Bahn & Bike - vom Hinterrheintal ins Tessin (Schweiz)

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
Stand Februar 2007

                                                             Autor: Martin Zeitler, Parsberg

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Bahn & Bike – vom Hinterrheintal ins Tessin (Schweiz)
Anreise
Die Wettervorhersage meinte es im Juni gut mit meiner zweitägigen Radtour. Ein lang
gehegter Traum, mit dem Fahrrad den Hauptkamm der Alpen von Nord nach Süd zu
überqueren, konnte beginnen. Die sportliche Herausforderung und die seit je her vorhandene
Leidenschaft für die Berge führten mich in die Schweiz. Zudem gibt es da ein gut
ausgeschildertes Fahrradnetz. Bei der Wahl des Passes entschied ich mich für den San
Bernardino (2066 m). Wegen meiner nur kurzen Trainingsvorbereitung schienen mir andere
Pässe zu anstrengend. Die imposante Höhe der 3000-er Berge entlang der Tour stellte ich mir
grandios vor, was dann auch zutraf. Für den Der Start der Radreise sollte Thusis in
Graubünden sein das Ziel Lugano im Tessin. Als Shuttle-Service gab es nichts
preisgünstigeres und bequemeres als die Bahn. Die Fahrscheine für die Hinfahrt und
Rückfahrt inkl. der internationalen Fahrradkarten mit Stellplatzreservierung kaufte ich mir
zwei Tage vorher. Außerhalb der Ferienzeiten und mitten in der Woche war die
Radreservierung anscheinend kein Problem.

Mit dem Eurocity 196 ging es planmäßig um 07:12 Uhr in München los. Das Fahrrad reiste
ein paar Meter weiter hinten im gleichen Wagen mit. Die notwendigen Anschlüsse in St.
Margrethen und Chur erreichte ich problemlos. Die Schweiz ist bekannt für sein pünktliches
Bahnnetz. Etwas schwieriger war dann doch das Umsteigen ohne fremde Hilfe mit vier
gefüllten Fahrradtaschen. Die Regionalzüge haben leider keine bahnsteiggleichen
Einsteigemöglichkeiten, so dass ich mit meinem voll bepackten Gefährt viel Mühe hatte nach
oben und durch die schmalen Türen des Zuges zu kommen. Ein Reisepartner wäre hier die
Lösung gewesen. Zum Fahrrad sagen die Schweizer übrigens Velo. So nennt sich nun meine
Art des Reisens zusammen mit meinem Fahrrad und der Bahn „Veloselbstverlad“. Die letzten
28 Bahnkilometer reiste ich ab Chur mit der Rhätischen Bahn (rätoromanisch: Viafier retica),
einer genau Einmeter breiten Schmalspurbahn (Bild Nr. 1). Überwiegend haben die Schienen
in Europa eine Abstand von 1435 mm (Spurweite). Als Reisender bemerkt man diesen
Umstand nicht. Beeindruckend waren nur die herrlichen Ausblicke auf die sehr nahe an der
Bahnstrecke vorbeiziehenden Berge.

Start in Thusis
Am frühen Nachmittag erreichte ich planmäßig um 12:23 Uhr Thusis im Kanton Graubünden
(723 m). Bei herrlichem Sonnenschein und kaltem Wind ging es nun bergauf (Bild Nr. 2).
Zum Glück war es Rückenwind. Die Wetterregel für den Kanton Graubünden sollte man sich
merken: Bei Sonnenschein weht der Wind von Nord nach Süd und bei schlechtem Wetter
umgekehrt. Ich folgte der nationalen Graubünden – Fahrradroute Nr. 6 nach Bellinzona. Die
Route ist identisch mit der Kantonstraße (Bundesstraße), eine breite und zum Glück sehr
wenig befahrene Straße. Parallel dazu verläuft die Nationalstraße A 13 (Autobahn).

