Baugewerbe sieht Licht und Schatten über dem Koalitionsvertrag der Ampel.
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Ausgab e 65 / Dezember 2021 ZDB BAUSTEIN Baugewerbe sieht Licht und Schatten über dem Koalitionsvertrag der Ampel. Die neue Ampel-Koalition hat auf 177 Seiten ihre Vorstellungen Montagezeit auf der Baustelle die Bauzeit verkürzt. Durch die für die Gestaltung der Politik in der 20. Legislaturperiode vorge- Verbindung mit einer Typisierung von Gebäuden kann tatsäch- legt. Nachdem alle drei Parteien dem Vertrag zugestimmt haben, lich kostengünstiger gebaut werden. Dies entspricht auch dem kann die Umsetzung der vielen Maßnahmen beginnen. Wunsch der Bauherren nach individuellen Bauwerken insbeson- dere im Wohnungsbau, denn der Anteil in serieller Bauweise er- Besonders erfreulich aus Sicht der Bauwirtschaft ist, dass die Be- stellter Wohnungen liegt unter einem Prozent. deutung des Bausektors als Schlüsselbranche für Wachstum und Beschäftigung nun endlich mit einem eigenständigen Ministe- Kritisch zu betrachten ist die Absicht der Ampelkoalition, auch rium unterstrichen wird. Damit ist man einer langjährigen ZDB- serielles Sanieren voranzutreiben. Dieses eignet sich für einen Forderung nachgekommen. Das Haus wird zukünftig SPD-ge- Großteil des deutschen Wohnungsbestandes nicht. Insbesondere führt sein. das angeführte Beispiel des „Energiesprong“ schließt die mittel- ständische Bauwirtschaft von diesem Markt aus. Positiv zu bewerten ist auch die grundsätzliche Bereitschaft, mit den Stakeholdern einen vertrauensvollen, engen Austausch zu Baulandbereitstellung wahren. So sollen sowohl im Wohnungsbau als auch für die Ver- Notwendige Grundlage für die Generierung von deutlich mehr kehrsinfrastruktur Dialogprozesse mit den verschiedenen Akteu- Wohnraum ist die forcierte Bereitstellung von Bauflächen. ren in Gang gesetzt werden. Auch bei den Bürokratiekosten soll ein Praxischeck unter Einbeziehung der Wirtschaft stattfinden. Allerdings konterkariert das beabsichtigte Auslaufen der Rege- Hierfür steht der ZDB als größter und ältester Branchenverband lung des § 13b BauGB (Einbeziehung von Außenbereichsflächen natürlich in allen Bereichen zur Verfügung. in das beschleunigte Verfahren) diese Absicht ein stückweit. Die angekündigte Unterstützung der Kommunen bei der Errich- tung von Potenzialflächenregistern kann hierbei helfen. Die Bauen und Wohnen ebenfalls formulierte Unterstützung der Bau- und Immobilien- Erhöhung der linearen Afa auf 3 % wirtschaft, aber auch der Verwaltung bei der verstärkten Anwen- dung digitaler Arbeitsweisen bis hin zu „Open-BIM“ wird als ge- Als richtigen Investitionsanreiz für den Mietwohnungsbau be- eignete Maßnahmen zur Beschleunigung der Prozesse angese- grüßt der Verband die Erhöhung der linearen Abschreibung von hen. zwei auf drei Prozent. Die Umsetzung dieser ZDB-Forderung war lange überfällig. Hiermit will die Koalition vor allem eine klima- Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses gerechte Neubauoffensive starten. Durch Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses sol- 400.000 Wohnungen len die Grundlagen dafür gelegt werden, den Einsatz grauer Energie sowie die Lebenszykluskosten genauer zu betrachten Laut Koalitionsvertrag sollen jährlich 400.000 neue Wohnungen und auch im Gebäudebereich zu einer Kreislaufwirtschaft zu fertiggestellt werden. Das ist ein äußerst ambitioniertes Ziel, kommen. Dazu ist geplant eine nationale Holzbau-, Leichtbau- denn es müssten schlagartig 30 % mehr Wohnungen jährlich ge- und Rohstoffsicherungsstrategie aufzulegen. baut werden, da in den vergangenen Jahren jeweils rund 300.000 Wohnungen jährlich gebaut wurden. Die richtige politi- Diese Maßnahmen sind grundsätzlich zu unterstützen und ent- sche Linie, dass gegen die Wohnungsnot vor