Balancieren zwischen Geschäft und Hobby - Sportliche Vermittler im Porträt
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Foto: ©Kim Hahn/Privat
Sportliche Vermittler im Porträt
Balancieren zwischen
Geschäft und Hobby
Aus der privaten Liebhaberei einen Beruf machen und damit Geld verdienen.
Davon träumen nicht nur angehende Profi-Sportler, sondern auch viele Sport
treibende Versicherungsvermittler. Das VersicherungsJournal Extrablatt stellt
drei vor, denen es gelungen ist, beides miteinander zu verbinden.
EVA-BETTINA ULLRICH
I
n Corona-Zeiten mit geschlossenen Sportstu- terschiede bei den Angeboten, auf die man ach-
dios entdecken viele Aktive im Laufschritt die ten sollte“. Versicherungsmaklerin Kim Hahn
Natur neu. Entstehen dadurch neue Risiken, beschäftigt sich seit zwei Jahren mit „laufenden“
die es abzudecken gilt? Die Antwort lautet nein, Kunden. Davor war sie eher unsportlich, doch
denn eine spezielle Police für Läufer und Jogger gesundheitliche Probleme sorgten für eine
gibt es nicht. Was es gibt, sind „viele kleine Un- Umorientierung. Inzwischen sind die beruf-
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VERTRIEB ❙ MARKETING
lichen Auszeiten, die sie sich für Trails (eng- sein. Oftmals ist diese anzeigepflichtig, und der
Foto: © Kim Hahn/Privat
lische Bezeichnung für Wanderpfade), Wald- Versicherer fragt auch nach alpinen Strecken
läufe oder Marathons nimmt, auch geschäftlich und Offroad-Läufen. Auch Trailläufe, so wie ich
sehr interessant. sie oft mache, können ein Ablehnungsgrund
sein. Man muss hier den Kunden individuell
Beratung im Laufen betrachten und maßgeschneiderte Konzepte
stricken.“
„Als Läuferin lernt man viele Menschen kennen Auch eine Unfallversicherung mit einer Glie-
und irgendwann wird dann auch Privates und dertaxe mit besonders hohen Werten für Glied-
der Beruf ein Thema. Laufen verbindet, es maße empfiehlt die Maklerin ihren lauffreudigen
macht viele Dinge, wie zum Beispiel die Schaf- Kunden: „Tatsächlich sind die meisten Schäden
fung einer Vertrauensbasis, einfacher. Ein Ein- Unfälle. Eine gute Unfallversicherung ist deshalb
Kim Hahn
ist Inhaberin der Leo Fors-
beck Versicherungsmakler
in Bad Münstereifel und hat
sich vor zwei Jahren auf die
Die Szene ist sehr gut vernetzt und dort sprechen
Zielgruppe Läufer und
Jogger spezialisiert. Sie hat sich nicht zuletzt Schäden schnell herum.“
über zehn Jahre Erfahrung Klaus Hain, Inhaber der Carl Rehder GmbH Versicherungsmakler, Seevetal (Hittfeld)
als unabhängige Versiche-
rungsmaklerin und Ausbil-
derin im Versicherungswe-
sen. Unterstützt wird ihr
blick in das Privatleben – auch durch soziale durch nichts zu ersetzen.“ Wer in Wald und Flur
dreiköpfiges Team vom
Seniorchef, der seit 50 Jah-
Medien wie Instagram – macht vieles lockerer,“ unterwegs ist, sollte auch unbedingt darauf ach-
ren aktiv ist. sagt Hahn im Gespräch mit der Versicherungs- ten, dass alle Folgen von Zeckenbissen oder In-
Journal-Extrablatt-Redaktion. sektenstichen mitversichert sind.