Viamala
Zu Beginn der Tour hatte ich in Thusis das Hinweisschild „steigt 1.300 m auf 43 km“ noch
nicht richtig verstanden. Doch das änderte sich ganz schnell. Der erste Tunnel war hell
beleuchtet und furchtbar laut. Weiter entfernte Motorengeräusche vermutete ich wegen des
hohen Geräuschpegels direkt hinter mir. Eine gute Fahrradbeleuchtung sowie zusätzlich
Reflektoren geben einem dennoch ein sicheres Gefühl. Die Kinder nehmen es hier

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
Stand Februar 2007

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anscheinend gelassener. Ein etwa 12-jähriger Bub kam auf einem alten Fahrrad ohne Licht
daher. Er rief mir ein fröhliches „Griezi“ herüber. Alle drei Tunnels auf der Tour bis Lugano
liegen hintereinander am Beginn der Strecke. Schon bald kommt man zum Autoparkplatz der
Viamala. Nur wenige Touristen waren hier während der Woche anzutreffen. Die Viamala
bietet ein gewaltiges und imposantes Naturschauspiel mit einem spektakulären Schlund von
rund 300 m Tiefe (Bild Nr. 3,4). Insbesondere durch den gleichnamigen Film mit Maria Adorf
wurde diese Klamm weltberühmt. 321 Stufen führen hinunter zum Fluss Hinterrhein. Der
Hinterrhein vereinigt sich mit dem Vorderrhein ungefähr 10 km vor der Stadt Chur zum
Rhein.

Hinterrheintal
Acht Kilometer nach Thusis wurde die Strecke etwas flacher und ich erreichte Zillis. Der Ort
ist wegen der bemalten Holzdecke in der Kirche St. Martin in der ganzen Welt bekannt.
Anschließend ging es noch ein Stück eben weiter, so dass ich wie erwartet die Landschaft
beim Fahren genießen konnte. In Andeer hatte ich mich schon auf die Höhe
von 982 m geschraubt. Während ich bei ungetrübtem Sonnenschein und starkem Rückenwind
hier beinahe fror, floss der Schweiß in den steilen Abschnitten in Strömen. Wasser hatte ich
genügend dabei und auch gegen Hunger machte ich hie da eine kurze Rast. Zum sehen gab es
dazu immer viel.

(Bild Nr. 5) Andeer ist berühmt wegen seines zartgrünen Granits, der unter anderem im
Sächsischen Landtag, im Haas-Haus in Wien oder in einigen U-Bahn-Stationen in Berlin zu
bewundern ist.
Kurz hinter Bärenburg beeindruckte mich ein total grüner See (Bild Nr. 6). Später habe ich
gelesen, dass es sich hier um ein Ausgleichbecken zum höher gelegenen Sufner Stausee
handelt.
Die Zeit des gemütlichen Radfahrens wurde dann abrupt hinter dem See durch den Anstieg in
der Roflaschlucht beendet. Mit maximal 6 km/h fuhr ich Kehre um Kehre hoch. Leider wurde
dieser Tourabschnitt als Umleitungsstrecke der Autobahn benutzt. Die A 13 waren wegen
Bauarbeiten gesperrt. Die Lkws überholten mich dabei mit maximal einem Meter Abstand.
Ich strampelte trotz der Steigung deshalb schneller als ich eigentlich wollte.

Am Sufner See hatte ich es geschafft (Bild Nr. 7). Der Radweg verläßt hier die asphaltierte
Straße und führt den Stausee entlang. Hier beginnt das Hochtal „Rheinwald“. Ich war alleine
mit der Natur zwischen Wald und kleineren Weidewiesen.
Ein elektrisch geladener Weidezaun versperrte mir die Weiterfahrt. Zum Glück fand ich im
Kuhstall daneben den Bauern, der mir ganz freundlich in Schwyzerdütsch erklärte, dass ich
nur die an den Pfählen eingehängten Plastikgriffe abnehmen und auf den Boden legen muss
und nach der Vorbeifahrt wieder einhängen müsse.

(Bild Nr. 8) Bald erreichte ich Splügen (1457 m). Hier kreuzt der gleichnamige Splügenpass,
der nach Chiavenna in Italien führt. Das Dorf besuchten zur Durchreise nach Italien schon
viele berühmte Persönlichkeiten wie z.B. Königin Viktoria von England, Johann Wolfgang
von Goethe oder Albert Einstein. Splügen ist eines der besterhaltensten ursprünglichen Dörfer
Graubündens (Bild Nr. 9) und wunderschön eingerahmt von Bergen, so wie man sich die
Schweiz eben vorstellt. Die Uhr zeigte 17:00 Uhr. Ich war jetzt 4 ½ Stunden unterwegs und
hatte 26 km zurückgelegt. Nach meinem Körpergefühl waren es über 100. Das lag sicher

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
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daran, dass ich schon mehr als 700 Meter in die Höhe geradelt bin und für die kurze Distanz
enorm viel Interessantes gesehen hatte. Obwohl im Juni die Tage lange dauern und der
Himmel wolkenlos war setzte schon die Dämmerung ein. Es war mir aber noch zu früh um
hier zu übernachten. Im Supermarkt füllte ich meinen Wasserproviant wieder nach.