allem neues Bauen sprechen in ihrer Zielsetzung Forderungen des ZDB. Allerdings hilft, ist allerdings zu begrüßen. darf mit dem Gebäuderessourcenpass kein bürokratisches Monstrum entstehen. Der ZDB unterstützt einen nachhaltigen bedarfsgerechten Woh- nungsbau, der auch die mittelfristige Perspektive im Blick hat. Mittelaufstockung Richtig ist, dass es vor allen Dingen an preiswerten Wohnungen Die geplanten Aufstockungen der Mittel mangelt. Die beabsichtigte Aufstockung der Mittel bei der sozia- len Wohnraumförderung ist ebenfalls positiv zu bewerten. Aller- zum altersgerechten Wohnen und Barriereabbau dings fehlt hier die verbindliche Aussage zur Mittelhöhe. wie auch der Städtebauförderung Modulares Bauen und Sanieren sind sachgerechte Maßnahmen der Bau- und Investitionsoffen- sive zur nachhaltigen Ausrichtung des Wohnungsmarktes. Aller- Insgesamt soll das Bauen einfacher, schneller und günstiger wer- dings fehlen hier verbindliche Zusagen zur Mittelhöhe, und es den, z.B. durch serielles und modulares Bauen, mehr Digitalisie- bleibt offen, ob und wie die Koalition die Förderung an neuen rung und weniger Bürokratie. Hier wird man die Koalition ver- Kriterien ausrichtet. Hier braucht es Klarheit. stärkt darauf hinweisen müssen, dass insbesondere die digital gestützte Vorfertigung von Bauteilen im Werk und die kurze
Ausgab e 65 / Dezember 2021 ZDB BAUSTEIN Erhöhung der geforderten energetischen Standards Bundesverkehrswegeplan Im Rahmen eines Klimaschutzsofortprogramms soll beim ener- Gleichzeitig will man einen Bundesverkehrswegeplan 2040 auf gieeffizienten Neubau wie auch bei den Standards zur Gebäu- den Weg bringen, und zwar „anhand neuer Kriterien“, schweigt desanierung vom Primärenergieaufkommen auf Treibhaus- sich aber über diese Kriterien aus. So steht zu befürchten, dass gasemission umgestellt werden. Damit wird der Einsatz von er- längst beschlossene Infrastrukturvorhaben und notwendige neuerbaren Energien in den Fokus gerückt. Im Neubau soll ab Maßnahmen keine Umsetzung mehr erfahren. 2025 EH 40 als Standard gelten und im Bestand ab 2024 EH 70. Es Autobahn GmbH ist nicht ausgeführt, ob zukünftig auch gefördert wird, was ge- fordert ist. Da der Einsatz erneuerbarer Energien aber im öffentli- Positiv zu bewerten ist auch die Forderung, die der ZDB auch er- chen Interesse liegt, sollte gefördert werden, was gefordert ist. hoben hatte, eine überjährige Finanzierungsvereinbarung zwi- Andernfalls droht ein Investitions-Attentismus, zumal die ver- schen dem Bund und der Autobahn GmbH abzuschließen. Auch pflichtende Einführung des EH 40-Standards zu einer erhebli- hier fehlen jegliche Angaben zum finanziellen Umfang. chen Kostensteigerung im Wohnungsbau führen wird. Die Zusammenführung, d.h. die Verschmelzung, von DEGES mit Förderung von Wohneigentum der Autobahn GmbH entspricht der Forderung des ZDB seit Be- ginn der strategischen Neuausrichtung im Bundesfernstraßen- Die Ampelkoalition will Hürden beim Eigentumserwerb senken, bau. indem eigenkapitalersetzende Darlehen zur Verfügung gestellt und Schwellenhaushalte langfristig mit Tilgungszuschüssen und Planungsbeschleunigung Zinsverbilligungen unterstützt werden. Positiv zu bewerten sind die konkreten Ziele zur Planungsbe- In dieselbe Richtung zielt auch die beabsichtigte flexible Gestal- schleunigung. Das Ziel, die Verfahrensdauern zu halbieren, ist tung der Grunderwerbsteuer bei den Ländern. Hier fehlen aller- ambitioniert, aber erstrebenswert. Konkret angesprochene Maß- dings noch die Ausführungen zu den Details. nahmen wie Da Wohneigentum am besten vor Altersarmut schützt, sind alle die materielle Präklusion mit Stichtagsregelung, Maßnahmen, die die Eigentumsbildung unterstützen, positiv zu Aufstockung von Personal in den Verwaltungen und Gerich- bewerten. ten, Solardach-Pflicht Ausbau