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Aufwertung von Wildkatzenlebensräumen in der Nordeifel unter besonderer Berücksichtigung von Waldgebieten im Rahmen des BUND Projektes „Wildkatzensprung“ Maßnahmenkatalog für die Regionalforstämter Hocheifel-Zülpicher Börde und Rureifel-Jülicher Börde Foto: Thomas Stephan von Manfred Trinzen und Jochen Behrmann Düsseldorf, März 2015
2 1. Inhaltsverzeichnis 1. Inhaltsverzeichnis ...............................................................................................................2 2. Einleitung............................................................................................................................3 3. Übersicht über Maßnahmen zum Schutz der Wildkatze ....................................................3 4. Kriterien für die Auswahl der Gebiete für die Maßnahmen ................................................8 a. Verbreitungsschwerpunkte/Kernlebensräume der Wildkatze ...................................8 b. Korridore der Wildkatze und Konfliktpunkte ..............................................................8 c. Bedeutsame Bereiche für die Wildkatze im Entschneidungskonzept (LANUV) ........ 9 d. Bereiche mit besonders hoher und regelmäßiger Reproduktion der Wildkatze ..... 10 5. Maßnahmenkomplexe ......................................................................................................11 Maßnahmenkomplex A Zentrale Waldbereiche und angrenzendes Offenland im Kernlebensraum der Wildkatze ...................................................................................11 Maßnahmenkomplex B Kernlebensräume der Wildkatze mit Bunkeranlagen und Panzersperren im Grenzraum zu Belgien ...................................................................13 Maßnahmenkomplex C Umfeld Grünbrücke A1 im Bereich Nettersheim / Tondorf....14 Maßnahmenkomplex D Staatswald Regionalforstamt Rureifel-Jülicher Börde ..........14 6. Literatur ............................................................................................................................16 Anlage: Vermeidungsmaßnahmen (nach Arndt und Trinzen) ..............................................19 Manfred Trinzen Dokumentation-Forschung-Gutachten In der Jennenbach 37 D-54608 Buchet mtrinzen@t-online.de, Telefon +49-6555-900623 Jochen Behrmann BUND Landesverband NRW e.V. Merowingerstraße 88 D-40225 Düsseldorf jochen.behrmann@bund.net, Telefon +49-211-30200514
3 2. Einleitung Die Entwicklung der Wildkatzenpopulation in den letzten Jahrzehnten ist eigentlich eine Er- folgsgeschichte. Bedingt durch besseren Schutz, Veränderungen im Lebensraum (Windwür- fe) und gezielte Maßnahmen (Grünbrücken) hat sich die Art insbesondere in den letzten bei- den Jahrzehnten deutlich ausgebreitet. Dabei kam den Quellpopulationen im Harz, Taunus und Eifel eine zentrale Rolle zu. Diese Populationen gilt es vor dem Hintergrund der immer weiteren anthropogenen Inanspruchnahme der Landschaft auch weiterhin zu stabilisieren. Die Wildkatze ist eine Charakterart naturnaher, störungsarmer Waldgebiete. Sie reagiert sensibel auf die Fragmentierung von Waldlebensräumen und dient so als Indikator für den Grad der Vernetzung und der Naturnähe. Damit repräsentiert sie die Ansprüche vieler weite- rer Arten und Lebensgemeinschaften, die an große und zusammenhängende Waldgebiete gebunden sind, wie Schwarzstorch, Baummarder, Bechsteinfledermaus oder Rothirsch (ER- RETKAMPS 2009). Da dieser Lebensraum WALD auch einer permanenten und flächigen Nut- zung unterliegt (FORST), kommt der Form und Intensität der Bewirtschaftung eine Schlüs- selrolle zu. Für die Wildkatze besonders bedeutsam ist also, dass fast ihr gesamter Lebens- raum flächendeckend bewirtschaftet wird, landwirtschaftlich aber insbesondere forstwirt- schaftlich. Der verträglichen Form der Nutzung kommt somit eine entscheidende Bedeutung für den Fortbestand der Art zu. Projektziel ist die Optimierung der Habitatstrukturen in der Nordeifel zur Unterstützung und Sicherung der Eifelpopulation als Source-Population der Wildkatze. Dies erscheint nur mög- lich durch die umfassende Erfassung von Gefährdungsursachen und die gezielte Bündelung von Maßnahmen. Dafür wurden alle verfügbaren Daten und Informationen zusammengetra- gen und gezielt ausgewertet (z.B. Entschneidungskonzept des LANUV, Bestandsdaten der Biologischen Station in Euskirchen, Bewirtschaftung im Forst, etc.). Von besonderer Bedeu- tung dabei war auch das Korridormodell des