Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge - Bedeutung für die Elektromobilität VDI/VDE-Studie Mai 2019
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Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge Bedeutung für die Elektromobilität VDI/VDE-Studie Mai 2019 © shutterstock/Hadrian
Vorwort Die Elektromobilität stellt zweifelsohne einen wichti- Eine sachgerechte Diskussion erfordert zudem die gen Beitrag zum Klimaschutz und zur Nutzung erneu- Berücksichtigung aller Einflussgrößen. Neben den erbarer Energien im Verkehrssektor dar. Die derzeit in speziellen Nutzerinteressen, insbesondere der Wirt- Politik, Medien und Öffentlichkeit geführte Diskussi- schaft mit ihren speziellen Anforderungen und der on zur zukünftigen Elektromobilität lässt jedoch aus Stärkung des Standorts Deutschland, zählen hierzu Sicht der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt auch Aussagen zu den systemtechnischen Aspekten. (VDI-GEU) und der VDI-Gesellschaft Fahrzeugtech- Gleichfalls sind die verfügbaren Rohstoffe zu bewer- nik (VDI-FVT) sowie der Energietechnischen Gesell- ten sowie die ökologischen Konsequenzen zu berück- schaft im VDE (VDE/ETG) eine Ausgewogenheit in sichtigen. In diesem Zusammenhang ist auch der Bezug auf die Eigenschaften der einzelnen Systeme technische und wirtschaftliche Aufwand für Herstel- vermissen. Der Schwerpunkt der Diskussion kon- lung und Betrieb der neuen Infrastrukturen zu thema- zentriert sich vorrangig auf Anwendungen von Batte- tisieren. riefahrzeugen. VDI-GEU, VDI-FVT und VDE/ETG haben im Rah- Aktuell unterstützt die Bundesregierung die Elektro- men einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus Hoch- mobilität mit Kaufprämien und dem Aufbau einer schulen, Forschungseinrichtungen und Industrie ver- Ladeinfrastruktur. So sollen gemäß Koalitionsvertrag sucht, den derzeitigen Entwicklungstand von Brenn- bis 2020 mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektro- stoffzellenfahrzeugen (FCEV) und batterie- fahrzeuge zusätzlich verfügbar gemacht und die Er- elektrischen Fahrzeugen (BEV) darzustellen. Durch richtung von privaten Ladesäulen gefördert werden. Einbindung von vielfältigem Sachverstand sollen In Bezug auf Wasserstoff und Brennstoffzellen sieht relevante technische, ökologische und ökonomische der Koalitionsvertrag derzeit nur eine Förderung der Aspekte beider Technologien angemessen bewertet Sektorenkopplung sowie eine Anpassung des regula- werden. tiven Rahmens zur Einführung von „grünem Wasser- stoff“ vor. Die Analysen konzentrieren sich vorrangig auf den Pkw-Bereich; der Lkw-Sektor bleibt trotz seiner ener- Es ist die Auffassung von VDI-GEU, VDI-FVT und gie- und klimapolitischen Relevanz ausgespart genau- VDE/ETG, dass die brennstoffzellenbasierte Elektro- so wie andere Optionen, z. B. synthetische Kraftstof- mobilität ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Redu- fe. zierung der Emissionen von Treibhausgasen leisten kann. Dies ist auch die Einschätzung der Bahnbetrei- Ziel dieser Studie ist ein möglichst objektiver Ver- ber und neben Kostenaspekten ein gewichtiger Grund gleich der Vor- und Nachteile, um Vertretern aus für deren Entscheidung, neben Batteriezügen auch in Politik, Medien und interessierter Öffentlichkeit die Brennstoffzellenzüge zu investieren. Möglichkeit zu geben, sich ausgewogen zu informie- ren. Düsseldorf im Mai 2019 Dipl.-Ing. Martin Pokojski Vorsitzender des VDI/VDE-Fachausschusses „Wasserstoff und Brennstoffzellen“ www.vdi.de
Autoren An dieser Studie haben folgende Personen aus den Arbeitskreisen der VDI-GEU und VDI-FVT sowie der VDE/ETG mitgearbeitet: Frank Belmer, Shell New Energies, Hydrogen Operations Coordinator Europe, Hamburg Dr.-Ing. Boris Bensmann, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Institut für Elektrische Energiesysteme (IfES) Torsten Brandt, Siemens AG, Process Industries and Drives Division, Erlangen Dr. Carsten Cremers, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal Monika Derflinger, Ford Research & Innovation Center Aachen, Aachen Prof. Richard Hanke-Rauschenbach, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Institut für Elektrische Ener- giesysteme (IfES) Dr.-Ing. Thomas Grube, Institut für Elektrochemische Verfahrenstechnik (IEK-3), Forschungszentrum Jülich GmbH, Jülich Prof. Dr. Angelika Heinzel, ZBT GmbH – Zentrum für BrennstoffzellenTechnik, Duisburg Dipl.-Ing. Willi Horenkamp, Technische Universität Dortmund, Institut für Energiesysteme, Energieeffizienz und Energiewirtschaft, Dortmund Dipl.-Ing (FH) Thomas Jungmann, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Abteilung Brennstoffzellen- systeme, Freiburg Stefan Kaimer, Ford Research & Innovation Center Aachen, Aachen Paul Karzel, Shell Hydrogen Operations, Hamburg Dr. Martin Kleimaier, Essen Dr. Philipp Lettenmeier, Siemens AG, Hydrogen Solution, Erlangen Dipl.-Ing. Martin Pokojski, Inecs GmbH, Berlin Dr. Gerd Sandstede, Frankfurt am Main Dr. sc. ETH Zürich Michel Suermann, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Institut für Elektrische Energiesysteme (IfES) Prof. Dr.-Ing. Thomas von Unwerth, Fakultät Maschinenbau Technische Universität Chemnitz, Chemnitz Erik Wolf, Siemens AG, Hydrogen Solutions, Erlangen www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 3 Inhalt Abkürzungen 4 Kernaussagen 6 Handlungsempfehlungen 8 Zusammenfassung 9 1 Einführung 12 2 Marktentwicklung von Brennstoffzellenfahrzeugen 13 2.1 Anwendungspotenziale 13 2.2 Absatzentwicklung 13 3 Bewertungskriterien der Elektromobilität-Technologien 15 4 Elektromobilität – Kernaussagen und Argumente 16 4.1 Politische Zielstellungen 16 4.2 Tanken und Reichweite 19 4.3 Infrastruktur 30 4.4 Energiebeschaffung 36 4.5 Kritische Rohstoffe 40 4.6 Kosten Pkw (TCO) 43 5 Forschungsbedarf 46 Literatur 47 www.vdi.de
4 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge Abkürzungen AC Alternating Current (Wechselstrom) BEV Battery Electric Vehicle (Batterieelektrisches Fahrzeug) CEP Clean Energy Partnership CAPEX Capital Expenditures (Investitionsausgaben) CGH2 Compressed Gaseous Hydrogen (Druckwasserstoff gasförmig) CNG Compressed Natural Gas CO2 Kohlendioxid DC Direct Current (Gleichstrom) U.S. DOE United States Department of Energy EE Erneuerbare Energie EEG Erneuerbare Energien Gesetz EPA Environmental Protection Agency FCEV Fuel Cell Electric Vehicle (Brennstoffzellenfahrzeug) FCH-JU Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking H2 Wasserstoff HEV Hybrid Electric Vehicles (Hybrid-Elektrofahrzeuge) ICE Internal Combustion Engine (Verbrennungskraftmaschine) IKT Informations- und Kommunikationstechnologie LCA Life Cycle Assessment (Lebenszyklusanalyse) LH2 Liquid Hydrogen (Flüssig-Wasserstoff) LPG Liquied Petroleum Gas (Flüssiggas) MEA Membrane Electrode Assembly (Membran-Elektroden-Anordnung) METI Ministry of Economy, Trade and Industry (Japan) MKS Mobilitäts-/Kraftstoffstrategie MSRP Manufacturer's Suggested Retail Price NFZ Nutzfahrzeuge PGM Platinum Group Metals www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 5 PHEV Plug-in Hybrid Electric Vehicles (Plug-in-Hybridfahrzeuge) RED II Renewable Energy Directive REEV Range Extended Electric Vehicles (Elektrische Fahrzeuge mit Reichweitenverlän- gerung) SOC State of Charge (Batteriekapazität) TCO Total Cost of Ownership (Gesamtkosten des Betriebs) TRL Technology Readiness Level (Technologiereifegrad) TWh Terrawattstunde WACC Weighted Average Cost of Capital (Gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten) ZEV Zero Emisssion Vehicle (Null-Emissions-Fahrzeug) www.vdi.de
