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www.dstv.de DStV Kurzposition zu den Europawahlen 2019 und Interviews zur Steuerberatung in Europa mit § Nicola Beer (FDP), Spitzenkandidatin für die Europawahlen § Evelyne Gebhardt (SPD), Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments § Dr. Andreas Schwab (CDU), Binnenmarktpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion Baden- Berlin- Württemberg Brandenburg Rheinland- Saarland Schleswig- Westfalen- Pfalz Holstein Lippe
Impressum Verantwortlich für den Inhalt: Deutscher Steuerberaterverband e.V. Littenstraße 10 10179 Berlin Telefon: 030 27876-2 Telefax: 030 27876-799 E-Mail: dstv.berlin@dstv.de www.dstv.de Stand: Februar 2019 Bildnachweis: Titelbild: © fotostar Seite 06 (v.l.n.r.): © Laurence Chaperon © Europäisches Parlament © Andreas Schwab ÜBER DEN DEUTSCHEN STEUERBERATERVERBAND e.V. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) repräsentiert bundesweit rund 36.500 und damit über 60 % der selbstständig in eigener Kanzlei tätigen Berufsangehörigen. Er vertritt ihre Interessen im Berufsrecht, im Steuer- recht, der Rechnungslegung und dem Prüfungswesen. Die Berufsangehörigen sind als Steuerberater, Steuerbe- vollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Berufsgesellschaften, in den uns angehörenden 16 regionalen Mitgliedsverbänden freiwillig zusammengeschlossen. 02
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 MAKE EUROPE YOUROPE. „Im Dialog mit den Menschen und für den Erhalt der Vielfalt in Europa – Dafür steht das Europäische Parlament.“ StB/WP Harald Elster, Präsident des DStV Am 26. Mai ist Europawahl. Geh wählen! © Foto: Frederic Schweizer DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 Vom 24. bis 26. Mai entscheiden Europas Bürgerin- tionierenden Binnenmarkt liegt im ureigenen nati- nen und Bürger bereits zum neunten Mal seit den onalen Interesse Deutschlands und der deutschen ersten Direktwahlen im Jahr 1979 über die politische Steuerberater. Je mehr Wählerinnen und Wähler den Zusammensetzung des Europäischen Parlaments. Urnengang antreten, desto geringer wird der Einfluss Umfragen zufolge könnten antieuropäische Parteien destruktiver politischer Kräfte im neuen Europäischen Zuwächse verzeichnen. Es wird bei diesen Wahlen Parlament. Aus diesem Grund ruft der DStV alle wahl- also auch ganz grundsätzlich über die Zukunft der berechtigten Bürgerinnen und Bürger zur Beteili- Europäischen Union (EU) mitentschieden. Für den gung an den Europawahlen auf und unterstützt die Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) steht Kampagne „MAKE EUROPE YOUROPE“ der Euro- fest: Eine starke und effiziente EU mit einem funk- päischen Bewegung Deutschlands (EBD). 03
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 DER DStV FORDERT MEHR DIALOG FÜR MEHR BÜRGERNÄHE IN DER EU Für den Berufsstand der Steuerberater und Wirt- Nicht nur das deutsche Steuer- und Berufsrecht wird schaftsprüfer in Deutschland hat der Einfluss euro- zunehmend durch den Einfluss europäischer Gesetz- päischer Gesetzgebung und Rechtsprechung auf die gebung geprägt. Auch die Union selbst, ihre Institu- praktische Tätigkeit deutlich zugenommen. Diese tionen, ihre Kommunikation und ihre Arbeitsweise Entwicklung wird sich in der kommenden Legislatur- werden sich unter dem Eindruck der Entwicklungen periode weiter verstärken. Aus diesem Grund hat der der letzten Jahre in Europa verändern. Aus Sicht des DStV sein Engagement auf europäischer Bühne ausge- DStV ist es daher umso wichtiger, den konstruktiv- baut. Nur durch einen kontinuierlichen Austausch kritischen Dialog mit der Europäischen Kommission, mit den EU-Institutionen können die Interessen dem Rat und den Abgeordneten des Europäischen und Bedürfnisse unserer Mitglieder, vor allem der Parlaments zu suchen. kleinen und mittelständischen Kanzleien der Steuer- berater und Wirtschaftsprüfer, und der Mandanten in Brüssel Gehör finden. STEUERBERATER ALS GARANTEN FÜR QUALITÄT UND VERBRAUCHERSCHUTZ ANERKENNEN Zuletzt sahen sich Steuerberater vermehrt undiffe- Steuerberaters ist ausgerichtet auf den Vorrang der renzierter Kritik ausgesetzt. Skandale um Cum-Ex- persönlichen berufsspezifischen Leistung vor den wirt- Geschäfte oder um die Panama- bzw. Paradise-Pa- schaftlichen Aspekten der Tätigkeit. Es ist geprägt durch pers wurden an vielen Stellen vereinfacht mit einem die unabhängige und unparteiliche Erfüllung der angeblich generellen moralischen Fehlverhalten der den steuerberatenden Berufen übertragenen Aufgabe, Berufsträger begründet. Dabei ist aber die ganz über- eine umfassende Hilfeleistung in Steuersachen zu ge- wiegende Mehrheit der deutschen Steuerberater währleisten. Der Gesetzgeber selbst hat dem Steuer- nicht in kritische Steuergestaltungsmodelle involviert, berater diese Funktion übertragen. Steuerberater sind wie z.B. eine Studie der Grünen im Europaparlament danach verpflichtet, die steuerlichen Interessen ihrer jüngst feststellte1. Die eigentliche Ursache für aggres- Mandanten mit legalen Mitteln durchzusetzen. sive Steuervermeidung sind Steueroasen und Staaten, Sie zeichnen sich durch ein besonderes Vertrauens- auch innerhalb der EU, die globale Konzerne durch verhältnis zu ihren Mandanten aus und gewährleisten ihre unterschiedlichen Steuersysteme zum „Forum- im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren die Chancen- Shopping“ einladen. und Waffengleichheit gegenüber den Finanzverwal- tungen. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gehören in Deutschland zu den freien Berufen und sind auch im Dass sie heute diese zentrale Position im Wirtschaftsle- Europäischen Binnenmarkt für Dienstleistungen ein ben und in der Rechtspflege einnehmen, ist vor allem bedeutender Wirtschaftsfaktor. Das Berufsbild des auf ihre strikte Qualitätsorientierung zurückzufüh- 1 Usual Suspects? Co-conspirators in the business of tax dodging, A study commissioned by the Greens/EFA Group in the European Parliament, Ben Schumann, 23. Januar 2017. Die Studie ist online verfügbar unter https://www.greens-efa.eu/files/doc/docs/d6bd745c6d08df3856eb6d49ebd9fe58.pdf. 04