Die Maklerin sponsert mittlerweile für einige Bei Hahn läuft´s wieder – gesundheitlich wie
Laufgruppen Laufshirts. „Das erweckt Aufmerk- geschäftlich. Sie gibt gern ihre Erfahrungen wei-
samkeit, nicht nur bei Läufern, sondern im ge- ter und rät Einsteigern, die sich auf eine spezi-
samten Mittelstand vor Ort. Eine Kundin sagte elle Sportler-Zielgruppe ausrichten möchten,
vor Kurzem zu mir: „Kim, ich bin null sportlich, ihrem Weg zu folgen: „Verbindet und beschäf-
aber du motivierst mich, und ich folge gerne tigt euch mit dem Thema. Wenn man eine Lei-
deinen Geschichten auf Instagram. Sie machen denschaft teilt, ist es einfacher, sich auf den
es so persönlich und zeigen, dass du auch im Kunden einzulassen und der Kunde lässt sich
normalen Leben echt bist.“ Eine neue Idee, ihr einfacher auf den Vermittler ein.“
Hobby mit dem Beruf zu verbinden, setzt Hahn
seit dem ersten Lockdown um: „Wenn ein Inte- Profifußballer – die spezielle Nische
ressent mich um ein erstes Gespräch bittet, und
ich weiß, er ist Läufer, findet das Treffen tat- Ralf Floßdorf, Inhaber der HDI Generalagentur
sächlich laufend statt. Ich finde es großartig, Ralf Floßdorf in Köln, war ursprünglich für den
diese beiden Sachen miteinander zu vereinen.“ Gerling-Konzern tätig. Als Gerling im Jahr 2005
vom Talanx-Konzern übernommen wurde,
Gefahren in Wald und Flur wechselte er mit. Bereits ein Jahr später, noch in
der Integrationsphase, verantwortete er dort
Hahn startete fulminant: Nach ihren ersten dann das Thema Sports & Entertainment mit
Lauferfahrungen mit weit über 100 Kilogramm dem Fokus auf Profifußball: individuelle De-
Körpergewicht lief sie nach nur acht Monaten ckungskonzepte für Vereine und Einzelspieler
ihren ersten Halbmarathon in New York. Nun im Bereich Marktwertdeckung/Invaliditätsver-
gibt es kaum einen Trail, an dem sie nicht teil- sicherung, Kranken- und Unfallversicherung
nimmt, und kaum eine Gefahr, die sie nicht bis hin zu All-Risk-Policen für Vereine oder
kennt: „Läuft jemand in der Natur mit einem Spieltagausfalldeckungen. Die Agentur ist zwar
Hund, hat er ihn meist nicht angeleint. Die Tier- breit aufgestellt und betreut Privat- wie Gewer-
hafterhaftpflichtversicherung sollte also keine bekunden. Doch sich um weitere Sportarten zu
Leinenpflicht vorsehen. Bei einer Unfallversi- kümmern, war für Ralf Floßdorf nie ein Thema:
cherung/Risikolebensversicherung kann schon „Die Fußballbranche kenne ich und sie kennt
das Laufen in den Bergen eine extreme Sportart mich. Es gibt vielfältige Kontakte, Verbin-
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dungen und Beziehungen. Das lässt sich nicht
einfach aufbauen und schon gar nicht übertra-
gen auf andere Sportarten.“
Der Profifußball ist eine sehr spezielle kleine
Nische. Plötzliche Vereinswechsel über Länder-
grenzen und Kontinente hinweg, unterschied-
lichste Werdegänge und Nationalitäten oder
Manager und Vereinsbetreuer, die sich auch um
Absicherungslösungen oder die Zukunft ihrer
Schützlinge nach der Profikarriere kümmern.
