BUNDESVERSAMMLUNG BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND - DER - BERLIN, SONNTAG, DEN 13. FEBRUAR 2022 - Deutscher Bundestag

 
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1 7 . B U N D E S V E R S A M ML U N G
                       DER

B U N D E S R E PU B L I K D E U T S C H L A N D

       BERLIN, S ONNTAG, DEN 13. FEBRUAR 2022
2                                                   17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

                                                                                            Inhalt:

Eröffnung durch Präsidentin Bärbel Bas . . . . . . . . . . . 3 A                                     Anlage 1
Konstituierung der 17. Bundesversammlung . . . . . . . 5 D                                           Liste der entschuldigten Mitglieder der
Zur Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 D                     17. Bundesversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 A
Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 A
Bestellung der Schriftführerinnen und Schrift-                                                       Anlage 2
führer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 C
                                                                                                     Liste der Mitglieder der 17. Bundesversamm-
Wahlvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 C               lung, die an der Wahl teilgenommen haben . . . . . . . 13 B

Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 A     Anlage 3
                                                                                                     Liste der Schriftführerinnen und Schriftführer
Ergebnis der Wahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 C                  der 17. Bundesversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B

Annahme der Wahl durch Bundespräsident
 Dr. Frank-Walter Steinmeier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 D                             Anlage 4
                                                                                                     Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
Ansprache von Bundespräsident Dr. Frank-                                                             Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke
 Walter Steinmeier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 A                   in der 17. Bundesversammlung: Vereinbarung
                                                                                                     zur Geschäftsordnung der 17. Bundesver-
Schlussworte von Präsidentin Bärbel Bas . . . . . . . . . 10 D                                       sammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 C
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022                           3

(A)                                                                                                                               (C)

                                         17. Bundesversammlung
                                 der Bundesrepublik Deutschland

                                           Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

                                                      Stenografischer Bericht
                                                         Beginn: 12.00 Uhr

        Präsidentin Bärbel Bas:                                         Und das ist wahrlich nicht alles: Wir alle machen uns
         Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen           große Sorgen um den Frieden mitten in Europa. Die Lage
      allen einen schönen Sonntag. Bitte nehmen Sie Platz.           in der Ukraine nimmt eine Entwicklung, die wir uns alle
                                                                     noch vor Kurzem nicht hätten vorstellen können. Meh-
       Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrte Frau         rere Staaten haben ihre Bürgerinnen und Bürger dazu
    Büdenbender! Verehrte Repräsentanten der Verfassungs-            aufgerufen, das Land zu verlassen, so gestern auch die
    organe! Sehr geehrte Frau Präsidentin Süssmuth! Sehr             Bundesregierung.
    geehrte Mitglieder der 17. Bundesversammlung! Sehr
                                                                        Nie wieder Krieg – das war für uns Europäer die Lehre
(B) geehrte Damen und Herren! Ich begrüße Sie zur 17. Bun-           aus zwei verheerenden Weltkriegen. Wir sind zum Frie- (D)
    desversammlung – an ungewöhnlichem Ort, zu schwie-
    rigen Zeiten.                                                    den verpflichtet. Wir alle bleiben täglich dazu aufgerufen,
                                                                     ihn zu bewahren, Trennendes zu überwinden und Kon-
         Nichts ist in diesen Tagen normal. Umso mehr freue          flikte zivilisiert auszutragen. Nutzen wir alle Möglich-
      ich mich, Sie heute hier im Paul-Löbe-Haus zur Wahl            keiten der Diplomatie, um die Gefahr eines Krieges zu
      unseres Staatsoberhauptes willkommen zu heißen. Wir            bannen. Jeder Krieg kennt nur Verlierer!
      haben strenge Vorkehrungen zu Ihrem Schutz getroffen.
                                                                           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
      Denn das Virus breitet sich weiter aus. Die Pandemie
                                                                             der Mitglieder der Bundesversammlung)
      bedroht vor allem ohnehin geschwächte und verletzliche
      Menschen. Befallen hat sie dieses Land im doppelten               Als ob dies nicht genug wäre, sorgen wir uns auch um
      Sinn: Scheinbar unversöhnlich stehen sich Menschen ge-         die enormen Herausforderungen, die der Klimawandel
      genüber, die unterschiedliche Einstellungen haben. Die         mit sich bringt. Die Migrationsbewegungen stellen die
      Stimmung im Land, in Familien, in Freundeskreisen lei-         Weltgemeinschaft vor eine Jahrhundertaufgabe. Und
      det darunter. Dagegen hilft kein Impfstoff.                    auch in ihrem Alltag blicken viele mit Sorge auf die
                                                                     Inflation und steigende Energiepreise. Nicht wenige fra-
         Polarisierung gab es in der Geschichte der Bundes-          gen sich, wie sie diese zusätzlichen Belastungen schul-
      republik immer wieder. In dieser Krise scheint unserer         tern sollen. Und auch die Entwicklung innerhalb der
      Gesellschaft aber viel Verbindendes verloren zu gehen,         Europäischen Union gibt einigen Anlass zur Sorge.
      auch das Vertrauen in unsere eigene Kraft. Viele bezwei-
      feln, dass wir unsere Probleme in den Griff bekommen.             Aber: Sind wir den Problemen dieser Zeit wirklich
      Sie trauen der Politik und den staatlichen Institutionen       ausgeliefert? Haben wir keine Möglichkeit, voranzukom-
      wenig zu. Sie fühlen sich ohnmächtig.                          men? – Natürlich kann auch ich nicht den Ausweg aus all
                                                                     diesen Krisen weisen. Sie alle dürfen aber erwarten, dass
         Es gibt Gründe dafür: Im Kampf gegen das Virus ha-          ich uns Mut mache, und das mache ich aus vollster Über-
      ben wir immer wieder Rückschläge erlebt. Wir tun uns           zeugung.
      schwer mit der Einsicht, dass auch Fachleute noch immer
                                                                           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
      nicht das eine Rezept der Wirksamkeit gegen die Pande-
                                                                             der Mitglieder der Bundesversammlung)
      mie kennen, dass die Politik Entscheidungen trifft und sie
      später korrigieren muss. Der notwendige, sachliche Dia-           „Die Tugend des Mutes ist unterbewertet, weil es uns
      log über Lösungsansätze und politische Entscheidungen          seit Generationen sehr gut geht“, sagt der frühere Bundes-
      wird durch Hass und Hetze erschwert. Schlimmer noch            präsident Joachim Gauck. Schauen wir zurück: Hatten es
      sind Gewaltaufrufe oder sogar Gewaltausbrüche.                 andere Generationen leichter? – Wohl kaum. Jede Zeit
4                              17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

