Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz - Arbeitspapier 54 Monitoring-Ergebnisse 2020
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August 2021 Arbeitspapier 54 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz Monitoring-Ergebnisse 2020
Gesundheitsförderung Schweiz ist eine Stiftung, die von Kantonen und Versicherern getragen wird. Mit gesetzlichem Auftrag initiiert, koordiniert und evaluiert sie Massnahmen zur Förderung der Gesundheit (Krankenversicherungsgesetz, Art. 19). Die Stiftung unterliegt der Kontrolle des Bundes. Oberstes Entscheidungsorgan ist der Stiftungsrat. Die Geschäftsstelle besteht aus Büros in Bern und Lausanne. Jede Person in der Schweiz leistet einen jährlichen Beitrag von CHF 4.80 zugunsten von Gesundheitsförderung Schweiz, der von den Krankenversicherern eingezogen wird. Weitere Informationen: www.gesundheitsfoerderung.ch In der Reihe «Gesundheitsförderung Schweiz Arbeitspapier» erscheinen von Gesundheitsförderung Schweiz erstellte oder in Auftrag gegebene Grundlagen, welche Fachleuten in der Umsetzung in Gesundheitsförderung und Prävention dienen. Der Inhalt der Arbeitspapiere unterliegt der redaktio- nellen Verantwortung der Autorinnen und Autoren. Gesundheitsförderung Schweiz Arbeitspapiere liegen in der Regel in elektronischer Form (PDF) vor. Impressum Herausgeberin Gesundheitsförderung Schweiz Autorinnen und Autoren Dr. Désirée Füllemanna, Tanja Schönholzer a, Nicole Flükiger a, Ottilia Nauser a, Dr. Gregor Jenny b, Dr. Regina Jensenc, Prof. Dr. Andreas Krausea a Institut Mensch in komplexen Systemen, Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW b A bteilung Public and Organizational Health, Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention, Universität Zürich c Gesundheitsförderung Schweiz Durchführung der Erhebung LINK Institut für Markt- und Sozialforschung, Baslerstrasse 60, 8048 Zürich Dr. Sabrina Pfister Projektleitung Gesundheitsförderung Schweiz Dr. Regina Jensen, Projektleiterin Wirkungsmanagement Lisa Guggenbühl, Leiterin Wirkungsmanagement Reihe und Nummer Gesundheitsförderung Schweiz, Arbeitspapier 54 Zitierweise Füllemann, D., Schönholzer, T., Flükiger, N., N auser, O., Jenny, G., Jensen, R. & Krause, A. (2021). Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020. Arbeitspapier 54. Bern und Lausanne: Gesundheitsförderung Schweiz. Fotonachweis Titelbild iStock.com/gradyreese Auskünfte/Informationen Gesundheitsförderung Schweiz, Wankdorfallee 5, CH-3014 Bern, Tel. +41 31 350 04 04, office.bern@promotionsante.ch, www.gesundheitsfoerderung.ch Originaltext Deutsch Bestellnummer 03.378.DE 08.2021 Diese Publikation ist auch in französischer und in italienischer Sprache verfügbar (Bestellnummern 03.378.FR 08.2021 und 03.378.IT 08.2021). Download PDF www.gesundheitsfoerderung.ch/publikationen © Gesundheitsförderung Schweiz, August 2021
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 3 Editorial Engagement für systematisches betriebliches Dieser Befund bestätigt uns grundsätzlich in der Gesundheitsmanagement Ausrichtung unserer Massnahmen und zeigt, dass Mit einem systematischen betrieblichen Gesund- das Engagement von Gesundheitsförderung Schweiz heitsmanagement leisten Betriebe in der Schweiz weiterhin wichtig bleibt. Bei der Mehrheit der einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Gesundheit Betriebe gibt es noch Potenzial zur weiteren Syste und Motivation ihrer Mitarbeitenden. Indem sie mit matisierung von betrieblichem Gesundheitsma- organisatorischen und individuellen Massnahmen nagement. Dies gilt insbesondere für die KMU. Aber die Ressourcen der Mitarbeitenden stärken und auch die neuen Arbeitsformen, die sich gerade im psychische Belastungen im Arbeitsalltag reduzie- Zuge der Corona-Pandemie stark verbreitet haben, ren, stärken sie aber nicht nur ihre Mitarbeitenden, stellen neue Anforderungen an das betriebliche sondern auch ihren Betrieb. Denn gesunde und mo- Gesundheitsmanagement. Deshalb ergänzen wir tivierte Mitarbeitende leisten einen zentralen Bei- bestehende und etablierte Angebote mit neuen trag zum Unternehmenserfolg. Ansätzen. Dazu gehören Angebote zur Förderung Gesundheitsförderung Schweiz engagiert sich seit der psychischen Gesundheit von Lernenden wie vielen Jahren für die Verbreitung von systemati- auch von Pflegenden. Wichtig sind aber auch spezi- schem betrieblichem Gesundheitsmanagement in fische Angebote für KMU und innovative Ansätze zur der Schweiz. Dieses Ziel verfolgen wir in Zusam- Unterstützung der Zusammenarbeit im Homeoffice. menarbeit mit zahlreichen Partnern. Und wir errei- chen es, indem wir Betriebe, Verbände und weitere Lisa Guggenbühl Akteurinnen und Akteure der Arbeitswelt für die Leiterin Wirkungsmanagement Bedeutung von betrieblichem Gesundheitsmanage- ment sensibilisieren, indem wir mit dem Label René Rippstein Friendly Work Space Qualitätskriterien für eine sys- Einheitsleiter Betriebliches Gesundheits tematische Vorgehensweise bereitstellen sowie mit management weiteren Angeboten die Betriebe in dieser Aufgabe unterstützen. Unser Ziel ist, dass sich Arbeitgebende wirksam für die psychische Gesundheit ihrer Mit arbeitenden engagieren und ein systematisches be- triebliches Gesundheitsmanagement etablieren. Erhebung zur Verbreitung von betrieblichem Gesundheitsmanagement Um zu erfahren, wie es um die Verbreitung und die Umsetzung von betrieblichem Gesundheitsmanage- ment steht, haben wir 2020 zum zweiten Mal eine repräsentative Befragung von Betrieben in der Schweiz durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen ein grosses Bewusstsein bei vielen Betrieben für die Bedeutung von betriebli- chem Gesundheitsmanagement für das Wohlbefin- den ihrer Mitarbeitenden, aber auch für ihre Attrak- tivität als Arbeitgebende. Und eine Mehrheit der Betriebe möchte dieses Engagement in den kom- menden Jahren weiter ausbauen.