BUND für NRW (KLAR 2010). Das Projekt „Wildkatzensprung“ soll nicht in Konkurrenz treten zu SOMAKO und anderen an Arten und Schutzgebieten orientierten Konzepten (FFH Anhang II, Vogelschutzrichtlinie, Tot- holzkonzept etc.). Es stellt jedoch eine sinnvolle Ergänzung dar, indem gezielt Korridore er- halten, neue Lebensräume erschlossen und punktuell wichtige Strukturen zur Jungenauf- zucht der Wildkatze in immer noch von wirtschaftlichen Zwängen stark überformten Forsten geschaffen werden. Zudem werden Gefährdungsursachen gezielt gemindert oder beseitigt. Das Projekt soll zudem einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Ziels im Rahmen der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt – Natürliche Waldentwicklung, leisten. [aus Natur in NRW 4/2013: Das Bundesamt für Naturschutz hat im Oktober die Ergebnisse des For- schungs- und Entwicklungsvorhabens „Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt" vorgestellt. Als Ergebnis des Verbundvorhabens zeigt sich, dass es derzeit 213.145 Hektar dauerhaft gesicherten Wald mit natürlicher Waldentwicklung in Deutschland gibt. Dies entspricht einem Anteil von 1,9 Prozent der Waldfläche in Deutschland. Bis zum Jahr 2020 steigt der Anteil voraussichtlich auf 2,3 und danach auf etwa 3 Prozent. In der Nationalen Strategie zur biologi- schen Vielfalt (NBS) der Bundesregierung wird bis zum Jahr 2020 eine natürliche Waldentwicklung auf 5 Prozent der gesamten Waldfläche beziehungsweise 10 Prozent der öffentlichen Wälder angestrebt.] 3. Übersicht über Maßnahmen zum Schutz der Wildkatze Die Wildkatze nutzt in ihrem Streifgebiet verschiedene Strukturen als Tagesversteck/Schlafplatz Jagdrevier Wurfplatz und zur Jungenaufzucht Leitstruktur/Deckung
4 Diese Strukturen müssen in einem Wildkatzenlebensraum jedem Tier einfach, meist aber mehrfach in ausreichender Qualität zur Verfügung stehen. In Folge der Artenschutzprojekte und Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen von Planungspro- jekten sowie dem gestiegenen Interesse an der Art in den letzten Jahrzehnten sind eine Rei- he von Maßnahmen zur Förderung der Wildkatze vorgeschlagen und diskutiert worden (Fremuth 2009, Herrmann 2005, Klar 2010, Götz & Simon 2013, MUNLV 2007, MKULNV 2012). Tab. 1: Zusammenstellung von allgemein empfohlenen Maßnahmen im Forst (fett hervorge- hoben sind im Projekt präferierte Maßnahmen) Nr. Maßnahme Wertigkeit 1 Vielfältige, struktur- und artenreiche Wälder/Waldränder entwi- Sehr ckeln hoch 2 Entstehung von Höhlenbäumen und starkastigen Althölzern för- Sehr dern hoch 3 Windwurf- und Verjüngungsflächen wildkatzengerecht bearbeiten Sehr hoch 4 Historische Waldnutzung oder -pflege fördern mittel 5 Erhalt von Waldwiesen, Blößen, Plenterstellen hoch 6 Steinbrüche, Kuppen und Felsen freistellen bedingt 7 Erschließung und Wegenetz reduzieren (Besucherlenkung, Ruhezo- mittel nen) 8 Quell/Feuchtgebiete und Sonderstandorte entwickeln mittel 9 Vermeidung von Verlusten durch Modifikation forstlicher Verfahren hoch 10 Zäune aus Knotengitter entfernen/ersetzen hoch 11 Bunker und alte Hochsitze/Holzpolter als Quartiere erhalten bzw. Sehr gestalten hoch Zu 1. Schaffung vielfältiger, struktur- und artenreicher Wälder/Waldränder mit möglichst geringbe-
5 einflussten natürlichen Prozessen (Naturnähe). Profitierende Arten sind neben der Wildkatze jeweils typische Arten der Waldbiozönose. Naturnahe Wälder, in denen natürliche Prozesse weitgehend ungestört ablaufen, sind der optimale Lebensraum für die Wildkatze. In naturna- hen struktur- und artenreichen Wäldern ist eine hohe ökologische Stabilität der für die Wild- katze wichtigen Faktoren (Nahrung, Deckung, Ruheplätze) vorhanden. Beispielhaft ist hier das Programm für langfristige ökologische Waldentwicklung (LÖWE) aus Niedersachsen. Durch vielfältige Bewirtschaftungskonzepte (naturnahe Waldwirtschaft, aber auch in kleine- rem Maßstab Kahlschläge oder Niederwaldwirtschaft) kann die ökologische Vielfalt der Kul- turlandschaft gesichert werden, Erhalt von Sonderstrukturen wie stehende Wurzelteller, Baumstümpfe, Kleinstgewässer, Sumpflöcher, Kahlstellen, Hangrutschungen (nach Herr- mann 2005) Zu 2. Erhalt von Baumgruppen oder Bäumen, die das Potenzial für große Faulhöhlen und waage- rechte Starkäste haben. Profitierende Arten sind neben der Wildkatze Baummarder, Bilche, Großer und Kleiner Abendsegler, Große und Kleine Bartfledermaus, Mausohr, Braunes und Graues Langohr, Bechsteinfledermaus, Eulen, Spechte, Dohle, Totholzkäfer, soziale