      Präsidentin Bärbel Bas
(A) stellt neue Aufgaben. Mit jedem Schritt vorwärts sind            fältiger. Und es kann nur gelingen, wenn sich alle an die (C)
    Risiken verbunden. Jede Entwicklung löst Nebenwirkun-            Spielregeln halten und bereit sind, die mit Mehrheit ge-
    gen aus, vorhersehbare und unvorhersehbare. Trauen wir           troffenen Entscheidungen zu akzeptieren.
    uns dennoch Veränderung und Fortschritt zu! Machen wir              Doch wir dürfen schon fragen, ob wir jeden Streit aus-
    uns klar, dass Furcht nicht weiterhilft! Stellen wir uns der     halten müssen. Ich wünsche mir eine zivilisierte Aus-
    Zukunft! Lassen wir uns nicht einreden, dass wir anste-          einandersetzung und einen respektvollen Umgang mit-
    hende Probleme nicht lösen können!                               einander. Wir merken doch, dass Anschuldigungen
           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit              nichts bringen – von gewaltsamen, strafbewehrten Über-
             der Mitglieder der Bundesversammlung)                   griffen gar nicht zu reden. Jeder hat das Recht, politische
                                                                     Vorhaben zum Klimaschutz für zu schwach zu halten
         Im Gegenteil: Wir können und wir werden diese He-           oder Coronamaßnahmen für zu streng. Wer sich an das
      rausforderungen meistern; denn Deutschland hat eine            Recht hält, darf demonstrieren und seine Meinung äu-
      starke und bewährte Verfassung. Das Grundgesetz führt          ßern. Aber wer sich selbst ein eigenes Recht schafft,
      uns heute in dieser Bundesversammlung zusammen, ge-            das Recht auf die alleinige Wahrheit, der setzt sich ins
      wählte Abgeordnete – die 736 Mitglieder des Deutschen          Unrecht.
      Bundestages – und ebenso viele Vertreterinnen und Ver-               (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
      treter der 16 Bundesländer. Das spiegelt die föderale Ord-             der Mitglieder der Bundesversammlung)
      nung unseres Landes wider. Es ist auch gute Tradition:
      Neben den Parlamentsmitgliedern entsenden die Länder           Das gilt natürlich auch im Netz, wo zunehmend Hem-
      verdiente Bürgerinnen und Bürger, die kein Mandat in           mungen wegbrechen.
      einem Parlament haben. Ich sehe zwei Sportlerinnen                „Der andere kann auch recht haben.“ Rita Süssmuth
      mit Behinderung, eine Verlegerin und einen Fußballprofi.       hat diesen Satz oft wiederholt. Er sagt sich leicht. Schwer
      Gleich mehrfach vertreten sind Branchen, denen die Pan-        ist es, danach zu handeln, erst recht, wenn widerstreitende
      demie besonders viel abverlangt: die Pflege, die Medizin,      Positionen verhärtet sind, Weltbilder verfestigt und tren-
      die Virologie, auch das Friseurhandwerk. Unter uns sind        nende Lebenserfahrungen prägend.
      ein großer Pianist, eine erfolgreiche Impfstoffentwick-
      lerin und eine verdiente vormalige Bundeskanzlerin.              Die aktuelle Zuspitzung in den Debatten zeigt mir: Wir
      Liebe Frau Dr. Merkel, ich begrüße Sie stellvertretend         brauchen eine größere Offenheit. Die Mehrheit hat nicht
      für alle Anwesenden in dieser Bundesversammlung!               automatisch recht – die Minderheit aber auch nicht. Alle
                                                                     müssen sich bewegen, aufeinander zugehen. Wer Gegen-
           (Langanhaltender Beifall bei der weit über-               positionen einfach abtut, macht es sich zu leicht. Nie-
(B)        wiegenden Mehrheit der Mitglieder der                     mand ist im Besitz der einzig richtigen Lösung.          (D)
           Bundesversammlung – Dr. Angela Merkel                           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
           erhebt sich)                                                      der Mitglieder der Bundesversammlung)
      Ich freue mich sehr, dass Sie alle angereist sind, um unser       Wir sollten den Wettbewerb der Argumente zulassen
      Staatsoberhaupt zu wählen.                                     und den Bürgerinnen und Bürgern noch mehr zuhören.
         Ich möchte allen, die diese besonders aufwendige Bun-       Das kann die Debatte in der parlamentarischen Demokra-
      desversammlung mit viel Umsicht geplant und organi-            tie nur bereichern. Die Bürgerräte sind nur ein Beispiel
      siert haben, herzlich danken: für den Aufbau hier im           dafür, wie ein konstruktiver und lebendiger Austausch
      Paul-Löbe-Haus, für die Sicherheit im Haus, für die Be-        zwischen der Politik und der Bevölkerung funktionieren
      gleitung der Delegierten, für die Unterstützung der Me-        kann und die gesellschaftliche Debatte an Breite gewinnt.
      dien oder für die Arbeit in den Testzentren. Überall           Wichtig ist, die Meinungen und Erfahrungen der Bür-
      braucht es Helferinnen und Helfer, und ich glaube, ich         gerinnen und Bürger auch ernst zu nehmen. Anderenfalls
      kann im Namen von Ihnen allen sagen: Herzlichen Dank           wachsen Unmut und Unzufriedenheit.
      dafür!                                                            Die Demokratie lebt nicht aus sich heraus oder des-
                                                                     halb, weil sie auf dem Papier steht. Sie lebt von Gemein-
                               (Beifall)                             sinn und Offenheit. Akzeptanz erfährt die Politik, wenn
         Diese Sitzung zeigt: Auch unter erschwerten Bedin-          wir uns daran orientieren. Wir werden niemals die Wün-
      gungen erfüllen wir den Auftrag des Grundgesetzes. Un-         sche aller erfüllen können. Aber wenn wir vorankommen
      ser Staat funktioniert, auch in schwieriger Zeit. Für die      wollen, müssen wir offen sein für neue Perspektiven – in
      Wahl des Staatsoberhauptes haben die Mütter und Väter          den Kommunen, auf der Landes- und Bundesebene.
      des Grundgesetzes genau dieses Verfahren eingeführt.              Auch Kritik ist notwendig und sinnvoll, wenn sie kon-
      Anders als die Parlamente stimmt die Bundesversamm-            struktiv ist. Stellen wir, die politisch Verantwortlichen,
      lung ohne Aussprache, ohne vorausgehende Wahlkampf-            uns ernsthaft genug die Frage, warum Zweifel an unse-
      reden ab. Das unterstreicht die herausgehobene, überpar-       rem Tun und an Institutionen des Staates wachsen? Sind
      teiliche Rolle des Amtes.                                      wir in der Lage, ehrlich zu antworten, oder gehen wir
         Der parlamentarische Alltag dagegen braucht die De-         gleich in eine Verteidigungshaltung?
      batte und auch den Widerspruch. Bevor Entscheidungen             Es gibt leider immer wieder Grund, das Fehlverhalten
      fallen, müssen Argumente ausgetauscht, Alternativen            Einzelner anzuprangern, wenn zum eigenen Vorteil die
      diskutiert, Kompromisse ausgehandelt werden. Das ist           Grenzen der Legalität bis ins Letzte ausgereizt oder sogar
      anspruchsvoll; denn unsere Gesellschaft wird immer viel-       überschritten werden. Dennoch: Die allermeisten Vertre-
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022                         5
     Präsidentin Bärbel Bas
(A) terinnen und Vertreter des Volkes sind aufrichtig und           des Wortes verfügen unsere obersten Repräsentanten un- (C)
    wollen ihrer Aufgabe gerecht werden, so wie die Bür-            eingeschränkt. Begegnungen und Austausch sind ihre
    gerinnen und Bürger in ihrem Lebensumfeld auch.                 Formate. Sie können in ihrem Amt versöhnen.
                                                                      Halten wir zusammen! Suchen wir das Verbindende!
          (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit              Setzen wir da an, wo wir etwas bewegen können, jede
            der Mitglieder der Bundesversammlung)                   und jeder von uns – zusammen mit dem Staatsoberhaupt,
                                                                    das zu wählen jetzt die Aufgabe aller Anwesenden ist!
        Zu Recht ärgern sie sich über Unzulänglichkeiten, wie
     sie jetzt in der Pandemie zutage treten: von der ungenü-          Herzlichen Dank.
     genden Ausstattung vieler Schulen bis zu unzumutbaren
                                                                         (Anhaltender Beifall bei der weit überwie-
     Bedingungen in der Pflege, unter denen das Pflegeper-
                                                                         genden Mehrheit der Mitglieder der Bundes-
     sonal, die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen lei-
                                                                         versammlung)
     den.
        Doch trotz vieler Missstände sollten wir nicht gnaden-         Meine Damen und Herren, wir haben ein paar Geburts-
     los im Urteil sein. Gnadenlosigkeit führt zu einer gefähr-     tagskinder unter uns. Zum heutigen Geburtstag gratuliere
     lichen Haltung gegen alles und jedes. Sie vergiftet die        ich herzlich Frau Sabine Bätzing-Lichtenthäler,
     gesellschaftliche Auseinandersetzung und lähmt die Su-                                   (Beifall)
     che nach Lösungen für vertrackte Probleme. Sie nimmt
     uns die notwendige Energie, um aus verfahrenen Situa-          Herrn Walter Hirche
     tionen herauszufinden.
                                                                                              (Beifall)
        Besinnen wir uns darauf, dass wir in der Vergangenheit
     immer wieder Trennendes überwunden haben – zwischen            und Herrn Dr. Gerhard Hopp.
     einzelnen Menschen mit unterschiedlicher Weltanschau-
                                                                                              (Beifall)
     ung und Herkunft, Misstrauen zwischen Generationen,
     sogar die Feindschaft zwischen Völkern.                        Ich freue mich sehr, dass Sie Ihren Geburtstag mit uns
       Das zeigt auch die Geschichte dieses Tages: Am 13. Fe-       allen gemeinsam feiern.
    bruar 1945 wurde das historische Dresden zerstört. Viele,          Bevor wir zur Konstituierung kommen, gestatten Sie
    viele Tausend Menschen verloren ihr Leben. Mit diesen           mir ein paar organisatorische Hinweise. Zunächst möchte
    Toten, mit dem verheerenden Bombardement, mit dem               ich Sie bitten, während der gesamten Sitzung, also auch
    Leid der Davongekommenen wurde immer wieder Poli-               während der Wahl, das Abstandsgebot zu beachten. Fer-
(B) tik gemacht, bereits im Zweiten Weltkrieg und erst recht        ner erinnere ich an das Gebot zum Tragen der Masken. (D)
    danach. Die Propaganda endete auch nicht mit dem Fall
    des Eisernen Vorhangs. Weiter wurde versucht, die Mil-             Für die Mitglieder in den Sälen weise ich darauf hin,
    lionen Opfer des verheerenden Weltkrieges, der von              dass in allen Sälen Sitzungsdienstbeamtinnen und -be-
    Deutschland ausgegangen war, gegeneinander aufzurech-           amte sind, die Ihnen bei Fragen zum Ablauf hilfreich
    nen, revisionistische Gedanken zu verbreiten, deutsche          zur Seite stehen. Sie werden zudem bei den Abstimmun-
    Schuld kleinzureden – sogar im Verhältnis zu den Millio-        gen per Handzeichen die Voten der Mitglieder in den
    nen Opfern der Shoah.                                           Sälen erfassen und an mich übermitteln.

