Bilinguales Lernen am allgemein bildenden Gymnasium
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4 „Das Abibac war früher für mich einfach ein Doppeldiplom. Mittlerweile sehe ich es als eine Erfahrung, eine Bereicherung und eine Reise. Ich entwickelte ein tiefes Verständnis für die französische Kultur und lernte den Austausch zwischen unterschiedlichen Ländern immer mehr zu schätzen. In einer glo- balisierten Welt ist Verständnis für andere Kulturen bzw. Interkulturalität unentbehrlich. Für die Zukunft von Europa ist eine feste deutsch-französische Beziehung unentbehrlich.“ Vera Yakupova, Abibac-Absolventin des Jahrgangs 2018, Kepler-Gymnasium Tübingen „Was als Fremdsprachenförderung begann, wurde zu ganzheitlicher Bildung, welche ein modernes Gymnasium heute leisten muss.“ Martin Rausch, Schulleiter Max-Planck-Gymnasium Böblingen 2
5 Inhaltsverzeichnis Vorwort der Ministerin 4 I. Bilinguales Lernen an Gymnasien: Förderung der Mehrsprachigkeit 6 II. Bilinguales Lernen deutsch-französisch 9 1. Das Abibac: ein Modell für die Zukunft 9 2. Blick in den Unterricht 1: Bilingualer Geschichtsunterricht – die deutsche Wiedervereinigung und die Perspektive Frankreichs 10 3. Blick in den Unterricht 2: „Quel avenir pour l’Europe?“ – Europa neu denken im bilingualen Gemeinschaftskundeunterricht 13 4. Förderung der interkulturellen Kompetenz durch „Drittortbegegnungen“ 18 5. Das Abibac: Viel mehr als zwei Diplome – eine Schulleiterin berichtet 19 III. Bilinguales Lernen deutsch-englisch 20 1. English across the curriculum and across cultures 20 2. Propädeutik: Vorbereitung ist nicht alles, aber wichtig! – Der bilinguale Vorkurs in Klasse 6 24 3. Blick in den Unterricht 3: „Sweatshops: Schwitzen für billige T-Shirts” – Ein Rollenspiel im bilingualen Geographieunterricht in Klasse 8 26 4. Blick in den Unterricht 4: Einsatz digitaler Medien im Geographieunterricht 28 5. Blick in den Unterricht 5: „The Pacific Ring of Fire” – handlungsorientierter Geographieunterricht in Klasse 10 29 6. Blick in den Unterricht 6: Bilingualer Geschichtsunterricht – Historical conversations 31 7. Biologie bilingual: Vorbereitung auf ein naturwissenschaftliches Studium 34 8. Der bilinguale Seminarkurs: Twenty years of success 36 9. Bilinguale Inseln: Bilinguale Sprachförderung in Modulen 39 IV. Bilinguales Lernen deutsch-italienisch Das AbiStat: ein Beitrag zur Stärkung Europas 42 V. Schulprofil und bilingualer Unterricht 44 VI. Die Zusatzausbildung „bilingualer Unterricht” zur Sicherung der Qualität und Nachhaltigkeit des bilingualen Lehrens 46 VII. Auswahlbibliographie zum bilingualen Unterricht und zu CLIL 48 Impressum 50 3
4 ,,Kennst du viele Sprachen – hast du viele Schlüssel für ein Schloss.“ (Voltaire) Vorwort der Ministerin Liebe Leserin, lieber Leser, ein vorrangiges Ziel der Bildungspolitik des Landes Baden-Württemberg ist der Erwerb von Schlüsselqualifikationen, die es unseren Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Türen zu öff- nen. Dies sind Türen zu den verschiedenen Wissensräumen, aber auch Türen hinein in andere Kulturräume. Am Gymnasium lernen alle Schülerinnen und Schüler mindestens zwei Fremdsprachen. Ziel des modernen Fremdsprachenunterrichts ist es, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, sich in der Fremdsprache sicher zu bewegen und sich dabei zunehmend flüssig und differenziert auszudrücken. lm Zeitalter weltweiter Mobilität wird bilinguales Denken und Kommunizieren fast zur Selbstverständlichkeit. Neben dem traditionellen Fremdsprachenunterricht ist deshalb bilinguales Lehren und Lernen seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil im gymnasialen Bildungs- angebot. Beim bilingualen deutsch-französischen Lehren und Lernen ist Baden-Württemberg als Nach- barland Frankreichs Vorreiter. Der erste bilinguale deutsch-französische Zug in Deutschland wurde im Jahr 1969 am Hegau-Gymnasium in Singen eingerichtet. Heute können Schülerinnen und Schüler an knapp 20 Gymnasien das deutsche Abitur und das französische Baccalauréat, das sogenannte ,,Abibac“, erwerben; am Deutsch-Französischen Gymnasium in Freiburg sogar das „deutsch-französische Abitur“. Baden-Württemberg ist das Bundesland mit der höchsten Zahl an Gymnasien, die einen bilingualen deutsch-französischen Zug anbieten. Diese Schulen sind in besonderem Maße der Völkerverständigung und der Förderung des Französischen als unserer Partnersprache verpflichtet. Seit 1992 werden auch bilinguale deutsch-englische Abteilungen an den Gymnasien einge- richtet. Erstes Gymnasium war dabei das Königin-Olga-Stift in Stuttgart. Heute können Schü- lerinnen und Schüler an knapp 100 Gymnasien in Baden-Württemberg einen bilingualen deutsch-englischen Zug besuchen und an gut der Hälfte dieser Gymnasien das Zertifikat ,,ln- 4
5 ternationales Abitur Baden-Württemberg“ erwerben, indem sie die schriftliche Abiturprüfung in Biologie, Geschichte oder Geographie auf Englisch ablegen. Bilinguale deutsch-englische Abteilungen und das ,,lnternationale Abitur Baden-Württemberg“ sind wichtige Bausteine der allgemeinen Studierfähigkeit unserer Abiturientinnen und Abi- turienten, da Englisch als Kommunikations- und Fachsprache für eine steigende Zahl von Studiengängen und Praktika vorausgesetzt wird. Daher ist das bilinguale Lehren und Lernen deutsch-englisch nicht auf besondere Gymnasien beschränkt, sondern grundsätzlich an jedem Gymnasium möglich. Bilinguale Module und Sequenzen sollten in allen Klassenstufen und in allen Fächern, besonders aber in den Sachfächern, zur Selbstverständlichkeit werden. Eine weitere Besonderheit in Baden-Württemberg ist seit über einem Jahrzehnt der bilinguale deutsch-italienische Zug am Königin-Katharina-Stift in Stuttgart, ein gemeinsames Projekt des Landes und des italienischen Staates. Schülerinnen und Schüler dieses bilingualen Zuges kön- nen mit einer Prüfung den Doppelabschluss ,,AbiStat“, das deutsche Abitur und die italieni- sche Maturità, gleichzeitig erwerben. Mit unserer Broschüre ,,Bilinguales Lernen am allgemein bildenden Gymnasium“ möchten wir Schulen und Lehrkräfte durch die Bereitstellung von lnformationen unterstützen, weitere Schulen zur Einrichtung eines bilingualen Zuges ermutigen und die fachliche Weiterentwick- lung fördern, indem Lehrkräfte ihre Klassenzimmertüren öffnen und aktuelle Umsetzungside- en zur Nachahmung präsentieren. lch danke den Autorinnen und Autoren dieser Broschüre sowie allen Lehrkräften, die an Gym- nasien bilingual lehren, für ihre geleistete Arbeit und wünsche ihnen bei dieser wichtigen Aufgabe weiterhin viel Freude und Erfolg. Herzliche Grüße Dr. Susanne Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Wüfttemberg 5