4 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 Inhaltsverzeichnis Management Summary 6 1 Gegenstand und Zielsetzung 8 2 Methodisches Vorgehen 11 2.1 Repräsentative Erhebung 2020 11 2.2 Panelstudie 2016–2020 14 2.3 Repräsentative Erhebung bei Arbeitnehmenden 15 3 Ergebnisse der repräsentativen Erhebung 2020 und Trends seit 2016 16 3.1 Aktuelles Engagement für BGM in Betrieben in der Schweiz 16 3.1.1 BGM-Umsetzungsgrad: Ergebnisse Gesamtskala 17 3.1.2 Ergebnisse der vier Komponenten des BGM-Umsetzungsgrads 19 3.1.3 Schwerpunkte für zukünftige Investitionen in BGM-Massnahmen 23 3.1.4 Einschätzung des Engagements insgesamt: aktuell, retrospektiv und prospektiv 24 3.1.5 Investierte Stellenprozente für BGM 27 3.1.6 Nutzung externer Dienstleistungen und Werkzeuge im Bereich BGM 28 3.1.7 Bekanntheit und Nutzung von Angeboten für BGM von GFCH 29 3.1.8 Einfluss der Corona-Pandemie auf das Engagement für BGM 30 3.2 Aktuelles BGM-Potenzial in Betrieben in der Schweiz 31 3.2.1 Voraussetzungen für BGM 31 3.2.2 Einfluss der Corona-Pandemie auf die Voraussetzungen für BGM 33 3.2.3 Gründe für BGM (Treiber) 34 3.2.4 Zusammenhänge zwischen BGM-Potenzial und BGM-Umsetzungsgrad 35 4 Ergebnisse der Panel-Studie 2016–2020 36 5 Ergebnisse zum Engagement für BGM aus Sicht der Arbeitnehmenden 41 6 Summarischer Vergleich der Veränderungen mit anderen Erhebungen in der Schweiz, Deutschland und Frankreich 44 7 Zusammenfassung und Ausblick 46 Literaturverzeichnis50 Anhang51 Anhang A: Grundgesamtheit der Betriebe in der Schweiz mit 50 und mehr Mitarbeitenden 51 Anhang B: Fragebogen BGM-Monitoring-Erhebung 2020 52 Anhang C: Stichprobenverteilung der repräsentativen Erhebung 2020 56 Anhang D: Fragebogen repräsentative Erhebung bei Arbeitnehmenden 57 Anhang E: Ergebnisse Konfirmatorische Faktorenanalyse BGM-Umsetzungsgrad 58 Anhang F: Regressionsanalyse für den BGM-Umsetzungsgrad und das BGM-Potenzial 59
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 5 Abkürzungsverzeichnis AM Absenzmanagement BGF Betriebliche Gesundheitsförderung BGM Betriebliches Gesundheitsmanagement CM Case Management D-CH Deutschschweiz DL Dienstleistungssektor FWS Friendly Work Space GFCH Gesundheitsförderung Schweiz GU Grosse Betriebe mit 250 Mitarbeitenden und mehr HR Human Resources I-CH Italienischsprachige Schweiz (Tessin) IND Industriesektor JSI Job-Stress-Index KMU Kleine und mittlere Unternehmen KU Kleine Betriebe mit 50 bis 99 Mitarbeitenden MA Mitarbeitende MAB Mitarbeitendenbefragung MU Mittlere Betriebe mit 100 bis 249 Mitarbeitenden OE Organisationsentwicklung PE Personalentwicklung W-CH Westschweiz
6 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 Management Summary Repräsentative Erhebung 2020 und Umsetzung von Massnahmen der Komponente Ar- Trends seit 2016 beitsgestaltung, Personal- und Organisations ent Das BGM-Monitoring von Gesundheitsförderung wicklung signifikant zugenommen. Schweiz ist eine periodische Erhebung ausgewählter Betriebe sehen weiterhin den grössten Investitions- Indikatoren und liefert repräsentative Informationen bedarf bei der Sensibilisierung zu Stress und psy- über die Verbreitung von betrieblichem Gesundheits chischer Gesundheit, gefolgt von Massnahmen zur management (BGM) in Betrieben in der Schweiz. Im Bewegungsförderung und Sportangeboten. vorliegenden Arbeitspapier werden die Ergebnisse Mehr als die Hälfte der Betriebe in der Schweiz der zweiten repräsentativen Erhebung im Jahr 2020 möchte das Engagement für BGM in Zukunft dargestellt. Durch den Vergleich der beiden Befra- verstärken. Häufig genannte Gründe dafür sind das gungen 2016 und 2020 werden Trends (Veränderun- Erhöhen der Zufriedenheit und des Wohlbefindens gen) in der Verbreitung von BGM abgebildet. Befragt der Mitarbeitenden, das Senken der Absenzrate wurde eine repräsentative Stichprobe von 791 In- sowie der Aufbau und die Weiterentwicklung des dustrie- und Dienstleistungsbetrieben mit mindes- BGM. Das Engagement für BGM hat sich durch die tens 50 Mitarbeitenden in der deutsch-, französisch- Corona-Pandemie bei je rund einem Drittel der Be- und italienischsprachigen Schweiz. triebe verstärkt oder nicht verändert. Zumindest Der Umsetzungsgrad von BGM in Betrieben wird teilweise verschlechtert hat sich das Engagement anhand der folgenden vier Komponenten beurteilt: bei rund einem Viertel der Betriebe. I. Absenz- und Case Management, II. Massnahmen Wie sehen die Voraussetzungen für BGM und die einer BGM-Strategie (wie z. B. strategische Veranke- Beweggründe für BGM 2020 aus und welche Trends rung, Wirksamkeitsüberprüfung), III. Massnahmen sind erkennbar? Rund 80 % der Betriebe in der der betrieblichen Gesundheitsförderung und Mit Schweiz verfügen zumindest über eher gegebene, arbeitendenbefragung sowie IV. Massnahmen der also durchaus positive Voraussetzungen für BGM. gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung, Perso- Im Vergleich zur Erhebung 2016 haben sich diese nal- und Organisationsentwicklung. gesamthaft gesehen verbessert, was insbesondere Wie weit verbreitet ist BGM in Betrieben in der auf bessere Voraussetzungen bei Dienstleistungs- Schweiz 2020? Über ein Viertel der Betriebe setzen betrieben, Betrieben in der Deutschschweiz und BGM systematisch um, knapp die Hälfte mehrheitlich mittelständischen Betrieben zurückzuführen ist. und ein Viertel ansatzweise oder gar nicht. Gegen- Grössere Betriebe berichten über bessere Voraus- über 2016 hat sich die Verbreitung von BGM positiv setzungen. Am häufigsten gegeben sind das Be- entwickelt. Weiterhin gilt: Mit zunehmender Betriebs wusstsein und die Unterstützung seitens der Ge- grösse wird BGM vermehrt umgesetzt. Allerdings schäftsleitung für das Thema sowie die Bereit- haben Betriebe mittlerer Grösse im Vergleich zur schaft, im Betrieb offen über Arbeit und Gesundheit letzten Befragung 2016 zugelegt. zu sprechen. Diese Voraussetzungen haben sich Wie vier Jahre zuvor sind Massnahmen des Absenz- gegenüber 2016 weiter verbessert, zusammen mit und Case Managements sowie Massnahmen der dem Fachwissen zur Umsetzung, der Wirkung und gesundheitsförderlichen Arbeitsgestaltung, Per- dem Nutzen von Massnahmen sowie der strategi- sonal- und Organisationsentwicklung am stärks- schen Anbindung des Themas. Die Voraussetzungen ten verbreitet. Weniger häufig umgesetzt werden für BGM haben sich durch die Corona-Pandemie bei Massnahmen der Komponente BGM-Strategie und je gut einem Drittel nicht verändert oder verbessert, der betrieblichen Gesundheitsförderung und Mit bei gut einem Viertel jedoch zumindest teilweise arbeitendenbefragungen. Gegenüber 2016 hat die verschlechtert.