       Wir leben seit fast 77 Jahren in Frieden. Die Euro-             Auch möchte ich schon jetzt auf die verschiedenen
     päische Union gründet auf Versöhnung. Daran zu er-             Wahlorte hinweisen, die hier im Erdgeschoss und auf
     innern, ist weit mehr als ein Ritual für feierliche Anlässe    der zweiten Ebene eingerichtet wurden. Ihren vorgesehe-
     wie diesen. Aber auch in der Europäischen Union wird           nen Wahlort entnehmen Sie bitte Ihrer Platzkarte. Bitte
     über Grundwerte, Fragen der Rechtsstaatlichkeit und das        wählen Sie an dem für Sie vorgesehenen Wahlort; so
     gestritten, was Solidarität konkret bedeutet.                  lassen sich unerwünschte Schlangenbildungen vermei-
                                                                    den.
       Bei allem, was uns heute entzweit, sollte uns eines
     zusammenhalten: die Verpflichtung, Frieden und Demo-             Schließlich bitte ich, während der Versammlung das
     kratie zu bewahren und die Gemeinschaft in unserem             Fotografieren und Filmen zu unterlassen. Das gilt ins-
     europäischen Haus zu stärken.                                  besondere auch während des Wahlgangs.
                                                                       Wir kommen nun zur Konstituierung der 17. Bundes-
          (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit              versammlung. Die 17. Bundesversammlung besteht aus
            der Mitglieder der Bundesversammlung)                   736 Mitgliedern des Deutschen Bundestages und 736 Mit-
                                                                    gliedern, die von den Länderparlamenten gewählt wor-
     Wir haben gute Voraussetzungen dafür. Mit gleicher Tat-        den sind. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Länder-
     kraft und mit gleichem Mut müssen wir den gesellschaft-        parlamente haben mir mitgeteilt, welche 736 Mitglieder
     lichen Zusammenhalt in unserem Land fördern – wenn             in den Ländern rechtsgültig gewählt worden sind.
     wir einander achten und aufeinander achten, wie der ver-          Nach § 8 des Gesetzes über die Wahl des Bundesprä-
     storbene Bundespräsident Johannes Rau es formuliert            sidenten findet die Geschäftsordnung des Deutschen
     hat.                                                           Bundestages auf den Geschäftsgang der Bundesver-
       Rau wusste, dass darin die entscheidende Aufgabe der         sammlung sinngemäße Anwendung, sofern sich die Bun-
     Bundespräsidenten liegt: im Zusammenführen. Ihre               desversammlung nicht eine eigene Geschäftsordnung
     Machtbefugnisse sind beschränkt. Aber über die Macht           gibt.
6                                 17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

