Brain Script - warum Kunden kaufen
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Brain Script – warum Kunden kaufen Dr. Hans-Georg Häusel Schönen guten Tag, wichtig ist: Aus der Sicht des Kunden und Gruppe Nymphenburg meine Damen und Herren. genauer noch aus Sicht des Kundenge- hirns zu arbeiten. Wir haben zwei große Ich möchte nahtlos anschließen an das, Forschungsbereiche: Das sind einmal was Herr Professor Bolz gesagt hat. Er consumer insights, wesentlich getriggert hat viel über Gefühle gesprochen und durch die Hirnforschung sowie shopper ich möchte jetzt den Blick verändern, die insights, wesentlich getriggert durch Welt aus Sicht des Gehirns betrachten. die Beobachtung des Kunden am POS Ich lade Sie zu einer kleinen Reise in den – wie dreht er sich, wie kauft er, wohin Kopf und das Gehirn Ihrer Kunden ein. schaut er. Hier setzen wir beispielsweise Damit kommen wir automatisch darauf, neuere 3D-Verfahren ein, mit denen man was in Ihrem eigenen Kopf passiert und Geschäfte und Präsentationen simulie- nachmittags noch als kleine Zugabe auch ren kann und beobachtet, wie der Kunde darauf, was im Kopf Ihres Partners oder funktioniert, wo er stehen bleibt, wo er Ihrer Partnerin passiert. Damit Sie nicht hingeht und beispielsweise auch, wie er sagen können, der Tag war völlig nutzlos. vor einem Regal reagiert: Wo genau geht Bevor wir anfangen ein paar Sätze zu der Blick hin, wo muss die Ware optimal mir: Wo komme ich eigentlich her, was präsentiert werden in diesem ganzen mache ich? Ich habe eine zweigeteilte, Bereich. fast schizophrene Existenz. Auf der einen Seite bin ich Unternehmensberater, ich Der zweite wichtige Bereich ist die Hirn- bin aber auch sehr intensiv in der Wis- forschung. senschaft und zwar in der Hirnforschung Es gibt ja heute – Stichwort Neuromarke- tätig. Dabei geht es um die Übertragung ting – die Möglichkeit, mit so genannten all der Erkenntnisse aus der heutigen Computertomografen, kurz Hirnscan- Hirnforschung, meinen eigenen Studien nern, wirklich ins Geheimste des Kunden und meiner Promotion am Max-Planck- hinein zu schauen. Man hofft, den ge- Institut in München auf das Manage- heimen Buybutton zu finden, also einen ment. Mit dem Ziel, Ihnen beim Verständ- Knopf, auf den Sie nur drücken müssen nis dessen zu helfen, was Sie in Ihrer und dann kauft der Kunde, ohne dass täglichen Praxis erleben. Sie sich besonders anstrengen müssen. Leider gibt es diesen Knopf nicht. Wir Was machen wir in der Gruppe Nym- müssen uns weiter anstrengen. Aus der phenburg? Wir haben eine relativ Hirnforschung sind einige Instrumente einfache Philosophie. Wir begleiten Pro- entstanden, auf die ich jetzt aber nicht duktmarken von der Entstehung im Kopf, weiter eingehen möchte. Der Werbeblock im Gehirn bis zum Handel, dem POS und ist zu Ende, ich möchte jetzt direkt ins dem Einkaufskorb des Kunden und un- Kundenhirn hinein gehen. tersuchen dabei auch Prozesse zwischen Wir haben von Professor Bolz gerade Handel und Hersteller. Was uns ganz schon etwas über Heuristiken gehört,
mit denen es sich das Gehirn einfacher Uns interessiert aber jetzt etwas ganz macht. So ist es tatsächlich. Wenn ich Sie anderes. Wir haben schon sehr viel über frage: „Sagen Sie mal, wie viel Prozent Emotionen gehört. Jetzt interessiert uns, Ihrer Entscheidungen haben Sie heu- wie die Emotionssysteme in unserem te ganz bewusst und ganz vernünftig Gehirn tatsächlich aussehen. Was treibt getroffen?“, dann werden die meisten uns eigentlich an? Schauen wir mal ins von Ihnen sagen: „Heute überhaupt kein Gehirn hinein. Wir haben zunächst ein- Problem, erstens bin in Schwabe oder mal unsere Grundbedürfnisse wie Schlaf, Badener, damit bin ich von Hause aus Nahrung und Sexualität. Ob die Sexua- vernünftig. Bewusst ist mir das, was ich lität ein Grundbedürfnis ist, das muss mache, auch weitgehend, also waren jeder für sich selber entscheiden. eigentlich alle Entscheidungen bewusst Aber jetzt ganz wichtig: Es gibt weiter und vernünftig“. Leider sagt die Hirnfor- drei große Programme, die uns antrei- schung: Das ist eine Illusion. 70 bis 80 % ben. Es gibt ein großes Balancepro- unserer Entscheidungen fallen unbe- gramm in unserem Kopf. Es ist zuständig wusst. Dann werden Sie sagen: „Ist auch für Sicherheit, Stabilität; es gibt uns kein Problem, ich habe mit den verblei- vor, nichts zu verändern. Wir haben ein benden 20 bis 30 % noch genug zu tun.“ zweites großes Programm in unserem Aber auch die verbleibenden 20 bis 30 % Kopf, das ist das Dominanzprogramm. sind keinesfalls so frei, wie wir glauben, Das sagt: „Schau, dass Du nach vorne sondern bewegen sich ganz strikt im kommst, dass Du nach oben kommst, Rahmen eines Emotionssystems, - und verdränge Deine Konkurrenz, achte auf hier schließe ich an den Vortrag von die Autonomie, lasse Dir nicht reinre- Professor Bolz an - das sich im Laufe der den.“ Und wir haben ein drittes span- Evolution entwickelt hat. Jetzt werden nendes Programm in unserem Kopf, Sie wieder sagen: „Evolution, das hat das sogenannte Stimulanzprogramm. etwas mit Biologie zu tun. Wir Menschen Das ist zuständig für das Neue, für die sind doch Kulturwesen, unsere Kinder Abwechslung, für die Überraschung, spielen mit Barbie-Puppen, wir gehen zu für die Belohnung. Hinter all diesen McDonalds zum Essen, lesen die Bücher Programmen stehen immer bestimmte von Dieter Bohlen, das müsste sich doch Hirnbereiche. Das darf man sich aber kulturell irgendwo niedergeschlagen natürlich nicht so vorstellen, als ob es ei- haben, also auch in unseren Genen.“ nen grünen, roten oder gelben Knödel in Dann lassen Sie uns doch einfach mal unserem Kopf gibt, das läuft quer durch überlegen, wo wir Menschen eigentlich unseren ganzen Kopf hindurch. Und ganz herkommen. Vor sieben Millionen Jahren wichtig: Es sind auch immer bestimmte haben wir uns vom Kollegen Schim- Neurotransmitter und Hormone mit den pansen getrennt, sind aus dem Urwald Programmen verbunden. Das Balance- hinaus marschiert, aufrecht gegangen, programm beispielsweise sehr stark mit haben Haare verloren, die einen ein dem Angsthormon Cortisol, das Domi- bisschen mehr, die anderen ein bisschen nanzprogramm mit dem Testosteron, das weniger, und nach sieben Millionen Jah- Stimulanzprogramm mit dem Bewe- ren getrennter Entwicklung, was glauben gungs- und Neugier-Neurotransmitter Sie, wie viel Prozent gemeinsame Gene Dopamin. wir noch mit den Schimpansen haben? Es sind 98,8 Prozent. Wenn Sie nachher Sehr spannend ist auch das Kräftever- auf der deutschen Autobahn wieder hältnis, diese Knödel sind nicht ganz zu- nach Hause fahren, wird Ihnen das auch fällig so. Wir haben nämlich in unserem gleich wieder bewusst werden. Damit es Kopf zwei expansive Programme: Das noch ein bisschen deutlicher wird: Auch Dominanzprogramm treibt nach vorne, diese kleine Maus in der Ecke hat zu 92 das Stimulanzprogramm sucht nach Neu- Prozent die gleichen Gene wie wir. Wenn em, beides ist mit hohem Risiko verbun- man sich diese genetische Nähe ab und den. Als Gegengewicht dazu haben wir zu vor Augen führt, werden natürlich das Balanceprogramm mit der Botschaft: auch sehr viele politische Entschei- „Halt ihr beiden, wir tun am besten gar dungen sofort transparent. Es wird sofort nichts, dann gehen wir auch kein Risiko klar und deutlich, warum wir uns so ent- ein“. Im Laufe der Evolution haben sich scheiden, wie wir uns entscheiden. aber noch einige andere Module in