1 4 Förderung der Mehrsprachigkeit: Never start stopping, never stop starting Fremdsprachliche Förderung im tungsbezogene Entwicklungspotenzial eines Kontext des Bildungsplans 2016 Menschen bezeichnet. Leistung kann sich aus Praktika oder Studienaufenthalte im Ausland, Potenzialen entwickeln; sie entwickelt sich international ausgerichtete Studiengänge im aber nicht von selbst, sondern es bedarf un- eigenen Land oder online in Verbindung mit ter anderem der gezielten Förderung von Po- der ganzen Welt – Das Leben unserer Schüle- tenzialen, damit aus ihnen Kompetenzen und rinnen und Schülern wird immer internationa- letztlich Leistungen entstehen können. ler. Daraus ergeben sich viele Möglichkeiten, aber auch zunehmend die Notwendigkeit, In den bilingualen Zügen findet sich der sich sicher in der Fremde und in der Begeg- Raum für diese gezielte Förderung durch die nung mit dem Fremden zu bewegen. Gefähr- erhöhte Wochenstundenzahl im fremdsprach- lich wäre nun, sich darauf zu verlassen, dass lichen Unterricht und in der Anwendung der die Heranwachsenden auch ganz automatisch Fremdsprache in den bilingualen Sachfächern. die Kompetenzen erwerben, die sie im ange- Der bilinguale Unterricht intensiviert das im messenen Umgang mit dem Fremden benö- Sprachunterricht angelegte fremdsprachliche tigen. Lernen und weitet es auf Sachfächer aus, die Dieser Kompetenzerwerb liegt unter anderem sonst auf Deutsch unterrichtet werden. In den in der Verantwortung des Fremdsprachenun- bilingualen Sachfächern lernen Schülerinnen terrichts. Gemäß Bildungsplan 2016 soll sozio- und Schüler die Fremdsprache fachspezi- kulturelles Wissen im Zusammenspiel mit in- fisch anzuwenden, sie erarbeiten die Inhalte terkultureller und funktionaler kommunikati- und Problemstellungen des Sachfachs in der ver Kompetenz die Schülerinnen und Schüler Fremdsprache und erschließen sich aus einem in die Lage versetzen, Auslandsaufenthalte erweiterten Blickwinkel neue Felder interkul- und internationale Begegnungen im Rahmen turellen Verstehens. Sie erwerben die Kom- von Ausbildung, Studium und Beruf sowie im petenz, besonders fachspezifische Fragen in Privatleben erfolgreich zu bewältigen. Gesellschaft, Politik, Geschichte, Wirtschaft, Kultur und den Naturwissenschaften sprach- Förderung der Mehrsprachigkeit lich und fachlich angemessen zu erörtern, und durch bilinguale Züge dies (fast) wie in der Muttersprache, differen- Dem Erwerb der obengenannten Kompeten- ziert, sicher und fließend. Bilinguales, anwen- zen verpflichtet sich der bilinguale Unterricht dungsorientiertes Lernen eröffnet unseren als Instrument der Förderung sprachbegabter Schülerinnen und Schülern den Weg zu einer Schülerinnen und Schüler in ganz besonde- annähernden Zweisprachigkeit. Bestenfalls rem Maße. Aber auch er darf sich nicht ein- wird so die Fremdsprache irgendwann nicht fach auf die Potenziale der Schülerinnen und mehr als Fremd- sondern als eigene Sprache Schüler verlassen; der Annahme, dass sich Be- empfunden und angewandt. gabungen „von allein“ durchsetzen, liegt ein verbreitetes Missverständnis zugrunde: Poten- zial bzw. Begabung und Leistung sind nicht dasselbe. Mit Begabung ist allgemein das leis- 6
5 Förderung der Mehrsprachigkeit in der ten. Beides wird an Schulen oftmals in Form neuen gymnasialen Oberstufe einer Arbeitsgemeinschaft angeboten. Seit In der neuen Oberstufe wird eine verstärkte dem Schuljahr 2017/2018 können Schülerin- Förderung der Mehrsprachigkeit angestrebt nen und Schüler der 10. Klassen im Rahmen durch die Differenzierung in Leistungs- und des Pilotprojektes „DELF scolaire B1“ das Basisfächer, sodass die Schülerinnen und DELF-Diplom für die Niveaustufe B1 sogar Schüler künftig mehrere Sprachen als Basis- im Rahmen ihres regulären Französischunter- und Leistungsfächer kombinieren können. richts ablegen. Auch im bilingualen Bereich wird dadurch mehr Flexibilität erreicht, dass die Schülerin- Stärkung des Schulprofils durch die nen und Schüler beispielsweise das bilinguale Einrichtung eines bilingualen Zuges Sachfach mit einem Basisfach in der Fremd- Eine bilinguale Abteilung ist für ein Gymna- sprache kombinieren und somit leichter die sium mehr als ein Zusatzangebot für einige Möglichkeit haben, noch eine Fremdsprache Schülerinnen und Schüler. Eine bilinguale weiterzuführen. Abteilung prägt das gesamte Schulleben, alle Schülerinnen und Schüler, die den bilingua- am Schulleben Beteiligten tragen diese inter- len Zug deutsch-englisch besucht haben und nationale, weltoffene Ausrichtung mit. Schu- in der Kursstufe weiterführen, haben dabei len, die einen bilingualen Zug einrichten, die Möglichkeit, das „bilinguale Zertifikat“ werden der Verantwortung der Völkerverstän- oder das „Internationale Abitur Baden-Würt- digung und Weltoffenheit in ganz besonderer temberg“ zu erwerben. Weise gerecht. Förderung der Mehrsprachigkeit durch Wettbewerbe, Projekte und Sprachprüfungen „Mein Fazit bis heute ist, Um Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg dass neue Sprachen lernen hin zu einer Zwei- oder Mehrsprachigkeit zu immer eine Bereicherung unterstützen, braucht es Impulse über den ist. Man versteht andere Unterricht hinaus. Schulen können dabei Kulturen besser und lernt ihren Schülerinnen und Schüler in vieler- anders zu denken. Eng- lei Hinsicht Angebote machen, sei es durch lisch ist heutzutage uner- Schüleraustauschmaßnahmen oder durch die lässlich. Es ist nicht nur Motivation zur Teilnahme an Wettbewerben, eine Sprache von vielen, beispielsweise am seit vielen Jahren stattfin- sondern fast ein univer- denden „Bundeswettbewerb Fremdsprachen“ selles Verständigungsmittel, zumindest im akademi- oder an Debating-Wettbewerben. schen und wirtschaftlichen Bereich.“ Rückmeldung und Sprachnachweise können Anna Bell, Abiturjahrgang 2009, Schülerinnen und Schüler durch Sprachzer- Nikolaus-Kistner-Gymnasium Mosbach tifikate wie beispielsweise das „Cambridge Certificate“ oder das „DELF-Diplom“ erhal- 7