Übernachtung in Hinterrhein
Der Radweg nach Nufenen ist eine asphaltierte Nebenstraße und wahrscheinlich überwiegend
landwirtschaftlich genutzt. Das Chilchalphorn (3038 m) bot eine traumhafte Kulisse, immer in
Fahrtrichtung voraus (Bild Nr. 10). Im 10 km entfernten Nufenen wollte ich mir ein Quartier
für die Nacht suchen. Das Gasthaus für die Übernachtung lag mir zu Nahe an der Autobahn.
Im Ort fragte ich mich von Haus zu Haus durch. Ein Zimmer hätte ich wohl bekommen, aber
eigentlich waren sie nicht darauf eingerichtet. Die Dame des Hauses erklärte mir, dass es in
Hinterrhein noch eine gute Übernachtungsmöglichkeit gibt. Auf der Fahrt dorthin passierte es,
dass ich auf einer schmalen Nebenstraße in eine für mich unsichtbare halbhoch gespannte
Leine fuhr (Weidezaun). Ich stürzte mit dem Rad. Meine Lichtanlage hat leider etwas
abbekommen. Ich musste mich aber wegen der einsetzenden Dämmerung und der
abendlichen Kälte sputen. Nach 36 km war ich am Ziel der Tagesetappe angelangt. Im
Dörflein Hinterrhein fragte ich im Kaufladen nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Die
freundliche Dame sagte mir, dass sie im Haus dahinter Zimmer vermietet. Ich hatte Glück und
fand mitten im Dorf ein ganzes 8-Betten-Haus für mich alleine. Mit Frühstück habe ich hier
umgerechnet 24,-- Euro bezahlt. Es war 19:00 Uhr und schon ziemlich duster. Zum
Abendessen ging ich zu Fuß in die etwa 2 km entfernte Nordstation des San Bernardino
Tunnels. In der Raststätte habe ich mir ein üppiges Abendessen gegönnt. Anschließend bin
ich in meiner Unterkunft mit dem Mobiltelefon in der Hand in den Schlaf gesunken.
Eigentlich wollte ich noch meine Frau anrufen, aber das gelang mir nicht mehr.
(Bilder Nr. 11-17 zu Hinterrhein, Bild Nr. 11 liegt neben Hinterrhein auf dem Weg zum Pass
mit dem Rheinquellhorn, 3200m (ganz links), Bild Nr. 17 ebenso mit Rheinquellhorn, 3200m)

Am nächsten Tag hatte es morgens um 8:00 Uhr etwa – 4° C. Ich beschloss deshalb erst nach
10:00 Uhr weiter zu radeln. Nach einem ausgiebigen Frühstück und der notwendigen
Reparatur der Lichtanlage schaute ich mich noch im Dorf um. Es erinnerte mich alles sehr an
die „Heidi und Peter – Welt“ aus dem Fernsehen. Der Ziegenhirte trieb gerade seine Herde
mitten durchs Dorf auf die Weide. Es soll etwa 100 Ziegen in Hinterrhein geben. Die
glücklichen Hühner flattern zwischen den Häusern herum. Davor wurde das Brennholz
gemacht. Hinterrhein ist angeblich die älteste Walserkolonnie Graubündens. Der hier
gesprochene Walserdialekt soll besonders rein und unverfälscht sein. Natürlich habe ich das
als Bayer nicht bemerkt. In jedem Fall klingt er sehr gemütlich. In Hinterrhein lebt man zum
größten Teil von der Landwirtschaft habe ich mir sagen lassen. Man bekommt das Gefühl,
dass die Welt hier noch in Ordnung ist.

