Bausteine für die Zukunft - Kulturmanagement Network

Die Seite wird erstellt Keno Weidner
 
WEITER LESEN
Nr. 62 · Dezember 2011                                                             1
KM – der Monat: Kommentar

Bausteine für die Zukunft
Kommentar zu den Ergebnissen des Forschungsprojektes „Studium –
Arbeitsmarkt – Kultur“ des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpoliti-
schen Gesellschaft
Ein Beitrag von Dirk Schütz, Geschäftsführer der KM Kulturmanagement Network
GmbH

Die nun vorliegenden Ergebnisse des Forschungsprojektes „Studium – Ar-
beitsmarkt – Kultur“ des Instituts für Kulturpolitik der Kulturpolitischen
Gesellschaft liefern einen weiteren wichtigen Beitrag zur Erforschung des
Arbeitsmarktes für KulturmanagerInnen und KulturvermittlerInnen, zu den
Entwicklungen der Ausbildungslandschaft sowie zu den Berufsbildern im
Kulturmanagement und in der Kulturvermittlung. Nachdem das Kulturmana-
gement Network auf seiner Tagung „KM-Konkret - Personalmanagement in der
Kultur“, gemeinsam mit dem Institut für Journalistik und Kommunikation der Hoch-
schule für Musik, Theater und Medien Hannover, Untersuchungsergebnisse zur Ent-
wicklung des Arbeitsmarktes und der Qualifikationsanforderungen für Kul-
turmanagerInnen aus Sicht der Stellenanbieter und Arbeitgeber vorgestellt
hat, wurden nun die Sichtweisen und Einschätzungen bezüglich des Ar-
beitsmarktes sowohl von Seiten der Aus- und Weiterbildungseinrichtungen
an Universitäten und Hochschulen, als auch von Absolventinnen und Absol-
venten zu Ihren Abschlüssen, Studiumserfahrungen und Berufsaussichten
untersucht und ausgewertet. Auch die Ansichten verschiedener ExpertInnen
zu diesen Themen erhielten Eingang in die Untersuchung.

Die Breite der zugrunde gelegten Definition des Untersuchungsbereiches so-
wie die Systematik und Auswahl der einzelnen Studienangebote und Ge-
sprächspartnerInnen gibt in mancher Hinsicht sicher Anhaltspunkte zur Kri-
tik. So ist die Frage berechtigt, ob alle Studienangebote, die erfasst wurden,
unter dem Begriff der Kulturvermittlung richtig subsumiert sind und dies
der alle vereinende definitorische Nukleus ist. Auch die Auswahl der Ge-
sprächspartnerInnen bei den Experteninterviews erfüllt u.a. in Bezug auf das
Alter der Befragten oder deren Arbeitsbereiche nicht den Anspruch eines re-
präsentativen Umfrageergebnisses und führt teilweise zum Eindruck, ver-
zerrte und zu subjektive Sichtweisen der Entwicklungen im Arbeitsmarkt
vorliegen zu haben. So wurde u.a. auf der Tagung zur Präsentation der For-
schungsergebnisse im Oktober 2011 in Bonn die Frage aufgeworfen, welches
Durchschnittsalter die Befragten hätten. Zudem kann die Sicht aus der Pra-
xis nur unvollständig sein, sind doch gerade 45 ExpertInnen aus allen 3 Sek-
toren des Kulturbetriebs und aus den unterschiedlichsten Bundesländern mit
den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen befragt worden. Dennoch
muss betont werden, dass die vorliegenden Ergebnisse damit beginnen eine
wichtige Lücke zu schließen und eine gute Grundlage zur Diskussion und

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                                2
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
kritischen – längst überfälligen - Auseinandersetzung mit den Ausbildungs-
angeboten und den Arbeitsmarktbedingungen in den Bereichen der Kultur-
vermittlung, des Kulturmanagements, der Kulturarbeit etc. liefern. Ich
möchte vor meinem Erfahrungshintergrund als Inhaber und Geschäftsführer
eines Kulturunternehmens und als Lehrender im Bereich Kulturmanage-
ment an unterschiedlichsten Studienangeboten ausgewählte Aspekte und
Ergebnisse des Forschungsprojektes kommentieren und Anregungen zur
Weiterentwicklung dieser Bereiche und Berufsfelder geben.