4 Dadurch, dass Schulen ihre Schülerinnen und Never start stopping, never stop starting: Die bilingua- Schüler zur Teilnahme an Angeboten im auße- len Züge und das bilinguale Lernen müssen runterrichtlichen Bereich motivieren, stärken sich kontinuierlich weiterentwickeln. Die die Schulen ihr Schulprofil. Bilinguale Gym- Autorinnen und Autoren öffnen für die Le- nasien, die sich in besonderer Weise einer serinnen und Leser dieser Broschüre ihre europäischen Bildung und der Bereitschaft, Schul- und Klassenzimmertüren und zeigen, sich angesichts der zunehmenden globalen wie diese Weiterentwicklung beispielsweise Vernetzung mit den Fragestellungen anderer durch den Einsatz digitaler Medien, im Aus- Nationen auseinanderzusetzen, verpflichten, probieren neuer Methoden oder durch das erhalten die besondere Auszeichnung „Part- Verlassen der gewohnten Unterrichtsstruktur nerschule für Europa“. gelingen kann. 8
2 5 Bilinguales Lernen deutsch - französisch 1. Das Abibac: ein Modell für die Zukunft und somit neben der bi-kulturel- len Kompetenz auch die Euro- pafähigkeit und Orientierung in einem sich weltweit öffnenden Handlungsfeld fördert. Im Rahmen der deutsch-franzö- sischen Beziehungen trägt er zur Die Sprache des Nachbarn Förderung der Partnerschaft dieser Am 22. Januar 1963 unterzeichneten Charles beiden Kernländer Europas bei und löst so- de Gaulle und Konrad Adenauer den Vertrag mit die durch zahlreiche deutsch-französische über die deutsch-französische Zusammenar- Abkommen erwachsenen Anstöße zur grenz- beit. Neben dem Kernstück dieses Vertrages, überschreitenden Zusammenarbeit ein. die gemeinsame Diskussion von außen- und verteidigungspolitischen Strategiefragen, um- Das Abibac: ein Prüfungszeitraum – fasst das Schriftstück auch Vereinbarungen auf zwei Diplome dem Gebiet der Erziehungs- und Jugendfra- Einen ganz zentralen Aspekt dieser Zusam- gen, insbesondere des Jugendaustausches, der menarbeit repräsentiert der 1994 geschlos- Gleichwertigkeit der Diplome und somit auch sene Staatsvertrag zwischen Frankreich und der Sprachförderung. Deutschland, der es Schülerinnen und Schü- Heute, mehr als 50 Jahre nach Unterzeichnung lern beider Länder ermöglicht, gleichzeitig des Elysées-Vertrages, ist es wichtiger denn je, und in einem Prüfungszeitraum das soge- in der Sprache unseres Nachbarn und Partners nannte Abibac, das deutsche Abitur und das Frankreich kommunizieren zu können. französische Baccalauréat, abzulegen. In Ba- den-Württemberg haben Gymnasiastinnen Chancen des bilingualen Französisch- und Gymnasiasten seit 1994 die Möglichkeit, unterrichts diesen doppelten Schulabschluss anzustreben, Ziel des modernen Französischunterrichts der ihnen sehr gute Zugangsmöglichkeiten zu ist es aber nicht nur, sich zunehmend siche- bi- und tri-nationalen Studiengängen an mitt- rer in der Sprache des unmittelbaren Nach- lerweile mehr als 180 Partnerhochschulen der barn zu bewegen, sondern ebenso Wissen deutsch-französischen Hochschule, insbeson- über fremde Denk- und Handlungsmuster dere in den Bereichen Jura, Wirtschaftswis- zu erwerben und so deren kulturelle und ge- senschaften und Ingenieurwesen, bietet. gebenenfalls auch historische Bedingtheit zu verstehen. Der bilinguale Französischunter- Strukturmodell an Gymnasien mit richt bietet hierfür besonders gute Voraus- deutsch-französischen Abteilungen setzungen, da er sich vertieft mit Geographie, Auch wenn die durch deutsch-französische Geschichte, Landeskunde und politischen Vorgaben gelenkte Vorbereitung auf den Systemen des Partnerlandes beschäftigt Doppelerwerb der deutschen Allgemeinen 9
4 Hochschulreife und des französischen Bac- Komplexität der in der Partnersprache erar- calauréat offiziell erst in Klasse 10 beginnt, beiteten Themen und Sachverhalte altersge- werden die Schülerinnen und Schüler an den mäß erhöht werden. Abibac-Gymnasien in der Regel bereits von In Klasse 10 werden dann alle drei genannten Beginn der Sekundarstufe an in einem bilin- Sachfächer in französischer Sprache unterrich- gualen Zug schrittweise an diese abschließen- tet (Geographie eine Stunde, Geschichte drei de dreijährige Phase herangeführt. Stunden, Gemeinschaftskunde zwei Stunden). In den Klassen 5 und 6 erfolgt ein um zwei In den Jahrgangsstufen 1 und 2 belegen Schü- Stunden verstärkter Französischunterricht, um lerinnen und Schüler des Abibac-Profils Fran- so auf den bilingualen Sachfachunterricht vor- zösisch, ein Schwerpunkt der Arbeit besteht in zubereiten. Ab Klasse 7 erfolgt der Unterricht der umfassenden Auseinandersetzung mit der in jeweils einem anderen gesellschaftswissen- französischen Literaturgeschichte. Geschichte schaftlichen Schwerpunktbereich grundsätz- bilingual wird als fünfstündiges Leistungsfach lich bilingual (in Klasse 7 in Geographie, in oder dreistündiges Basisfach, Geographie und Klasse 8 in Geschichte und in Klasse 9 in Gemeinschaftskunde im Wechsel dreistündig Gemeinschaftskunde), wobei der Anteil des bilingual unterrichtet. Französischen als Arbeitssprache und die Die Überprüfung der mündlichen Kompeten- zen wird im Abibac in der seit dem Abitur 2014 verpflichtenden Kommunikationsprü- fung in Anwesenheit eines französischen Prü- fungsbeauftragten durchgeführt. „Mir persönlich hat das Abibac viel gebracht, nicht nur, dass es meine Leidenschaft für Frankreich und die Sprache gestärkt hat, es hat auch meine wei- teren Zukunftsentscheidungen beeinflusst. Nach 2. Blick in den Unterricht 1 meinem Abitur Bilingualer Geschichtsunterricht – die habe ich ein deutsche Wiedervereinigung und die Diakonisches Jahr Perspektive Frankreichs in Frankreich ge- macht. Dort habe Wenn Schülerinnen und Schüler mit immer ich ein Jahr lang mehr Selbstsicherheit und immer größerer mit körperlich Sprachkompetenz die französische Sprache und geistig behin- verwenden, um Problemstellungen der Ge- derten Menschen schichte zu erörtern und zu diskutieren, gearbeitet und wird Französisch auf „natürliche“ Weise zur mich vor allem in Arbeitssprache im problemorientierten Ge- den Freizeitange- schichtsunterricht, der eine möglichst authen- boten engagiert.“ tische, anwendungsbezogene Kommunikati- on über die historischen Inhalte ermöglicht. Josephine Hecht, Abibac-Absolventin des Jahrgangs Dass der bilinguale Geschichtsunterricht die 2016, Kepler-Gymnasium Tübingen sprachliche Kompetenz der Schülerinnen und 10