Der Pass
(Bild Nr. 11) Das schneebedeckte Rheinquellhorn (3200 m) läßt alles noch kälter wirken als
es tatsächlich ist. Die Leute waren hier im Juni wie im Winter gekleidet. Bei 1620 m Seehöhe
ist das aber sicher nichts Außergewöhnliches. Natürlich habe ich mich dann für die
Weiterfahrt warm eingepackt, obwohl es jetzt die nächsten 9 km nur noch bergauf ging. Nach
meiner Radkarte sollten es durchschnittlich 9 % Steigung bis zur Passhöhe sein. Bald
überquerte ich den Hinterrhein und dann ging's los. Von der Autobahn A 13 aus schoben sich

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
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Autos und Lkws in den San Bernardino Tunnel. Voller stolz bog ich in die steile Straße ein,
hinauf auf den alten Pass. Ungefähr 400 Höhenmeter waren zu überwinden. In mehreren
Kehren ging es gleich richtig zur Sache. Meine vier Radtaschen zogen ganz schön bergab. Bis
jetzt hatte sich die Sonne im Hochnebel noch nicht gezeigt. Es war windstill. Langsamer und
mühevoller als geplant strampelte ich die Bergkilometer hinauf. Das schöne an der Strecke
war, dass kaum Autos fuhren. Ein entgegenkommender Motorradfahrer hatte mir
aufmunternd zugewunken. An der Landschaft konnte ich wahrscheinlich wegen der
körperlichen Anstrengungen und dem Wetter nichts besonderes abgewinnen. Ein verlassener
Steinbruch ermöglichte mir die nähere Betrachtung des merkwürdig braunen und auch
mitunter glänzenden Gesteins (Bild Nr. 19). Mehrmals wähnte ich mich schon oben, aber
dann kam doch wieder die stets weiter steigende Straße. Und als ich endlich den See auf der
Passhöhe und das alte verlassene Hospiz (2066 m) sah waren alle Anstrengungen mit einem
Mal verflogen. Für die 9 km von Hinterrhein bis hierher hatte ich ungefähr zwei Stunden
benötigt. Es herrschte ein stürmischer Wind auf der fast menschenleeren Straße. Vom Piz de
Mucia (2967 m) her begann es leicht zu schneien (Bilder 24-27, dunkle Schneewolken, Nr.
23). Zwischenzeitlich musste ich mir wegen der Kälte meine Regenjacke zusätzlich
überziehen. Am Bergsee entlang genoss ich mit dem Fahrrad das Rollen auf der Ebene. (Bild
Nr. 18-27, Nr. 18 Blick zurück während der Auffahrt, Nr. 20 immer steil nach oben, Nr. 20a
geschafft, Nr. 21 altes Hospiz, Nr. 22 der Winter noch sichtbar, 23 kurz vor Schneesturm im
Juni, 24,26 Piz de Mucia von der Paßstraße aus, 25 Bergspitzen um den Piz de Mucia )

Und als es leicht bergab ging konnte ich in der Ferne schon die wohlige Wärme des Tessin
fühlen (Bild Nr. 28).

Abfahrt nach Bellinzona
Obwohl die Strecke noch einige Zeit in Graubünden verläuft ist hier die deutsch-italienische
Sprachgrenze. Die ersten Serpentinen musste ich wegen der starken Windböen beinahe im
Schrittempo bergab fahren. Während ich immer noch bei ca. - 1 ° C beinahe vermummt fuhr
kamen mir Radler bergauf in kurzen Hosen und Shirts entgegen. Und tatsächlich wurde es mit
jedem Meter begab immer wärmer. Der lästige Wind war plötzlich auch weg und die
Junisonne strahlte mit der vollen Kraft. Kleidungsschicht um Kleidungsschicht konnte ich bei
den kurzen Stopps wegpacken. Zum Glück hatte ich die Sonnencreme nicht vergessen. Das
schönste war natürlich, dass ich nicht mehr treten musste. Im Dorf San Bernardino (1608 m)
machte ich meine Mittagspause und gönnte mir eine deftige Mahlzeit. Hier kommt auch der
motorisierte Verkehr wieder aus der Südstation des Tunnel (Bild Nr. 29,30).