Anmerkungen zu den Studiengängen und -angeboten
Dass Ausbildungsbereiche wie Kulturvermittlung und Kulturmanagement
eine große und stärker werdende Bedeutung und Relevanz in der Kultur ha-
ben, zeigt zweifelsohne der ungebrochene Trend, an unterschiedlichsten
Aus- und Weiterbildungseinrichtungen entsprechende Studiengänge aufzu-
bauen und anzubieten. Kulturmanagement und Kulturvermittlung haben in
den vergangenen Jahren einen enormen und weiter fortlaufenden Professio-
nalisierungsprozess erfahren. Die Arbeitsfelder und Berufsbilder differenzie-
ren sich immer weiter aus, auch weit über den Kulturbereich hinaus in ande-
re Gesellschaftsbereiche hinein, und bieten AbsolventInnen vielfältige Be-
schäftigungsmöglichkeiten in angestellter und selbständiger Tätigkeit. Der
Arbeitsmarkt für AbsolventInnen entsprechender Studienangebote wird,
meiner Meinung nach, weiter wachsen. Jedoch muss hier auch mit Studie-
renden und AbsolventInnen unterschiedlichster Studienangebote verschie-
denster Disziplinen (Jura, Ökonomie, Soziologie, vielfältigsten Geisteswis-
senschaften etc.), die zum Teil als Quereinsteiger in diesen Bereich drängen,
in Konkurrenz getreten werden. So stiegen die Zahlen der Erwerbstätigen in
Kulturberufen in den letzten Jahren so stark wie in kaum einem anderen Be-
reich auf derzeit über 1 Mio. und hier vor allem in der Kultur- und Krea-
tivwirtschaft allein von 1995 bis 2003 um über 30 Prozent (siehe auch ARKStat
– Arbeitskreis Kulturstatistik 2004). Daher ist für mich nicht die Frage, ob es mit
derzeit 364 Studienangeboten zu viele Studienangebote im Bereich der Kul-
turvermittlung/des Kulturmanagements gibt, sondern die Frage in welcher
Qualität die Ausbildung erfolgt, ob diese den Anforderungen des Arbeits-
marktes gerecht wird und wie erfolgreich sich die AbsolventInnen behaupten
können.

Berufschancen und -perspektiven auf dem Arbeitsmarkt
Ein Großteil der befragten StudiengangsleiterInnen geht von sehr guten bis
guten Chancen und Perspektiven Ihrer AbsolventInnen im Arbeitsmarkt aus.
Es ist daher wenig verwunderlich, dass sie ihrem Studienangebot bei den
Perspektiven ihrer AbsolventInnen eine Durchschnittsnote von 1,76 geben (1
ist gleich „sehr gute Perspektiven“). Auch das Ziel und die Bedeutung der Ar-
beitsmarktvorbereitung bewerten die meisten StudiengangsleiterInnen für
ihre Angebote mit einem Durchschnittswert von 1,83 und damit zwischen
„sehr gut“ und „gut“. Eine kritische Evaluation ihrer Angebote im Hinblick

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                         3
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
auf diese Einschätzungen erfolgt allerdings nur bei einer kleineren Zahl von
Studienangeboten. Auch die Ergebnisse der AbsolventInnenbefragungen un-
termauern diese Annahmen erfolgreicher Perspektiven nur zum Teil. Es
klafft also ein gehöriges Loch zwischen dem Anspruch der Studiengänge und
-angebote sowie deren Verantwortlichen und der Einlösung dieser Ansprü-
che. Hier sind nun unter anderem die Fachverbände gefordert eine entspre-
chende Evaluation für alle Angebote voran zu treiben! Aus eigenen Erfahrun-
gen weiß ich, dass die Anschlussfähigkeit etlicher Studienangebote an die
Herausforderungen und Bedingungen des Arbeitsmarktes nicht ausreichend
ist. Zum Teil

· liegen zu wenig Kenntnisse über den Arbeitsmarkt und die Entwicklungen
 der Berufsbilder vor,

· sind die Kenntnisse zu Berufsalltag und Anforderungen in den unterschied-
 lichsten Arbeitsbereichen und Organisationen zu ungenau,

· werden die praktischen Erfahrungen von lehrenden Praktikern und aus den
 absolvierten Praktika der Studierenden für die Weiterentwicklung der Cur-
 ricula und Studieninhalte zu wenig evaluiert,

· sind die Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern und Praktikumsanbietern
 zu sporadisch.