der Beratungskapazitäten, Legalplanungen von bedeutsamen Infrastrukturmaßnahmen, Die Forderung, alle geeigneten Dachflächen künftig für Solar- energie nutzen zu wollen, ist nicht neu. Sie war bereits im Klima- Pakt von Bund und Ländern schutzsofortprogramm 2022 enthalten, ist dort aber gescheitert, werden unterstützt. obwohl einige Bundesländer eine solche Vorschrift schon einge- führt haben. Sie führt schlussendlich zu höheren Kosten für Im- LKW-Maut mobilien. Die für 2023 angekündigte CO2-Differenzierung der LKW-Maut lässt Raum für Spekulation. Zum einen soll sie bereits ab 3,5 t gel- ten. Damit würde die bisherige Handwerker-Ausnahme für Fahr- Mobilität / Verkehr zeuge zwischen 3,5 t und 7,5 t entfallen. Zum anderen soll eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis ausgeschlossen werden. Infrastrukturinvestitionen Wie genau die Regelung am Ende aussehen wird, bleibt abzu- Das Bekenntnis der Ampelkoalition im Koalitionsvertrag zum warten. Die Abschaffung der Handwerker-Ausnahme lehnt der Ausbau und zur Modernisierung der Infrastruktur ist grundsätz- ZDB ab. lich positiv zu bewerten. Dazu passt das Bekenntnis, Investitio- Bahnverkehr nen in die Verkehrsinfrastruktur weiter zu erhöhen und langfris- tig abzusichern. Allerdings fehlen Aussagen über die finanzielle Der Anspruch, den Schienengüterverkehr bis 2030 anteilig auf 25 Ausstattung. Ein Schwerpunkt liegt, wie bereits in der vergange- % zu erhöhen, bedeutet eine Erhöhung um 25 %, denn derzeit nen Legislaturperiode auch, in den Erhaltungsmaßnahmen. Dar- liegt er bei knapp 20 %. Dies erscheint sehr ambitioniert und er- über hinaus ist unklar, wie sich die Mittel auf Straße und Schiene fordert entsprechende Ressourcen (Planung, Raum, Züge). aufteilen. Gleichermaßen anspruchsvoll ist das Ziel, 75 % der Strecken zu elektrifizieren, deren Anteil derzeit 61 % liegt. Mit Blick auf die notleidenden Brückenbauwerke in Deutschland befürworte der ZDB den stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanie- Deutsche Bahn AG rung der Ingenieurbauwerke im Bundesfernstraßenbau und der schrittweisen Erhöhung des Anteils der Erhaltungsmittel bis Die Erhaltung des integrierten Konzerns DB AG ist positiv zu be- 2025 bei wachsendem Etat. werten, weil damit die avisierte Bereitstellung von erhöhten In- vestitionsmitteln zügig umgesetzt werden kann und der Kon- zern nicht jahrelang mit sich selbst beschäftigt ist.
Ausgab e 65 / Dezember 2021 ZDB BAUSTEIN Den Verbleib der erwirtschafteten Mittel in Höhe von 650 Mio. Eine Nutzung von Solarenergie wird bei gewerblichen Neu- Euro im Bereich Infrastruktur ist positiv zu bewerten. Diese Mit- bauten verpflichtend und bei privaten nach Möglichkeit vor- tel stehen für weitere Investitionen bereit. geschrieben. Bahnbau Für Windenergie sollen 2 % der Landesfläche ausgewiesen werden. Insbesondere das avisierte Programm „Schnelle Kapazitätserwei- Der Ausbau der Netze soll zügig vorangetrieben werden. terung“, das sich nicht nur auf das Streckennetz bezieht, sondern die Modernisierung von und den barrierefreien Zugang zu Bahn- Öffentliche Hand: Vorbild bei Nachhaltigkeit höfen explizit mit einbezieht, lässt viele Bauaufgaben für die Das Bekenntnis der Ampel zur Vorbildfunktion der öffentlichen mittelständische Bauwirtschaft erwarten. Hand bei der Verbindlichkeit von Nachhaltigkeitsstrategien im Die Erhöhung der Investitionsmittel für die DB Infrastruktur ist konkreten Regierungshandeln ist uneingeschränkt zu begrüßen. zu begrüßen, wenn sie einen stetigen und nachhaltigen Auf- Klimaresilienter Waldumbau wuchs begünstigt sowie einer unterjährigen gleichmäßigen Mit- telverteilung zugänglich ist. Nur so können die erforderlichen Ka- Die im Koalitionsvertrag niedergeschriebenen Pläne für einen pazitäten in der Bauwirtschaft weiter etabliert und