6 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge Kernaussagen Politische Zielstellungen BEV, von einem sukzessiven Ausbau der Erzeugungs- und Transportsysteme auszugehen. Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) und Durch die Vor-Ort-Speicherung von großen Batteriefahrzeuge (BEV) sind lokal emissionsfrei. Mengen Wasserstoff an der Tankstelle sind Darüber hinaus haben sie das Potenzial, die Nachfragespitzen mit Vollauslastung der politischen Zielsetzungen der Bundesregierung in Tankstelle unproblematisch. Bezug auf die Senkung der CO2-Emissionen zu unterstützen, wenn regenerativer Strom zum Bei geringer Marktdurchdringung sind die Infra- Einsatz kommt. strukturinvestitionen für BEV geringer. Bei einer hohen Marktdurchdringung ist je nach Annahmen Die Elektromobilität fördert den Einsatz erneuer- von geringeren Kosten für die H2-Infrastruktur barer Energien im Verkehr und unterstützt die auszugehen. Bemühungen zur Sektorenkopplung. Der H2-Transport erfolgt in der Regel mit Lkw. Mit der Herstellung von Brennstoffzellen und Für die Zukunft bietet es sich bei einer größeren Brennstoffzellensystemen inklusive zugehöriger Nachfrage an, vorhandene Erdgasleitungen durch Komponenten könnte die Wertschöpfung in Umrüstung für den exklusiven H2-Transport zu Deutschland gesteigert werden. nutzen. Die Bereitstellung von Flüssigwasserstoff (LH2) Tanken und Reichweite führt zu technisch einfacheren Tankstellen, da die aufwendige Gasverdichtung, Vorkühlung und Wasserstoff erlaubt schnelles Tanken bei Qualitätsanalysen entfallen können. Die beförder- weltweit einheitlichen Tanksystemen. te H2-Menge in einem Trailer lässt sich auf 4 t (Faktor 3 bis 3,5 im Vergleich zu druckförmigen Die Wasserstoffvollbetankung von FCEV ist mit Gastransport) steigern. 3 min bis 5 min vergleichbar mit der heutigen Fahrzeugbetankung. Auch bei Einsatz von Schnellladestationen dauert das Nachladen von Energiebeschaffung BEV ca. 20 min bei einer Begrenzung der La- dung auf 80 % der Batteriekapazität (SOC). Die Wasserstoffbeschaffung ist von der Markt- FCEV verfügen nach aktuellem einführung über den Markthochlauf bis hin zum Entwicklungsstand gegenüber BEV über eine Massenmarkt generell als unkritisch hinsichtlich größere Reichweite bei gleichzeitig größerer Verfügbarkeit und Kosten (dieseläquivalenter Nutzlast und ermöglichen das Heizen im Winter Preisbereich) einzuschätzen. Dennoch ist derzeit ohne signifikante Reichweitenreduzierung. in Deutschland die Versorgung von Tankstellen mit grünem Wasserstoff sowohl in ausreichender Batteriefahrzeuge nutzen derzeit die eingesetzte Menge als auch zu angemessenen Marktpreisen Primärenergie mindestens um etwa den Faktor 2 mit Problemen verbunden und benötigt deshalb effizienter als Brennstoffzellenfahrzeuge. Die einen weiteren Ausbau von Erzeugungskapazität Speicherwirkung von Wasserstoff und der damit für grünen Wasserstoff. möglicherweise deutlich geringeren Abregelung von Stromquellen aus erneuerbaren Energien Wasserstoff entwickelt sich zu einem globalen wird dabei nicht berücksichtigt. Handelsgut. Durch Bezug des Energieträgers aus Ländern mit günstigen Stromkosten lassen sich die H2-Beschaffungskosten verringern. Infrastruktur Wasserstoff als chemischer Energieträger lässt sich ohne Verluste längerfristig speichern. In Durch Nutzung von großtechnisch produziertem Verbindung mit geeigneten Speichersystemen Wasserstoff und Erweiterung bestehender (z. B. Kavernen) ist eine Entkopplung von Erzeu- Tankstellenanlagen ist eine schnelle Anpassung gung und Nachfrage möglich. Hierzu zählt auch der Wasserstoff-Infrastruktur möglich. Mittel- bis eine saisonale Speicherung sowie die Schaffung langfristig ist, wie bei der Ladeinfrastruktur für www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 7 strategischer Reserven, vergleichbar mit den Kosten heutigen fossilen Bevorratungen. Die Kosten für die Nutzung von BEV und FCEV In Zukunft sollte sich mit Elektrolyseuren und werden derzeit von den Anschaffungskosten Nutzung des steigenden Stromangebots aus dominiert. erneuerbaren Energien eine weitgehend emissionsfreie sowie wirtschaftlich konkurrenz- Die Serienfertigung von Batteriesystemen ist fähige Wasserstofferzeugung realisieren lassen. weiter fortgeschritten als die von Brennstoff- zellen. Entsprechend ist die Kostenreduktion bei Der Einsatz von Elektrolyseuren, aber auch Batterien aktuell deutlich ausgeprägter als bei FCEV und BEV, bietet das Potenzial zur Opti- Brennstoffzellensystemen. mierung der Stromversorgung. Durch gezielten Einsatz der Systeme ist ein netzdienlicher Betrieb Bei höheren Energie- bzw. Reichweitenanforde- möglich. Des Weiteren kann die Abwärme der rungen ergeben sich Kostenvorteile für das FCEV Elektrolyse in Wärmesysteme integriert und der gegenüber dem BEV. Mit der Aufnahme der Sauerstoff technisch genutzt werden. Serienfertigung verstärkt sich dieser Effekt. Wasserstoff lässt sich in unterschiedlichen Bereichen (Strom, Wärme, Verkehr und Indus- Sozioökonomische Faktoren trie) verwenden. Wasserstoff bietet damit Potenzial für die von der Politik gewünschte Brennstoffzellenfahrzeuge enthalten einen Teil an Sektorenkopplung. Komponenten, die vom konventionellen Ver- brennungsmotor bekannt sind; sie können über- nommen oder adaptiert werden. Damit ergeben Kritische Rohstoffe sich neue Geschäftsfelder, Arbeitsplätze entste- hen. Eine Diversifizierung der (Elektromobilitäts-) Technologien reduziert das Risiko von Brennstoffzellenfahrzeuge werden auch in Zu- Rohstoffverknappungen. kunft mit (kleinen) Batterien hybridisiert sein. Die Entwicklungen im Batteriebereich kommen Als kritische Rohstoffe gelten bei der Batterie damit auch dem FCEV in Hinsicht auf Serienfer- Lithium, Nickel, Kobalt und bei der Brennstoff- tigung und Kosten zugute. zelle Platin mit abnehmender Tendenz. Die För- derkapazitäten dieser Rohstoffe müssen ausge- baut werden, bevorzugt durch Steigerung der Re- cyclingrate. www.vdi.de
