenmäßig zu überblicken          des Projekts begrenzt ist (Müller 2013, 13).   während das Fließgewässer im Osten
    und zu analysieren ist.                                                                       mäandrierend durch ein Naturschutz-
                                                   Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich         gebiet verläuft. Diese unterschiedlichen
    Mitten durch den Stadtkern verläuft der        von der Überquerung der Levisonstraße          räumlichen Strukturen, die sich dennoch
    Fluss Else, welcher sich durch eine Bifurka-   über die Else im Westen bis einschließlich     alle in der Nähe des Ortskerns befinden,
    tion nahe dem Ort Gesmold (Melle) von          zur Elsemühle im Osten (Abb. 1). Im Fo-        schaffen für die Bearbeitung des Gebiets
    dem Flusslauf der Hase abspaltet. Eine         kus steht das Fließgewässer inklusive sei-     einen zusätzlichen Reiz.

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Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
Elsemühle

          Levisonstraße

Abb. 1: Untersuchungsgebiet

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Aufwertung des Fließgewässers Else im Siedlungsraum von Bünde - Tapper & Schroer 1979, 46 - Meier 1996, 6
1.2 Zielsetzungen

    Die Projektarbeit „ELSErleben – Aufwer-          - Wie kann der Fluss Else im städtischen Be-   - Wie könnten gestalterische Impulse für
    tung des Fließgewässers Else im Siedlungs-       reich von Bünde aufgewertet werden?            den Uferbereich aussehen?
    raum von Bünde“ hat die Entwicklung
    eines Konzepts zur ökologischen und ge-          - Welche Maßnahmen könnten einen Bei-          - Welche Akteure spielen eine Rolle?
    stalterischen Aufwertung der ufernahen           trag zur Verbesserung des ökologischen
    Bereiche im Untersuchungsgebiet zum              Zustands der Else leisten?                     - Wie realistisch wäre die Umsetzung des
    Ziel. Hierzu sollen mehrere konzeptionelle                                                      erarbeiteten Konzepts?
    Maßnahmen entwickelt werden. Diese               - Wie kann ein besseres Bewusstsein und
    sollen die Else für die Bürger erlebbarer        eine erhöhte Wertschätzung für die Else        - Welche Maßnahmen wären unter Be-
    gestalten.                                       bei den Bürgern der Stadt Bünde geschaf-       rücksichtigung der europäischen Richtlini-
    Generell soll in dieser Projektarbeit den fol-   fen werden?                                    en möglich?
    genden Fragen nachgegangen werden:

6
1.3 Interessen der Stadt Bünde und deren Bürger

Um das Ergebnis dieser Projektarbeit mög-        Die Ergebnisse der zwei Interviews bildeten       fiziell zur Verfügung gestellt und sind für jeden
lichst attraktiv und realistisch zu gestalten,   schließlich die Basis für das entwickelte Kon-    zugänglich (Stadt Bünde 2017a).
sind die Interessen der Stadt Bünde und de-      zept im Rahmen dieser Projektarbeit.
ren Bürger zentral. Daher wurden unter an-                                                         In dieser Ergebnisdokumentation werden die
derem zwei Interviews mit Mitarbeitern der       Die Interessen der Einwohner Bündes konn-         Wünsche der Bürger in Bezug auf die zukünf-
kommunalen Behörde durchgeführt (Müller          ten durch die Ergebnisse eines aktuellen Bür-     tige städtische Entwicklung von Bünde auf-
2017, Wittler 2017).                             gerforums im Rahmen einer Neuaufstellung          geführt. Die Ausgestaltung des Uferbereichs
                                                 des Innenstadtkonzepts (ISEK) von Bünde er-       der Else wird dabei des Öfteren aufgeführt.
Zuvor wurde ein Fragenkatalog ausgearbei-        fasst werden. Diese Veranstaltung fand am         Allgemein ist auch davon die Rede, die „Else
tet, der die verschiedensten Themenfelder        04.10.2017 statt und war für die Öffentlichkeit   besser erlebbar [zu] machen“ (Stadt Bünde
in Bezug auf diese Projektarbeit beinhaltete.    zugänglich. Die Ergebnisse wurden später of-      2017a, 6).

                                                                                                                                                       7
1.4 Gesetzliche Grundlagen

    Für das Projekt, die Else erlebbarer zu gestal-   Beide Richtlinien überschneiden sich teil-      güter der Umwelt mit dem Schwerpunkt
    ten, müssen insbesondere folgende gesetz-         weise und sind daher in gewisser Weise zu-      Gewässer. Allerdings besitzt jede Richtlinie
    liche Rahmenbedingungen berücksichtigt            sammenhängend zu verstehen. Daher fal-          ihren eigenen Fokus (Das Europäische Parla-
    werden: zum einen die Europäische Wasser-         len auch die terminlichen Fristen meistens      ment & Der Rat der Europäischen Union 2000 &

    rahmenrichtlinie (WRRL) und zum anderen           zusammen. Aktuell stehen die europäischen       2007).
    die Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie         Staaten unter Druck, um die Fristen einzuhal-
    (HWRM-RL) (Das Europäische Parlament & Der        ten. Diese wurden bereits bis zum Jahr 2027     Die WRRL geht von dem folgenden Grund-
    Rat der Europäischen Union 2000 & 2007).          verlängert. Sowohl die WRRL, als auch die       satz aus:
                                                      HWRM-RL beziehen sich auf die Schutz-

8
„Wasser ist keine übliche Handelsware,      2000 verabschiedet. Sie beinhaltet vor           mit potenziellen Hochwassern. Sie bietet
sondern ein ererbtes Gut, das geschützt,    allem Aspekte in Bezug auf den Schutz            „einen Rahmen für die Bewertung und
verteidigt und entsprechend behandelt       und der Verbesserung der europäischen            das Management von Hochwasserrisiken
werden muss“ (Das Europäische Parlament &   Gewässerzustände. Jegliche Verschlech-           zur Verringerung der hochwasserbeding-
Der Rat der Europäischen Union 2000, 2).    terungen schließt das Gesetz aus (Das Eu-        ten nachteiligen Folgen auf die menschli-
                                            ropäische Parlament & Der Rat der Europäischen   che Gesundheit, die Umwelt, das Kulturer-
Diese Feststellung trat bereits Ende der    Union 2000).                                     be und wirtschaftliche Tätigkeiten in der
1980er Jahre in die Köpfe der Menschen.                                                      Gemeinschaft“ (Das Europäische Parlament
Die WRRL wurde dennoch erst im Jahr         Die HWRM-RL beschäftigt sich hingegen            & der Rat der Europäischen Union 2007, 3).

                                                                                                                                          9
2 Analyse
     Die Analyse bildet die Grundlage für die Erarbeitung des Konzepts. Daher sollen mehrere Aspekte wie zum Beispiel die Flächennut-
     zung oder die Atmosphäre des Untersuchungsgebiets detailliert betrachtet werden.