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 ren. Dauerhaft gewährleistet wird dieser Fokus auf Qua- intermediäre verschärft werden kann. Die im lität nur durch ein in sich austariertes Gesamtsystem Juni 2018 in Kraft getretene Richtlinie zur Einführung für freiberufliches Wirken, in dem die Selbstverwaltung einer Meldepflicht für grenzüberschreitenden Steu- in Kammern und Verbänden und berufliche Standards ergestaltung (sog. DAC 6 Richtlinie) ist ein Beispiel zentrale Elemente sind. Das Europäische Parlament2 dafür. Andererseits möchte die EU-Kommission aber und der Europäische Gerichtshof3 teilen diese Auffas- dem Modell des partiellen Berufszugangs folgen und sung. Daher obliegt es auch primär den Mitgliedstaaten, durch eine angestrebte Deregulierung der Vorbehalts- die Bedeutung von Freien Berufen und deren Berufs- aufgaben die steuerliche Hilfeleistung auch solchen reglementierungen im jeweiligen nationalen Kontext zu Dienstleistern ermöglichen, die weder ein Berufsrecht regeln. Nur so kann ein hoher Schutz von Verbrauchern kennen noch über eine Berufsaufsicht verfügen. und Arbeitskräften gewährleistet und die Wahrung einer ordnungsgemäßen Rechtspflege nachhaltig Das zuletzt von der EU-Kommission eingeleitete Ver- garantiert werden. tragsverletzungsverfahren richtet sich unmittelbar gegen die Vorbehaltsaufgaben der Steuerberater in Lediglich die EU-Kommission tut sich bisher mit einer Deutschland und offenbart, dass die EU-Kommission Anerkennung dieser Rolle der Steuerberater schwer. die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der Dies wird deutlich bei einem Blick auf die zuneh- Freien Berufe im Binnenmarkt (noch) nicht erkennt. Es mend inkohärente berufsrechtliche Politik der EU- wäre daher durchaus sinnvoll, auf europäischer Ebene Kommission im Bereich der Steuerberatung. Zum eine Legaldefinition der Freien Berufe zu veran- einen sucht die EU-Kommission nach Wegen, wie die kern. Dies würde den freiberuflichen Rechtsrahmen im Regulierung von bzw. die Aufsicht über sog. Steuer- Dienstleistungsbinnenmarkt erheblich stärken. DAS SUBSIDIARITÄTSPRINZIP IN DER REGULIERUNG DER FREIEN BERUFE IN EUROPA Es wäre politisch wünschenswert, wenn jede neue Ini- EU in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche tiative der EU-Kommission zwingend die Handlungsfä- Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern die politischen higkeit der EU stärken würde. Dazu dürfen Regelungen Ziele von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler nicht zu kleinteilig angelegt sein und müssen getreu noch auf regionaler Ebene ausreichend verwirklicht dem Motto „Groß im Großen – Klein im Kleinen“ das werden können. Subsidiaritätsprinzip respektieren. Die praktische An- wendung des Subsidiaritätsprinzips ist somit ein zent- Besonders in der Dienstleistungserbringung sind we- raler Ansatz zur Stärkung der Akzeptanz der EU sentliche lokale Ausrichtungen unabdingbar. Berufszu- insgesamt. Das Subsidiaritätsprinzip befasst sich mit gangs- und Berufsausübungsregeln sind nicht per se der Frage, wer wann entscheidet, aber auch, wer ggf. ein Hemmnis für den freien Dienstleistungsverkehr. besser geeignet ist, zu entscheiden. Dabei legt es eine Bei Steuerberatern ist die Kenntnis der Sprache am genau definierte Rangfolge staatlich-gesellschaftlicher Erbringungsort, aber aus praktischer Sicht auch Kennt- Maßnahmen fest und bestimmt die prinzipielle Nach- nis der komplexen Vorschriften des materiellen und rangigkeit der jeweils höheren Ebene. Dabei wird die formellen Steuerrechts, erforderlich. Die Komplexität 2 Vgl. Entschließung des Europäischen Parlaments zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG mit Blick auf die Regulierung und die Notwendigkeit einer Reform der freiberuflichen Dienstleistungen (2017/2073(INI)), Straßburg, 18. Januar 2018. 3 EuGH, Rechtssache C-415/93, C-176/96, C-325/08, C-309/99. 05
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 der nationalen Vorschriften und der ebenfalls damit befürchten, dass Mehrheitsentscheide auf nationaler verbundenen Bedürfnisse der Dienstleistungsemp- Ebene des einzelnen Mitgliedstaats zu einem inkohä- fänger macht es insbesondere für Berufsangehörige in renten Besteuerungssystem führen. Dies trifft insbe- kleinen und mittelgroßen Kanzleien nahezu unmög- sondere die Bereiche, in denen noch keine Harmoni- lich, qualitativ hochwertige Dienstleistungen in mehr sierung vorliegt, wie etwa bei der Gewerbesteuer. Es als einem Staat anzubieten. Für die Qualitätssicherung wäre geradezu fahrlässig, vorher national notwendige und Integrität des Berufsstandes der Steuerberater ist Entscheidungskompetenzen abzugeben. Schließlich es daher wichtig, dass lokale Gegebenheiten in der Be- ist es Aufgabe des nationalen Gesetzgebers, für ein rufsregulierung widergespiegelt werden. verständliches und kohärentes Besteuerungssystem Sorge zu tragen. Können Beschlüsse mit qualifizierter Dennoch erkennt der DStV das große Potential des Mehrheit gefasst werden, bestünde die reale Gefahr, Dienstleistungsbinnenmarktes an und möchte im Dia- dass Mitgliedstaaten gezwungen wären, Steuernor- log notwendige Reformen mitgestalten. Die bestehen- men umzusetzen, die ihren steuerlichen Grundsätzen den Regeln müssen dabei aber zielgenau und sinnvoll systemfremd wären. reformiert werden, um so den Binnenmarkt nachhaltig zu stärken. Hier gilt: Qualität vor Quantität! Schließlich darf bei den Überlegungen zur Einführung eines qualifizierten Mehrheitsentscheids nicht außer Auch in der Steuergesetzgebung möchte sich der DStV Acht gelassen werden, dass es sich hierbei um nicht den notwendigen Reformen nicht verschließen. Die weniger als das „Königsrecht“ der nationalen Diskussion um die Einführung eines qualifizier- Parlamente handelt: das Haushaltsrecht. Bei einer ten Mehrheitsentscheids wird aber aus Sicht des Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Mitglied- DStV zu früh geführt. Zunächst muss das Steuersys- staaten müssen die Risiken einer Entwertung dieses tem in Europa vereinheitlicht sein. Andernfalls ist zu gewichtigen Rechts mit eingepreist werden. 06