Das dürften insgesamt wohl schon 30 km gewesen sein, bei denen ich ohne jede
Kraftanstrengung in das „Valle Mesolcina“ (Misox) sauste. Die Dörfer entlang der Abfahrt
flogen vorbei. Die Bergwälder wichen ganz langsam den Weinbergen und den
landwirtschaftlichen genutzten Wiesen. Bald sah ich erste Palmen und andere Pflanzen, die
bei mir im Wohnzimmer stehen. Nach Soaza wurde die Fahrt flacher und langsamer (Bild Nr.
31 – 34, 34 ist Soazza). Obwohl die Siedlungen und Orte im größer wurden war wenig
Verkehr auf der Straße. Ich hätte das mediterrane Tal nun endlos so genießen können. Die
Beschilderung auf der breiten „Fahrradstraße“ brachte mich dann schließlich problemlos in
das Zentrum von Bellinzona (228 m). 1.838 Meter lag der Scheitelpunkt des Passes höher.
Von dort brauchte ich für die 57 km nur drei Stunden, obwohl ich auch noch Mittagspause

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
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machte und öfters anhielt. Irgendwie fühlte ich mich in Bellinzona wie in Italien. Viel
Verkehr und sehr laut. Ich stärkte mich auf einer Parkbank vor den letzten 40 km nach
Lugano. Dann verfuhr mich ein wenig bis ich den Wegweiser der Nord-Süd-Route Nr. 3 fand
(Bild Nr. 35).

Weiter nach Lugano
Der asphaltierte Radweg ist eine landwirtschaftlich genutzte Nebenstraße. Es war sehr warm.
Ein Gewächshaus nach dem anderen mit voll gefüllt mit Tomatenpflanzen (Bild Nr. 36,37).
Zu meinem Leidwesen näherte ich mich wieder einem Berg, noch dazu auf einer dicht
befahrenen Straße. Der offizielle Radweg wurde jetzt für ungefähr 10 Kilometer nur durch
eine gelbe Linie vom hektischen Verkehr getrennt. Die „italienische“ Fahrweise der
Autofahrer sorgte für unbehagen. Diese Situation hätte mir bereits vor Reiseantritt bekannt
sein können. Im Internet sind unter www.velo.ch alle wichtigen Radrouten der Schweiz sehr
gut beschrieben. Gefahrenpunkte, Autobahneinleitungen, Höhenmeterangaben,
Schwierigkeitsbeschreibungen u.v.m. Leider habe ich die Textpassage „Gut zu Wissen:
Cadenazzo–Bironico verkehrsreiche Hauptstrasse. Alternative: Bahnverlad“ erst
gelesen, als ich wieder zu Hause war. Sonst wäre ich von Bellinzona bis Rivera-Bironico auf
den Zug umgestiegen, wie es im Internet empfohlen wird.

Und weiter ging’s bergauf bei ca. 28 ° C und bis zu 10 % Steigung. Immerhin gab’s als kleine
Entschädigung. vom Monte Ceneri (554 m) einen herrlichen Blick sowohl auf die
Magadinoebene mit dem blau leuchtenden Lago Maggiore als auch auf die Stadt
Bellinzona mit dem dahinterligenden Tal „Valle Mesolcina“, das schon wieder weit hinter
mir lag (Bild Nr. 38). In Bironico hatte ich den Stress überstanden. Nun ging es auf ruhigen
Nebenstraßen oder unbefestigten Rad- und Wanderwegen auch wieder bergab. Die
sportlichen Herausforderungen dieser Tour lagen endgültig hinter mir. Mit wenigen
Ausnahmen fuhr ich nun meist zwischen Baumreihen oder neben kleinen Flüssen. Die
Landschaft verlor ich deshalb leider etwas aus den Augen. In jedem Fall erinnerte mich alles
sehr an Italien, obwohl ich natürlich weiterhin im Tessin war. Der Radweg verläuft eigentlich
bis Chiasso, einer Grenzstadt zu Italien. Ich durfte also die richtige Abbiegung nach Lugano
nicht verfehlen. Ein hilfsbereiter Hundebesitzer las mit mir unterwegs meine Radkarte und
meinte, dass ich die nächste Brücke dann links weg müsste. Und um 19:00 Uhr erreichte ich
mein Ziel Lugano. Auch hier musste ich die letzten Kilometer auf einer verkehrsreichen
Straße viel Lärm hinnehmen. 142 km in knappen zwei Tagen lagen nun hinter mir.