      Präsidentin Bärbel Bas
(A)     Nach § 126a der Geschäftsordnung des Deutschen                     Wir kommen jetzt zur Bestellung der Schriftfüh- (C)
      Bundestages ist die Bundesversammlung beschlussfähig,             rerinnen und Schriftführer. Ich schlage Ihnen die
      wenn mehr als ein Viertel der Mitglieder anwesend sind. –         66 Abgeordneten vor, die im Deutschen Bundestag diese
      Wenn ich mir das so anschaue: Das ist offensichtlich der          Aufgabe wahrnehmen. Mit Ihrem Einverständnis verlese
      Fall.                                                             ich die 66 Namen jetzt nicht.
                          (Vereinzelt Beifall)                                              (Vereinzelt Beifall)
      Dann stelle ich hiermit die Beschlussfähigkeit der Bun-           Ich sehe, Sie sind damit einverstanden. Damit sind die
      desversammlung fest.                                              Schriftführerinnen und Schriftführer bestellt. Ich bitte
         Im Hinblick auf § 8 des Gesetzes über die Wahl des             nunmehr die Abgeordnete Gülistan Yüksel als Schrift-
      Bundespräsidenten liegt mir ein gemeinsamer Antrag                führerin und den Abgeordneten Michael Donath als
      zur Geschäftsordnung der Fraktionen CDU/CSU,                      Schriftführer, neben mir Platz zu nehmen.
      SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke vor,                                      (Zuruf: Donth!)
      der an den Meldetischen ausliegt. Die Fraktion der AfD
      hat mir mitgeteilt, dass sie den Antrag ebenfalls unter-          – Entschuldigung, Herr Donth; es tut mir leid. Wahr-
      stützt. Da der Text nicht umfangreich ist, trage ich ihn          scheinlich lag es an der Mittagszeit; Entschuldigung.
      jetzt noch einmal vor:                                                               (Vereinzelt Heiterkeit)
           Die 17. Bundesversammlung wolle beschließen:                 Der Herr Donth sieht es mir nach.
                                                                                       (Michael Donth: Natürlich!)
           Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
           findet sinngemäß unter Berücksichtigung des Sit-             Herzlich willkommen! – Damit ist die 17. Bundesver-
           zungsortes auf die 17. Bundesversammlung mit der             sammlung konstituiert.
           folgenden Maßgabe Anwendung:                                    Wir kommen jetzt zur Wahl. Es liegen mir folgende
           Geschäftsordnungsanträge und andere Anträge kön-             schriftlich eingereichte Vorschläge für die Wahl zur Bun-
           nen nur schriftlich gestellt werden. Eine mündliche          despräsidentin oder zum Bundespräsidenten vor, die ich
           Begründung und eine Aussprache finden nicht statt.           in alphabetischer Reihenfolge nennen werde:
           Die §§ 51 Abs. 2 und 52 der Geschäftsordnung des                Frau Dr. Stefanie Gebauer,
           Deutschen Bundestages finden keine Anwendung.                   Herr Dr. Max Otte,
       Wir stimmen jetzt über den Antrag ab. Alle Mitglieder               Herr Dr. Frank-Walter Steinmeier,
    der Bundesversammlung, nicht nur diejenigen hier in der
(B)                                                                        Herr Dr. Gerhard Trabert.                                   (D)
    Halle, sondern auch diejenigen in den Sitzungssälen, bitte
    ich jetzt gleich um ihr Votum per Handzeichen. Ich werde               Die Vorgeschlagenen haben gemäß § 9 des Gesetzes
    zunächst das Ergebnis der Abstimmung hier in der Halle              über die Wahl des Bundespräsidenten schriftlich ihre Be-
    festhalten. Sodann wird mir das Abstimmungsergebnis                 reitschaft zur Kandidatur erklärt. Ich stelle fest, dass die
    aus den 16 Sälen mitgeteilt. Insofern kann es eine kleine           Wahlvorschläge den gesetzlichen Bestimmungen ent-
    zeitliche Verzögerung geben.                                        sprechen.
        Jetzt stimmen wir über den Antrag zur Geschäftsord-                Sehr geehrte Mitglieder der Bundesversammlung, wir
      nung ab. Wer stimmt für den Geschäftsordnungsantrag? –            kommen zum ersten Wahlgang. Zunächst bitte ich schon
      Das sind ganz viele. Ich zähle es nicht, keine Sorge.             jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze
                                (Heiterkeit)                            an den Tischen zur Ausgabe der Stimmzettel und an den
                                                                        Wahlurnen einzunehmen.
      Ich mache es mir jetzt mal etwas einfacher. Wer stimmt
      dagegen? – Ich sehe keine Gegenstimme, hier in der                   Ich bitte nun noch einmal um Ihre Aufmerksamkeit für
      Halle zumindest nicht. Enthaltungen? – Keine Enthaltun-           einige Hinweise zum Ablauf der Wahl. Wir beginnen
      gen.                                                              jetzt gleich mit dem Aufruf der Namen der Mitglieder
                                                                        der Bundesversammlung in alphabetischer Reihenfolge.
                               (Zuruf: Hallo!)                          Dabei werden nachgerückte Mitglieder, die nicht mehr im
      – Eine Enthaltung. – Ich warte jetzt noch einen Moment,           Namensverzeichnis alphabetisch aufgeführt werden
      bis ich die Mitteilung bekomme, ob es in den Sitzungs-            konnten, am Schluss dieser Namensliste aufgerufen. Ver-
      sälen ein ähnliches Stimmverhalten gab.                           folgen Sie bitte den Namensaufruf. Auch um Schlangen-
        Die Übermittlung dauert noch etwas. Daran merken                bildungen zu vermeiden, gehen Sie bitte erst dann zum
      Sie schon: Das ist tatsächlich eine besondere Bundesver-          Empfang der Wahlunterlagen, wenn Sie aufgerufen wor-
      sammlung. Ich gehe davon aus, dass sie uns allen in               den sind.
      Erinnerung bleiben wird. – Ich bekomme gerade das Er-                Für die Wahl wurden vier Wahlorte mit Ausgabeti-
      gebnis aus den Sälen. Mir wurde mitgeteilt, dass es in den        schen, Wahlkabinen und Wahlurnen eingerichtet. Dele-
      Sälen keine Abweichungen von den soeben von mir fest-             gierte mit Sitzplatz auf der zweiten Ebene wählen bitte
      gestellten Abstimmungsergebnissen gibt. Damit ist die             auch auf der zweiten Ebene. Alle anderen Delegierten
      Geschäftsordnung bei einer Enthaltung fast einstimmig             wählen im Erdgeschoss. Den genauen Wahlort können
      angenommen. Ich stelle fest, dass nunmehr die Ge-                 Sie auch Ihrer Platzkarte entnehmen. Zudem unterstützen
      schäftsordnung des Deutschen Bundestages mit den so-              Sie die Plenarassistentinnen und -assistenten gerne beim
      eben beschlossenen Maßgaben sinngemäß gilt.                       Auffinden Ihres Wahlortes.
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022                          7