8 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge Handlungsempfehlungen Die Brennstoffzellentechnologie kann wie die Batte- eine sichere Energieversorgung: Dies trägt zur rietechnologie bei Nutzung erneuerbarer Energien Planungssicherheit der Industrie bei und zieht zu- einen nachhaltigen Beitrag zur Erreichung der politi- sätzliche Investitionen nach sich. schen Ziele im Verkehrsbereich leisten. Die sich er- gänzenden Technologien ermöglichen die Substitution Umstellung auf Elektromobilität: Zur Unterstüt- von konventionellen Verbrennern ohne Komfortein- zung des Markthochlaufs empfiehlt sich die Um- schränkungen. Mittel- bis langfristig können sie dazu stellung der Fahrzeugflotten im privaten wie öf- beitragen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Mobi- fentlichen Bereich. lität im Vergleich zum Status quo zu senken. Voraus- setzung ist die Schaffung der erforderlichen Rahmen- Begleitende Forschung zum Markthochlauf: bedingungen. Hierzu zählen: Sowohl für Batterien als auch Brennstoffzellen herrscht im Vergleich zu herkömmlichen Ver- Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur für den brennern Forschungsbedarf in den Bereichen Ne- öffentlichen Personen- und Güterverkehr: Der öf- bensysteme, Lebensdauer bzw. Degradationsver- fentliche Nahverkehr stellt einen Schlüsselsektor halten im Realbetrieb sowie Lebenszyklusanaly- zur Einführung von innovativen Verkehrssyste- sen. men dar und liefert einen entscheidenden Beitrag zur angestrebten Luftreinhaltung. Die hierbei ge- Wertschöpfung in Deutschland: Ein großer Anteil schaffene Infrastruktur beschleunigt den Markt- der Wertschöpfung für Batterien liegt heute nicht hochlauf im Individualverkehr, da sie der Ein- in Europa, die Batteriezellenproduktion findet satzfähigkeit von Elektrofahrzeugen zugute- überwiegend in Asien statt. Zur Unterstützung kommt. der Wettbewerbsfähigkeit sollte die Politik durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen den Realisierung der geplanten 400 Wasserstofftank- Aufbau von Produktionseinrichtungen/Arbeits- stellen: Das bestehende Tankstellennetz ist für plätzen für Brennstoffzellen und Batterien in einige Anwendungen ausreichend. Jedoch erst bei Deutschland unterstützen. Vorhandensein einer ausreichenden Infrastruktur sind aus Sicht des Privatkunden die Vorausset- Serienproduktion von Komponenten elektrischer zungen gegeben, um Wasserstofffahrzeuge ohne Antriebssysteme: Im Bereich Elektromotor und Einschränkungen zu nutzen. Batterien haben serientaugliche Herstellprozesse Einzug gehalten. Für Brennstoffzellen, -kompo- Überprüfung der Regularien zur schnelleren nenten und Wasserstoffspeicher muss weiter an Realisierung von Tankstellen: Die Realisierung solchen gearbeitet werden, auch um die erforder- von Wasserstofftankstellen ist mit diversen Auf- liche Kostendegression zu erreichen. lagen verbunden, die die Umsetzung verzögern. Zur Beschleunigung des Genehmigungsprozesses Rahmenbedingungen für Elektromobiltät: Es sind sind bundesweit einheitliche standardisierte Ver- diskriminierungsfreie politische Rahmenbedin- fahren unter Beibehaltung der entwickelten hohen gungen zu schaffen. Die Anrechenbarkeit nach Sicherheitsstandards einzuführen. Die Notwen- RED II (Vorgabe des Europäischen Parlaments) digkeit der Genehmigung nach BImschG bei Ein- ist für FCEV und BEV gleichzustellen. satz von Elektrolyseuren ist zu überprüfen und Kosten der Energiebeschaffung: Die Kosten der sinnvolle Ausnahmen sind zu definieren. Elektromobilitiät durch EEG-Umlagen, Netz- Einbeziehung des Energieträgers Wasserstoff in entgelte sowie Steuern sind zu überprüfen. die sektorenübergreifende Langzeitstrategie für www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 9 Zusammenfassung Politik lässt sich allein über die Vergrößerung des Tanks erreichen. Der Gewichtszuwachs ist gering. Dies gilt Die führenden Industrienationen unterstützen die es bei der Anwendung der Fahrzeuge zu berücksichti- Einführung der Elektromobilität. Für Europa insbe- gen. BEV besitzen heute Vorteile im Kurzstreckenbe- sondere forciert die Europäische Kommission mit reich, während sich FCEV insbesondere im Nutzlast- ihren Klimazielen die Verringerung der Emissionen und Langstreckenverkehr empfehlen. von Treibhausgasen im Verkehrsbereich. Bei konventionellen Fahrzeugen erfolgt die Behei- Die deutsche Regierung unterstützt die Elektromobili- zung der Fahrgastzelle durch Nutzung der Motoren- tät mit Kaufprämien und dem Ausbau einer Ladein- abwärme. Bei FCEV reicht die Brennstoffzellenab- frastruktur. In Bezug auf Wasserstoff und Brennstoff- wärme im Allgemeinen aus. Im Unterschied hierzu ist zellen sieht der Koalitionsvertrag eine Förderung der bei BEV eine Beheizung nur über die Batterie mög- Sektorenkopplung sowie eine Anpassung des regula- lich. Dies kann bei niedrigen Umgebungstemperatu- tiven Rahmens zur Einführung von „grünem Wasser- ren die Reichweite deutlich verringern. stoff“ vor. Die Umwandlung des Wasserstoffs in der Brennstoff- Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) und Batteriefahr- zelle in elektrische Energie ist mit Wirkungsgradver- zeuge (BEV) können bei Nutzung erneuerbarer Ener- lusten verbunden. FCEV weisen deshalb im Vergleich gien gleichermaßen Beiträge zur Unterstützung der zu BEV eine deutlich geringere Effizienz auf. Im umweltpolitischen Ziele leisten. Brennstoffzel- Vergleich zu einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor lenelektrische Antriebe bieten darüber hinaus für besitzt ein FCEV jedoch vor allem im Teillastbereich, Deutschland und Europa das Potenzial, einen hohen dem überwiegenden Betriebsbereich der Pkw, einen Anteil der Wertschöpfung darzustellen. wesentlich höheren Wirkungsgrad. Die Energiebilanz von FCEV lässt sich abhängig von der Nutzung mittels zusätzlicher Batterien (plug-in) Tanken und Reichweite verbessern. Hierbei erfolgt eine Ladung der Batterie sowohl über das Netz als auch während der Fahrt über Tankverhalten und Tankdauer von FCEV sind mit die Brennstoffzelle oder während der Rekuperation dem konventioneller Fahrzeuge auf Mineralöl- und der Bremsenergie, sodass die Vorteile beider Systeme Erdgasbasis vergleichbar. Der Tankvorgang liegt bei (BEV und FCEV) zum Tragen kommen. 3 min bis 5 min und entspricht dem eines konventio- nellen – mit Flüssigkraftstoff auf Mineralölbasis be- triebenen – Fahrzeugs. Zum Vergleich hierzu beträgt die Ladezeit bei BEV für eine Vollladung abhängig Infrastruktur von der Ladeleistung bis zu mehreren Stunden. Mit- tels Schnelladestationen ist eine Ladezeit (bei einer BEV- und FCEV-Infrastrukturen stellen wichtige Begrenzung auf 80 % der Batteriekapazität (SOC)) Bausteine für den Verkehrsbereich dar. Sie bieten die von ca. 20 min erreichbar. Möglichkeit, klimaverträgliche, saubere und erneuer- bare Verkehrskonzepte zu realisieren. Die mechanische Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Zapfsäule sowie der Betankungsprozess sind beim Vorteilhaft in Bezug auf Wasserstoff ist die leichtere Tanken von Wasserstoff weltweit einheitlich. Im Umsetzung, da vorhandene Strukturen genutzt werden Gegensatz dazu gibt es für das Laden von BEV unter- können. Bestehende Tankstellen lassen sich entspre- schiedliche Stecksysteme und Ladeleistungen. Des chend erweitern. Weiteren ist die Anpassung der Netzinfrastruktur eine Die Verweildauer von FCEV am Ort der Betankung wesentliche Voraussetzung für die Installation von ist vergleichbar mit dem heutigen Standard für Benzin DC-Schnellladestationen. oder Diesel bzw. LPG/CNG (Flüssigwasserstoff/ Bei BEV korreliert die Leistung der Batterie mit der komprimiertes Erdgas). Entsprechend erfolgt die Kapazität. Mit zunehmender Reichweite, das heißt Kapazitätsauslegung von Wasserstofftankstellen in zunehmender Kapazität, erhöhen sich auch die Leis- einem zu heutigen Tankstellen vergleichbaren Vorge- tung und das Gewicht der Batterie. Demgegenüber hen. An einer Tanksäule können also in einer gewis- sind bei FCEV Energiewandlung und -speicherung, sen Zeitdauer viele Fahrzeuge nacheinander tanken. und damit Leistung und Kapazität, entkoppelt. Eine Zum Vergleich hierzu wird bei BEV eine Vielzahl Vergrößerung der Reichweite, das heißt Kapazität, von Ladesäulen benötigt, um das gleichzeitige Laden www.vdi.de
