Branchenprofil Ernährungsindustrie in Hessen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen - Herausgeber: Hessisches ...

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Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
                                         Energie, Verkehr und Wohnen

                                         Branchenprofil
                                         Ernährungsindustrie in Hessen

Herausgeber:

Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Wohnen

Kaiser-Friedrich-Ring 75
65185 Wiesbaden

www.wirtschaft.hessen.de
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BRANCHENPROFIL
ERNÄHRUNGSINDUSTRIE IN HESSEN

Dr. Claus Bauer
Gergana Petkova
HA-Report 1037
Wiesbaden 2021
Branchenprofil Ernährungsindustrie in Hessen - Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen - Herausgeber: Hessisches ...
IMPRESSUM
HERAUSGEBER
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen

BEARBEITUNG
HA Hessen Agentur GmbH

KONTAKT
HA Hessen Agentur GmbH
Konradinerallee 9
65189 Wiesbaden
Tel +49 611 95017-80 /-85
Fax +49 611 95017-8466
info@hessen-agentur.de

VERFASSER
Dr. Claus Bauer, Gergana Petkova

STAND
Juli 2021

BILDNACHWEIS
Titelbild: industrieblick / Fotolia

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Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung von Funktions-
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Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für beide Geschlechter.

Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten.

DRUCK
Hessisches Statistisches Landesamt

BESTELLUNG
Download unter www.hessen-agentur.de/publikationen
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Ernährungsindustrie in Hessen

INHALT

VORWORT....................................................................................................................... I

ERNÄHRUNGSINDUSTRIE IN HESSEN IM ÜBERBLICK............................................ 1

BESCHÄFTIGTE ............................................................................................................ 3

UNTERNEHMENSLANDSCHAFT ................................................................................. 4

UMSATZ........................................................................................................................ 11

PRODUKTPALETTE UND PRODUKTIONSSCHWERPUNKTE ................................. 12

INTERNATIONALES .................................................................................................... 14

FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG .......................................................................... 17

INVESTITIONEN ........................................................................................................... 19

ENERGIEVERBRAUCH ............................................................................................... 21

CLUSTER UND NETZWERKE ..................................................................................... 22

FACHKRÄFTENACHWUCHS ...................................................................................... 22

AKTUELLE ENTWICKLUNGEN UND AUSBLICK ...................................................... 23
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Ernährungsindustrie in Hessen

Vorwort

                                                     Liebe Leserin, lieber Leser,

                                                     die hessische Wirtschaft ist nicht
                                                     nur durch einen starken Dienst-
                                                     leistungssektor geprägt, sondern
                                                     unser Land ist auch ein wichtiger
                                                     Industriestandort.

                                                     Das Branchenprofil zur „Ernäh-
                                                     rungsindustrie in Hessen“, das
die Hessen Agentur im Auftrag meines Hauses erstellt hat, zeigt eindrucksvoll die Be-
deutung, Vielfalt und Leistungsfähigkeit dieses Wirtschaftszweigs. In Großunternehmen
wie Ferrero, Nestlé und der Oetker-Gruppe sowie bei zahlreichen Mittelständlern sind
hessenweit knapp 38.000 Frauen und Männer mit der Herstellung von Nahrungsmitteln
und Getränken aller Art beschäftigt.

Steht aktuell auch in der Ernährungsbranche noch die Bewältigung der wirtschaftlichen
Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie im Vordergrund, so bleibt die Klima-
erwärmung doch die größte gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Innovative Pro-
dukte und Herstellungsverfahren, die darauf Antworten geben, sind darum weltweit ge-
fragt und eröffnen Unternehmen neue Geschäftsfelder und Absatzmärkte. Die steigende
Nachfrage nach Bio-Produkten und Erzeugnissen aus regionalem Anbau ist nur ein Bei-
spiel. So wachsen aus ökologischem Denken ökonomische Chancen.

Weitere Beispiele dafür finden Sie auch in den übrigen Branchenprofilen, mit denen wir
unsere wichtigsten Industriezweige vorstellen. Sie wurden ebenfalls von der Hessen
Agentur erstellt und stehen unter www.hessen-agentur.de/publikationen zum Download
zur Verfügung.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Ihr

Tarek Al-Wazir,
Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen

                                          I
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Ernährungsindustrie in Hessen

Ernährungsindustrie in Hessen im Überblick

Beschäftigte                       Insgesamt 37.697 Beschäftigte 1 zählte die hessische Ernährungsin-
                                   dustrie – bestehend aus den beiden Wirtschaftsabteilungen Herstellung
                                   von Nahrungs- und Futtermitteln sowie Getränkeherstellung – im Jahr
                                   2020. Dies sind etwas mehr (+0,2 %) als ein Jahr zuvor. In der Branche
                                   haben damit 9,4 % der Beschäftigten der hessischen Industrie ihren
                                   Arbeitsplatz.

Unternehmenslandschaft             Hessen weist zahlreiche bedeutende Unternehmen der Ernährungs-
                                   industrie auf. Hierzu zählen z.B. Döhler Group, Ferrero, Hassia, Mi-
                                   lupa/Danone, Nestlé, die Oetker-Gruppe (Radeberger, Henkell und
                                   Selters), PepsiCo und Coca-Cola, die REWE-Gruppe sowie Unilever.

Umsatz                             Die hessische Ernährungsindustrie erzielte im Krisenjahr 2020 einen
                                   Umsatz von 8,7 Mrd. Euro, was einem leichten Rückgang um 1,1 %
                                   gegenüber dem Vorjahr entspricht. Knapp zwei Drittel des Branchen-
                                   umsatzes entfielen auf das Nahrungsmittelsegment, gut ein Drittel auf
                                   die Getränke. Der Getränkeherstellung kommt damit in Hessen eine
                                   erheblich höhere Bedeutung zu als auf Bundesebene.

Internationales                    Die Exportquote der hessischen Ernährungsindustrie wird für 2020 mit
                                   27,4 % angegeben – d.h. 2,4 Mrd. des Branchenumsatzes entfallen
                                   auf den Auslandsumsatz. Die Quote ist damit nur halb so hoch wie im
                                   Durchschnitt der hessischen Industrie (53,4 %). Der Direktinvestitions-
                                   bestand ausländischer Investoren in der hessischen Ernährungsin-
                                   dustrie summierte sich auf 820 Mio. Euro zum Jahresende 2018. Der
                                   Außenhandel mit Erzeugnissen der Ernährungswirtschaft blieb im
                                   Corona-Jahr 2020 weitgehend stabil: Die Exporte lagen bei 2,9 Mrd.
                                   Euro, die Importe bei 4,4 Mrd. Euro.

Investitionen                      Die Bruttoanlageinvestitionen der hessischen Ernährungsindustrie
                                   beliefen sich im Jahr 2019 auf 363 Mio. Euro. Die Umweltschutzinves-
                                   titionen betrugen 9,2 Mio. Euro (2018), wobei der Schwerpunkt auf
                                   Maßnahmen zum Klimaschutz lag.

Energie                            Der Energieverbrauch der Branche belief sich 2019 auf 2,5 Mio. MWh,
                                   das waren 7,0 % des Verbrauchs der hessischen Industrie insgesamt.

Fachkräftenachwuchs                Im WS 2019/20 waren in Hessen 7.582 Studierende in den Fächern
                                   Agrarwissenschaften, Lebensmittel- und Getränketechnologie, Ernäh-
                                   rungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie immatrikuliert. Die
                                   hessischen Betriebe der Ernährungsindustrie bildeten im Jahr 2019
                                   insgesamt 1.785 junge Menschen aus.

1 Die Daten der amtlichen Statistik zu Beschäftigten, Betrieben, Umsätzen, Investitionen und Energie-
  verbrauch im vorliegenden Branchenprofil beziehen sich – soweit nicht anders angegeben – auf Be-
  triebe von Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten. Informationen zu einzelnen Unternehmen
  (z.B. Zahl der Mitarbeiter, Produktpalette, Eigentumsverhältnisse) beruhen auf Recherchen der Hes-
  sen Agentur.

