ÜBERBLICK zu EUROPÄISCHEN GESETZESINITIATIVEN - EU-Koordination - Stadt Wien
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Kurzfassung – Für Wien relevante EU-Themenentwicklungen Beschäftigungs- und Sozialpolitik: Die europäische Politik für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit zielt auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen ab, indem Beschäftigung, nachhaltiges Wachstum und ein stärkerer sozialer Zusammenhalt gefördert werden. Nachdem unter der vorangegangenen Juncker-Kommission die soziale Dimension zu einer der Kernprioritäten erhoben wurde, kündigte auch die seit Juli 2019 im Amt befindliche neue Präsidentin der Europäischen Kommission („EK“), Ursula von der Leyen („VdL“), bereits im Rahmen der Vorstellung ihrer politischen Schwerpunkte eine Reihe von Initiativen im Bereich der Sozialpolitik an. In der im Jänner 2020 vorgelegten Mitteilung über „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ gab die EK schließlich einen ersten Ausblick auf die sozial-, bildungs- bzw. gleichstellungspolitischen Initiativen, die 2020 bzw. 2021 auf den Weg gebracht werden sollen. So wurden seither u. a. Mitteilungen betreffend eine Europäische Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025, die Stärkung der Europäischen Jugendgarantie, eine aktualisierte europäische Agenda für Kompetenzen, die Vollendung des Europäischen Bildungsraumes, ein Aktionsplan für digitale Bildung, die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, ein Grünbuch zum Thema Altern oder ein Richtlinienvorschlag zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmaßnahmen vorgelegt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang jedoch die als zentraler politischer Schwerpunkt im Sozialbereich von der VdL- Kommission angekündigte Initiative zur Sicherstellung angemessener Mindestlöhne für ArbeitnehmerInnen in der EU. Nach dem primärrechtlich vorgesehenen, zweistufigen Konsultationsprozess mit den europäischen Sozialpartnern legte die EK schließlich Ende Oktober 2020 einen Vorschlag für eine Richtlinie über angemessenen Mindestlöhne in der EU („RL-Vorschlag“) vor. Eine einheitliche Länderstellungnahme hierzu ist aufgrund unterschiedlicher Positionen im Zusammenhang mit der Frage der kompetenzrechtlichen Zulässigkeit dieses RL-Vorschlags nicht zustande gekommen. Gemeinsam mit der o. a. Mitteilung über „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ initiierte die EK im Jänner 2020 außerdem einen breit angelegten öffentlichen Konsultationsprozess, auf dessen Grundlage ein gemeinsamer Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte ausgearbeitet und Anfang März 2021 vorgelegt wurde. Das Land Wien hat an dieser Konsultation im Vorfeld der Unterbreitung des Aktionsplans teilgenommen und eine umfangreiche Stellungnahme eingebracht. Wie dem Arbeitsprogramm der EK für 2021 entnommen werden kann, sind eine Reihe weiterer sozialpolitischer Initiativen für das laufende Jahr geplant, wie insbesondere eine Empfehlung für eine Europäische Kindergarantie, ein Aktionsplan für die Sozialwirtschaft, eine EU-Strategie für die Rechte des Kindes oder eine legislative Initiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten. Finanzen: Der Brexit, die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowie neue Eigenmittelkategorien haben große Auswirkungen auf den aktuellen EU-Finanzrahmen seit 2021. Das zwischenzeitig von Polen und Ungarn eingelegte Veto zur HaushaltskonditionalitätenVO (dh. die Koppelung der Auszahlung der Finanzmittel an die Rechtsstaatlichkeit) als Teil des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) stoppte kurzzeitig 2
das formelle einstimmige Beschlussfassungserfordernis im Rat der Europäischen Union. Österreich wird neben den Mitteln aus dem MFR voraussichtlich aus der Aufbau- und Resilienzfazilität „Next Generation- EU“ – als Beitrag zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie – im Zeitraum 2021 bis 2023 knapp 3 Milliarden Euro an Zuweisungen erhalten. Der Anteil für Wien ist derzeit noch nicht bekannt, da von der Bundesregierung ein innerstaatlicher Verteilungsschlüssel bis dato nicht vorgelegt wurde. Ein nationaler Aufbauplan soll im Frühjahr in Brüssel vorgelegt werden. Nach derzeitigem Stand stehen Österreich insgesamt aus den für Wien relevanten Fonds wie beispielsweise dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) insgesamt 477 Mio EUR und dem Europäischen Fonds für territoriale Zusammenarbeit (Interreg) 192 Mio EUR zur Verfügung. Energie/Klimawandel: Mit dem Vorschlag für ein Europäisches Klimagesetz, der im Zusammenhang mit dem politischen Ziel „Ein Grüner Deal für Europa“ steht, soll die EK ermächtigt werden, mittels delegierten Rechtsakten Klimazielpfade für die Mitgliedstaaten zur Erreichung einer Klimaneutralität vorzuschreiben. Diese Zielpfade wären aber EU- rechtskonform im Klimagesetz selbst zu verankern. Auch die weitgehende kriterienlose Ermächtigung für Maßnahmen und Empfehlungen der EK widerspricht dem Subsidiaritätsprinzip, da das Recht der Mitgliedstaaten beschnitten würde, selbst über die Zusammensetzung ihres Energiemixes zu entscheiden. Die Mitteilung „Förderung einer klimaneutralen Wirtschaft: Eine EU-Strategie zur Integration des Energiesystems“ enthält eine Strategie zur Dekarbonisierung aller Wirtschaftszweige und weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen. Dabei wird die wichtige Rolle der Energiesysteme bei der Verwirklichung dieser Ziele betont und insbesondere ein beschleunigter Ausbau der „Offshore- Stromerzeugung“ als auch eine Renovierungsstrategie für kleine und mittlere Wasserkraftwerke gefordert. Aus Sicht der Länder wären aber derartige Strategien ausschließlich in die nationalen Energie- und Klimastrategien einzubeziehen. Auch die Absicht der EK, auf europäischer Ebene die Nutzung elektrischer Energie für die Raumheizung bzw. - kühlung zu forcieren, ist subsidiaritätswidrig. Die Entscheidung, mit welcher Technologie Gebäude künftig geheizt und gekühlt werden, und die Forcierung des Ausbaus hocheffizienter Fernwärmeversorgungsnetze, Niedertemperaturnahwärmenetze, lokale Nahwärmekonzepte z.B. mit Biomasse für die Wärme- und Kälteversorgung etc., müssen weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben. In ihrer Mitteilung „Eine Renovierungswelle für Europa“ kündigt die EK ein Bündel von Maßnahmen auf EU- Ebene an, um die jährliche Quote der