      Präsidentin Bärbel Bas
(A)      Für den ersten Wahlgang benötigen Sie den blauen                 Dann ist damit die unterbrochene Sitzung wieder er- (C)
      Wahlausweis, den Sie bereits erhalten haben. Zeigen              öffnet, und ich gebe das Ergebnis der Wahl bekannt:
      Sie bitte Ihren blauen Wahlausweis an den Ausgabeti-             abgegebene Stimmen 1 437, ungültige Stimmen 12, gül-
      schen vor. Sie geben ihn dort aber noch nicht ab. Sie            tige Stimmen 1 425, Enthaltungen 86.
      erhalten dann erst Ihren Stimmzettel und Ihren amtlichen            Jetzt wird es spannend.
      Wahlumschlag. Mit dem Stimmzettel, dem Wahl-
      umschlag und dem Wahlausweis gehen Sie bitte in die                                      (Heiterkeit)
      Wahlkabine. Kreuzen Sie den Stimmzettel in der Wahl-             Jetzt nenne ich das Ergebnis der einzelnen Kandidatinnen
      kabine an und stecken diesen noch in der Wahlkabine in           und Kandidaten. Es entfallen auf Frau Dr. Stefanie
      den Wahlumschlag; denn die Wahl ist geheim. Die                  Gebauer 58 Stimmen,
      Schriftführerinnen und Schriftführer müssen diejenigen
      zurückweisen, die ihren Stimmzettel außerhalb der Wahl-                    (Lebhafter Beifall bei Mitgliedern der
      kabine kennzeichnen oder erst außerhalb der Wahlkabine                            Bundesversammlung)
      in den Umschlag gelegt haben. Die Wahl kann jedoch               auf Herrn Dr. Gerhard Trabert 96 Stimmen,
      vorschriftsmäßig wiederholt werden.
                                                                                 (Lebhafter Beifall bei Mitgliedern der
         Sie dürfen auf dem Stimmzettel nur ein Kreuz machen,                           Bundesversammlung)
      entweder bei dem Namen der Kandidatin oder des Kan-
      didaten, oder Sie machen ein Kreuz bei „Enthaltungen“.           auf Herrn Dr. Max Otte 140 Stimmen
      Stimmzettel mit mehr als einem Kreuz, einem anderen                        (Lebhafter Beifall bei Mitgliedern der
      Namen oder anderen Zusätzen sind ungültig. Ungültig                               Bundesversammlung)
      sind auch Stimmzettel, die überhaupt nicht angekreuzt            und auf Herrn Dr. Frank-Walter Steinmeier 1 045 Stim-
      sind. Ich weise explizit darauf hin, dass das Fotografieren      men.
      oder Filmen des ausgefüllten Stimmzettels einen Verstoß
      gegen das Wahlgeheimnis darstellt. Geben Sie bitte an                 (Langanhaltender Beifall bei der weit über-
      der Urne zuerst Ihren blauen Wahlausweis ab, und werfen               wiegenden Mehrheit der Mitglieder der
      Sie anschließend Ihren Wahlumschlag mit dem Stimm-                    Bundesversammlung – Die weit überwiegende
      zettel in die Wahlurne.                                               Mehrheit der Mitglieder der Bundesversamm-
                                                                            lung erhebt sich – Bundespräsident Dr. Frank-
         Ich eröffne die Wahl und bitte, mit dem Namensaufruf
                                                                            Walter Steinmeier nimmt auf der Ehrentribüne
      zu beginnen. Verfolgen Sie bitte den Namensaufruf. Um
                                                                            Glückwünsche entgegen)
      Schlangenbildungen zu vermeiden, gehen Sie bitte erst
      los, wenn Ihr Name wirklich aufgerufen wurde.                      Nach Artikel 54 Absatz 6 des Grundgesetzes ist ge-
(B)                                                                    wählt, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der (D)
                               (Namensaufruf)                          Bundesversammlung erhält, das heißt, wer mindestens
                                                                       737 Stimmen auf sich vereinigt. Ich stelle fest, dass
        Vielen Dank an Sie beide, Herr Donth und Frau                  Herr Dr. Steinmeier die erforderliche Mehrheit der Stim-
      Yüksel.                                                          men erhalten hat und somit zum Bundespräsidenten der
         Ich frage jetzt mal so langsam – und warte auf ein            Bundesrepublik Deutschland gewählt ist.
      Zeichen –, ob alle Mitglieder der Bundesversammlung                   (Anhaltender Beifall bei der weit überwie-
      ihre Stimme abgegeben haben. – Wir müssen noch ein                    genden Mehrheit der Mitglieder der Bundes-
      bisschen warten. Es sind noch Mitglieder unterwegs, um                versammlung)
      zu wählen.
                                                                         Herr Dr. Steinmeier, ich frage Sie: Nehmen Sie die
        Liebe Mitglieder der Bundesversammlung, mir ist so-            Wahl zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik
      eben mitgeteilt worden, dass alle ihre Stimme abgegeben          Deutschland an?
      haben. – Ich höre auch keinen Widerspruch. Dann ist das
      so. Ich schließe die Wahlen und bitte die Schriftführerin-
      nen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen.              Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier:
                                                                         Frau Bundestagspräsidentin, ja, ich nehme die Wahl
         Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Wahl unter-             an.
      breche ich die Sitzung. Diese Unterbrechung wird min-
      destens 45 Minuten dauern. Der Wiederbeginn wird                      (Anhaltender Beifall bei der weit über-
      rechtzeitig mittels Durchsage bekannt gegeben. Bitte                  wiegenden Mehrheit der Mitglieder der
      achten Sie darauf.                                                    Bundesversammlung)
        Die Sitzung ist unterbrochen.
                                                                          Präsidentin Bärbel Bas:
              (Unterbrechung von 13.39 bis 14.25 Uhr)                     Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Herr
                                                                       Dr. Steinmeier die Wahl zum Bundespräsidenten an-
                                                                       genommen hat. Von mir und auch von uns allen spreche
        Präsidentin Bärbel Bas:                                        ich ihm die herzlichsten Glückwünsche aus.
        Liebe Anwesende, ich bitte Sie jetzt alle, Platz zu               Weil ich die Blumensträuße jetzt schon unter den Stüh-
      nehmen, bevor ich das Ergebnis bekannt gebe. – Ich               len sehe: Ich bitte Sie – Sie haben gesehen, es ist ein
      gucke noch einmal: Alle, fast alle haben Platz genom-            bisschen Entfernung –, davon abzusehen, auch wenn es
      men.                                                             bedauerlich ist, ihm jetzt schon auf dem Weg hierhin
8                              17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

