Brexit Steigende Kosten im Logistiksektor - Brexit Kurz-Studie 2019/20 - h&z Unternehmensberatung AG
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Brexit Kurz-Studie 2019/20 Die Beratung mit Hirn, Herz & Hand Brexit Steigende Kosten im Logistiksektor
München 2 Weich, hart oder smart – wie der Brexit die Logistikkosten beeinflusst. Großbritanniens Austritt aus der EU wird weitreichende Folgen auf den Gütertransfer haben – so viel ist klar. Wie sich die Mehrkosten der unterschiedlichen Brexit-Szenarien in Zahlen ausdrücken, hat eine aktuelle Studie von h&z ermittelt. Zumindest über den Zeitpunkt des Brexits scheint seit der Wahl vom 12. Dezember letzten Jahres weitgehende Klarheit zu herrschen. Die absolute Mehrheit der Tories ermöglicht es Premier Boris Johnson, sein mit der EU ausgehandeltes Ausstiegsabkommen zügig vom Unterhaus verabschieden zu lassen. Großbritannien verlässt dann pünktlich zur aktuell geltenden Frist am 31. Januar die EU. Das Schreckensszenario harter Ausstieg aus der EU mit unkalkulierbaren Kosten, insbesondere für den Gütertransport, wäre mit so einem weichen Austritt zunächst einmal abgewendet. Für eine Entwarnung ist es unserer Analysen nach aber noch deutlich zu früh. Zum einen wollen sich Johnson und die EU in der festgelegten elfmonatigen Übergangsphase bis Ende 2020 auf einen Freihandelsvertrag einigen, um die Einführung von Zöllen zu vermeiden. Ein Zeitplan, den EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen „sehr herausfordernd“, etliche Experten eher unmöglich nennen. Mehr Leerfahrten durch veränderte Warenströme und verringerte Handelsvolumina Zwar könnte Johnson Ende Juni 2020 eine Verlängerung der Übergangsphase auf zwei Jahre beantragen und den Zeitdruck für die Verhandlungen etwas abmildern. Doch Johnson wäre nicht Johnson, wenn er das nicht längst vehement abgelehnt hätte. Ist der Verlängerungstermin im Juni erst einmal verstrichen, drohen ohne fertigen Freihandelsvertrag dann also im Januar 2021 Zölle und Chaos an den Häfen. Zum anderen zeigt die aktuelle Befragung der CPOs und Einkaufsexperten unserer Kunden, dass auch mit dem auf dem Tisch liegenden Brexit-Abkommen ab dem 31. Januar deutliche finanzielle Mehrbelastungen entstehen. So werden sich beispielsweise die Transportkosten verglichen mit 2019 um rund zehn Prozent erhöhen (vgl. Abb. 1). Gründe dafür: Der Güterverkehr verlangsamt sich trotzdem leicht. Hier und da werden eben doch Lkws angehalten, Papiere kontrolliert und Frachten geöffnet. Dies wird allerdings nur zu einem bis zwei Prozent Anstieg beitragen.
München 3 Einfluss des Brexits auf Gütertransfer Abb. 1 Mehr ins Gewicht im Transport- Zunehmende Überlastung der Hafenkapazitäten kostenblock fallen zunehmende Leerfahrten, die einerseits auf immer weiter veränderte Warenströme, anderseits auf verringerte Handelsvolumina zurückzuführen sind. Wegen der Unsicherheiten beim Brexit setzen 15-35 % 0% Unternehmen lieber auf etwas teurere, aber kurz- und mittelfristig besser planbarere Handelspartner in Kontinental-Europa. Bei 10 % Partnern in Großbritannien weiß man nicht, was passiert, und muss möglicherweise künftig deutlich höhere Preisaufschläge fürchten. • Erhöhte Sicherheitsbestände • Verlangsamung Schon heute ist das in der Automotive- des Verkehrs • Bearbeitungskosten Industrie zu beobachten, die seit dem Brexit- für die Untersuchung • Veränderte Referendum von 2016 in Großbritannien im Hafen, Zolllagerung Warenströme immer weiter zurückgeht. In der Praxis • Risiko von Leerfahrten versuchen Logistiker, die gerne betonen, dass es „Leertransporte nicht gibt“, natürlich ihre Lkw doch voll zu bekommen. Was durchaus auch funktioniert – aber eben Logistikkosten Transport Lager Steuern/ Mit Brexit- Ohne Brexit- Wartezeit kostet, die Verfügbarkeit von Lkws (2019) Zölle Abkommen Abkommen einschränkt und sich damit auf diese Weise in 25-45 % höhere Logistikkosten (mit Brexit-Vertrag) Prognosen bis zu 150 % den erhöhten Transportkosten niederschlägt. Quelle: h&z analysis