energetischen Renovierungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden bis 2030 mindestens zu verdoppeln bzw. diese Quote bis 2050 aufrechtzuerhalten, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Dazu sollen auch mehrere EU-Rechtsakte geändert werden. Die Länder dringen in Bezug auf die geplante Änderung der Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie in ihrer einheitlichen Länderstellungnahme vehement auf die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, insbesondere im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur energetischen Renovierung bestehender Bauten. Die Dekarbonisierung im Gebäudesektor und der Wärme-/Kälteversorgung in den einzelnen Mitgliedstaaten und in benachteiligten Gebieten muss außerdem für die dort ansässigen Menschen mit mittlerem und niedrigerem Einkommen sowie für sozial benachteiligte Menschen leistbar sein. Zudem wird betont, dass nicht in das Recht eines Mitgliedstaats eingegriffen werden darf, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen eigenständig zu treffen. 3
Umwelt: Die gemeinsame Länderstellungnahme zum Vorschlag für eine RL über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch kommt zum Schluss, dass eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips vorliegt (da z.B. unterschiedliche Trinkwasservorkommen in den Mitgliedstaaten auch individuelle Lösungen bedingen). Ebenso wird in der einheitlichen Stellungnahme der Länder zum Vorschlag für eine VO über Mindestanforderungen für die Wasserwiederverwendung der Verstoß gegen das Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip moniert: Dieser ergibt sich durch nicht an die Sachmaterie sowie an die örtlichen Gegebenheiten anknüpfende Regelungsvorschläge sowie aufgrund fehlender Rechtsgrundlage auf EU- Ebene. Die Verhandlungen zur Trinkwasser-RL (Ratsarbeitsgruppe (RAG) Umwelt) gestalteten sich vor allem im Hinblick auf die Überarbeitung der Parameterliste, die Vorgaben zum Zugang zu Wasser und Konsumenteninformationen sowie die Anforderungen für Baumaterialien im Kontakt mit Trinkwasser schwierig. Nach fünf Trilogen konnte am 18. Dezember 2019 eine politische Einigung unter finnischem Vorsitz erzielt werden. Nach den formellen Abstimmungen konnte die Richtlinie am 23. Dezember 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Digitaler Binnenmarkt: Der digitale Binnenmarkt bzw. generell die digitale Agenda ist unter dem Motto „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ weiterhin ein wesentlicher Themenschwerpunkt der EK. Aus Wiener Sicht sind insbesondere die Themenfelder Gestaltung der digitalen Zukunft Europas, Künstliche Intelligenz, Europäische Datenstrategie, Digitale Dienste sowie die Netz- und Informationssicherheit (NIS-Richtlinie) hervorzuheben. In Fortführung dieses Schwerpunkts sind im Arbeitsprogramm 2021 sieben Vorschläge für neue Initiativen dazu enthalten. Migrations- und Asylpolitik: Am 23. September 2020 legte die EK ihr im Arbeitsprogramm 2020 ursprünglich bereits für das erste Quartal 2020 angekündigtes Migrations- und Asylpaket vor. Mit diesem Paket soll ein Neustart in der Europäischen Asyl- und Migrationspolitik angestoßen werden, nachdem die Verhandlungen zu den 2016 bzw. 2018 vorgelegten Reforminitiativen zu keinem Abschluss gebracht werden konnten. Das vorgelegte Paket umfasst neben der Mitteilung „Ein neues Migrations- und Asylpaket“, COM(2020) 609 final, neun weitere Initiativen, wovon fünf legislativer Natur sind. Zu den Kernelementen dieses umfangreichen Legislativpakets zählen u. a. der mit dem „Vorschlag für eine Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement“ eingeführte und mit dem „Vorschlag für eine Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Fällen höherer Gewalt im Bereich Migration und Asyl“ für Krisensituationen entsprechend angepasste neue Solidaritätsmechanismus, der nunmehr auch sog. „Rückkehrpatenschaften“ als neues Instrument des Solidaritätsbeitrags umfassen soll. Außerdem wird die Einführung eines integrierten Grenzverfahrens vorgeschlagen, das u. a. erstmals ein obligatorisches Screening-Verfahren vor der Einreise vorsieht, das für alle Drittstaatsangehörige, die unbefugt die EU- Außengrenze übertreten, durchzuführen ist. Das Land Vorarlberg hat die Federführung für die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung für dieses Dossier übernommen und einen Vorschlag für eine einheitliche Länderstellungnahme vorgelegt. Während in Bezug auf die fünf Legislativakte keine 4
Verstöße gegen das Subsidiaritätsprinzip festgestellt wurden, wurden in Bezug auf einzelne Bestimmungen im Vorschlag für eine Asyl- und Migrationsmanagement Verordnung sowie im Änderungsvorschlag betreffend den Vorschlag für eine Asylverfahrensverordnung vereinzelt Verhältnismäßigkeitsbedenken vorgebracht. Nach Berücksichtigung inhaltlicher Anmerkungen von Wien, erging hierzu Anfang Jänner 2021 schließlich eine einheitliche Länderstellungnahme. Katastrophenschutz: Im Lichte der Erfahrungen mit der COVID-19-Pandemie legte die EK am 2. Juni 2020 neuerlich einen Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU über ein Katastrophenschutzverfahren der Union vor. Ziel dieses Vorschlags ist es, das Katastrophenschutzverfahren der Union in künftigen Krisen größeren Ausmaßes schneller und flexibler zu gestalten. Zu diesem Vorschlag erging im Vorfeld der Beratungen des EU-Ausschusses des Bundesrates vom 1. Juli 2020 eine einheitliche Länderstellungnahme (unter der Federführung Vorarlbergs), in der Subsidiaritätsbedenken im Hinblick auf die vorgeschlagene Befugnis der EK zur Festlegung von Unionszielen für die Katastrophenresilienzplanung mittels delegierter Rechtsakte sowie die weitreichende alleinige Befugnis der EK betreffend die Beschaffung von rescEU-Kapazitäten (europäische Kapazitäten für die Katastrophenabwehr) geäußert wurden. Ende November 2020 konnte im Rat ein vollständiges Mandat für die anschließenden interinstitutionellen Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament erzielt werden. Im Verhandlungsmandat des Rates ist den in der einheitlichen Länderstellungnahme vorgebrachten Bedenken zum Teil Rechnung getragen worden. Im Februar 2021 konnte eine vorläufige Einigung in den interinstitutionellen Verhandlungen zu diesem Dossier auf europäischer Ebene erzielt werden. 5