zukunftsge- klimaresilienten Waldumbau sowie für eine Holzbauinitiative recht ausgerichtet werden. zur Unterstützung regionaler Holzwertschöpfungsketten unter- stützt das Baugewerbe. Eine externe Zertifizierung der Wälder Aus der Formulierung „Die Eisenbahnunternehmen werden ist jedoch kritisch zu beurteilen, besser wäre die Entwicklung ei- markt- und gewinnorientiert weitergeführt“ könnte man zu dem gener Standards. Schluss kommen, dass die Tochterunternehmen DB Schenker, DB Regio Bus, DB Arriva verkauft werden. Damit stünden zusätzliche Klimaanpassungsstrategie Mittel für Investitionen bereit. Die Erarbeitung einer Klimaanpassungsstrategie, in deren Rah- Ausbau des ÖPNV in ländlichen Regionen men Kommunen und Privathaushalte Unterstützung für private Hochwasser- und Starkregenvorsorge bzw. für Investitionen in Den Anspruch der Koalition, die Regionalisierungsmittel zu erhö- Klimaresilienz erhalten, ist grundsätzlich gutzuheißen. Nicht ge- hen, ist zu unterstützen. Allerdings fehlt hier die verbindliche Zu- nannt werden in diesem Kontext Gewerbeimmobilien, die mit sage zur Mittelhöhe. Ebenfalls positiv zu bewerten ist die Ab- aufgenommen werden müssen. sicht, auch 2022 die pandemiebedingten Einnahmeausfälle der Kommunen auszugleichen. Kreislaufwirtschaft ÖPP Die Zielsetzung, den primären Rohstoffverbrauch zu senken und geschlossene Stoffkreisläufe zu schaffen, ist grundsätzlich zu un- Das Bekenntnis der Koalition, dass es bei Kernaufgaben des Staa- terstützen. Das gilt auch für die Absicht, abfallrechtliche Vorga- tes grundsätzlich bei einer staatlichen Umsetzung und Finanzie- ben zu überprüfen. Für das Baugewerbe steht dabei die Ersatz- rung verbleibt und ÖPP-Projekte nur als ausgewählte Einzelpro- baustoffverordnung an oberster Stelle. jekte vorstellbar sind, ist positiv zu bewerten. Hier soll es zukünf- tig Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die auch die Risiken mit- Strategien zu entwickeln und Recycling-Labels zu schaffen, kann einbeziehen, geben; deren Ergebnisse wie auch die Verträge nicht falsch sein. Dennoch brauchen Bauprodukte kein Recycling- selbst sollen transparent im Internet einsehbar sein. Die Empfeh- Label. Für diese sollen die Anforderungen an die Recyclingfähig- lungen des Bundesrechnungshofes zu den Wirtschaftlichkeitsun- keit in die siebte Grundanforderung an Bauwerke (BWR7) der tersuchungen sollen ebenfalls berücksichtigt werden. BauPVO eingehen. Dafür müssen nationale Voraussetzungen ge- schaffen werden. „Qualitätsgesicherte Abfallprodukte sollen aus dem Abfallrecht Umwelt- und Klimapolitik entlassen werden und einen Produktstatus erlangen.“ Hierfür Energie und Transformation gibt es uneingeschränkte Zustimmung, denn dieses entspricht einer seit langem erhobenen Forderung des Baugewerbes. Das Die Koalition formuliert sehr ambitionierte Ziele zum Ausbau der Abfallende für Recycling-Produkte im Baubereich wurde jedoch erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung. So sollen bis bei Verabschiedung der Mantelverordnung im vergangenen Jahr 2030 ca. 550 TWh aus erneuerbaren Energien generiert werden. versäumt. Dieses ist aber zur Erreichung der Recyclingziele unab- Das ist mehr als eine Verdopplung des Niveaus aus 2019/2020 dingbar notwendig. mit ca. 230 TWh. Das Ziel zum Ausbau der installierten Photovol- taikanlagen ist für 2030 mit 200 GW formuliert, derzeit sind es EU-Programm „Fit for 55“ ca. 50 GW. Die Aussage im Koalitionsvertrag, die Vorschläge der EU-Kom- Um diese Ziele zu erreichen, ist u.a. vorgesehen: mission bei den Verhandlungen über das Programm „Fit for 55“ unterstützen zu wollen, verbinden wir mit dem Versprechen der Koalitionspartner, den nationalen Weg zur Klimaneutralität bis