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 7 Die Bedeutsamkeit der Gründe für BGM («BGM- Panelstudie 2016–2020 Treiber») hat seit 2016 zugenommen und zwar Als weitere Teilstudie wurde eine zusätzliche Befra- insbesondere bei mittelständischen Betrieben, bei gung von Betrieben durchgeführt, die schon 2016 Industriebetrieben sowie bei Betrieben in der befragt wurden. Wie lassen sich Veränderungen Deutsch- und der Westschweiz. Insgesamt schätzen im BGM-Umsetzungsgrad erklären? Um BGM im über 90 % der Betriebe die Gründe für BGM als eher Betrieb aufrechtzuerhalten oder voranzubringen, oder sehr wichtig ein. Die Zufriedenheit und das braucht es konstant gute Voraussetzungen bzw. de- Wohlbefinden des Personals werden von Betrieben ren Verbesserung. Eine strategische Verankerung am häufigsten als sehr wichtiger Grund für BGM an- von BGM zeigt sich als besonders relevant für die gegeben, gefolgt von der Senkung der Absenzrate Aufrechterhaltung des Engagements für BGM. und der Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität. Auf- fällig erscheint die im Vergleich zu 2016 zuneh Repräsentative Erhebung bei Arbeitnehmenden mende Bedeutung des Anliegens, über das BGM- In einer dritten Teilstudie wurde im Rahmen der Job- Engagement die Zufriedenheit der Mitarbeitenden Stress-Index-Befragung 2020 eine repräsentative und die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen. Stichprobe von Erwerbstätigen in der Schweiz zu Je stärker die BGM-Treiber und je besser die BGM- ihrer Wahrnehmung des Engagements ihres Betriebs Voraussetzungen im Betrieb sind, desto höher ist für BGM befragt. Die Auswertung zur Perspektive auch der BGM-Umsetzungsgrad. Für die Vorhersage der Arbeitnehmenden zeigt, dass die Mehrheit ein des BGM-Umsetzungsgrads sind die Voraussetzun- Engagement ihres Betriebs für BGM wahrnimmt. gen insgesamt bedeutsamer als die Treiber. Fach- Arbeitnehmende mit einer Führungsfunktion schät- wissen oder fachliche Unterstützung zur Umsetzung zen das Engagement zudem stärker ein als Arbeit- von Massnahmen, das Bewusstsein und die Unter- nehmende ohne Führungsfunktion. Die Wahrneh- stützung seitens der Geschäftsleitung und eine mung des Engagements aus Arbeitnehmenden-Sicht strategische Anbindung des Themas sind die wich- fällt erwartungsgemäss etwas geringer aus als die tigsten Voraussetzungen für den Umsetzungsgrad. Einschätzung durch die Betriebsvertretenden, die Im Schnitt investieren Betriebe 60 Stellenprozente am besten Bescheid wissen über die einzelnen in BGM, es gibt jedoch grosse Spannbreiten. Die BGM-Aktivitäten des Betriebs. Differenzierung nach Betriebsgrösse und BGM- Umsetzungsgrad zeigt ein klares Muster: Je grösser Vergleich der Veränderungen im BGM- der Betrieb und je systematischer die Umsetzung Engagement mit internationalen Erhebungen von BGM, desto mehr Stellenprozente werden in Vergleicht man die Ergebnisse dieses Monitorings BGM investiert. Wie 2016 nutzen rund 65 % der Be- mit internationalen Erhebungen, so bestätigt sich triebe externe Dienstleistungen und Werkzeuge der klare Trend zu mehr Massnahmen im Bereich für BGM. Am häufigsten geben Betriebe 2020 an, der Arbeitsgestaltung und Organisationsentwick- externe Beratungen, Schulungen, Hilfsmittel wie lung. Dies erstaunt nicht: Die Flexibilisierung von Checklisten, Leitfäden und Vorlagen und externes Arbeitsort und Arbeitszeit ist Gegenstand wirt- Case Management zu nutzen. Im Vergleich zu 2016 schaftlicher, gesellschaftlicher und politischer De- nutzen Betriebe mehr Online-Tools und -Apps, hin- batten, auf die auch das BGM reagiert. Ebenso zeigt gegen weniger externe Beratungen und Schulun- sich, dass der Hotspot «Stressmanagement» immer gen. Diese Veränderung könnte durch die Corona- noch besteht, aber nur langsam an Fahrt im BGM Pandemie mitbeeinflusst worden sein. gewinnt. Ähnliches ist auch im Umgang mit Belästi- gungen und Mobbing am Arbeitsplatz zu beobach- ten, was ebenfalls ein Abbild der diesbezüglichen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen darstel- len mag.
8 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 1 Gegenstand und Zielsetzung Gesundheitsförderung Schweiz (GFCH) engagiert et al. 2017, Gesundheitsförderung Schweiz 2017). Im sich gemäss gesetzlichem Auftrag für die Förderung vorliegenden Arbeitspapier werden die Ergebnisse der Gesundheit und die Verhütung von Krankheiten der zweiten repräsentativen Erhebung im Jahr 2020 unter anderem im strategischen Tätigkeitsbereich dargestellt. Durch den Vergleich der beiden reprä- des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM). sentativen Betriebsbefragungen 2016 und 2020 kön- Dabei unterstützt GFCH mit verschiedenen Projek- nen Trends (Veränderungen) in der Verbreitung und ten und Produkten (z. B. dem Label Friendly Work dem Umsetzungsgrad von BGM in Betrieben abge- Space, FWS Job-Stress-Analysis) Betriebe in der bildet werden. Schweiz darin, mit organisatorischen und individuel- Um Veränderungen über die Zeit bei denselben Be- len Massnahmen die gesundheitsförderlichen Res- trieben abbilden zu können, wurde zusätzlich zur sourcen der Mitarbeitenden zu stärken und die psy- repräsentativen Erhebung 2020 eine davon unab- chischen Belastungen im Arbeitsalltag zu reduzieren. hängige Panelstudie durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden sämtliche Betriebe, die bei der Erhebung GFCH versteht unter BGM das systematische 2016 mitgemacht hatten, im Jahr 2020 erneut ange- Optimieren von gesundheitsrelevanten Faktoren schrieben und zur aktuellen Umsetzung von BGM im im Betrieb. BGM schafft durch die Gestaltung Betrieb befragt. Die Panelstudie hat keinen Reprä- betrieblicher Strukturen und Prozesse die Vor- sentativitätsanspruch und dient in erster Linie zur aussetzungen für die Gesundheit der Mitar Untersuchung der Frage, wie sich Veränderungen beitenden und trägt so zum Unternehmenserfolg im BGM-Umsetzungsgrad erklären lassen. bei. BGM bedingt die Mitwirkung aller Personen- Neben der Einschätzung des Engagements für die gruppen im Betrieb, ist integriert in die Unter- Gesundheit der Mitarbeitenden aus Betriebssicht nehmensführung und zeigt sich in der gelebten wurde im Rahmen der Job-Stress-Index(JSI)-Studie Unternehmenskultur (in Anlehnung an Badura, 2020 die Perspektive von Arbeitnehmenden erfasst. Ritter & Scherf 1999; wie zitiert in Blum-Rüegg Die JSI-Studie ist eine repräsentative Befragung 2018, 14; Füllemann et al. 2017). der Erwerbsbevölkerung in der Schweiz zu Arbeits belastungen und Arbeitsressourcen und berechnet Das BGM-Monitoring von GFCH ist eine periodische aus deren Verhältnis den Job-Stress-Index (Ge- Erhebung ausgewählter Indikatoren und dient als sundheitsförderung Schweiz 2020). Im Jahr 2020 Informationsquelle zur Beobachtung von gesell- wurden die Arbeitnehmenden zusätzlich befragt, in- schaftlichen Entwicklungen in der Schweiz zum wieweit sie ein Engagement für BGM in ihrem Unter- Thema BGM. Es liefert repräsentative Informatio- nehmen wahrnehmen. nen über die Verbreitung und zum Umsetzungs- Abbildung 1 zeigt das Studiendesign mit den drei grad von BGM in Betrieben in der Schweiz und dient verschiedenen Erhebungen, deren Zielen und Haupt somit als Grundlage zur zielgerichteten und effi fragestellungen in der Übersicht. Die detaillierten zienten Sensibilisierung, Entwicklung und Verbrei- Fragestellungen zu den drei Erhebungen werden tung von BGM (Füllemann et al. 2017). Eine erste für jeweils zu Beginn eines Ergebnisabschnitts (siehe Sprachregionen und Wirtschaftssektoren reprä- Kapitel 3) aufgeführt. Die Farbgebung dient der Zu- sentative Erhebung bei Betrieben in der Schweiz ordnung zu den drei Erhebungen. wurde 2016 durchgeführt und publiziert (Füllemann
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 9 ABBILDUNG 1 Studiendesign mit drei Erhebungen im Jahr 2020, zugehörigen Zielen und Hauptfragestellungen Studiendesign: Erhebungen Ziele und Hauptfragestellungen Repräsentative Erhebung 2020 und Trends seit 2016 Unabhängige Stichproben von Betrieben in Ziele der Schweiz, repräsentativ für die drei • Erhebung 2020: Repräsentative Zahlen zur Sprachregionen (D-, F-, I-CH) und den zweiten Verbreitung und zum Umsetzungsgrad von BGM und dritten Wirtschaftssektor in Betrieben in der Schweiz im Jahr 2020 • Trends: Veränderungen in der Verbreitung und dem Umsetzungsgrad von BGM in Betrieben in der 2016 2020 Schweiz gegenüber 2016 (N = 833 Betriebe) Trends (N = 791 Betriebe) Fragestellungen • Wie weit verbreitet ist BGM in Betrieben in der Schweiz? • Welche Trends können gegenüber 2016 ausgemacht werden? Panelstudie N = 406 Betriebe Ziel Teilstichprobe von Betrieben der Erhebung von 2016, Analyse von Veränderungen über die Zeit bei densel- die 2020 erneut teilgenommen haben ben Betrieben, ohne Anspruch auf Repräsentativität Fragestellung 2016 2020 Wie lassen sich Veränderungen im BGM-Umsetzungs- grad erklären? Repräsentative Erhebung bei Arbeitnehmenden im Rahmen der JSI-Studie 2020 Ziel N = 1692 Arbeitnehmende Wahrnehmung von BGM aus Sicht der Arbeit nehmenden erfassen 2020 Fragestellung Wie wird das Engagement der Betriebe in der Schweiz für BGM aus Sicht der Arbeitnehmenden eingeschätzt?