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 INTERVIEWFRAGEN ZUR STEUERBERATUNG IN EUROPA Nicola Beer (FDP) Evelyne Gebhardt (SPD) Dr. Andreas Schwab (CDU) Spitzenkandidatin für die Europawahlen Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments Binnenmarktpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion Regulierte steuerberatende Berufe sind ein eher deut- Evelyne Gebhardt: Die Freien Berufe sind ein ganz sches Phänomen. In vielen anderen Mitgliedstaaten ist wesentlicher Bestandteil unseres Gesellschaftsmo- der „Steuerberater“ als geschützter Beruf nicht bekannt. dells und eine wichtige Säule des Europäischen Bin- nenmarkts. Für die Sicherung dieser Säule muss der Wie kann man aus Sicht der Berufsverbände si- Europäische Gesetzgeber in den Europäischen Institu- cherstellen, dass in Brüssel den Besonderheiten tionen und in den Mitgliedstaaten entsprechend Sorge der Freien Berufe in Deutschland Rechnung ge- tragen. Deshalb setze ich mich im Ausschuss für Bin- tragen wird? nenmarkt und Verbraucherschutz für die berechtigten Interessen von Berufsverbänden ein. Nicola Beer: Die Freien Berufe in Deutschland sind eine zentrale Säule einer qualitativ hochwertigen und Dr. Andreas Schwab: Zunächst einmal liegt die In- vertrauenswürdigen Dienstleistungsbranche sowie teressenvertretung in Europa bei den Freien Berufen eines starken und innovativen Mittelstands. Im Zen- selbst. Ihre hohe berufliche Unabhängigkeit ist ein trum steht dabei eine besonders hohe Qualität der wichtiges Element zur Durchsetzung staatlicher Regeln Ausbildung und in der Konsequenz hervorragend auf offenen Märkten. Natürlich versuchen wir, diese qualifizierte Fachkräfte. Die Selbstverwaltungsstruktu- wichtige Rolle der Freien Berufe zu unterstützen. So ren der Freien Berufe haben sich bewährt und wirken ist es mir und meinen Kollegen bei den Beratungen stabilisierend, so dass es neuer Beschränkungen und des Dienstleistungspakets, das ich im letzten Jahr für zusätzlicher Bürokratie aus Brüssel nicht bedarf. Wenn die EVP als Koordinator und Berichterstatter im Bin- wir hierfür auf EU-Ebene einstehen, bin ich überzeugt, nenmarktausschuss betreut habe, sehr gut gelungen, dass sich die Freien Berufe im europäischen Dienst- die Anliegen der freien Berufe zu verteidigen, und wir leistungsmarkt weiter erfolgreich positionieren wer- haben gute Lösungen gefunden, um Anliegen im Ein- den. Die Steuerberaterinnen und Steuerberater wer- zelfall adäquat zu berücksichtigen. Die Steuerberatung den mit Sicherheit auch in der Zukunft einen hohen ist sehr stark im nationalen Kontext geregelt. Die Euro- Stellenwert haben. Dies liegt zum einen daran, dass päische Union hat nur eine begrenzte Zuständigkeit in die Mandanten für das komplizierte Steuerrecht (so- diesem Bereich. Eine gute Zusammenarbeit zwischen wohl national wie auch europäisch) hervorragend qua- den Mitgliedstaaten und den nationalen Verbänden ist lifizierte Berater benötigen, die sie begleiten. Darüber daher umso wichtiger. hinaus sind grenzüberschreitende Sachverhalte in der EU immer mehr an der Tagesordnung, All dies verlangt eine Steuerberatung, die über die Grenzen hinweg Die EU-Kommission schlug zuletzt vermehrt massiv denkt und berät. deregulierende Maßnahmen vor. Das Dienstleistungs- 07
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 paket umfasste die Verhältnismäßigkeitsprüfung, die Dienstleistungspaket, das im Januar 2017 veröffentlicht europäische Dienstleistungskarte und die Reform des wurde. All diese Vorschläge hätten kaum zu einer Ver- Notifizierungsverfahrens. besserung des Europäischen Binnenmarkts geführt, sondern, im Gegenteil, zum Abbau von Qualität bei- Warum verfolgt die EU-Kommission eine so ag- getragen. Die zuständige Generaldirektion der Europä- gressive „deregulierende“ Strategie? ischen Kommission GROW steht für einen Wirtschafts- liberalismus, der zwangsweise zum Abbau nationaler Dr. Andreas Schwab: Deutsche Produkte brauchen Errungenschaften führt. Bisher konnten wir Sozialde- offene Märkte in Europa, und die Dienstleistungsfrei- mokraten im Europäischen Parlament ein Gegenge- heit ist im EU-Vertrag primärrechtlich verankert. Das wicht bilden und vernünftige Lösungen durchsetzen. wird immer wieder vergessen. Unverhältnismäßige Re- gelungen, die dem europäischen Binnenmarkt entge- genlaufen, sind daher schon primärrechtlich unzulässig. Steuerberater in Deutschland fürchten eine massive Die EU-Kommission hatte mit dem Dienstleistungs- Deregulierung des Berufsrechts und damit einherge- paket einen „horizontalen Problemlösungsansatz“ hende Qualitätsverluste. gegen unverhältnismäßige Berufsreglementierungen gewählt, der auch vom Parlament kritisch hinterfragt Spielt die Frage der Qualität der Dienstleistun- wurde, denn eine pauschale „Deregulierung“ ist nicht gen in der Beratung über Gesetzesentwürfe in sinnvoll, zumal der Beruf des Steuerberaters in man- Brüssel eine Rolle? chen Mitgliedstaaten gar nicht reguliert ist. Regeln, die die Unabhängigkeit von Prüfung und Beratung sichern, Evelyne Gebhardt: Bisher hat das Europäische Par- sind sogar wichtig. Nur so kann die soziale Marktwirt- lament die Vorschläge der Europäischen Kommissi- schaft funktionieren. on entschärfen können. Gerade die SPD hat sich im Europäischen Parlament stets für die Wahrung von Nicola Beer: Die Aufgabe der Europäischen Kom- hohen Standards und für die Qualitätssicherung im mission ist es, die Regeln des Binnenmarktes effektiv Binnenmarkt eingesetzt. Darum habe ich mich als durchzusetzen. Das begrüßen wir Freie Demokraten eine der Verhandlungsführerinnen etwa während der grundsätzlich, denn Marktwirtschaft und Wettbewerb Verhandlungen zum Dienstleistungspaket von Beginn sind die Grundlagen unseres Wohlstands. Gerade im an gegen die Dienstleistungskarte ausgesprochen, was Dienstleistungssektor wird das enorme Potential des letztlich auch zum Erfolg geführt hat. Binnenmarkts noch nicht ausreichend genutzt. Inso- fern erfüllt die Kommission ihre Aufgabe. Dies bedeu- Dr. Andreas Schwab: Selbstverständlich ist Qualität tet aber nicht, dass wir jede einzelne Maßnahme des die Basis jeder beruflichen Praxis. Gerade die Dienst- Dienstleistungspakets begrüßen. Das Paket darf nicht leistungsberufe in Deutschland zeichnen sich durch zum Herkunftslandprinzip durch die Hintertür führen ihre hohe Beratungsqualität aus. Dies ist europaweit und die erfolgreiche Selbstverwaltung der Steuerbera- anerkannt und in der europäischen Gesetzgebung tung in Deutschland gefährden. Beispielsweise wurde verankert. Gemeinsam mit meinen Kollegen habe ich die Dienstleistungskarte richtigerweise zurückgezogen, mich im letzten Jahr erfolgreich dafür eingesetzt, im weil sie zu mehr als zu weniger Bürokratie geführt hätte. Gesetzestext festzuschreiben, dass die Erfüllung des Evelyne Gebhardt: In den vergangenen Jahren wie- Kriterienkatalogs der Verhältnismäßigkeitsprüfung, sen wesentliche Gesetzesvorschläge der Europäischen durchaus auch positive Auswirkungen haben kann. Kommission bezüglich des Europäischen Binnen- Somit werden auch die positiven Aspekte von Regulie- markts einen unangemessen hohen Deregulierungs- rung, wie die Qualitätssicherung, hervorgehoben. grad auf. Dies zeigte sich etwa im damaligen Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie, der Richtlinie zur gegen- Nicola Beer: Wir Freie Demokraten sind überzeugt, seitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen oder im dass die Qualität von Dienstleistungen durch Wettbe- 08