unserem Gehirn festgesetzt, weil sie uns Wie wirkt es sich im Handel aus? Es einfach helfen, uns besser anzupassen. ist unser Wunsch nach Easy Shopping, nach sicherem Einkaufen. Ich möchte Wir haben zwei große Sozialmodule in bequeme, breite Parkplätze haben, damit unserem Gehirn, die „Fürsorge- und Bin- ich keine Angst vor einem kapitalen dungsmodule“, die uns sagen: „Ich achte Schaden haben muss, weil ich gerade auf den anderen, ich bin in einer Grup- einem Porsche die Tür eingedrückt habe. pe drin, ich fühle mich wohl in dieser Ich möchte mich orientieren können, Gruppe, es gibt mir Sicherheit.“ Das ist wenn ich in den Verkaufsraum komme. sehr stark von Oxitozin gesteuert. Dann Denn sich nicht orientieren zu können, etwas weiter „Spielen und Raufen“. Wenn löst Angst aus. Dann, soll das Geschäft Sie sich fragen, wie sich das in der Welt in der Nähe und bequem zu erreichen bemerkbar macht: Denken Sie einfach an sein. Weiter möchte ich keine zu große die Bundesliga, an die Fußballweltmei- Auswahl. Zuviel Komplexität macht mir sterschaft. Angst, ich möchte eher eine geringe Aus- wahl haben. Übersichtlichkeit, Qualität Und nun, liebe Händler, aufgepasst: Das und Frische der Ware sind wichtig, denn letzte Modul „Jagd und Beute“ ist das ich möchte keine Angst haben, etwas Gehirn der Schnäppchenjäger. Es gibt Falsches einzukaufen. Freundlichkeit, die nur drei Dinge, die ein Gehirn dauerhaft Sozialmodule, sind wichtig, und der Preis lahmlegen können, das ist Narkose, Hyp- sollte ein Dauerniedrigpreis sein, denn nose und Schnäppchen – da oben sitzt ich möchte nicht permanent rechnen der Auslöser. Jetzt wird es aber wieder müssen. ganz spannend: In einer Untersuchung Alles so einfach wie möglich, das ist das wurden Konsumenten im Hirnscanner Balanceprogramm. dabei beobachtet, was sich im Gehirn verändert, wenn man ihnen Schnäppchen Das Dominanzprogramm erfordert etwas anbietet. Und es hat sich gezeigt, dass anderes: Zwei Dinge sind wichtig, näm- dieses Ausschalten des Gehirns tatsäch- lich VIP-Status und Effizienz. Ich möchte lich funktioniert. Es passiert Folgendes mich durchsetzen. Auf der einen Seite im Gehirn: Dieser gelbe Knopf, das ist möchte ich schnell einkaufen, bitte kein der Lustkern, der Haben-wollen-Kern in Hindernis, so schnell wie möglich. Ich unserem Gehirn. Wenn der ein Schnäpp- möchte gleich wieder die Welt erobern chen sieht, schreit er „Hurra, ich will’s und nicht meine ganze Zeit auf der haben!“ Der blaue Kern schaltet unser Handelsfläche verbringen. Ich möchte Großhirn ein, das dafür zuständig ist, eine Auswahl haben, damit ich keine nachzudenken, die Entscheidungen ir- weiten Wege gehen muss, sondern alles gendwie zu rechtfertigen. Der gelbe Kern auf einmal bekomme. Und ich möchte schaltet jedoch den blauen Kern aus, wir natürlich – das ist die Exklusivität – auch greifen zu. Wenn man die Konsumenten das Gefühl haben, VIP-Kunde zu sein. fragt: „Sag mal, fällst Du auf Schnäpp- Bleibt noch das dritte Programm, das chen rein?“ ist die Antwort „Ich doch Stimulanzprogramm. Es wünscht sich nicht, ich bin ein vernünftiger Mensch“. Experiental Shopping, es möchte die Wenn sie aber unbeobachtet sind und Welt erleben. Ich möchte durch die man hält ihnen ein Schnäppchen hin Warenpräsentation, die Gerüche, die – schnapp, schon gekauft. So sieht es ganze Wareninszenierung überrascht also im Gehirn tatsächlich aus. werden. Ich möchte ein Erlebnis haben, ein Frischeerlebnis, Atmosphäre. Ich Jetzt werden Sie fragen, was diese möchte eine große Auswahl haben, aber Programme Dominanz, Stimulanz und diesmal nicht aus Sinn der Effizienz, son- Balance mit Ihnen, mit Handel zu tun dern weil ich entdecken möchte, suchen, haben. Folgendes: Wir können damit be- schauen, was dahinter steckt und ich stimmte Bedürfnisse der Menschen und möchte – Tchibo lässt grüssen - immer Ansprüche an den Handel ableiten. Wir neue, interessante, spannende Artikel zu beginnen mit dem Balanceprogramm. einem guten Preis. Damit wird dieser Ha- Das Balanceprogramm wünscht sich ben-wollen-Knödel angesprochen, den Sicherheit und Stabilität. wir vorhin gesehen haben. Jetzt werden Sie sagen, da stecken ja Widersprüche
drin. Das Balanceprogramm verlangt ge- nalität und Logik. Wenn Sie eine Dreijah- ringe Auswahl, das Stimulanzprogramm resplanung machen, ist es hoch emotio- und Dominanzprogramm dagegen große nal – warum? Sie wollen nämlich die Welt Auswahl, was mache ich jetzt als Handel? kontrollieren und vorhersagen. Das hat Darauf kommen wir gleich zurück. nichts mit Rationalität zu tun. Ratio, das haben wir vorher gehört, ist auch nicht Damit wir den Konsumenten richtig das Gegenteil von Emotion. verstehen, müssen wir noch ein bisschen weitergehen. Jetzt kommt die kompli- Jetzt geht es weiter: Machtstatus, Elite. zierteste Grafik des ganzen Vortrags. Die Hier kommt ein bisschen Power rein, brauchen wir aber nachher, um wirklich nämlich Impulsivität, Rebellion, dann zu verstehen was abläuft. Extravaganz. Nun geht es ins Chaos über: Was sehen wir? Zunächst eine ganz Kreativität, Individualismus. Wunsch wichtige Erkenntnis: Die weibliche nach Status ist etwas anderes als und die männliche Sexualität wird im Wunsch nach Individualismus. Wunsch Gehirn an sehr unterschiedlichen Stellen nach Status heißt, ich möchte besser verarbeitet. Es gibt jedoch eine kleine sein als alle anderen, Wunsch nach Indi- Überschneidung, die von großer Bedeu- vidualismus, ich möchte anders sein. Da- tung ist. Gäbe es die nicht, gäbe es uns hinter stehen andere Emotionssysteme. auch nicht. Dann zu Humor, Phantasie, Genuss. Und Die drei Programme Dominanz, Stimu- jetzt merkt man, es wird so richtig warm lanz und Balance sind immer zeitgleich ums Herz: Sinnlichkeit, Geselligkeit, aktiv, deshalb gibt es Mischungen. Die Vertrauen, die schöne warme Soße der schauen wir uns jetzt genauer an. Geborgenheit, der Regression, die ist da unten. Dieses