                                                 1
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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

Ernährungsindustrie1 in Hessen 2020: Wichtige Indikatoren der Branche im Vergleich mit anderen
hessischen Industriebranchen

                                                                                            Zum Vergleich:
Ernährungsindustrie
                                                       Automobil      Chemie u.         Elektro         Gummi- u. Maschinenbau             Metall
                                                                       Pharma                           Kunststoff

Beschäftigte                                37.697      47.988          63.330          49.249            33.344          45.951          47.486

 Betriebe2                                      342          65           181             313               216              397             421

 Umsatz (in Mrd. Euro)                       8.687      16.423          28.137          10.204             6.300           9.297          19.609

 Auslandsumsatz (in Mrd. Euro)               2.380      10.742          18.752           5.274             2.484           5.477          10.390

1 Unter der Ernährungsindustrie werden im Folgenden die Abteilungen „Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln“ und
„Getränkeherstellung“ gemäß der Wirtschaftszweigsystematik WZ 2008 der amtlichen Statistik verstanden.
2 Angaben für 2019.

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

Ernährungsindustrie in Hessen 2020: Bedeutung für die hessische Industrie und für die Branche
auf Bundesebene – gemessen am Anteil an Umsatz und Beschäftigung

  Anteil am Umsatz der                                                    Anteil am Umsatz der Branche
  hessischen Industrie in %                                               auf Bundesebene in %
  30,0                                                                     20,0

  25,0                               Chemie /
                                     Pharma                                                                              Chemie /
                                                                           15,0
                                                                                                                         Pharma
  20,0

                          Metall
  15,0                                                                     10,0                  Metall
                              Auto                                                                         Gummi /
           Maschinen-                                                                                      Kunststoff
              bau
  10,0
                           Elektro                                                                       Elektro
                                                                            5,0               Ernährung
                                         Ernährung
   5,0                                                                                Maschinen-
                               Gummi /                                                   bau
                               Kunststoff                                                            Auto
   0,0                                                                      0,0
         0,0    5,0     10,0         15,0    20,0     25,0     30,0               0,0             5,0              10,0         15,0         20,0
                                         Anteil an der Beschäftigung                                                Anteil an der Beschäftigung der
                                        der hessischen Industrie in %                                               Branche auf Bundesebene in %

Quelle: Statistisches Bundesamt, Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

                                                                                  2
Ernährungsindustrie in Hessen

Beschäftigte

37.697 Beschäftigte zählte die heimische Ernährungsindustrie im Jahr 2020, was 9,4 %
aller hessischen Industriebeschäftigten entspricht. 6,1 % der Beschäftigten der Branche
bundesweit sind in der hessischen Ernährungsindustrie tätig.

Wie stellt sich die Beschäftigungsentwicklung in der hessischen Ernährungsindustrie in
den letzten Jahren dar? Im gesamten Berichtszeitraum konnte die Ernährungsindustrie
Jahr für Jahr die Zahl ihrer Beschäftigten erhöhen, wenngleich die Dynamik auf Bundes-
ebene zumeist kräftiger ausfiel. Für 2019 steht für die hessische Ernährungsindustrie ein
um 0,5 % höherer Beschäftigungsstand als im Vorjahr zu Buche. Für das Corona-Jahr
2020 wird für die Branche in Hessen ein geringfügiges Beschäftigungsplus von 0,2 %
(Bund: -0,8 %) ausgewiesen. Dies steht im Gegensatz zur Beschäftigungsentwicklung in
der hessischen Industrie insgesamt (-3,3 %), denn in zahlreichen anderen Industriebran-
chen ist die Beschäftigung – ungeachtet der massiven Ausweitung des Arbeitsmarktin-
struments der Kurzarbeit – zurückgegangen. Der ergänzende Blick auf die – aus metho-
dischen Gründen nur eingeschränkt mit den Jahresergebnissen vergleichbaren – Quar-
talsergebnisse für das Jahr 2020 legt nahe, dass die Beschäftigungsentwicklung bei den
kleineren Betrieben (unter 50 Beschäftigte) der Ernährungsindustrie weniger positiv ver-
laufen ist.

Entwicklung der Beschäftigung in der Ernährungsindustrie sowie im Verarbeitenden Gewerbe in
Hessen und Deutschland 2015 bis 20201

                         Ernährungsindustrie                                           Verarbeitendes Gewerbe
 in % zum Vorjahr                                              in % zum Vorjahr
 bzw. Vorjahresquartal                                         bzw. Vorjahresquartal
 5                                                              5
                                                                                               Beschäftigte 2020
 4                                                             4                               (in 1.000):
                                                                                                   Hessen          399,1
 3                                                             3                                   Deutschland   6.253,5

 2                                                             2

 1                                                             1

 0                                                             0

 -1                                                            -1

 -2                                                            -2

 -3                                  Beschäftigte 2020         -3
                                     (in 1.000):
 -4                                    Hessen          37,7    -4
                                       Deutschland   614,0
 -5                                                            -5
      15   16   17   18    19   20       1/20 2/20 3/20 4/20        15   16   17   18    19   20        1/20 2/20 3/20 4/20

1 Die Quartalswerte sind nur eingeschränkt mit den Jahresangaben vergleichbar, da Erstere u.a. auf einem kleineren
Berichtskreis basieren (Betriebe ab 50 versus ab 20 Beschäftigte).

Quelle: Statistisches Bundesamt, Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

                                                      3
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Unternehmenslandschaft: Betriebe und bedeutende
              Unternehmen

              Die Ernährungsindustrie zählte im Jahr 2019 hessenweit 342 Betriebe (Vorjahr: 354). In
              der Nahrungs- und Futtermittelherstellung sind mit 318 die meisten der Betriebe tätig,
              das Getränkesegment umfasst 36 Betriebe (Vorjahr: 36). Bei 23 Betrieben handelt es
              sich um Großbetriebe (250 und mehr Beschäftigte), wobei der Anteil der Großbetriebe
              bei der Getränkeherstellung mit neun Betrieben um ein Vielfaches über dem im Nah-
              rungsmittelbereich (14 Betriebe) liegt.

              Anteil der Großbetriebe1 in der Ernährungsindustrie an Zahl der Betriebe, Beschäftig-
              ten und Umsatz im Jahr 2018 (2016)2

                                  6,3                                         Ernährungsindustrie in Hessen
                  Betriebe          8,0
                                                                              Ernährungsindustrie in Deutschland
                                        10,9
                                                                              Verarbeitendes Gewerbe in Hessen

                                                                             50,2
              Beschäftigte                                        41,4
                                                                                          61,2

                                                                                         60,0
                   Umsatz                                             44,9
                                                                                                 72,9

                             0                 20            40                     60              80                 100
                                                                                                               Anteil in %

              1 Betriebe mit 250 und mehr Beschäftigten.
              2 Aus Gründen der Sperrung von Einzelangaben beziehen sich die Angaben für Hessen auf das Jahr
              2018, die für Deutschland auf das Jahr 2016.

              Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

              Diese Großbetriebe erzielten im Jahr 2018 mit 50,2 % der Beschäftigten 60,0 % des
              Branchenumsatzes. Die Konzentration von Beschäftigung und Umsatz in der Ernäh-
              rungsindustrie in Hessen ist damit gemessen am Industriedurchschnitt (61,2 % bzw.
              72,9 %) relativ gering, aber klar höher als auf Bundesebene (41,4 % bzw. 44,9 %). Hier-
              für zeichnet wesentlich die höhere Konzentration in der heimischen Getränkeindustrie
              verantwortlich, der in Hessen zudem eine deutlich größere Bedeutung zukommt als auf
              Bundesebene.2

              Wie sieht die Unternehmenslandschaft der Ernährungsindustrie aus, d.h. wo haben z.B.
              große Unternehmen der Branche ihren Sitz? Gibt es möglicherweise regionale Schwer-

              2 Vgl. hierzu ausführlich den Abschnitt Produktpalette und Produktionsschwerpunkte auf S. 13.

                                                                  4
Ernährungsindustrie in Hessen

punkte? Zur Beantwortung dieser Fragen zeigt zunächst nachfolgende Karte die regio-
nale Verteilung der Zahl der Betriebe und Beschäftigten auf Basis der amtlichen Statistik.