10 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge einer vergleichbaren Anzahl von Fahrzeugen während Eine Szenarienanalyse des Forschungszentrums Jülich dieser Zeitdauer zu ermöglichen. Dies gilt auch bei und der RWTH Aachen zum Infrastrukturbedarf von Einsatz von DC-Schnellladesäulen. Sie verkürzen BEV und FCEV zeigt, dass für große Fahrzeugflotten zwar die Ladezeiten, dennoch ist auch hier im Ver- von 20 Mio. Pkw die Investitionen in ein H2-Versor- gleich zu FCEV von 3-mal bis 5-mal längeren Lade- gungssystem geringer ausfallen als für eine Batterie- zeiten bei einer Begrenzung auf 80 % der Batterieka- ladeinfrastruktur; die spezifischen Kosten je gefahre- pazität auszugehen. Deshalb ist eine entsprechend nen Kilometer sind hingegen vergleichbar. Die Inves- größere Zahl an Stellplätzen mit Ladeeinrichtungen tition für die H2-Versorgung berücksichtigt hierbei vorzusehen, um die gleiche Betankungskapazität zu neben den Tankstellen und Logistikkomponenten erreichen. Dies gilt insbesondere für Lademöglichkei- auch saisonale Speicher mit einer Gesamtkapazität ten entlang der Autobahnen. Zusätzlich kann aufgrund von 60 Tagesverbräuchen. Als Speicheroption für den des in diesem Fall nicht steuerbaren Ladens ein Netz- Wasserstoff bieten sich Salzkavernen an, mit deren ausbau in den vorgelagerten Netzebenen erforderlich Hilfe die Speicherung großer Mengen (einige sein. 10 TWh) an erneuerbaren Energien besonders kosten- günstig darstellbar ist. Die Investition für das Laden Der Platzbedarf von Wasserstoffzapfsäulen weicht von Batteriefahrzeugen umfasst die Kosten der Lade- nicht wesentlich von dem heutiger Benzin- und Die- säulen sowie des Netzausbaubedarfs in Verteilnetzen. selzapfsäulen ab. Je nach Anlieferungskonzept ist Ein eventuell notwendiger Netzausbau im Übertra- jedoch von einem erhöhten Platzbedarf für den erfor- gungsnetz sowie saisonale Speicher sind dabei bislang derlichen H2-Speicher am Tankstellenort auszugehen. nicht berücksichtigt worden. Ein Vergleich sollte jedoch auch für BEV den Aufwand für einen Lang- Das Tanken ist wie bisher als eigenständiger Vorgang zeitspeicher für erneuerbare Energien berücksichti- zu betrachten, die Tankstellen müssen hierzu angefah- gen. ren werden. Dies kann, insbesondere in der Einfüh- rungsphase von Wasserstofftankstellen, mit längeren Anfahrtstrecken verbunden sein. Energiebeschaffung Der Transport von H2 erfolgt in der Regel mit Lkw. Für die Zukunft bietet es sich bei einer größeren Die Wasserstoffbeschaffung ist in jeder Phase der Nachfrage an, vorhandene Erdgasleitungen durch Markteinführung als unkritisch hinsichtlich Verfüg- Umrüstung für den H2-Transport zu nutzen. barkeit und Kosten einzuschätzen. Während kurzfris- tig vor allem Nebenprodukt-Wasserstoff aus Indust- Analysen zum Nutzerverhalten von BEV zeigen, dass rieprozessen sowie Wasserstoff aus der Methan- BEV überwiegend zu Hause und am Arbeitsplatz dampfreformierung zur Verfügung gestellt werden geladen werden. Dennoch werden auch für BEV- kann, sollten mittel- bis langfristig nach Möglichkeit Nutzer ohne eigene Garage Lösungen benötigt, die nur erneuerbare Primärenergien zur H2-Produktion das Nachladen sicherstellen. Hierzu zählen unter eingesetzt werden. anderem öffentliche Ladesäulen. In der Diskussion ist derzeit auch das sogenannte „Laternenladen“. Wasserstoff entwickelt sich zu einem globalen Han- delsgut. Untersuchungen zu einer weltweit angelegten Beim Übernachtladen kann bei einem gesteuerten H2-Logistik zeigen zudem, dass Wasserstoff in Regi- Laden von einer Reduzierung des Ausbaubedarfs an onen mit besonders hohem Aufkommen an erneuerba- Netzkapazität gegenüber dem ungesteuerten Ladevor- ren Energien kostengünstig produziert und beispiels- gang ausgegangen werden. Die Umsetzung dieses weise per Schiff zu den Verbrauchszentren transpor- Konzepts ist jedoch in hohem Maße von für Batterie- tiert werden kann. fahrzeuge reservierten Stellplätzen abhängig, da diese mit unterschiedlich hohem Aufwand mit Lademög- Unter Einbeziehung der erforderlichen Infrastruktur- lichkeiten ausgestattet werden müssen. komponenten lässt sich nachweisen, dass die H2- Kosten an der Tankstelle gegenüber heutigen Kraft- Die Infrastrukturinvestitionen für BEV sind bei einer stoffkosten wettbewerbsfähig sind (jeweils ohne Steu- geringen Marktdurchdringung geringer als für FCEV. ern und Abgaben). Im Vergleich mit Batteriefahrzeu- Bei einer größeren Marktdurchdringung ist von gerin- gen ist aber zu berücksichtigen, dass in dem Strom- geren Investitionen für die H2-Infrastruktur auszuge- preis für Batteriefahrzeuge Abgaben und Steuern ent- hen. Eine Mischung beider Systeme – BEV für die halten sind, was gegenüber wasserstoffversorgten kürzeren Strecken und FCEV für die Langstrecke – Fahrzeugen eine Benachteiligung darstellt. könnte ein Kostenoptimum ergeben. Dies zu belegen, erfordert jedoch noch detaillierte weiterführende Stu- Wasserstoff als chemischer Energieträger lässt sich dien. ohne Verluste kostengünstig längerfristig speichern, hat jedoch höhere Umwandlungsverluste. In Verbin- dung mit geeigneten Speichersystemen (z. B. Kaver- www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 11 nen) ist eine Entkopplung von Erzeugung und Bedarf prognostizierte Elektromobilität bis zum Jahr 2050 bis hin zur saisonalen Speicherung möglich. und unter Einbeziehung aller weiteren Anwendungen nicht ausreichen, jedoch aber deren Rohstoffressour- Wasserstoff bietet die Möglichkeit, in unterschiedli- cen. Daher sind Preissteigerungen und temporäre chen Bereichen (Strom, Wärme, Verkehr und Indust- Verknappungen durchaus vorstellbar, sofern nicht in rie) zum Einsatz zu kommen. Der Energieträger bietet gleichem Maße neue Bergwerk- und Recyclingkapa- damit das Potenzial für die von der Politik gewünsch- zitäten geschaffen werden. Dagegen sind absolute te Sektorenkopplung. Verknappungen eher unwahrscheinlich, da üblicher- weise entweder zuvor neue Rohstoffvorkommen ge- Der Einsatz von Elektrolyseuren zur Wasserstoffer- sichtet und erschlossen oder Rohstoffsubstitutionen zeugung ermöglicht eine emissionsfreie Energiebe- eingeleitet werden. So gibt es bereits erste erfolgrei- reitstellung, sofern diese mit Erneuerbaren-Energien- che Entwicklungen, diese kritischen Rohstoffe deut- Strom betrieben werden. Ein wirtschaftlich konkur- lich effizienter zu nutzen oder sogar komplett zu sub- renzfähiger Einsatz setzt aber günstige Strompreise stituieren. voraus. Elektrolyseure für die Versorgung von FCEV und BEV bieten das Potenzial zur Optimierung der Strom- Kosten