Beschäftigungs- und Sozialpolitik Die Bereiche Beschäftigungs- und Sozialpolitik zählen zu jenen Politikfeldern, in denen der EU nur eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten übertragen wurden. In erster Linie sind es nach wie vor die EU-Mitgliedstaaten, die in diesen Bereichen zuständig sind. Die Union unterstützt und ergänzt lediglich die Tätigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich der Sozialpolitik, wobei ihr in bestimmten sozialpolitischen Bereichen die Kompetenz zur Erlassung von Mindestvorschriften mittels Richtlinien zukommt. Der EU-Besitzstand im Bereich Beschäftigung und Soziales umfasst inzwischen u. a. Vorschriften zur Regulierung der Arbeitszeiten, zur Bekämpfung von Diskriminierung am Arbeitsplatz, zur Gewährleistung sicherer Arbeitsbedingungen und zur Sicherung des Rechts auf Entschädigung bei Arbeitsunfällen. Unter der vorangegangenen Juncker-Kommission wurde die soziale Dimension zu einer ihrer Kernprioritäten erhoben. So wurden unter der Juncker-Kommission insgesamt 27 Gesetzgebungsinitiativen im Sozialbereich lanciert, 1 wobei der Großteil der Initiativen noch im Rahmen der vorangegangenen Wahlperiode zum Abschluss gebracht werden konnte und somit (gegebenenfalls) bereits in das Umsetzungsstadium übergetreten ist. Unter anderem zu den folgenden sozialpolitischen Initiativen ergingen einheitliche bzw. gemeinsame Stellungnahmen der Bundesländer: Vorschlag für eine Richtlinie (RL) zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Barrierefreiheitsanforderungen, Vorschlag für eine RL zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Vorschlag für eine RL über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen, sowie zur Mitteilung der EK zum Thema „Effizientere Entscheidungsfindung in der Sozialpolitik“. Subsidiaritätsprüfungen der Länder erfolgten darüber hinaus zu den Vorordnungsvorschlägen betreffend die Einrichtung einer Europäischen Arbeitsbehörde (ELA) sowie das Europäische Solidaritätskorps (ESK). Einige europäische Rechtssetzungsinitiativen aus dem sozial- bzw. gleichstellungspolitischen Bereich früherer Amtsperioden sind nach wie vor anhängig. In diesem Zusammenhang ist u. a. der im Dezember 2016 vorgelegte Vorschlag zur Änderung der Verordnungen über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, COM(2016) 815 final, zu nennen, der auch als sozialversicherungsrechtlicher Teil des sog. „Mobilitätspakets“ bezeichnet wird. Mitte 2018 einigte sich der Rat auf eine Allgemeine Ausrichtung. In den anschließend mit dem EP geführten interinstitutionellen Verhandlungen konnte bisher jedoch kein Abschluss bei diesem Dossier erzielt werden. Auch die aktuelle Präsidentin der EK, Ursula von der Leyen, kündigte bereits im Rahmen der Präsentation ihrer politischen Leitlinien für die aktuelle Funktionsperiode unter dem Titel „Eine 1 In der Mitteilung der EK zu „Effizientere Entscheidungsfindung in der Sozialpolitik: Ermittlung möglicher Bereiche für einen verstärkten Übergang zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit“, COM(2019) 186 final, werden insgesamt 27 Gesetzgebungsinitiativen im Bereich Beschäftigung und Soziales für den Zeitraum 2014 bis 2019 aufgelistet. 6
Wirtschaft, deren Rechnung für die Menschen aufgeht“ eine Reihe von sozialpolitischen Initiativen an. Mit Vorlage der Mitteilung über „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“, COM(2020) 14 final, am 14. Jänner 2020 präzisierte die neue EK ihre Vorhaben im sozialpolitischen Bereich und gab einen ersten Ausblick auf die sozialpolitischen Initiativen, die 2020 bzw. 2021 auf europäischer Ebene auf den Weg gebracht werden sollten, wobei der im Arbeitsprogramm der EK für das Jahr 2020 ursprünglich avisierte Zeitplan hinsichtlich mancher dieser Initiativen im Zuge der aktuellen COVID-19-Krise jedoch angepasst werden musste. Mit Vorlage dieser Mitteilung setzte die EK insbesondere auch einen breit angelegten Konsultationsprozess in Gang, auf dessen Grundlage die EK den zwischenzeitlich bereits veröffentlichten gemeinsamen Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte, COM(2021) 102 final, ausarbeitete. Im Rahmen dieser Konsultation im Vorfeld der Unterbreitung des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte lud die EK „alle europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Behörden und Partner“ ein, sich bis Ende November 2020 im Rahmen einer Konsultation entweder zu weiteren erforderlichen Maßnahmen im Hinblick auf die Umsetzung der sozialen Säule zu äußern oder sich zu eigenen konkreten Verpflichtungen in diesem Zusammenhang zu bekennen. Auch das Land Wien nahm an dieser Konsultation teil und gab eine umfangreiche Stellungnahme ab. Seither wurden u. a. die folgenden, im Rahmen der Mitteilung über „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ bzw. im Rahmen der Arbeitsprogramme der EK für die Jahr 2020 und 2021 angekündigten Initiativen im Bereich der Sozialpolitik von der EK auf den Weg gebracht: – Europäische Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter: Am 5. März 2020 legte die EK die „Europäische Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025“ in Form einer Mitteilung, COM(2020) 152 final, vor. Diese soll den Rahmen für die Arbeit der EK auf dem Gebiet der Gleichstellung der Geschlechter für die kommenden Jahre bilden und enthält die politischen Ziele sowie die wichtigsten Maßnahmen für den Zeitraum 2020 bis 2025. Als eine der Schlüsselinitiativen der aktuellen EK im gleichstellungspolitischen Bereich wurde in diesem Zusammenhang auch die Vorlage verbindlicher Lohntransparenz angekündigt. Hierzu legte die EK im März 2021 schließlich einen – ursprünglich bereits für das 4. Quartal 2020 angekündigten – RL-Vorschlag zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen, COM(2021) 93 final, vor. – Auch in anderen gleichstellungspolitischen Bereichen sind im Laufe des vergangenen Jahres von der EK Initiativen vorgelegt worden; u. a. ein EU-Aktionsplan gegen Rassismus, COM(2020) 565 final (Mitteilung), ein Strategischer Rahmen der EU zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma, COM(2020) 620/621 (Mitteilung und Vorschlag für eine Empfehlung des Rates) oder eine Strategie für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen 2020-2025, COM(2020) 698 final (Mitteilung). Im März 2021 wurde die Strategie für die 7
Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021 – 2030, COM(2021) 101 final (Mitteilung), veröffentlicht. – Nachdem die EK ihren Bericht „über die Auswirkungen des demografischen Wandels“, COM(2020) 241 final, bereits im Juni 2020 veröffentlichte, wurde auf dieser Grundlage Ende Jänner 2021 ein – ursprünglich bereits für 2020 angekündigtes – Grünbuch zum Thema Altern, COM(2020) 50 final, vorgelegt. – Europäische Arbeitslosenrückversicherung: Als ein zentrales politisches Vorhaben der neuen EK im sozialpolitischen Bereich kündigte die Kommissionpräsidentin eine Initiative für ein EU-weites System der Arbeitslosenrückversicherung an, dessen Vorlage im Arbeitsprogramm der EK ursprünglich für das 4. Quartal 2020 in Aussicht gestellt wurde. Als Teil des Soforthilfepakets der EU zur Bewältigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Krise legte die EK jedoch bereits Anfang April 2020 einen Vorschlag für ein befristetes Instrument (SURE) vor, das den Mitgliedstaaten Darlehen in einer Gesamthöhe von bis zu 100 Mrd. € für die Finanzierung von nationalen Kurzarbeitsregelungen und ähnliche Maßnahmen zur Verfügung stellen soll, um Arbeitsplätze zu sichern und Arbeitskräfte sowie Selbstständige vor Einkommensverlusten zu schützen. Die Verordnung (EU) 2020/672 des Rates vom 19. Mai 2020 zur Schaffung eines Europäischen Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) im Anschluss an den COVID-19- Ausbruch ist am 20. Mai 2020 im Amtsblatt der EU Nr. L 159/1 veröffentlicht worden. – Initiative zur Stärkung der Europäischen Jugendgarantie: Die EK hat am 1. Juli 2020 gemeinsam mit der Mitteilung betreffend „Förderung der Jugendbeschäftigung: eine Brücke ins Arbeitsleben für die nächste Generation“, COM(2020) 276 final, einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates betreffend „Eine Brücke ins Arbeitsleben – Stärkung der Jugendgarantie“, COM(2020) 277 final, vorgelegt. Mit dieser Initiative soll ein Beitrag zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte – insb. des Grundsatzes 4 „Aktive Unterstützung der Beschäftigung“ – geleistet werden. Die Initiative ist Teil des Maßnahmenpakets zur Förderung der Jugendbeschäftigung, das mit der o.g. Mitteilung vorgelegt wurde und soll einen Beitrag zur Förderung der – von der COVID-19-Pandemie besonders getroffenen – Beschäftigungssituation junger Menschen in der gesamten EU leisten. Am 30. Oktober 2020 nahm der Rat einstimmig die Empfehlung zum Thema „Eine Brücke ins Arbeitsleben – Stärkung der Jugendgarantie“ an. 2 Diese ersetzt nun die Empfehlung vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie. Den Mitgliedstaaten wird darin empfohlen sicherzustellen, „dass allen jungen Menschen unter 30 Jahren innerhalb von vier Monaten, nachdem sie arbeitslos geworden sind oder die formale Bildung 2 https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2020/10/30/reinforcing-the-youth-guarantee-the-council-adopts-a- recommendation-for-more-inclusive-measures-to-boost-youth-employment/ 8
beendet haben, in Übereinstimmung mit Grundsatz 4 der europäischen Säule sozialer Rechte eine hochwertige Beschäftigung, Weiterbildung oder ein hochwertiger Ausbildungsplatz oder Praktikumsplatz angeboten wird.“ 3 – Auch im bildungspolitischen Bereich wurden die im Arbeitsprogramm 2020 angekündigten Initiativen auf den Weg gebracht, darunter insbesondere: Eine Mitteilung betreffend die „Europäische Kompetenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“, COM(2020) 274 final, zusammen mit einem Vorschlag für eine Empfehlung des Rates „zur beruflichen Aus- und Weiterbildung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz“, COM(2020) 275 final, sowie Mitteilungen betreffend die „ Vollendung des europäischen Bildungsraumes bis 2025“, COM(2020) 625 final, und betreffend den „Aktionsplan für digitale Bildung 2021- 2027“, COM(2020) 624 final. Insbesondere hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang jedoch die von Kommissionspräsidentin Von der Leyen als einen ihrer zentralen politischen Schwerpunkte im sozialpolitischen Bereich angekündigte Vorlage eines Rechtsinstruments zur Sicherstellung eines fairen Mindestlohns für alle ArbeitnehmerInnen in der Union. Zeitgleich mit der Vorlage der Mitteilung der EK über „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“ am 14. Jänner 2020 startete die EK hierzu die erste Phase des in Art. 154 AEUV vorgesehenen zweistufigen Konsultationsverfahrens mit europäischen Sozialpartnerverbänden. Nach Prüfung der von den Sozialpartnern in dieser ersten Konsultationsphase geäußerten Standpunkte, leitete die EK am 3. Juni 2020 die zweite Phase der Konsultation ein, wobei die Sozialpartner diesmal eingeladen wurden, sich zum möglichen Inhalt und Instrument der geplanten Initiative zu äußern. Nachdem die europäischen Sozialpartnerverbände auch nach der zweiten Konsultationsphase nicht in zweiseitige Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Vereinbarung gem. Art. 155 AEUV traten, legte die EK schließlich Ende Oktober 2020 selbst einen Vorschlag für eine Gemeinschaftsmaßnahme vor, und zwar in Form eines Vorschlags für eine Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union, COM(2020) 682 final. Aufgrund von Auffassungsunterschieden im Zusammenhang mit der Frage der kompetenzrechtlichen Zulässigkeit des RL-Vorschlags ist eine einheitliche Stellungnahme der Länder zu diesem Gegenstand nicht zustande gekommen. Außerdem wurde, wie bereits zuvor angemerkt, im März 2021 die Mitteilung der EK betreffend den Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte, COM(2021) 102 final, veröffentlicht. Weitere sozial-, beschäftigungs- und gleichstellungspolitische Initiativen sollen laut Arbeitsprogramm der EK im Laufe dieses Jahres folgen. So ist im Arbeitsprogramm für das Jahr 2021 u. a. die Vorlage 3 Empfehlung des Rates vom 30. Oktober 2020 zum Thema „Eine Brücke ins Arbeitsleben — Stärkung der Jugendgarantie“ und zur Ersetzung der Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie 2020/C 372/01 ABl. C 372 vom 4.11.2020, S. 1–9, para. 1. 9