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 werb und offene Märkte grundsätzlich erhöht wird. gebungsprozesse auf nationaler Ebene zu blockieren. Dieser Gedanke liegt auch dem europäischen Binnen- Dies widerspricht den Grundsätzen der Rechtsstaat- markt zugrunde – durch mehr Wettbewerb sollen die lichkeit. Die Verhandlungen mit Rat und Kommission Verbraucherinnen und Verbraucher letztlich eine brei- sind derzeit festgefahren. tere Auswahl unter hochqualitativen Produkten und Dienstleistungen erhalten. Vor diesem Hintergrund ist Dr. Andreas Schwab: Fachkundige Beobachter wa- die Frage zu bejahen. Die Gesetzgebung zum Dienst- ren erstaunt, dass das Parlament nicht nur den Vor- leistungshandel insgesamt, angefangen mit dem Pri- schlag zur Dienstleistungskarte vollständig abgelehnt, märrecht und der Dienstleistungsrichtlinie, soll Quan- sondern auch die anderen Teile des Pakets mehr oder tität und Qualität der verfügbaren Dienstleistungen weniger aufgeschnürt hat. Wir haben uns dafür ein- gleichermaßen fördern. gesetzt, dass keine unabhängigen Kontrollstellen für die Überwachung der Verhältnismäßigkeitsprüfung geschaffen werden. Zudem hat das Parlament durch- Zwar hatte sich der Binnenmarkt-Ausschuss gegen die gesetzt, dass klar aus dem Gesetzestext hervorgeht, Dienstleistungskarte ausgesprochen, sich bei der Ver- welch positive Auswirkungen eine gute Regulierung hältnismäßigkeitsprüfung und dem Notifizierungsver- haben kann. Darüber hinaus war es das Parlament, fahren aber fast vollständig der Position der Kommissi- das festgeschrieben hat, dass den Mitgliedstaaten on angeschlossen. Zuletzt kam nochmal Bewegung in bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein Beurteilungs- die Beratungen zum Notifizierungsverfahren. Das sog. spielraum zukommt. Auch beim Notifizierungsverfah- Beschlussrecht soll nun doch aus dem Richtlinientext ren war das Ersetzen des Beschlussrechts durch eine gestrichen werden. Wir hatten das Beschlussrecht der Empfehlung durchaus eine Option, für die das Parla- EU-Kommission seit Beginn als nicht vereinbar mit der ment sich im Rahmen der Trilogverhandlungen offen europäischen Kompetenzordnung gehalten. gezeigt hat. Wichtig war für uns aber, dass wir nicht hinter das zurückfallen, was das europäische Recht Wird sich das Parlament dem Rat anschließen bereits heute in der Dienstleistungsrichtlinie vorgibt. und das Beschlussrecht durch eine Empfeh- Denn nach der Dienstleistungsrichtlinie hat die Euro- lung ersetzen? päische Kommission in manchen Bereichen bereits heute ein Beschlussrecht. Es ist deshalb schade, dass Nicola Beer: Das ist schwer vorherzusagen – sinn- trotz der Bereitschaft des Parlaments letztlich keine Tri- voll wäre es jedenfalls. Denn das Beschlussrecht, das logeinigung zustande gekommen ist. die Kommission in ihrem Vorschlag sich selbst zuge- dacht hat, passt nicht zur Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative. Damit könnte die Ein weiteres „heißes Thema“ war die Anzeigepflicht Kommission Gesetzgebungsvorhaben auf nationaler für grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle. und regionaler Ebene blockieren, ohne dass der Eu- Ist eine Anzeigepflicht nicht der Anfang vom ropäische Gerichtshof bereits eine Unvereinbarkeit mit Ende der Verschwiegenheitspflicht der Freien Unionsrecht festgestellt hätte. Daher plädiere ich dafür, Berufe und so vom Schutz der Privatsphäre es hier bei einer Empfehlung der Kommission zu be- der Mandanten? lassen, die im Gesetzgebungsverfahren angemessen Ein ähnliches Problem zeigt sich derzeit mit dem Richt- beachtet werden sollte. linienentwurf zum Hinweisgeberschutz (Whistleblo- wer). Demnach soll der Hinweisgeberschutz auch den Evelyne Gebhardt: Wir Sozialdemokraten im Euro- Schutz vor Strafverfolgung bei Verstößen gegen die päischen Parlament setzen uns für eine Empfehlung Verschwiegenheitspflicht beinhalten. Wie erklären ein. Wir wollen kein System, das der Europäischen Sie, dass die EU-Kommission den auch zu be- Kommission unter dem Vorwand der Wahrung der rücksichtigenden Rechtsstaatlichkeitsaspek- Dienstleistungsfreiheit die Befugnis einräumt, Gesetz- ten so wenig Achtung entgegenbringt? 09
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 Dr. Andreas Schwab: Aufgrund von Luxleaks und Bei der Beurteilung der Auswirkungen der Whistleblo- den Panama Papers hat die Europäische Kommissi- wer-Richtlinie muss sicherlich beachtet werden, dass on wohl etwas übertrieben. Als Anwalt kenne ich die keine Pflicht zur Anzeige von Missständen besteht. Zu- hohe Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht für die dem muss ein Hinweisgeber nach dem Standpunkt des Freien Berufe, sie darf nicht in Frage gestellt werden. Rates zunächst interne Kanäle innerhalb seiner Orga- Dazu stehen wir! Wir bemühen uns in den noch an- nisation nutzen, bevor er externe Kanäle nutzen kann. dauernden Verhandlungen zur Whistleblower Richtli- nie, Mehrheiten für diese Position zu finden. Auch im materiellen Steuerrecht tut sich derzeit viel Nicola Beer: Der deutsche Gesetzgeber muss die in Brüssel. Die Einführung einer Digitalsteuer wird geänderte Richtlinie 2011/16/EU und damit eine An- besprochen, die Mehrwertsteuersystemrichtlinie wird zeigepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungs- reformiert, und das Parlament muss in steuerlichen modelle durch in der Richtlinie definierte