     2.1 Historie der Stadt Bünde

     Aufgrund von fruchtbaren Böden haben       König Ludwig dem Deutschen vom Bis-          zucht (Abb. 2). Mit der Zeit siedelten sich
     sich schon früh Menschen im Bereich        tum Osnabrück gelöst und der Reichsab-       mehrere Webereibetriebe in dem Ort
     der heutigen Stadt Bünde angesiedelt.      tei Herford geschenkt wurde (Meier 1996,     an, die jedoch Mitte des 19. Jhd. unren-
     Die ersten urkundlichen Aufzeichnungen     Werre-Wasserverband 2002).                   tabel wurden. Während der Industriali-
     stammen aus dem Jahr 853 n. Chr. und       Ursprünglich war Bünde eine Ackerbür-        sierung entwickelte sich Bünde als wich-
     bestätigen, dass die dortige Kirche von    gerstadt mit viel Landwirtschaft und Vieh-   tiger Standort der Zigarrenindustrie und

     Abb. 2: Bünde um 1880 (Meier 1996, 11)     Abb. 3: Zigarrenmacherinnen in der Filiale   Abb. 4: Tabakspeicher (Müller 2003, 20)
                                                einer Bünder Firma (Tapper & Schroer 1979,
                                                110)
10
bot damit neue Verdienstmöglichkeiten       nabrück und Löhne möglich. Dies führte          maligen, leer stehenden Fabrikgebäude
für die verarmte Bevölkerung (Meier 1996,   schließlich dazu, dass sich bis zu 196 Zigar-   abgerissen. Lediglich der Tabakspeicher
Müller 2003a).                              renfabriken (1956) in Bünde angesiedelt         (Abb. 4) ist bis heute erhalten geblieben
                                            hatten (Tapper & Schroer 1979, Meier 1996,      (Meier 1996, Müller 2003a).
In Bünde herrschten optimale Bedingun-      Stadt Bünde o. J.).
gen für die Zigarrenindustrie. Es gab en-                                                   Trotz dieser historischen Entwicklung gilt
gagierte Arbeitskräfte, die gleichzeitig    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die            Bünde nach wie vor als Zigarrenstadt. In-
günstig waren und gute Fingerfertigkei-     Zigarre allmählich von der Zigarette ab-        zwischen haben sich genügend andere
ten durch die Tätigkeiten in den Weberei-   gelöst. Die Folge waren zahlreiche Indus-       Industrie- und Gewerbebetriebe im Ort
en mitbrachten (Abb. 3). Außerdem war       trieruinen in der Stadt Bünde - vor allem       niedergelassen, um der Bevölkerung Ar-
eine günstige Rohtabakzulieferung durch     im Bahnhofsviertel. Schließlich wurden          beit zu geben (Tiemann 2003).
die Eisenbahnverbindung zwischen Os-        in den 1970er und 80er Jahren alle ehe-

Historische Einwohnerzahlen:                Sage um die Entstehung des Namens
1740: 466                                   „Bünde“:
1763: 481                                   Einst ersuchte der britische König Unter-
1783: 636                                   stützung bei den Stämmen der Angeln
1787: 616                                   und Sachsen für seinen Feldzug gegen
1819: 931                                   die Schotten. Er verhandelte dazu mit
2003: ca. 46 000                            den zwei Herzögen Hengist und Horsa
                                            und bot ihnen Siedlungsmöglichkeiten
               (Meier 1996, 17)             an. Die zwei Herzoge schlossen darauf-
                                            hin einen „Bund“ und gaben dem auser-
                                            wählten Ort diesen Namen. Nach dieser
                                            Sage wurde 1892 auch das Wappen der
                                            Stadt Bünde (Abb. 5) designt (Meier 1996,
                                            Stadt Bünde o. J.).                                 Abb. 5: Wappen (Meier 1996, 10)

                                                                                                                                         11
2.2 Flächennutzung

     Die Flächennutzung im Untersuchungsge-        Westlich der Ortslage der Stadt Bünde          die anliegenden Ortschaften dar. Die
     biet lässt sich grob in sechs verschiedene    befindet sich eine ausgedehnte Wiesen-         anliegende Bebauung rückt dicht an das
     Kategorien einteilen. Die Abb. 6 zeigt den    landschaft mit angrenzenden landwirt-          Gewässer heran. Weiterhin sind mehrere
     Flussverlauf der Else und die Lage der vor-   schaftlich genutzten Flächen. An den           Straßenzüge im Siedlungsbereich auszu-
     handenen Gebäude und Anlagen.                 Ufern im urbanen Gebiet lassen sich zu-        machen, in denen sich vorrangig Einzel-
                                                   sätzlich (potenzielle) Erholungsflächen        handel angesiedelt hat.
     Die Auswirkungen auf die Qualität der         ausmachen, die meistens in Form von
     Strukturgüte im Umfeld werden jedoch          Grünflächen vorliegen (Werre-Wasserver-        Generell bezieht sich ein Großteil der Flä-
     maßgeblich durch die Art und Intensität       band 2002).                                    chennutzung auf das Wohnen. Die Sied-
     der Nutzung bestimmt. Die direkte Umge-                                                      lungen liegen jedoch vermehrt in einem
     bung der Else besteht aus ausgewiese-         Südlich der Else exisitiert ein größerer Be-   gewissen Abstand zum Ufer. In direkter
     nen Schutzgebieten. Im östlichen Umland       reich, der für Sport- und Freizeitaktivitä-    Nähe herrscht vermehrt eine Freizeit- und
     (Naturschutzgebiet „Elseaue“) dominiert       ten zur Verfügung steht. Einen weiteren        Erhohlungsnutzung vor sowie extensive
     die extensive Grünlandbewirtschaftung.        Schwerpunkt der Umfeldnutzung stellen          Grünlandnutzung.

12
Wohnnutzung         Sport/Freizeit

                                                             Einzelhandel        Schutzgebiete/Flussaue

                                                             Erhohlungsflächen   Landwirtschaft

Abb. 6: Flächennutzung im Untersuchungsgebiet M.: 1:10.000

                                                                                                          13
2.3 Schutzgebiete

     Innerhalb des Untersuchungsgebiets las-     Flussverlauf im urbanen Bereich und das     ist das Vorkommen von zwei FFH-Arten
     sen sich insgesamt drei verschiedene        unbebaute Gebiet im Südwesten (Wer-         nach Anhang II der FFH-Richtlinie (Grop-
     Schutzgebiete ausmachen (Abb. 7). Im        re-Wasserverband 2002).                     pen und Steinbeißer). Als vorrangiges Ziel
     nordwestichen Bereich des Kartenaus-                                                    wird die Optimierung der Lebensraum-
     schnitts befindet sich ein Wasserschutz-    Geschützt werden sollen dabei insbeson-     qualitäten für den Steinbeißer aufge-
     gebiet, das sich bis zum Bünder Bahnhof     dere die artenreichen, naturnahen Berei-    führt. Für diesen sind sandige bis feinkie-
     erstreckt. In diesem Gebiet befindet sich   che der Laubwälder auf den Randstrei-       sige Substrate als Habitat von Bedeutung
     hauptsächlich Wohnnutzung.                  fen der Siek- und Bachtäler, die feuchten   (Werre-Wasserverband 2002).
                                                 Brach- und Grünlandflächen sowie die
     Das Umland der Else westlich der Stadt      Fließgewässer mit ihren Lebensgemein-       Im Osten des Untersuchungsgebiets be-
     Bünde ist Teil des Landschaftsschutzge-     schaften. Damit ist „[d]er Gewässerlauf     findet sich das seit 1995 bestehende
     biets „Ravensberger Hügelland“. Der Be-     der Else [...] im Rahmen der Flora-Fau-     Naturschutzgebiet „Elseaue“. Dieses ori-
     reich im engeren Umfeld der Else gehört     na-Habitat (FFH)-Richtlinie der EU als      entiert sich am Flussverlauf der Else (ca.
     außerdem zum Teilschutzgebiet „Tal- und     schutzwürdiges Gebiet in die Schutzge-      5 km der Laufstrecke) und schließt die
     Sieksystem des Ravensberger Hügel-          bietsliste aufgenommen worden“ (Wer-        größeren umliegenden Grünflächen mit
     landes“. Dies umfasst den kompletten        re-Wasserverband 2002, 59). Grund hierfür   ein.