Regionale Verteilung der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln1 in Hessen im Jahr 2019

1 Da für den Bereich der Getränkeherstellung nur für vereinzelte Kreise Angaben vorliegen, beziehen sich die Angaben
in dieser Karte ausschließlich auf die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln.
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Hessen Agentur auf Kartengrundlage der GfK Geomarketing GmbH.

                                                 5
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Die Branche zeichnet sich durch eine eindeutige Konzentration auf Südhessen aus: Al-
              lein in Frankfurt am Main haben gemäß amtlicher Statistik gut 4.200 Beschäftigte (2019)
              ihren Arbeitsplatz in der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln. Im RB Darmstadt
              insgesamt sind es rund 16.300 Beschäftigte in 153 Betrieben. Für Mittelhessen werden
              über 7.900 Beschäftigte in 54 Betrieben ausgewiesen. Im Regierungsbezirk Kassel fällt
              die Zahl der Betriebe mit 99 zwar annähernd doppelt so hoch wie in Mittelhessen aus,
              die Zahl der Beschäftigten ist mit rund 5.700 Personen allerdings niedriger.

              Die nachfolgend dargestellten Rechercheergebnisse der Hessen Agentur zu bedeuten-
              den Unternehmen und Betrieben sowie deren Produkte und Beschäftigten werden nach
              den drei hessischen Regierungsbezirken gegliedert.3 Die für die Branche relevanten
              Standorte dieser Unternehmen und Betriebe sind in drei weiteren Karten getrennt nach
              Süd-, Mittel- und Nordhessen visualisiert.

              Südhessen

              An erster Stelle ist der größte Lebensmittelkonzern der Welt, dessen Wurzeln4 sowie die
              Deutschlandzentrale – Nestlé Deutschland AG – mit über 1.000 Mitarbeitern in Frank-
              furt liegen, zu nennen. Hier ist auch die Radeberger Gruppe KG (ein Unternehmen der
              Oetker Gruppe), die mit rund 8.000 Mitarbeitern größte deutsche Brauereigruppe
              deutschlandweit, ansässig. Zum Produktportfolio der Radeberger Gruppe zählen u.a.
              auch die regionalen Marken Binding und Henninger, aber auch Schöfferhofer Weizen
              und Clausthaler Alkoholfrei werden in Frankfurt gebraut. Zur Oetker-Gruppe gehört zu-
              dem die Henkell & Co. Sektkellerei KG, Anbieter von Sekt, Wein und Spirituosen, die
              ihre Unternehmenszentrale mit rund 600 Mitarbeitern in Wiesbaden hat. Nach dem Er-
              werb der spanischen Freixenet im Jahr 2018 ist Henkell zum weltweit größten Sektpro-
              duzenten aufgestiegen und tritt unter der Marke „Henkell Freixenet“ auf. Ein großer Ar-
              beitgeber der Ernährungsindustrie in Hessen ist auch die Wilhelm Brandenburg GmbH
              & Co. oHG mit insgesamt über 1.300 Beschäftigten in Frankfurt und in Dreieich. Das
              Unternehmen produziert Wurst- und Fleischwaren (u.a. die „Original Frankfurter Würst-
              chen“), Feinkost und Frischfleisch. Wilhelm Brandenburg plant aktuell einen Neubau in
              Erlensee im Main-Kinzig-Kreis, wohin nach der Fertigstellung im Jahr 2025 die Verwal-
              tungsbereiche sowie sämtliche Maschinen und Anlagen umziehen sollen. In Frankfurt
              befindet sich zudem die mit über 500 Mitarbeitern größte Produktionsstätte der Glocken-
              brot Bäckerei GmbH & Co. oHG. Backen im weiteren Sinne ist auch das Geschäft der
              Zeelandia GmbH & Co. KG mit Sitz in Frankfurt und rund 200 Mitarbeitern. Zeelandia
              produziert Backmittel und Backzutaten. In Frankfurt befindet sich auch die Zentrale der
              Ferrero Deutschland GmbH, produziert wird jedoch im mittelhessischen Stadtallendorf.
              Auch der Hauptsitz der Milupa Nutricia GmbH, Hersteller von Säuglings- und Klein-

              3 Ein unmittelbarer Vergleich der voranstehenden Karte, die auf Angaben der amtlichen Statistik be-
                ruht, mit den nachfolgenden Rechercheergebnissen ist nicht möglich. Dies u.a. deshalb, weil den
                Daten der amtlichen Statistik die Betriebsebene zugrunde liegt, während sich die Angaben im Text
                weitgehend auf (größere) Unternehmen beziehen.
              4 In Frankfurt am Main wurde Heinrich Nestle, der Gründer von Nestlé, geboren.

                                                              6
Ernährungsindustrie in Hessen

kindernahrung, sowie der Schwestergesellschaft Danone Waters Deutschland GmbH,
die Vertriebsgesellschaft von Wassermarken wie Volvic und Evian, befinden sich in
Frankfurt.

Bedeutende Unternehmen und Betriebe der Ernährungsindustrie in Südhessen

Quelle: Recherchen Hessen Agentur (2020/2021), Hessen Agentur auf Kartengrundlage GfK Geomarketing GmbH.

Backwaren werden selbstverständlich auch außerhalb von Frankfurt am Main herge-
stellt: In Groß-Gerau ist der Sitz der Erlenbacher Backwaren GmbH, die mit rund 600
Mitarbeitern Tiefkühlbackwaren produziert. Und Mühlheim im Landkreis Offenbach ist
der Hauptsitz sowie einer der zwei Produktionsstandorte der Wiener Feinbäckerei He-
berer GmbH, die ein breites Filialnetz und insgesamt rund 1.300 Mitarbeiter einschließ-
lich Franchisebetriebe hat. Unmittelbar bei Heberer arbeiten gut 400 Beschäftigte.
Schließlich befindet sich in Neu-Isenburg die Zentrale von The Lorenz Bahlsen Snack-
World GmbH & Co KG Germany, einem großen Hersteller u.a. von Kartoffelchips und

                                              7
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Laugengebäck. Dieser produziert zwar nicht in Hessen, entwickelt in Neu-Isenburg aber
              neue Knabbereien.

              Neu-Isenburg ist auch Sitz der PepsiCo Deutschland GmbH (über 400 Mitarbeiter in
              Hessen) und in Rodgau befindet sich eine Abfüllanlage des Unternehmens. Die Coca-
              Cola European Partners Deutschland GmbH ist ebenfalls im Rhein-Main-Gebiet ver-
              treten: In Liederbach im Main-Taunus-Kreis befindet sich noch eine Produktionsanlage
              mit über 300 Beschäftigten, die allerdings im Herbst 2021 geschlossen werden soll. Das
              Unternehmen ist – Presseberichten zufolge – aktuell auf der Suche nach einem neuen
              Standort im Rhein-Main-Gebiet. Zu den großen Getränkeherstellern in Südhessen ge-
              hört auch die HassiaGruppe, eine der ältesten deutschen Mineralwassermarken und
              inzwischen einer der stärksten deutschen Markenanbieter von alkoholfreien Getränken,
              mit Stammhaus in Bad Vilbel und rund 500 Mitarbeitern vor Ort. Im nahegelegenen Kar-
              ben befindet sich die zur HassiaGruppe gehörende Kelterei Rapp's. In Nordhessen (Cal-
              den) ist ein weiterer Standort der Unternehmensgruppe zu finden. Ebenfalls im Wetter-
              aukreis – in Rosbach v. d. Höhe – produziert die Dr. Schär Deutschland GmbH Amino-
              säuremischungen und eiweißarme Ernährung. Das Unternehmen mit einem weiteren,
              größeren Standort in Mittelhessen und insgesamt über 200 Mitarbeitern in Hessen hat
              sich auf Produkte für Menschen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen spezialisiert.