5 zösischen Zeitschrift „Le Figaro Magazine“ vom September 1990, auf dem ein Foto von François Mitterrand und Helmut Kohl zu sehen ist, auf dem der deutsche Kanzler im Vergleich zum französischen président noch grö- ßer und kräftiger erscheint, als dies ohnehin der Fall war. Die Botschaft dieser Darstellung wird verstärkt durch das fettgedruckte deut- sche Wort „ACHTUNG“ und der darunter stehenden Schlagzeile „la France face à la grande Allemagne“ („Frankreich angesichts des großen Deutschlands“). Dieses Cover steht exemplarisch für viele andere Beispie- le in den französischen Medien, die zur Zeit der Wiedervereinigung mit dem Bild eines erstarkenden Deutschlands und im Gegenzug dazu eines vor allem wirtschaftlich schwä- cher werdenden Frankreichs kokettierte. Die Schülerinnen und Schüler analysieren das Cover nach der geübten methodischen Vorgehensweise (Beschreibung – Interpre- Schüler stärkt, liegt auf der Hand. Wo nun ge- tation – Herausstellen der Aussageabsicht) nau der Mehrwert bezüglich der historischen und formulieren die Meinung des Verfassers Kompetenz liegt, soll exemplarisch anhand zu der deutschen Einigung. Sie aktivieren einer Doppelstunde in der Jahrgangsstufe 2 außerdem ihr bisher erworbenes Wissen zu aufgezeigt werden, in der die deutsche Wie- den deutsch-französischen Beziehungen des dervereinigung und die Reaktion Frankreichs 19. und 20. Jahrhunderts und können daraus auf dieses Ereignis behandelt werden. Gründe für die französische Angst vor einem Drei Ebenen lassen sich bestimmen, die das wiedervereinten Deutschland ableiten. Die Thema für den bilingualen Geschichtsunter- bereits erworbenen Kenntnisse um die Bezie- richt relevant machen: erstens geht es um ein hungen zwischen den beiden Ländern erleich- wichtiges Ereignis der Geschichte im eigenen tern den Schülerinnen und Schülern, sich in Land, zweitens um die unmittelbare Sicht des die Perspektive Frankreichs hineinzuversetzen französischen Nachbarn auf dieses Ereignis, und sie können somit die möglichen Vorbe- eine Sicht, die durch die (deutsch-) französi- halte Frankreichs gegenüber eines „großen“ sche Geschichte geprägt ist. Eine dritte Ebene Deutschlands nachvollziehen und äußern. kommt hinzu, wenn man die Beziehungsge- Das Fremdverstehen und die Alteritätserfah- schichte zwischen den beiden Ländern sowie rung werden somit gefördert. die europäische Ebene betrachtet. Der Einstieg ins Thema erfolgt über das Ti- telblatt der wöchentlich erscheinenden fran- 11
4 Für die Erarbeitung des Themas werden drei Gruppen gebildet, die sich anhand unter- schiedlicher Materialien mit verschiedenen Resonanzen der französischen Gesellschaft „Das Abibac hat in mir die Lust geweckt, neue beschäftigen. Die erste Gruppe arbeitet die Sprachen, Kulturen und Menschen kennenzuler- Perspektive der Regierung, vor allem die Hal- nen. Es hat mir die Augen und Ohren dafür geöff- tung François Mitterrands zu der deutschen net, wie wichtig es ist, Einheit anhand eines Sekundärtextes und ei- neuen Situationen und ner Rede des französischen Präsidenten, he- unbekannten Personen raus. Die zweite Gruppe beschäftigt sich mit offen und unvorein- der französischen Medienlandschaft anhand genommen und ohne eines Sekundärtextes sowie eines Zeitungsar- Vorurteile entgegenzu- tikels. Denn auch wenn die Schlagzeilen und treten und sich dabei Cover der Zeitungen meist eine ablehnende positiv überraschen zu Haltung gegenüber der Wiedervereinigung lassen - eine Eigenschaft, vermuten lassen, wird in vielen Artikeln doch die ich in meinem Medi- eine differenziertere, positivere Sichtweise be- zinstudium schätze und züglich der deutschen Einheit gezeigt, als auf in meinem späteren Beruf den ersten Blick zu erwarten wäre. Die drit- als Arzt jeden Tag brauchen werde. Ich würde mich te Gruppe beschäftigt sich mit der Resonanz jederzeit wieder für das Abibac entscheiden!“ der französischen Bevölkerung anhand eines Aufsatzes, der die verschiedenen Umfragen, Nils Nüssle, Abibac-Absolvent des Jahrgangs 2012, die in der Zeitspanne von 1989/1990 gemacht Kepler-Gymnasium Tübingen wurden, zusammenfasst. Hier ist festzustellen, dass ein großer Teil der Franzosen gegenüber der Wiedervereinigung positiv gestimmt war Mit der Problemstellung („La perspective des und dass manche den Wunsch der DDR-Bür- Français face à la réunification allemande – ger nach der Einheit mit dem Streben nach s‘agit-il d‘un refus général en France? Et quelles Freiheit und Selbstbestimmung, den Errun- en sont les causes?“) soll hinterfragt werden, genschaften der Französischen Revolution, ob alle Franzosen die deutsche Wiedervereini- begründen. gung, wie auf der Titelseite gesehen, ablehn- Das Verwenden von Originalquellen und ten oder ob es auch Befürworter für diese gab. Texten aus Frankreich sorgt dafür, dass die Die Argumente der Befürwortung und der Schüler die französische Perspektive auf eine Ablehnung spielen in der Stunde ebenso eine authentische Art und Weise erfahren können, Rolle wie die mögliche Entwicklung dieser was zusätzlich zum Fremdverstehen beiträgt. Haltung kurz nach dem Mauerfall bis hin zum Nach Präsentation der Ergebnisse wird eine Einigungsvertrag. Ziel der Stunde ist es, ein Podiumsdiskussion mit dem Thema „la voisine differenziertes Bild der Reaktion Frankreichs réunifiée – une chance ou une malchance pour la France auf das Ereignis zu erhalten, im Sinne der im et l'Europe?“ („der wiedervereinigte Nachbar – Geschichtsunterricht zu fördernden Multiper- Glück oder Unglück für Frankreich und Eu- spektivität. ropa?“) durchgeführt. Die Schüler erhalten 12