Lugano liegt traumhaft von Bergen umgeben am gleichnamigen See. Ein mediteranes
Schweiz, wie ich mir es nicht so schön vorgestellt hatte (Bild Nr. 39-42, 42 ist Autor). Bis zur
Abfahrt mit dem Nachtzug nach München hatte ich noch gut drei Stunden Zeit. An der
Seepromenade ließ ich mir das wohlverdiente Abendessen mit viel Wasser schmecken. Es
war schon Nacht als ich mein Rad den steilen Berg hinauf zum Bahnhof schob. Planmäßig um
22:44 Uhr fuhr der Nachtzug mit meinem Rad und mir wieder zurück nach München. Auch
am Bahnhof in Lugano musste ich mein Fahrrad ohne Hilfe über die drei Stufen mit viel Kraft
in den Zug bekommen. Der Nachtzug war nur etwa zur Hälfte mit Reisenden besetzt. Mit
einer Studentin, die in Mailand studiert und jetzt zu den Eltern nach Stuttgart heimfährt,
konnten ich noch bis Mitternacht angenehm plaudern. Um 09:00 fuhr der Zug dann
planmäßig in München ein. Die Schweiz hat nun wieder einen Fan mehr.

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Körperliche Vorbereitung auf die Radtour:
Ich bin kein Sportler und auch schon über 50. Mitunter lege ich in hügeligen Gegenden
Entfernungen bis zu 80 km täglich zurück. Die offizielle Empfehlung für die Radtour lautet
auf www.veleoland.ch: „Anforderung: hoch, für: Jugendliche, Erwachsene“.

Informationen für die Unterkunft in Graubünden:
Ferienwohnung Aebli:
CH-7438 Hinterrhein
+41 (0)81 664 15 13, abends 664 14 91.
www.aebli.org/ferien

Graubünden Ferien
Alexanderstrasse 24
CH-7001 Chur
Tel. +41 (0)81 254 24 24
Fax +41 (0)81 254 24 00
contact@graubuenden.ch
www.graubuenden.ch

Planung / Orientierung:
Die Radwege sind sehr gut beschildert. Dennoch empfiehlt es sich eine Radkarte dabei zu
haben. Mit der „Touristischen Velokarte“ mit dem Maßstab 1:301 000 ist man ausreichend
versorgt. Sie umfasst alle neun nationalen Radrouten der Schweiz. Auf dieser Karte finden Sie
alle wichtigen Information für die Reise wie z.B. Distanzangaben, gefährliche Straßen mit
starkem Verkehr, Steigungen mit Prozentangaben und ein Hotelverzeichnis für besonders
radfreundliche Betriebe (Velotel). Verlag: Kümmerly + Frey.
Im Internet gibt es unter www.veloland.ch nützliche Hinweise für die einzelnen Radrouten.
Auf http://map.myswitzerland.com finden Sie es ein ausgezeichnetes Luftbild-
Straßenkartensystem.

An – und Abreise inkl. Fahrradbeförderung mit Bahn und Postbus (oder Auto und
Postbus)
www.bahn.de
Neben der Fahrplanauskunft ist hier alles Wissenswerte für die Fahrradbeförderung unter
Mobilität & Service / Bahn & Fahrrad vorhanden. Das preiswerte SparNight Angebot ab 29,--
Euro findet man unter Nachtreisezüge. Die Broschüre „Bahn&Bike“ enthält alle Details für
eine gute Reisevorbereitung (Download).

Die internationale Fahrradkarte kann für Hin- und Rückfahrt bereits in Deutschland gekauft
werden. In Deutschland kostet sie 10,- EUR und beinhaltet beim Kauf eine kostenlose
Stellplatzreservierung. Den Stellplatz für die Rückfahrt können Sie gleichzeitig in
Deutschland buchen (bis zu drei Monate vor dem Reisetag). Die Fahrradkarte für den
Nachtreisezug ist ausschließlich für diesen Zug gültig.