Bienen. Wildkatzen ziehen in Ermangelung geeigneter Großhöhlen ihre Jungen am Boden auf. Der Reproduktionserfolg ist am Boden eher gering, da Prädatoren sowie Bodennässe die Jung- katzen gefährden. Trockene Faulhöhlen in alten Bäumen liegen oberhalb der Reichweite von Füchsen und Wildschweinen. Althölzer weisen außerdem durch die vielen Kleinstunter- schlüpfe, Verjüngung und Mast beste Bedingungen für die Beutetiere der Wildkatze auf (nach Herrmann 2005) Zu 3. Schaffung einer Vielzahl von strukturreichen Flächen (Geländemorphologie, Totholzreich- tum, Mikrohabitate, Artenreichtum, kleinststandörtliche Diversität) Profitierende Arten Wild- katze, Baummarder, Wildschwein, Reh, Haselhuhn, Waldeidechse, Schlingnatter, Schmet- terlinge. Begründung: Reich strukturierte Verjüngungsflächen sind die am stärksten bevor- zugten Habitate der Wildkatze. Wenn Wildkatzen tagsüber jagen, tun sie dies nahezu aus- schließlich in derartigen Beständen. Naturverjüngung wird gegenüber gepflanzten Beständen bevorzugt. Der besondere Wert ergibt sich durch das nahe Beieinander von kleinen Offen- stellen und niedrigen Bäumen und Büschen, die für Kleinnager eine hervorragende Nah- rungsbasis bieten, und des Angebots an deckungsreichen (Totholz, Wurzelteller), zeitweise besonnten Flächen. Maßnahmen: Belassen von hochgeklappten Wurzeltellern, Verzicht auf Grundräumung, Pflanzung und Zäunung (nach Herrmann 2005). Zu 4. Erhalt der Niederwaldrestbestände und Förderung der Niederwaldnutzung und anderer regi- onaler Bewirtschaftungsformen (Rott- und Schiffelwirtschaft). Profitierende Arten Wildkatze, Haselmaus, Haselhuhn, Zauneidechse, Waldeidechse, Hirschkäfer. Begründung: Wildkatzen haben um 1900 ihre letzten Rückzugsräume u.a. in Niederwäldern gehabt. Aus der Zeit in- tensiver Niederwaldnutzung wird neben den Vorkommen des Haselhuhnes insbesondere das gute Vorkommen der Wildkatze hervorgehoben. Niederwälder sind gute Kleinsäugerha- bitate (Nahrungsangebot). Sie bieten der Wildkatze bevorzugte, besonnte Bereiche und sind in der Regel störungsarm. Maßnahmen: “Auf den Stock setzen” durchgewachsener Nieder- wälder in unterschiedlichen Varianten (z. B. mit und ohne Verbleib der gefällten Bäume, mit und ohne Überhälter, mit und ohne Ringeln - stehendes Totholz). Reaktivierung der traditio- nellen Brennholznutzung als Wirtschaftsziel (nach Herrmann 2005). Zu 5. Erhaltung von möglichst ungestörten Wiesen und Weiden innerhalb von Waldgebieten und in Waldrandlagen. Profitierende Arten: Wildkatze, Dachs, Rothirsch, Reh, Schmetterlinge, Heu- schrecken. Begründung Wildkatzen jagen bevorzugt auf waldnahen Wiesenflächen Wühl- mäuse. In stark durchmischten Waldgebieten haben die Wildkatzen die kleinsten Streifgebie- te, dies spricht für gute Qualität dieses Lebensraums. Maßnahmen: Erhalt von Wiesen und natürlichen Blößen, Beseitigung von Aufforstungen in Wiesentälern zur Verbesserung des Strukturreichtums und des Nahrungsangebotes (nach Herrmann 2005)
6 Zu 6. Verzicht auf Baumanpflanzungen und ggf. Beseitigung von Waldbäumen an großen Felsen, ausgeprägten Kuppen, in Geröllzonen und an Steilabstürzen in sonnigen Lagen. Die Bevor- zugung der Wildkatze von sonnenexponierten Liegeplätzen ist bekannt. Die Jungtiere sind auf trockene Plätze angewiesen. Profitierende Arten: Wildkatze, Uhu, Wanderfalke, Waldeidechse, Mauereidechse, Schlingnatter, Graslilie, Wacholder (nach Herrmann 2005). Zu 7. Forstliche Erschließung des Waldes in bisher schwer zugänglichen Bereichen nicht erhöhen und Wegenetz reduzieren. Wildruhe- und Naturentwicklungszonen schaffen, in denen anth- ropogene Störungen minimal sind. Profitierende Arten: Wildkatze, Rothirsch. Wildkatzen sind tag- und nachtaktiv. Telemetrische Untersuchungen zeigen, dass Wildkatzen in nah an We- gen gelegenen, offenen Waldbeständen tagsüber nicht jagen. Sie bevorzugen dichte, un- durchdringliche und ungestörte Bestände. Jagdausübung ist die häufigste Störquelle in be- sucherärmeren Waldgebieten. Erschließung z.B. durch Windparks oder Freizeitanlagen im Wald bedingt eine höhere Frequenz von Störungen. Maßnahmen: Überprüfung des Wege- netzes mit dem Ziel der Reduktion. Rückbau bzw. Nichtinstandsetzung entbehrlicher Wege. Erstellen und Überarbeitung von Besucherlenkungskonzepten in Gebieten mit starkem Be- sucherverkehr (nach Herrmann 2004). Zu 8. Wiedervernässung von meliorierten Waldstandorten und Zulassung der Entwicklung von naturnahen Wäldern. Profitierende Arten: Wildkatze, Baummarder, Zwergmaus, Wald- schnepfe, Feuersalamander. Begründung: Fließgewässer und Säume von Feuchtbiotopen zählen zu den am häufigsten aufgesuchten Wildkatzenhabitaten. Gründe sind im Nahrungs- reichtum (Kleinsäuger, uferbewohnende Säuger und Vögel), in der geringen Störungsfre- quenz (Sümpfe) und in der stark oberirdischen Lebensweise von Kleinsäugern aufgrund des hohen Wasserstandes zu sehen. Das Nahrungsangebot ist hier im Frühjahr besonders groß. Bei Wanderungen fungieren Gewässer für Wildkatzen als Leitstrukturen (nach HERRMANN 2004). Neueste Telemetrieergebnisse aus der Nordeifel (Trinzen in Vorbereitung) weisen auf die hohe Bedeutung von Teichen insbesondere während der Ranz hin (Treffpunkt, Kommu- nikation?) Zu 9. Vermeidung von Verlusten und erheblichen Beeinträchtigungen durch die forstliche Nutzung, insbesondere während der Aufzuchtzeit (siehe Tabelle im Anhang). Wildkatzenmütter lassen ihre Jungtiere unbeaufsichtigt, auch wenn in der Nähe des Wurfortes forstliche Arbeiten durchgeführt werden (März bis Juli). Es wurden Fälle dokumentiert, bei denen Alt- und Jung- tiere beim Umsetzen von Holzpoltern zerquetscht oder von zurückklappenden Wurzeltellern erschlagen. wurden. Zur Käferbekämpfung an ungeschältem Langholz eingesetzte Py- rethroide können Vergiftungen bzw. Todesfälle zur Folge haben, da Wildkatzen diese auf- grund eines Enzymmangels nicht abbauen können. Generell gilt: Vermeidung mehrstündiger Störungen während der Aufzuchtphase in Bereichen, in denen Gehecke festgestellt wurden, insbesondere auf Windwurfflächen und in allen Dickungen zwischen 5. und 20. Jahr. Stehen lassen von Wurzeltellern. Schäfte zur Liegesicherheit an Wurzeltellern belassen. Ausschließ- lich Einschlag im Herbst/Winter, vertragliche Verpflichtung der Käufer zur schnellen Abho- lung des Holzes. Holzlager möglichst fern vom Wald und Gewässern einrichten. Abfuhr des Holzes “just in time”; generelle Ruhe im Wald in der Zeit der Jungenaufzucht. Bei Geheck- funden: Einrichten einer Ruhezone von 200 Metern Radius (nach HERRMANN 2004, ERRET- KAMPS 2009). Zu 10. Soweit Zäunung erforderlich ist, Verwendung von Hordengattern. Profitierende Arten: Wild- katze, Fuchs, Baummarder, Rauhfußhühner. Begründung Wildkatzen und andere Säugetiere klettern über Forstschutzzäune. Inzwischen wurden zahlreiche Fälle belegt, in denen sich Wildkatzen und andere Arten in den Verknotungen mit den Zehen verhakten oder abrutsch- ten und „einfädelten“ und qualvoll zugrunde gingen. Maßnahmen: Entfernung aller nicht mehr funktionstüchtigen Forstschutzzäune, ausschließliche Verwendung von Hordengattern
7 bei erforderlichen Neubauten. In vielen Revieren ist die Wilddichte so hoch, dass die forstli- chen Ziele nicht ohne Zaun erreicht werden können, insbesondere bei gepflanzten Kirschen und Eichen (nach Herrmann 2004) Zu 11. Ziel ist es, eine ausreichende Anzahl von Ersatzunterschlüpfen in Gebieten zur Verfügung stellen, in denen es an geeigneten natürlichen Höhlen mangelt (Fichten). Profitierende Arten Wildkatze, Baummarder, Fledermäuse, Eulen. Begründung: Derzeit stehen in genutzten Wirtschaftswäldern wenig oder keine geeigneten Wurfhöhlen zur Verfügung. Wichtig sind trockene und vor Fuchs und Wildschwein sichere Wurfplätze. Künstlich geschaffene Unter- schlüpfe können für einen Übergangszeitraum einen Ersatz bieten. Geheckbeobachtungen wurden bisher an folgenden anthropogen bedingten Strukturen gemacht: selten oder nicht benutzte Hochsitze, in Wällen aus Wurzelstubben, in Holzpoltern, an Bunkern und verlasse- nen Gebäuden/Schuppen in Waldnähe. Der Aufzuchterfolg von Wildkatzen ist in starkem Maße von der Qualität der Wurf- und Aufzuchtplätze abhängig. Insbesondere der Erhalt alter Bunkeranlagen im Wald vor Beseitigung oder Verschluss ist in der Nordeifel eine sinnvolle Maßnahme. Speziell angelegte permanente Holzpolter können in strukturarmen Gebieten die Überlebensrate von Gehecken deutlich verbessern. Über diese allgemein empfohlenen Maßnahmen hinaus gibt es noch eine Reihe von weite- ren Maßnahmen bzw. Modifikationen in der forstlichen Bewirtschaftung, die Bedeutung für die Wildkatze haben. Hierbei ist insbesondere auch von Bedeutung, zu welcher Zeit im Jahr die Maßnahme durchgeführt wird; beispielsweise sollten während der Aufzuchtzeit der Wild- katzenjungtiere die Störungen möglichst gering sein. Eine ausführliche Tabelle mit einer Aufstellung der Vermeidungsmaßnahmen und Auswir- kungen auf die Wildkatze findet sich im Anhang.