14
Naturschutzgebiet

                                                                                           Landschaftsschutzgebiet

                                                                                           Wasserschutzgebiet

Abb. 7: Schutzgebiete im Untersuchungsgebiet M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)

                                                                                                                     15
2.4 Lärm

     Für die in Abb. 8 aufgezeigten Lärmpegel    erhöhte Messwerte ausmachen (Kreis Her-      überquerenden Brücken festgestellt.
     wurden diverse Messungen in bestimm-        ford 2014).

     ten Gebieten durchgeführt und anschlie-                                                  Insgesamt wird deutlich, dass in Bezug
     ßend ausgewertet. Es fällt auf, dass vor    In Bezug auf die Else lassen sich keine      auf Lärm ein gewisses Verbesserungspo-
     allem Hauptstraßen- und Schienenwe-         verallgemeinernden     Zusammenhänge         tenzial in der Stadt Bünde besteht. Dies ist
     ge die höchsten Lärmpegel aufweisen.        zwischen dem Flussverlauf und ähnlicher      vor allem auf die größeren Verkehrsinfra-
     Auch in der näheren Umgebung dieser         Lärmpegel erkennen. Es wurden jedoch         strukturelemente zu beziehen, aber auch
     Verkehrsinfrastrukturelemente lassen sich   leicht erhöhte Werte im Bereich der fluss-   für alle weiteren Stadtgebiete relevant.

16
> 55 db(A)

                                                                                             > 65 db(A)

                                                                                             > 75 db(A)
Abb. 8: Lärmpegel im Untersuchungsgebiet M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Kreis Herford 2014)

                                                                                                          17
2.5 Gewässersystem Else
     Das Gewässersystem Else nimmt die zentrale Position in der Analyse ein. Daher sollen im Folgenden unter anderem die Eigenschaf-
     ten, die Gewässerstruktur und die Überschwemmungsgebiete der Else näher beleuchtet werden.

     2.5.1 Eigenschaften

     Geographisch befindet sich die Else zwi-      des Weserberglandes gehört zur Fließge-      Aus der historischen Betrachtung der
     schen dem Teutoburger Wald und dem            wässerlandschaft des schwach-karbo-          Laufentwicklung geht hervor, dass ein zu-
     Wiehengebirge. Sie entspringt aus der         natischen Deckgebirges. Dieses ist durch     meist mäandrierender Verlauf im Bereich
     Else-Hase-Bifurkation nahe Gesmold und        eine Vielzahl von mesozoischen Sedi-         der durchgehend gefällearmen Else-Nie-
     fließt von Westen nach Osten. Nach etwa       mentgesteinen geprägt (Werre-Wasserver-      derung als natürliche Laufform festzustel-
     35 km mündet die Else in die Werre und ist    band 2002).                                  len ist. Das Gefälle der Else liegt auf der
     dem Flusseinzugsgebiet der Weser (Abb.                                                     gesamten Strecke des Untersuchungsge-
     9) zuzuordnen (Werre-Wasserverband 2002,      Seit dem Jahr 2001 liegt für Nord-           bietes bei ca. 1 %o. Die Else ist somit als
     Müller 2003b).                                rhein-Westfalen neben den Typologien         kiesgeprägter Fluss des Deckgebirges
                                                   für die kleinen und mittelgroßen Fließge-    einzustufen. Dies entspricht der Charak-
     Die Else besitzt ein oberirdisches Einzugs-   wässer auch eine landesweit gültige Fluss-   terisierung nach LAWA (Bund/Länder Ar-
     gebiet von 412 km². 190 km² liegen hierbei    typologie für die mittelgroßen bis großen    beitsgemeinschaft Wasser) eines karbo-
     in Niedersachsen und 222 km² in Nord-         Fließgewässer vor. Die Flusstypen werden     natischen, fein- bis grobmaterialreichen
     rhein-Westfalen. Dabei kommt dem Kreis        differenziert nach dem Sohlsubstrat, der     Mittelgebirgsflusses (Werre-Wasserverband
     Herford ein sehr großer Flächenanteil zu.     Hydrologie sowie unterschiedlichen Aus-      2002, ELWAS-WEB 2017).
     Das Gewässersystem der Else sowie das         prägungen von Lauftyp und Windungs-
     gesamte Ravensberger Hügelland als Teil       grad (Werre-Wasserverband 2002).             Insgesamt gilt die Else als nahezu durch-

18
gehendes Staugewässer. Dies liegt an
den zahlreich vorhandenen Stauwehren.
Zwei davon befinden sich in Kirchlengern,
eine ist die Elsemühle in Bünde (befindet
sich im Naturschutzgebiet) und das Ni-
enburger Wehr liegt westlich von Bünde
(Werre-Wasserverband 2002, Wittler 2017).

Der Rückstau der Elsemühle wirkt sich
gravierend auf die Abflussverhältnisse
und damit auf die gesamte natürliche
Flussentfaltung im Oberlauf der Else aus.
Somit wird die natürliche Dynamik des
fließenden Wassers gebremst. Ein Fehlen
des Stauwerks würde jedoch einen Ver-
lust der Else bedeuten bzw. ein Schrump-
fen dieser auf eine Breite von 1,20 m bis
1,80 m (Wittler 2017).

Bei der Neuen Else handelt es sich um ein
künstlich angelegtes Gewässer mit einer
Länge von 2,65 km. Sie „zweigt unmittel-
bar oberhalb des Anstaus durch das Ni-
enburger Wehr [...] von der Else ab und
mündet [im Westen des Untersuchungs-
gebiets dieser Projektarbeit] wieder ein“
(Werre-Wasserverband 2002, 6). Sie wurde
als Else-Umflut für die Nienburger Mühle    Abb. 9: Einzugsgebiet Weser inkl. Planungsgebiet (bearbeitet nach
geschaffen (Werre-Wasserverband 2002).      NordNordWest 2011)
                                                                                                                19
2.5.2 Historie

     Die Else-Werre-Niederung wurde vor al-          renden Überschwemmungen in Bünde           Kosten, die die Anwohner und Landwirte
     lem durch die letzte Eiszeit vor 10-12.000      (Abb. 13). Dies war zudem der Grund,       tragen sollten (Tapper & Schroer 1979, Mei-
     Jahren beeinflusst. Zahlreiche Bäche und        weshalb schon erstmals 1878 über diesen    er 1996, Werre-Wasserverband 2002, Müller

     Flüsse strömten damals mit hohen Fließ-         Eingriff nachgedacht wurde. Gescheitert    2003b).
     geschwindigkeiten in die Talaue und             war der Entwurf schließlich an den hohen
     prägten dadurch den heutigen Gewäs-                                                        Im Rahmen der Arbeiten zur Elseregulie-
     serlauf (Werre-Wasserverband 2002).                                                        rung wurde das Fließgewässer begradigt
                                                                                                und das Flussbett vertieft und verbrei-
     Eine Übersicht über den historischen Ver-                                                  tert (Abb. 14). Mit diesem Eingriff ver-
     lauf der Else ist in Abb. 11 dargestellt. Da-                                              lor die Stadt Bünde das Steg-, Ufer- und
     bei handelt es sich nicht um den natürli-                                                  Fischrecht (Tapper & Schroer 1979, Meier
     chen Zustand, aber um einen nur gering                                                     1996).
     beeinflussten Flussverlauf.
                                                                                                Für den Hochwasserschutz wurde zudem
     Bevor die Else im Jahr 1928 reguliert wur-                                                 der Elsedamm in einem Teilabschnitt ge-
                                                     Abb. 10: Unbegradigte Else (Tapper &
     de (Abb. 10), kam es häufig zu verhee-          Schroer 1979, 39)                          baut. Dennoch kam es auch nach der El-