5 Rollenkarten und schlüpfen in verschiedene 3. Blick in den Unterricht 2 Rollen, wie beispielsweise die der Medien, Quel avenir pour l’Europe? – Europa der Bevölkerung oder der Regierung. Diese neu denken im bilingualen Gemein- Methode soll die Kontroversität des Themas schaftskundeunterricht hervorheben und den verschiedenen Meinun- gen innerhalb Frankreichs gerecht werden. Die Schülerinnen und Schüler lernen somit, „Alors je le dis à tous les dirigeants d’Europe, quel- sich mit verschiedenen Meinungen sprachlich les que soient nos difficultés, quels que soient les sou- wie inhaltlich auseinanderzusetzen. bresauts, nous n’avons qu’une responsabilité, celle Das Stärken der Multiperspektivität, der Kon- à laquelle notre jeunesse nous oblige, celle pour les troversität und des Fremdverstehens ist vor al- générations qui viennent, celle de gagner leur gra- lem in heutiger Zeit äußerst wichtig, um nicht titude, sinon nous mériterons leur mépris.“ 1 nur die Perspektive des eigenen Landes auf ein (Emmanuel Macron, Initiative pour l‘Europe. Rede Ereignis oder Thema zu haben, sondern auch vom 26. September 2017) die Sichtweisen anderer Länder zu berücksich- tigen und von diesen zu lernen, damit ein ge- Mit eindringlichen Worten appellierte der meinsames, stabiles Europa, in dem durch die französische Staatspräsident Emmanuel Geschichte gewachsene verschiedene Ansich- Macron am 26. September 2017 an die poli- ten und Haltungen aufeinandertreffen, auch tischen Entscheidungsträgerinnen und -träger in Zukunft bestehen kann. In diesem Sinne der Europäischen Union und ihrer Mitglied- fördert der bilinguale Unterricht die Europa- staaten. Seine Vorschläge zur Schaffung einer fähigkeit und bringt aufgeschlossene, weltof- „effizienteren“, „solidarischeren“ und „demo- fene Bürger hervor. kratischeren“ EU, die Macron an diesem Tag ¹ Eigene Übersetzung: Vor welchen Schwierigkeiten wir auch stehen, ganz gleich was uns erschüttern mag, wir haben nur eine Verantwortung: Jene, zu der uns unsere junge Generation verpflichtet; jene, die wir auch gegenüber den künftigen Generationen tragen, auf dass wir ihre Dank- barkeit gewinnen und es nicht verdienen, von ihnen verachtet zu werden. (Emmanuel Macron, Initiative pour l‘Europe. Rede vom 26. September 2017) URL: http://www.elysee.fr/assets/Initiative-pour-lEurope-une-Europe-souveraine-unie-et-democratique- Emmanuel-Macron.pdf [letzter Zugriff: 03.09.2018]. 13
4 „Im Studium der Informatik stelle ich fest, Beispiele aus der Vorbereitung der Schülerin- dass meine Englischkenntnisse weit über dem nen und Schüler auf ihre persönliche „Initiati- Durchschnitt meiner Kommilitonen liegen. Ich ve pour l‘Europe“ dargestellt werden. profitiere jeden Tag davon, wenn ich englische Wie bereits durch das Eingangszitat deutlich Fachliteratur lese.“ wurde, hat im bilingualen Gemeinschaftskun- deunterricht das Aufgreifen aktueller, politi- Joshua Gleitze, Abiturjahrgang 2013, scher Debatten(beiträge) in der Fremdsprache Mörike-Gymnasium Esslingen einen besonders hohen Stellenwert. Aus- schlaggebend dafür ist die Annahme, dass das zweisprachige Erschließen politischer Kontro- unter der Überschrift „Initiative pour l‘Euro- versen die Entwicklung eines ‚interkulturellen pe“ an der Université Paris-Sorbonne präsen- Spürsinns‘ fördert, der die Schülerinnen und tierte, prägen seither die Debatte über die Schüler dazu befähigt, sich in die politische Zukunft der europäischen Zusammenarbeit. Perspektive eines fremdsprachlichen Gegen- Quel avenir pour l‘Europe? In welchem Europa übers einzufühlen und die gesellschaftlichen wollen wir leben? Diese Frage beschäftigte bzw. kulturellen Bedingungsfaktoren fremder im Herbst 2017 auch die Schülerinnen und (wie auch eigener!) politischer Positionen zu Schüler einer zehnten Klasse im Fach Ge- reflektieren. Die hierzu erforderlichen fach- meinschaftskunde bilingual am Tübinger und sprachbezogenen Kompetenzen werden Kepler-Gymnasium. Die Auswahl der Stun- dabei sukzessive aufgebaut und erweitert. Im denthemen und Unterrichtsmaterialien folgte Hinblick auf die Struktur der Unterrichts- hierbei der Zielsetzung, die jungen Menschen, einheit zur Zukunft Europas wird dies zum ausgehend von einer Reflexion eigener Wert- Beispiel darin deutlich, dass die Schülerin- vorstellungen und europapolitischen Erwar- nen und Schüler keineswegs unvorbereitet tungen, zur gemeinsamen Gestaltung konkre- mit Macrons Vorschlägen zur Reform der EU ter ‚Wunschszenarien‘ für die EU im Jahr 2025 konfrontiert wurden. Vielmehr waren einige zu befähigen2. Die eingangs zitierten Worte der von ihm benannten „Schwierigkeiten“ des französischen Präsidenten begegneten der Europäischen Union (wie etwa das Rin- ihnen in diesem Zusammenhang ebenfalls, gen um eine faire Verteilung von Flüchtlingen selbstverständlich auf Französisch und im Ori- oder die fehlende Bürgernähe) bereits in den ginalton. vorausgegangenen Unterrichtsstunden auf- Wie genau man sich dieses Unterrichtsmodell geworfen, analysiert und diskutiert worden. in der Praxis vorzustellen hat und welchen In Erweiterung dazu sensibilisierte Macrons Mehrwert der zweisprachige Gemeinschafts- Rede die Schülerinnen und Schüler jedoch kundeunterricht gegenüber einer einsprachi- auch für das – aus seiner Sicht – besorgniser- gen Auseinandersetzung mit politischen Fra- regende soziale Ungleichgewicht innerhalb gestellungen bietet, soll nun anhand einiger der EU, ein vielschichtiges Problemfeld, das 2 Es handelt sich hierbei um jenen Zeithorizont, den auch die EU-Kommission unter der Führung von Jean-Claude Juncker für das Weiß- buch zur Zukunft Europas gewählt hat. URL: https://ec.europa.eu/commission/ sites/beta-political/files/weissbuch_zur_zukunft_europas_de.pdf [letzter Zugriff : 03.09.2018]. 14
5 die jungen Menschen in der darauffolgenden um eine kultursensible Einordnung und Unterrichtsstunde exemplarisch am Beispiel Bewertung macron-kritischer Stimmen aus der Kinderarmut und Jugendarbeitslosigkeit Deutschland: Exemplarisch lässt sich hier in Europa erschließen konnten. zum Beispiel die Position gegenüberstellen, Die wichtigste Funktion fremdsprachlicher dass der Geldtransfer von finanzstarken in (sowie eigensprachlicher) Texte im bilingu- finanzschwächere EU-Staaten Europa nicht alen Gemeinschaftskundeunterricht ist und bleibt allerdings das Durchleuchten und Pro- „Wenn ich heute als Unternehmensberaterin auf blematisieren politischer Handlungsmöglich- meine Schulzeit zurückblicke, war der bilinguale keiten vor dem Hintergrund der deutschen, Zug womöglich eine der besten Entscheidungen, der französischen und gegebenenfalls auch ei- die ich getroffen habe.“ ner (gesamt)europäischen Perspektive. Wenn beispielsweise der französische Präsident in Suzan Erbil, Abiturjahrgang 2009, seiner Rede für ein eigenes EU-Budget zur Fi- Mörike-Gymnasium Esslingen nanzierung öffentlicher Investitionen in wirt- schaftlich angeschlagenen EU-Staaten eintritt, stärken würde. Das „Denken in Alternati- so sensibilisiert dies nicht zuletzt auch – sofern ven“ als Leitidee politischer Bildung wird man seiner Argumentation Beachtung schenkt somit im Rahmen des bilingualen Gemein- – für das nach wie vor virulente Problem der schaftskundeunterrichts zu einem „Denken (Jugend)Arbeitslosigkeit. Der auf diese Weise UND Reflektieren von Alternativen im gewonnene Einblick in die fremdsprachliche Spiegel der fremdsprachlichen Kultur und Lebenswelt als Rahmenbedingung (europa)po- Gesellschaft“ erweitert. litischer Interessenskonflikte, ermöglicht den Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass Schülerinnen und Schülern sodann wieder- das Einnehmen einer interkulturell verglei- 15