Ausgab e 65 / Dezember 2021 ZDB BAUSTEIN 2045 verlässlich, wirtschaftlich effizient und sozial verträglich zu Wenn diese Maßnahmen verfassungskonform sind, können sie gestalten. Hier sollte sich eine deutsche Bundesregierung den einen Beitrag leisten, um die wirtschaftliche Erholung zu forcie- Weg für eigene Strategien zum Erreichen der Klimaziele offen- ren und die entsprechenden Maßnahmen zur Klimawende auf halten und einer zu starken EU-Regelungstiefe wie im kürzlich den Weg bringen. veröffentlichten Vorschlag zur Neufassung der EU-Gebäudeeffi- Kommunale Investitionen zienzrichtlinie entschieden entgegentreten. Die Ambitionen der Koalition, die kommunale Investitionstätig- keit zu unterstützen, sei es im Wege der Entlastung von Altschul- Wirtschaftspolitik den bzw. durch entsprechende Förderprogramme, ist zu begrü- ßen. Über die Höhe der dafür zur Verfügung stehenden Mittel Carbon Contracts for Difference wird nichts ausgesagt. Die intendierte Einführung von „Carbon Contracts for Diffe- Ausbildungsfreibetrag rence“ hält der ZDB für richtig, denn sie sichern die Wettbe- werbsfähigkeit der emissionsarmen Technologien gegenüber Die neue Bundesregierung wird den Ausbildungsfreibetrag erst- den konventionellen im Hinblick auf möglicherweise unsichere mals nach 2001 von 924 auf 1.200 erhöhen. Dies ist dringend ge- CO2-Preise. boten und ein wichtiger Beitrag, um den Facharbeitermangel zu bekämpfen. Die Unternehmen der Baustoffindustrie (z.B. Herstellung von Stahl und Zement) bekommen einen Anreiz, in emissionsarme Dieselfahrzeuge Produktionsverfahren zu investieren. Dieses ist vor dem Hinter- Mit der Umsetzung der EU-Energiesteuerrichtlinie, die unter an- grund der geplanten Ausrichtung des GEG auf die Graue Energie derem die steuerliche Angleichung von Dieselkraftstoff und Ben- wichtig für den Wettbewerb zwischen nachwachsenden und mi- zin vorsieht, soll die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeu- neralischen Baustoffen. gen in der KfZ-Steuer überprüft werden. Der Ausgleich einer stei- Rohstoffversorgung genden Dieselsteuer durch die Kfz-Steuer ist in der Tat dringend geboten um zu verhindern, dass es bei der Reform der Energie- Die Versicherung, die Wirtschaft bei der Sicherung einer nach- steuer-Richtlinie zu überbordenden Belastungen für Dieselfahr- haltigen Rohstoffversorgung zu unterstützen und den heimi- zeuge kommt. schen Rohstoffabbau zu erleichtern, begrüßt der ZDB. Denn an- gesichts des hohen Baubedarfs im Wohnungs- und Infrastruktur- Digitalisierung bau bedarf es heimischer Baustoffe wie Kies, Sand, Ton, Kalk und Positiv zu bewerten ist, dass die Erfüllung der steuerlichen Pflich- Gips. Diese müssen vor allem regional gewonnen werden. ten durch digitale Verfahren wie zum Beispiel die vorausgefüllte Ob allerdings eine Modernisierung des Bergrechts und die noch Steuererklärung (easy tax) erleichtert werden soll. Hierbei soll stärkere ökologische Ausrichtung dieses Ziel unterstützen, ist die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens konsequent wei- mehr als fraglich. ter vorangetrieben und dafür gesorgt werden, dass steuerliche Regelungen grundsätzlich auch digital umsetzbar sind. Ziel der neuen Bundesregierung ist es, die gesamte Interaktion zwischen Finanz- und Steuerpolitik Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung digital zu ermöglichen. Bundeshaushalt Immobilienerwerb Die in 2022 noch bestehende Aussetzung der Schuldenbremse Um den Erwerb selbstgenutzten Wohnraums zu erleichtern, soll soll „für die Überwindung der Coronakrise und Maßnahmen für den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer eine schnelle wirtschaftliche Erholung“ genutzt werden. Ab 2023 z.B. durch einen Freibetrag ermöglicht werden. Dass damit den will die Koalition nur den „normalen“ Kreditspielraum von 0,35 % Bundesländern die Möglichkeit gegeben wird, die Höhe des Bruttoinlandsprodukts nutzen. Für 2022 