einer „Empfehlung für eine europäische Kindergarantie“ sowie einer EU-Strategie für die Rechte des Kindes noch für das erste Quartal 2021 in Aussicht genommen. Ein Aktionsplan für die Sozialwirtschaft ist für das vierte Quartal 2021 angekündigt. Als ein zentrales legislatives Vorhaben im beschäftigungspolitischen Bereich sieht das Arbeitsprogramm 2021 zudem eine Initiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformbeschäftigten vor. Hierzu startete die EK im Februar 2021 die erste Phase des in Art. 154 AEUV vor Unterbreitung von Vorschlägen für Unionsmaßnahmen im Sozialbereich vorgesehenen zweistufigen Konsultationsverfahrens mit europäischen Sozialpartnerverbänden. Finanzen Die Vorschläge zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021-2027 wurden Anfang Mai 2018 veröffentlicht, gefolgt von den zugehörigen fondsspezifischen Verordnungsvorschlägen. Die Regelungen des MFR beinhalten unter anderem einen Beschluss über neue Eigenmittel der EU, COM(2018) 325, sowie auch eine Verordnung über die endgültige einheitliche Regelung für die Erhebung der Mehrwertsteuermittel, COM(2018) 328, die vor allem Erleichterungen in der Berechnung präsentiert. Ziel ist eine Modernisierung des EU-Haushalts, eine flexiblere Vorgehensweise sowie weniger Bürokratie bei der Verwaltung der EU-Programme, die von 63 auf 37 reduziert wurden. Der MFR soll sicherstellen, dass die Ausgaben der EU innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel bleiben, wobei er sie in unterschiedliche Kategorien gliedert. Im neuen MFR wurden im Vergleich zum Zeitraum 2014-2020 zwei weitere Ausgabenkriterien (nunmehr sieben) eingeführt. Diese lauten: Binnenmarkt, Innovation und Digitales; Zusammenhalt und Werte (neu); natürliche Ressourcen und Umwelt; Migration und Grenzmanagement (neu); Sicherheit und Verteidigung; Nachbarschaft und die Welt; europäische öffentliche Verwaltung. Die Mittelaufbringung für das EU-Budget wird im sogenannten Eigenmittelbeschluss (EMB) geregelt. Der MFR muss sich innerhalb der Grenzen der Eigenmittel der EU bewegen. Diese gliedern sich aktuell in traditionelle Eigenmittel (Agrarabschöpfungen und Zölle), Mehrwertsteuer- Eigenmittel und Bruttonationaleinkommen(BNE-)Eigenmittel. Die EK schlägt in ihrem Vorschlag von 2018 vor, diese um drei neuen Eigenmittelkategorien (auf Basis einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage, des Emissionshandelssystems der EU sowie Verpackungsabfällen aus Kunststoffen) zu ergänzen, um die Abhängigkeit von den BNE- Eigenmitteln zu verringern. Ebenfalls neu vorgeschlagen wurde eine Verordnung über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten, COM(2018) 324 final. Vorgesehen ist, dass in einem der Art, der Schwere und dem Umfang der festgestellten Mängel entsprechenden Ausmaß der Zugang zu EU-Mitteln für den betroffenen MS ausgesetzt, verringert oder eingeschränkt werden kann. 10
Ende Mai 2018 wurden in der Folge die Verordnungsvorschläge zu 37 neu geclusterten Fonds veröffentlicht, die vor allem Einschnitte in der Gemeinsamen Agrarpolitik aber auch beim Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) vorsehen. Mit dem Paket aus 2018 war für Österreich ein wesentlich höherer Beitrag zu den EU-Finanzen als bisher zu erwarten, da einerseits ein Auslaufen des Rabatt-Rabatt-Systems für die Nettozahler vorgesehen war und anderseits schon im Mai 2018 höhere Eigenmittel (Abrufsatz von 3% der gemeinsamen Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage, ein Anteil von 20% der Versteigerungseinnahmen aus dem Emissionshandelssystem und ein nationaler Beitrag auf Grundlage der Menge an nicht wiederverwerteten Kunststoffverpackungsabfällen) vorgeschlagen wurde. Die Länder haben hiezu eine einheitliche Stellungnahme verfasst, worin insbesondere auf die Beschlüsse der Landeshauptleutekonferenzen vom 10. November 2017 und vom 18. Mai 2018 verwiesen wird, in der sich die Länder dafür aussprechen, weder die allgemeine Steuerlast noch die Beitragslast der Länder zu erhöhen. Demzufolge werden Mindereinnahmen durch Erhöhung der Prozentsätze sowie die Einführung neuer Eigenmittelkategorien abgelehnt. Ebenso wird darauf verwiesen, dass die Landeshauptleute eine Fortführung der Kohäsionspolitik für alle Regionen befürworten, sich für eine stärkere Fokussierung des Einsatzes von kohäsionspolitischen Mitteln aussprechen und die GAP-Reform den aktuellen Herausforderungen der Landwirtschaft Rechnung tragen sollen. Die EK unter Präsidentin Ursula von der Leyen hat zur Umsetzung des Green Deals den Vorschlag zu einem Fonds für einen gerechten Übergang (=Just Transition Fonds, JTF), COM(2020) 22 vom 14. Jänner 2020, der mit 100 Mio Euro dotiert sein soll, veröffentlicht, der allerdings einen Teil seiner Mittel aus den bereits bestehenden Fonds abschöpfen soll. – Neuer MFR und InvestEU aufgrund der COVID-19-Pandemie Die Verhandlungen der MS zum Abschluss des MFR sowie der Erweiterung um den JTF waren zwar schon weit gediehen, allerdings erfordern vor allem die finanziellen Auswirkungen der COVID- 19-Pandemie nunmehr wesentliche Änderungen in der europäischen Finanzgebarung. Zunächst wurde eine VO über die Investitionsoffensive zur Bewältigung der Corona-Virus-Krise vorgeschlagen, in der rasch mehr als 37 Mrd. Euro mobilisiert werden (COM(2020) 113 vom 13. März 2020) sollen. Ein weiterer VO-Vorschlag beinhaltet die Einführung einer außerordentlichen Flexibilität beim Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds als Reaktion auf den Ausbruch von COVID-19, COM(2020) 138 vom 2. April 2020. Ebenso wurde ein VO-Vorschlag betreffend die Einführung spezifischer Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Krise, COM(2020) 141 vom 2. April 2020 veröffentlicht, worin Mittel aus den Europäischen Strukturfonds für die am stärksten benachteiligten Personen für die Versorgung der Bevölkerung bestimmt 11
wurden. Auch wurde der Anwendungsbereich des Solidaritätsfonds auf eine Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit erweitert, COM(2020) 114 vom 31. März 2020. • „Die Stunde Europas“ und „Der EU-Haushalt als Motor für den Europäischen Aufbauplan“ In einem zweiten Schritt beauftrage der Europäische Rat im Frühjahr die Schaffung eines Wiederaufbauplans, in dem die Schwerpunkte „Green Transition“ und „Digital Transformation“ eine zentrale Rolle für eine widerstandsfähige Infrastruktur spielen sollen. Daher hat die EK als umfassende Reaktion auf die weltweite Krise einen Vorschlag für einen Aufbauplan „Die Stunde Europas – Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen“, COM(2020) 456 vom 27. Mai 2020, vorgelegt. Um vor allem die finanziellen Auswirkungen innerhalb Europas abzufedern, wurden neue Instrumente vorgeschlagen und auch der Entwurf des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021 bis 2027 – mit der Mitteilung „Der EU-Haushalt als Motor für den Europäischen Aufbauplan“, COM(2020) 442 vom 27. Mai 2020, sowie