Gehirn hat interessante Zunächst die Mischung zwischen Do- Spannungsfelder. minanz und Stimulanz: Das Dominanz- Wir haben auf einer Seite die Kräfte der programm sagt, ich möchte zeigen, was Veränderung, des Abenteuers: Ich reiße ich für ein Mords-Kerle bin, wie man in die Welt aus den Angeln. Die Gegenkraft Schwaben sagt, wie stark ich bin. Das ist das Balanceprogramm: tue nichts. Stimulanzprogramm sagt, sieh dabei zu, Wir haben auf dieser Seite die Kräfte dass Du auch etwas erlebst, das ist der des Egoismus: Ich setze mich durch, ich Urgedanke des Abenteuers. verdränge meine Konkurrenz. Das geht Dann Stimulanz und Balance. Das Sti- aber nicht lange, dann bekommen wir mulanzprogramm sagt, suche aktiv nach schon wieder die Botschaft aus dem dem Neuen. Das Balanceprogramm ist Gewissen: Achte auf den anderen, sei auch das des Nichtstuns, der Bequem- ganz lieb. Friss ein bisschen Kreide, lichkeit. Es sagt: „Du, das mit dem Neuen damit du erträglich und nicht immer so ist schon recht, aber guck mal, ob es eine Ein-Mann-Konfliktzone bist. Auf der nicht auch aus dem Fernsehsessel he- anderen Seite steht das Stimulanzpro- raus geht“. Das ist der passive Genuss. gramm: Ich möchte alle Genüsse dieser Schließlich Balance und Dominanz. Welt, ich möchte essen, trinken usw. Balance sagt: „Lass die Welt stabil“, das – was es an Genüssen gibt, überlasse ich Dominanzprogramm sagt aber: „Ach- Ihnen. Aber das dauert auch nicht lange, te darauf, dass Du die Macht darüber dann kommt schon wieder das schlechte behältst“. Das ist das, was wir heute als Gewissen: Gehe ins Reformhaus, geh in Kontrolle bezeichnen. die Apotheke, kauf einen Magentee oder lebe gar asketisch - simplify your life. Das Jetzt wird es spannend. Wir sprechen ist die Logik, in der wir uns bewegen. häufig von wertorientiertem Marketing. Werte haben auf dieser Landkarte natür- Jetzt werden Sie sagen: „Alles sehr inte- lich einen ganz festen Platz. Unten sitzen ressant, aber warum kaufen wir eigent- Werte wie Qualität, Tradition, Verläss- lich Produkte?“ Produkte haben immer lichkeit. Man spürt es im Bauch, die Welt einen emotionalen Wert. Das schauen wir ist ein ganz stabiles Konstrukt. Dann uns an: Hier sitzen die ganzen Produkte. – ganz wichtig – eine Welt, die wir in der Zahnbürste steht bei Gesundheit, Roman restlichen Kultur gerne als Rationalität erzählt Liebesgeschichten, TV ist zur bezeichnen, Präzision, Effizienz, Funktio- Unterhaltung da, ein Genussmittel. Mode
ist sexuell getrieben, Snowboard hat wir auch. Mitten in der Wüste werden was mit Abenteuer zu tun, Automobil hat Unterwasser-Taschenlampen angebo- etwas mit Autonomie zu tun: Ich muss ten, aber ein bisschen billiger – dann nicht mehr in meinem Heimatort bleiben, greifen wir zu. Dann den Preiskauf als sondern kann auch in den Urlaub fahren. Ausdruck von Cleverness und Selbst- Und die Bohrmaschine erhöht meine effizienz: Dadurch, dass ich einen guten Effizienz, macht mich ein Stück stärker. Preis erziele, es überall erzähle und So sieht es also in der Welt aus, deshalb zu hören bekomme: „Du bist’n Hund!“. kaufen wir. Denken Sie an Media-Markt „Ich bin doch nicht blöd“ – genau dieses Sparmotiv. Jetzt kommt gleich die nächste Frage: Dann der Preiskauf als Erlebnisverzicht. Ist Geld etwas Rationales? Ich möchte gar nicht die bunten schönen Wenn ich Ihnen 20.000 Euro geben wür- Sachen haben, mir reicht die nackte, de, einfach so – kann nicht passieren, ich pure Funktion. Kein schöner Anzug, ein bin Schwabe, aber man kann es theore- Kartoffelsack tut’s auch. Der wärmt auch tisch durchspielen – was geschieht? Es im Winter. Und schließlich der Preis als dauert nicht lange, dann entstehen in Komplexitätsreduktion. Wenn Sie vor Ihrem Gehirn bestimmte Bilder, was Sie einer Riesenauswahl von Produkten mit diesem Geld alles machen können. stehen, die sich in gar nichts mehr Der eine sagt „endlich eine neue Freun- unterscheiden, selbst die Packung sieht din“, der nächste sagt „neues Auto“, der ähnlich aus - wonach entscheiden Sie? nächste sagt „sozialer Wohnungsbau“ Nur nach dem Preis, das ist das einzige, und wieder einer sagt „endlich mal was übrig bleibt. Komplexität reduzieren schön und sich satt essen“. Was dahinter und Sparsamkeit als pure Existenzsiche- steckt, ist relativ klar: Bauen, schönes rung nach dem Motto „Ich bin sparsam, Haus, da geht es um Geborgenheit und man weiß nie, was kommt in dieser Welt, ein bisschen Stimulanz. Das Auto hat also spare ich ein bisschen.“. So sieht es was mit Autonomie zu tun, die neue Frau mit dem Preis aus. mit Sexualität, und das Essen hat etwas mit Genuss zu tun. An Geld haben wir Jetzt müssen wir ein bisschen weiterge- deshalb eine so große Freude, weil es hen. Wir haben schon viel von Emotionen uns hilft, alle unsere Wünsche, unsere gehört. Jetzt wollen wir wissen, was Emotionen auszuleben. eigentlich genau in unserem Oberstüb- chen abläuft. Dazu zeige ich Ihnen kurz, Und nun kommt etwas ganz Wichtiges: was in den letzten 10 bis 15 Jahren in Gibt es dabei ein Preissparmotiv? Nein. der Hirnforschung passiert ist. Man kann Unser Gehirn hat nämlich eine ganz unser Gehirn ganz grob in Teilzonen einfache Rationalität: Ein Maximum an einteilen. Oben das Großhirn, dann das positiven Emotionen, ein Minimum an sogenannte limbische System, unten negativen Emotionen und das zu einem das Stammhirn. Bis vor einigen Jahren Minimum an Aufwand. Das ist die einzige war man auch in der Hirnforschung der Rationalität, die unser Gehirn wirklich festen Überzeugung, dass der Mensch kennt. Deswegen gibt es auch verschie- ein vernünftiges, fast gottgleiches Wesen dene Preissparmotive. Die schauen wir ist. Man hat gesagt, wenn das Gehirn so uns jetzt mal an. aufgeteilt ist, dann müsste da oben die Vernunft sitzen. Die Vernunft regiert. Wir haben das Motiv, mit wenig Geld Dann hat man gesagt, Emotionen hat der möglichst viel Erlebnisse zu bekommen. Mensch auch mal, die sitzen dann hier. Ich möchte in Urlaub fahren, möchte et- Und je weiter man nach unten kommt, was Neues zum Anziehen kaufen, möchte desto niederer die Instinkte. Fußball- abends ins Kino gehen und möchte auch weltmeisterschaft, die sitzt da unten. So noch ein bisschen Benzin für mein Auto hat man sich das ungefähr vorgestellt. haben, um eine Spaßreise zu machen. Wäre natürlich toll gewesen. Der Mensch Wie bekomme ich das alles gleichzeitig? als Krone der Schöpfung, manche sagen Wenn ich zusehe, dass ich es überall ein auch als Dornenkrone. Leider gab es bisschen billiger bekomme. Das ist das ein kleines Problem – so funktioniert hedonistische Sparmotiv. Dann gibt es es nicht. Es gab drei große, eigentlich den Preiskauf aus Jagdtrieb. Das kennen zeitgleiche Entwicklungsrichtungen in