8 4. Kriterien für die Auswahl der Gebiete für die Maßnahmen a. Verbreitungsschwerpunkte/Kernlebensräume der Wildkatze Die Wildkatze hat in NRW ihr Hauptverbreitungsgebiet in der Nordeifel. Im Artenschutzpro- jekt der Biologischen Station im Kreis Euskirchen wurde der Zustand der Verbreitung um 2000 dokumentiert. Abb. 1: Verbreitung der Wildkatze in der Nordeifel (nach Trinzen, in Biologische Station im Kreis Euskirchen 2000) (rosa: Kernräume, blau: verbreitet, gelb: Randvorkommen) b. Korridore der Wildkatze und Konfliktpunkte Die Karte mit den Korridoren und Konfliktpunkten der Wildkatze verdeutlicht die große Be- deutung der Waldkomplexe im südlichen Bereich zu RLP und westlich nach Belgien. Hier verlaufen die wesentlichen Hauptkorridore, die einen Populationsverbund mit den Nachbar- ländern gewährleisten. Eine gute Durchgängigkeit dieser Korridore ist daher von zentraler Bedeutung. Die größte Barrierewirkung haben Straßen: „In Nordrhein-Westfalen ist der Hauptkonflikt mit den Wildkatzenkorridoren die Zerschneidung durch Straßen ... Besonders Straßen mit mehr als 10.000 Kfz/24h stellen sowohl eine starke Barriere als auch ein Mortalitätsrisiko für Wild- katzen dar. Bereits mäßig befahrene Straßen mit wenigen tausend Kfz/24h können eine Bar- rierewirkung haben (Klar et al. 2009). Ein geringes Mortalitätsrisiko gibt es selbst an selten befahrenen Kreisstraßen. Der wichtigste Nord-Süd Korridor wird zwischen Blankenheim und Schmidtheim von der stark befahrenen B51 geschnitten. ... Die B266 schneidet denselben Korridor weiter nördlich zwischen Gemünd und Kall, auch hier wäre eine Maßnahme für
9 Wildkatzen und andere Tierarten dringlich. Die A1 schneidet die Ost-West-Korridore im Be- reich zwischen Zingsheim und Engelgau. Bei der Weiterführung der Trasse Richtung Süden besteht die Gefahr, dass weitere Ost-West Verbindungen zerschnitten werden. Die Verbin- dungskorridore nach Belgien werden von der B258 bei Roetgen zerschnitten. Die A44/E40 scheidet den Korridor entlang der Grenze auf Belgischer Seite“ (Klar 2009). Abb. 2: Wildkatzenkorridore in der Nordeifel (nach Klar 2009) c. Bedeutsame Bereiche für die Wildkatze im Entschneidungskonzept (LANUV) Im Entschneidungskonzept der LANUV wird die Situation im Eifelraum folgendermaßen dar- gestellt (MKUNLV 2012): Teilraum 1: Eifel, südliche Kölner Bucht, Ville. Der Teilraum hat mit 3 092 km² einen Anteil von ca. 9 % an der Gesamtfläche von Nordrhein-Westfalen. Der Anteil an Wald liegt in die- sem Raum bei 32 % und verteilt sich weitgehend auf die Eifel und die Ville mit Kottenforst. Der Anteil an Laub-Mischwald liegt bei ca. 17 %. Der Anteil an Schutzgebieten (NSG/FFH/VS) liegt bei ca. 12 %. Die Eifel mit ihrem hohen Waldanteil und geringer Besied- lungsdichte ist Lebensraum für eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt. Sie ist Lebensraum u. a. der Wildkatze mit der höchsten Populationsdichte in NRW. Die Wildkatze wandert groß- räumig und hat ihre Streifgebiete von und nach Belgien, Rheinland-Pfalz und bis nach Frank- reich. Weitgehend flächendeckend gehören die Waldgebiete und strukturreichen Offenland- flächen zu den Kern- und besiedelten Bereichen der Wildkatze. ... Wanderkorridore nach Rheinland-Pfalz, Belgien und in den deutsch-niederländischen Grenzraum ... dokumentieren großräumige und länderübergreifende Verbundkorridore. Die Eifel und die Übergangsbereiche zur östlich gelegenen südlichen Kölner Bucht mit der Zülpicher Börde wird durch eine Vielzahl an Straßen geschnitten, über die mehr als 3 000 Kfz/24 h abfließen. Insbesondere die Straßenabschnitte innerhalb der Wälder und solcher, die den Bewegungsraum der Ziel- und weiterer Arten insbesondere zwischen den großen Wäldern schneiden, gefährden Verbundfunktionen. Über die A 1 bei Engelgau/Tondorf ist die
10 im Rahmen des Konjunkturpaketes 2009 vorgesehene Grünbrücke inzwischen gebaut, die u. a. für die Wildkatze Lebensräume verbindet. Es werden für die beiden Hauptkorridore vom Münstereifeler Wald bis zur belgischen Grenze nördlich und südlich der B51 in der Karte darüber hinaus aber noch 3 weitere geeignete (d.h. erforderliche) Querungshilfen identifi- ziert. Eine ausreichende Durchlässigkeit ist derzeit nicht gegeben, es besteht Optimierungs- bedarf. Ein weiterer Schwerpunktbereich sind die Waldgebiete südlich angrenzend an den Nationalpark (Schleiden, Hellenthal), die einen weiteren Korridor nach Belgien hinein bilden. Eine hervorgehobene Bedeutung hat in der westlichen Eifel, im Übergang zum Hohen Venn nach Belgien der großräumige Waldkomplex des Hürtgenwaldes mit seinen Kern- und be- siedelten Lebensräumen der Wildkatze und Rotwildbewirtschaftungsbezirken. Im mittleren und südwestlichen Teilraum