Dies gilt wohlgemerkt nicht für alle Studienangebote. Einigen Studienange-
boten kommt hier sicherlich eine Vorreiterrolle zu, was auch die Ergebnisse
ihrer Evaluationen und der AbsolventInnenbefragungen zeigen. Oftmals sind
jedoch die einzelnen Studienangebote nur ungenügend personell und finan-
ziell ausgestattet, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden oder entspre-
chende Leistungen vorzuhalten. Diskussionsbedarf besteht sicherlich in den
entsprechenden Fachverbänden und Gremien der unterschiedlichen Diszipli-
nen. Hilfreich könnten hier z.B. ein intensiver Erfahrungsaustausch, ge-
meinsame Forschungsarbeiten und Studien (wie zum Beispiel die hier vorlie-
gende und andere) sowie Kooperationen zwischen Studienangeboten sein,
die gemeinsam entsprechende Leistungen anbieten oder auch Kapazitäten
austauschen und bündeln.

Zudem wurde die Verantwortung von Gremien und Institutionen zur Akkre-
ditierung entsprechender Studienangebote auf der Tagung in Bonn ange-
mahnt. Es scheint, dass es zu ungenaue Akkreditierungskriterien und zu un-
durchsichtige Verfahren für entsprechende Studienangebote gibt, die einen
„Wildwuchs“ von Orchideen-Angeboten noch weiter befördert.

Die Ergebnisse der ExpertInnenbefragungen belegen zudem, dass die Studi-
enangebote im Bereich der Kulturvermittlung/des Kulturmanagements ein
echtes Vermittlungsproblem in den Arbeitsmarkt hinein haben. Der Kenn-
tnisstand der ExpertInnen zur Ausbildungslandschaft wurde von ihnen selbst
mit einem Durchschnittswert von 4,3 als gering eingeschätzt. Die meisten

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                          4
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
Studienangebote waren den Expertinnen schlichtweg nicht bekannt! 20 Pro-
zent der Befragten kannten gar kein Studienangebot. Man könnte den Exper-
tInnen nun bösartig Desinteresse oder Ignoranz unterstellen. Allerdings
kann man den Aus- und Weiterbildungseinrichtungen auch eklatante Kom-
munikationsdefizite zu den eigenen Angeboten und den Kompetenzen der
AbsolventInnen, die diese für den Arbeitsmarkt bereithalten, bescheinigen.
Dass die befragten ExpertInnen den Anteil an kulturvermittelnden Aufgaben
für MitarbeiterInnen in ihren Organisationen mit 55 Prozent hoch einschät-
zen und auch einen Anstieg dieser Aufgaben prognostizieren, aber nur 17 Pro-
zent der mit diesen Aufgaben betrauten MitarbeiterInnen über eine entspre-
chende Ausbildung verfügen, spricht Bände. Es ist dramatischer Ausdruck
einer Fehlentwicklung, die sowohl die Anbieter entsprechender Studienan-
gebote und deren Kommunikation zu ihren Angeboten aber auch die Arbeit-
geber selbst zu verantworten haben. Es zeigt zudem, dass auch auf Seiten der
Arbeitgeber bei der Besetzung und Entwicklung entsprechender Personalstel-
len strategische Fehlentscheidungen vorliegen.

Wachsende Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnolo-
gien
In der Studie wird deutlich, dass der Vermittlung von Kenntnissen in den
Informations- und Kommunikationstechnologien seitens der Studienanbie-
ter kaum Bedeutung zugemessen wird, was ich als grob fahrlässig und nicht
nachvollziehbar empfinde. Die Entwicklungen der Informations- und Kom-
munikationstechnologien haben massive Auswirkungen auf die Inhalte und
Arbeitsprozesse in unterschiedlichsten Bereichen von Kultureinrichtungen
und –organisationen und ziehen gesellschaftliche Veränderungen nach sich,
die auch in den Studienangeboten analysiert, diskutiert, evaluiert und integ-
riert werden müssen. Zudem bringen sie in rasender Geschwindigkeit völlig
neue Berufsbilder und Aufgabenbereiche hervor. Audience Development und
Besucherbindung über soziale Netzwerke, transmediales Erzählen und Ver-
mitteln von Kulturinhalten, Location Based Services und deren Anwendung
im Marketing und die Vermittlungsmöglichkeiten über Augmented Reality
oder Applikationen für mobile Endgeräte sind hier nur einige der aktuellen
Stichworte. Die Entwicklung sozialer Netzwerke und des mobilen Internets
führen zu radikalen Veränderungen im Bereich der Kulturvermittlung und
beim Zugang zu entsprechenden Inhalten. Die Frage lautet heute nicht
mehr, ob man bereits im Internet ist, sondern „Klickst Du noch oder wischst
Du schon?“. Aktuelle Zahlen sprechen da für sich. Über 800 Mio. Nutzer sind
bereits bei Facebook registriert, wobei mehr als 50 Prozent sich täglich ein-
loggen. Über 200 Mio. User nutzen den Kurznachrichtendienst Twitter und
täglich werden es 600.000 User mehr. Über 200 Mio. Clips werden täglich
über YouTube Mobile gesehen. Jeder 4. Haushalt in Deutschland besitzt mitt-
lerweile ein Smartphone oder einen Tablet-Computer. 10 Mio. Deutsche ge-
hen nur noch mobil ins Internet ,wobei 50 Prozent davon soziale Netzwerke
nutzen. Dem gegenüber gibt es allein von den Tausenden Museen in Deutsch-