Amerika und in Deutschland, die zu einer denken, wissen wir nicht. Wir haben auf Revolution im Denken geführt haben. In das, was im Unterbewussten bewertet Deutschland waren vor allem Professor wird, einen relativ geringen Einfluss. Roth in Bremen und ich dafür verant- Wir selber haben aber das Gefühl, das wortlich. Damals haben wir festgestellt, Steuer fest in der Hand zu haben. Wir dass wir die Welt völlig neu denken Hirnforscher sprechen heute von Benut- müssen. Wie wir vorhin von Professor zerillusion: Unser Bewusstsein gleicht Bolz gehört haben, ist es inzwischen einem Regierungssprecher, der Entschei- Standard, dass es nicht eine einzige Ent- dungen verkündet, an denen er erstens scheidung gibt, die nicht emotional ist. nicht beteiligt war und dessen wahre Damals erschien es wie ein Anschlag auf Entscheidungsgründe ihm zweitens die Menschheit, zu sagen: „Ohne Emo- nicht zugänglich sind. Das ist heute die tion können wir gar nicht entscheiden.“ gängige These. Wenn Sie sagen, ich möchte Marktführer werden, dann lässt das Dominanzsystem So einfach funktioniert es also: Zuerst grüßen; wenn Sie sagen, ich möchte kommt die Emotion. Die Emotion ent- mich mit völlig neuen Sortimenten oder scheidet, ohne dass wir es merken. Erst neuen Kundengruppen auseinanderset- dann kommt es im Bewusstsein an. Wenn zen, dann steht das Stimulanzsystem man heute den Kern der Hirnforschung dahinter; und wenn Sie die Kosten Ihre zusammenfasst, kann man es auf einen hochfliegenden Pläne Ihrem Control- einfachen Satz reduzieren: Alles, was ler zeigen, und der sagt: „Du hast ´ne keine Emotionen auslöst, ist für unser Macke, das können wir uns gar nicht Gehirn wertlos. leisten.“ dann ist das Balancesystem im Und weil wir wissen, dass Geld einen Einsatz. emotionalen Wert hat, bekommen Sie das Geld Ihres Kunden nur, wenn Sie auf Wie funktioniert es nun wirklich in un- der anderen Seite mehr Emotionen bie- serem Gehirn? ten, wenn Ihr Kunde sagt: „Na ja, dieses Da ist das limbische System, nach wie bisschen Emotion in Form von Geld tau- vor das zentrale Emotionsverarbei- sche ich jetzt gegen diese Emotion, tungszentrum in unserem Gehirn. Heute nämlich gegen diese Ware, gegen dieses zählen übrigens auch große Bereiche des Angebot“. Großhirns zum limbischen System, weil Wie das dann funktioniert, wie emotio- man weiß, dass das hochemotional ist. naler Wert entsteht, möchte ich Ihnen Dabei ist Folgendes besonders span- kurz zeigen: Wenn Sie eine Tasse Kaffee nend: Bevor wir und Ihr Kunde etwas trinken, Rohstoff 1 Cent pro Tasse, ist ins Bewusstsein bekommen, durchläuft damit noch keine große Emotion verbun- jeder Außenreiz, seien es Ihre Produkte, den. Jetzt machen sie eine Marke daraus, Ihr Verkaufsraum oder – es sind ja viele dann kostet das Ganze 7 Cent pro Tasse. Banker da – auch Ihre Angebote zunächst Wir haben vorher von Professor Bolz das limbische System. Das limbische den Begriff Spiritualität gehört: Wenn System bewertet alle Dinge. Es bewertet Sie nun diesem Produkt eine Geschichte jeden Reiz: Gibst du mir neue, span- mitgeben, es mit einem tollen Service nende Impulse (lustvolle Seite) oder und multisensual inszenieren wie zum langweilst du mich tödlich (Dominanz)? Beispiel bei Starbucks, dann kostet Machst du mich stärker? Bringst du mich dieses Tässchen Kaffee plötzlich 3 Euro. nach oben? Gibst du mir Macht und Schauen Sie sich diese Wertsteigerung Kraft oder drückst du mich nieder und an, darum geht es. Das heißt also; mehr schränkst mich ein? Oder Balance: Gibst Wert entsteht durch mehr Emotion. du mir Sicherheit? Gibst du mir Gebor- Wie die Emotionen aussehen, dass wis- genheit oder löst du bei mir Stress aus? sen wir ja jetzt. Und erst wenn diese Bewertung zu Ende ist, bekommen wir und der Kunde das Wir haben aber noch ein kleines Pro- Ganze erstens in Form von Emotionen, blem: Das Gehirn arbeitet eigentlich aber auch in Form von Kognition in unser am liebsten unbewusst. Es möchte Ihr Gehirn hinein gestellt. Zum Beispiel, Bewusstsein gar nicht so stark informie- gefällt es mir bei dem Händler oder ich ren, sondern lieber alleine entscheiden. finde etwas sehr schön. Warum wir das Warum? Weil jede Art von komplexer
Entscheidung, von intensivem Nach- verändert hat. Das heißt also, ihr Gehirn denken das Wichtigste kostet, was wir arbeitet nach einer ganz eigenen Logik. haben: Energie. Denn Denken kostet Ich möchte Ihnen noch einige einfache ein ungeheures Maß an Energie. Die Dinge zeigen, die aus Sicht der Hirnfor- Energiebilanz sieht wie folgt aus: Unser schung wichtig für die POS-Gestaltung Gehirn hat 2 % des Körpergewichts, sind. Unser Gehirn versucht, Energie verbraucht aber, wenn es unter Volllast zu sparen. Der wichtigste Energiespar- arbeitet, ca. 20 % unserer gesamten modus ist in einer neuen Situation Energie. Energiesparen ist nicht erst zunächst, möglichst schnell Schubladen seit der Ölkrise ein Thema. Und jetzt die anzulegen. Dabei zählt der erste Ein- Frage an Sie: Wenn Sie Hausmeister in druck, weil das Anlegen von Schubladen Ihrem eigenen Körper wären, welchen sehr viel Energie kostet. Man versucht Teil würden Sie als erstes abschalten? also, möglichst schnell einfache Ent- Bei dieser Energiebilanz natürlich das scheidungsregeln zu erstellen und bleibt Gehirn. Und das ist ganz wichtig auch dann sehr lange dabei, bevor das Gehirn für die Marktforschung: Der Kunde hat von neuem arbeitet und umdenkt. oft gar keinen Einblick, was tatsächlich Aus diesem Grund steht im Lebensmit- abläuft. telhandel die Obst- und Gemüseabtei- lung im Vordergrund. Unser Gehirn stellt Unser Gehirn trifft Entscheidungen auf- aus diesem ersten Eindruck eine Hypo- grund von Dingen, die uns nicht zugäng- these für das gesamte Geschäft auf. Und lich sind. Warum? Ich zeige Ihnen ein wenn vorne Frische erlebt wird, sagt das einfaches Beispiel dafür. Sie gehen nach Gehirn: Alles andere, was jetzt kommt, ist diesem anstrengenden Tag heute Abend auch frisch - auch wenn es nur verrostete zu Luigi zum Essen. Um 18:30 Uhr sind Dosen sind. Sie dort und er sagt: „Schön, dass Sie da sind, Doctore, bisschen früh dran, ist Ein weiteres Thema ist, wie sich die Kun- aber klasse, weil Sie jetzt noch alle Mög- den im Verkaufsraum bewegen. lichkeiten haben, sich einen Sitzplatz Auch dazu ein kleiner Blick in die Hirnfor- auszuwählen.“ Welchen Tisch werden Sie schung. 