versorgung. Durch gezielten Einsatz der Systeme ist ein netzdienlicher Betrieb möglich. Die Kosten für die Nutzung von BEV und FCEV werden derzeit von den Anschaffungskosten dominiert. Da die Kostenreduktion durch Serienfer- tigung für Batteriesysteme weiter fortgeschritten ist Kritische Rohstoffe als für Brennstoffzellensysteme, sind diese aufgrund der späteren Markteinführung zurzeit wirtschaftlich Im Bereich „Elektromobilität“ gelten Lithium, Nickel benachteiligt. und Kobalt für die Batterie und Platin für die Brenn- stoffzelle sowie Seltenerdmetalle für den Elektromo- Mit Aufnahme der Serienfertigung auch bei Brenn- tor als sogenannte kritische Rohstoffe. stoffzellensystemen sind für Fahrzeuge mit höheren Energie- bzw. Reichweitenanforderungen bei der Zur Vermeidung von Rohstoffverknappungen oder Anschaffung Kostenvorteile für das Brennstoffzellen- Preissteigerungen müssen die Förderkapazitäten aller fahrzeug zu erwarten. Größere FCEV-Fahrzeuge wie genannten kritischen Rohstoffe erhöht werden, insbe- SUVs sollten hierbei anfangs Kostenvorteile haben, sondere die für Lithium und Kobalt. Dies erfolgt bes- da vergleichbare BEV entsprechend große Batterien tenfalls in Form einer gesteigerten Recyclingrate, die benötigen. Bei kleineren Fahrzeugen ist von einer besonders für Lithium de facto im technischen Maß- etwas späteren Kostenparität auszugehen. stab noch nicht existiert. Auch würde ein verstärktes Recycling insbesondere das Risiko von strukturellen Verknappungen mindern, Offene Punkte die vor allem bei Sekundärmetallen auftreten können, da deren Minenproduktionsmenge nur vom Primär- Die Analysen im Rahmen dieser Studie zeigen, dass metall abhängt. Dies betrifft vor allem Kobalt und zu verschiedenen Punkten nicht ausreichende Infor- teilweise Platin. In gleicher Weise würden monopol- mationen vorliegen oder vorliegende Informationen artige Strukturen in den Bereichen „Minenprodukti- teilweise nicht konsistent sind. Dies spricht für einen on“ und „Rohstoffreserven“, wie es sie z. B. für Sel- weitergehenden Forschungsbedarf. Insbesondere sind tenerdmetalle (China), für Platin (Südafrika) und für hiervon die Themenblöcke „Nebensysteme“, „Le- Kobalt (Kongo) gibt, abgemildert und langfristig benszyklusanalysen“, „Lebensdauer der Systeme“ aufgebrochen. sowie „Serienproduktionsprozesse für deren Kompo- nenten“ betroffen. Nach heutigem Stand würden, wenn überhaupt, nur die Rohstoffreserven an Kobalt und Nickel für eine www.vdi.de
12 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 1 Einführung Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen ist Bord gerade die Menge Kohlendioxid freigesetzt oberstes Ziel der globalen Klimapolitik. Fossile Ener- wird, die bei der Herstellung benötigt wird, gelten gieträger müssen hierzu in allen Sektoren durch er- diese Kraftstoffe als klimaneutral. Als vorteilhaft ist neuerbare Energien ersetzt werden. Im Verkehrssektor hierbei zu werten, dass das vielfältig diskutierte sind elektrische Antriebe ein wichtiger Lösungsweg. Reichweitenproblem, insbesondere in Verbindung mit Sie zeichnen sich durch die im Vergleich zum Ver- Batteriesystemen, aufgrund der mit den heutigen brennungsmotor sehr hohe Effizienz aus und ermögli- Kraftstoffen vergleichbaren Energiedichte nicht mehr chen den Einsatz von Strom aus Windkraft und Foto- zur Diskussion stehen würde. Nachteilig ist jedoch der voltaik. Dies ist von großer Bedeutung, da der Anteil schlechtere Wirkungsgrad der gesamten Kette durch der biogenen Energieträger begrenzt ist und die hier- die zusätzlichen Wandlungsverluste bei der Herstel- für erforderlichen Agrarflächen mit der Nahrungsmit- lung dieser Kraftstoffe sowie durch den schlechteren telherstellung im Wettbewerb stehen. Weiterhin ist Wirkungsgrad der Verbrennungsmotoren. Außerdem beim Straßenverkehr die lokale Emissionsfreiheit der bleiben die lokalen Emissionen erhalten. Darüber elektrischen Antriebe von großer Bedeutung. Nur so hinaus sind die Produktionsanlagen für synthetische lassen sich die lokalen Emissionen – einschließlich Kraftstoffe mit hohen Investitionen verbunden, da sie Lärm – nachhaltig reduzieren und die Lebensqualität eine CO2-Bereitstellung, Wasserstoffproduktion und in den Ballungszentren deutlich verbessern. Produktsynthese umfassen. Zur Elektromobilität zählen grundsätzlich alle Fahr- Das Thema klimaneutrale Mobilität spielt (in naher zeugsysteme mit elektrischen Antriebssystemen. Sie Zukunft) eine wichtige Rolle sowohl im Luft-, Schie- sind in unterschiedlicher technischer Ausprägung nen-, Schiff- als auch Straßenverkehr. Der Straßen- verfügbar. Neben den derzeit intensiv diskutierten verkehr beinhaltet hierbei die Bereiche Personen- und Batteriefahrzeugen, insbesondere solche mit Lithium- Lastkraftwagen (Pkw und Lkw), Busse, Fahrräder Ionen-Batterien, zählen hierzu auch Systeme, die sowie im weiteren Sinne auch Flurförderfahrzeuge Wasserstoff als Energieträger nutzen. Wasserstoff und Gabelstapler. kann per Elektrolyse – vorzugsweise mit erneuerba- rem Strom – gewonnen und mittels Brennstoffzellen Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf (typischerweise Niedertemperatur-Polymer-Elektro- batterieelektrische Fahrzeuge sowie Fahrzeuge mit lyt-Brennstoffzellen, kurz PEMFC) an Bord der Fahr- Brennstoffzellenantrieb. Ziel ist es aufzuzeigen, wel- zeuge wieder in elektrische Energie umgewandelt che Konsequenzen aus der Nutzung der unterschiedli- werden. Im Unterschied zu Batteriefahrzeugen, bei chen Technologien resultieren können. Dabei werden, denen die elektrische Energie in Batterien gespeichert dem Kenntnisstand entsprechend, die Vor- und Nach- wird, wird bei Brennstoffzellenfahrzeugen der Was- teile der einzelnen Entwicklungen dargestellt. serstoff heute üblicherweise in Druckbehältern bei hohen Drücken gespeichert. Diese Technik hat sich Neben der bereits angesprochenen Möglichkeit, er- gegenüber früher angedachten Speichersystemen mit neuerbare Energien nutzen zu können, ist von Rele- tiefkaltem flüssigem Wasserstoff oder Methanol ba- vanz, dass sich insbesondere Elektrolyseure, mit de- sierten Systemen mit H2-Reformer durchgesetzt. nen der Wasserstoff aus erneuerbarem Strom gewon- nen wird, für eine umfassende Systemintegration Parallel zu den Elektrofahrzeugen arbeitet die Öl- und eignen. Neben der Nutzung von Strom- und Gasnet- Kraftfahrzeugindustrie an Systemen, die synthetische zen zum Transport von elektrischer Energie und Was- Kraftstoffe – flüssig oder gasförmig – als Energieträ- serstoff zählen hierzu auch Maßnahmen, die die Nut- ger für Verbrennungsmotoren nutzen. Sie dienen als zung dieser Systeme zur Flexibilisierung des Energie- Ersatz der fossilen Produkte und werden über regene- angebots als auch der Energienachfrage ermöglichen. rativ gewonnenen Wasserstoff sowie Kohlendioxid Auch bietet sie die Möglichkeit, bei lokal vorhande- z. B. aus der Luft, biogenen Quellen oder industriellen nem Bedarf Wärme bereitzustellen, die bei der Elekt- Prozessen gewonnen. Da bei der Verbrennung an rolyse als Nebenprodukt anfällt. www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 