Intermediäre Angelegenheiten nur „konsultiert werden“. bis spätestens 31. Dezember 2019 in nationales Recht umsetzen. Hierbei kann ich die Sorgen der Betroffe- Halten Sie es für gerechtfertigt, dass das Par- nen durchaus nachvollziehen. Die überschießenden lament nur eine „Nebenrolle“ bei der steuerli- Vorschläge der Länder lassen erkennen, dass das ver- chen Gesetzgebung hat? trauensvolle Verhältnis Mandant und Berater künftig anders bewertet werden könnte. Es gilt auf jeden Fall Evelyne Gebhardt: Nein, natürlich nicht. Ich bin eine zu verhindern, dass Deutschland mit nationalen Allein- europäische Föderalistin und als solche bin ich natür- gängen über das Ziel hinausschießt. lich für weitergehende Mitwirkungsmöglichkeiten des Europäischen Parlaments bei der europäischen Steu- Die Whistleblower-Richtlinie wird derzeit im Trilog zwi- ergesetzgebung. Ich stimme der Europäischen Kom- schen Rat, Parlament und Kommission verhandelt. Der mission zu, die Einstimmigkeitsentscheidung in der Rechtsausschuss des Parlaments hat den Entwurf der Steuerpolitik ist undemokratisch und verhindert ein ef- Kommission sogar noch verschärft. Hierdurch droht fektives und gemeinsames Vorgehen der EU in diesem die Gefahr, dass vertrauliche Mandantenbeziehungen Bereich. Der Binnenmarkt soll den Wettbewerb und künftig kaum mehr entstehen können, weshalb eine Handel stimulieren und nicht dazu führen, dass künst- Ausweitung der vom Rat geforderten Bereichsausnah- lich Standortvorteile geschaffen werden, die zu Lasten men für Berufsgeheimnisträger auf Steuerberater und der Allgemeinheit gehen. Allerdings müssen wir auch Wirtschaftsprüfer sinnvoll wäre. Der Strafverfolgung in vorsichtig sein und behutsam vorgehen, denn Steu- minder schweren Fällen darf nicht alles andere unter- erpolitik liegt bislang ausschließlich im Kompetenzbe- geordnet werden. reich der Mitgliedstaaten. Das heißt, die Mehrheitsent- scheidung kann nur schrittweise kommen, ist aber, Evelyne Gebhardt: Die Richtlinie, mit der Anzeige- wenn wir eine Europäische Union wollen, die nicht nur pflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen mit mehr wirtschaftlicher Öffnung, sondern auch mit eingeführt wird, ist ja bereits am 25.Juni 2018 in Kraft sozialem Frieden assoziiert sein soll, unverzichtbar. getreten und muss noch in nationales Recht umge- Dr. Andreas Schwab: Trotz zunehmender europä- setzt werden. Bei der Ausgestaltung der Richtlinie hat ischer Integration ist die Zuständigkeit in Steuerfragen der Europäische Gesetzgeber der gesetzlichen Ver- nach wie vor weitgehend in den Händen der Mitglied- schwiegenheitspflicht von steuerberatenden Berufs- staaten. Für das Europaparlament bedeutet dies zwar gruppen allerdings insoweit Rechnung getragen, dass eine nachgeordnete Position, doch haben wir in den der Steuerberater von der Meldepflicht befreit werden vergangenen Jahren, gerade in Reaktion auf größere kann und stattdessen der Steuerpflichtige selbst mel- Steuerskandale, die Steuerpolitik in der EU zumindest depflichtig wird. mit politischem Druck beeinflussen können. Eine stär- kere Rolle des Parlaments als „echter Mitgesetzgeber“ 10
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 könnte gerade bei festgefahrenen Gesetzgebungs- und Wesen nach sind sie seit über 100 Jahren die wich- prozessen Abhilfe schaffen. Der kürzlich von der EU- tigsten Rechtsquellen in Deutschland und Frankreich. Kommission vorgestellte Fahrplan, um in bestimmten Bereichen der europäischen Steuerpolitik schrittwei- Dr. Andreas Schwab: Während die europäischen se zum ordentlichen Gesetzgesetzgebungsverfahren Steuergesetze den EU-Staaten in vieler Hinsicht Flexibi- überzugehen, ist eine Diskussionsgrundlage für eine lität einräumen, kann kaum von Flexibilität im Gesetz- solche Überlegung. gebungsprozess gesprochen werden. Zum Nachteil des EU-Binnenmarkts wurden in der Vergangenheit oftmals Nicola Beer: Steuerpolitik ist zuallererst Aufgabe der Fortschritte in Steuerfragen von einzelnen Mitgliedstaa- einzelnen Mitgliedstaaten, und das ist richtig so. Die ten blockiert, wenn es um den Schutz nationaler Inte- nationalen Parlamente haben keineswegs nur eine Ne- ressen ging. Wenn Gesetzgebungsprozesse, wie etwa ben-, sondern stets die Hauptrolle bei der steuerlichen die Annahme der Zinsbesteuerungsrichtlinie, allein mehr Gesetzgebung. Wir Freie Demokraten sind überzeugt: als 14 Jahre dauern, dann ist eine schnelle Reaktion auf Der faire Steuerwettbewerb, der sich in einem geeig- wirtschaftliche Veränderungen schlichtweg nicht mög- neten Ordnungsrahmen abspielt, bringt für die Bürge- lich. Da stellt sich natürlich die Frage, was Steuerhoheit rinnen und Bürger aller Staaten langfristig die besten wirklich bedeutet, wenn Initiativen allein durch einen Resultate. Deshalb plädiere ich dafür, das Einstimmig- Mitgliedstaat blockiert werden können, die aber von keitsprinzip in der Steuerpolitik beizubehalten. In an- den 27 anderen EU-Staaten gewünscht werden und im deren Politikfeldern, etwa der Außenpolitik, gehört die Interesse der Europäischen Bürger liegen. Vor diesem Einstimmigkeit dagegen dringend auf den Prüfstand. Hintergrund ist die Debatte über den Übergang zur Be- schlussfassung mit qualifizierter Mehrheit, die dankens- Halten Sie die steuerlichen Gesetze für flexi- werterweise ja auch der Bundestagspräsident Anfang bel genug, um schnell auf wirtschaftliche Ver- Februar unterstützt hat, von hoher Bedeutung. Für uns in änderungen reagieren zu können? Wie flexi- der EVP-Fraktion ist klar, dass wir gleichzeitig aber die Zu- bel ist der Gesetzgebungsprozess? ständigkeit der Mitgliedstaaten nicht ignorieren dürfen, gerade dann, wenn es um Steuersätze geht. Am Ende Nicola Beer: Steuerliche Gesetze sollen zuvorderst wird es darum gehen, eine ausgewogene Lösung zu fin- Planbarkeit und Verlässlichkeit für die Bürgerinnen und den, die einerseits den europäischen Binnenmarkt wei- Bürger und die Unternehmen gewährleisten. Innerhalb terbringt und andererseits die nationalen Rechte wahrt. der steuerlichen Rahmenbedingungen spielen sich dy- namische wirtschaftliche Veränderungen ab, aber wir Wie sehen Sie die Einführung einer direkten wollen die Wirtschaft nicht mit Steuern steuern. Des- Steuer, die durch die Europäische Union erho- halb ist es