4 chenden Vogelperspektive zu einer höheren politischer Inhalte in der Fremdsprache über- Akzeptanz konkurrierender Ansichten und fordert sein könnten. Es trifft nämlich nicht Weltbilder führt und konstruktiv-lösungsori- zu, dass sich junge Menschen im bilingualen entiertes Handeln in politischen Konfliktsitu- Gemeinschaftskundeunterricht ausschließ- ationen fördert. Im Fall der durch den Brexit lich mit dem – schon in der Muttersprache angeheizten Diskussion über die Zukunft der schülerfernen – Sprachstil fremdsprachlicher EU, wurden derartige Bemühungen um eine Politiker, Wissenschaftler und Journalisten Versachlichung europapolitischer Zukunftsde- zu kämpfen haben. Stattdessen erfolgt die batten vor allem von EU-Kommissionspräsi- Erarbeitung einer zum Verständnis derartiger dent Jean-Claude Juncker vorangetrieben. In Texte erforderlichen Fachsprache stets aus dessen Weißbuch zur Zukunft der EU stellt dem alltagssprachlichen Artikulationsvermö- Juncker fünf Szenarien vor, innerhalb derer gen der Schülerinnen und Schüler heraus. Der sich viele der aktuell diskutierten Standpunk- fremdsprachliche Zugang zu den Fachinhal- te und Reformvorschläge verorten lassen (sie- ten und das muttersprachliche Vorwissen der he Schaubild). Die Juncker-Szenarien boten jungen Menschen ergänzen und stützen sich sich daher auch im Rahmen der hier beschrie- hierbei wechselseitig. Des Weiteren werden benen Unterrichtseinheit als ein zentraler bildsprachliche Elemente – wie zum Beispiel Orientierungspunkt an, der die Schülerinnen die in unterschiedlichen Größen abgebilde- und Schülern dazu befähigen sollte, den aktu- te EU-Flagge oder ein Videomitschnitt, der ellen Stand der EU-Reformdebatte zu überbli- auch die Körpersprache des französischen Prä- cken und die eigene Vision innerhalb des von sidenten während dessen Europarede zeigt – Juncker präsentierten Kontinuums zwischen bewusst zur Unterstützung des Sprachlernpro- „weniger“ (faire moins), „weiter wie bisher“ (pas zesses eingesetzt. Aus dem alltagssprachlichen de changement) und “mehr EU“ (faire plus) zu ver- „faire moins“ entwickelt sich auf diese Weise orten. im Verlauf der Unterrichtseinheit ein mit kon- Im Übrigen kann vor dem Hintergrund dieses kreten Vorstellungen zur Funktionsweise und – durchaus anspruchsvollen – Erwartungsho- Geschichte des europäischen Binnenmarktes rizontes nicht zuletzt auch der vielfach geheg- angereichertes „rien d‘autre que le marché ten Sorge begegnet werden, wonach die Schü- unique“. Aus „faire plus“ wird demgegenüber lerinnen und Schüler von der Erschließung ein – unter anderem mit den Reformvorschlä- 16
5 gen des französischen Präsidenten verknüpf- Schüler urteils- und handlungsfähig machen tes „faire beaucoup plus ensemble“. und zum interkulturellen Brückenschlag be- Die Fremdsprache im bilingualen Unterricht fähigen soll: (Selbst)kritisch, konstruktiv und ist somit zunächst einmal nichts anderes als voller Neugier für die Lebenswelt und den po- „ein Werkzeug, das man gebraucht, wäh- litischen Standpunkt des Anderen. rend man es noch schmiedet“3. Diese – aus der Feder des Physikdidaktikers Josef Leisen stammende – Metapher von der Sprache als einem gemeinschaftlich zu formenden Werk- zeug, bringt dabei nicht zuletzt auch die Über- „Tatsächlich habe ich im Abibac nicht nur eine wun- zeugung zum Ausdruck, dass sich das (Fach-) dervolle Sprache ausführlich lernen können. Wenn Sprachenlernen im Unterricht niemals darauf ich auf die Zeit zurückblicke, denke ich an die Bü- beschränken sollte, (Fach-)Begriffe lediglich cher, an die Autoren und an ihre Geschichten und mit hochtrabenden Definitionen zu versehen gleichzeitig auch an unsere oder (auf die bilinguale Unterrichtssituation Diskussionen im Unter- übertragen) unreflektiert in eine deutsch-fran- richt, die mich mitgeformt zösische Vokabelgleichung zu zwängen. Statt- haben, der Mensch zu dessen kommt es Leisen zufolge darauf an, sein, der ich jetzt bin. Ich die Fachsprache im Unterricht gemeinsam studiere Schauspiel an der mit den Schülerinnen und Schülern, unter „Hochschule für Musik, Aktivierung ihres individuellen Sprach- und Theater und Medien“ in Vorstellungsvermögens, zu erarbeiten bezie- Hannover. Das konkrete hungsweise zu ‚schärfen‘ und mit schüler- Bewusstsein eine andere nahen Inhalten zu verknüpfen. Ebendies ist Sprache beherrschen zu nicht zuletzt auch ein zentrales Merkmal des können – also nicht nur bilingualen Unterrichtsmodells. die Benutzung, sondern Gleichzeitig sollte jedoch auch anhand der das Gefühl und die Kultur dahinter -, hilft andere Praxisbeispiele aus der Einheit „Quel avenir Perspektiven einzunehmen, nachzufühlen und zu pour l‘Europe?“ deutlich geworden sein, dass verstehen. Das hilft mir wahrscheinlich sogar täglich bilinguales Lernen mehr ist als Erdkunde-, in der Uni, bei Texten, Proben, aber auch im Alltäg- Geschichts- oder – in diesem Fall – Gemein- lichen.“ schaftskundeunterricht „im Gewand einer Nicolas Sidiropulos, Abibac- anderen Sprache“4. Denn letztere ist und Absolvent des Jahrgangs 2018, bleibt – auch im bilingualen Unterricht – ‚nur‘ Kepler-Gymnasium Tübingen das Werkzeug, welches die Schülerinnen und 3 Vgl. Josef Leisen, „Muss ich jetzt auch noch Sprache unterrichten? Sprache und Physikunterricht.“, erschienen in: Unterricht Physik 3 (2005), S. 4-9, Zitat: S.4. 4 Das Zitat entstammt dem Artikel „The Bilingual Triangle. Überlegungen zu einer Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts“ von Wolfgang Hallet, einem der profiliertesten Didaktiker des bilingualen Unterrichts. (Erscheinungsort des Artikels: Praxis des neusprachlichen Unterrichts 2 (1998), S. 115-125, Zitat: S. 117). 17