München 4 Zusätzliche Lagerkapazitäten und erhöhter Handlingbedarf lassen Kosten steigen Neben den erschwerten Transportbedingungen sind es aber vor allem die Lagerkosten, die den Gütertransfer auch im Szenario „geregelter“ Brexit teurer machen. Die meisten Einkäufer, die wir gesprochen haben, bereiten sich vor und haben bereits Safety Stocks aufgebaut oder sind gerade dabei. So sollen kurzfristige Lieferengpässe abgepuffert werden. Falls diese nicht eintreten, können die Lagerbestände sukzessive wieder abgebaut werden. Lagerhaus-Kapazitäten sind daher bereits jetzt rar. Anzunehmen ist, dass die Preise für Lagerfläche noch weiter steigen werden. In den Lagerkosten stecken neben der reinen Miete für Fläche aber noch andere Zusatzkosten. Wesentlich zu Buche schlägt unserer Analyse nach auch der höhere Handlingbedarf der Güter. Hier geht es vor allem um zusätzliche Umlagerungen der Frachten an den Häfen und in Zolllagern (vgl. Abb. 1). Abhängig von den jeweiligen Waren, den Distanzen zwischen den Häfen und den zusätzlich angemieteten Lagerkapazitäten fallen die Zusatzkosten anders aus. Da eben jede Branche und jedes Unternehmen anders ist, erklärt sich auch, dass die von uns ermittelte Spanne für die zusätzlichen Lagerkosten mit 15 bis 35 Prozent vergleichsweise groß ist. Immerhin muss die Logistikbranche ab dem 31. Januar nicht noch zusätzlich mit Steuern und Zöllen kalkulieren – immer vorausgesetzt, das Unterhaus stimmt dem ausgehandelten Vertrag auch zu. Das sähe anders aus, falls die Verhandlungen zum geplanten Freihandelsvertrag scheitern oder sich deutlich verzögern sollten. Dann würde aller Wahrscheinlichkeit nach zunächst der Standard der Welthandelsorganisation WTO greifen, nach dem für Ein- und Ausfuhr ohne Verträge jeweils zehn Prozent Steuern fällig sind. Das wäre aber nur ein Bruchteil der Kosten, die das Szenario „ungeregelter Brexit“ erzeugen würde. Quelle: CBS Cologne Business School / h&z
München 5 Die 12 wichtigsten Häfen des Vereinigten Königreichs mit 77,6 % des Seehandelsvolumens mit der EU Abb. 2 Ia: Immingam/Grinsby 6: Liverpool + EU Handelsvolumen: 30.55 Mio t (14.8 %) EU Handelsvolumen: 9.94 Mio t (4.8 %) Spezialisierung: keine Spezialisierung: Container + Entwicklung: Containerterminal-Erweiterung Entwicklung: unbekannt + ++ Ib: Hull 7: Southampton EU Handelsvolumen: 8.37 Mio t (4.1%) EU Handelsvolumen: 8.62 Mio t (4.2 %) Spezialisierung: keine Spezialisierung: Automotive 5 Entwicklung: Containerterminal-Erweiterung Entwicklung: Lagerfläche für Autos 2: London 8: Felixstowe EU Handelsvolumen: 24.67 Mio t (12 %) EU Handelsvolumen: 7.55 Mio t (3.7 %) Spezialisierung: Öl & Gas Spezialisierung: Container 4 Entwicklung: unbekannt Entwicklung: unbekannt 3: Dover 9: Milford Haven lb 11 10 EU Handelsvolumen: 24.49 Mio t (11.9 %) EU Handelsvolumen: 7.26 Mio t (3.5 %) Spezialisierung: verderbliche Güter Spezialisierung: Schüttgut la Entwicklung: West Dover Dock Revival Entwicklung: unbekannt 6 4: Tees & Hartlepool 10: Manchester 8 Die Route Dover-Calais wird 9 2 sich beim geregelten und EU Handelsvolumen: 14.7 Mio t (7.2 %) EU Handelsvolumen: 5.34 Mio t (2.6 %) ungeregelten Brexit zum Spezialisierung: Kabel, Schüttgut, Rohstoffe Spezialisierung: unbekannt Flaschenhals entwickeln. Entwicklung: unbekannt Entwicklung: unbekannt Wie stark die Auswirkungen 5 hier sein werden, hängt von den Zoll-, Transport- und 5: Forth group of Ports 11: Holyhead Lagerkapazitäten auf beiden 3 Seiten des Ärmelkanals ab. EU Handelsvolumen: 13.3 Mio t (6.4 %) EU Handelsvolumen: 5.21 Mio t (2.5 %) 7 Spezialisierung: unbegleitete Trailer Spezialisierung: Tanker & Schüttgut Entwicklung: Bau des Hafens Tilbury2 Entwicklung: unbekannt Quelle: UK Department of Transport, port information/ h&z analysis