sollen folgende Fi- der Grunderwerbsteuer von der Art des Eigentumerwerbs abhän- nanzierungsinstrumente zusätzlich zu den bereits bestehenden gig zu machen, ist zu begrüßen Kreditfinanzierungen genutzt werden: Unternehmensbesteuerung Die KfW soll als Innovations- und Investitionsagentur einen Im Bereich der Unternehmensbesteuerung soll die Steuerprü- „Zukunftsfonds“ führen; ihr soll zur Risikoabsicherung ent- fung modernisiert und beschleunigt werden. Wir begrüßen aus- sprechend Eigenkapital zugeführt werden. drücklich, dass sich die neue Bundesregierung dafür für verbes- Auch die Deutsche Bahn AG oder/und die BIMA sollen als Kre- serte Schnittstellen, Standardisierung und den sinnvollen Einsatz ditgeber fungieren können. neue Technologien einsetzt. Zudem soll eine zentrale Organisati- Nicht genutzte Kreditermächtigungen sollen im Energie- und onseinheit auf Bundesebene eingerichtet werden, um die An- Klimafonds (EKF) für zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen be- schlussfähigkeit der Steuerverwaltung an den digitalen Wandel reitstehen. zu sichern und die Steuerbürokratie spürbar zu verringern.
Ausgab e 65 / Dezember 2021 ZDB BAUSTEIN Verlustverrechnung Prüfungen kostenfrei auszugestalten. Der technische Fortschritt und eine zunehmende Digitalisierung machen ein Schritthalten Die im Koalitionsvertrag vorgesehene zeitliche Verlängerung der der Arbeitnehmer mit dieser Entwicklung erforderlich. erweiterten Verlustverrechnung bis Ende 2023 und die Erweite- rung des Verlustvortrags auf die zwei unmittelbar vorangegan- Arbeitszeit und Arbeitsort genen Veranlagungszeiträume ist zu begrüßen. Dies schafft fi- Völlig unnötig und mutlos ist die Festlegung, am Grundsatz des nanziellen Spielraum für die Unternehmen und stärkt Investiti- 8-Stunden-Tages im Arbeitszeitgesetz festhalten zu wollen. Die onsüberlegungen. EU-Arbeitszeitrichtlinie hätte eine Wochenbetrachtung zugelas- sen und damit Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr Flexibili- tät erlaubt. Genauso überflüssig ist der Erörterungsanspruch Rechtspolitik bzgl. mobilem Arbeiten. Arbeitgeber geraten dadurch faktisch in Bürokratieabbau einem permanenten Rechtfertigungszwang darzulegen, warum Arbeit so und nicht anders organisiert ist. Die Koalition will ein neues Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg bringen, um die Wirtschaft gegenüber dem bisherigen Bü- Selbstständige rokratieaufwand zu entlasten und Unternehmern mehr Zeit für Zu begrüßen ist die versprochene Beschleunigung und Verbesse- ihre eigentlichen Aufgaben zu schaffen. Die "one in, one out" Re- rung des Statusfeststellungsverfahrens und der erleichterte Zu- gelung soll dabei konsequent fortgesetzt werden, und es soll ein gang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbststän- systematisches Verfahren zur Überprüfung des bürokratischen dige. Aufwands von Gesetzen und Regelungen entwickelt werden. Die Beteiligung der Wirtschaft an dem geplanten Bürokratiecheck Mindestlohn von Gesetzen ist ausdrücklich zu begrüßen. Bei der Umsetzung Einen schweren Wortbruch stellt die von der Ampel an der Min- von EU-Recht will die Koalition dafür Sorge tragen, dass sie effek- destlohnkommission vorbei beschlossene Erhöhung des gesetzli- tiv, bürokratiearm und im Sinne eines einheitlichen Europäi- chen Mindestlohns auf zwölf Euro dar. Massiver kann ein Eingriff schen Binnenmarktes erfolgt. Zudem soll geprüft werden, inwie- in die Tarifautonomie, der Druck auch auf alle darüber liegenden fern der Aufwand für und durch die rein elektronische Aufbe- Tarifentgelte ausübt, kaum noch sein. Damit dürfte der gesetzli- wahrung von Belegen und Geschäftsunterlagen verringert wer- che Mindestlohn auch zukünftig politischem Einfluss ausgesetzt den kann. Auch das ist uneingeschränkt zu unterstützen. sein. Vergaberecht