              Auch die Schwälbchen-Gruppe – Bad Schwalbach ist der Sitz der größten hessischen
              Molkerei Schwälbchen Molkerei Jakob Berz AG – ist anzuführen, die sich mit rund 400
              Mitarbeitern im Rhein-Main-Gebiet auf Molkereiprodukte spezialisiert hat. Feinkost – ins-
              besondere Antipasti – wird in Taunusstein in der Produktionsstätte der Reichold Fein-
              kost GmbH (Feinkost Dittmann) mit rund 200 Mitarbeitern hergestellt. Noch werden in
              Walluf von der VAN HEES GmbH, die dort über 250 Mitarbeiter beschäftigt, Produkte für
              die Fleischwirtschaft hergestellt – so z.B. Gewürze, Gütezusätze, Marinaden und Aro-
              men. Das Unternehmen plant eine neue Produktionsanlage und die Verlegung des
              Hauptsitzes nach Hochheim am Main. Nicht weit entfernt in Eltville befindet sich ein
              Standort der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH mit rund 300 Beschäftigten.
              Ein Sektreifelager des Unternehmens ist in Hochheim am Main angesiedelt.

              Für die Getränke- wie auch für die Lebensmittelindustrie ist die Döhler Group tätig, die
              in Darmstadt an ihrem Hauptsitz rund 1.700 Mitarbeiter beschäftigt. Das Unternehmen
              ist ein bedeutender Hersteller u.a. von Fruchtsaftkonzentraten, Fruchtzubereitungen so-
              wie Aromen und Farben. Weiter südlich, in Heppenheim, befindet sich mit dem Lang-
              nese-Werk (rund 600 Mitarbeiter) der Unilever Deutschland Produktions GmbH
              & Co OHG eines der größten Eiskremwerke Europas, in dem auch für andere Unilever-
              Unternehmen Speiseeis produziert wird. Ebenfalls an der Bergstraße, in Alsbach im
              Landkreis Darmstadt-Dieburg, betreibt die Intersnack Knabber-Gebäck GmbH &
              Co. KG die deutschlandweit größte Produktionsstätte der Gruppe für salzige Snacks mit
              rund 400 Mitarbeitern. Und in Breuberg im Odenwaldkreis stellen rund 200 Beschäftigte
              der Andros Deutschland GmbH Obstkonserven, Fruchtaufstriche und Konfitüren her.

                                                          8
Ernährungsindustrie in Hessen

Mittelhessen

Der mit Abstand größte Arbeitgeber der Ernährungsindustrie in Hessen ist der Süßwa-
renhersteller Ferrero Deutschland GmbH mit über 4.000 Mitarbeitern am weltweit größ-
ten Produktionsstandort des Unternehmens in Stadtallendorf. Die Unternehmenszen-
trale befindet sich hingegen in Frankfurt. Die bereits erwähnte Dr. Schär Deutschland
GmbH stellt in ihrer größten deutschen Niederlassung in Ebsdorfergrund-Dreihausen
(Landkreis Marburg-Biedenkopf) glutenfreies Gebäck für den Weltmarkt her. In Hungen
im Landkreis Gießen befindet sich ein Werk der Hochwald Foods GmbH, die mit insge-
samt mehr als 400 Beschäftigten in Hessen Frischeprodukte (z.B. Milch und Sahne),
aber auch Molkenpulver und Magermilchkonzentrat für die Baby- und Kindernahrungs-
industrie herstellt. Ein weiteres Werk des Unternehmens befindet sich in Hünfeld (Land-
kreis Fulda). In Lich befindet sich die Licher Privatbrauerei Jhring-Melchior GmbH.

Bedeutende Unternehmen und Betriebe der Ernährungsindustrie in Mittelhessen

Quelle: Recherchen Hessen Agentur (2020/2021), Hessen Agentur auf Kartengrundlage GfK Geomarketing GmbH.

Ein sehr bekanntes Unternehmen der Branche in Mittelhessen ist zudem die Selters
Mineralquelle Augusta Victoria GmbH in Löhnberg-Selters im Landkreis Limburg-Weil-
burg. In Limburg ist auch der Stammsitz der Schäfer Dein Bäcker GmbH & Co. KG. Ein
Großteil der rund 1.000 Mitarbeiter der Großbäckerei sind in verschiedenen Backstuben
und Fachgeschäften in Hessen beschäftigt. Einen sehr ähnlichen Namen trägt eine wei-
tere mittelhessische Großbäckerei: Die Schäfers Backstuben GmbH aus Biedenkopf,
die mit 600 Mitarbeitern rund 60 eigene Filialen in Mittelhessen mit Brot und Backwaren
versorgt.

                                              9
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Nordhessen

              Auch Nordhessen ist Sitz großer Unternehmen der Ernährungsindustrie. So ist Gilser-
              berg im Schwalm-Eder-Kreis der Sitz der Viehmeier GmbH & Co. KG. Für die Großbä-
              ckerei (Filialnetz und Produktionsunternehmen vor allem in Nord- und Mittelhessen) sind
              über 500 Personen tätig. Eine weitere Großbäckerei ist die in Poppenhausen im Land-
              kreis Fulda beheimatete papperts GmbH & Co. KG mit zahlreichen Verkaufsstellen und
              insgesamt rund 1.600 Mitarbeitern.

Bedeutende Unternehmen und Betriebe der Ernährungsindustrie in Nordhessen

Quelle: Recherchen Hessen Agentur (2020/2021), Hessen Agentur auf Kartengrundlage GfK Geomarketing GmbH.

              Ebenfalls in Landkreis Fulda, und zwar in Hünfeld, befindet sich ein weiteres Werk der
              bereits erwähnten Hochwald Foods GmbH, in dem Käse hergestellt wird. Im Landkreis
              Fulda sind auch zwei große Mineralwasseranbieter ansässig – und zwar in Eichenzell

                                                           10
Ernährungsindustrie in Hessen

die Förstina-Sprudel Mineral- und Heilquelle Erhardt & Sohn GmbH & Co. mit rund
400 Beschäftigten und in Ebersburg die Mineralbrunnen Rhön-Sprudel Egon Schindel
GmbH mit 300 Mitarbeitern. Fleisch- und Wurstwaren sind das Geschäft der Fleisch-
werk Hessengut GmbH in Melsungen mit knapp 400 Beschäftigten. Geflügel- und Con-
venienceprodukte sind die Spezialitäten der Plukon Gudensberg GmbH mit über 300
Mitarbeitern ebenfalls im Schwalm-Eder-Kreis. Für die Milupa GmbH und ihr Schwes-
terunternehmen Milupa Nutricia GmbH, Hersteller von Säuglings- und Kleinkindernah-
rung, sind rund 700 Mitarbeiter in Fulda tätig. Die Niederlassung in Fulda ist europaweit
das strategisch wichtigste Werk des Konzerns für Säuglings- und Kleinkindernahrung.
Schließlich sind auch die Vitaqua GmbH, Wasser- und Mischgetränkeabfüller im Gewer-
begebiet Breuna / Wolfhagen mit rund 200 Beschäftigten sowie der zur Hassia Gruppe
gehörende Wilhelmsthaler Mineralbrunnen in Calden zu nennen.

Umsatz

8,7 Mrd. Euro Umsatz konnte die hessische Ernährungsindustrie im Jahr 2020 erwirt-
schaften – 7,5 % des Umsatzes des hessischen Verarbeitenden Gewerbes insgesamt.
4,7 % des Branchenumsatzes 2020 deutschlandweit wurden von der hessischen Ernäh-
rungsindustrie erzielt.

Die Umsatzentwicklung der letzten Jahre zeigt, dass die hessische Ernährungsindustrie
2015 und 2016 rückläufige Umsätze hinnehmen musste, wobei für den außergewöhnlich
hohen Rückgang 2015 maßgeblich der Nahrungsmittelbereich verantwortlich zeichnete.
Erfreulicherweise konnte die Branche in den Folgejahren den Umsatz jeweils steigern,
wobei das Plus in den Jahren 2018 und 2019 über dem Durchschnitt der hessischen
Industrie bzw. über dem Zuwachs der Branche bundesweit lag. Im Jahr 2019 erwirtschaf-
tete die hessische Ernährungsindustrie einen Umsatzzuwachs in Höhe von 4,9 %, wäh-
rend in der Branche bundesweit der Umsatz um 3,2 % und in der hessischen Industrie
um 1,9 % zunahm. Sowohl vom Inlandsumsatz (+4,6 %) als auch vom Umsatz mit dem
Ausland (+5,9 %) gingen expansive Impulse für die heimische Branche aus.