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http://mct.sbb.ch/mct/reisemarkt/services/wissen/velo.htm
Mitnahme von Fahrrädern (Veloselbstverlad) in der Schweiz:
Der Veloselbstverlad ist in fast allen Zügen der SBB erlaubt. Züge ohne Verlademöglichkeit
sind im Kursbuch und auf den gelben Abfahrtstabellen an den Bahnhöfen mit dem
Piktogramm       gekennzeichnet. Die reservierungspflichtigen Züge erkennen Sie am Velo-
Reservationszeichen. Veloselbstverlad ist für Gruppen ab zehn Personen nicht erlaubt. Falls
eine Gruppe trotzdem mit den eigenen Rädern fahren möchte, sollten die Räder als
Reisegepäck aufgegeben werden. Die Räder werden an jede für die Gepäckaufgabe
vorgesehene Bahnstation geliefert.

www.postauto.ch/gr
Fahrradmitnahme im Postauto
Zwischen Thusis und Bellinzona gibt es keine Eisenbahn. Dafür bietet die Post für die
gesamte Strecke den Velotransport im Postauto. Bei schlechter Witterung natürlich ideal.
Aber auch für die Radwanderer, die es etwas geruhsamer angehen möchten und z.B. nur die
Hochebene des Rheinwaldes zwischen Sufen und Hinterrhein oder die Talfahrt hinter dem Ort
San Bernardino genießen möchten. Ebenso zu empfehlen, wenn es wegen Bauarbeiten auf der
Nationalstraße zu Umleitungen auf die Radroute kommt (aktuelle Umleitungen finden Sie auf
www.veloland.ch). Sogar die Straße über den Pass hinauf gibt es zusätzlich zur normalen
Busroute (durch den Tunnel) täglich zwischen dem 23. Juni und 14. Oktober 2007 eine
Mitnahmemöglichkeit für Fahrräder. Allerdings ist für diese Teilstrecke wegen des
beschränkten Platzangebots eine Reservierung von ca. fünf Tagen im Voraus notwendig.

Durch diesen Service der Schweizer Post besteht natürlich auch die Möglichkeit mit dem
Auto nach Thusis anzureisen und von Bellinzona die Rückreise per Bus anzutreten oder auch
in umgekehrter Richtung.

Die Schweizerische Post
PostAuto
Regionalzentrum Graubünden
Geschäftsstelle Thusis
CH-7430 Thusis

Tel: +41 (0)81 651 11 85
Fax: +41 (0)81 651 11 94
E-Mail: graubuenden@postauto.ch

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Kosten für die An – und Abreise mit der Bahn

Mit BahnCard 50 2. Klasse (50 % Ermäßigung in Deutschland)
Hinfahrt bis Thusis, pro Person ab München Hauptbahnhof                       37,30 Euro
Internationale Fahrradkarte inkl. Fahrradreservierung                         10,00 Euro
Rückfahrt ab Lugano, pro Person SparNight-Sitzplatz inkl. Reservierung        29,00 Euro*)
Fahrradkarte für Nachtzug inkl. Fahrradreservierung                           15,00 Euro
Gesamtkosten                                                                  91,30 Euro

Ohne BahnCard 2. Klasse
Hinfahrt bis Thusis, pro Person ab München Hauptbahnhof                       61,40 Euro
Internationale Fahrradkarte inkl. Fahrradreservierung                         10,00 Euro
Rückfahrt ab Lugano, pro Person SparNight-Sitzplatz inkl. Reservierung        29,00 Euro*)
Fahrradkarte für Nachtzug inkl. Fahrradreservierung                           15,00 Euro
Gesamtkosten                                                                 115,40 Euro

*) Das Platzangebot für die verschiedenen Reisemöglichkeiten in Zusammenhang mit dem
SparNight-Tarif (Sitzplatz, Liegewagen- oder Schlafwagenplatz) ist begrenzt. Erkundigen Sie
sich deshalb rechtzeitig (maximal drei Monate vorher) bei der Deutschen Bahn oder bei
Reisebüros mit Bahnverkauf.

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
Stand Februar 2007

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Glossar: Der San Bernardino Pass
verbindet das Valle Mesolcina (Misox) mit dem Rheinwald. Durch die parallel zur Kantonstrasse
verlaufende Autobahn, die den Großteil des Schwerverkehrs aufnimmt, ist dieser Pass auf beiden
Seiten angenehm verkehrsarm und für Fahrradtouren gut geeignet. 1967 wurde der 6,6 km lange
Tunnel gebaut, der die alte Passstrasse nur noch aus touristischer Sicht interessant macht. Er garantiert
die Nord-Süd-Verbindung während des ganzen Jahres. Wegen seiner Länge von über 100km und
beinahe 2000 Höhenmetern durchläuft der Pass die verschiedensten Landschaftsformen. Im Kanton
Tessin herrscht eine beinahe mediterrane Vegetation. Je höher man steigt, desto mehr übernehmen
Laub- und noch später Nadelwälder das Sagen. Oben auf der Passhöhe befindet man sich in einer
rauen und felsigen Hochgebirgslandschaft, umgeben von einigen hohen 2000er Bergen. Im
Hinterrheintal gehören vor allem das breite Hochtal und die beeindruckende Viamala-Schlucht zu den
landschaftlichen Höhepunkten.