gut, dass der Gesetzgebungsprozess aus- ben werden kann und direkt dem Haushalt zu- reichend Gelegenheit zum Nachdenken, Diskutieren fließt, bspw. eine Plastiksteuer? und zum Einbeziehen von Sachverständigen bietet. Wer schnell in die falsche Richtung läuft, kommt nie Dr. Andreas Schwab: Das ist eine grundlegende ans Ziel. Fragestellung, gerade im Hinblick auf den geplanten Evelyne Gebhardt: Weder der europäische noch der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, der bundesdeutsche Gesetzgebungsprozess kann auf wirt- eine große Lücke im EU-Haushalt schaffen wird. Im schaftliche Veränderungen schnell und flexibel reagie- Rahmen der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanz- ren. Das heißt, wir müssen Regelungen schaffen, die rahmen setzt sich die CDU/CSU-Gruppe im Europä- so generell und zukunftsorientiert sind, wie möglich. ischen Parlament für einen größeren EU-Haushalt ein. Nehmen Sie beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch Die Schaffung von neuen Eigenmitteln kann dafür ein oder den Code civil, beide Gesetzbücher unterlagen und Ansatz sein. Aber auch hier gilt, dass wir die Zuständig- unterliegen zwar häufigen Änderungen durch den nati- keit der Mitgliedstaaten nicht außer Acht lassen. onalen und europäischen Gesetzgeber aber ihrer Natur 11
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 Nicola Beer: Wir Freie Demokraten lehnen eine durch gestellt, das Bausteine einer erneuerten EU skizziert, die Europäische Union erhobene direkte Steuer ab. Ich die politische Prioritäten effizienter adressiert und finde, wir sollten über die Abschaffung und Senkung be- den Mitgliedstaaten dafür in anderen Bereichen mehr stehender Steuern sprechen, aber bestimmt nicht über Spielräume lässt. Dazu gehörte auch der Vorschlag, die neue Steuern. Denn die Einführung einer direkten EU- Fiskalpolitik auf dem Weg zur Fiskalunion voranzutrei- Steuer würde in den meisten Staaten wohl kaum von ben und vor allem als ein Instrument zur Vermeidung entsprechenden Steuersenkungen begleitet; wir sehen nicht mehr tragfähiger Verschuldung zu nutzen. Meiner ja in Deutschland, wie sich die Große Koalition an den Meinung nach läge dies im Interesse aller Bürgerinnen Solidaritätszuschlag auch dann noch klammert, wenn und Bürger, durch eine Fiskalunion schwere makro- dieser jegliche Legitimität verliert. Das bestehende Ei- ökonomische Schocks abzufedern. genmittelsystem der EU sollte zwar an einigen Stellen vereinfacht werden, ist aber insgesamt dem gegenwär- Sehen Sie weitere Gebiete des materiellen tigen institutionellen Gefüge der EU angemessen. Steuerrechts, die zukünftig durch Brüssel be- einflusst werden könnten? Evelyne Gebhardt: Sie beziehen sich mit Ihrer Frage wahrscheinlich auf die Möglichkeit einer europäischen Evelyne Gebhardt: Ganz klar, ja insbesondere im Fiskalunion. Ich persönlich würde dies sehr begrüßen. Bereich der Digitalisierung sehe ich durchaus Potential Meiner Ansicht nach, wäre das die richtige Antwort durch und in EU Gesetzgebung. Mitte September 2017 auf die Finanzkrise gewesen, die die Schwächen einer haben die Finanzminister Deutschlands, Frankreichs, Währungsunion ohne Fiskalunion offenbart hat. Die Spaniens und Italiens mit einem gemeinsamen Schrei- Euro-Währungsunion sollte Einheit schaffen, tatsäch- ben einen neuen Impuls gegeben: Die Möglichkeit, Un- lich aber hat sie zu heftigen rechtlichen Konflikten ge- ternehmen der digitalen Wirtschaft angemessen zu be- führt, z.B. im Zusammenhang mit der „no-bail out“– steuern, sei eine bedeutende Herausforderung für die Bestimmung von Art.125 AEUV. Christine Lagarde, EU. Man wolle nicht länger akzeptieren, dass diese Un- heute Direktorin des Internationalen Währungsfonds, ternehmen in Europa nur minimaler Besteuerung unter- erklärte zu Zeiten der Euro- und Staatsschuldenkrise lägen. Die Gruppe schlug vor, die EU-Kommission mit als französische Wirtschafts- und Finanzministerin: der Untersuchung der Voraussetzungen für die Schaf- „Vergesst die Verträge!“ Was für ein Schlag gegen die fung einer Ausgleichssteuer („equalisation tax“), einer Autorität des Unionsrechts! Schlimmer noch ist die Tat- Sondersteuer auf digitale Dienstleistungen, zu beauftra- sache, dass die Euro- und Staatsschuldenkrise zu of- gen. Konkrete Richtlinienvorschläge der EU-Kommission fenen Feindseligkeiten zwischen – vereinfacht gesagt lagen seit dem 21. März 2018 vor. Dieses Gesetzge- – den Mitgliedsstaaten im Norden und im Süden der bungsverfahren haben wir am 13. Dezember 2018 mit Euro-Union geführt hat. Gleichwohl war die Reformbe- der Abstimmung im Plenum abgeschlossen, mit einem reitschaft in den Mitgliedstaaten bislang eher gering. riesigen Erfolg für den sozialdemokratischen Berichter- In Zeiten, in denen nationale Interessen zunehmend statter, wodurch in einem ersten Schritt eine Steuer von ohne Rücksicht auf das gemeinsame europäische 3% auf den weltweiten Jahresumsatz eingeführt wurde. Interesse formuliert werden, in denen der Mehrwert Das ist sehr im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger, der europäischen Integration als Selbstverständlichkeit wie auch erste Umfragen zeigen, wonach 80% der Bür- hingenommen, zu wenig erklärt und zu selten vertei- ger in Deutschland, Frankreich, Österreich, den Nieder- digt wird, erscheint eine europäische Debatte über die landen, Schweden und Dänemark die Einführung einer Zukunftsperspektiven der EU, die in einen Moment Digitalsteuer für Technologiegiganten begrüßen. Hier der Ehrlichkeit mündet, sinnvoll. Mit diesem Ziel hat haben wir auf europäischer Ebene schnell und umsich- die Kommission im März 2017 ein Weißbuch vorge- tig gehandelt und Worten Taten folgen lassen. legt, in dem fünf mögliche Szenarien zur Zukunft der EU beschrieben werden. Darauf basierend hat Präsi- Dr. Andreas Schwab: Drei äußerst wichtige Projekte dent Juncker im September 2017 ein „Szenario 6“ vor- stehen noch aus, die – wenn sie in absehbarer Zukunft 12