4 4. Förderung der interkulturellen Kompetenz durch Drittortbegegnungen zusammengesetzt werden sollen und welches Stück man zur Aufführung bringen möchte. Die beiden Gruppen treffen sich dann „am dritten Ort“ und treten von Anfang an in eine „echte“, weil an einem Produkt interessierte, Kommunikation. Sie unterstützen sich gegen- seitig, entwickeln Strategien des Textlernens, helfen sich bei sprachlichen Schwierigkeiten und arbeiten gemeinsam. Beide Sprachen sind so von Anfang an präsent, die Spracharbeit wird als solche zum Thema. Im Anschluss an die Probenwoche wird das Stück in beiden Partnerschulen aufgeführt. Es ist für die Teilnehmerinnen und Teilneh- mer eine intensive interkulturelle Erfahrung. Das Theaterstück wird auf Deutsch und auf Französisch aufgeführt, sodass man es auf je- den Fall in beiden Ländern verstehen kann. Zu den Aufführungen kann man Eltern, Ge- schwister, Mitschülerinnen und -schüler, Französisch- bzw. Deutschkurse ortsansässiger Institutionen einladen. Eine französische und eine deutsche Schüler- Denkbar ist die Festschreibung des bilingu- gruppe begegnen sich an einem Ort, der für alen Theaterprojekts im Schulcurriculum als beide Seiten neu ist und führen ein gemeinsa- Begegnungsmöglichkeit mit der französischen mes Projekt durch – so steht die interkulturel- Partnerschule. le Kompetenz im Vordergrund und beide Partner entdecken gemeinsam etwas Neues. Sport-, Kunst- und Theaterpro- jekte eignen sich besonders gut für Drittortbegegnungen. Die gemeinsame Arbeit ist sowohl prozess- als auch produktori- entiert und entspricht so in ho- hem Maße den Anforderungen der Bildungsstandards. Für die Theater-Drittortbegeg- nung sprechen die französischen und die deutschen Lehrkräfte im Vorfeld ab, wie die Gruppen 18
5 5. Das Abibac: viel mehr als zwei Diplome – eine Schulleiterin berichtet Seit dem Schuljahr 2002/2003 bietet das Kep- päischen Idee geschult, gleichzeitig eine kri- ler-Gymnasium Tübingen den zweisprachigen tischreflektierende Haltung, die eigene Kultur Zug ‚Bilingual-Französisch’ an, der im Abibac zu hinterfragen, und eine Neugierde für den mündet und den Schülerinnen und Schülern anderen Blick auf das Geschehen geweckt. vielfältige Zukunftsmöglichkeiten eröffnet. Die Schülerinnen und Schüler im Abibac- Als Schulleiterin möchte ich kurz umreißen, Zug bringen eine große Arbeitsbereitschaft inwiefern dieses Profil einen Mehrwert für mit, denn sie haben, verteilt auf die Klassen unsere Schule darstellt, denn sicher: dieses 5-10, zwischen 10-15 Stunden mehr in ihrer Profil muss zusätzlich verwaltet und gepflegt Kontingentstundentafel. Absolvieren sie dann werden, es verlangt von allen Beteiligten gro- auch noch den Oberstufenparcours, werden ßen Einsatz und stete Verbindungen mit dem sie nicht nur mit beiden Hochschulreifen be- Nachbarland, der Partnerschule und anderen lohnt, sondern haben zusätzlich eine beson- Kooperationspartnern. dere Visitenkarte, eine feine Referenz für ihre Das bilinguale Profil bietet dafür den Schüle- Bewerbungen. Eine Fülle von attraktiven Job- rinnen und Schülern auch etwas Besonderes. angeboten wartet auf sie. Sie werden nicht nur durch mehr Sprachun- Abibacler zeichnen sich durch eine hohe Leis- terricht gefördert, sondern erhalten zusätzli- tungsbereitschaft und ein großes Interesse am chen Sachfachunterricht in französischer Spra- Mehrsprachenerwerb aus. Sie sind offen, en- che. Darüber hinaus bekommen die jungen gagiert und verkörpern in besonderem Maße Menschen hier auch noch den anderen Blick, unsere Idee vom allgemein bildenden Gymna- nämlich den des europäischen Nachbarn, auf sium. Sie stehen für ein pluralistisches, demo- unseren europäischen Kontext, seine Sicht kratisches und aufgeklärtes Europa. oder Interpretation von Geschichte, Kultur, Ulrike Schönthal, Schulleiterin am politischen Fragen, geopolitischen Interes- Kepler-Gymnasium Tübingen sen, etc.- diese Mehrstimmigkeit ist extrem bereichernd und erweitert den Horizont des „Für meinen weiteren Werde- heranwachsenden EU-Bürgers, weil sie ihm gang hat mich das Abibac darin anbietet, verschiedene Perspektiven aus den bestärkt ein deutsch-franzö- Medien, Quellen, Literaturen zu rezipieren, sisches Studium anzustreben. zu analysieren und in sein Weltwissen zu inte- Dank der sprachlichen Kennt- grieren. Gleichzeitig lernt er auch die Metho- nisse fiel mir der französische de und Tradition des Arbeitens des französi- Teil meines Maschinenbau-Stu- schen Nachbarn kennen, was für ihn ebenfalls diums, mit der Fachrichtung äußerst befruchtend sein kann: Energietechnik, deutlich „Durch den bilingualen Unterricht habe ich leichter. Außerdem stellt das während meiner Schullaufbahn gelernt, diffe- deutsch-französische Abitur einen Pluspunkt im Lebens- renziert und analytisch zu denken, was mich lauf dar und ist ein sehr guter Ausgangspunkt für eine auch in den anderen Fächern weitergebracht deutsch-französische Karriere in allen Bereichen.“ hat.“ (Abibac-Absolvent 2018). Im Abibac-Zug werden eine Offenheit, ein Sebastian Ohneseit, Abibac-Absolvent Interesse und eine Bereitschaft an der euro- 2018 am Kepler-Gymnasium Tübingen 19
3 4 Bilinguales Lernen deutsch – englisch 1. English across the curriculum and across cultures Der aus der Karibik stammende Dichter und Eine weitere Sprache als seine Mutter- Literaturnobelpreisträger Sir Derek Walcott sprach(en) flüssig zu beherrschen, ist zum ei- bemerkte einmal: „The English language is nen eine große persönliche wie auch kulturelle nobody’s special property. It is the property Bereicherung. Sprache ist immer Kulturträger. of the imagination: it is the property of the Sie ist das lebendige kulturelle Gedächtnis all language itself.“ Mit etwa 400 Millionen Mut- derer, die sie sprechen und sprachen. Englisch tersprachlern und geschätzten 700 Millionen ermöglicht zudem Kontakte weltweit. Aber nicht-muttersprachlichen Englischsprechern natürlich bietet eine hohe Sprachkompetenz über die ganze Welt verteilt ist diese Sprache in Englisch auch viele Vorteile für die weitere Bildungs- und Berufskarriere. Nach acht oder neun Jahren auf einem Gymnasium mit bi- „Der bilinguale Unterricht ist für unsere Schule lingualem Zug Englisch auf dem Niveau von zentraler und wesentlicher Teil der Begabtenförde- C1 nach dem „Gemeinsamen Europäischen rung. Die Ergebnisse sowohl im Abitur als auch bei Referenzrahmen für Sprachen (GER)“ – d.h. VERA 8 zeigen, dass hier Schülerinnen und Schüler Englisch auf CALP-Level (Cognitive Academic teilnehmen, die nicht nur in Englisch hervorragende Language Proficiency) – verstehen und anwen- Ergebnisse liefern, sondern durch die Bank in allen den zu können, ist der sprachliche Schlüssel Fächern.