20
Abb. 11: Historischer Verlauf der Else M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)

                                                                                     21
Naturschutz-
                                                                                                                             gebiet unter
                                                                                                                             Betreuung der
                                                                                                                             Biologischen Sta-
                                                                                                                             tion Ravensberg

                                                                                                                                        seit 1993

                                                                                                                           1995
                                                                                                      Pläne aus                   Elseaue unter
                                                                                                      finanziellen                Naturschutz
                                                                                                      Gründen auf-                gestellt
                                                                                                      gegeben
                                                                                                                1980er
                                                                                           1969/70

                                                                       Begradigung           Else östlich von Kirch-
                                                                       eines Teilstücks      lengern bis zur Werre
                                                                       im Westen             begradigt; letzte Teilstre-
                                                                                             cke zwischen Bünde und
                                                                                    1934     Kirchlengern sollte folgen

                                                                1929
                                   Stadt Bünde enteignete die          Elsedamm wurde
                                   benötigten Flächen und be-          als Promenade
                                   gann mit den Regulierungs-          eingeweiht
                                   arbeiten
                                                     1928
 Erste Pläne zur      1926
 Regulierung
                   Pläne lebten wieder auf, da die
 der Else
                   Regulierungsarbeiten in Melle
        1900       Bünde unter Zugzwang stellten                                                                     Abb. 12: Historie der Else

22
seregulierung noch gelegentlich zu Über-                                                    Else existierten. Das erste Naturschwimm-
schwemmungen in Bünde (Meier 1996,                                                          bad befand sich am sogenannten „Kuh-
Werre-Wasserverband 2002).                                                                  damm“ und verschwand im Rahmen der
                                                                                            Elseregulierung (Tapper & Schroer 1979).
Unter Umständen war dies die Folge der
„massive[n] Laufverkürzung der Else um                                                      Im Jahr 1928 wurde „[b]eim Zusammen-
über 6,5 km [als] Folge [d]er Vielzahl von                                                  fluss der Alten und Neuen Else [...] die
wasserbaulichen Veränderungen“ (Wer-                                                        ‚Flussbadeanstalt Bünde - Ennigloh‘ ge-
re-Wasserverband 2002, 22).                                                                 gründet“ (Tapper & Schroer 1979, 45). Die-
                                             Abb. 14: Arbeiten am Flussbett (Tapper &       se bot erneut die Möglichkeit, in der Else
Eine weitere Begradigung eines Teilstücks    Schroer 1979, 42)                              schwimmen zu können (Abb. 15). Auf-
erfolgte im Jahr 1934. Der Eingriff in die                                                  grund eines Streits der beiden betreiben-
letzte Teilstrecke wurde jedoch aus finan-   Im Jahr 1995 wurde die Elseaue schließ-        den Städte um die Kosten musste die
ziellen Gründen nie durchgeführt (Wer-       lich unter Naturschutz gestellt und befin-     Badeanstalt jedoch wieder geschlossen
re-Wasserverband 2002).                                                                     werden (Tapper & Schroer 1979).
                                             det sich bis heute unter der Betreuung
                                             der Biologischen Station Ravensburg
                                             (Werre-Wasserverband 2002).

                                             Eine Überischt über die Historie der Else im
                                             vergangenen Jahrhundert ist in Abb. 12
                                             zu finden.

                                             Weiterhin ist in der Geschichte von Bün-
                                             de auffällig, dass einst Badeanstalten mit
                                             Gelegenheiten zum Schwimmen in der
Abb. 13: Überschwemmung 1928 (Tapper                                                        Abb. 15: Flussbadeanstalt Bünde - Ennig-
& Schroer 1979, 42)                                                                         loh (Tapper & Schroer 1979, 47)

                                                                                                                                         23
2.5.3 Gewässerzustand und -struktur

     Die Zustände der Gewässer in Bünde          In Abb. 16 ist deutlich zu erkennen, dass       sehr deutlich. Dargestellt sind die Grade
     wurden im Rahmen einer umfangreichen        alle Gewässer im Bünder Stadtgebiet             der Veränderungen der Else im Vergleich
     Untersuchung letztmals im Jahr 2010 er-     entweder kritisch oder mäßig belastet           zum natürlichen und ursprünglichen Ver-
     fasst. Die Else hat ein großes Einzugsge-   sind (II-III). Damit gelten die Gewässer        lauf des Fließgewässers. Selbst innerhalb
     biet und nimmt direkt oder über ihre Zu-    zwar nicht als stark verschmutzt, dennoch       der Schutzgebiete im Osten und Westen
     flüsse die gereinigten Abwässer mehrerer    liegt eine nicht zu vernachlässigende Be-       von Bünde gibt es Teilabschnitte der Else,
     kommunaler Kläranlagen auf. Des Wei-        lastung vor.                                    die als übermäßig geschädigt eingestuft
     teren beeinflussen Abschwemmungen                                                           worden sind. Nahezu das gesamte Fließ-
     aus landwirtschaftlichen Nutzflächen die    Wie stark die Else in ihrer Struktur im urba-   gewässer im Untersuchungsgebiet gilt als
     Wasserqualität.                             nen Bereich wirklich über die Jahre hin-        beeinträchtigt (Werre-Wasserverband 2002).
                                                 weg geschädigt wurde, zeigt die Abb. 17

24
Else

Abb. 16: Gewässerzustände im Bünder Stadtgebiet (bearbeitet nach Wittler 2017)

                                                                                 25
übermäßig geschädigt

                                                                                                         sehr stark geschädigt

                                                                                                         stark geschädigt

                                                                                                         deutlich geschädigt

                                                                                                         mäßig beeinträchtigt

                                                                                                         gering beeinträchtigt

                                                                                                         nicht bis sehr gering beeinträchtigt

     Abb. 17: Grad der Veränderungen der Else im urbanen Gebiet M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)

26
Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass    Zustände laut WRRL das Jahr 2027.            die Else im urbanen Gebiet unter den
die WRRL in Bünde Anwendung finden                                                       Gesichtspunkten der europäischen Richt-
muss. Die Gewässerzustände liegen in ei-    Unter Umständen könnte durch die Rea-        linien aufzuwerten. Ausgewählte Maß-
nem Bereich, der optimierungsfähig ist.     lisierung der Ergebnisse dieser Projektar-   nahmen könnten dazu führen, dass das
Somit gilt auch für die betroffenen Ge-     beit ein Beitrag zur Umsetzung der WRRL      geschädigte Fließgewässer wieder in ei-
wässer als Frist für die Verbesserung der   geleistet werden. Das Ziel ist es nämlich,   nen naturnäheren Zustand versetzt wird.