weiteren Ergänzungen in den Sektorenprogrammen – der neuen wirtschaftlichen Ausgangssituation angepasst. Vor dem Hintergrund der schwer betroffenen Gesundheits- und Sozialsysteme – davon miterfasst sind auch unsere Gesellschafts- und Volkswirtschaften – soll durch das mit 750 Mrd. Euro ausgestattete Instrument „Next Generation EU (=NGEU)“ sowie durch gezielte Unterstützungen über den langfristigen EU-Haushalt ein wesentlicher Beitrag zur Überwindung der Krise und zur Ankurbelung der Konjunktur geleistet werden. Die finanziellen Mittel sollen durch eine vorübergehende Anhebung der Eigenmittelobergrenze auf 2% des Bruttonationaleinkommens und durch Kreditaufnahmen auf den Finanzmärkten sowie durch die Schaffung neuer Eigenmittel aufgebracht werden. Der neu adaptierte Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) für die Jahre 2021-2027 sollte um 524,4 Mrd. EUR höher sein als der ursprüngliche Vorschlag vom Mai 2018. Allerdings hat die Einführung des Recovery-Fonds (dotiert mit 750 Mrd. EUR – vor allem die Ausweitung der Zuschüsse und deren Rückzahlungen ab 2028 auf die nächsten 30 Jahre – bedeutende Auswirkungen. Dies umfasst vor allem die nach 2027 folgenden EU-Budgetplanungen, da das EU-Budget als Haftungshintergrund für die Aufnahme der Darlehen dienen wird. Die Zuschüsse sollen innerhalb der Programme des MFR fließen, sodass diese den jeweiligen Auflagen der Programme unterliegen werden. Nach zähen Verhandlungen zum MFR brachte dann – im Zuge der Corona-Krise – die Aufstockung des Programms „NGEU“ sowie eine Überarbeitung des MFR eine Gipfeleinigung des Europäischen Rates vom 21. Juli 2020. Für das Aufbauinstrument „NGEU“ sollen maximal 750 Mrd. EUR (390 Mrd. EUR als Zuschüsse und 360 Mrd. EUR als Darlehen) zur Verfügung stehen. Der MFR 2021-2027 wird 1.074 Mrd. EUR umfassen. 12
Die Verteilung der Finanzmittel aus dem Wiederaufbauinstrument „NGEU“ soll wie folgt stattfinden: o Eine neue Aufbau- und Resilienzfazilität im Umfang von 672,5 Mrd. EUR wird in das Europäische Semester integriert und soll für den ökologischen und digitalen Wandel verwendet werden (312,5 Mrd. EUR für Finanzhilfen und 360 Mrd. EUR für Darlehen). o Für die Initiative REACT-EU und die Aufstockung der Kohäsionsprogramme sollen 47,5 Mrd. EUR, für den Fonds für einen gerechten Übergang 10 Mrd. EUR und dem Landwirtschaftsfonds 7,5 Mrd. EUR zur Verfügung gestellt werden. o Das Programm InvestEU soll als Anreiz für private Investitionen um 5,6 Mrd. EUR aufgestockt werden. o Das Katastrophenschutzverfahren rescEU wird mit 1,9 Mrd. Euro höher dotiert und für das Programm Horizont werden zusätzlich 5 Mrd. Euro bereitgestellt. Dieses zusätzliche Investitionsvolumen soll – wie erwähnt – durch das EU-Budget besichert werden. Aufgrund der hohen Dotierung der Fonds – vor allem zur Ausgabe von Anleihen für notleidende Staaten – ist daher ein wesentlich höheres EU-Budget als Haftungsgrundlage geboten. Daher wird der MFR zunächst wesentlich höhere nationale Beiträge bedingen (Erhöhung der Eigenmittelobergrenze auf 1,40% des Bruttonationaleinkommens sowie eine temporäre Erhöhung um weitere 0,6%), die mit dem Wiedererstarken der Wirtschaft eine zeitliche Anpassung erfahren sollen. Eine Zustimmung Österreichs als Mitglied der sog. „Frugal Four“ wurde unter anderem durch die Weiterführung eines jährlichen Rabattes in Höhe von 565 Mio EUR bis 2027 ermöglicht, sodass die wesentliche Erhöhung des österreichischen Beitrages etwas abgefedert werden konnte. Die neuen Eigenmittel sollen eine Abgabe auf nicht-recycelte Verpackungsabfälle (0,80 EUR pro Kilo), zusätzliche Eigenmittel für das CO2-Grenzausgleichssystem und eine Digitalabgabe sowie eine Ausweitung des Emissionshandelssystems auf Luft- und Seeverkehr beinhalten. Gegen die ursprüngliche Gipfeleinigung vom Juli 2020 hatten allerdings Polen und Ungarn ein Veto gegen den MFR – im Konkreten gegen die HaushaltskonditionalitätenVO (dh. die Koppelung der Auszahlung der Finanzmittel an die Rechtsstaatlichkeit) – eingelegt, sodass kurzzeitig das Erfordernis der Einstimmigkeit für die Beschlussfassung der VO-Vorschläge des MFR im Rat der Europäischen Union nicht vorlag. Während des Gipfeltreffens des Europäischen Rates im Dezember 2020 konnte durch eine Zusatzerklärung zum Rechtsstaatsmechanismus (Stopp der Auszahlung der Mittel erst bei gerichtlich festgestellter Verletzung der Rechtsstaatlichkeit) eine endgültige Einigung zum MFR und zum Programm NGEU gefunden werden, weshalb nunmehr die tatsächliche Umsetzung der Auszahlung der erforderlichen Finanzmittel zur Bewältigung der COVID-19-Wirtschaftskrise als auch der Beginn für Programme des MFR erfolgen kann. 13
– Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung Einige Bestimmungen zum Informationsaustausch und zur Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Besteuerung sollen durch den RL-Vorschlag geändert werden. Besonders bedeutend sind die neuen Regelungen betreffend die Verpflichtung von Betreibern digitaler Plattformen, Einkünfte, die aus der Erbringung von Dienstleistungen oder dem Verkauf von Waren über Plattformen erzielt werden, an die Steuerbehörden zu melden. Darüber hinaus soll es einen verpflichtenden Austausch von gemeldeten Daten der Plattformbetreiber zwischen den Mitgliedstaaten geben. Erfasst von der Meldepflicht sollen die Vermietung von unbeweglichem Vermögen, persönliche Dienstleistungen, der Verkauf von Gütern, die Vermietung jeglicher Verkehrsmittel sowie Investitionen und Darlehen im Zusammenhang mit Crowdfunding werden. Erfreulicherweise konnte im ECOFIN bereits Anfang Dezember 2020 eine Einigung zu diesem Dossier bekannt gegeben werden, sodass im Frühjahr 2021 mit einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union gerechnet werden kann. Energie/Klimaschutz – Europäisches Klimagesetz Zum politischen Ziel „Ein Europäischer Grüner Deal“ veröffentlichte die EK am 4. März 2020 einen Verordnungsvorschlag zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1999 (Europäisches Klimagesetz), COM(2020) 80. Damit soll das verbindliche Ziel für die EU-weite Klimaneutralität bis 2050 festgeschrieben werden, das bereits am 11. Dezember 2019 in der Mitteilung „Der Europäische Grüne Deal“, COM(2019) 640, angekündigt wurde. Insbesondere soll die EK bis September 2020 das aktuelle Emissionsreduktionsziel für 2030 der gesamten EU im Hinblick auf das Ziel der Klimaneutralität überprüfen und Optionen