“ zu Wissenschaft und Wirtschaft, die beide Andreas Greis, Schulleiter, sowohl im internationalen als auch zusehends Eugen-Bolz-Gymnasium, Rottenburg im nationalen Rahmen auf Englisch kommu- nizieren. Vor allem in den Naturwissenschaf- mit ihren unzähligen verschiedenen regiona- ten wird auch an deutschen Universitäten auf len, sozialen und kulturellen Varietäten in den Englisch publiziert und in international zu- letzten hundert Jahren zu einer globalen Spra- sammengesetzten Studierendengruppen und che geworden, die deutlich mehr ist als nur British English oder American English. Sie hat ein Eigenleben entwickelt und weltweit wird sie „Der bilinguale Unterricht schärft den von Menschen verwendet, geteilt und kreativ Blick. Da die Themen in der Fremd- an immer neue Kommunikationsbedürfnisse sprache behandelt werden, müssen angepasst. Im bilingualen Unterricht Englisch sich die Schülerinnen und Schüler werden die Schülerinnen und Schüler zur intensiver damit befassen. Dies führt aktiven Teilhabe an dieser globalen English dazu, dass sie den Stoff oft besser und community befähigt – und dies auf deutlich in- nachhaltiger beherrschen. tensivere Weise, als es im regulären zeitlichen Roland Götzinger, Schulleiter, Eduard- und inhaltlichen Rahmen, der dem Fremd- Mörike-Gymnasium, Neuenstadt am Kocher sprachenunterricht Englisch gesetzt ist, mög- lich ist. 20
5 Forschungsteams sich auf Englisch verständigt. Um Schülerinnen und Schüler in Baden- Württemberg noch besser auf die englisch- sprachige Welt und eine englischsprachige Zukunft vorzubereiten, wird in diesem Bun- desland seit 1992 bilingualer Unterricht auf Englisch entwickelt, erprobt, praktiziert und weiterverbessert. Was zunächst eine Pionier- unternehmung einiger weniger Gymnasien „Mir hat der bilinguale war, hat sich inzwischen zur einer ‚Breitendis- Unterricht vor allem geholfen, die englische Sprache spontan und angstfrei anzuwenden.“ „Im Bili-Zug erlebt man von Anfang Tobias van Lier, Abitur 2018, an, dass Englisch eine faszinierende Gymnasium Korntal-Münchingen Sprache ist und dass man sie leichter perfektioniert, wenn man die Voka- beln immer gut mitlernt und in seiner dem bilingualen Sachfachunterricht zugedach- Freizeit Englisch spricht. Das inspi- ten Extrastundenzahl unterrichtet werden: riert uns auch sehr, da es uns Spaß Bereits in den Klassenstufen 5 und 6 werden macht, etwas zu lernen, was auch sehr die Kinder durch einen verstärkten Englisch- wichtig für unsere Zukunft ist.“ unterricht auf den Beginn des bilingualen Aslihan Kilickaya, Schülerin Klasse 8, Sachfachunterrichts vorbereitet. Da lernen Gymnasium Korntal-Münchingen die Schülerinnen und Schüler in Erweiterung zum Lehrbuch eine bunte Themenvielfalt oft spielerisch und multimedial auf Englisch ziplin‘ entwickelt. In den Schulen, unter den kennen – und natürlich den dazugehörenden Lehrkräften, in der Lehrerausbildung und in Wortschatz. Für die Kinder wird so Englisch der Lehrerfortbildung ist eine bilinguale Lern- ein fester Bestandteil ihrer alltäglichen Lern- und Lehrkultur entstanden, die eine solide umgebung. In Klassenstufe 6 oder 7 beginnt methodische und didaktische Basis für den im Fach Geographie mit einer Zusatzstun- Lernerfolg der bilingualen Schülerinnen und de der bilinguale Sachfachunterricht. In den Schüler bildet. Viele Gymnasien bieten im kommenden Klassenstufen folgen dann die Lande bilingualen Unterricht im Rahmen von Fächer Geschichte und Biologie und an man- fest eingerichteten deutsch-englischen Abtei- chen Schulen auch Gemeinschaftskunde lungen an. Sie folgen dem vom Ministerium sowie Wirtschaft/Berufs- und Studienorien- für Kultus, Jugend und Sport vorgegebenen tierung. Auch in Physik und Chemie kann Strukturmodell, das ausweist, in welchen Klas- bilingualer Unterricht stattfinden. Darüber senstufen, welche Fächer, mit welcher speziell hinaus kann auch lediglich zeitweise in jedem 21
4 Sachfach ein bilinguales Modul unterrichtet werden. Bereichert wird diese bilinguale Pa- lette an vielen Schulen durch Zusatzangebote wie debating oder eine englische Theatergrup- pe, durch Schüleraustauschaktionen, durch Fremdsprachenwettbewerbe und vieles mehr. Nach mehr als 25 Jahren bilingualer Praxis ist es auch möglich, eine erste Bilanz zu ziehen. Empirische Studien zum bilingualen Unter- richt allgemein haben in Bezug auf sprachli- che Aspekte ergeben, dass kontinuierlich bi- lingual beschulte Schülerinnen und Schüler eine höhere Sprachkompetenz im Englischen erwerben als nicht-bilinguale Vergleichsschü- ler. Ferner erreichen Schülerinnen und Schü- der sachfachlichen Kompetenzen Ergebnisse, ler bilingualer Lerngruppen auch im Bereich die denen nicht-bilingualer Vergleichsgrup- pen entsprechen oder diese auch übertreffen können. Die Sorge, das sachfachliche Lernen leide durch Englisch als Unterrichtssprache, „Durch das Internationale kann daher als widerlegt gelten. Abitur und den intensi- ven Gebrauch von Eng- Über ein rein sprachliches Verstehen hinaus lisch im Unterricht kann fördert der bilinguale Unterricht durch seinen ich mich nun bei meiner verstärkten Fokus auf Englisch und durch den FSJ-Stelle an der Universi- reichhaltigen Einsatz unzähliger authentischer tät fließend und ohne da- Medien aus englischsprachigen Ländern zum rüber nachzudenken, wie Wachsen von kulturellem Wissen und viel- ich etwas sage, mit den leicht auch eines ersten etwas tiefer gehenden internationalen Studen- kulturellen Verständnisses beizutragen. Durch ten, die ich im Rahmen den Rückbezug des in der anderen Kultur Er- meiner Stelle betreue, unterhalten und ihnen helfen. fahrenen auf die eigene Lebenswelt und durch Ich bin überzeugt, dass mir das „Internationale vielfältige Situationen, in denen Schülerinnen Abitur Baden-Württemberg“ im Bewerbungsge- und Schüler sprachliche und kulturelle Mittler spräch für diese Stelle geholfen hat, einen sehr posi- zwischen der eigenen und einer englischspra- tiven Eindruck zu hinterlassen.“ chigen Kultur sind, festigen die Jugendlichen Melanie Schindler, Abitur 2018, ihre interkulturellen Kompetenzen, werden Gymnasium Korntal-Münchingen dadurch hoffentlich sowohl zu toleranten Teil- 22
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