                                                                                                                                   27
2.5.4 Überschwemmungsgebiete

     In der Abb. 18 sind die Überschwemmungs-          Nördlich der Levisonstraße sind sowohl auf    der Technik entsprechen. Die Krone hat kein
     gebiete des Untersuchungsraums darge-             der nordöstlichen Seite Gebäude im un-        einheitliches Niveau, um ein Extremereignis
     stellt. Die Darstellung zeigt die Situation des   geschützten Vorland gefährdet, als auch       abzuwehren.
     HQ100-Hochwassers. Der erste Abschnitt mit        Gewerbeobjekte, die im Bereich Ernst-Reu-
     gefährdeten Objekten liegt gegenüber der          ter-Straße, Tonstraße und Elsedamm liegen.    Um die hochwertige Bebauung nördlich der
     Elsemühle im Bereich der Kläranlage.              Das 100-jährige Hochwasser überflutet die     Levisonstraße zu schützen, sollten der Else-
                                                       Deiche und führt zu außerordentlichen Schä-   damm und die daran angrenzende Sach-
     Im Bereich der Hauptstraße Wasserbreite           den in den dahinter liegenden Bereichen.      senstraße auf ein einheitliches, hochwasser-
     spiegelt sich der Hochwasserstand über ein                                                      freies Niveau gebracht werden. Einschließlich
     einmündendes Nebengewässer hinter der Si-         Bei den vorhandenen Deichen handelt es        Freibord sind Aufhöhungen zwischen 0,5 m
     cherheitslinie wider. Des Weiteren ist das Un-    sich um alte Hochwasserschutzeinrichtun-      und 1,1 m erforderlich (Werre-Wasserverband
     tergeschoss des Rathauses gefährdet.              gen, die nicht mehr den anerkannten Regeln    2002).

28
te
                                                erbrei
                                           Wass

                       Levisonstraße

Abb. 18: Überschwemmungsgebiete M.: 1:10.000 (bearbeitet nach Wittler 2017)

                                                                              29
2.5.5 Querprofile

     Innerhalb des Untersuchungsgebiets lassen         Dies zeigt, dass besonders in diesem Teil des
     sich zusammenfassend drei verschiedene            Gewässers größere Maßnahmen stattgefun-
     charakteristische Querprofile ausmachen.          den haben, wodurch ein naturfernerer Zu-
     Dabei fällt auf, dass die Flusssohle im urbanen   stand der Else herbeigeführt wurde (Wittler
     Bereich eine klare Trapezform besitzt (Abb.       2017).
     19). Dichte Gewerbe- und Siedlungsstruk-
     turen erschweren eine Optimierung der
     Gewässeraue. Eine Einfassung des Ge-
     wässers in ein doppeltrapezförmiges Bett
     prägt das Bild der Else. Beidseitig davon
     befindet sich eine befestigte Uferprome-
     nade in Form von Deichbauwerken. Das
     Gewässer erreicht im Innenstadtbereich
     eine Breite von 20 – 30 m. Westlich vom
     Innenstadtraum am Landschaftsschutz-
     gebiet begrenzt der Elsedamm den Au-
     enbereich.                                         Abb. 19: Querprofil im Stadtgebiet

30
Abb. 20: Querprofil im Landschaftsschutzgebiet
C:\Users\Stephanie\Desktop\projekt\querprofile.dwg

                                                     Die Querprofile in den westlicheren (Abb. 20)
                                                     und östlicheren (Abb. 21) Bereichen sind im
                                                     Vergleich zur Flusssohle im Innenstadtraum
                                                     etwas naturbelassener. Besonders die Fluss-
                                                     sohle im Naturschutzgebiet wurde vermehrt
                                                     der natürlichen Entwicklung überlassen (Witt-
                                                     ler 2017).

                                                                                                          Abb. 21: Querprofil im Naturschutzgebiet

                                                                                                                                                     31
2.6 Atmosphäre

     Der Begriff „Atmosphäre“ ist verschiedenen          anschaulich darzustellen (Böhme 1995).          meisten Vor-Ort-Begehungen fanden zu Be-
     Wissenschaften zuzuordnen, wobei er un-                                                             ginn dieser Projektarbeit statt, um die Atmo-
     terschiedliche Bedeutungen besitzt. So be-          Es ist zu beachten, dass sämtliche atmo-        sphäre noch ohne genauere Hintergrundin-
     schreibt die Atmosphäre in den Naturwissen-         sphärische Wahrnehmungen nur subjektiv          formationen über den Ort wahrzunehmen.
     schaften beispielsweise eine Gasschicht mit         erfolgen können. Daher kann es kein allge-
     lebenswichtigen Funktionen, die die Erde            meingültiges und objektives Analyseergebnis     Aufgrund der Größe des Untersuchungsge-
     umgibt (Böhme 1995, Technische Universität Braun-   für die Atmosphäre geben. Weiterhin beein-      biets konnten mehrere verschiedene Atmo-
     schweig o. J.).                                     flussen Aspekte wie die Wetterverhältnisse,     sphären ausgemacht werden. Insgesamt
                                                         Jahres- und Tageszeit die atmosphärische        lassen sich alle ähnlichen Eindrücke großflä-
     Für diese Projektarbeit soll die Atmosphäre         Wahrnehmung.                                    chiger zusammenfassen.
     allerdings eher nach dem ästhetischen bzw.
     philosophischen Ansatz analysiert werden.           Als Methode wurde die Vor-Ort-Begehung          Um besser auf das Projektziel - nämlich die
     Hierbei liegt der Fokus auf den hervorgerufe-       angewandt. Um ein möglichst umfassendes         Else erlebbarer zu gestalten - hinzuarbeiten,
     nen Gefühle und Emotionen von Individuen            Bild des Untersuchungsgebiets zu erhalten,      werden die verschiedenen Atmosphären
     an bestimmten Orten. Es soll versucht wer-          wurde der Uferbereich der Else inklusive sei-   der sechs Abschnitte aus der Sicht des Flus-
     den, das Untersuchungsgebiet diesbezüglich          ner näheren Umgebung mehrmals und zu            ses beschrieben.
     zu analysieren und die Ergebnisse möglichst         verschiedenen Tageszeiten besucht. Die

32
Abb. 22-27: Impressionen der Vor-Ort-Begehungen in Bünde

                                                           33
Abb. 28: Erster Atmosphären-Abschnitt
     Es ist still. Nicht einmal das Rauschen von flie-   schmelzen kann. Gerne würde ich mich ihr         liche Treiben und Fließen, doch manchmal
     ßendem Wasser erfüllt das umliegende Grün.          noch weiter annähern, doch mein Flussbett        sehne ich mich danach, meiner wilden See-
     Wenige Vögel zwitschern. Ich spüre, wie die         gibt mir meinen Weg vor. Nur selten kann ich     le freien Lauf lassen zu können. Das Wasser
     Birke ihr Geäst in mich hineinhält. Es ist ange-    mich daraus befreien und das umliegende          spielen zu lassen und meine Umwelt zu um-
     nehm, ein paar Bewegungen wahrzuneh-                Grün mit meinem Wasser überfluten.               garnen – so wie ich es möchte. Dennoch bin
     men. Gelegentlich bemerke ich, dass ein                                                              ich schon durch ungemütlichere Orte geflos-
     Tier sich anschleicht und den Kontakt zu mir        Trotz der gelegentlichen Annäherungsversu-       sen. Von daher möchte ich mich nicht be-
     sucht. Ich genieße diese Momente, in denen          che diverser Lebewesen ist es sehr ruhig hier.   schweren…
     ich mit meiner Umgebung agieren und ver-            Zum einen mag ich die Ruhe und das gemüt-

34
Abb. 29-34: Impressionen des Landschaftsschutzgebiets

                                                        35
Abb. 35: Zweiter Atmosphären-Abschnitt
     Der Geräuschpegel verändert sich. Ich sehe,   Obwohl ich mich hier nicht allzu wohl füh-        bett nur mit einigen wenigen Wassertropfen
     dass ich mich einer Brücke nähere. Mit ei-    le, fällt mir auf, dass ich endlich einen klei-   vielleicht verlassen zu können, bereitet mir
     nem lauten Brummen passiert ein Auto das      nen Zugang zu meiner Umgebung ergattern           Freude.
     Bauwerk der Menschen. Mein Flussbett wird     kann. Die Böschungen lösen sich für einen
     ein bisschen schmaler.                        kurzen Moment am Seitenrand auf und er-           Schade, dass ich den Gedanken schnell wie-
                                                   möglichen mir einen Blick auf das Festland.       der verdrängen muss, da mich die Verände-
     Ich habe etwas Mühe, all mein Wasser dort     Es sieht nicht unbedingt einladend aus, aber      rung der Umgebung nun ablenkt und meine
     hindurchzuzwängen. Unter der Brücke wird      die Vorstellung über diesen Weg Kontakt mit       volle Aufmerksamkeit erhält.
     es dunkler und kühler.                        meiner Umwelt zu bekommen und das Fluss-