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                        5
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
land nur gut 200 twitternde Museen, knapp 250 Museen bei Facebook, 40
Museen mit eigenem Youtube-Kanal oder derzeit knapp 30 Museen bei
Google+, Tendenz langsam steigend. Die Gefahr für den Kulturbetrieb bes-
teht, dass nachwachsende Besucher- und Interessengruppen schlichtweg
nicht mehr erreicht und angesprochen werden können bzw. Marketing und
PR ins Leere laufen und damit Angebote nicht mehr genutzt werden. Wis-
sensdefizite können durch MitarbeiterInnen nur schwer im Learning-by-
doing aufgearbeitet werden. Eine Wissensaneignung erfolgt meist noch in
der eh zu knapp bemessenen Freizeit. Betrieblich motivierte und finanzierte
Weiterbildungsmaßnahmen oder Bildungsurlaube sind in vielen Kulturein-
richtungen als Teil einer strategischen Personal- und Organisationsentwick-
lung schlichtweg nicht vorhanden. Die Gefahr für die Studienangebote bes-
teht, dass man zukünftig weniger praktikables Wissen in diesem Bereich an-
bieten kann, als bereits mit den neuen Medien vertraute Studierende selbst-
verständlich erwarten. Die so genannte Generation der Digital Natives befin-
det sich in vielen Aufbaustudiengängen oder hat diese bereits verlassen.
Nachfolgende Studierendengenerationen werden tendenziell mehr Wissen in
diesen Bereichen haben, diese schneller anwenden können und auch bessere
Netzwerke haben, als die aus- und weiterbildenden Einrichtungen und ihre
Vertreter selbst. Dies kann sicher nicht zur Erhöhung der Attraktivität der
Angebote und zu einer größeren Nähe zum Arbeitsmarkt beitragen.

Dialog zwischen Studienangeboten und Arbeitsmarkt, Aufbau von Career
Center und Coaching-Strukturen
Auf der Tagung in Bonn zur Vorstellung der Forschungsergebnisse wurde
durch einige Vertreter von Hochschulen und Universitäten angemerkt, dass
es nicht die vordergründige Aufgabe von diesen Einrichtungen wäre, gezielt
für den Arbeitsmarkt auszubilden. Dem kann man zum Teil folgen, wenn es
um grundständige Studienangebote an Universitäten geht, wobei im Zuge
der Bologna-Reform auch das Ziel eines schnelleren Berufseinstiegs ausgege-
ben wurde. Für postgraduale Angebote kann dies sicher nicht gelten, haben
doch die meisten den Anspruch, berufsvorbereitend auszubilden oder durch
gezielte Weiterbildung die Arbeitsmarktchancen ihrer Studierenden zu erhö-
hen. Diesen Anspruch formulierte ein Großteil der StudiengangsleiterInnen
ja auch selbst und hob die Bedeutung der Arbeitsmarktvorbereitung ihrer
Angebote - wie oben bereits erwähnt - mit einem Durchschnittswert von 1,83
und damit zwischen „sehr gut“ und „gut“ besonders hervor. Die nur gerin-
gen bis gar nicht vorhandenen Kenntnisse der befragten ExpertInnen und
auch die Zahlen der derzeit in diesen Berufsbereichen mit einer entsprechen-
den Qualifizierung Beschäftigten sprechen allerdings eine andere Sprache.
Hier bedarf es einer größeren Intensivierung des Dialogs mit potenziellen
Arbeitgebern, nicht nur in Bezug auf eine spätere Vermittlung von Absolven-
tInnen sondern auch im Bereich der Vermittlung studienbegleitender prakti-
scher Erfahrungen im Rahmen von Praktika. Es sollte generell die Anschluss-
fähigkeit zum Arbeitsmarkt erhöht werden. So kommt ein permanenter Aus-