Und im Jahr 2020, d.h. in Zeiten der Corona-Pandemie? Für 2020 wird für die hessische
Ernährungsindustrie ein Umsatzrückgang von 1,1 % (Bund: ±0 %) ausgewiesen, womit
das Minus deutlich geringer ausfällt als im Durchschnitt der hessischen Industrie (-6,2 %).
Der Inlandsumsatz der Ernährungsindustrie gab um 1,0 % nach, der Umsatz mit dem
Ausland um 1,3 %. Auch im Hinblick auf die beiden Segmente der Branche verlief die
Entwicklung weitestgehend gleich: Mit der Herstellung von Nahrungsmitteln wurde 2020
1,1 % weniger Umsatz als im Vorjahr erwirtschaftet, bei der Getränkeindustrie war der
Umsatz um 1,0 % geringer. Damit ist die Ernährungsindustrie – im Gegensatz etwa zur
Automobilindustrie, in der die Fertigung in einigen Produktionsstätten für mehrere Wo-
chen komplett eingestellt wurde – vergleichsweise gut durch die Corona-Krise gekom-
men ist. Und so manches Unternehmen hat vielleicht sogar von „Hamsterkäufen“ im Ein-
zelhandel profitiert, wenn es im Gegensatz zu den Wettbewerbern lieferfähig war und
ggf. sogar die Produktionskapazitäten noch ausweiten konnte. So war denn auch der
März 2020 ein ausgesprochen umsatzstarker Monat für die Branche, was sich auch im
Konjunkturverlauf des Jahres 2020 anhand der Quartalswerte widerspiegelt. Gesamt-

                                           11
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

                 wirtschaftlich betrachtet stehen derartigen Vorzieheffekten jedoch in der Regel Umsatz-
                 einbußen zu einem späteren Zeitpunkt gegenüber.

Umsatzentwicklung in der Ernährungsindustrie sowie im Verarbeitenden Gewerbe in Hessen und
Deutschland 2015 bis 20201

                         Ernährungsindustrie                                              Verarbeitendes Gewerbe
 in % zum Vorjahr                                                 in % zum Vorjahr
 bzw. Vorjahresquartal                                            bzw. Vorjahresquartal
 10                                                                10

  5                                                                5

  0                                                                0

  -5                                                               -5

 -10                                                              -10

 -15                                                              -15
                                        Umsatz 2020                      Umsatz 2020
                                        (in Mrd. Euro):                  (in Mrd. Euro):
 -20                                                              -20
                                         Hessen             8,7            Hessen        116,0
                                         Deutschland      185,3            Deutschland 1.774,3
 -25                                                              -25
       15   16   17      18   19   20      1/20 2/20 3/20 4/20          15   16   17      18   19   20   1/20 2/20 3/20 4/20

1 Die Quartalswerte sind nur eingeschränkt mit den Jahresangaben vergleichbar, da Erstere u.a. auf einem kleineren
Berichtskreis basieren (Betriebe ab 50 versus ab 20 Beschäftigte).

Quelle: Statistisches Bundesamt, Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

                 Produktpalette und Produktionsschwerpunkte

                 Die Ernährungsindustrie kann grob in zwei Segmente untergliedert werden – und zwar
                 in die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln einerseits sowie in die Getränkeher-
                 stellung andererseits. Die vielfältigen Erzeugnisse der heimischen Ernährungsindustrie
                 werden entweder – in der Regel über den Groß- und Einzelhandel – an die Endverbrau-
                 cher verkauft oder sie stellen Vorprodukte dar, d.h. sie werden von anderen Unterneh-
                 men der Branche weiterverarbeitet.

                 Für die hessische Ernährungsindustrie ist die große Bedeutung der Getränkeherstellung
                 charakteristisch. Diese trug 2019 36,1 % zum Branchenumsatz bei, während der ent-
                 sprechende Anteil auf Bundesebene nur bei 12,1 % liegt. Die Bandbreite der Getränke
                 aus Hessen reicht von Bier, Wein (inkl. Apfelwein) und Sekt über Erfrischungsgetränke
                 aller Art bis hin zu den zahlreichen Mineralwasserquellen. Ungeachtet der Biertradition,
                 der Weinanbaugebiete und der bekannten Sektmarken liegt der Schwerpunkt der heimi-
                 schen Getränkeindustrie auf nichtalkoholischen Getränken.

                                                                        12
Ernährungsindustrie in Hessen

Ernährungsindustrie: Umsatz nach Sparten in Hessen und Deutschland im Jahr 2019

                                                                         Hessen                   Deutschland

                                                              in Mio. Euro        in %    in Mio. Euro       in %

 Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln                    5.611              63,9    162.936           87,9

  Schlachten und Fleischverarbeitung                            1.005              11,4      45.707          24,7

  Fischverarbeitung                                                 0                0        2.438              1,3

  Obst- und Gemüseverarbeitung                                    524               6,0      11.214              6,1

  Herstellung von pflanzlichen u. tierischen Ölen u. Fetten         0                0        5.648              3,0

  Milchverarbeitung                                               705               8,0      29.019             15,7

  Mahl- und Schälmühlen, Herstellung von Stärke                   n.a.             n.a.       6.437              3,5
  und Stärkeerzeugnissen

  Herstellung von Back- und Teigwaren                           1.341              15,3      21.255             11,5

  Herstellung von sonstigen Nahrungsmitteln                     1.883              21,4      30.613          16,5

  Herstellung von Futtermitteln                                   n.a.             n.a.      10.605              5,7

 Getränkeherstellung                                            3.168              36,1      22.367          12,1

  Herstellung von Spirituosen                                     n.a.             n.a.       2.217              1,2

  Herstellung von Traubenwein                                     770               8,8        n.a.              n.a

  Herstellung von Apfelwein, anderen Fruchtweinen,                n.a.             n.a.        n.a.             n.a.
  Wermutwein und sonstigen aromatisierten Weinen

  Herstellung von Bier                                            234               2,7       8.347              4,5

  Herstellung von Malz                                            n.a.             n.a.        698               0,4

  Herstellung von Erfrischungsgetränken; Gewinnung              2.089              23,8       8.524              4,6
  natürlicher Mineralwässer

 Insgesamt                                                      8.779             100,0    185.302          100,0

n.a.: Zahlenwert geheim zu halten.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

Im Gegenzug fällt der Umsatzanteil der Nahrungs- und Futtermittelherstellung in Hessen
mit 63,9 % klar geringer aus als im Bundesdurchschnitt (87,9 %). Die größte Bedeutung
innerhalb dieses Bereichs der Ernährungsindustrie kommt in Hessen der Herstellung von
sonstigen Nahrungsmitteln (Umsatzanteil: 21,4 %) zu. Hierbei handelt es sich um eine
ausgesprochen heterogene zusammengesetzte Warengruppe, deren Produkte z.B. Sü-
ßigkeiten (u.a. Schokolade aller Art), Würzmittel und Soßen, Fertiggerichte und Lebens-
mittel für eine besondere Ernährung (z.B. Nahrung für Babys und Kleinkinder, glutenfreie

                                                      13
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

               Lebensmittel) umfassen. Zwar wird auch in Hessen Nutzvieh gehalten – bei weitem jedoch
               nicht in den Dimensionen wie etwa in Niedersachsen oder in Bayern. Dies spiegelt sich u.a.
               im Bereich Schlachten und Fleischverarbeitung (11,4 %) wider, dem auf Bundesebene
               ein nahezu doppelt so hoher Anteil von 24,7 % gegenübersteht.

               Internationales: Außenhandel, Direktinvestitionen
               und Eigentumsverhältnisse

               Für die hessische Ernährungsindustrie steht 2020 ein Umsatz von 8,7 Mrd. Euro zu Bu-
               che. 2,4 Mrd. Euro dieses Umsatzes wurden mit dem Ausland erwirtschaftet, woraus sich
               eine Exportquote von 27,4 % (Deutschland: 21,5 %) ergibt. Zwar ist die Bedeutung der
               Exportmärkte für die Branche im Laufe der letzten Jahre tendenziell gestiegen, die Ex-
               portquote fällt jedoch nach wie vor erheblich geringer als im Durchschnitt der hessischen
               Industrie (53,4 %) aus. Die Verderblichkeit vieler Nahrungsmittel sowie das oftmals un-
               günstige Verhältnis von Gewicht zu Warenwert – und damit anteilig hohe Transportkos-
               ten – limitieren die Handelbarkeit. Hinzu kommen tarifäre und nicht tarifäre Handels-
               hemmnisse.