Das erfordert von einem Versicherungsvermitt-
ler Flexibilität, Kreativität und Beharrlichkeit,
um Teil der Community zu werden. „Es gibt nur
wenige Marktteilnehmer, da es sich um einen
sehr eingeschränkten Interessentenkreis han-
delt. Dementsprechend ist der Markt über-
schaubar“, bestätigt Floßdorf. „Weitere Sport-
versicherungsmakler und Vermittler, die Ventil-
lösungen nutzen, wenige deutsche Spezialversi-
cherer, Versicherer aus England, Italien und
Frankreich – das war es im Wesentlichen schon.“
Seine Agentur zählt Vereine der ersten beiden
Bundesligen sowie Spieler aus Deutschland und
Europa zu ihren Kunden. Früher fungierten ver-
schiedene Versicherer aus Deutschland und Eu-
ropa bis hin zu Lloyds als Risikoträger. „Seit vier
Jahren sind es vorrangig Talanx-Gesellschaften
bzw. deutsche Versicherer. Neben der Tatsache, Foto: © nomadsoul1/freepik.com
dass der Gerichtsstand Deutschland ist, bedeu-
tet der direkte Kontakt ohne Umwege zu Under-
writing und Schadenabteilung der Risikoträger- box (mit nachgewiesener Sicherung – solides
Foto: © Ralf Floßdorf/Privat
gesellschaften einen weiteren Vorteil für den Bügelschloss) –, auf Reisen und auch, wenn es
Kunden“. im Fahrzeug zuhause steht. Versicherungssum-
Seiner Erfahrung nach sind Vermittler in der men zwischen 5.000 und 30.000 Euro können
Zielgruppe Profisportler nur dann erfolgreich, vereinbart werden. „80 Prozent der Verträge
„wenn sie über Markttransparenz, Kompetenz, werden direkt auf der Homepage abgeschlossen,
Branchenkenntnis, ein Netzwerk und Persön- ohne dass wir Kundenkontakt haben. Die ande-
lichkeit verfügen. Zudem sollte man sich auf ren 20 Prozent rufen an, weil sie spezielle Lö-
eine hohe Servicebereitschaft und äußerst indi- sungen benötigen“, erklärt Hain. „Es ist nach wie
viduelle Kunden einstellen können.“ Denn vor ein Nischenprodukt, was keine massen-
letztlich ist Vertrauen schaffen auch bei dieser haften Umsätze auslöst. Allerdings haben wir
Klientel die Grundlage des Erfolgs. Wer sich auf uns über die Jahre einen gewissen Bekanntheits-
eine sportliche Zielgruppe spezialisieren möch- grad in der Szene erworben. Fachmagazine be- Ralf Floßdorf,
te, sollte auf jeden Fall ein persönliches Interes- richten mittlerweile darüber und seit Kurzem
Inhaber der HDI General-
se an dem Thema haben, kompetent, zuverläs- haben wir eine Kooperation mit der Sparkasse agentur Ralf Floßdorf in
sig und beharrlich sein. „Zudem braucht es den Holstein abgeschlossen.“ Köln, ist seit 1994 in der
festen Willen, sich von anderen Marktteilneh- Enthusiastisch erzählt er, wie seine kleine Er- Versicherungsbranche tätig.
mern positiv abzuheben,“ rät Ralf Floßdorf. folgsstory begann: „Seit 28 Jahren bin ich be- Seitdem betreut er Freibe-
geisterter Zuschauer des Surf-World-Cups vor rufler, Gewerbe und Mittel-
Eine coole Gemeinschaft der Insel Sylt. Diese Woche verbinde ich immer ständler. Der Fußball kam in
mit einer meiner Leidenschaften, dem Fotogra- den Jahren 2005/2006
Mit „Surf Protect Complete“ bietet Versiche- fieren. Meine Bilder wurden sogar schon in ei- hinzu. Inzwischen zählt
rungsmakler Klaus Hain die Möglichkeit, das ner Fotoausstellung auf Sylt gezeigt. Irgend- seine Agentur Vereine der
1. und 2. Bundesliga sowie
gesamte Surf-Equipment gegen Diebstahl, Ein- wann saß ich vor meinen Fotos und dachte mir,
Spieler aus Deutschland
bruchdiebstahl und Feuer zu versichern, beim wie toll, wenn mein Firmenname auf einem der
und Europa zu ihren
Transport – egal ob Pkw, Bus, Wohnmobil, An- Segel zu sehen wäre.“ Dann half der Zufall und Kunden.
hänger (mit Deichselschloss) oder in der Dach- Hain sponserte einen jungen Surfer, der sehr
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schnell erfolgreich wurde. „Irgendwann saßen ist in der Szene seit rund 25 Jahren bekannt und
Foto: © Klaus Hain/Privat
Vincent und ich beim Bier auf Sylt am Strand mit den meisten Weltklasse-Surfern per Du. Da-
und Vincent fragte mich, ob ich nicht mal ein durch lernt er andere Sponsoren kennen, wird
Produkt für Windsurfer entwickeln könnte“, so weiterempfohlen und gewinnt neue Kunden.