Der Pass war schon in römischer Zeit bekannt. Eine Strasse verband Bellinzona mit Chur. Nach einem
Projekt von Giulio Pocobelli (Ingenieur und Grossrat aus dem Tessin) wurde die Strasse von 1818 bis
1823 neu geplant und ausgebaut. Auch das Gebäude des Hospiz stammt aus dieser Zeit. Seinen
Namen bekam der Pass von einer im 15. Jahrhundert gebauten Kapelle zu Ehren des Heiligen
Bernhardin von Siena (Bernardino da Siena). Davor wurde der Pass von den Walsern auch Vogelberg
genannt. Das Vogelhorn (heute Piz Uccello)östlich des Passes deutet auch heute noch auf diese frühere
Namensgebung hin und bezieht sich auf die Zugvögel, die hier alljährlich in grossen Schwärmen
vorbeiziehen. Diese haben inzwischen auch den Tunnel als Abkürzung entdeckt. Zu den Hauptzeiten
des Vogelzuges muss der Verkehr jeweils für einige Stunden angehalten werden.
Die alte Passstraße ist von Dezember bis April gesperrt. Aber auch im Mai schneit es mitunter noch
heftig.

(Quelle: www.wikipedia.de)

Bilderverzeichnis:

Bild Nr. 1
Rhätischen Bahn (rätoromanisch: Viafier retica), einer genau einmeter breiten
Schmalspurbahn

Bild Nr. 2
Start in Thusis

Bild Nr. 3
Viamala-Schlucht

Bild Nr. 4
Viamala-Schlucht

Bild Nr. 5
Kurz vor Andeer

Bild Nr. 6
Hinter Bärenburg beeindruckte mich ein total grüner See

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Reisebericht San Bernardino (Juni 2005) mit aktuellen Fahrplandaten und Bahnpreisen
Stand Februar 2007

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Bild Nr. 7
Im Hochtal Rheinwald / Am Sufner See

Bild Nr. 8
Bald erreichte ich Splügen (1457 m).

Bild Nr. 9
Splügen (1457 m).

Bild Nr. 10
Das Chilchalphorn (3038 m) bot eine traumhafte Kulisse, immer in Fahrtrichtung voraus.

Bild Nr. 11 - 17
Hinterrhein mit Rheinquellhorn, 3200 m

Bild Nr. 18 – 27
Die Fahrt auf den Pass San Bernardino (Piz de Mucia 2967 = Bilder Nr. 24-27)

Bild Nr. 28 - 34
Den Pass hinunter (Valle Mesolcina)

Bild Nr. 35- 38
Bellinzona und weiter

Bild Nr. 39 – 42
Lugano

Bild Nr. 43-44
Skizzen zur Tour-Übersicht

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Bestätigung:
Alle Angaben zu Begriffen, Namensbezeichnungen, Historien,
technischen Erläuterungen, Maßangaben, Höhenangaben der Berge,
Fahrplan- und Fahrpreisangaben wurden gründlich recherchiert.
Die Namen der Berge wurden über das Touristikbüro in Splügen
erfragt und hier die örtlichen Bergtourenführer befragt. Die
entsprechenden E-Mails liegen mir vor. Die aktuellen
Preisangaben (vom Bahnschalter) der Bahn habe ich ausgedruckt
vorliegen. Die Vorbestellfristen vom Schweizer Postbus habe
ich per E-Mail erfragt und bei mir dokumentiert. Die Rechte
der Fotos und des Berichts liegen zu 100 % beim Unterzeichner.
Sofern Sie einen Abdruck meines Berichts vorsehen übersende
ich Ihnen die benötigten Fotos in Originalgröße (2288x1712
Pixel). Der Bericht wurde bisher nicht veröffentlicht.

gez.
Martin Zeitler, Stand: 10.02.2007

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