Hessischer Außenhandel mit Erzeugnissen der Ernährungsindustrie1 im Jahr 2020: Export- und Im-
portvolumen2 sowie wichtigste Handelspartner

1 Ohne lebende Pflanzen und Erzeugnisse von Ziergärtnereien.
2 Eine Saldierung der Ein- und Ausfuhrwerte ist aufgrund unterschiedlicher Erfassungskonzepte nicht statthaft.

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

                                                                  14
Ernährungsindustrie in Hessen

Die Ausfuhr von Waren der Ernährungswirtschaft summierte sich 2020 auf 2,9 Mrd.
Euro – fast so viel wie im Vorjahr (3,0 Mrd. Euro). Größter Abnehmer der hessischen
Ernährungsindustrie war Frankreich mit Abstand vor der VR China, Österreich, dem Ver-
einigten Königreich und den Niederlanden. Wie in so vielen anderen Ländern weltweit,
so erfreuen sich auch in vier der genannten Staaten aus Hessen eingeführte Kakaoer-
zeugnisse – d.h. im Wesentlichen Süßwaren aus bzw. mit Schokolade – einer regen
Nachfrage. Ganz anders hingegen bei der VR China, die noch vor wenigen Jahren nicht
unter den TOP5 rangierte: Drei Viertel der 2020 dorthin exportierten Nahrungsmittel sind
der Gruppe „Backwaren und andere Zubereitungen aus Getreide“ zuzuordnen, wozu
auch Zubereitungen zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern zählen. Insgesamt
gesehen waren 4,7 % der hessischen Exporte des Jahres 2020 Erzeugnisse der Ernäh-
rungsindustrie.

Im Jahr 2020 importierte Hessen Erzeugnisse der Ernährungswirtschaft – von verzehr-
fertigen Nahrungsmitteln über Grundstoffe zur Weiterverarbeitung sowie Zutaten bis hin
zu lebenden Tieren – für 4,4 Mrd. Euro, d.h. etwas mehr als im Vorjahr. Damit hat sich
weder der Wert der Ausfuhr noch der der Einfuhr im Corona-Jahr wesentlich geändert –
im Gegensatz zu vielen anderen Gütergruppen. Bedeutendster Lieferant 2020 war Italien
(wichtigste Importgüter: Nudeln aller Art) vor den Niederlanden (Fleisch und Fleischwa-
ren), Belgien (Kakaoerzeugnisse), Polen (Backwaren) und Frankreich (Wein). Insgesamt
gesehen stellten die Erzeugnisse der Ernährungsindustrie 4,3 % der gesamten hessi-
schen Einfuhr des Jahres 2020.

Nicht nur der Im- und Export, sondern auch die Direktinvestitionsverflechtungen5 sind
ein wichtiger Indikator für die internationale Ausrichtung der hessischen Ernährungsin-
dustrie. In Zeiten der Globalisierung gibt es kaum eine Branche, die nicht grenzüber-
schreitend investiert. Die Motive für derartige Investitionen im Ausland – bzw. umgekehrt
für ausländische Investoren in Hessen – sind zahlreich. Sozusagen die klassischen Mo-
tive für Direktinvestitionen sind die Erschließung eines neuen Absatzmarkts durch den
Aufbau eines Vertriebsnetzes vor Ort oder die Gründung einer Auslandsniederlassung
(ggf. als Joint-Venture), um marktnah produzieren zu können. Aber auch z.B. die Über-
nahme eines Konkurrenten im Ausland oder die Beteiligung eines ausländischen Finanz-
investors an einem Unternehmen in Hessen sind Direktinvestitionen.

Das Ausland – genauer gesagt: Investoren fast ausschließlich aus Europa – hatte zum
Jahresende 2018 ein Volumen von 820 Mio. Euro in der hessischen Ernährungsindustrie
investiert, wobei der Fokus eindeutig auf dem Nahrungsmittelsegment liegt. Für die um-
gekehrte Richtung, d.h. für die hessischen Investitionen im Ausland, liegen für die Ernäh-
rungsindustrie keine Angaben vor.

5 Als Direktinvestitionen grenzüberschreitende Beteiligungen am Kapital oder an den Stimmrechten
  eines Unternehmens von 10 % oder mehr. Die Direktinvestitionsbestände werden – grob vereinfacht
  – aus dem Beteiligungskapital unter Berücksichtigung der wechselseitigen Kreditbeziehungen be-
  rechnet. Aufgrund einer Meldefreigrenze werden Direktinvestitionsobjekte erst ab einer Bilanzsumme
  von über drei Mio. Euro erfasst. Datenquelle der (vorläufigen) Angaben ist die Deutsche Bundesbank.

                                                15
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

                Die Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Ernährungsindustrie eröff-
                nen ebenfalls einen Einblick in die Internationalität der Branche am Standort Hessen. Die
                der nachfolgenden Tabelle vorangestellten Flaggen geben einen ersten optischen Ein-
                druck über das zahlenmäßige Verhältnis zwischen deutschem und ausländischem Ei-
                gentum an den nachfolgend einzeln aufgeführten Unternehmen. Die zum Teil komplexen
                Verflechtungen – so z.B. werden Beteiligungen zum Teil über Drittländer gehalten oder
                ein Unternehmen befindet sich im Eigentum mehrerer anderer Unternehmen – erschwe-
                ren allerdings bisweilen eine eindeutige Aussage. Zur Perspektive des investiven Enga-
                gements in Hessen tritt naturgemäß noch die Gegenrichtung: Zahlreiche Unternehmen
                der Ernährungsindustrie sind im Ausland aktiv und unterhalten dort z.B. Produktionsstät-
                ten.

Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Ernährungsindustrie in Hessen

Unternehmen                                           Konzernmutter                                Sitz Unternehmen bzw.
                                                                                                   Sitz Konzernmutter

 Andros Deutschland GmbH                              Andros et Cie                                Frankreich

 Coca-Cola European Partners Deutschland GmbH         The Coca-Cola Company Inc.                   USA

 Danone Waters Deutschland GmbH                       Danone S.A.                                  Frankreich

 Döhler Group                                         Familienbesitz                               Deutschland

 Dr. Schär Deutschland GmbH                           Dr. Schär SPA                                Italien

                                                      Froneri Ltd. (Gemeinschaftsunternehmen von
 Erlenbacher Backwaren GmbH                                                                        UK
                                                      Nestlé S.A. und R&R Ice cream plc)

 Ferrero Deutschland GmbH                             Ferrero International S.A.                   Italien

                                                      EDEKA-Hessenring eG (50%), EDEKA Zentral-
 Fleischwerk Hessengut GmbH                                                                        Deutschland
                                                      handelsgesellschaft mbH (50%)

 Förstina-Sprudel Mineral- und Heilquelle Erhardt &
                                                      Familienbesitz                               Deutschland
 Sohn GmbH & Co.