für ein neues Ziel von „50% bis 55%“ Emissionsreduktionen gegenüber dem Niveau von 1990 untersuchen – das derzeit geltende Ziel für 2030 liegt bei 40%. Der EK soll unter anderem die Befugnis übertragen werden, zur Ergänzung dieser Verordnung delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen sie auf Unionsebene einen Zielpfad festlegt, mit dem das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 verwirklicht werden soll. Weiters wird die EK ermächtigt, die Fortschritte der EU insgesamt sowie jedes einzelnen Mitgliedstaates bei der Verwirklichung dieses Zielpfades zu bewerten, bei Abweichungen vom Zielpfad „die erforderlichen Maßnahmen“ zu setzen und den Mitgliedstaaten Empfehlungen auszusprechen, denen diese „gebührend Rechnung zu tragen“ haben. Gegen diese Ermächtigungen und Befugnisübertragungen an die EK wurden in zwei von Wien federführend erstellten einheitlichen Länderstellungnahmen (VSt-5143/23 vom 27. April 2020 und VSt-5143/36 vom 26. Juni 2020) gewichtige Bedenken erhoben, insbesondere aus Sicht der 14
Subsidiarität. In der ersten Stellungnahme wurde betont, dass delegierte Rechtsakte (nach Art. 290 AEUV) nur bestimmte nicht wesentliche Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes ergänzen oder ändern dürfen. Die wesentlichen Aspekte eines Bereichs sind dem Gesetzgebungsakt selbst vorbehalten, und eine diesbezügliche Befugnisübertragung ist für sie deshalb ausgeschlossen. Nun ist aber gerade der Zielpfad der zentrale Punkt des Europäischen Klimagesetzes für die schrittweise Annäherung an das Ziel der Klimaneutralität. Es widerspricht daher EU-Recht, der EK die Befugnis zu übertragen, diesen festzulegen. Diese Länderstellungnahme wurde auch in die Beratungen des EU-Ausschusses des Bundesrates vom 6. Mai 2020 einbezogen, der dazu eine begründete Stellungnahme an die EU-Organe richtete. Die Kritik der zweiten einheitlichen Länderstellungnahme bezog sich auf die vorgesehenen Ermächtigungen der EK sowohl für Maßnahmen als auch für Empfehlungen an die Mitgliedstaaten. Uneingeschränkte Ermächtigungen der EK, „die erforderlichen Maßnahmen“ zu setzen und den Mitgliedstaaten (möglicherweise sogar faktisch bindende) Empfehlungen auszusprechen, wenn vom Zielpfad abgewichen wird, sind EU-rechtlich nicht gedeckt. Dieses aufgrund fehlender Kriterien sehr große Ermessen könnte zum Beispiel dazu führen, dass den Mitgliedstaaten vorgeschrieben wird, welche Energieträger sie zu verwenden haben, um insgesamt Klimaneutralität zu erreichen. Das Recht, selbst über die Zusammensetzung des Energiemixes zu entscheiden, ist aber den Mitgliedstaaten primärrechtlich vorbehalten (Art. 194 Abs. 2 AEUV). Atomenergie gilt in zahlreichen Staaten der EU nach wie vor als Energieform der Zukunft; nach dem Vorschlag der EK wäre nicht ausgeschlossen, dass im Hinblick auf die Klimaneutralität Österreich verpflichtet würde, Atomenergie zu nutzen. Zudem könnte – wenngleich Art. 288 AEUV für Empfehlungen eine Bindungswirkung explizit ausschließt – aus Art. 6 Abs. 3 des Vorschlags konkludent eine Bindungswirkung der Empfehlungen abgeleitet werden. Problematisch wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise, dass das Nicht-Aufgreifen einer Empfehlung durch einen Mitgliedstaat eine Begründungspflicht gegenüber der EK auslösen soll. Auch dies wird ausdrücklich abgelehnt, weil die Nichteinhaltung einer nicht bindenden Empfehlung eo ipso nicht begründungspflichtig sein kann. Mit dem am 17. September 2020 veröffentlichten Änderungsvorschlag zum Europäischen Klimagesetz, COM(2020) 563, wurde im Wesentlichen die EU-weite Zielvorgabe für die Emissionssenkung von CO2 bis 2030 auf mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 im Klimagesetz verankert. Da auch in dem geänderten VO-Vorschlag die von Länderseite aufgezeigten Subsidiaritätswidrigkeiten nicht beseitigt sind, erstellte Wien federführend eine weitere einheitliche Länderstellungnahme (VSt-5143/44 vom 13. November 2020), mit der auf die gewichtigen Bedenken in den beiden vorhergehenden Länderstellungnahmen zu den delegierten Rechtsakten hingewiesen wurde. Im EU-Ausschuss des Bundesrates vom 7. Oktober 15
2020 berichtete ein Ministeriumsvertreter, dass die (subsidiaritätswidrigen) delegierten Rechtsakte „vom Tisch“ seien. – Integration des Energiesystems Die am 8. Juli 2020 veröffentlichte Mitteilung „Förderung einer klimaneutralen Wirtschaft: Eine EU- Strategie zur Integration des Energiesystems“, COM(2020) 299, enthält eine Strategie zur Dekarbonisierung aller Wirtschaftszweige und weiteren Senkung der Treibhausgasemissionen. Dabei wird die entscheidende Rolle der Energiesysteme bei der Verwirklichung dieser Ziele betont und insbesondere ein beschleunigter Ausbau der „Offshore-Stromerzeugung“ als auch eine Renovierungsstrategie für kleine und mittlere Wasserkraftwerke gefordert. In der dazu federführend von Wien erstellten einheitlichen Länderstellungnahme (VSt-5746/2 vom 19. Oktober 2020) wird festgehalten, dass derartige Strategien ausschließlich in die nationalen Energie- und Klimastrategien einzubeziehen wären. Auch die Absicht der EK, auf europäischer Ebene die Nutzung elektrischer Energie für die Raumheizung bzw. -kühlung zu forcieren, ist subsidiaritätswidrig. Die Entscheidungen, mit welcher Technologie Gebäude künftig geheizt und gekühlt werden, und welche hocheffizienten Fernwärmeversorgungsnetze, Niedertemperatur- nahwärmenetze, lokale Nahwärmekonzepte z.B. mit Biomasse für die Wärme- und Kälteversorgung etc., ausgebaut werden, müssen weiterhin Sache der Mitgliedstaaten bleiben. Im EU-Ausschuss des Bundesrates vom 4. November 2020 wurde grundsätzlich das Ziel der EK begrüßt, eine vollständige Dekarbonisierung kostengünstig über alle Sektoren hinweg zu erreichen und gleichzeitig Wachstum zu generieren sowie technologische Innovation voranzutreiben. Die Länderstellungnahme diente als Basis für eine von allen Parteien unterstützte Mitteilung an die EK, in der die Länderkammer des österreichischen Parlaments die EU-Strategie für eine intelligente Sektorenintegration begrüßt, um langfristig Klimaneutralität zu erreichen, gleichzeitig aber Mechanismen fordert, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Energiequellen zu ermöglichen. Die Nutzung der Energieressourcen, die Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur der Energieversorgung sollte aus Sicht des Bundesrats den Mitgliedstaaten freigestellt sowie Raum für nationale Strategien gelassen werden. Die (coronabedingt virtuelle) Orientierungsdebatte des Energieministerrates vom 14. Dezember 2020 zeigte die noch nicht entscheidungsreife Haltung der Mitgliedstaaten zum Thema Energiesystemintegration als Wegbereiter für ein klimaneutrales Europa. Teilweise wurde eine adäquate Anpassung der Ziele für Energieeffizienz und erneuerbare Energien gefordert, andere Staaten traten für eine maximale nationale Flexibilität beim Erreichen des jeweiligen Klimaziels ein. Viele Mitgliedstaaten sahen große Potentiale im Gebäudebereich und durch die Digitalisierung. Ein Teil sprach sich für eine umfassende Überarbeitung der staatlichen Beihilfen aus, um bestimmte Technologien gezielter fördern zu können. 16