13 2 Marktentwicklung von Brennstoffzellenfahrzeugen H2 als Energieträger und Brennstoffzellen als Ener- Fahrstunden [9] bzw. 25.000 Fahrstunden [10] errei- giewandler für den mobilen Bereich wurden in zahl- chen, und bei zahlreichen Projekten konnte ein positi- reichen Projekten untersucht, bewertet und realisiert. ves Fazit gezogen werden: „All of these projects have Hierbei hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass H2- proven that fuel cell buses can operate with the same Brennstoffzellenlösungen erhebliche Marktanteile bis flexibility as diesel buses without compromising the 2050 erreichen können [1]. Begründet liegt dies in der productivity of public transport“ [11]. Eine deutliche leichten Handhabung der Fahrzeuge, der großen Reduzierung der Anschaffungskosten ist in den letz- Reichweite sowie der Erfüllung der technischen Her- ten Jahren ebenso zu verzeichnen [12; 13]. ausforderungen. Aufgrund der zahlreichen Anwendungsfälle ist es nicht verwunderlich, dass die Bedeutung der Brenn- 2.1 Anwendungspotenziale stoffzellentechnologie, insbesondere im mobilen Be- reich in Nordamerika und Asien, deutlich wächst [14]. Für elektrisch angetriebene Fahrzeuge gibt es einen Diese Wachstumsraten werden auch zu einem Anstieg großen Markt. So werden bereits heute beispielsweise der Beschäftigten im Brennstoffzellenbereich führen. im Schichtbetrieb von Logistikunternehmen elektrisch- oder gasbetriebene Gabelstapler genutzt. Um dort die Auslastung noch weiter zu erhöhen, wer- 2.2 Absatzentwicklung den heutzutage bereits sehr schnell wieder zu betan- kende Brennstoffzellen-Gabelstapler eingesetzt. So In den letzten Jahren ist ein stark wachsender Absatz wird der größte Marktanteil von brennstoffzellenbe- für sämtliche Elektromobilitätsvarianten zu verzeich- triebenen Fahrzeugen mit ca. 65 % bei Gabelstablern nen (Bild 1). Er beläuft sich derzeit auf etwa 1 % des im Jahr 2050 gesehen [1]. Brennstoffzellen- globalen Markts [15]. Verglichen untereinander liegen Gabelstaplern wird bereits heute die vollständige die BEV-Pkw-Neuzulassungen mit gut 750.000 Fahr- technische Reife, TRL 9, und Massenmarkteignung zeugen alleine im Jahr 2017 im Vergleich zu PHEVs attestiert [1]. Allein in den USA wurden seit 2009 und FCEVs um den Faktor 2 bzw. 230 höher. Den über 16.000 [2] Brennstoffzellen-Gabelstapler be- größten Absatzmarkt bildet die Volksrepublik China, schafft bzw. bestellt und bei verschiedensten Endkun- in dem bereits jedes zweite BEV verkauft wird. den kommerziell erfolgreich eingesetzt [3; 4]. Gegen- über batteriebetriebenen Gabelstaplern ergeben sich Die große Absatzdiskrepanz im Bereich der Null- klare Vorteile aufgrund der längeren Lebensdauer des Emissionen-Fahrzeuge (engl. zero emission vehicles Brennstoffzellenstacks, der größeren Reichweite, (ZEVs)) ist auf einen früheren (Massen-)Markteintritt deutlich schnelleren Betankungszeiten und geringeren der reinen Batteriefahrzeuge im Vergleich zu Brenn- Betriebskosten [5]. Daneben überzeugen die Brenn- stoffzellenfahrzeugen, deutlich mehr Fahrzeugmodel- stoffzellen-Gabelstapler auch durch ein unproblemati- len und einen tendenziell besseren Ausbaugrad der sches und sicheres Handling [5]. Ladeinfrastruktur zurückzuführen. Dennoch haben auch die FCEV-Neuzulassungen in den derzeit drei Auch Brennstoffzellen-Autos (FCEV) haben eine Absatzmärkten USA (Kalifornien), Japan und Europa vollständige technische Reife erreicht [6]. Dies bestä- rasant zugenommen (Bild 1). tigen praktische Erfahrungen: Bereits 2011 hatten im Rahmen der F-Cell World Drive drei B-Klasse F-Cell Aus Verbrauchersicht spielen die Anschaffungskosten von Mercedes Benz in 125 Tagen rund um die Welt eine entscheidende Rolle. In Bezug auf die Marktent- erfolgreich 30.000 km zurücklegen können [7; 8]. wicklungen von BEV, PHEV und FCEV kommt der Mittlerweile sind Brennstoffzellenautos auch von Umstand zum Tragen, dass Batteriefahrzeuge kleiner Honda, Toyota und Hyundai [6] kommerziell erhält- und kostengünstiger gebaut werden können. Die sin- lich. kenden Kosten für Li-Ionen-Batterien unterstützen dies; mit unter 200 €/kWh nähern sie sich inzwischen Im Vergleich zu Brennstoffzellen-Autos wird für den Rohstoffkosten an. Beigetragen zu dieser Kosten- Brennstoffzellen-Busse zukünftig ein höherer Markt- senkung haben die Anstrengungen verschiedener anteil erwartet. Zudem ist mit TRL 8 nahezu die voll- Hersteller (Tesla, Samsung, LG etc.), die Batteriezel- ständige technische Reife bestätigt [6]. Im realen len für Elektromobile auf den Markt bringen. Fahrbetrieb konnten Brennstoffzellen-Busse bereits DOE (U.S. Department of Energy)-Ziele von 20.000 www.vdi.de
14 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge Was die derzeitige Preissituation bei ZEV betrifft, 490 km mit einem Preis von 74.500 US$ (unverbind- sind in Tabelle 1 Indikatoren für die drei Hauptmärkte liche Preise der Hersteller). Dies entspricht einer Deutschland, USA und Japan aufgezeigt. In den USA Kaufpreisersparnis von rund 16.000 US$ bzw. ist beispielsweise der Toyota Mirai mit 58.365 US$ 160.000 km Fahrstrecke (bei 10 $/kgH2), etwa ver- bei einer Reichweite von knapp 620 km gelistet und gleichbar mit einer typischen Pkw-Lebensdauer. der Tesla Model S (75 kWh) bei einer Reichweite von Bild 1. BEV, FCEV und PHEV Neuzulassungen von 2014 bis 2017 [16; 17] (Quelle: Universität Hannover) Tabelle 1. Aktuelle Listenpreise für drei repräsentative ZEV [18] (Quelle: Fraunhofer ISE) Deutschland USA Japan € USD € Jap. Yen € Toyota Mirai 78.600 MSRP of 58.365 48.923 7.236.000 55.500 (+ 895 for delivery) (49.652) Tesla Model S75 69.999 74.500 62.319 9.600.000 73.632 (71.999 ohne Umweltprämie) Nissan Leaf 40 kWh 31.950 29.900 25.136 3.150.360 24.195 (Ausstattung ZE1) (22.490 after (18.850) federal tax credit) www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 15 3 Bewertungskriterien der Elektromobilität- Technologien Eine objektive Bewertung der Technologien erfordert Auf der Basis dieser Kriterien wurden für die Katego- die Erfassung aller wesentlichen Einflussgrößen. rien Hierzu zählen neben den politischen Zielstellungen und der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutsch- politische Zielstellungen, land die Marktentwicklung, technische Aspekte, Fra- gen zur Infrastruktur, Möglichkeiten der emissions- Tanken und Reichweite, freien Mobilität, die Verfügbarkeit von Rohstoffen, Infrastruktur, Lebensdaueranalysen (Life Cycle Cost) sowie der Kundennutzen. Dieser Studie liegen deshalb die in Energiebeschaffung, Bild 2 aufgeführten Bewertungskriterien zugrunde. Sie werden in Abschnitt 4 erläutert und soweit mög- kritische Rohstoffe und lich detailliert bewertet. Kosten (TCO) unter Berücksichtigung des Kundennutzens Kernaus- sagen erarbeitet, die in den nachfolgenden Abschnit- ten detaillierter ausgeführt werden. Bild 2. Bewertungskriterien der Elektromobili- tät www.vdi.de