70% aller Kunden haben einen mit größter Wahrscheinlichkeit aussu- leichten Rechtsdrall. Woher kommt das? chen? Das kann ich Ihnen genau sagen, Das kommt daher, dass wir kontralateral es sind die Tische in den Ecken. Das alte verscheitelt sind, d. h., die linke Gehirn- Höhlenprogramm lässt grüßen, weil hälfte ist für die rechte Körperhälfte nämlich unsere Vorfahren schon gelernt zuständig und umgekehrt. In der linken haben, dass sie in den Ecken ihrer Höh- Gehirnhälfte befindet sich aber etwas len nicht so leicht von einem Bären oder mehr von unserem Bewegungshormon Tiger gefressen werden können. Deshalb Dopamin und deshalb orientieren uns steuern wir auch heute noch dort hin und immer ein bisschen stärker nach rechts. fühlen uns ganz wohl. Oder die Wegeführung. Wir gehen in ei- Heuristik – wir haben es vorhin auch nen Verkaufsraum. Wir spüren gar nicht, von Professor Bolz gehört – ist nichts warum wir laufen, wie wir laufen, deshalb anderes, als der Wunsch unseres kann man durch die Wegeführung vieles Gehirns, Energie zu sparen. Möglichst verändern. Man kann die Durchblutung schnell zu Entscheidungen zu kommen, eines Geschäftes dramatisch steigern die einigermaßen richtig sind, auch oder dramatisch senken, ohne dass der wenn sie völlig unlogisch sind. Ich gebe Kunde darüber sprechen kann. Er sagt Ihnen ein weiteres Beispiel dafür. Diese nur: „ Ich fühle mich irgendwie freier da Flasche Chanel kostet 120 € und wenn drin.“ Was genau passiert ist, weiß er Sie zu Douglas gehen und das in dieser gar nicht. Beispielsweise haben wir zwei Umgebung kaufen, sagt sich die Kun- Drogeriemärkte umgestellt und dadurch din, das kostet zwar viel Geld, aber das die kaufarmen Zonen stark reduziert. bin ich mir wert. Wir lassen das Produkt Denn die meisten Kunden haben gar kei- gleich, verändern nur sanft die Umge- nen Einkaufszettel und kaufen deshalb bung in Richtung Ramschladen. Geben nur, wenn sie das auch sehen, was sie Sie jetzt immer noch 120 € aus? Maximal brauchen. noch 20 €, obwohl sich das Produkt nicht
Das nächste Thema sind die Gänge. Wir te Emotionsexplosion. Die einzelnen haben eine natürliche Angst vor allem, Wahrnehmungskanäle werden nicht auf- was uns einengt. Wenn die Gänge dann addiert, sondern multiplizieren sich zu noch hoch sind, gehen wir nicht rein. Und einer vielfach stärkeren Wirkung, wenn der Händler wundert sich, warum diese ich auf allen Kanälen das Gleiche sende. Riesenauswahl nicht verkauft wird. Das bedeutet für die Inszenierung eines Ganz wichtig: Es gibt in unserem Gehirn Handelsunternehmens, sich wirklich alle nicht einen buybutton, den man drücken Botschaften anzuschauen und zu prü- kann und dann kauft der Kunde unab- fen, ob diese die gleichen Botschaften hängig vom Umfeld. Marketing von heute aussenden. Wenn Sie einen teuren und morgen heißt, die tausend kleinen Ladenbau haben, aber es ist Schmutz in Kunden-Touchpoints entlang des gesam- den Ecken, sagt unser Gehirn: Das passt ten Verkaufsprozesses zu emotionalisie- nicht zusammen, das lasse ich lieber – es ren, besser zu machen. Unser Gehirn hat kommt nicht zu dieser Wahrnehmungs- eine brutale Art zu rechnen, ohne dass es und Emotionsexplosion. ins Bewusstsein kommt. Und davon wird unsere Entscheidung beeinflusst. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Unser Gehirn fasst am Ende jedes Prozesses Ein Beispiel aus einer Apotheke: alles noch einmal zusammen. Auch der Der Apotheker hatte zwar die größte letzte Eindruck ist wichtig, um alles vor- Auswahl am ganzen Ort, aber die Waren- her Erlebte für die Zukunft als komplette präsentation war ein Chaos. Wir haben Erfahrung zu speichern. Meistens ist der das nur ein bisschen umgeordnet, und letzte Eindruck, den wir haben, die Kas- gleich ist der Umsatz um 500% gestei- se. Da muss ich mein Geld abgeben und gert. Weil wir einige wichtige Wahr- meistens sitzen auch noch mürrische nehmungsgesetze unseres Gehirns mit Kassiererinnen dahinter. Was passiert? eingebaut haben. Verkaufsräume haben Das Angst- und Stresshormon Cortisol eine Grundlogik, die in unserem Gehirn geht nach oben, das passiert übrigens als Programm darüber gespeichert ist, auch bei Wartezeiten. Ein Beispiel aus wie ich bestimmte Abläufe erwarte. Zum der Praxis ist der Buchhändler Gondrom, Beispiel im Lebensmittelmarkt. Was der jetzt leider an Thalia verkauft hat. ist der wichtigste Tagesablauf, den wir Der hat sich wirklich mit den Kunden gelernt haben? Nichts ist so wichtig wie beschäftigt und überlegt, was mache ich das Essen. So strukturieren wir den Tag. an der Kasse: Wartezeiten kann ich nicht Wir freuen uns auf das Frühstück, dann immer verhindern, aber ich möchte ein kommt das Mittagessen, das Abend- Gefühl der Leichtigkeit erreichen. Was essen, dann kommt das Tier und dann hat er hinter die Kassen montiert? Aqua- kommt die Drogerie. So erleben wir rien, da schwimmen die Fischchen rum einen Supermarkt. Ein Supermarkt ist und die Kunden gucken den Fischchen harmonisch, löst keinen Stress aus, denn zu, sind ganz entspannt. Das ist wirklich unter Stress kaufen wir nicht. gutes Kundenmanagement, wenn man Denken Sie auch an die Geschäftsein- auf das Gehirn des Kunden an den rich- richtung, die so genannte Multisensorik tigen Stellen tippt. Ihres Geschäftes. Die Wahrnehmung Ihres Geschäfts wird geprägt durch Das wichtigste Signal für unser Gehirn ist das Licht, durch die Einrichtung, durch übrigens das menschliche Gesicht. Das Formen und Farben, vor allem aber auch bedeutet für Sie, ganz stark auf die Iden- durch den Geruch und die Musik, die da tifikation Ihrer Mitarbeiter mit Ihrem Ge- dahinter sind. Das ist sehr spannend. schäft zu achten. Ihre Mitarbeiter können Wenn es mir gelingt, meine Verkaufs- nur dann positiv kommunizieren, wenn räume so zu inszenieren, dass auf allen sie von Ihrer Idee, von Ihrem Geschäft, Wahrnehmungskanälen die gleiche von Ihren Produkten überzeugt sind, weil Botschaft vermittelt wird - zum Beispiel Sie das in Körpersprache umsetzen. habe ich eine schöne sanfte Oberflä- Wir haben uns jetzt einmal angesehen, che, es riecht sanft nach Lavendel, ich wie unser Gehirn grundsätzlich funktio- höre eine schöne sanfte Musik - dann niert. Nun kommt die nächste wichtige sagt unser Gehirn, das hat eine hohe Frage. Funktioniert es bei allen gleich Relevanz und es gibt eine so genann- oder gibt es möglicherweise Unter-