36
Abb. 36-41: Impressionen der Brücken zu den Schutzgebieten

                                                             37
Abb. 42: Dritter Atmosphären-Abschnitt
     Meine Umgebung hat sich mit einem Schlag         mir das Gefühl geben, als ob ich eingesperrt   Was wäre es schön, wenn die Menschen ei-
     komplett verändert. Die Verbindung zum           wäre. Menschen schauen auf mich hinab.         nen Kontakt zu mir aufbauen könnten. Dann
     Ufer lässt nach und entwickelt sich in die ge-   Sie scheinen sich zu freuen, mich zu sehen.    könnten wir uns gegenseitig besser kennen-
     genteilige Richtung.                             Auch ich bin ihnen nicht abgeneigt, nur        lernen und ich würde mich nicht mehr so
                                                      mag ich es nicht, mich eingezwängt zeigen      einsam fühlen. Diese Möglichkeit bleibt mir
     Steile Böschungen engen mein Flussbett ein       zu müssen. Ich wünschte mir, ich könnte mei-   leider verwehrt. Stattdessen fließe ich pflicht-
     und geben mir kaum Luft zum Atmen. Am            nen Charme spielen lassen und mich mehr        gemäß die begradigte Strecke entlang und
     oberen Rand befinden sich Gemäuer, die           als wilder Fluss präsentieren.                 kann nur auf baldige Veränderung hoffen.

38
Abb. 43-48: Impressionen des urbanen Bereichs im Westen

                                                          39
Abb. 49: Vierter Atmosphären-Abschnitt
     Während ich mich durch die Stadt Bünde        es ist gerade noch ertragbar. Zum Glück           lich jeder mal. Dennoch bin ich jedes Mal
     zwänge, unterfließe ich ab und zu eine Brü-   sind die Brücken nicht allzu lang und ich bin     froh, wenn ich wieder unter einer Brücke hin-
     cke. Alle diese Bauwerke werden von den       schnell darunter hindurch.                        durch geflossen bin und die Sonne mich im
     Transportmitteln der Menschen genutzt. Da-                                                      Idealfall wieder begrüßt. Mit der neu gewon-
     durch wird es besonders an diesen Stellen     Ein Vorteil bietet sich mir aber: Ich kann dann   nenen Energie kann ich mich dann wieder
     immer etwas lauter.                           immer kurz durchatmen und mich vor den            meinem Umfeld widmen und die zahlreichen
                                                   neugierigen Blicken der Festlandbevölke-          Lebewesen im Wasser und an den Ufern mit
     Das finde ich ziemlich unangenehm, aber       rung verstecken. Eine Pause braucht schließ-      meiner Anwesenheit erfreuen.

40
Abb. 50-55: Impressionen der Brücken im urbanen Bereich

                                                          41
Abb. 56: Fünfter Atmosphären-Abschnitt
     Mitten im Ort verschwinden die begrenzen-          nen kurzen Augenblick wieder tief Luft holen   Zugegebenermaßen ist auch das durch den
     den Mauern endlich und gehen in einen of-          und durchatmen. Die grünen, flachen Ebe-       Deich nur begrenzt möglich. Dennoch füh-
     fenen Uferweg über. Die Böschungen blei-           nen neben meinem Flussbett fühlen sich so      le ich mich hier wieder etwas wohler. Jetzt
     ben bestehen, bloß sind die Abhänge nicht          nah an, als könnte ich sie an meinen besten    müsste ich nur noch mehr mäandrieren und
     mehr allzu steil.                                  Tagen einfach und schnell einnehmen. Ich       mein Wasser wild spielen lassen, dann wäre
                                                        liebe das Gefühl, das Flussbett zu verlassen   dieser Ort wirklich gar nicht so schlecht für
     Dies gibt mir das Gefühl, als könnte ich für ei-   und mich frei entfalten zu können.             mich.

42
Abb. 57-62: Impressionen des urbanen Bereichs im Osten

                                                         43
Abb. 63: Sechster Atmosphären-Abschnitt
     Ich verlasse den engen Raum von Bünde            nach links. Es macht Spaß, mich wieder frei-   Ich habe das Gefühl, als könnte ich jeder-
     wieder und bin eigentlich ganz froh, mich        er bewegen zu können. Es ist zwar recht ru-    zeit in meine Umgebung steigen und fließen.
     auch mal vor den neugierigen Blicken der         hig und auch einsam hier, aber auf meinem      Dem ist zwar nicht ganz so, da mein Was-
     Menschen verstecken zu können. Endlich           Weg begegne ich genügend Lebewesen,            serstand ja vom Niederschlag abhängig ist,
     darf ich wieder durch die wilde Natur fließen.   die mir den Tag versüßen. Des Öfteren muss     aber dieses Gefühl beflügelt mich. Endlich
                                                      ich sogar wachsam sein, da gelegentlich        kann ich wieder mehr ich sein: die Else.
     Ich lenke nach links und rechts und wieder       Äste und Totholz in mein Wasser ragen.

44
Abb. 64-69: Impressionen zum Naturschutzgebiet im Osten

                                                          45
3 Konzept

     Aufbauend auf der Analyse wurde ein Kon-       Eine naturnahe Entwicklung im Innenstadt-        Untergrund. Demnach bedeutet der Schutz
     zept entwickelt, das verschiedene Maßnah-      bereich ist aufgrund des stetigen Nutzungs-      eines ausreichenden Kieslückensystems die
     men innerhalb des Untersuchungsgebiets         drucks schwierig. Zudem ist die Else aufgrund    Sicherung dieser geschützten Art. Zudem
     beinhaltet. Diese Vorschläge sollen in die-    eines geringen Eigengefälles von starken         verringert ein zu hoher Sedimentaufbau die
     sem Kapitel näher erläutert und ausgeführt     Sedimentationen geprägt. Dieser Effekt wird      Wasseraufnahmekapazität im Hochwasser-
     werden. Thematisiert werden unter anderem      durch die Elsemühle noch zusätzlich ver-         fall. Eine naturnahe Entwicklung ist damit
     die Ideen zu den Maßnahmen und mögliche        stärkt. Eine Öffnung bzw. Verbreiterung der      nicht in dieser Form möglich, wie diese an
     Strategien zu deren Umsetzung. Auch die Ak-    Fläche im Rahmen einer naturnahen Ent-           Gewässern mit einer hohen Eigenströmung
     teure sollen in diesem Zusammenhang näher      wicklung würde den Abfluss noch zusätzlich       möglich wäre (Wittler 2017).
     beleuchtet werden.                             verlangsamen. Das Sediment setzt die kiesi-
                                                    gen Hohlräume im Gewässergrund zu. Da-           Die Deichbauwerke im Innenstadtbereich
     Das Konzept versucht alle betrachteten Fak-    durch schwindet ein Habitat für die Kleinstle-   bleiben demnach in dieser Form erhalten
     toren zu berücksichtigen und die best mögli-   bewesen im Gewässerboden.                        wie sie zurzeit vertreten sind, um das Fließver-
     che Lösung für die Maßnahmen zur Aufwer-                                                        halten möglichst stabil halten zu können.
     tung der Else in Bünde zu finden.              Auch der Steinbeißer benötigt den kiesigen