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                       6
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
tausch zu sich verändernden Berufsbildern und zu Studieninhalten sicher
beiden Seiten zugute, sowohl den Studienangeboten als auch den potenziel-
len Arbeitgebern. Die Vermittlung der ausgebildeten Kompetenzen und zu-
künftiger Berufsbilder in den Arbeitsmarkt hinein, vor allem auch was die im
Studium vermittelten Methoden- und Fachkompetenzen betrifft, sollte zu
einer wichtigen Aufgabe der Kommunikationsmaßnahmen von Studienan-
geboten werden. Zu wenig wissen häufig Praktikumsanbieter und potenzielle
Arbeitgeber über die vermittelten Studieninhalte und Kompetenzen der Be-
werberInnen. Zu wenig wissen häufig auch die Studierenden darüber, welche
Fähigkeiten und Kompetenzen sie für Anbieter von Praktika oder Stellen an-
schlussfähig mitbringen und wie sie sich in den jeweiligen Organisationen
besonders einbringen können bzw. welche strategischen Vorteile sie liefern.
Die Wissensdefizite und Kompetenzlücken in den Organisationen sind so nur
schwer zu schließen. Allein der gesamte Bereich studienbegleitender Prakti-
ka bleibt weiterhin bei vielen Studienanbietern ein ungenutztes Feld zur
Weiterentwicklung und Evaluierung der eigenen Studienangebote, zur In-
tensivierung der Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern und zum Ausbau der
eigenen Netzwerke, sei es zur Vermittlung der eigenen AbsolventInnen, sei es
zum Ausbau des Lehrendenpools, sei es zur Steigerung der eigenen Reputati-
on und Verbesserung des Studiengangsmarketings oder sei es zum Ausbau
der eigenen strategischen Geschäftsfelder, Arbeitsgebiete oder Strukturen
usw. Wenn ein Drittel der befragten ExpertInnen angibt, dass Mitarbeiter der
eigenen Organisation als Lehrbeauftragte in verschiedenen Studienangebo-
ten tätig sind, aber nur sehr geringe Kenntnisse über die Ausbildungsland-
schaft und Fähigkeiten der AbsolventInnen in den Organisationen vorhanden
sind und auch Praktika im Durchschnitt nur zu einem Sechstel zu Anstellun-
gen nach einem absolvierten Praktikum in diesen Einrichtungen führen,
spricht dies Bände über die brachliegenden Beziehungen und die ungenutz-
ten Chancen. Ich persönlich habe noch keinen Studiengang erlebt, der sich
mit meinem Unternehmen oder mir persönlich als Praktikumsanbieter in-
tensiver auseinander gesetzt hätte oder mit mir in den Dialog getreten wäre -
wenn ich nicht sowieso als Dozent oder Lehrbeauftragter vor Ort gewesen
wäre. Auch eine Betreuung während durchgeführter Praktika von engagier-
ten Studierenden in meinem Unternehmen hat zu keinem engeren Kontakt
von Seiten der dazugehörigen Ausbildungseinrichtungen geführt. Ein Feed-
back erfolgt immer nur über die obligatorischen Bewertungsbögen für die
Studierenden durch die Praktikumsanbieter selbst. Inwieweit diese evaluiert
werden und hilfreich für den Studienanbieter sind, kann ich kaum nachvoll-
ziehen. Anderen Kulturorganisationen geht es hier sicher ähnlich.