16 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 4 Elektromobilität – Kernaussagen und Argumente Die Verordnung 333/2014 [21] fordert bis 2021 4.1 Politische Zielstellungen eine Reduktion der durchschnittlichen CO2- Emissionen von Neuwagenflotten auf 95 g CO2 Kernaussagen pro km. Dies entspricht einem Benzinverbrauch von etwa vier Litern pro 100 Kilometer. FCEV und BEV sind lokal emissionsfrei. Dar- über hinaus haben sie das Potenzial, die politi- Die Richtlinie 2014/94 „Infrastruktur für alterna- schen Zielsetzungen der Bundesregierung in tive Kraftstoffe“ [22] sieht die stärkere Verbrei- Bezug auf die Senkung der CO2-Emissionen tung von umweltverträglichen, alternativen Kraft- zu unterstützen, wenn regenerativer Strom zum stoffen vor. Für teil- und vollelektrische Fahrzeu- Einsatz kommt. ge ist die Infrastruktur mit nicht diskriminieren- dem Zugang zu öffentlicher Ladeinfrastruktur Die Elektromobilität fördert den Einsatz er- auszubauen. neuerbarer Energien im Verkehr und unter- stützt die Bemühungen zur Sektorenkopplung. Diese Zielstellungen spiegeln sich in unterschiedli- chen Aktivitäten der EU-Mitgliedsländer wider. Unter Mit der Herstellung von Brennstoffzellen und anderem haben Großbritannien [23] und Frankreich Brennstoffzellensystemen inklusive zugehöri- [24] angekündigt, bis 2040 den Verkauf von Fahrzeu- ger Komponenten könnte die Wertschöpfung gen mit fossilen Brennstoffen zu verbieten. Der in Deutschland gesteigert werden. schwedische Autohersteller Volvo plant, ab 2019 nur noch Hybrid- oder Elektroautos zu produzieren und anzubieten [111]. Auch VW hat im Dezember 2018 angekündigt ab 2026 die letzte Produktion auf einer Verbrenner-Basis zu starten [112]. Ökologie/emissionsfreie Mobilität Speziell für Deutschland sieht die Bundesregierung in Die Einführung der Elektromobilität wird durch die der Elektromobilität einen Beitrag zur Vereinigung führenden Industrienationen unterstützt. Die Politik von technologischem Fortschritt und Umwelt-/Klima- forciert dies durch Gestaltung entsprechender Rah- schutz. Sie bietet die Chance, die Spitzenposition der menbedingungen. deutschen Unternehmen auf dem Weltmarkt zu stär- ken und den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutsch- Die Europäische Kommission unterstützt mit ihren land zu unterstützen. Großflächige Fahrverbote in den Klimazielen die Verringerung der Treibhausgasemis- Städten könnten sich auf diese Weise vermeiden las- sionen im Verkehrsbereich. Der Umwelt- und Ener- sen [25]. Sie unterstützt deshalb die Einführung der gieplan, den die Kommission im Jahr 2014 vorgestellt Elektromobilität u.a. mit Kaufprämien für den Erwerb hat, sieht bis zum Jahr 2030 eine Verringerung des von Elektrofahrzeugen, mit der Förderung des Aus- Ausstoßes an Treibhausgasen um 40 % vor (ausge- baus einer Ladeinfrastruktur sowie der Beschaffung hend vom Stand im Jahr 1990). Der Anteil der erneu- von Elektrofahrzeugen für den öffentlichen Bereich erbaren Energien soll bis dahin um 27 % gesteigert [26]. und eine Verbesserung der Energieeffizienz (z. B. Verringerung von thermischen Verlusten) um eben- Aussagen im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregie- falls 27 % erreicht werden [19]. rung [27] unterstützen dies. Die Regierung fühlt sich hiernach mit ihrer Mobilitätspolitik dem Pariser Klima- Speziell für den Verkehrsbereich fördert die EU die schutzabkommen und dem deutschen Klimaschutzplan Einführung innovativer Antriebssysteme durch ihr 2050 verpflichtet. In Bezug auf Wasserstoff und Weißbuch und entsprechende Richtlinien: Brennstoffzellen sollen das Nationale Innovationspro- gramm und die Mobilitäts-/Kraftstoffstrategie (MKS) Das Weißbuch Verkehr [20] geht davon aus, dass technologieoffen weiterentwickelt und die Mittel zu sich mittels Elektromobilität der Anteil konventi- deren Umsetzung erhöht werden. Die Sektorenkopp- oneller Fahrzeuge in der Stadtlogistik halbieren lung soll vorangebracht und der regulative Rahmen so lässt. Bis 2030 sollte sich eine CO2-freie städti- verändert werden, dass „grüner Wasserstoff“ und sche Logistik erreichen lassen. Wasserstoff als Nebenprodukt von industriellen Pro- zessen als Kraftstoff genutzt oder für die Herstellung www.vdi.de
VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge 17 konventioneller Kraftstoffe (z. B. Erdgas/CH4) ver- Ein Schwerpunkt der japanischen Aktivitäten wendet werden kann. liegt bei der Einführung von Wasserstoffantrie- ben. Schon frühzeitig hat Japan Bestrebungen un- In Bezug auf die Elektromobilität (batterieelektrisch, terstützt, Wasserstoff als Energieträger zu för- Wasserstoff und Brennstoffzelle) sollen bestehende dern. Unter anderem will die Regierung von To- Förderprogramme, soweit erforderlich, über das Jahr kyo, das Tokyo Metropolitan Government 2020 hinaus aufgestockt und ergänzt werden. Der (TMG), mit einem Investitionsvolumen von Aufbau einer flächendeckenden Lade- und Tankinfra- 348 Mio. US$ die Errichtung von Tankstellen struktur soll intensiviert werden. Bis 2020 sollen und anderer H2-Infrastrukturelemente bis 2020, mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge dem Jahr der olympischen Spiele, fördern [31]. zusätzlich zur Verfügung stehen, hiervon mindestens ein Drittel als DC-Schnellladesäulen. Für eine nach- Aus Sicht des japanischen METI (Ministry of haltige Umstellung der Busflotten auf alternative Economy, Trade and Industry) bestehen bei den Antriebe sind neben den Fahrzeugen auch geeignete Käufern drei Vorbehalte gegen Elektroautos: der Ladeinfrastrukturen sowie Betriebsmanagementsys- hohe Preis, die geringe Reichweite und die nied- teme geplant. In Bezug auf Wasserstoff hat die Bun- rige Zahl von Ladestationen. Hier setzt die staat- desregierung bereits 2016 das zweite Regierungspro- liche Förderung an. Der hohe Preis wird durch gramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie den teilweisen bis vollständigen Verzicht auf 2016 bis 2026 beschlossen. Das Programm ist Be- Steuern für Elektroautos verringert. Durch Sub- standteil der Innovationsstrategie der Bundesregie- ventionen sinkt der Kaufpreis um durchschnitt- rung und Baustein eines nachhaltigen Energiesystems lich 5 %. [29]. Zur Steigerung der Reichweite werden die Auto- Der Blick auf andere Regionen bestätigt das globale hersteller ermutigt, leistungsfähigere Batterien zu Interesse an der Elektromobilität: entwickeln. Der Staat unterstützt dies, indem die Subvention für den Kaufpreis mit der Reichweite In Europa sind die Aktivitäten der französischen steigt. Für jeden Kilometer Reichweite zahlt der Regierung erwähnenswert [29]. Der Wasser- Staat 1.000 Yen (7,40 Euro). stoffentwicklungsplan soll die Industrie in die Lage versetzen, im globalen Wettbewerb eine In Bezug auf die Ladeinfrastruktur fördert die führende Rolle zu spielen. Bis 2023 sollen bis zu Regierung den Bau von Ladestationen mit über 5.000 H2-Fahrzeuge auf die Straße gebracht wer- 55 Mrd. Yen (407 Mio. Euro). Die regionalen den (derzeit 250 Fahrzeuge). Für die H2-Versor- Präfekturen stellen ebenfalls Gelder dafür bereit. gung der Fahrzeuge ist die Errichtung von 100 Ende März 2017 waren bereits rund 40.000 La- Tankstellen vorgesehen, verglichen mit derzeit destationen verfügbar [32]. Zusätzlich will die 20. Zielmarkt für die H2-Anwendung ist