schiede? Im Marketing fragt man sich, ob etwas anderes haben. es noch so etwas wie Zielgruppen gibt. Für Sie besonders spannend dürfte es Man kann diese Frage auch so stellen: sein, wo die Gehirnschwerpunkte durch- Sind die Nutzer dieser beiden Produkte schnittlich liegen. Wir haben gemeinsam die gleichen? mit dem Burda-Verlag 20.000 Konsu- Wir ahnen schon, das sind sie bestimmt menten in Deutschland untersucht, um nicht ganz. Was ist der Grund dafür? Es Einkaufsentscheidungen besser zu ver- ist relativ einfach – es sind wieder unsere stehen. Wir haben in Deutschland 32% Emotionssysteme, die über Produktprä- Harmoniser. Harmoniser sind Menschen, ferenzen entscheiden. Alle Menschen ha- die am liebsten zu Hause sind, denen es ben die gleichen Emotionssysteme, aber gut geht, wenn es ihrer Familie, Hund, nicht in der gleichen Ausprägung. Der Katze und den Gartenzwergen gut geht. liebe Gott gibt uns eine Voreinstellung Harmoniser sind ein bisschen wie eine mit, 50% sind angeboren, die anderen Meerschweinchenkultur, alle haben sich 50% sind durch Erziehung, Kultur, Miss- ganz lieb, keiner bewegt sich. Das ist erfolg und auch durch Bildung ein Stück die Harmoniewelt. Dann die Genießer weit beeinflussbar. Spannend dabei ist, mit rund 13%. Genießer sind Menschen, dass die meisten Menschen eine Art die offen für Genüsse sind, aber nicht emotionalen Schwerpunkt haben. Das aktiv danach suchen. Sie lassen die Welt Emotionssystem kippt immer ein biss- ganz offen auf sich zukommen, sind sehr chen in eine Richtung. Nur die wenigsten tolerant, haben eine grundsätzlich offene Menschen sind sich in allem gleich. So Einstellung. hätten es die Philosophen gern, das ist Rund 11% sind Hedonisten – immer auf aber nicht der Fall. der Suche nach dem Neuen, nach Dopa- min. Das kleine Problem dabei: Wenn Sie Wir sehen die Welt immer durch die Brille immer auf der Suche nach dem Neuen unserer Emotionssysteme. Die Emoti- sind, machen Sie das Alte nicht fertig. Es onssysteme sind wie ein unsichtbarer entsteht Chaos. Es folgen die Abenteurer Filter und Antreiber unserer Wahrneh- mit nur 3 % – von links Dopamin, von mung. Größeres Balancesystem – das rechts Testosteron, das ist so, als ob Sie bedeutet für diesen Konsumenten, dass Dynamit und Glyzerin zusammenrühren. sein Gehirn immer nach Sicherheit sucht Abenteurer sind immer risikobereit, lie- und versucht, Unsicherheit zu vermeiden ben Extremsportarten mit hohem Risiko, – ohne dass er es merkt. Das sind die sind Pioniere. Sie wissen, was mit denen Imperative des Systems dieses Kunden. passiert: Die werden meistens von den Gehen wir mit diesem Konsumenten zum Indianern erschossen. Autokauf. Er steht vor einem Auto. Was Weiter mit den Performern, rund 6%. Sie glauben Sie, wird er den Autoverkäufer sind Menschen, die ein klares Ziel haben, fragen? Er wird nach den Airbags fragen, nämlich Karriere. Meistens kommen sie wie das Auto im Test abgeschnitten hat, schon mit Krawatte auf die Welt und ob mein Hund auf der Rückbank auch betrachten auch schon das Gitter ihres sicher sitzt und so weiter. Wir lassen Laufstalls als Karriereleiter. Relatives das Auto stehen, holen uns jetzt aber klares und deutliches Ziel: Ich möchte einen anderen Konsumenten dazu. Zum nach oben kommen. Beispiel einen Menschen, der im Domi- Nun die Disziplinierten mit 10%, das nanzsystem etwas stärker ist, man kann Gegenteil von den Hedonisten: Sie brau- auch sagen, dessen Gehirn in Testoste- chen für alles in dieser Welt eine Regel, ron schwimmt. Glauben Sie, dass er die alles muss geordnet sein. Auch der gleichen Fragen stellt? Natürlich nicht. Stuhlgang. Jeden Morgen um 7:03 Uhr. Er will wissen, wie die Beschleunigung Auch am Sonntag, damit nichts durchei- ist, wie viel PS der Wagen hat, schaut nander kommt. sich den Auspuff als Penisersatz an. Nun Und schließlich die Traditionalisten, mit ein Konsument, der auf der Suche nach 24 % die zweitgrößte Gruppe. Während Stimulanz ist: Auch er fragt ganz anders. die Abenteurer und die Hedonisten in Was ist neu an diesem Auto? Wenn es in der Zukunft leben, leben sie in der Ver- einem matten Schwarz designt ist, fragt gangenheit. Sie sagen, die neue Welt ist er, ob es dieses Auto auch in pink gibt? das Schlimmste was mir passieren kann. Denn er möchte auffallen, er möchte Früher war alles besser.
Jetzt betrachten wir die Empirie – wie die Disziplinierten, während die anderen unterscheiden sich diese Gruppen im relativ schnell und häufig wechseln. Das Einkaufsverhalten? Schauen wir uns muss uns auch klar sein. beispielsweise den Modeverkauf an. Wer ist für Mode besonders affin, interes- Es gibt aber nicht nur deutliche Unter- siert sich für neueste Modetrends? Die schiede in den Gehirnen der Kunden- Hedonisten, die Abenteurer. Die Aben- gruppen, sondern auch Männern und teurer sind dreimal so modeaffin wie die Frauen. Im Durchschnitt ist es so, dass Disziplinierten. Die kaufen keine Mode das Balance-Programm bei Frauen und sondern sagen sich, die nächste Mode das Dominanz-Programm bei Männern kommt in 30 Jahren wieder, da bin ich ein bisschen stärker, das Stimulanz-Pro- aktuell mit dabei. gramm bei beiden etwa gleich ist. Sie werden fragen, ob es denn auch Es gibt immer wieder Menschen, die etwas gibt, was die Disziplinierten gerne sagen, es ist nicht die Biologie, es ist kaufen? Ja, das gibt es – zum Beispiel alles kulturell. Natürlich hat die Kultur Gartengeräte. Weil sie im Garten ihre einen großen Einfluss. Unser Gehirn ist Welt ordnen können. Sie können den ein lernfähiges Instrument. Aber, damit Schnecken sagen: „Hallo Jungs, in diese das auch klar ist: Unser Gehirn hat sich Richtung wird gefressen. Morgen früh seit 60.000 Jahren nicht mehr verändert. meldet ihr euch und damit ist die Sache Es ist nichts mehr passiert. Sehnsüch- gegessen.“ tig warten wir auf ein neues Release. Und es gibt biologisch gesehen über Die Hedonisten betrachten den Gar- 200 Unterschiede im Gehirn. Dazu ein ten dagegen als Freiheitsberaubung. paar Zahlen, die uns ein bisschen zum Draußen ist die Welt und da lasse ich Nachdenken anregen sollten: Für 95 % mich nicht auf 200 m² einsperren. Es gibt aller Verbrechen und Kriege sind Männer deutliche Unterschiede. Wer kauft gerne verantwortlich, sie besetzen 95 % der teure Sachen? Teuer heißt: neu oder Toppositionen, 96 % aller Nobelpreis- exklusiv. Das sind die Hedonisten, die träger und 90 % der Porschefahrer sind Abenteurer und die Performer, während Männer. Spätestens jetzt kommt manche die Sparsamen, die Traditionalisten, die Frau auf die Idee und sagt: Wenn die Harmoniser und die Disziplinierten höch- Kerle so viel Spaß haben, mache ich eine stens für Qualität bezahlen würden. Bei Geschlechtsumwandlung, ich möchte da Qualität muss man sich immer fragen: auch mitmachen. Vorsicht, der liebe Gott Welche Warengruppe ist für wen interes- ist sehr gerecht. Für so viel Spaß gibt es sant. Beispielsweise Unterhaltungselek- Punktabzug. Männer sterben nämlich tronik, MP3-Player, IPods und so weiter. fünf Jahre früher. Das ist übrigens auch Das interessiert wieder die Hedonisten, der Grund, warum die Frauen ein biss- die Abenteurer und die Performer, die chen mehr reden, sie müssen mit ihrem dann auch Wert