 Glockenbrot Bäckerei GmbH & Co. oHG                  REWE-Zentralfinanz eG                        Deutschland

 HassiaGruppe                                         Familienbesitz                               Deutschland

 Henkell & Co. Sektkellerei KG                        Dr. August Oetker KG (Familienbesitz)        Deutschland

 Hochwald Foods GmbH                                  Hochwald Milch eG                            Deutschland

 Intersnack Knabber-Gebäck GmbH & Co. KG              Pfeifer & Langen Gruppe (Familienbesitz)     Deutschland

 Läderach (Deutschland) GmbH                          Läderach (Schweiz) AG                        Schweiz

                                                                       16
Ernährungsindustrie in Hessen

                                                                                                   Sitz Unternehmen bzw.
 Unternehmen                                   Konzernmutter
                                                                                                   Sitz Konzernmutter

 Licher Privatbrauerei Jhring-Melchior GmbH    Bitburger Braugruppe GmbH (Familienbesitz)          Deutschland

 Milupa GmbH, Milupa Nutricia GmbH             Danone S.A.                                         Frankreich

 MineralBrunnen RhönSprudel Egon Schindel
                                               Familienbesitz                                      Deutschland
 GmbH

 Nestlé Deutschland AG                         Nestlé S.A.                                         Schweiz

 papperts GmbH & Co. KG                        Familienbesitz                                      Deutschland

 PepsiCo Deutschland GmbH                      PepsiCo Inc.                                        USA

 Plukon Gudensberg GmbH                        Bankiva B.V.                                        Niederlande

 Radeberger Gruppe KG                          Dr. August Oetker KG (Familienbesitz)               Deutschland

 Reichold Feinkost GmbH                        Familienbesitz                                      Deutschland

 Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH          Rotkäppchen GmbH (Familienbesitz)                   Deutschland

 Schäfer Dein Bäcker GmbH & Co. KG             Familienbesitz                                      Deutschland

 Schäfers Backstuben GmbH                      Familienbesitz                                      Deutschland

 Schwälbchen Molkerei Jakob Berz AG            börsennotiert, mehrheitlich Familienbesitz          Deutschland

 Selters Mineralquelle Augusta Victoria GmbH   Dr. August Oetker KG (Familienbesitz)               Deutschland

 The Lorenz Bahlsen Snack-World GmbH & Co. KG Familienbesitz                                       Österreich

 Unilever Deutschland Produktions GmbH & Co                                                        Niederlande /
                                               Unilever N.V. / Unilever plc
 OHG                                                                                               Vereinigtes Königreich

 VAN HEES GmbH                                 Familienbesitz                                      Deutschland

 Viehmeier GmbH & Co. KG                       Familienbesitz                                      Deutschland

 Vitaqua GmbH                                  MISIPI SE (Familienbesitz)                          Deutschland

 Wiener Feinbäckerei Heberer GmbH              Familienbesitz                                      Deutschland

 Wilhelm Brandenburg GmbH & Co. oHG            REWE-Zentralfinanz eG                               Deutschland

 Zeelandia GmbH & Co. KG                       Koninklijke Zeelandia Group B.V.                    Niederlande

Quelle: Recherchen der Hessen Agentur (2020/2021).

Forschung und Entwicklung

Innovationen – und damit Forschung und Entwicklung (FuE) – sind wesentliche Grund-
lage für die Wettbewerbsfähigkeit aller Branchen. Bei der Ernährungsindustrie stellen
sich die Rahmenbedingungen für Innovationen jedoch anders dar als etwa in der Auto-

                                               17
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              mobilindustrie, da die Verbraucher im Hinblick auf Lebensmittel sensibel reagieren. In-
              novationen werden deshalb ggf. weniger positiv wahrgenommen. Bestimmte Marktseg-
              mente der Branche (z.B. Convenience-Produkte, Genussnahrungsmittel und naturge-
              mäß funktionelle Lebensmittel) sind allerdings stark von Innovationen geprägt.

              Einen Eindruck von den quantitativen FuE-Aktivitäten der Unternehmen vermitteln die
              Angaben der jährlichen Erhebung des ZEW,6 nach denen 2019 insgesamt 5 % des Um-
              satzes der Nahrungsmittelindustrie (ohne Getränkeindustrie) deutschlandweit mit Pro-
              duktinnovationen erwirtschaftet wurden – einer der niedrigsten Anteilswerte aller Bran-
              chen. Die so genannte Innovatorenquote belief sich im Jahr 2019 auf 47 %, d.h. knapp
              die Hälfte der Unternehmen der Branche konnte neue Produkte oder Prozesse einführen.

              FuE findet naturgemäß nicht nur in der hessischen Wirtschaft statt, sondern zählt auch
              zu den originären Aufgaben der Hochschulen des Landes, wobei teilweise in Kooperation
              von Wissenschaft und Wirtschaft geforscht und entwickelt wird. Einige Beispiele aus der
              breiten Palette der Forschungseinrichtungen bzw. -themen in Hessen sind:

              –   Der Fachbereich Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement an
                  der Justus-Liebig-Universität Gießen – und hier insbesondere das Institut für Ernäh-
                  rungswirtschaft – beschäftigt sich mit zahlreichen Aspekten der Ernährung wie z.B.
                  mit der ernährungsphysiologischen Bewertung von Lebensmitteln, funktionellen Le-
                  bensmitteln sowie der Sicherheit und gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Le-
                  bensmitteln. Bereits der Namensgeber der Gießener Universität hat auf dem weiten
                  Feld der Ernährung geforscht („Liebig Fleischextrakt“).

              –   Das Institut für Lebensmittelchemie und Lebensmittelbiotechnologie des Fachbe-
                  reichs Biologie und Chemie an der Justus-Liebig-Universität Gießen forscht z.B. an
                  neuartigen Biokatalysatoren und biochemischen Methoden der Lebensmittelanalytik.

              –   Der Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften an der Universität Kassel verfügt
                  über rund 20 Fachgebiete, wobei das Forschungsspektrum von der Agrartechnik
                  über den ökologischen Land- und Pflanzenbau sowie den ökologischen Pflanzen-
                  schutz bis hin zum Agrar- und Lebensmittelmarketing reicht.

              –   In den Fachbereichen Oecotrophologie und Lebensmitteltechnologie an der Hoch-
                  schule Fulda wird z.B. zur Optimierung von Hygienemaßnahmen in Fleisch erzeu-
                  genden Betrieben und zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung geforscht.
                  Die Fachbereiche sind auch am Umsetzungsprojekt „Lez‘go Lebensmittel der Zu-
                  kunft – Ernährung 2030 in der Region Fulda“ beteiligt, bei dem es um die stärkere
                  Orientierung der Produktion von Lebensmitteln der Zukunft an ernährungs-, lebens-
                  mittel- und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen geht.

              –   Die knapp 20 Institute der Hochschule Geisenheim University forschen entlang der
                  gesamten Wertschöpfungskette von Sonderkulturen (Reben, Obst, Gemüse, Zier-
                  pflanzen). Der Fokus liegt in pflanzenwissenschaftlichen Themengebieten der Son-
                  derkulturen und deren vielfältigen Produktions- und Verarbeitungsbereichen. Hierzu

              6 Vgl. ZEW (Hrsg.): ZEW Branchenreport Innovationen – Nahrungsmittelindustrie, Mannheim 2021.

                                                           18
Ernährungsindustrie in Hessen

    gehören z.B. auch Forschungsansätze zu Aspekten der Getränkewissenschaften
    sowie der Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelanalytik. So hat das dortige Insti-
    tut für Mikrobiologie und Biochemie die Federführung des LOEWE-Schwerpunkts
    AROMAplus: von pflanzlichen Rohstoffen zur mikrobiologischen Produktion – Aroma
    und funktionelle Inhaltsstoffe aus Reben und Obst.

Investitionen

Ohne Investitionen können Produktionskapazitäten weder erhalten noch optimiert, ge-
schweige denn erweitert werden. Investitionen sind somit wesentlich für Wachstum und
Schaffung von Arbeitsplätzen. Nachfolgend werden zum einen die Bruttoanlageinvestiti-
onen, eine wichtige Kennziffer für die Investitionstätigkeit, der hessischen Ernährungsin-
dustrie thematisiert. Zum anderen wird auf die Ausgaben für Umweltschutzmaßnahmen
– eine spezielle Kategorie der Bruttoanlageinvestitionen – eingegangen.7

Die Bruttoanlageinvestitionen 8 der Ernährungsindustrie in Hessen beliefen sich im
Jahr 2019 auf 363 Mio. Euro – nahezu so viel wie im Vorjahr mit 374 Mio. Euro.