zerschneiden Straßen wie die B 258, die L 24 und die L 12 die- sen Raum. Maßnahmen zur Hilfe von Querungen haben insbesondere an der B 258 Priorität, zumal der gesamte Raum des Hürtgenwaldes die zur Findung der Suchräume maßgeblichen naturschutzfachlichen Kriterien erfüllt. Weiter nach Süden in Richtung Nationalpark Eifel sind die B 399 und die L 246 Barrieren mit hoher Trennwirkung insbesondere auch als kritische Barriere für die Wanderung der Zielarten von der südwestlichen Eifel bis in den Hürtgenwald. Diese Straßen trennen die großen Waldkomplexe wie den Schleidener Wald und den Ker- meter vom Hürtgenwald. Im Schleidener Wald ist die B 258 als Barriere hervorzuheben, die auch die Wanderung der Zielarten nach Belgien mit den angrenzenden großen Waldflächen beeinträchtigt. Abb. 3: Darstellung der Wildkatzenkorridore im Entschneidungskonzept des LANUV d. Bereiche mit besonders hoher und regelmäßiger Reproduktion der Wildkatze Westwallbunker und Höckerlinie sind wesentliche Strukturelemente in einer ansonsten in weiten Teilen ausgeräumten Landschaft. Für Wildkatzen bildet dieses „Band“ eine Verbin- dung zwischen den zentralen Waldgebieten auf deutscher und belgischer Seite. Dabei sind
11 sowohl die gesprengten Bunkeranlagen als auch die Höckerlinie von großer Bedeutung. Wildkatzen nutzen Bunker nachweislich im den Wintermonaten als Quartier und später zur Jungenaufzucht. Die zunehmende (auch touristische) Nutzung der Landschaft kann durch gezielte Beruhigung im Bereich dieser Anlagen teilweise kompensiert werden. Den Panzer- sperren (Höckerlinie, „Drachenzähne“) stellen insbesondere im Offenland eine wichtige Leit- linie sowie auch eine Zufluchtsmöglichkeit dar. Da bereits der größte Teil der Anlagen durch die BIMA (früher Bundesvermögensamt) geschleift wurden, kommt den letzten verbliebenen Anlagen eine besondere Bedeutung zu. Als künstliche „Felsstandorte“ können sie auch für andere Arten von Bedeutung sein (Luchs). 5. Maßnahmenkomplexe Die im Folgenden beschriebenen Maßnahmenkomplexe wurden als prioritär identifiziert und eignen sich für die Umsetzung im Rahmen des Projekts. Es handelt sich dabei um eine Bün- delung von Einzelmaßnahmen, die (1) hinsichtlich ihrer Wertigkeit für die Wildkatze als be- sonders hoch einzustufen sind, (2) in Bereichen angesiedelt sind, die für die Wildkatze von zentraler Bedeutung sind (3) nachhaltige Wirkung haben, (4) ein günstiges Preis/Nutzenverhältnis haben und (5) ohne größeren zusätzlichen Planungs-, Genehmi- gungs- und Verwaltungsaufwand umzusetzen sind. In der Auflistung sind fast nur Maßnahmen aufgeführt, die Kosten verursachen. Die Umset- zung der Vermeidungsmaßnahmen, die im Anhang detailliert aufgeführt sind und überwie- gend ohne zusätzliche Kosten umgesetzt werden können, erfolgt zusätzlich dazu, soweit entsprechende Möglichkeiten und Bereitschaft der Forstämter bestehen. Sollten sich Erlöse aus dem Verkauf von Holz im Rahmen der Maßnahmen ergeben, besteht die Bereitschaft von Seiten der Forstverwaltung, dafür zusätzliche Maßnahmen in entspre- chendem Umfang durchzuführen. Mögliche Erlöse wurden daher nicht in die Kalkulation mit einbezogen. Maßnahmenkomplex A Gebiet: Zentrale Waldbereiche und angrenzendes Offenland im Kernlebensraum der Wild- katze (Gemeindeforst und Gemeinde Dahlem, Privatwald Simmeler Hof, FBB Schlei- den/Gemünd) Einzelmaßnahmen Entwicklung von Waldrändern und Waldinnensäumen Entwicklung von Bachläufen und Bachtälern Aufwertung von Offenlandbereichen durch Pflanzungen Ausweisung von Totholzinseln und Höhlenbäumen Anlage von dauerhaften Holzpoltern und Ausbringen von „Wurfboxen“ Vermeidung von Verlusten (Jungtiere) durch Anpassung der forstlichen Maßnahmen (z.B. Abfuhr von Poltern) Vermeidung von Störungen durch Besucherlenkung und Befristung von Holzernte (Selbstwerber) Rückbau von Knotengitterzäunen und Erstellen von Hordengattern Optimierung einer Querungsmöglichkeit (B51)
12 Beschreibung des Gebietes und der Maßnahmen Die Waldstruktur im Gemeindewald Dahlem ist insgesamt für Wildkatzen als sehr geeignet anzusehen (ausgeprägte Bachtäler mit Offenbereichen, Fichtennaturverjüngung,…), Bu- chenaltholz, Naturverjüngung mit Eichenüberhältern…). Waldumbaumaßnahmen im Rah- men der naturnahen Waldwirtschaft werden seit einigen Jahren konsequent umgesetzt. Dennoch bleibt auch im Gemeindewald Dahlem Nadelhölzer (derzeit die Fichte) noch über lange Zeit Hauptbaumart und auch Haupteinnahmequelle. Der Gemeindewald Dahlem sowie die angrenzenden Freiflächen und die B51 sind Schwer- punktbereiche sowohl im Korridorsystem „Wildkatze“ des BUND als auch im Entschnei- dungskonzept des LANUV. Die immer weitere Inanspruchnahme (z.B. durch touristische