10 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 Inhalte der repräsentativen Erhebung 2020 Einschätzung der Investitionen in BGM (aktuell, ret- und der Panelstudie rospektiv und prospektiv) sowie durch die Erfassung Übergeordnetes Ziel des BGM-Monitorings ist die der Nutzung von externen BGM-Angeboten. Des Abbildung des Engagements von Betrieben für die Weiteren wurden auch 2020 Voraussetzungen und Gesundheit der Mitarbeitenden. Im Zentrum der Treiber für BGM im Betrieb differenziert erfragt. Befragung 2020 (sowohl bei der repräsentativen Er- Abbildung 2 zeigt schematisch die Befragungsinhal- hebung wie bei der Panelstudie) stand wie bei der te der Betriebsbefragungen im Rahmen der reprä- ersten Befragung 2016 die detaillierte Erhebung des sentativen Erhebung 2020 und der Panelstudie und BGM-Umsetzungsgrads in Betrieben in der Schweiz. deren postulierte Zusammenhänge, in Anlehnung Das Engagement für BGM wurde ergänzend opera- an das Wirkmodell BGM Public Health von GFCH tionalisiert durch die Anzahl Stellenprozente, die (Gesundheitsförderung Schweiz 2014; vereinfachte für BGM eingesetzt werden, durch eine generelle Version). ABBILDUNG 2 Mindmap der Befragungsinhalte der Betriebsbefragungen im Rahmen der repräsentativen Erhebung 2020 und der Panel- studie, in Anlehnung an das Wirkmodell BGM Public Health von GFCH (Gesundheitsförderung Schweiz 2014). Themen in grauer Schrift wurden nicht erfragt. BGM-Umsetzungsgrad (GFCH 4) Arbeitsbedingungen (GFCH 2) BGM-Investitionen Absenz- & Case Ressourcen Belastungen (F3) Management BGM-Strategie BGM- Stellenprozente Umsetzungsgrad (F8) (F1 + F2) BGF & MAB Arbeitsbedingungen Arbeitsgestaltung, PE & OE BGM-Angebote (GFCH 7) Externe Dienst BGM-Potenzial (GFCH 5 + 6) leistungen und Werkzeuge für BGM (F6) BGM-Voraus setzungen Psychische Gesundheit (F4) der Erwerbstätigen BGM-Potenzial (GFCH 1) BGM-Treiber (F5) • F1 bis F8: Referenz auf Frageblöcke im Fragebogen von 2020 • GFCH [Nr.]: Referenz zum Wirkmodell BGM Public Health von Gesundheitsförderung Schweiz (vereinfachte Version; Gesundheitsförderung Schweiz 2014)
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 11 2 Methodisches Vorgehen Abbildung 1 stellt das Studiendesign mit den drei die repräsentative Erhebung 2020 durften keine Erhebungen im Jahr 2020, deren Zielen und Haupt- Betriebe angeschrieben werden, die 2016 an der Be- fragestellungen dar. In den folgenden Abschnitten fragung teilgenommen hatten, da diese ausschliess- wird das methodische Vorgehen bei den drei Er lich für die Panelstudie befragt wurden (siehe Ab- hebungen beschrieben.1 schnitt 2.2). Die Erhebung 2020 ist somit unabhängig sowohl von der Erhebung 2016 als auch von der Panel studie. Das LINK Institut verantwortete die 2.1 Repräsentative Erhebung 2020 Ziehung der repräsentativen Stichprobe und erwarb die dafür benötigten Adresslisten von HR-Verant- Bei der repräsentativen Erhebung 2020 handelt es wortlichen, Geschäftsleitungen oder Geschäftsfüh- sich um die zweite Erhebungswelle des Monitorings renden von Betrieben in der Schweiz bei AZ Direct. zur Verbreitung von BGM in Betrieben in der Schweiz. Wie schon 2016 wurde auch 2020 eine unabhängige Erhebungsinstrument Stichprobe von Betrieben mit mindestens 50 Mit Der Fragebogen (siehe Anhang B) ist in weiten Teilen arbeitenden und unter Berücksichtigung der Re identisch zum Fragebogen der Erhebung 2016. Bei präsentativitätskriterien Sprachregion (deutsch-, neu entwickelten Fragen wurde darauf geachtet, französisch- und italienischsprachige Schweiz) und dass sie ohne Nachforschungen beantwortet wer- Wirtschaftssektor (Industrie, Dienstleistungen) aus den können. Zur Sicherstellung der Verständlichkeit gewählt und befragt. Betriebsgrösse und Branchen- wurde der Fragebogen einem Pretest bei verschie- zugehörigkeit wurden miterfasst, jedoch ohne An- denen Repräsentantinnen und Repräsentanten der spruch auf Repräsentativität. Zielgruppe unterzogen. Neu aufgenommen wurde eine Frage zur Einschät- Die Grundgesamtheit des BGM-Monitorings zung des gesamthaften Engagements für BGM im sind Betriebe des sekundären und tertiären Sek- Betrieb (aktuell, retrospektiv und prospektiv). Zu- tors mit mindestens 50 Mitarbeitenden in der sätzlich wurde nach Gründen bei Veränderungen im deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Engagement gefragt (siehe Frageblock F3). Aufgrund Schweiz. des Befragungszeitpunktes wurde eine Frage zum Einfluss der Corona-Pandemie auf das Engagement Die Verteilung der Grundgesamtheit von Betrieben und die Voraussetzungen für BGM integriert (Frage- in der Schweiz mit mindestens 50 Mitarbeitenden ist block F9). in Anhang A aufgeführt und richtet sich nach den Gegenüber dem Fragebogen 2016 wurden bei der Angaben des Bundesamts für Statistik (2019). Der Erfassung der Nutzung externer Dienstleistungen darauf basierende Stichprobenplan wurde in Zu- und Werkzeuge im Bereich BGM neue Antwortkate- sammenarbeit mit dem beauftragten Befragungs- gorien ergänzt (Frageblock F6.1). Die Bekanntheit institut LINK erarbeitet und lehnt sich an den Stich- und Nutzung von Angeboten von GFCH wurde in probenplan von 2016 an (Füllemann et al. 2017). Für einem separaten Frageblock (F6.2) erfasst. 1 Methodische Anmerkungen zu Korrelationen und Kausalität: Die Ergebnisse des BGM-Monitorings lassen nur auf Korre- lationen zwischen Variablen schliessen. Korrelationen sind Zusammenhänge zwischen zwei Variablen. Hingegen impli- ziert Kausalität zwischen zwei Variablen eine Wirkrichtung mit ursächlichem Zusammenhang. Auf Kausalität kann grund- sätzlich nur mit experimentellen Forschungsmethoden geschlossen werden. Daher lassen sich aus den Ergebnissen des BGM-Monitorings keine Schlüsse auf kausale Wirkrichtungen ziehen.