Gebraucht werden strategische, feedback-orientierte Praktikumssysteme und
Coaching-Angebote für Studierende und Praktikumsanbieter. Einen der Vor-
reiter in dieser Hinsicht haben wir auf unserer Tagung „KM-Konkret – Perso-
nalmanagement in der Kultur“ im Jahr 2010 mit der Utrecht School of Arts und
ihrem Integrated Internship Program vorgestellt. In diesem Programm wird nicht

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                             7
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
nur der intensiven Betreuung und des Coachings der Studierenden eine große
Bedeutung beigemessen, sondern auch der Betreuung und dem intensiven
Dialog mit den Praktikumsanbietern und potenziellen Stellenanbietern für
die eigenen AbsolventInnen. Auch diese erfahren ein Coaching und können
so Studierende viel passgenauer und erfolgreicher einsetzen sowie vom in-
tensiven Wissensaustausch mit dem Studienanbieter profitieren. Es gibt be-
reits Beispiele mit dem Career Center der Universität der Künste Berlin oder dem
Music Career Center an der Hochschule für Musik Dresden, die – wenn auch noch
nicht in dieser umfassend strategisch ausgerichteten Art - in eine ähnliche
Richtung gehen. Vielleicht könnten aber auch Fachverbände Strukturen für
mehrere Studienangebote vorhalten und bündeln und damit den Aufwand
auf mehrere Schultern verteilen.

Weiterbildungsangebote zur Stärkung von Methodenkompetenzen und
sozialen Kompetenzen
Die Gewichtung der erfragten Kompetenzbereiche „Fachkompetenzen“, „Me-
thodenkompetenzen“ und „personale/soziale Kompetenzen“ als Ergebnis der
Experteninterviews ist für mich persönlich nicht ganz nachvollziehbar und
hängt sicher auch mit den extrem unterschiedlichen Arbeitsbereichen der
befragten ExpertInnen zusammen. Gerade die derzeitigen dramatischen Ver-
änderungen im Kulturbetrieb und dem dazugehörigen Arbeitsmarkt, die
Entwicklungen der Neuen Medien sowie die stärker werdende Verlagerung
der Erwerbstätigkeit von angestellter in Richtung selbständiger Tätigkeit (in
der Kultur- und Kreativwirtschaft immer mehr in Richtung 50 Prozent) be-
darf einer Stärkung der Vermittlung von Methoden- und sozialen Kompeten-
zen. Ich muss selbst immer wieder bei Gesprächen mit Studierenden, Prakti-
kantInnen oder potenziellen MitarbeiterInnen feststellen, dass Kompetenzen
und grundlegende Kenntnisse in den Bereichen Kommunikation und Füh-
rung oder auch Kooperations- und Netzwerkfähigkeiten fehlen. Dies bestäti-
gen zum Teil auch die Ergebnisse der Auswertung der AbsolventInnenbefra-
gungen. Hinzu kommt, dass viele Studierende ihre eigenen Fähigkeiten nur
schwer einschätzen können und häufig nicht wissen, wie und wo sie sich im
Arbeitsmarkt platzieren sollen bzw. welche Karrierewege sie anstreben. Ein
verstärktes Coaching zur gezielten Karrierebeförderung sowie zur Stärkung
der Selbstwahrnehmung der Studierenden könnte hier Abhilfe schaffen und
ihre Anschlussfähigkeit zum Arbeitsmarkt erhöhen. Auch Aspekte der Un-
ternehmensgründung und des Cultural Entrepreneurships müssten verstärkt
Eingang in die Curricula finden. In einem Arbeitsmarkt, in dem es immer
mehr befristete und Kurzzeit-Arbeitsverhältnisse sowie verstärkte Tendenzen
zur selbständigen Erwerbstätigkeit gibt, ist der Qualifizierungsbedarf in den
genannten Kompetenzbereichen besonders hoch. Studierende und Alumni
der verschiedenen Studienangebote könnten sich mit diesen Services und
Qualifizierungsangeboten besser im Arbeitsmarkt orientieren und platzieren
und schneller den Bedingungen und Veränderungen anpassen. Nicht alle
Studienangebote werden diese zusätzlichen Leistungen vorhalten können.

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                       8
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
Kooperationen mit entsprechenden Anbietern oder auch der Zusammen-
schluss mehrerer Studienangebote können jedoch einen entscheidenden Vor-
teil auf dem Ausbildungsmarkt bieten. Die Erfahrungen mit unserem Onli-
ne-Weiterbildungsformat „kmtreff - Treffpunkt Kulturmanagement“, einem
monatlichen 2-stündigen Webinar, zeigen, dass hier noch viele Potenziale
ungenutzt sind.