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 von den Finanzministern angenommen werden – den nationaler Ebene vollumfänglich zur Senkung der Re- europäischen Steuerrahmen stark beeinflussen wer- gelsteuersätze eingesetzt werden. den: die Finanztransaktionssteuer, die Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundla- Evelyne Gebhardt: Ich finde es sehr gut, dass Sie die ge sowie die Digitalsteuer, die zwar immer wieder ge- Mehrwertsteuersystemrichtlinie ansprechen, denn sie fordert wird, deren Auswirkungen im globalen Rahmen beschäftigt sich mit einem gesellschaftlichen Problem, aber bis heute unterschätzt werden. dass wir unbedingt auf europäischer Ebene angehen müssen und damit meine ich systematische und die Nicola Beer: Um den Ordnungsrahmen für den Steu- Gesellschaft schädigende Steuerhinterziehung. Tat- erwettbewerb innerhalb der EU weiter zu verbessern, sächlich räumt Artikel 11 dieser Richtlinie den Mitglied- unterstützen wir die Schaffung einer Gemeinsamen staaten lediglich einen weiten Spielraum bei der Wahl (Konsolidierten) Körperschaftsteuer-Bemessungsgrund- der Mittel zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung lage (GK(K)B). Durch eine solche einheitliche Bemes- ein. Das hat auch der EuGH in einem Vertragsverlet- sungsgrundlage für die Körperschaftsteuer wird unnöti- zungsverfahren gegen Schweden im Jahr 2009 festge- ge Bürokratie vermieden, die Höhe der Besteuerung in stellt. Aufgrund der Pluralität der Steuersysteme in der den einzelnen Mitgliedstaaten wird besser vergleichbar EU kann diese Richtlinie so wie auch ihre Vorgängerin und der Steuerwettbewerb dadurch transparenter. An- eben nur ein mehrwertsteuerrechtliches Grundgesetz sonsten gilt: Wir Freie Demokraten stehen für Vielfalt sein. Ich als europäische Föderalistin und Sozialdemo- der Steuersätze innerhalb der EU. Eine Angleichung mit kratin wäre selbstverständlich dafür, die Begriffe der Mindest-, Höchst- oder Einheitssteuersätzen ist mit uns Steuerumgehung etc. streng und genau zu definieren nicht zu machen. und auch die entsprechenden Sanktionen zu verein- heitlichen, aber nach dem derzeitigen Stand der euro- Wie will man das Problem in den Griff bekom- päischen Integration und der übermäßigen Macht der men, dass die Mitgliedstaaten zum Teil ei- Mitgliedstaaten in Gesetzgebungsverfahren, ist diese nen weiten Spielraum bei der Umsetzung der Regelung der kleinste gemeinsame Nenner. Mehrwertsteuersystemrichtlinie haben und es deshalb zu größeren Unterschieden innerhalb Dr. Andreas Schwab: Wie auch viele andere EU- der EU kommt (bspw. Regelungen zur umsatz- Gesetze im Bereich des Steuerrechts lässt auch die steuerlichen Organschaft, Artikel 11)? Mehrwertsteuersystemrichtlinie den Mitgliedstaaten an vielen Stellen viel Spielraum. Allerdings sieht die- Nicola Beer: Dies sehe ich vor allem dann kritisch, se Richtlinie bereits heute Instrumente vor, um eine wenn die nationalen Unterschiede sich auf den Wett- einheitliche Auslegung der Gerichte und Finanzver- bewerb auswirken. Im Körperschaftsteuerbereich waltungen zu erreichen. So wurde beispielsweise der versuchen wir mit der GK(K)B ein europäisches Le- Mehrwertsteuerausschuss eingerichtet, der Leitlinien vel-Playing-Field zu schaffen, da sollte bei der Mehr- verfasst, mit dem Ziel, eine koordinierte Anwendung wertsteuer nicht das Gegenteil gemacht werden. der Richtlinienbestimmungen sicherzustellen. Einige Grundsätzlich befürworte ich daher die Vereinfachung dieser Leitlinien wurden in der Zwischenzeit auch schon und Harmonisierung der Mehrwertsteuer in Europa. in verbindliche Durchführungsmaßnahmen umgewan- Dies bedeutet unter anderem, den Katalog der Leis- delt. Gerade im Hinblick auf die Regelung zur umsatz- tungen, für die Mitgliedstaaten die ermäßigte Mehr- steuerlichen Organschaft ist für uns als EVP-Fraktion wertsteuer erheben dürfen, zu verschlanken. Ermäßig- wichtig, langfristig sicherzustellen, dass negative Aus- te Mehrwertsteuersätze sollen in den Mitgliedstaaten wirkungen auf den EU-Binnenmarkt und Widersprü- künftig nur noch für Leistungen erhoben werden, die che zu den Grundprinzipien des gemeinschaftlichen einen Bezug zum materiellen und kulturellen Grund- Mehrwertsteuersystems vermieden werden. Hierauf bedarf haben. Steuermehreinnahmen infolge der werden wir auch in Zukunft ein Auge werfen und den Abschaffung von ermäßigten Steuersätzen sollen auf Dialog mit der EU-Kommission weiterführen. 13
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 Europawahl rungen in Echtzeit bewirken. Des Weiteren dürfte sich die Tätigkeit, die Kommunikation und die Angebote In diesem Jahr stehen die Europawahlen an. Steuern der steuerberatenden Berufe noch viel mehr in den – und somit die Finanzierung der EU – sowie die Ver- internetbasierten Bereich verlagern. Genauso wie die besserung des Binnenmarktes werden dabei wieder Digitalisierung im Europäischen Binnenmarktes die be- Eckpfeiler der neuen EU-Kommission bilden. stehende Berufsreglementierung verändern kann, wird sie zu einer Triebfeder, die zu einer zunehmenden Eu- Welche Herausforderungen sehen Sie in den ropäischen Steuergesetzgebung beitragen wird. kommenden Jahren auf unseren Berufsstand zukommen? In welchen Bereichen wird die Steu- erberatung durch Europa beeinflusst werden? Sicherlich wird die Digitalisierung das Berufsbild auch der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Beru- Dr. Andreas Schwab: Auch der Berufsstand der fe beeinflussen. Steuerberater wird in den nächsten Jahren durch die zunehmende Digitalisierung und Globalisierung vor Sehen Sie die EU bei der Digitalisierung auf neue Herausforderungen gestellt. Neue Steuermo- dem richtigen Weg? Wie können die EU-Kom- delle werden Einzug halten, zudem werden Verfahren mission und das Europaparlament die Dienst- unter Umständen komplexer. Hinzu kommt die natio- leistungserbringer im Zuge der Digitalisierung nale Prägung des Steuerrechts. Europa kann da vieles unterstützen? vereinfachen mit mehr Kooperation zwischen den Mit- gliedstaaten im Steuerbereich beispielsweise. Evelyne Gebhardt: Die Europäische Institutionen ha- ben in der laufenden Wahlperiode die Digitalisierung Nicola Beer: Ich sehe in erster Linie die Auswirkun- im Europäischen Binnenmarkt zur Priorität erklärt und gen der Digitalisierung als wichtigste Herausforderung. eine ganze Reihe von zukunftsweisenden Regelungen, Hier gilt es insbesondere für die EU, den Binnenmarkt etwa in den Bereichen e-Commerce, Plattformen, Por- zu vervollständigen. Die Steuerberaterinnen und Steu- tabilität oder Geoblocking, verabschiedet. In Zukunft erberater