12 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 Erhebungsprozess Beschreibung der Stichprobe Mitte August 2020 wurden insgesamt 2184 Betriebe Die Stichprobe der repräsentativen Erhebung 2020 angeschrieben. Der Fragebogen konnte auf Papier besteht aus 791 Betrieben. Die Daten wurden für oder online ausgefüllt werden. Im Einladungs- Sprachregion und Wirtschaftssektor gewichtet (sie- schreiben wurde darum gebeten, den Fragebogen he Tabelle 1). Damit ist die Stichprobe repräsentativ durch die höchstrangige Person mit Fachverant- für Betriebe ab 50 Mitarbeitenden aus dem Industrie- wortung für Arbeitssicherheit/Gesundheitsschutz und Dienstleistungssektor sowie aus der deutsch-, und BGM ausfüllen zu lassen. Falls es diese Person französisch- und italienischsprachigen Schweiz innerhalb des Betriebs nicht gab, wurde stattdessen (siehe auch Anhang C). der oder die Personalverantwortliche oder jemand Tabelle 1 führt auch die Verteilung der Stichprobe aus dem obersten Management angesprochen. nach Betriebsgrösse auf, da die Ergebnisse in Kapi- Mitte September wurden postalische Erinnerungs- tel 3 auch nach Betriebsgrösse differenziert berich- schreiben versendet; Mitte Oktober wurden die tet werden (ohne Repräsentativitätsanspruch). Die angeschriebenen Personen telefonisch kontaktiert Stichprobe wurde disproportional zur Verteilung der und gebeten, an der Befragung mitzumachen. Im Betriebsgrössen in der Schweiz erhoben, um genü- Befragungszeitraum vom 21. August 2020 bis zum gend mittlere und grosse Betriebe in der Stichprobe 12. November 2020 haben von den 2184 angeschrie- vertreten zu haben. Gegenüber der Verteilung der benen Betrieben 791 (36,2 %) geantwortet. Davon Betriebsgrössen 2016 haben 2020 etwas mehr Klein haben 60 % an der Befragung online (n = 475) und betriebe an der Studie teilgenommen (2016: 14,2 %, 40 % auf Papier (n = 316) teilgenommen. 2020: 19,2 %). Diese Unterschiede gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. TABELLE 1 Stichprobenverteilung der repräsentativen Erhebung 2020: Anzahl Betriebe ungewichtet und gewichtet nach den Kriterien Wirtschaftssektor (Industrie, Dienstleistung) und Sprachregion (deutsch-, französisch- und italienisch sprachige Schweiz), zusätzlich nach Unternehmensgrösse (ungewichtet) Anzahl total in % Anzahl total in % Gewichtungs Querschnitt ungewichtet ungewichtet gewichtet gewichtet faktor* Total 791 100,0 % 791 100,0 % 1,000 Sprachregion D-CH 580 73,3 % 585 74,0 % 1,009 W-CH 166 21,0 % 174 22,0 % 1,048 I-CH 45 5,7 % 32 4,0 % 0,703 Wirtschaftssektor Industrie 266 33,6 % 245 31,0 % 0,922 Dienstleistung 525 66,4 % 546 69,0 % 1,040 Unternehmensgrösse KU (50–99 MA) 152 19,2 % MU (100–249 MA) 369 46,6 % Keine Gewichtung nach Unternehmensgrösse GU (250–999 MA) 249 31,5 % GU (≥ 1000 MA) 21 2,7 % *E in Gewichtungsfaktor von 1 bedeutet, dass eine Antwort genau als eine Antwort zählt in der gewichteten Stichprobe. Ein Gewichtungsfaktor kleiner 1 bedeutet, dass die Antwort etwas weniger, ein Faktor grösser 1, dass die Antwort etwas mehr gewichtet wird für die Auswertungen.
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 13 Branchenverteilung Funktion der Auskunftsperson im Betrieb Abbildung 3 zeigt die Verteilung der gewichteten Der Fragebogen wurde von derjenigen Person im Stichprobe nach Branchen, soweit bekannt. Im In- Betrieb ausgefüllt, die am besten Auskunft geben dustriesektor sind hauptsächlich Betriebe des ver- kann über das Engagement des Betriebs für die Ge- arbeitenden Gewerbes / der Herstellung von Waren sundheit der Mitarbeitenden. Am häufigsten wur- Teil der Stichprobe (eine vernachlässigbare An- de der Fragebogen von Personalverantwortlichen zahl von drei Betrieben aus dem Bergbau und der (N = 373) beantwortet, gefolgt von Personen der Ge- Energie- und Wasserversorgung zählen ebenfalls zu schäftsleitung (N = 301), Mitarbeitenden des Perso- dieser Kategorie). Bei den Dienstleistungsbetrieben nalwesens/HR (N = 124), Verantwortlichen für BGM sind Betriebe im Gesundheits- und Sozialwesen am (N = 114) und Spezialistinnen/Spezialisten für Ar- häufigsten in der Stichprobe vertreten. beitssicherheit und Gesundheitsschutz (N = 97). Für ABBILDUNG 3 Verteilung der Stichprobe der repräsentativen Erhebung 2020 nach Branchen, gewichtet für die Faktoren Sprachregion und Wirtschaftssektor (N = 751; von weiteren 40 Betrieben der Gesamtstichprobe sind keine Angaben zur Branche vorhanden) Kunst, Unterhalt, Berufe in privaten Haushalten, sonstige Dienstleistungen; n = 27 Bergbau, Verarbeitendes 4% Gewerbe, Energie- und Wasser- versorgung; n = 186 Gesundheits- und Sozialwesen; n = 166 25 % 22 % In d us tr ies ngssektor e ktor 5% 7% u is t Erziehung und Unterricht; n = 36 e Baugewerbe; s tl n = 54 2% Dien Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung, 7% Exterritoriale Organisationen und 7% Körperschaften; n = 15 5% 4% 2% Handel, Reparatur Freiberufliche, wissenschaftliche und 7% 3% gewerbe; n = 52 technische Dienstleistungen; n = 56 Immobilien, sonstige wirtschaftliche Verkehr und Lagerei; n = 36 Dienstleistungen; n = 31 Kredit- und Versicherungs Gastgewerbe, Gastronomie; n = 18 gewerbe; n = 55 Information und Kommunikation; n = 19
14 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 die Funktionsangabe waren Mehrfachantworten zu- person gefragt, ob sie den Fragebogen in der ersten lässig. Beispielsweise waren von den 373 Personal- Erhebung 2016 ausgefüllt hatte. Auch der Erhe- verantwortlichen 46 Personen auch die Verantwort- bungsprozess gestaltete sich analog zu jenem der lichen für BGM und 27 die Verantwortlichen für repräsentativen Erhebung 2020 (siehe Abschnitt 2.1) Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. und lief zeitlich parallel mit Ausnahme der telefoni- schen Erinnerungsanrufe, die zeitlich nachgeschaltet waren. Um eine möglichst hohe Ausschöpfung zu 2.2 Panelstudie 2016–2020 erreichen, wurden Mitte September postalische Er- innerungsschreiben versendet und Mitte November In Zusammenarbeit mit dem LINK Institut wurden die angeschriebenen Personen telefonisch kontak- für die Panelstudie alle noch aktiven Betriebe tiert. Der Befragungszeitraum dauerte vom 21. Au- (n = 714) der Erhebung 2016 (N = 833) erneut ange- gust 2020 bis zum 9. Dezember 2020. Von den 714 schrieben. Die Panelstudie erhebt im Gegensatz zur angeschriebenen Betrieben haben 