Projekte, Windparks) der zent- ralen Waldgebiete in der Nordeifel führt zur Abnahme und Abwertung der Lebensräume der Wildkatze sowie zur Zerschneidung von Lebensräumen. Diese zu kompensieren, ist Ziel der Maßnahmen im zentralen Bereich der Wildkatzenpopulation bei Dahlem, Schmidtheim. Dazu sind im Offenland Strukturanreicherungen bis zu einer Entfernung von 2 km von Waldgebie- ten nördlich und südlich der B51 geplant. Diese Distanzen sind bei geeigneten Strukturen für Wildkatzen überbrückbar. Die Offenlandbereich selbst sind bei ausreichender Strukturierung gut als Jagdhabitat nutzbar. Die Verbindung der Waldkomplexe nördlich und südlich der B51 erfolgt über eine Unterführung (in Zusammenarbeit mit Strassen NRW, Euskirchen) im Be- reich der Anschlussstelle Baasem. Ein stillgelegter Steinbruch unmittelbar im Bereich der Unterführung bietet ideale Rückzugsmöglichkeiten. Die Hinführung erfolgt durch gezielte Strukturveränderungen, angepasste Bewirtschaftung und Pflanzungen. Nach Süden hin wird zudem eine in Planung befindliche Grünbrücke bei Stadtkyll an die Waldgebiete bei Dahlem angebunden. Der Privatwald Simmeler Hof liegt innerhalb des Dahlemer Waldes. Im Bereich der Stadt Schleiden (städtisch und privat) stehen die Aufwertung der Bachtäler und Waldränder/Waldsäume im Vordergrund. Das Gebiet stellt die Verbindung zu Belgien und dem Nationalpark dar. Hauptkorridore verlaufen entlang der Grenze zu Belgien und Richtung Ardennen. Obwohl von vielbefahrenen Straßen durchzogen, kommt die Wildkatze hier flächendeckend vor. Der besonderen Bedeutung von Bachtälern und Waldrändern (in- klusive Waldinnensäumen) wird bei den geplanten Maßnahmen hier Rechnung getragen. Da der Fichtenanteil hier immer noch sehr hoch ist, sind Entfichtungen mit standortgerechter Aufforstung, gezielter Nutzungsverzicht/Nutzungsumwandlung sowie Schaffung von stehen- dem und liegendem Totholz die bevorzugten Maßnahmen. Der relativen Strukturarmut in Bezug auf sichere Wurfplätze wird zusätzlich kurzfristig durch die Anlage von dauerhaften Holzpoltern und einigen „Wurfboxen“ (Monitoring) entgegengesteuert. Aufstellung Anlage von 10 Holzpoltern und 10 Kronenwällen als sichere (Ersatz-) Wurfplätze, Ausbrin- gen von 2 „Wurfboxen“ inklusive Monitoring Stehendes und liegendes Totholz: Etwa 50 Altbäume (Buche/Eiche Mix) werden aus der Nutzung genommen. Umstellung auf Hordengatter (siehe Schwerpunkt: Vermeidung). 1.000 lfm Zaunabbau und 500 lfm Ersatz durch Hordengatter Aufwertung von Bachtälern, standortgerechte Aufforstung, Nutzungsumwandlung Bepflanzung von Wegebegleitflächen (4.000m) und Gehölzschwerpunkten (5.000qm) insgesamt ca. 3 ha im Offenland der Gemeinde Dahlem Optimierung einer Unterführung unter der B51 im Bereich Dahlem / Baasem
13 Maßnahmenkomplex B Gebiet: Kernlebensräume der Wildkatze mit Bunkeranlagen und Panzersperren im Grenz- raum zu Belgien (Forst Arenberg und FBB Udenbreth) Einzelmaßnahmen weiträumige „Beruhigung“ der Anlagen und Vernetzung (Panzersperren) Vermeidung von Verlusten (Jungtiere) durch Anpassung der forstlichen Maßnahmen (z.B. Abfuhr von Poltern) Vermeidung von Störungen durch Besucherlenkung und Befristung von Holzernte (Selbstwerber) Rückbau von Knotengitterzäunen und Erstellen von Hordengattern Gatterung von Windwurfflächen (Sukzessionsflächen) Beschreibung des Gebietes und der Maßnahmen Forst Arenberg: Die Ausweisung von stehendem Totholz wird aus Sicherungsgründen (Ver- kehrssicherung und Arbeitsschutz) abgelehnt. Veränderungen der Waldstruktur weg von reinen Fichtenforsten haben bereits zu weitreichenden Veränderungen geführt. Allerdings ist auch der wirtschaftliche Druck hoch, da es sich bei dem Arenberger Forst um Privatwald handelt. Der Arenbergsche Forst stellt eine wichtige Verbindung zu Nationalpark und Belgien da. Die Besiedlung durch die Wildkatze ist flächig (Kernraum). Besondere Belastungen gibt es derzeit in erster Linie durch punktuell intensiven Besucherdruck (Ski im Winter). Die Zahl der noch vorhandenen Bunkeranlagen im Gebiet ist in den letzten Jahrzehnten trotz Wider- stand der Arenbergschen Forstverwaltung kleiner geworden. Die letzten verbliebenen Anla- gen im Bereich Hollerath sollen „beruhigt“ und durch Strukturelemente verknüpft werden. Daneben stehen im Forst Arenberg der Abbau von Knotengitterzäunen und der Ersatz durch Hordengatter sowie Gatterung auf Windwurfflächen im Fokus. FBB Udenbreth: Neben den Bunkeranlagen im Bereich des Arenbergschen Forstes stellen insbesondere die Panzersperren im Bereich Udenbreth für Wildkatzen wesentliche Struktu- relemente in der Landschaft dar. Unmittelbar hinter der Landesgrenze sind in RLP auch noch gesprengte Bunker vorhanden. Bezüglich der Umsetzung von