auf Qualität legen. Mann alles besprechen, solange er noch Dem völlig technikfremden Harmoniser lebt. dagegen ist es völlig egal, was drin ist, Hauptsache es funktioniert. Schauen wir uns an, was im Gehirn tatsächlich passiert. Die Sexualhormone Eine spannende Frage: Gibt es auch Be- wirken sich nicht nur im Unterleib aus, reiche und Produkte, wo der Abenteurer sondern verändern auch unser Gehirn keine Qualität erwartet? Ja – bei Lebens- nachhaltig. Wir beginnen wieder bei mitteln, der isst alles. Der Harmoniser, der Spezies Mann. Im Alter von drei der Genießer und der Performer sind Monaten wird während der Schwan- diejenigen, die die besseren Lebensmit- gerschaft das männliche Gehirn vom tel kaufen. Den anderen können sie auch Sexual- und Dominanzhormon Testoste- das Gammelfleisch füttern, das merken ron überschwemmt und damit verändert die gar nicht. Sattwerden ist das zentrale sich dessen Struktur: Das Sexual- und Thema. Wir sehen große Unterschiede. Aggressionszentrum wächst auf die dop- pelte Größe. Das führt dazu, dass Frauen Ganz wichtig auch die Frage nach den zweimal am Tag sexuelle Gedanken treuesten Kunden: Das sind natürlich haben, Männer aber alle 52 Sekunden. die Traditionalisten, die Harmoniser und Nun braucht dieser Teil des Gehirns ein 10
bisschen Platz. Auf welche Kosten geht weibliche Gehirn ist hormonell eher auf das? Wir haben im Gehirn auch Module, Geborgenheit und Fürsorge ausgerichtet die für soziale Empathie, für Kommuni- und hat damit Vorlieben für bestimmte kation und Kontaktfähigkeit zuständig Produkte wie Mode, Kosmetik, Wellness, sind. Es gibt in der Psychiatrie eine Psyche, Esoterik, Wohnen, Familie. Das Krankheit, die heißt Autismus. Autisten männliche Gehirn wird von Testosterol sind Menschen, die völlig unfähig sind, geprägt und damit liegt das Interesse mit anderen einen Kontakt aufzuneh- mehr auf Sportgeräten, Maschinen, Au- men. Und hier merken wir, was passiert: tos, Computer, Technik. 85 % der Autisten sind Männer, nur Das lässt sich auch mit drastischen empi- 15 % sind Frauen. Daher auch der be- rischen Zahlen belegen. rühmte Spruch zwischen Frauen: Spricht Zum Beispiel sollten sich ein Mann und er schon oder hoffst Du noch? eine Frau im gleichen Geschäft ein paar Hosen kaufen. Der Mann braucht dazu 6 Jetzt zu den Frauen: Was passiert im Minuten, die Frau über 3 Stunden. weiblichen Gehirn? Da kommt das Östro- gen. Auch das Östrogen verändert das Jetzt wird es spannend: Wir haben Gehirn: Das Kommunikationszentrum solche Forschungen auch gemacht und wächst auf die doppelte Größe. Männer in meinen Büchern publiziert. SternTV, sprechen 125 Worte, Frauen 250 Worte das Redaktionsteam von Günter Jauch, pro Minute. wollte das zunächst nicht glauben und hat ein eigenes Experiment gemacht. Warum betone ich das so stark? Weil Drei Paare haben jeweils 100 Euro be- über 70 % des frei verfügbaren Ein- kommen, sollten ein paar Hosen kaufen kommens von Frauen entschieden wird, und wurden heimlich mit einem GPS- aber 80 % der Marketingkampagnen Sender ausgerüstet: von Männern gemacht werden und das unter der Voraussetzung, dass die Frauen Das Ergebnis: genau wie sie denken. Das tun Sie aber Beim ersten Paar hat der Mann einen nicht. Laden besucht, die Frau 5. Beim zweiten Paar war der Mann in zwei Läden, die Was noch viel wichtiger ist: Auch die Frau in 8, beim dritten der Mann in drei, Sensibilität der Wahrnehmung ist bei die Frau in 13. Frauen um ca. 10 bis 20 % höher als bei Diese Frau wurde zum Schluss gefragt, Männern. Weibliche Gehirne entdecken ob Sie nach 13 Geschäften jetzt die rich- Dinge, wenn das männliche Gehirn noch tige Jeans gefunden hat und glücklich längst im Winterschlaf verharrt. Frauen ist. Die Antwort: „Von wegen glücklich, verfügen über eine ganz andere Art von die Jeans tausche ich morgen wieder Sensibilität. Dazu wieder einige Bei- um.“ spiele aus der Hirnforschung. So wird der Eine ganz andere Art. Denken Sie darü- gleiche Geruch von einem männlichen ber nach, ich mache das natürlich ein und einem weiblichen Gehirn an ganz bisschen unterhaltsam, aber ich meine anderen Stellen und wesentlich inten- es wirklich ernst. Wir müssen lernen, das siver verarbeitet. Auch wie wir uns in genauer zu adressieren, wenn wir Kun- einem Verkaufsraum bewegen, wie wir den wirklich faszinieren wollen. bestimmte Waren anschauen, ist völlig unterschiedlich. Der Blickverlauf von Soviel zum Thema Männer und Frauen. Männern und Frauen ist ebenfalls Wir haben noch ein anderes wichtiges anders. Thema, das Alter. Wir gehen auf eine alternde Gesellschaft zu. Natürlich gibt Wenn eine Frau ein Regal betrachtet, hat es viele Menschen, die sagen, die Alten sie alles erfasst. Männer übersehen viel von heute sind bis 70 Tarzan. Ich bin mehr. Wir wissen aus unserer großen heute auch schon 55 und möchte Ihnen Handelserfahrung, dass Sie Sortimente ganz klar und deutlich sagen: Natürlich für Männer mit großen Klötzen präsen- ist unsere Generation ein bisschen vi- tieren müssen, dann funktioniert es. taler als unsere Vorläufer, durch bessere Damit werden auch Einkaufspräferenzen Ernährung, durch bessere Gesundheit. für bestimmte Produkte erklärbar: Das Aber es gibt im Gehirn ein Gesetz der 11
Veränderung, das sich nicht so einfach dem Alter ab. Gleichzeitig steigt das umdrehen lässt und darüber möchte ich Angsthormon – Cortisol – stark an. Unser nun sprechen. Wunsch nach Sicherheit nimmt drama- tisch zu. Das heißt: Händler, die ältere Zunächst einmal braucht unser Gehirn Leute ansprechen, sollten sich die easy- ca. 20 Jahre, bis es fertig ist. Erst nach 20 shoppping-Philosophie sehr intensiv Jahren ist unser vorderer Kortex fertig, ansehen. Und alles tun, um Stress abzu- dieses Gehirnzentrum, das für langfri- bauen, Service-Prozesse zu verbessern, stiges Denken, langfristige Entschei- Sicherheit zu gewährleisten – damit wird dungen, auch für Belohnungsaufschub man zum großen Gewinner von heute zuständig ist. Ein Beispiel dafür: Wenn und morgen. Sie einem Jugendlichen sagen: „Wenn So verändern sich dann die Werte. Das Du jetzt nicht lernst, wirst Du nicht Vor- Interesse an neuen Produkten sinkt standsvorsitzender.“ Dann sagt er: „Das – der Garten ist mein Hobby. Natürlich, ist mir egal, ich spiel lieber mit meiner denn der Wunsch nach Sicherheit steigt. Playstation.