      Präsidentin Bärbel Bas
(A) umfassend zu gratulieren, und erst seine Antrittsrede zu            Zur Klarheit gehört dann auch eines: Man mag viel (C)
    hören. Dann wird die Nationalhymne gespielt – nicht              diskutieren über die Gründe der wachsenden Entfrem-
    mitgesungen wegen der Pandemie –, und danach dürfen              dung zwischen Russland und dem Westen. Nicht dis-
    Sie alle sehr ausführlich gratulieren.                           kutieren kann man dies: Wir sind inmitten der Gefahr
                                                                     eines militärischen Konflikts, eines Krieges in Ost-
            (Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier
                                                                     europa – und dafür trägt Russland die Verantwortung.
                   wird zum Rednerpult geleitet)
                                                                           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
          Herr Steinmeier ist auf dem Weg.
                                                                             der Mitglieder der Bundesversammlung)
            (Beifall bei Mitgliedern der Bundesversamm-
                                                                       Und Russlands Truppenaufmarsch kann man nicht
                                 lung)
                                                                     missverstehen. Es ist eine Bedrohung der Ukraine und
      Es liegt ein bisschen an dieser Location, dass wir längere     soll es ja auch sein. Aber die Menschen dort haben ein
      Wege hinter uns bringen müssen, erhöht aber die Span-          Recht auf ein Leben ohne Angst und Bedrohung, auf
      nung.                                                          Selbstbestimmung und Souveränität. Kein Land der
                                                                     Welt hat das Recht, das zu zerstören. Und wer es ver-
            (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit             sucht, dem werden wir entschlossen antworten.
            der Mitglieder der Bundesversammlung – Die
            weit überwiegende Mehrheit der Mitglieder der                  (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
            Bundesversammlung erhebt sich)                                   der Mitglieder der Bundesversammlung)
          Herr Bundespräsident, Sie haben das Wort.                    Aber nicht nur in der Ukraine, in vielen Ländern Ost-
                                                                     europas wächst die Angst. Deshalb stehen wir an der
                                                                     Seite der Esten, der Letten, der Litauer. Wir stehen ge-
          Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier:
                                                                     meinsam mit Polen, Slowaken, Rumänen und allen
         Frau Bundestagspräsidentin! Verehrte Delegierte! Ich
                                                                     Bündnispartnern. Sie können sich auf uns verlassen.
      danke Ihnen. Ich danke für das Vertrauen derer, die für
                                                                     Deutschland ist Teil der NATO und der Europäischen
      mich gestimmt haben, und ich bitte um das Vertrauen
                                                                     Union. Ohne sie würden wir Deutsche nicht in Einheit
      derer, die das heute nicht tun konnten. Das Amt des
                                                                     und Freiheit leben. Das vergessen wir nicht.
      Bundespräsidenten ist ein überparteiliches, und ich ver-
      spreche Ihnen: So werde ich es weiterführen. Meine Ver-              (Beifall bei Mitgliedern der Bundesversamm-
      antwortung gilt allen Menschen, die in unserem Lande                                      lung)
      leben. – Überparteilich werde ich sein, ja, aber ich bin
      nicht neutral, wenn es um die Sache der Demokratie geht.       Ohne jede Zweideutigkeit bekennen wir uns zu den Ver-
(B)                                                                  pflichtungen in diesem Bündnis!                       (D)
            (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
              der Mitglieder der Bundesversammlung)                        (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
                                                                             der Mitglieder der Bundesversammlung)
      Wer für die Demokratie streitet, der hat mich auf seiner
      Seite. Wer sie angreift, wird mich als Gegner haben.              Verehrte Delegierte, unsere Gemeinschaft ist eine Ge-
                                                                     meinschaft liberaler Demokratien, die die Stärke des
            (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit             Rechts über das Recht des Stärkeren stellt. Ich weiß wohl:
              der Mitglieder der Bundesversammlung)                  In den Augen von autoritären Herrschern gelten demo-
                                                                     kratische Institutionen als schwach. Dort, wo alle Macht
         Meine Damen und Herren, verehrte Delegierte, dass
                                                                     in einer Hand konzentriert ist, verachtet man eine Ver-
      Sie mir dieses Amt für weitere fünf Jahre anvertrauen,
                                                                     sammlung wie diese als mehr oder weniger belangloses
      bewegt mich sehr. Es ist mir eine Ehre, eine Freude.
                                                                     Ritual. Dort gelten demokratische Entscheidungspro-
      Meine Freude wäre aber größer, wenn die Bundesver-
                                                                     zesse als Schwäche, das Recht als Bremsklotz, das Be-
      sammlung unter anderen Bedingungen stattfinden könn-
                                                                     mühen um Freiheit und Glück der Bürgerinnen und Bür-
      te, ohne die Beschränkungen der Pandemie. Aber wich-
                                                                     ger als naiv. Aber, meine Damen und Herren, ich kann
      tiger noch: Meine Freude wäre größer, wenn unsere
                                                                     Präsident Putin nur warnen: Unterschätzen Sie nicht die
      Bundesversammlung nicht in eine Zeit der Sorge fiele,
                                                                     Stärke der Demokratie!
      Sorge um den Frieden in Europa.
                                                                           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
            (Beifall bei Mitgliedern der Bundesversamm-
                                                                             der Mitglieder der Bundesversammlung)
                                 lung)
                                                                        Warum bin ich da so sicher? Unsere Demokratie ist
         Die Abwesenheit von Krieg auf unserem Kontinent
                                                                     stark, weil sie getragen wird von ihren Bürgerinnen und
      war uns zur Gewohnheit geworden. Geschützt von Freun-
                                                                     Bürgern, weil sie ihre Kraft nicht mit Unterdrückung,
      den, in Frieden mit den Nachbarn, seit über 30 Jahren
                                                                     nicht mit Drohung nach außen und Angst im Inneren
      wiedervereint – welch ein Glück für unser Land. Doch
                                                                     erkauft, weil sie den Menschen mehr zu bieten hat als
      in diesen Tagen lernen wir neu, was wir hätten wissen
                                                                     Ideen von nationaler Größe und Herrschaft über andere.
      können: Frieden ist nicht selbstverständlich. Er muss im-
                                                                     Demokratien sind nicht alle gleich, nein, aber sie sind im
      mer wieder erarbeitet werden – im Dialog, aber, wo nötig,
                                                                     Inneren miteinander verwandt. Und auch das verbindet