406 (56,9 %) ge- repräsentativen Erhebung 2020 keinen Anspruch antwortet. Davon haben 57 % online (n = 233) und auf Repräsentativität für die Betriebslandschaft in 43 % auf Papier (n = 173) teilgenommen. der Schweiz. Daher werden die Daten für die Analy- Tabelle 2 zeigt die Struktur der Panelstichprobe dif- sen nicht gewichtet. Mittels einer Dropout-Analyse ferenziert nach Sprachregion, Wirtschaftssektor konnten systematische Selektionseffekte in der und Betriebsgrösse für die Befragungen 2016 und Panelstichprobe gegenüber denjenigen Betrieben, 2020. Bei einigen Betrieben gab es Veränderungen die nur in der Erhebung von 2016 teilgenommen hat- in den vier Jahren zwischen den Befragungen. So ten, ausgeschlossen werden. hat ein Betrieb den Standort von der West- in die Deutschschweiz verlegt und 18 Betriebe haben ge- Erhebungsinstrument, Erhebungsprozess und mäss ihrer Hauptaktivität den Wirtschaftssektor Beschreibung der Stichprobe gewechselt. Bezüglich der Anzahl an Mitarbeiten- Für die Panelstudie wurde derselbe Fragebogen den gab es bei 45 Betrieben Veränderungen, die sich verwendet wie für die repräsentative Erhebung 2020 auf die Grössenkategorisierung auswirkten. (siehe Abschnitt 2.1). Zusätzlich wurde die Auskunfts- TABELLE 2 Stichprobenverteilung der Panelstudie, differenziert nach Sprachregion, Wirtschaftssektor und Unternehmensgrösse für die Befragungen 2016 und 2020 2016 2020 Panelstichprobe Anzahl in % Anzahl in % Total 406 100,0 % 406 100,0 % Sprachregion D-CH 304 74,9 % 305 75,1 % W-CH 76 18,7 % 75 18,5 % I-CH 26 6,4 % 26 6,4 % Wirtschaftssektor Industrie 150 36,9 % 146 36,0 % Dienstleistung 256 63,1 % 260 64,0 % Unternehmensgrösse KU (1–49 MA) 0 0,0 % 13 3,2 % KU (50–99 MA) 54 13,3 % 56 13,8 % MU (100–249 MA) 194 47,8 % 185 45,6 % GU (≥250 MA) 158 38,9 % 152 37,4 %
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 15 2.3 Repräsentative Erhebung bei Perspektive von Arbeitnehmenden angepasst und Arbeitnehmenden für Laien verständlich formuliert. Aus diesem Grund wurden die Arbeitnehmenden nicht nach dem Um- Im Rahmen der Job-Stress-Index(JSI)-Studie 2020 setzungsgrad, sondern nach dem wahrgenomme- wurde bei einer repräsentativen Stichprobe von nen Engagement ihres Betriebs bezüglich einzelner Arbeitnehmenden deren Perspektive zur Umset- BGM-Massnahmen gefragt. Der Fragebogen ist in zung von BGM in ihrem Betrieb erfasst. Die JSI- Anhang D aufgeführt. Studie wurde von der Universität Bern und der Zür- Die Datenerhebung erfolgte online und wurde durch cher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in das LINK Institut im Zeitraum zwischen dem 3. Feb- Zusammenarbeit mit dem LINK Institut als Online- ruar und dem 3. März 2020 durchgeführt. Für eine Befragung durchgeführt. Die Grundgesamtheit be- grösstmögliche Vergleichbarkeit der Resultate aus steht aus Voll- und Teilzeiterwerbstätigen aus der der Betriebsbefragung und der Befragung von Ar- deutsch-, italienisch- und französischsprachigen beitnehmenden wurde die JSI-Stichprobe entspre- Schweiz. Die Stichprobe ist gemäss Angaben des chend eingeschränkt (Ausschluss von Arbeitneh- BFS repräsentativ für die Erwerbsbevölkerung in menden des primären Sektors sowie aus Betrieben der Schweiz nach Alter, Geschlecht, Region und mit weniger als 50 Mitarbeitenden). Die Stichprobe Branche (Gesundheitsförderung Schweiz 2020). besteht somit aus 1674 Arbeitnehmenden aus dem zweiten und dritten Wirtschaftssektor und aus Be- Erhebungsinstrument, Erhebungsprozess und trieben mit 50 und mehr Mitarbeitenden. Zur Ge- Beschreibung der Stichprobe währleistung der Repräsentativität wurde die Stich- Um die Wahrnehmung von BGM aus Sicht der Ar- probe für die Analysen nach Alter, Geschlecht, beitnehmenden zu erfassen, wurden ausgehend Grossregion und Branche gewichtet. Tabelle 3 zeigt vom Frageblock F1 aus dem BGM-Monitoring-Frage die Verteilung der Stichprobe (ungewichtet und bogen zehn Fragen zur Umsetzung von BGM-Mass- gewichtet) nach Wirtschaftssektor, Sprachregion, nahmen ausgewählt, in ihrer Formulierung für die Betriebsgrösse und Führungsfunktion. TABELLE 3 Stichprobenverteilung der repräsentativen Erhebung von Arbeitnehmenden im Rahmen der JSI-Studie 2020 (Ausschluss von Erwerbstätigen aus dem Landwirtschaftssektor und aus Betrieben mit < 50 Mitarbeitenden) Ungewichtete Daten Gewichtete Daten Anzahl % Anzahl % Wirtschaftssektor Industrie 300 17,9 % 374 22,1 % Dienstleistung 1374 82,1 % 1318 77,9 % Total 1674 100 ,0% 1692 100,0 % Sprachregion Deutsch 1203 71,9 % 1236 73,1 % Französisch 322 19,2 % 405 23,9 % Italienisch 149 8,9 % 51 3,0 % Total 1674 100,0 % 1692 100,0 % Unternehmensgrösse Kleine Unternehmen (50–99 MA) 247 14,8 % 269 15,9 % Mittlere Unternehmen (100–249 MA) 294 17,6 % 297 17,6 % Grosse Unternehmen (250–999 MA) 410 24,5 % 435 25,7 % Grosse Unternehmen (≥1000 MA) 723 43,2 % 690 40,8 % Total 1674 100,0 % 1691 100,0 % Führungsfunktion Ja 550 32,9 % 564 33,3 % Nein 1124 67,1 % 1128 66,7 % Total 1674 100,0 % 1692 100,0 %
16 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 3 Ergebnisse der repräsentativen Erhebung 2020 und Trends seit 2016 3.1 Aktuelles Engagement für BGM methoden befragt (siehe Frageblöcke F1 und F2 im in Betrieben in der Schweiz Fragebogen, Anhang B). Die Befragten schätzten den Umsetzungsgrad auf einer vierstufigen Ant- wortskala von 1 = gar nicht / keine Umsetzung bis Wie weit verbreitet ist die Umsetzung 4 = vollumfängliche/systematische Umsetzung ein. ? von BGM in Betrieben in der Am häufigsten systematisch umgesetzt werden Schweiz und wie hat sie sich seit Massnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesund 2016 verändert? heitsschutzes sowie der Betriebs- und Führungs- kultur. Als Analyse- und Steuerungsmethode wer- den von den Betrieben am häufigsten Absenz- und Für die Beantwortung dieser Fragestellungen wur- Case Management eingesetzt. Gegenüber 2016 be- den die Betriebe detailliert zur Umsetzung einzelner richten Betriebe in der Schweiz 2020 über eine BGM-Massnahmen und Analyse- und Steuerungs- vermehrte Umsetzung von Massnahmen für ergo- Berechnung des BGM-Umsetzungsgrads Um aus den detaillierten Angaben zur Umsetzung 0.75 Punkten unterteilt: Die tiefste Antwortkatego- von BGM-Massnahmen und zum Einsatz von rie «gar nicht/keine Umsetzung» umfasst Mittel- Analyse- und Steuerungsinstrumenten ein Gesamt werte zwischen 1.0 