46
Der deutsche Rat für Landespflege geht je-       Über den Strahlweg können biologische De-        lichkeiten (Bayerisches Landesamt   für   Umwelt
doch davon aus, dass auch optimierte Ge-         fizite ausgeglichen werden. Die Ausdehnung       2011, Grünebaum et al. o. J.).
wässerabschnitte als ein „Strahlursprung“        eines Strahlwegs ist bei der aktiven Migration
dienen können, indem diese eine positive         vor allem abhängig von dem artspezifischen       Dieses Prinzip des deutschen Rats für Lan-
Wirkung auf die benachbarten Gewässerab-         Wanderungsverhalten der Organismen. Da-          despflege wurde versucht in das erarbeite-
schnitte haben. Diese Wirkung wird als Strahl-   bei sind auch lokale Beeinträchtigungen aus-     te Konzept zu integrieren. Unter Umständen
wirkung bezeichnet (Kreis Herford 2012).         schlaggebend, zum Beispiel Querbauwerke          könnten die im Rahmen des Konzepts ent-
                                                 oder betonierte Sohlen (Kreis Herford 2012).     wickelten Maßnahmen als solche Strahlur-
„Für die Erreichung des guten ökologischen                                                        sprünge fungieren. Dabei sollen die Strahlen
Zustandes im Gesamtgewässer ist es nun-          Eine Unterstützung der Strahlwirkung kann        nicht nur der ökologischen Aufwertung die-
mehr ausreichend, wenn das Gewässer aus          über „Trittsteine“ erfolgen. Trittsteine kön-    nen, sondern auch auf gestalterische Aspek-
einer steten Abfolge von Strahlursprüngen        nen beispielsweise verschiedene Strukturele-     te ausgeweitet werden. Dadurch könnte die
und Strahlwegen besteht“ (Kreis Herford 2012,    mente mit guten Habitateigenschaften wie         Strahlwirkung auch auf die Menschen über-
49).                                             Totholz oder lokale Gewässeraufweitungen         tragen werden, womit die Wertschätzung
                                                 sein. Diese bieten Nahrungs- und Rastmög-        der Else erhöht werden würde.

                                                                                                                                                     47
3.1 Typen

     Um sich dem Raum anzunähern, wurde                 Aus den erarbeiteten Maßnahmen wurden          Flussweite: Landschaftsschutzgebiet im
     dieser im Rahmen der atmosphärischen               charakteristische Bezeichnungen für die je-    Südwesten
     Betrachtung in sechs verschiedene Typen            weiligen Typen entwickelt. Die Namen sol-
     eingeteilt. Diese Einteilung blieb für die Erar-   len dazu dienen, das Konzept einfacher         Szenenwechsel: Brücken zwischen dem
     beitung der Maßnahmen erhalten.                    verständlich und greifbarer zu machen. Au-     urbanen Bereich und den Schutzgebieten
                                                        ßerdem soll eine Assoziation zwischen den
     Jeder Typ wurde nochmal separat be-                Gebieten der Typen und den dazu ausge-         Flussstadt: Urbaner Bereich im Kerngebiet
     trachtet und mitsamt der Analyseergebnis-          wählten Maßnahmen hervorgerufen wer-
     se ausgewertet. Aus den gewonnenen Er-             den. Teilweise sollen die Bezeichnungen der    Flusszone: Innerstädtische Brücken
     kenntnissen wurden schließlich Maßnahmen           Typen auch schon die Ziele der Eingriffe be-
     entwickelt (Kap. 3.2). Diese sollen als konzep-    inhalten und verdeutlichen. Die Bezeichnun-    Stadtinseln: Urbaner Bereich nahe der
     tionelle Vorschläge für die Aufwertung der         gen/Namen der Typen - inklusive ihrer geo-     Sport- und Erholungsanlagen
     Else in Bünde dienen.                              graphischen Einordnung - sind in Abb. 70 zu
                                                        erkennen und lauten wie folgt:                 Umweltbilder: Naturschutzgebiet im Osten

48
Szenenwechsel

                                            Flusszone

                          Flussstadt

                                                            Stadtinseln

                                                                                    Umweltbilder

                     Szenenwechsel              Flusszone

                                  Flussweite

Abb. 70: Verortung der Typen M.: 1:10.000

                                                                                                   49
3.2 Maßnahmen

                           Flussweite
                           Die Bezeichnung „Flussweite“ soll zum einen
                           den Bezug zur Else herstellen und zum ande-
                           ren die Bedeutung der großräumigen Grün-
                           flächen herausstellen. Das Gefühl von Weite
                           soll für den Betrachter/Nutzer an diesem Ort
                           erhalten bleiben (Abb. 71).

                           Das Landschaftsschutzgebiet bietet ausrei-
                           chend Grünflächen zur Naherholung, die zur-
                           zeit unter anderem von Hunden zusammen
                           mit ihren Besitzern genutzt werden. Außer-
                           dem existiert kein Nutzungsdruck in diesem
                           Bereich, weshalb an dieser Stelle keine akti-
                           ve Maßnahme im Fokus steht. Dieser Raum
                           ist auch laut Wittler 2017 in dieser Form zufrie-
     Abb. 71: Flussweite

50
denstellend. Es erscheint jedoch sinnvoll, die
Grünflächen möglichst selten zu mähen. Ins-
besondere die Randstreifen an der Else sind
von der Mahd auszusparen.

„In Strahlursprüngen wird von einer Randstrei-
fenbreite von ca. 10 m beidseitig ausgegan-
gen. Im Bereich der schmaleren Bachober-
läufe können aber auch bereits Randstreifen
von ca. 5 m Breite ausreichend sein“ (Kreis
Herford 2012, 49).

Dieser Streifen soll der Eigenentwicklung des
Gewässers dienen sowie als Pufferzone vor
möglichem Stoffeintrag. Zudem kann die
verstärkte Beschattung den Eutrophierungs-
vorgang verringern bzw. einschränken. Eine
zu starke Sauerstoffzehrung durch fehlende       Abb. 72: Szenenwechsel
Beschattung kann die Gewässergüte zusätz-
lich vermindern (Reuvers 2011).                  Szenenwechsel
                                                 Für die Brücken der Lettow-Vorbeck-Straße      brachten Motive ein Bezug zur Else geschaf-
Es können Raubäume und Totholz zugelassen        und der Straße Am Brunnen ist an jeweils ei-   fen werden. Gleichzeitig könnte der Raum
werden. Diese schaffen strömungsberuhigte        nem der Brückenpfeiler ein visueller Anreiz    unterhalb der Brücke dadurch die Funktion
Bereiche und erhöhen damit die Strömungs-        vorgesehen, welcher auf die Else als stadt-    als neuen Stadteingang bekommen und sei-
varianz. Für den Betrachter/Nutzer besitzt die   bildprägendes Merkmal einstimmen soll. Dies    ne derzeitige Atmosphäre als verlassenen
Fläche aber weiterhin die derzeitige Nutzung     kann etwa in Form eines Graffiti umgesetzt     Ort verlieren, der nur ungern von Menschen
als „Hundewiese“.                                werden. In jedem Fall soll durch die ange-     betreten wird.