Bruttoanlageinvestitionen der Ernährungsindustrie in Hessen 2015 bis 2019

  Bruttoanlage-                                                                                      Bruttoanlage-
  investitionen                                                                                    investitionen im
  in Mio. Euro                                                                                  Verhältnis zum Umsatz
                                                                                                          in %
  750                                                                                                              7,5
                  6,2
                                                         5,3
                                      5,0                                      4,5
  500                                                                                                4,2         5,0
                  485
                                                          418
                                     373                                       374                 363
  250                                                                                                            2,5

    0                                                                                                            0,0
                  2015              2016                 2017                 2018                 2019

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

Ungeachtet des tendenziellen Rückgangs in den letzten Jahren fällt die Investitionsquote
der Branche, d.h. das Verhältnis von Bruttoanlageinvestitionen zum Umsatz, nach wie
vor höher als im Durchschnitt der hessischen Industrie aus – und auch höher als in der

7 Die Angaben zu den Umweltschutzinvestitionen (Berichtsjahr 2018) sind im Vergleich zu den Brutto-
  anlageinvestitionen (Berichtsjahr 2019) erst später verfügbar. Somit ist der Vergleich der jeweils ak-
  tuellen Daten nur eingeschränkt möglich.
8 Erfasst wird der Wert der im Geschäftsjahr aktivierten Bruttozugänge an Sachanlagen, d.h. Ersatz-
  und Neuinvestitionen. Aktivierte Großreparaturen und geringwertige Wirtschaftsgüter sind ebenso
  einbezogen wie selbst erstellte oder in Bau befindliche Anlagen sowie Leasing-Güter, die beim Lea-
  sing-Nehmer zu aktivieren sind. Nicht berücksichtigt werden insbesondere Investitionen in Zweignie-
  derlassungen im Ausland, Zugänge durch den Kauf ganzer Betriebe oder Unternehmen, der Erwerb
  von Finanzanlagen sowie der Erwerb von immateriellen Vermögensgegenständen (z.B. Patente).

                                                  19
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

                  Ernährungsindustrie auf Bundesebene. Für 2019 lauten die Werte 4,2 % (Ernährungsin-
                  dustrie Hessen) zu 3,2 % (Industrie Hessen und Ernährungsindustrie Deutschland). Mit
                  einem Anteil von 93 % stellen die Ausrüstungsinvestitionen den Schwerpunkt des Inves-
                  titionsgeschehens in 2019 dar. Das Spektrum reicht von Maschinen bis zur Betriebs- und
                  Geschäftsausstattung. Einen dementsprechend geringen Stellenwert (7 %) nehmen die
                  Bruttoanlageinvestitionen in Bauten – seien es Produktions-, Lager- oder Geschäftsge-
                  bäude – und Grundstücke (z.B. zur Erweiterung des Betriebsgeländes) ein.

                  Ein wichtiger Indikator für das Engagement einer Branche in Sachen Umweltschutz sind
                  die Investitionsausgaben für Umweltschutzmaßnahmen. 9 Diese Investitionen sind
                  allerdings keineswegs nur unter dem Gesichtspunkt eines verantwortungsvollen Um-
                  gangs mit der Umwelt zu sehen, sondern ein nachhaltiges Wirtschaften steht auch zu-
                  nehmend für die Leistungs- und Zukunftsfähigkeit einer Branche. So schonen etwa In-
                  vestitionen zur Energieeffizienzsteigerung nicht nur die Umwelt, sondern stellen über die
                  Kostenseite auch einen Wettbewerbsfaktor dar.

Umweltschutzinvestitionen der Ernährungsindustrie in Hessen 2014 bis 2018

 Umweltschutz-                                                                                         Anteil der Umwelt-
  investitionen                                                                                      schutzinvestitionen an
 in 1.000 Euro                                                                                         den Bruttoanlage-
                                                                                                       investitionen in %
 20.000                                                                        17.760                                 10,0
                                                          15.358
 16.000                               13.763                                                                          8,0
                   11.586
 12.000                                                                                              9.165            6,0

  8.000                                                                                                               4,0

  4.000                                                                                                               2,0

      0                                                                                                               0,0
                   2014                2015                2016                 2017                  2018
          Umweltschutzinvestitionen insgesamt      Klimaschutz      Sonstige ( Luftreinhaltung, Abwasserwirtschaft etc.)

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

                  Nach mehreren Jahren steigender Umweltschutzinvestitionen gingen diese von 2017 auf
                  2018 stark auf 9,2 Mio. Euro zurück. Damit beträgt der Anteil der Umweltschutzinvestiti-
                  onen an den gesamten Bruttoanlageinvestitionen 2018 der hessischen Ernährungsin-
                  dustrie 2,4 %, für die hessische Industrie insgesamt 4,4 %.

                  9 Zu den Umweltschutzinvestitionen gehören alle Investitionen in Sachanlagen, die eine Verringerung
                    oder Vermeidung von schädlichen Emissionen in die Umwelt bewirken bzw. den Einsatz von Res-
                    sourcen reduzieren. Es kann sich hierbei zum einen um additive Maßnahmen handeln, d.h. in der
                    Regel separate, vom übrigen Produktionsprozess getrennte Anlagen, die dem Produktionsprozess
                    vor- oder nachgeschaltet sind (z.B. Kläranlage). Zum anderen werden integrierte Maßnahmen er-
                    fasst, die dadurch charakterisiert sind, dass die Umweltbelastung direkt im Produktionsprozess redu-
                    ziert wird (z.B. durch geschlossene Prozess- und Kühlwasserkreisläufe oder durch Maschinen mit
                    niedrigen Lärmemissionen).

                                                                   20
Ernährungsindustrie in Hessen

Wie bereits in den Jahren 2016 und 2017 entfällt mit 6,2 Mio. der größte Anteil auf Inves-
titionen zum Schutz des Klimas. Hierunter werden Maßnahmen zur Vermeidung und Ver-
minderung der Emission von Kyoto-Treibhausgasen (u.a. CO2), Maßnahmen zur Nut-
zung erneuerbarer Energien sowie energieeffizienzsteigernde Maßnahmen und Energie-
sparmaßnahmen subsumiert. Der Schwerpunkt der sonstigen Umweltschutzinvestitio-
nen (2,9 Mio. Euro) lag 2018 auf der Abwasserwirtschaft, d.h. gewissermaßen auf einem
klassischen Umweltschutzbereich, der sich u.a. mit Maßnahmen zur Verminderung der
Abwassermenge bzw. Abwasserfracht befasst.

Energieverbrauch

Wie hoch ist der Energieverbrauch10 der Ernährungsindustrie in Hessen und welches
sind die wichtigsten Energieträger? Der Verbrauch für 2019 wird mit fast 8,9 Mio. Gi-
gajoule (GJ) angegeben, was 2,5 Mio. Megawattstunden (MWh) entspricht. Auf die Bran-
che entfallen damit 7,0 % des gesamten Energieverbrauchs der Industrie in Hessen.
Wichtigste Energieträger für die Branche sind Erdgas (58,1 %) und Strom (33,8 %). Ko-
chen, Rösten, Trocknen und Eindampfen sind Beispiele für typische Prozesse – die ther-
mische Energie steht im Mittelpunkt des Energieeinsatzes in der Branche – bei der Her-
stellung von Nahrungsmitteln.

Energieverbrauch der Ernährungsindustrie in Hessen im Jahr 2019 differenziert nach
Energieträgern

                                             8,1%

                                                                                Erdgas

                                     33,8%                                      Strom
                                                       58,1%
                                                                                Sonstige

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Berechnungen der Hessen Agentur.

Die Kennziffer Energieverbrauch je Beschäftigten als Indikator für die Energieintensität
ermöglicht den Vergleich der hessischen Ernährungsindustrie mit anderen hessischen
Industriezweigen und mit der Branche bundesweit. In Hessen verbrauchte die Branche

10 Soweit Energieträger als Brennstoffe zur Stromerzeugung in eigenen Anlagen eingesetzt werden,
   enthält der Gesamtenergieverbrauch Doppelzählungen, die sowohl den Energiegehalt der eingesetz-
   ten Brennstoffe als auch des erzeugten Stroms umfassen. Der Gesamtenergieverbrauch enthält
   ebenfalls den nichtenergetischen Verbrauch von Energieträgern, wobei diesem in den meisten Bran-
   chen (Ausnahme: Chemische Industrie) keine Bedeutung zukommt.

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