sind dabei in vielen Bereichen schon sehr werden wir im Europäischen Gesetzgebungsprozess weit, etwa bezüglich der digitalen Kommunikation mit in einem weit höheren Maße über Regeln für Daten- Mandanten, aber auch mit der Finanzverwaltung. Al- sicherheit, Robotics und künstliche Intelligenz diskutie- lerdings wird auch die weiter fortschreitende Digitali- ren. Wir werden Antworten darauf finden müssen, wie sierung der Finanzverwaltung die Steuerberaterinnen wir mit der Digitalisierung unserer Gesellschaft umge- und Steuerberater in erhöhtem Maße fordern. Darü- hen. Ich will, dass die Digitalisierung den Menschen ber hinaus ist Cybersicherheit auch für Steuerberatung dient, die Qualität ihrer Berufsausübung erhöht und eine große Herausforderung. Hier sehe ich einerseits nicht, dass wir die Technik an sich über ihren gesell- berufsrechtliche Fragen, die in der näheren Zukunft schaftlichen Nutzen stellen. auf der Agenda stehen könnten. Andererseits wird die Umsetzung der Anzeigepflicht die Steuerberatung Ich würde mich freuen, wenn die Europäischen Insti- wohl für viele Jahre auf Trab halten. tutionen sich bei der künftigen Rechtsetzung darauf verständigen könnten, dass die Digitalisierung nicht zu Evelyne Gebhardt: Ich denke, dass die Digitalisie- einem Abbau von Dienstleistern und ihren Angestell- rung die steuerberatenden Berufe grundlegend ver- ten führen darf, sondern die Qualität und den Nutzen ändern wird. Big Data, Block-Chain, Cybersecurity und ihrer Tätigkeit verbessert. Gerade im Bereich der Digi- der Einsatz von künstlicher Intelligenz werden die Tä- talisierung ist es dringend erforderlich, angemessene tigkeiten in hohem Maße bestimmen und die steu- Regeln zum Schutz von Dienstleistungserbringern zu erliche Datenverarbeitung, den Datenaustausch und verankern, wie wir dies etwa bei Regelungen zu Online die Anpassung von Vorgängen an gesetzliche Ände- Plattformen bisher geschafft haben. 14
DStV KURZPOSITION ZU DEN EUROPAWAHLEN 2019 Dr. Andreas Schwab: Die Digitalisierung stellt die EU von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Unternehmen vor zwei Herausforderungen: Zum einen müssen wir besser zu schützen. Hier können die EU-Kommission die Entwicklung der digitalen Infrastrukturen in allen und das Europaparlament gezielte Maßnahmen ergrei- Mitgliedstaaten gleichwertig vorantreiben und gegen fen. Dies würde letztendlich auch Dienstleistungser- Cyberattacken sichern. Zum andern kann die Digitalisie- bringern wie zum Beispiel den Steuerberaterinnen und rung nur dann von Europa mitgestaltet werden, wenn Steuerberatern helfen. wir die Regeln setzen. Dafür brauchen wir jedoch einen regulatorischen Rahmen, der viel Einheitlichkeit schafft. Wofür werden Sie sich in der kommenden Legis- Deswegen müssen weitere Anstrengungen unternom- laturperiode speziell einsetzen? men werden, denn es gibt noch immer erhebliche Regelungsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Nicola Beer: Mit Blick auf die Digitalisierung setzen Wichtig ist natürlich, dass wir uns darum bemühen, wir uns insbesondere für ein Europa ein, welches Maß- auch die Unternehmen und Dienstleistungserbringer stäbe in Bezug auf Datenschutz und Cybersicherheit zu unterstützen, damit auch sie von der Digitalisierung setzt. Wir wollen eine digitale Infrastruktur für Europa profitieren können. Dafür müssen wir im Einzelfall auch sicherstellen, die es uns ermöglicht, auch unabhän- finanzielle Förderung bereitstellen. gig von außereuropäischen Anbietern unsere Daten aufzubewahren und zu nutzen. Wir werden uns auf Nicola Beer: Die Digitalisierung verändert die Welt europäischer Ebene auch für eine digitale Verwaltung grundlegend. Alles wird globaler, individualisierter und einsetzen. Anträge und Informationen müssen für vernetzter. Dies bietet für die Bürgerinnen und Bür- Bürgerinnen und Bürger digital verfügbar, online ab- ger sowie die Wirtschaft in Europa enorme Potentiale. wickelbar und durch eine digitale Identität auch online Um sie bestmöglich nutzen zu können, muss die EU verifizierbar sein. Wir wollen daher einen elektroni- noch viel mehr tun. Dies beginnt bei der Schaffung schen Personalausweis, der EU-weit einsetzbar ist. Wir von Gigabit-Infrastrukturen in der Fläche für Europa. setzen uns zudem für eine EU-e-residency nach dem Zum Beispiel sollte der europäische Haushalt dort, Vorbild Estlands ein. wo nationale Anstrengungen nicht ausreichen, Mittel für den europaweiten Glasfaserausbau bereitstellen. Evelyne Gebhardt: Im Falle meiner Wiederwahl Zudem fordern wir Freie Demokraten europäische werde ich mich gerne wieder für das Europäische Ver- Digital-Freiheitszonen. Diese sollen im Hinblick auf re- braucherrecht und für einen Binnenmarkt mit hohen gulatorische Maßnahmen einen höheren Freiheitsgrad sozialen Standards einsetzen. Außerdem für ein Be- haben, europäischem Recht unterliegen und beson- rufsrecht, das Arbeitsplätze schafft und keinen exis- ders günstige wirtschaftliche Rahmenbedingungen tenzbedrohenden Verdrängungswettbewerb fördert. bieten, um die Gründung und Ansiedlung junger, for- In dem Zusammenhang freue ich mich über eine Fort- schungsintensiver Unternehmen zu erleichtern. Auch setzung der bestehenden Zusammenarbeit und des beim gemeinsamen Binnenmarkt für Digitales oder Meinungsaustausches mit Ihnen. Fragen der Cyber- und Datensicherheit muss noch viel vorangetrieben werden, damit die EU nicht ins Hinter- Dr. Andreas Schwab: Der Binnenmarkt ist die wirt- treffen gerät. schaftliche Herzkammer Europas. Sie hat zu unserem Vorteil bislang gut funktioniert, das muss so bleiben! Sinnvoll wäre es, wenn europäische Forschungsmittel Ich kämpfe dafür, dieses wirtschaftliche Asset zu ver- gezielt zur Erforschung von Datenschutztechnologien teidigen, und wo es verbessert werden muss, müssen und -infrastruktur verwendet werden. Ziel sollte ein Entscheidungen her. Die meisten Probleme stammen weitestgehend autarkes Europa mit eigenen Cloud-An- aus der fehlenden „Durchsetzung“ bestehender Re- bietern und europäischen Datenschutzstandards sein, geln. Dieses Problem müssen wir in der nächsten Le- um etwa die Abhängigkeit von außereuropäischen gislaturperiode angehen. Cloud-Anbietern zu verringern und damit die Daten 15
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