Hain weiter. Dabei gab es zwei Bedingungen: „Die Szene ist sehr gut vernetzt und dort spre-
„Es muss günstig sein, da wir Surfer nie Geld ha- chen sich nicht zuletzt Schäden schnell herum.
ben, und es muss einfach sein.“ Wir hatten als einen der letzten großen Schäden
Klaus Hain,
Inhaber der Carl Rehder
GmbH Versicherungsmak-
ler, Seevetal (Hittfeld), süd-
westlich von Hamburg, hat
sich auf Versicherungen für
Surfer spezialisiert (www.
surf-insurance.com). Nach
acht Jahren Bundeswehr
und dem Studium der
Wirtschaftswissenschaften
wurde er auf Sylt von einem
Geschäftsstellenleiter der
Allianz angeworben. Ei-
gentlich wollte er sich wäh-
rend der Probezeit einen
„richtigen“ Job suchen, da
dies nicht sein Traumberuf
war. Daraus wurden dann
fast elf Jahre bis zum Kauf
des Unternehmens Carl
Rehder.
Foto: © wigandt/freepik.com
Begeisterung trägt den Makler weiterhin, einen in Südfrankreich aufgebrochenen Bus.
denn Geld verdient er nur, wenn der Interessent Surf-Equipment im Wert von 28.000 Euro wur-
den Vertrag auf der Homepage abschließt: de gestohlen. Das machte in der Windsurfszene
„Müssen wir in die Beratung, ist die Marge die Runde – unsere schnelle Schadenregulie-
schnell aufgebraucht. Bei uns macht es die Mas- rung übrigens auch.“
se.“ Wenn andere Vermittler bei ihm anfragen, Ebenso wie bei seinen Vermittlerkollegen sind
hilft er gern, warnt aber: „Finanziell bringen ver- für Hain die Aspekte, „Teil des Netzwerkes zu
einzelte Policen nichts. Das müsste unter Kun- sein“ und „die speziellen Sorgen und Nöte der
denservice verbucht werden.“ Auch die Cross- Sportler zu kennen“ – neben dem eigentlichen
Selling-Möglichkeiten sind eher dürftig, da Sur- Versicherungs-Know-how – die entscheidenden
fer meist ein einfaches Leben führen und als Erfolgsfaktoren. „Ich vermute, dass Nischenpro-
Sportler vergleichsweise sehr schlecht bezahlt dukte nicht zu Reichtum führen, aber uns
werden. macht unser Produkt einfach Spaß – und Spaß
gehört ja auch dazu.“ Selbst in Corona-Zeiten
FAZIT Spaß, aber nicht reich versucht er, bei jedem Surf-Event auf deutschem
Erfolgreiche Spezialvermitt- Boden dabei zu sein. Dort verteilt er Mützen,
ler sind mit ihren Sportarten „Surfer sind dennoch zufrieden, ausgeglichen Taschen und zeigt einfach Flagge. Denn: „Surfe-
bestens vertraut, in der und einfach nur gute Typen. Ich mag diese Ge- rinnen und Surfer sind eine tolle Truppe. In der
Szene bekannt und hervor- lassenheit und hätte manchmal gerne etwas da- Regel immer entspannt, lässig und neudeutsch
ragend vernetzt. von“, wünscht sich der Makler. Sein Vorteil: Er einfach cool.“ z
24 VersicherungsJournal Extrablatt 2|2021Sie können auch lesen