Anmerkungen zu den Studiengängen und -angeboten
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes bieten nicht nur für die unterschied-
lichen Studienangebote und deren Studierende hilfreiche Hinweise zur wich-
tigen Weiterentwicklung. Auch den Unternehmen und Organisationen im
Kulturbereich zeigen sie Ansätze für strategische Veränderungen und einigen
Nachholbedarf auf. So wird in den Ergebnissen der ExpertInnenbefragung
sowie der AbsolventInnenbefragungen deutlich, dass wir im Kulturbereich
noch weit entfernt sind von einem strategischen und professionellen Perso-
nalmanagement. Offensichtlich wird auf das - nach Aussage der ExpertInnen
- Anwachsen kulturvermittelnder Aufgaben nur unzureichend reagiert,
wenn nach wie vor nur ein kleiner Teil der damit beauftragten Mitarbeiter-
Innen für diesen Aufgabenbereich ausgebildet wurde oder einen solchen Ab-
schluss vorweisen kann. Immerhin gaben 40 Prozent der ExpertInnen an,
hier künftig KulturvermittlerInnen einzustellen. Dies bedeutet aber auch,
dass schon frühzeitig entsprechende Kontakte zu Universitäten und Hoch-
schulen und zu den entsprechenden Studienangeboten gesucht werden müs-
sen. Den Dialog zwischen den Studienangeboten und dem Arbeitsmarkt zu
befördern kann nicht nur eine einseitige Aufgabe der Studienangebote sein.
Dieser Dialog bringt wichtige Rückmeldungen aus der organisationalen Pra-
xis und aus dem Arbeitsmarkt für die Weiterentwicklung der Curricula und
damit auch für die Ausbildung und Stärkung entsprechender Kompetenzen.
Zudem können potenzielle Arbeitgeber von den Forschungsleistungen und
neuen Ausbildungsangeboten profitieren und entscheidende Vorteile für die
Zukunftsfähigkeit der eigenen Organisation erringen. Hilfreiche Rückmel-
dungen für Studienanbieter wären auch klarere Stellenausschreibungen und
Anforderungsprofile seitens stellenanbietender Kulturorganisationen. Auch
hier gibt es enormen Nachholbedarf, wie die Studie zu den Qualifikationsan-
forderungen von Stellenanbietern zeigte, die Kulturmanagement Network
gemeinsam mit dem Institut für Journalistik und Kommunikation Hannover
im Jahr 2010 vorstellte. Genauso wie bei den Studienanbietern werden auch
Praktika nur unzureichend als strategische Möglichkeit zur Weiterentwick-
lung der eigenen Organisation genutzt. Zudem kann schon hier die Bindung
künftiger Mitarbeiter im Ringen um die Besten erfolgen. Im Sinne eines stra-
tegischen Employer Branding bleiben bisher noch viele Möglichkeiten zur
Erhöhung der eigenen Attraktivität als Arbeitgeber und Verstärkung des Dia-
logs im Bewerbermarkt von vielen Organisationen im Kulturbereich unge-
nutzt. Unzureichend ist zudem im Kulturarbeitsmarkt das Aufzeigen von
Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten ausgeprägt. Verstärkte Kooperati-

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                       9
KM – der Monat: Ex Libris

… Bausteine für die Zukunft
onen mit Studienangeboten und Studierendenvertretungen können hier der
erste Anfang eines sinnvollen Austausches zwischen Studienangeboten und
Arbeitsmarkt sein. Das Beispiel aus Utrecht zeigt, dass beide Seiten davon
nachhaltig profitieren.¶

www.kulturmanagement.net
Nr. 62 · Dezember 2011                                                    10

Impressum

K M K U LT U R M A N A G E M E N T N E T W O R K G M B H

PF 1198 · D-99409 Weimar

Amalienstr. 15 · D-99423 Weimar

TEL +49 (0) 3643.494.869

FAX +49 (0) 3643.801.765

Email: office (at) kulturmanagement.net

Geschäftsführer: Dirk Schütz

Sitz und Registrierung: Firmensitz Weimar, Amtsgericht Jena, HRB 506939

Chefredakteurin: Veronika Schuster (V.i.S.d. § 55 RStV)

Abonnenten: ca. 20.700

Mediadaten und Werbepreise: http://werbung.kulturmanagement.net

W E I T E R E I N F O R M AT I O N E N
www.kulturmanagement.net

http://twitter.com/kmnweimar

http://twitter.com/km_stellenmarkt

http://www.facebook.com/Kulturmanagement.Network

www.kulturmanagement.net
Sie können auch lesen