und 1.75, die zweite Kategorie mass zum Umsetzungsgrad von BGM zu erhalten, «ansatzweise/vereinzelte Umsetzung» Mittelwerte wurde überprüft, ob sich die Ergebnisse zu vier zwischen 1.75 und 2.5, die dritte Kategorie «mehr- Komponenten zusammenfassen lassen. Anhand heitlich/wiederholte Umsetzung» Mittelwerte zwi- einer konfirmatorischen Faktorenanalyse der schen 2.5 und 3.25 und die höchste Kategorie Fragen zu einzelnen BGM-Massnahmen, Analyse- «vollumfänglich/systematische Umsetzung» Mit- und Steuerungsinstrumenten konnten die vier telwerte zwischen 3.25 und 4.0. Komponenten des BGM-Umsetzungsgrads aus der Erhebung 2016 bestätigt werden (siehe Anhang E). Anmerkung zu den Auswertungen Der BGM-Umsetzungsgrad setzt sich somit aus Bei der Beschreibung der Ergebnisse zu den den folgenden vier Komponenten zusammen: Trends und zu Unterschieden zwischen den Grup- I. Absenz- und Case Management, II. Massnahmen pen (Wirtschaftssektoren, Sprachregionen, einer BGM-Strategie, III. Massnahmen der be Betriebsgrösse) werden ausschliesslich signifikan- trieblichen Gesundheitsförderung und Mitarbeiten- te Resultate hervorgehoben. Augenscheinliche denbefragung sowie IV. gesundheitsförderliche Unterschiede zwischen Gruppen oder Trends, die Arbeitsgestaltung, Personal- und Organisations- nicht im Text kommentiert werden, sind statistisch entwicklung. Tabelle 4 zeigt den BGM-Umset- nicht signifikant, das bedeutet, dass sie auch zu- zungsgrad mit seinen vier Komponenten und den fällig zustande gekommen sein können. Insbeson- zugehörigen Fragen aus dem Fragebogen. Die dere bei kleinen Stichprobengrössen (z. B. italie- vier Komponenten wie auch der Gesamt-Umset- nischsprachige Schweiz oder Grossbetriebe mit zungsgrad werden jeweils aus dem Mittelwert 1000 und mehr Mitarbeitenden) sind die statis der Einzelitems bzw. der Komponenten berechnet. tischen Unsicherheitsbereiche grösser, weshalb Die berechneten Mittelwertskalen wurden für augenscheinliche Unterschiede nicht unbedingt die Darstellung in den folgenden Abbildungen in auch statistisch signifikant ausfallen. vier gleich grosse Wertebereiche von jeweils
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 17 TABELLE 4 BGM-Umsetzungsgrad und seine vier Komponenten Grad der Umsetzung von BGM-Massnahmen, Steuerungs- und Analyseinstrumenten im Betrieb. Berechnet aus dem Mittelwert der vier Komponenten des BGM-Umsetzungsgrads (siehe Box «Berechnung des BGM-Umsetzungsgrads»). Komponenten Inhalte (Einzelfragen im Fragebogen)* I. Absenz- und Case Management • Absenzmanagement (F2.02) • Case Management (F2.03) II. BGM-Strategie • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (F1.01) • Strategische Verankerung von BGM (F2.04) • Einbezug der Mitarbeitenden im BGM (F2.05) • Überprüfung der Wirksamkeit von BGM (F2.06) III. Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und • Bewegungsförderung / Sportangebote (F1.03) Mitarbeitendenbefragung (MAB) • Förderung gesunder Ernährung / gesundes Essensangebot (F1.04) • Sensibilisierung zu Stress / psychischer Gesundheit (F1.09) • Mitarbeitendenbefragungen (F2.01) IV. A rbeitsgestaltung, Personal- und • Ergonomische Arbeitsplätze / Arbeitsumgebung (F1.02) Organisationsentwicklung • Förderung von Erholung / Pausen (F1.05) • Gute Betriebskultur / wertschätzende Führungskultur (F1.06) • Gesundheitsförderliche Aufgabengestaltung (F1.07) • Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben (F1.08) • Personalentwicklung / Personalförderung (F1.10) * Die F-Nummern in Klammern hinter der Fragebezeichnung beziehen sich auf die Nummer der Frage im Fragebogen (siehe Anhang B). nomische Arbeitsplätze / Arbeitsumgebungen, eine Viertel setzen BGM ansatzweise (23,4 %) oder gar gute Betriebskultur / wertschätzende Führungs nicht (2,2 %) um. Somit setzen knapp drei Viertel kultur, gesundheitsförderliche Aufgabengestaltung (74,4 %) der Betriebe in der Schweiz BGM-Massnah- und die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. men mehrheitlich oder systematisch um; das sind Auch der Einbezug der Mitarbeitenden im BGM wird gut 3 Prozentpunkte mehr als 2016. Hier ergibt sich vermehrt berichtet. gegenüber 2016 eine positive Veränderung hin zu Im folgenden Abschnitt werden die Ergebnisse zum mehr systematisch umgesetztem BGM. Mittelwert- BGM-Umsetzungsgrad (Gesamtskala) und in den vergleiche ergeben nur in der Tendenz eine Zunah- darauffolgenden Abschnitten zu den einzelnen me von 2016 (M = 2.83) zu 2020 (M = 2.88), die positive Komponenten berichtet. Veränderung ist statistisch knapp nicht signifikant (t(1611) = –1.82, p = .070, d = –.09). Es soll an dieser 3.1.1 BGM-Umsetzungsgrad: Ergebnisse Stelle daran erinnert werden, dass die Stichprobe Gesamtskala 2020 etwas mehr (5 %) Kleinbetriebe enthält als Abbildung 4 zeigt die Häufigkeitsverteilung der Ge- 2016. Da Kleinbetriebe weniger systematisch BGM samtskala des BGM-Umsetzungsgrads 2020 und umsetzen als grössere Betriebe (siehe weiter un- den Vergleich mit 2016 für das Total der Betriebe ten), könnte man rein durch die Zusammensetzung sowie differenziert nach Wirtschaftssektor, Sprach- der Stichprobe einen geringeren Umsetzungsgrad region und Betriebsgrösse. Im Jahr 2020 setzen erwarten. Vor diesem Hintergrund ist die tenden über ein Viertel (26,3 %) der Betriebe in der Schweiz zielle Zunahme in der Umsetzung von BGM durch- BGM-Massnahmen systematisch um, knapp die aus nennenswert. Hälfte (48,1 %) tun dies mehrheitlich und gut ein