Mini- und Midijobs Es ist ausdrücklich zu begrüßen, dass die Koalition die Beteili- Zu begrüßen ist, dass die Ampel-Koalition Hürden, die eine Auf- gungsmöglichkeiten von kleinen und mittleren Betrieben an nahme versicherungspflichtiger Beschäftigung erschweren, ab- Vergabeverfahren stärken will. Dies gewährleistet einen breiten bauen möchte, bleibt aber konkrete Vorschläge zur Umsetzung Wettbewerb, der am Ende auch den öffentlichen Auftraggebern schuldig. Der Vorschlag, die Midijobgrenze auf 1.600,00 Euro zu in Form von guter Qualität und wirtschaftlichen Preisen zugute erhöhen, führt erneut zu weiteren Belastungen der Rentenversi- kommt. cherung zu Lasten der Beitragszahler. Befristungen Arbeitsmarkt-/Sozial- und Bildungspolitik Erfreulicherweise werden für die gewerbliche Wirtschaft befris- Ausbildung tete Arbeitsverhältnisse nur insoweit eingeschränkt, dass Befris- tungen mit Sachgrund beim selben Arbeitgeber auf maximal Die angekündigte Stärkung und Modernisierung berufsbildender sechs Jahre begrenzt werden. Der ZDB hatte sich vehement ge- Schulen, der Ausbau der Berufsorientierung und die Fortführung gen eine Abschaffung sachgrundloser Befristungen eingesetzt. der Allianz für Ausbildung, der Ausbau der Einstiegsqualifizie- rung, der assistierten Ausbildung, der ausbildungsbegleitenden Arbeitskräftemobilität Hilfen und Verbundausbildungen sowie die Hilfen für Geflüch- Die Ampel-Koalition kündigt an, den Schutz von Beschäftigten tete werden ausdrücklich begrüßt als sinnvolle Lösungen zur bei grenzüberschreitenden Entsendungen zu verbessern und bü- Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit junger Menschen. Die rokratische Hürden abzubauen. Weiterhin wird klargestellt, dass gegebene Ausbildungsgarantie dagegen bleibt ein substanzloses nur bestimmte Dienstreisen von der Notifizierungspflicht zur A1- Versprechen. Bescheinigung ausgenommen werden sollen, wenn vor Ort keine Weiterbildung Dienstleistung erbracht oder Güter veräußert werden. Damit kommt die Politik einer Forderung des ZDB nach, insbesondere Der ZDB begrüßt den vorgeschlagenen Ausbau des Aufstiegsba- für das Bauhauptgewerbe gegenüber den osteuropäischen Län- fögs und die Förderung von Weiterbildungen, die Erhöhung der dern keine Lücken entstehen zu lassen, die für ein Lohndumping Fördersätze und Freibeträge und die Schließung von Förderlü- genutzt werden könnten. Erfreulich ist, dass „Werkverträge und cken zum Bafög mit der Zielsetzung, Aufstiegslehrgänge und
Ausgab e 65 / Dezember 2021 ZDB BAUSTEIN Arbeitnehmerüberlassung … notwendige Instrumente“ sind. Be- Rentenversicherung versichert werden, sofern sie nicht im Rah- dauerlicherweise lässt der Koalitionsvertrag jedoch nicht erken- men eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein priva- nen, dass eine Lockerung des Zeitarbeitsverbots für das Bau- tes Vorsorgeprodukt wählen. Dieses Vorsorgeprodukt muss in- hauptgewerbe geplant ist. solvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Bei jeder Grün- Tarifautonomie dung gilt jeweils eine Karenzzeit von zwei Jahren. Zur Stärkung der Tarifautonomie will die Ampel-Koalition die Die geförderte zusätzliche private Altersvorsorge steht allen Er- Vergabe öffentlicher Aufträge durch den Bund an die Einhaltung werbstätigen offen. Da es bezüglich eines solchen Systems der eines repräsentativen Tarifvertrages der jeweiligen Branche bin- Altersvorsorge für Selbstständige bereits in der letzten Legisla- den, wobei die Vergabe auf einer einfachen, unbürokratischen turperiode einen parteiübergreifenden Konsens gab, ist mit einer Erklärung beruht. Dies schafft für tarifgebundene Mitgliedsun- raschen Verwirklichung zu rechnen, zumal entsprechende Vorar- ternehmen deutliche Vorteile bei öffentlichen Ausschreibungen beiten schon weit gediehen sind. Damit schaffen wir ein level des Bundes. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass weitere playing field gegenüber Solo-Selbständigen und Scheinselbst- Schritte zur Stärkung der Tarifbindung erarbeitet und hierbei ins- ständigen, für die bei nicht ausreichender Absicherung sonst am besondere Möglichkeiten für weitere „Experimentierräume“ er- Ende der Steuerzahler aufkommen muss. öffnet werden. Man darf daher gespannt bleiben, ob sich die Am- pel-Koalition zu weiteren Tariföffnungsklauseln in gesetzlichen Bürgergeld Vorschriften durchringt. Spannend ist die Ablösung der bisherigen Grundsicherung - Arbeits- und Gesundheitsschutz „Hartz IV“ – durch ein sog. Bürgergeld. Hier hat sich die Ampel erfreulicherweise dazu durchringen können, dass an Mitwir- Die Ampel-Vertragspartner sprechen sich hier dafür aus, kleine kungspflichten des Bürgergeldempfängers weiterhin festgehal- und mittlere Unternehmen bei der Prävention und der Umset- ten werden und diese auch in einer Teilhabevereinigung festge- zung des Arbeitsschutzes zu unterstützen und das betriebliche legt werden sollen. Dabei sollen die Hinzuverdienstmöglichkei- Eingliederungsmanagement zu stärken. Wie bleibt leider offen. ten verbessert werden, um Anreize für die Aufnahme einer sozi- Weniger Bürokratie wäre schon eine echte Erleichterung. alversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit zu erhöhen. Auch Altersvorsorge für die Auszubildenden soll der Freibetrag der Anrechnung in Be- darfsgemeinschaften erhöht werden. Es bleibt zu hoffen, dass Bei der gesetzlichen Rentenversicherung soll wenig geändert durch den Umbau zum Bürgergeld keine „soziale Hängematte“ werden. Insbesondere soll es keine Rentenkürzungen und keine entsteht. Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben. Erfreu- lich ist, dass der sogenannte Nachholfaktor ab 2022 wieder akti- Aufenthalts- und Bleiberecht viert werden soll, was sich dämpfend auf zukünftige Rentenstei- Wichtige Ausführungen vor dem Hintergrund des Arbeits- und gerungen auswirken kann. Die im Koalitionsvertrag vorgesehe- Fachkräftemangels finden sich im Kapitel Aufenthalts- und Blei- nen Kapitaldeckungselemente (Kapitalstock von 10 Mrd. und berecht. Sicherlich gehört die Frage, wie die Zuwanderung von Möglichkeit der Anlegung der Reserven am Kapitalmarkt) ist an- Arbeits- und Fachkräften in Deutschland ausgestaltet werden gesichts der finanziellen Dimension der Rentenversicherung nur soll, zu einer der umstrittensten politischen Thematiken. Doch ein Tropfen auf dem heißen Stein. Für den in der Vergangenheit gerade das Bauhauptgewerbe mit seinem hohen Personalbedarf diskutierten „Deutschlandfonds“ enthält der Koalitionsvertrag darf die Augen nicht davor verschließen, dass der Arbeits- und lediglich einen Prüfauftrag. Gleiches gilt für die Frage einer wei- Fachkräftebedarf spätestens mittelfristig nicht mehr alleine über teren Flexibilisierung des Renteneintritts. So bleiben die wesent- Erwerbspersonen aus Deutschland oder andere EU-Mitgliedstaa- lichen Probleme der Rentenversicherung auch in Zukunft unge- ten befriedigt werden kann, sondern hierzu eine Zuwanderung löst, und im Bundeshaushalt werden zukünftig weitere, höhere aus Drittstaaten notwendig ist. Die Vorschläge gehen in die rich- Milliardenbeträge zur Stützung der gesetzlichen Altersvorsorge tige Richtung. gebunden werden. Absicherung für Selbstständige Nahezu die gleichen Aussagen wie in dem Vorgängerkoalitions- vertrag finden sich in den Ausführungen zur Altersvorsorge für Selbstständige. Diese sollen grundsätzlich in der gesetzlichen V.i.S.d.P.: Dr. Ilona K. Klein Zentralverband des Deutschen Baugewerbes Kronenstraße 55-58, 10117 Berlin Telefon 030 203 14-0 Telefax 030 203 14-419 Email: bau@zdb.de www.zdb.de
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