Totholzkonzepten kann der FBB Udenbreth als vorbildlich gelten. Wildkatzen wurden hier im Rahmen des Artenschutz- projektes Wildkatze der Biologischen Station im Kreis Euskirchen in den Jahren 2002-2004 intensiv untersucht. Erstmals konnte hier die Sozialstruktur einer Wildkatzenpopulation ge- nauer untersucht werden. Der Raum schließt im Osten an den Dahlemer Wald an. Im FBB Udenbreth liegt der Schwerpunkt bei der Freistellung bzw. Umgestaltung der direkten Umge- bung von Panzersperren als lineare Vernetzungselemente. Aufstellung Panzersperren: Baumfällung, Räumung von Hand in Teilbereichen, Planzung von Hoch- stämme von Bergulme, Vogelkirsche und Wildobst etc., Pflanzenschutz (Einzelschutz) Schutz und Vernetzung von 2-3 Bunkeranlagen im Bereich Hollerath (Privatforst Arenberg) Das Umfeld der Anlagen soll dabei aus der Nutzung genommen, ein Sichtschutz aufgebaut und die Anlagen mit Hordengattern „gesichert“ werden. Umstellung auf Hordengatter (auch an Wildäckern) im Privatwald Arenberg initiiert werden (siehe Schwerpunkt: Vermeidung). 1000 lfm Zaunabbau und Ersatz mit 1.000 lfm Hordengat- ter sowie Gatterung auf insgesamt 1.000 qm Windwurfflächen (10 Teilflächen mit 10 * 10 m)
14 Maßnahmenkomplex C Gebiet: Umfeld Grünbrücke A1 im Bereich Nettersheim / Tondorf (Blankenheim) Einzelmaßnahmen weiträumige „Beruhigung“ der Grünbrücke/Querungshilfe und Vernetzung Vermeidung von Verlusten (Jungtiere) durch Anpassung der forstlichen Maßnahmen (z.B. Abfuhr von Poltern) Vermeidung von Störungen durch Besucherlenkung Ausweisung von Totholzinseln und Höhlenbäumen Anlage von dauerhaften Holzpoltern Beschreibung des Gebietes und der Maßnahmen Die Grünbrücke über die A1 im Bereich Nettersheim / Tondorf (Blankenheim) wurde insbe- sondere aufgrund der hohen Verkehrsgefährdung (mindestens 4 überfahrene Wildkatzen 2001-2006) und der Zerschneidungswirkung auf die in Ost-West Richtung verlaufenden Hauptkorridore der Wildkatze errichtet. Maßnahmen, die von Strassen NRW im Rahmen der Planung umgesetzt wurden, beschränken sich in erster Linie auf das unmittelbare Umfeld der Brücke bzw. der Trasse der A1 (Zäunung). Um die Attraktivität des Bauwerks zu erhöhen - und damit einen möglichst intensiven Populationsaustausch über die Brücke zu gewährleis- ten - sollen die Waldgebiete im erweiterten Umfeld aufgewertet und die Anbindung der Grünbrücke weiter verbessert werden. Dafür sind Maßnahmen wie die Anlage von Holzpol- tern (sichere Wurfplätze) sowie die Ausweisung von stehendem Totholz (Einzelstamm und Gruppen) geplant. Aufstellung Stehendes und liegendes Totholz: Etwa 50 Altbäume (Buche/Eiche Mix) werden aus der Nutzung genommen. Anlage von 10 Holzpoltern und 10 Kronenwällen als sichere (Ersatz-) Wurfplätzen, Maßnahmenkomplex D Gebiet. Staatswald Regionalforstamt Rureifel-Jülicher Börde Einzelmaßnahmen Entwicklung von Waldrändern und Waldinnensäumen durch Nutzungsaufgabe Schaffung von (Ersatz) Wurfplätzen Ausweisung von Totholzinseln und Höhlenbäumen Vermeidung von Verlusten (Jungtiere) durch Anpassung der forstlichen Maßnahmen (z.B. Abfuhr von Poltern) Vermeidung von Störungen durch Besucherlenkung und Befristung von Holzernte (Selbstwerber) Rückbau von Knotengitterzäunen Beruhigung von Bunkeranlagen
15 Beschreibung des Gebietes und der Maßnahmen Für den Staatswald im RFA Rureifel-Jülicher Börde kann für das Gebiet des Hürtgenwaldes und der Rureifel mittlerweile von einem nahezu flächendeckenden Vorkommen der Wildkat- ze ausgegangen werden. Dies bestätigen jedenfalls Beobachtungen in der Regel auf „Frei- flächen" im Wald, wie Wildwiesen, Kultur- und Windwurfflächen. Aufstellung Schaffung von (Ersatz-) Wurfplätzen in sechs im Revier verteilten alten, nicht mehr genutz- ten Futterschuppen/-raufen im FBB Vicht durch Auffüllen mit Stroh Herausnahme von Laubaltholzinseln aus der Bewirtschaftung: Um potentielle Wurfplatzbio- tope für die Wildkatze zu erhalten, werden in den FBB Großhau und Vicht etwa 230 Altbäu- me (Rotbuchen/Traubeneichen/Hainbuchen Mix), die in Nadelwaldkomplexen eingebettet sind, als Trittsteine oder Korridore aus der Bewirtschaftung genommen, und es wird bewusst auf eine wirtschaftliche Nutzung verzichtet. Zaunabbau, -abtransport und Entsorgung von 3.700 lfdm im FBB Vicht und Hürtgen. Hierbei handelt es sich um Knotengeflechtzäune, die zur Förderung von Buchennaturverjüngung in Buchenaltholzbeständen errichtet wurden und nicht mehr notwendig sind. Diese Laub- Altholzbestände in den FBB's Vicht und Hürtgen sind seit kurzem als Wildnisentwicklungs- gebiet ausgewiesen.
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19 Anlage: Vermeidungsmaßnahmen (nach Arndt und Trinzen)
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