18 Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 Unterscheidet man die Betriebe nach Wirtschafts- ABBILDUNG 4 sektoren, zeigt sich, dass BGM in Dienstleistungs- betrieben 2020 verbreiteter ist als in Industriebe- Häufigkeitsverteilung des BGM-Umsetzungsgrads (Ge- trieben: Während 77,4 % der Dienstleistungsbetriebe samtskala) 2020 im Vergleich mit 2016 für das Total der Betriebe in der Schweiz und gruppiert nach Wirtschafts- BGM mehrheitlich oder systematisch umsetzen, tun sektor, Sprachregion und Unternehmensgrösse (N = 784) dies 67,8 % der Industriebetriebe. Gegenüber 2016, als sich Industrie- und Dienstleistungsbetriebe ar nicht/ G A nsatzweise/ Mehrheitlich/ Vollumfänglich/ keine vereinzelt wiederholt systematisch nicht signifikant voneinander unterschieden, ist der Unterschied 2020 auf eine signifikante Zunahme der 2020 2,2 23,4 48,1 26,3 BGM-Umsetzung bei Dienstleistungsbetrieben seit Total Betriebe 2016 zurückzuführen. 2016 2,7 26,2 48,4 22,7 Differenziert man nach Sprachregionen, zeigt sich 2020 2,6 29,5 50,9 16,9 folgendes Bild: BGM ist in Betrieben der Deutsch- IND schweiz verbreiteter (78,2 % mehrheitliche oder 2016 3,1 26,3 50,4 20,2 systematische Umsetzung) als in Betrieben der französisch- und italienischsprachigen Schweiz 2020 2,0 20,6 46,9 30,5 DL* (64,7 % bzw. 56,8 %). Gegenüber 2016 verzeichnen 2016 2,5 26,1 47,4 24,0 Betriebe in der Deutschschweiz eine signifikante Zunahme in der Umsetzung von BGM, wohingegen 2020 1,4 20,4 49,7 28,5 sich die Umsetzung von BGM in Betrieben der fran- D-CH* zösisch- und italienischsprachigen Schweiz nicht 2016 1,1 26,0 48,1 24,8 signifikant verändert hat. 2020 4,8 30,4 44,2 20,5 Auch hinsichtlich der Betriebsgrösse gibt es Unter- W-CH schiede in der Umsetzung von BGM zu verzeichnen. 2016 8,0 25,6 46,7 19,7 BGM ist 2020 in Kleinbetrieben (ab 50 Mitarbeitende) 2020 2,1 41,0 40,2 16,6 weniger stark verbreitet als in mittleren oder gros- I-CH sen Betrieben (62,8 %, 74,5 % bzw. 80,9 % mehrheit- 2016 2,5 31,1 59,3 7,2 liche oder systematische Umsetzung). Für die Erhe- bung 2020 können Grossbetriebe weiter differenziert 2020 3,1 34,1 43,6 19,2 KU werden in Betriebe mit bis zu 999 Mitarbeitenden (50–99 MA) 2016 3,8 31,0 53,7 11,4 und Betriebe mit 1000 und mehr Mitarbeitenden. Durch diese zusätzliche Differenzierung kommt 2020 1,6 23,9 49,9 24,6 MU* zum Ausdruck, dass 9 von 10 Grossbetrieben in der (100–249 MA) 2016 3,2 31,2 46,8 18,8 Schweiz (90 %) mit 1000 und mehr Mitarbeitenden BGM mehrheitlich (33,1 %) oder systematisch (56,9 %) 2020 2,4 16,7 48,3 32,6 GU umsetzen. Wegen der kleinen Stichprobengrösse (≥250 MA) von nur 21 Grossbetrieben mit 1000 und mehr Mit- 2016 1,5 17,9 48,5 32,0 arbeitenden sind die statistischen Unsicherheits 2020 2,6 17,3 49,7 30,4 bereiche jedoch grösser, weshalb augenscheinliche GU (250–999 MA) Unterschiede nicht unbedingt auch statistisch signi- 2016 Keine Daten vorhanden fikant ausfallen. Gegenüber 2016 verzeichnen Klein- 2020 10,0 33,1 56,9 und Grossbetriebe keine signifikanten Veränderun- GU (≥ 1000 MA) gen, hingegen hat die Verbreitung von BGM bei 2016 Keine Daten vorhanden mittleren Betrieben signifikant zugenommen. 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % * Signifikante Zunahme im Jahresvergleich
Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Schweiz: Monitoring-Ergebnisse 2020 19 3.1.2 Ergebnisse der vier Komponenten Gegenüber 2016 hat die Umsetzung von Massnah- des BGM-Umsetzungsgrads men der Komponente Arbeitsgestaltung, Personal- Abbildung 5 zeigt die vier Komponenten des BGM- und Organisationsentwicklung in Betrieben in der Umsetzungsgrads und die Gesamtskala in der Über- Schweiz signifikant zugenommen. Eine zunehmende sicht. Von den vier Komponenten des BGM-Umset- Tendenz zeigt sich auch in der Komponente BGM- zungsgrads wird Absenz- und Case Management Strategie, diese Zunahme ist jedoch statistisch nicht (51,6 %) am häufigsten systematisch umgesetzt in signifikant. Betrieben in der Schweiz. Darauf folgt die systema- Im Folgenden werden die Ergebnisse der vier Kom- tische Umsetzung von Massnahmen der Arbeits ponenten des BGM-Umsetzungsgrads im Detail be- gestaltung, Personal- und Organisationsentwick- richtet. lung (44,4 %). Über 85 % der Betriebe in der Schweiz setzen solche Massnahmen mehrheitlich bis syste- I. Absenz- und Case Management matisch um. So betrachtet, sind Massnahmen der Abbildung 6 zeigt die Häufigkeitsverteilungen der Arbeitsgestaltung, Personal- und Organisations- Verbreitung von Absenz- und Case Management in entwicklung am weitesten verbreitet unter den Betrieben 2020 im Vergleich zu 2016. Knapp drei erfassten BGM-Massnahmen. Weniger stark ver- Viertel (74,3 %) der Betriebe in der Schweiz setzen breitet und systematisch umgesetzt werden BGM- Absenz- und Case Management 2020 mehrheitlich Massnahmen und -Instrumente der Komponente oder systematisch um. Gegenüber 2016 zeichnet BGM-Strategie und Massnahmen der betrieblichen sich keine Veränderung ab, damit bleibt die Umset- Gesundheitsförderung und Mitarbeitendenbefra- zung von Absenz- und Case Management stabil auf gungen (systematische Umsetzung bei 17,3 % res- hohem Niveau. Differenziert man nach Wirtschafts- pektive 15,5 % der Betriebe in der Schweiz). sektoren, setzen Industrie- und Dienstleistungsbe- triebe 2020 Absenz- und Case Management gleich häufig um. Bezüglich der Sprachregionen unter- ABBILDUNG 5 scheiden sich Betriebe in der Deutsch- und der Westschweiz: Bei Betrieben in der französischspra- Häufigkeitsverteilung des BGM-Umsetzungsgrads und chigen Schweiz sind Absenz- und Case Manage- seiner vier Komponenten für die Gesamtheit der Betriebe ment weniger stark verbreitet als in Betrieben in der Schweiz 2020 im Vergleich mit 2016 der Deutschschweiz. Bezüglich der Betriebsgrösse ar nicht/ G A nsatzweise/ Mehrheitlich/ Vollumfänglich/ zeigt sich, dass Kleinbetriebe weniger Absenz- und keine vereinzelt wiederholt systematisch Case Management betreiben als Grossbetriebe. Wie schon für die Gesamtheit der Betriebe in der BGM- 2020 2,2 23,4 48,1 26,3 Umsetzungs- Schweiz zeichnen sich auch für Betriebe differen- grad 2016 2,7 26,2 48,4 22,7 ziert nach Wirtschaftssektor, Sprachregion und Betriebsgrösse keine signifikanten Veränderungen 2020 4,1 21,5 22,7 51,6 AM & CM ab gegenüber 2016. 2016 3,0 24,2 20,1 52,6 II. BGM-Strategie 2020 21,1 31,3 30,3 17,3 Abbildung 7 zeigt die Häufigkeitsverteilungen der BGM-Strategie 2016 22,4 35,1 28,0 14,5 Verbreitung von Massnahmen, Analyse- und Steue- rungsinstrumenten der Komponente BGM-Strategie 2020 19,8 32,0 32,7 15,5 in Betrieben 2020 im Vergleich zu 2016. Massnah- BGF & MAB men und Instrumente der Komponente BGM-Stra- 2016 20,3 32,7 31,3 15,7 tegie werden mit 17,3 % nach wie vor eher wenig sys- Arbeits 2020 0,4 13,8 41,4 44,4 tematisch umgesetzt in Betrieben in der Schweiz. gestaltung, Die augenscheinliche Zunahme gegenüber 2016 ist PE & OE* 2016 2,0 17,6 44,2 36,3 statistisch nicht signifikant. 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Im Jahr 2020 unterscheiden sich Betriebe weder nach Wirtschaftssektoren noch nach Sprachregio- * Signifikante Zunahme im Jahresvergleich nen in der Umsetzung von Massnahmen und Instru-
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