München 6 Scheitern die Verhandlungen über den Freihandelsvertrag, verdoppeln sich die Kosten Liegen die Mehrkosten beim EU-Austritt mit Abkommen insgesamt bereits zwischen 25 und 45 Prozent (vgl. Abb. 1), schätzen die von uns befragten Einkaufsexperten die finanzielle Mehrbelastung ohne Freihandelsvertrag auf das Doppelte (100 Prozent) bis 150 Prozent (vgl. Abb. 1). Frankreich beispielsweise hat für einen ungeregelten Brexit bereits angekündigt, Großbritannien so wie Afrika zu behandeln. Die Briten wiederum haben alte Fähren eingekauft, auf denen Waren, die nicht oder nur mit erheblichen Verzögerungen eingeführt werden können, im Ärmelkanal zwischengeparkt werden. Ein „Service“, der den Unternehmen in Rechnung gestellt würde. Bis zu drei Wochen verlängerte Transportzeiten durch fehlende Kapazitäten bei der Zollabfertigung, explodierende Kosten für Lager und Handling sowie unkalkulierbare Zusatzabgaben für den Gütertransfer könnte für einige Unternehmen das Aus bedeuten. Doch trotz der präsenten Risiken beschäftigen sich viele Firmen noch immer nicht mit den Auswirkungen. Unsere dringende Empfehlung an Unternehmen, die mit Großbritannien Handel betreiben, ist daher, eine Szenario-Planung vorzunehmen. Dabei geht es nicht um eine akademisch hochkomplexe Übung, die viel eigene Kapazitäten bindet. Sondern darum, konkret und aus eigener Sicht in einem halben oder maximal einem Tag niederzuschreiben, wie ein geregelter und ein ungeregelter Brexit das eigene Unternehmen beträfe. So werden schnell Vergleiche der Geschäfte mit anderen Ländern möglich („ist wie Handel mit der Schweiz, der Türkei oder Weißrussland“), was eine Abschätzung der Risiken und Möglichkeiten zulässt. Diese Aufgabe sollte man übrigens nicht nur dem Einkauf überlassen, sondern auch das übrige Management miteinbeziehen. In jedem Fall werden durch die Maßnahme die näher zu untersuchenden Handlungsfelder klar – was einen smarten Brexit möglich macht, der mitunter viel Geld sparen kann. Thomas Mrozek Kai-Uwe Gundermann ist Partner und Mitglied des h&z-Management- ist Senior Expert und Projektleiter bei h&z. Seine Teams. Er leitet die Supply Chain Practice bei Schwerpunkte sind Planung, Logistik, Produktion sowie h&z. Mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung Operating Model Optimierung. Während der erfolgreichen in Supply Chain Practice befasst er sich heute Implementierung von Digitalen Lösungen konnte Kai- intensiv mit dem Management komplexer Uwe Gundermann kritische Erfolgsfaktoren bei der SCM Projekte rund um die digitale Supply Transformation identifizieren. Er nutzt dieses Wissen, um Chain Transformation für mittelständische seine Kunden auf ihrem Weg Richtung zukunftssicherer, Unternehmen und Konzerne. transparenter und vernetzter Supply Chain zu begleiten.
München 7 Thomas Mrozek | Partner +49 89 242969 – 823 | thomas.mrozek@huz.de Kai-Uwe Gundermann | Senior Consultant +49 89 242969 – 817 | kai-uwe.gundermann@huz. de h&z Unternehmensberatung AG Neuturmstraße 5 | D-80331 München +49 89 242969-0 | twitter: @huzconsulting www.huz.de © Copyright h&z Unternehmensberatung AG, 2020
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