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Die Else zieht sich hinter diesen Brücken in
                                          Richtung der „Flussweite“ und der „Umwelt-
                                          bilder“ immer weiter aus dem Blickfeld des
                                          Betrachters zurück. Die Darstellung kann da-
                                          durch auf die dazwischenliegende Präsenz
                                          der Else im Innenstadtbereich aufmerksam
                                          machen und das Image des Flusses deutli-
                                          cher machen. Somit beginnt an diesen Stel-
                                          len die Präsenz der Else sowie der Stadt selbst.
                                          Es findet folglich ein „Szenenwechsel“ statt.

                                          In Abb. 72 ist exemplarisch eine historische
                                          Stadtsilhouette mit der Else als markantes
                                          Merkmal dargestellt. Hierbei handelt es sich
                                          lediglich um eine beispielhafte Darstellung.
                                          Sowohl das Motiv, als auch die Kunstform
                                          sind variabel. Die Entscheidung kann seitens
                                          der Stadt nach ihren Vorstellungen bespro-
                                          chen werden.

                                          Flussstadt
                                          Diese Maßnahme zielt auf eine Verbesse-
                                          rung der Fließgewässereigenschaften unter
                                          gleichzeitiger Aufwertung des Stadtbildes
                                          ab. Um dem innerstädtischen Charakter
                                          zu entsprechen, handelt es sich bei „Ber-
     Abb. 73: „Berme“ in der Flussstadt   me“ um eine bauliche Maßnahme. Sie soll

52
den Zugang zum Wasser als ein deutlich er-
wünschtes Handeln präsentieren. Um dem
Bild der Kleinstadt und dem Anliegen nach
mehr Naturnähe gerecht zu werden, soll die-
ser Zugang nicht in Form einer bis zum Schluss
ausgebauten Treppenanlage erfolgen (wie
sie derzeit in vielen Städten praktiziert wird).
Stattdessen sollen lediglich Sitzblöcke in den
Hang des Deiches integriert werden, die ei-
nen Zugang zum Wasser sowie zusätzliche
Aufenthaltsqualität ermöglichen. Die Stadt
erhält dadurch eine besondere Form der
Ufertreppe. Der Zugang zum Wasser soll zu-
sätzlich durch die Anlage einer Kiesberme
erleichtert werden (Abb. 73).                      Abb. 74: Querprofil der „Berme“
                                                                                                  Dieser „Ersatzauenraum“ kann zudem auch
„Wenn aus hydraulischer Sicht eine Erhöhung        nie verlaufen. Zusätzlich verengt die Berme    viele der ökologischen Funktionen von Auen-
der Rauhigkeit durch naturnahen Bewuchs            den Wasserlauf an dieser Stelle und schafft    räumen wieder aufnehmen. Darunter etwa
im Gewässerprofil nicht oder nicht überall zu      dadurch eine höhere Strömungsgeschwin-         die Schaffung von Biotopen für auenspezifi-
empfehlen ist, können die entstandenen Flä-        digkeit und eine bewusste Veränderung der      sche Arten durch die Erhöhung der Substrat-
chen bei Niedrig- und Mittelwasser ebenso          Strömungsvarianz der Else in diesem Bereich.   vielfalt. Die Kiesberme zieht sich entlang der
zum Zwecke der Naherholung für die Bevöl-          Bermen können zudem als kleine Ersatzauen      Else bis zum „Flussstrand“, um die derzeitig
kerung als Zugang zum Wasser genutzt wer-          dienen, indem sie etwa einen Teil des Sedi-    wahrnehmbare Grenze des „naturnahen“
den“ (Werre-Wasserverband 2002, 79).               ments halten und damit die Wasserqualität      Bereichs nahe des Flussstrandes und dem ur-
                                                   verbessern können. Das mögliche Querprofil     banen Bereich mit der Elsemauer besser zu
Zur Schaffung einer Flachwasserzone soll-          ist in Abb. 74 dargestellt (Werre-Wasserver-   verknüpfen und stärker als einen Raum wahr-
te die Berme auf Höhe der Mittelwasserli-          band 2002).                                    nehmen zu können.

                                                                                                                                                   53
„Flussstrand“ beschreibt die Aufschüttung
                                              einer Sandbank auf das Deichvorland nahe
                                              der Bismarckbrücke (Abb. 75). Die Schaffung
                                              eines Strands an der Else soll ein Highlight
                                              bei der Aufwertung derselbigen sein. Der
                                              Strand soll dort platziert werden, wo derzeit
                                              die Altlastenfläche angrenzt (Abb. 76). Dies
                                              ist bewusst so gewählt, denn der Zugang zu
                                              dieser Fläche kann im Rahmen der Else-Auf-
                                              wertung geöffnet werden, um so den Fluss-
                                              strand auch als Teil der Else nutzen zu kön-
                                              nen. Zu prüfen wäre, inwieweit es möglich ist,
                                              mithilfe der Altlastenfläche einen flacheren
                                              Zugang zum Flussstrand zu schaffen und ei-
                                              nen Teil des Hangs bzw. der Hanghöhe über
                                              die Altlastenfläche zu öffnen. In diesem Zuge
                                              kann also zusätzlich die Altlastenfläche mit
                                              aufgewertet werden. Als mögliche Fläche
                                              wäre generell auch ein Bereich nahe dem
                                              Freibad denkbar, dort gäbe es aber nicht
                                              die Möglichkeit, die Höhe des angrenzen-
                                              den Deiches abzumildern.

                                              Der „Flussstrand“ soll an der Seite zur Bismark-
                                              brücke durch einige Gehölzpflanzungen
                                              (z. B. Eschen oder Weiden) vom angrenzen-
     Abb. 75: Querprofil des „Flussstrands“   den Verkehr lärmtechnisch und visuell ab-

54
geschirmt werden. Dabei ist darauf zu ach-
ten, die Gehölze nicht zu nahe am Wasser
zu pflanzen, um die Fließgeschwindigkeit der
Else nicht durch Hindernisse im Flusslauf zu-
sätzlich zu verlangsamen und den Hochwas-
serschutz zu gefährden.

Der Flussstrand dient für den Nutzer als Zu-
gang zur Else, um diese für sich nutzbar zu
machen. Dies soll die Wertschätzung für das
städtische Fließgewässer erhöhen. Nach
Wittler 2017 gibt es keine gesetzlichen Prob-
leme für die Umsetzung dieser Maßnahme,
die nicht im Zuge der Planung gelöst werden
könnten.

Sowohl die „Berme“, als auch der „Fluss-
strand“ sollen die Else im Innenstadtbereich    Abb. 76: „Flussstrand“
von Bünde mehr zugänglich und damit er-
lebbarer gestalten. Um die Zentralität und      für alle motorisierten Verkehrsteilnehmer.     erhöhten Fußgängeraufkommen betroffen
die Belebtheit dieses Kerngebiets herauszu-     Denkbar wäre beispielsweise eine 20-Zone       sein. Daher ist mit einem stärkeren Begeg-
stellen, wurde die Bezeichnung „Flussstadt“     für die Brücken der „Flusszone“ (Abb. 77).     nungsverkehr zu rechnen.
zusammenfassend gewählt.                        Das vorrangige Ziel hierbei ist es, den Lärm
                                                zu reduzieren und einen möglichen Gefah-       Der Flussraum der Else soll vermehrt als Erho-
Flusszone                                       renbereich abzumildern. Speziell die Bismar-   lungsraum akzeptiert werden. Um dies zu er-
Diese Maßnahme umfasst den Vorschlag            ckbrücke könnte aufgrund der „Flussstadt“      reichen, ist eine Reduktion des Lärmpegels
einer besonderen Geschwindigkeitszone           mit dem nahegelegenen Strand von einem         notwendig. Die Geschwindigkeitsbegren-

                                                                                                                                                55
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