vorran- Stadtregierung der Hauptstadt Tokio ab diesem gig der kommerzielle Sektor. Angestrebt wird der Jahr den Bau von Ladestationen für Apartment- Einsatz von Wasserstoff in Taxis, Baumaschinen, blocks und Hochhäuser subventionieren. Stadtbussen, Reisebussen, Lastwagen und Eisen- bahnen. USA: Obwohl die Administration unter Präsident Donald Trump den Klimawandel bezweifelt und Insbesondere China strebt eine schnelle Elektri- höhere CO2- und Stickoxidemissionen für US- fizierung des Verkehrssektors an. Bereits 2016 Neuwagen zwischen 2022 und 2025 erlaubt [33], verfügt China über 500.000 Elektrofahrzeuge und sprechen sich dutzende US-Städte für die Reduk- Plug-in-Hybride [30]. Bis 2025 will die chinesi- tion der Treibhausgasemissionen und für mehr sche Regierung den Anteil an E-Fahrzeugen auf Klimaschutz aus. 7 Mio. steigern. Laut dem Vorstandsvorsitzenden von BYD, Wang Chuanfu, will China den Ver- Dreißig Städte, darunter auch New York City und kehr im Land bis 2030 vollständig elektrifizieren. Chicago wollen in den kommenden Jahren insge- Öffentliche Busse könnten bis 2020 vollständig samt 114.000 Elektrofahrzeuge im Wert von elektrifiziert sein, Lkw und Sonderfahrzeuge bis 10 Milliarden US-Dollar für den städtischen Ein- 2025. Als problematisch könnten sich die derzeit satz anschaffen. Dazu zählen Polizeifahrzeuge, fehlenden Batterien herausstellen. Experten er- Straßenkehrmaschinen oder Müllwagen. Die Zahl warten hier bis 2020 einen Engpass. der Bestellungen entspricht rund drei Viertel des gesamten Elektroautoabsatzes in den USA im Japan hat bei der Weltklimakonferenz 2015 in vergangenen Jahr. Paris verkündet, bis 2030 einen Marktanteil von 20 % bis 30 % für Elektroautos und Plug-in- Nach Aussagen des Umweltbeauftragten von Los Hybride anzustreben. Angeles werden die Städte weiterhin führend sein beim Umgang mit dem Klimawandel, unabhän- www.vdi.de
18 VDI/VDE-Studie Brennstoffzellen- und Batteriefahrzeuge gig von Entscheidungen der US-Regierung. Los in Deutschland und Europa. Für Europa zeigt dies Angeles begann bereits Ende 2015 im Verbund z. B. die vom „Fuel Cell and Hydrogen Joint Under- mit drei anderen Städten mit den Anfragen nach taking“ recherchierte Übersicht zur Wertschöpfungs- Elektroautos. Ursprünglich lautete die Anfrage kette von Brennstoffzellensystemen [35]. In der Erhe- auf 24.000 Elektroautos, seither haben sich 26 bung gaben fast 50 Unternehmen an, im Bereich andere Städte angeschlossen. Brennstoffzellenfahrzeuge außer Brennstoffzellenbus- se aktiv zu sein, davon ca. 15 als Fahrzeugintegrator. Weitere Unterstützung erhält die Elektromobilität Im Bereich der Brennstoffzellenbusse gibt es mit durch eine Kampagne von 16 Autoherstellern und insgesamt mehr als 80 aktiven Firmen sogar noch 7 US-Bundesstaaten [34]. Sie investieren mehr Marktteilnehmer, wovon sich mehr als 30 als 1,5 Mio. US$ für Anzeigen wie „Drive Change, Fahrzeugintegratoren bezeichnen. Drive Electric“, mit denen die Vorzüge von Elektroautos herausgestellt werden. Zu den Au- Der Brennstoffzellenbranchenführer Deutschland tobauern gehören Daimler, BMW, Volkswagen, 2018 der Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen im Toyota und General Motors, zu den Bundesstaa- VDMA [36] listet insgesamt 57 aktive Unternehmen ten zählen u.a. Connecticut, Massachusetts und und Einrichtungen im Bereich der Brennstoffzellen New York. Trotz hoher Investitionen der Auto- unabhängig von der Anwendung. Diese haben gemäß bauer läuft der Absatz bisher aber eher zögerlich. den dort aufgeführten Ergebnissen einer Industriebe- fragung im Jahr 2017 einen Umsatz in Deutschland von 190 Mio. Euro erzielt. Wertschöpfung Besonders stark sind Deutschland und Europa im Deutschland ist in der Automobilindustrie mit extrem Bereich der Komponenten und Materialien aufgestellt. hoher Fertigungstiefe und kompletter Wertschöp- So hat eines der führenden Unternehmen für Elektro- fungskette vertreten. Diese Situation könnte sich beim katalysatoren seinen Hauptsitz in Europa und zwei Einsatz von BEV tiefgreifend ändern, da derzeit die weitere bedeutende Hersteller sitzen in Deutschland. Batteriefertigung vorrangig in den USA und in asiati- Ebenso sitzt ein weltweit führender Hersteller von schen Ländern etabliert ist. Elektrolytmembranen in Europa. Europaweit gibt es weiterhin mehrere Hersteller von Membran- Im Bereich der elektrotechnischen Komponenten hat Elektrodeneinheiten, von denen ein führender Herstel- auch Deutschland hervorragende Kompetenzen. Offen ler seinen Sitz in Deutschland hat. Gleiches gilt für ist die Situation bei der Fertigung von Brennstoffzel- Bipolarplatten und Dichtungstechnik. In den letzten len. Hier hat die Automobilindustrie lange auf kanadi- Jahren haben sich in Europa darüber hinaus mehrere sches Know-how zurückgegriffen, dabei aber auch Zulieferer für Brennstoffzellenstapel für den automo- stets parallele Entwicklungen vorangetrieben. In bilen Antrieb etabliert. Maßgeblich waren hier sicher- Nordamerika und Japan haben sich Hersteller von lich die Autostack- und Auto-Stack-Core-Aktivitäten Brennstoffzellenstapeln schon etablieren können, in des „Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking“ Deutschland wird mit „Autostack Industrie“ ein Pro- (FCH-JU), die aktuell im Rahmen des von Bundesmi- jekt zur Vorbereitung der Massenfertigung im Rah- nisterium für Wirtschaft und Energie finanzierten men des NIP gefördert (Daimler, VW, Ford und ande- Vorhabens „Autostack Industrie“ weitergeführt wer- re Partner). den. Gleichfalls stark vertreten ist die Industrie im Bereich Tank- und Hochdrucktechnologie. Brennstoffzellenelektrische Antriebe umfassen im Wesentlichen die Baugruppen elektrische Antriebe Insgesamt bieten brennstoffzellenelektrische Antriebe mit Elektromotor, Leistungselektronik, Pufferbatterie, für Deutschland und Europa das Potenzial, einen Stromerzeugung mit dem Brennstoffzellenstapel, hohen Anteil der Wertschöpfung darstellen zu kön- Peripheriekomponenten für Anodenversorgung (Was- nen, mit entsprechenden Auswirkungen z. B. auf den serstoff), Kathodenversorgung (Luft), Kühlung und Arbeitsmarkt. Derzeit sind keine Bauteile oder Kom- Stromeinspeisung in den Fahrzeugzwischenkreis ponenten bekannt, für die bereits eine marktdominie- sowie den Wasserstoffspeicher einschließlich Sicher- rende Stellung nicht europäischer Firmen etabliert heits- und Betankungsvorrichtungen. wäre. Allerdings ist die Produktionskapazität weltweit auch noch sehr beschränkt, da es im Gegensatz zur Jede dieser Baugruppen umfasst wiederum eine grö- Batterie, wo Zellen z. B. auch im großen Umfang für ßere Zahl von Bauteilen, für deren Herstellung zum den IKT- und Verbrauchermarkt produziert werden, Teil spezielle Materialien benötigt werden, sodass für die meisten Brennstoffzellenkomponenten keine sich analog zur heutigen Antriebstechnik eine struktu- alternativen Absatzmärkte gibt. rierte Wertschöpfungskette aufbauen lässt. Dabei gibt es gerade im Bereich der Material- und Komponen- tenzulieferer schon eine Reihe aktiver Unternehmen www.vdi.de
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