“ Mit etwa 25 Jahren ist Genauso das Interesse an Gesundheits- unser Gehirn auf Höchstleistungsniveau. fragen – das ist das Balanceprogramm, Dann passiert etwas Trauriges. Es macht das wird wichtiger. Spannend ist gerade sich auch sofort wieder auf den Rück- zwischen 50 und 59, dass sich die ex- marsch. Es schrumpft nämlich. Jedes pansiven und die Angsthormone treffen. Jahr um etwa ein halbes Prozent, vor Ich bin noch durchaus genussfähig in allem im vorderen Kortex. diesem Bereich, aber ich möchte den Was Sie hier sehen, ist das Gehirn eines versicherten Genuss, achte gerade da- 75-Jährigen. Das weiße ist Wasser. rauf, was im Essen drin ist. Ab 65 Jahren Wasser hat ein kleines Problem. Was- kommt ein stärkerer Rückzug, damit ser denkt nicht. Deshalb brauchen wir verändert sich viel. Natürlich nicht bei älteren länger, um bestimmte Dinge allen. Menschen, die aktiv sind, Men- wahrzunehmen, gerade in komplexen schen, die Sport treiben, können die Handelslandschaften mit komplexen Pro- Kurve ein bisschen weiter nach vorne dukten. Das ist nicht dramatisch. Ich bin ziehen. Menschen, die schon mit 40 vor jetzt 55. Aber ich kann Ihnen sagen, ich dem Fernseher verblöden, ziehen natür- bin längst nicht mehr so fit im Denken, lich in die andere Richtung. Das ist klar wie ich es als 25-Jähriger war. Obwohl – unser Gehirn ist ein Muskel, den man ich viel denke und mein Gehirn trainiert trainieren kann. wird. Ältere Leute brauchen etwas länger, um komplexe Dinge zu verstehen. Aus Ich komme zum letzten Punkt: Wir haben diesem Grund haben ältere Leute auch schon viel über Marken gesprochen - was Angst vor technischen Produkten. Geben machen Marken eigentlich im Gehirn? Sie mal einen MP3-Player einem 15-Jäh- Mein Kollege aus der Hirnforschung, rigen in die Hand und einem 60-Jährigen Professor Kenning von der Uni Münster, und schauen Sie sich die Reaktionen an. demnächst in Friedrichshafen, hat einen Dann wird deutlich, von was ich da spre- ganz spannenden Versuch gemacht. Er che. Das heißt, wenn wir ältere Kunden hat Menschen im Kernspintomografen, ansprechen wollen – und das müssen wir, im Hirnscanner mit zwei Marken kon- denn ältere Kunden haben meist Geld froniert: einer Marke, die sie kennen und – dann müssen wir die Angst reduzieren. selber benutzen, zu der sie eine hohe Wir müssen ihnen Zeit geben. Wir müs- Markenaffinität haben und einer anderen sen uns ganz massiv darauf einstellen, Marke, die sie nicht kennen und auch was da wirklich passiert. nicht benutzen, zu der sie eine geringe Ein zweiter Aspekt ist ebenfalls wichtig Markenaffinität haben. für das Einkaufen: Auch unsere Emoti- onssysteme verändern sich, weil sich die Dann ist folgendes passiert - und das ist Hormonstruktur im Gehirn verändert. sehr interessant. Bei hoher Markenaffi- Das Testosteron und das Östrogen wird nität, wenn ein Konsument ein Produkt weniger. Damit nimmt unser Wunsch oder eine Marke sieht, die er kennt, sagt nach Macht und Status mit dem Alter das Gehirn: „Ich brauche mich gar nicht immer weiter ab. Auch das Dopamin, mehr lange damit zu beschäftigen, ich unser Wunsch nach neuem, nimmt mit brauche nicht darüber nachzudenken.“ 12
Sofort schaltet das vordere Großhirn beispiel dazu was es wirklich heißt, sich herunter. Die rote Markierung heißt nicht stringent entsprechend dem Gehirn des mehr Aktivität, sondern weniger. Das Kunden zu positionieren. Der Schuh- heißt bezogen auf das Thema Energie- händler Reno, Platz Nr. 2 in Deutschland, bilanz, ich schalte auf Automatik. Das hatte über viele Jahre extrem große Gehirn denkt nicht mehr darüber nach, Probleme. Kein Wunder, denn Marke, ich kann mich auf meine unbewussten Imagewerbung, Produktwerbung und Verarbeitungen verlassen. Erster Teil. das Shop-Erlebnis haben einfach nicht zusammengepasst. Was aber noch spannender ist, ist der an- dere Bereich. Gleichzeitig werden – ohne Wir haben uns genau angesehen, wer für dass es uns bewusst ist – alle emotio- diese Marke – preiswert, aber trotzdem nalen Erfahrungen aktiviert, die wir mit Qualität – die richtige Zielgruppe ist und der Marke verbinden. Und wir wissen ja: haben dann konsequent darauf gesetzt. Emotionen entscheiden. Wir können also Neue Werbestrategie „Reno – die behalte sagen: Bekanntheitsgrad entlastet und ich gleich an“. Sicherheit geben, das Emotionen entscheiden. Harmoniestreben ansprechen. Natür- lich schon Modetrend, aber nicht die Was bedeutet das? Wie entsteht Be- ganz laute Mode. Die kaufen die Jungen kanntheitsgrad? Indem man immer das irgendwo anders. Sondern auch Familien gleiche wiederholt. Und nun zu den ansprechen. Mütter, die sagen, ich kaufe Emotionen. Das ist auch ganz spannend. was für meine Kinder. Trends, durchaus Man muss wissen, welche Emotionen ein bisschen modisch, aber nicht schrill. man auslöst. Zum Beispiel im Bierbe- Und ganz wichtig: auch etwas für die Kin- reich. Sie alle kennen verschiedene der zu tun. Reno war dann der Erste, der Biere, Sie spüren, es sind unterschied- Kindermessungen gemacht, die Schuhe liche Emotionen, die angesprochen nach den Kindern aufgebaut hat und werden. Das eine zielt mehr auf Tradition, auch die Geschäfte neu gestaltet hat. das andere mehr auf Freiheit. Glauben Reno ist inzwischen extrem erfolgreich, Sie, dass sie die gleichen Konsumenten auch in der Rendite. Es lohnt sich also, ansprechen? Natürlich nicht. Wir suchen das Ganze konsequent zu machen, immer die Produkte und Marken aus, die zu uns passen. Der Becks-Trinker ist zum Ich möchte Ihnen noch einen kleinen Beispiel eher der Expansive, Radeberger Ratschlag mitgeben: Für alles gibt es zielt eher auf die Traditionalisten. ein gutes Buch. Es gibt immer Händler, die die Konjunktur so dramatisch sehen, Jetzt werden Sie fragen: „Gilt das für dass Sie keine Hoffnung mehr haben. den Handel auch?“ Natürlich, auch Dann empfehle ich die Bibel. Wenn Sie Handelsunternehmen müssen sich als sagen, ich möchte ein bisschen mehr Marke betrachten. Hier sehen Sie, wo Spaß im Leben haben: Dafür gibt es auch die unterschiedlichen Marken im Gehirn ein gutes Buch, das Kamasutra. sitzen: dm – hier bin ich Mensch, hier Wenn Sie aber wirklich wissen wollen, kauf ich ein. IKEA – lebst Du schon oder was im Kopf Ihres Kunden vorgeht, gibt wohnt Du noch. Saturn – Geiz ist geil, es nur ein einziges Buch, das Ihnen das ganz aggressiv ganz laut – denken Sie an gut erklärt. Das ist natürlich von mir. Es das Testosteron bei jungen Männern und heißt Brain Script und es ist Marketing- auch ALDI hat einen festen Platz in un- Besteller Nr. 1 in Deutschland. serem Gehirn. Das sind die Saturn-Käu- fer, das sind die Aldi-Käufer, das sind die Herzlichen Dank. dm-Käufer und das sind die IKEA-Käufer. Völlig andere Typen. Natürlich kaufen alle auch in ande- ren Geschäften, aber nicht in gleicher Wahrscheinlichkeit. Je nachdem, welche Signale Sie ausstrahlen, bekommen Sie auch die entsprechenden Kunden. Also hier aufpassen. Zum Schluss noch ein kleines Praxis- 13
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