– Eine Renovierungswelle für Europa In ihrer Mitteilung „Eine Renovierungswelle für Europa – umweltfreundlichere Gebäude, mehr Arbeitsplätze und bessere Lebensbedingungen“, COM(2020) 662 vom 14. Oktober 2020, kündigt die EK ein Bündel von Maßnahmen auf EU-Ebene an, um die jährliche Quote der energetischen Renovierungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden bis 2030 mindestens zu verdoppeln bzw. diese Quote bis 2050 aufrechtzuerhalten, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Dazu sollen auch mehrere EU-Rechtsakte geändert werden. In der dazu federführend von Wien erstellten einheitlichen Länderstellungnahme (VSt-4697/461 vom 12. Jänner 2021) wird in Bezug auf die geplante Änderung der Gebäudeenergieeffizienz- Richtlinie vehement auf die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gedrungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur energetischen Renovierung bestehender Bauten. Die geplante Dekarbonisierung im Gebäudesektor und der Wärme-/Kälteversorgung in den einzelnen Mitgliedstaaten und in benachteiligten Gebieten muss außerdem für die dort ansässigen Menschen mit mittlerem und niedrigerem Einkommen sowie für sozial benachteiligte Menschen bezahlbar sein. Zudem wird betont, dass nicht in das Recht eines Mitgliedstaats eingegriffen werden darf, seine Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen eigenständig zu bestimmen. – Ein europäischer Klimapakt Die am 9. Dezember 2020 von der EK veröffentlichte Mitteilung „Ein europäischer Klimapakt“, COM(2020) 788 zielt darauf ab, Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Gemeinschaften in klima- und umweltschutzbezogene Maßnahmen einzubinden. Der europäische Klimapakt soll der Information, der Inspiration und der Förderung der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Organisationen, angefangen bei nationalen, regionalen und lokalen Behörden über Unternehmen, Gewerkschaften, Organisationen der Zivilgesellschaft, Bildungs-, Forschungs- und Innovationseinrichtungen, Verbrauchergruppen bis hin zu einzelnen Bürgerinnen und Bürgern dienen. Lokale Behörden sind in der Mitteilung unter anderem angesprochen bei der Anpflanzung und Pflege neuer Grünflächen, der städtischen Landschaftsgestaltung, bei sichereren, gesünderen und kostengünstigeren Mobilitätsoptionen („Grüne Mobilität“), beim Erwerb emissionsfreier Verkehrsmittel wie Bussen mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb, beim Ausbau der Fahrradstrecken und Qualität einer sicheren Infrastruktur bei gleichzeitiger Senkung der Zahl der Verkehrstoten in den Städten, bei Plänen für städtische Mobilität mit maßgeschneiderten Kombinationen von Lösungen zur Verringerung von Emissionen und Luftverschmutzung sowie beim Vorantreiben der Renovierungswelle für Gebäude. 17
In dem dazu federführend von Wien erstellten Vorschlag für eine einheitliche Länderstellungnahme wird festgehalten, dass die gegenständliche Initiative der EK zwar grundsätzlich zu begrüßen ist. Entsprechend dem Prinzip der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sollte sich jedoch die EU in den genannten Bereichen auf allgemeine Zielvorgaben beschränken und die konkrete Wahl der Mittel bzw. die nähere Regelung der Maßnahmen den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, damit keine kompetenzüberschreitende Einschränkung der staatlichen Kompetenzen erfolgt. Umwelt „Die Umweltnormen der EU zählen zu den strengsten der Welt. Die EU-Umweltpolitik trägt zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft, zum Schutz der Natur und zur Sicherung von Gesundheit und Lebensqualität der Menschen in der EU bei. Die EK schlägt Strategien und Rechtsvorschriften vor, die darauf abzielen, die natürlichen Lebensräume zu schützen, Luft und Wasser rein zu halten, eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung zu gewährleisten und die Kenntnisse über giftige Chemikalien zu verbessern. Außerdem soll Unternehmen beim Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft geholfen werden“ (www.ec.europa.eu/environment). Aktuelle Schwerpunkte in der EU-Umweltpolitik sind die Abfallwirtschaft – im Besonderen die Strategien zur Reduzierung von Plastik und von Kunststoffabfällen – und die Revision der Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (= „Trinkwasserrichtlinie“). – Kreislaufwirtschaft • Mini-Kreislaufwirtschaftspaket Bestehend aus einer Mitteilung – Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, COM(2018) 28; einer Mitteilung über einen Überwachungsrahmen für die Kreislaufwirtschaft, COM(2018) 29; und einer Mitteilung über Optionen zur Regelung der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht, COM(2018) 32. Ein Großteil der Kunststoffabfälle (vorwiegend Verpackungsmaterial) wird auf Deponien gelagert oder verbrannt. Wachsende Mengen an Plastikabfällen, deren Verbreitung in den Meeren und die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit fordern Maßnahmen, die zu getrennter Sammlung von Kunststoffabfällen, Alternativen zu Einwegkunststoffartikeln und der Verringerung von Wasserflaschen aus Kunststoff führen. Ziel ist die Bekämpfung von Umweltverschmutzungen an der Quelle, die Verhinderung des Entweichens von Mikroplastik aus den Produkten und die drastische Reduzierung von Einweggebinden aus Plastik. Die Wiener Position ist, dass das Mini- Kreislaufwirtschaftspaket viele durchaus sinnvolle Maßnahmen enthält, die umweltpolitisch auch von überregionaler Bedeutung sind, allerdings ist die Wirtschaftlichkeit des Recyclings zu beachten. Besonders hervorzuheben ist, dass noch unter österreichischer Präsidentschaft die 18
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