      auch mit Klarheit, mit Abschreckung, mit Entschlossen-
                                                                     uns: Wir suchen nicht die Konfrontation nach außen. Das
      heit. Meine Damen und Herren, alles das braucht es jetzt!
                                                                     ist die gleichlautende Botschaft aus Washington, Paris
            (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit             und Berlin in diesen Tagen: Wir wollen friedliche Nach-
              der Mitglieder der Bundesversammlung)                  barschaft im gegenseitigen Respekt.
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022                           9
      Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier
(A)      Meine Damen und Herren, das sage ich auch deshalb,           mit ihren protzigen Kleidern, ihren Schuldzuweisungen, (C)
      weil sich bald zum 50. Mal die Unterzeichnung der               Verschwörungstheorien nicht am Ende ziemlich nackt
      Schlussakte von Helsinki jährt. Möge dieser Jahrestag           da?
      nicht der Anlass sein, an dem wir uns in Ost und West
                                                                            (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
      das Scheitern der Bemühungen um dauerhaften Frieden
                                                                              der Mitglieder der Bundesversammlung)
      in Europa eingestehen müssen. Arbeiten wir – im Gegen-
      teil – für die Erneuerung dieses kostbaren Erbes. Ich              Der entscheidende Durchbruch im Kampf gegen die
      appelliere an Präsident Putin: Lösen Sie die Schlinge           Pandemie – die Impfstoffentwicklung in Rekordzeit –
      um den Hals der Ukraine! Suchen Sie mit uns einen               gelang in der freien Wissenschaft dank brillanter For-
      Weg, der Frieden in Europa bewahrt!                             scherinnen und mutiger Unternehmer hier in Mainz, in
                                                                      Deutschland, mit unseren Partnern in Europa und den
           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit               USA. Wir sollten bei aller Selbstkritik, die notwendig
             der Mitglieder der Bundesversammlung)                    ist, unser Licht nicht unter den Scheffel stellen!
         Unsere Demokratie ist stark, verehrte Delegierte, und              (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
      auch die heutige Versammlung ist ein selbstbewusster                    der Mitglieder der Bundesversammlung)
      Ausdruck dieser Stärke. Schauen Sie sich hier in dieser
      großen Runde um. Dass Sie alle heute hier sind – aus               Wenn ich auf unser Land blicke, dann sehe ich Men-
      allen Teilen unseres Landes, allen Widrigkeiten der Pan-        schen, die sich Monat für Monat durch diese Pandemie
      demie zum Trotz –, zeigt doch: Wir achten unsere demo-          kämpfen – und zwar nicht, weil sie mit eiserner Hand
      kratischen Institutionen. Wir wissen, dass diese Demo-          dazu gezwungen werden, sondern weil sie immer wieder
      kratie von der Vielfalt lebt, die Sie alle heute hier in        selbst darum ringen, das Richtige zu tun, durchzuhalten,
      diesem Saal repräsentieren. – Diese Versammlung zeigt,          anzupacken. Die übergroße Mehrheit in unserem Land
      finde ich, noch etwas: Es gibt in diesem Land jenseits der      handelt verantwortungsvoll und solidarisch seit zwei
      Logik von Regierung und Opposition eine ganz breite             langen Jahren, die sich für viele anfühlen wie eine Ewig-
      Mehrheit für die Stärkung unserer Demokratie. So ver-           keit. Als Ihr alter und Ihr neuer Bundespräsident möchte
      stehe ich Ihren Auftrag, und dafür will ich mein Bestes         ich Ihnen von Herzen danken für diesen großen, gemein-
      geben.                                                          samen Kraftakt. Ganz herzlichen Dank dafür!
           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit                     (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
             der Mitglieder der Bundesversammlung)                            der Mitglieder der Bundesversammlung)
      Ich will an dieser Stelle aber auch meinen Respekt                 Aber wir spüren auch das andere. Wir spüren: Nach
    ausdrücken  für meine Mitbewerberin und Mitbewerber               zwei Jahren Pandemie macht sich Frust breit, auch Ent-
(B)                                                                   täuschung, zunehmend Gereiztheit. Wir haben uns auf- (D)
    in dieser Wahl. Gestatten Sie mir, sehr geehrter Herr
    Professor Trabert, noch ein zusätzliches Wort. Sie haben          gerieben im Streit um den richtigen Weg, im Streit weit
    mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam ge-                 über die Politik hinaus in den Betrieben, an den Schulen,
    macht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage                 unter Freunden, Kollegen, bis hinein in jede Familie. Die
    der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land.                   Pandemie hat tiefe Wunden geschlagen in unserer Gesell-
                                                                      schaft, und ich möchte dabei helfen, diese Wunden zu
           (Beifall bei Mitgliedern der Bundesversamm-                heilen.
                                lung)
                                                                         Aber denen, die Wunden aufreißen, die in der Not der
      Dafür, Herr Trabert, gebührt Ihnen nicht nur Respekt,           Pandemie Hass und Lügen verbreiten, die von Corona-
      sondern ich hoffe, dass Ihr Impuls erhalten bleibt. Das         diktatur fabulieren und sogar vor Bedrohung und Gewalt
      Thema Obdachlosigkeit beschäftigt uns beide – Sie wis-          gegen Polizistinnen, Pflegekräfte und Bürgermeister
      sen es – seit langer Zeit. Warum schauen wir nicht, ob wir      nicht zurückschrecken, sage ich: Ich bin hier. Ich bleibe.
      diesem drängenden Thema gemeinsam mehr Aufmerk-                 Ich werde als Bundespräsident keine Kontroverse scheu-
      samkeit verschaffen können? Herr Trabert, ich würde             en. Demokratie braucht Kontroverse. Aber es gibt eine
      mich freuen, wenn wir darüber ins Gespräch kämen.               rote Linie, und die verläuft bei Hass und Gewalt. Und
           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit               diese rote Linie müssen wir halten in diesem Land.
             der Mitglieder der Bundesversammlung)                          (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
                                                                              der Mitglieder der Bundesversammlung)
         Verehrte Delegierte, unterschätzen wir nicht die Stärke
      der Demokratie. Aber unterschätzen wir auch nicht die             Ich fürchte, die Gegner der Demokratie werden auch
      Herausforderungen, vor denen sie steht. Gegner der De-          nach dem Ende der Pandemie nicht leiser werden. Sie
      mokratie von außen und von innen säen in der Pandemie           werden sich neue Themen suchen, vor allen Dingen
      Zweifel an unserer Handlungsfähigkeit, an unseren Insti-        neue Ängste, von denen es reichlich gibt in dieser Zeit:
      tutionen, an der freien Wissenschaft, an den freien Medi-       Werden unsere Kinder noch denselben Lebensstandard
      en. Ja, es stimmt: Unser Weg heraus aus der Pandemie ist        haben wie wir heute? Kann ich Schritt halten mit dem
      kein gradliniger. Es gab Fehler, es gab Fehleinschätzun-        Lauf der digitalen Welt? Fällt unser Land hinten runter
      gen, auch bei uns. – Aber, meine Damen und Herren, man          im globalen Wettbewerb? – Solche Sorgen sind Nähr-
      zeige mir ein autoritäres System, das besser durch diese        boden für die, die mit der Angst ihr politisches Geschäft
      Krise gekommen wäre! Oder haben sich die selbst er-             betreiben. Und ich fürchte, sie tun es; sie werden es tun
      nannten starken Männer aller Welt nicht in Wahrheit             mit dem großen Thema unserer Zeit: dem Kampf gegen
      selbst entzaubert in dieser Krise? Standen die Kaiser           den Klimawandel.
10                              17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

      Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier
(A)      Verehrte Delegierte, diese große Aufgabe, die Trans-         bracht haben, wie wir mitgebaut haben an einem verein- (C)
      formation hin zu einer nachhaltigen Lebensweise auf un-         ten Europa. Ein Bundespräsident kann Menschen Mut
      serem Planeten, die sucht sich kein Land, die sucht sich        machen, Verantwortung zu übernehmen, ihnen den Rü-
      keine Regierung einfach aus. Sie ist nicht weniger als die      cken stärken, wo immer sie sich engagieren und Lösun-
      Überlebensfrage der Menschheit. Diese Aufgabe bringt            gen suchen für die Probleme unserer Zeit.
      uns in eine Epoche des Aufbruchs und des Umbruchs.                 Vertrauen in Demokratie ist doch am Ende nichts an-
      Mehr Aufbruch hoffen manche. Mehr Umbruch fürchten              deres als Vertrauen in uns selbst. In unserem Grundgesetz
      andere. Ich bin überzeugt: Wenn wir aus den großen              steht schließlich nicht „Alles Gute kommt von oben“,
      Umbrüchen einen gemeinsamen Aufbruch machen wol-                sondern da steht: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke
      len, dann geht das nicht durch staatliche Verordnung al-        aus.“ Das ist das Versprechen unserer Verfassung an
      lein. Dann müssen wir Brücken bauen: Brücken bauen              uns Bürger, und darin liegt auch ein Versprechen zwi-
      zwischen den Generationen, zwischen den Alteingeses-            schen den Bürgerinnen und Bürgern: Zieh dich nicht
      senen und denjenigen, die neu hinzukommen, Brücken              zurück, sondern übernimm Verantwortung! – Das ist,
      zwischen Start-up und Hochofen, Brücken zwischen                wenn Sie so wollen, die doppelte Natur der Demokratie.
      Großstadt und plattem Land, auch zwischen den Gesprä-           Sie ist Versprechen und Erwartung zugleich. Demokratie
      chen in der Kneipe und denen in Brüssel und Berlin.             ist eine Zumutung, ja. Und Mut zu machen zu dieser
      Kurzum: Wir brauchen Brücken in Richtung Zukunft,               Zumutung, das genau ist meine Aufgabe; so verstehe
      die breit und stark genug sind, dass wirklich alle darüber      ich sie.
      gehen können. Dafür will ich arbeiten.
                                                                         Es gibt manche, die sagen, die liberale Demokratie sei
           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit               auf dem Abstieg. Dieses Jahrhundert, sagen andere,
             der Mitglieder der Bundesversammlung)                    werde das Zeitalter der autoritären, der harten Hand. –
      Dafür will ich arbeiten, und ich will das Gespräch              Sie merken es: Ich halte nichts von solchen Abgesängen.
    darüber mitnehmen ins ganze Land, in die Winkel unserer           Nein, verehrte Delegierte, nur eines ist gewiss: Die Zu-
    Gesellschaft, fernab vom Selbstgespräch der Hauptstadt,           kunft ist offen. Und auf diese Offenheit hat niemand, kein
    das viele nicht erreicht. Ich will Orte besuchen, an denen        Autokrat und keine Ideologie, bessere Antworten als die
    Menschen Verluste erleben. Und ja, es gibt Verluste. Es           Demokratie. Also: Machen wir uns nicht selbst klein!
    gibt Orte, die sich völlig neu erfinden müssen in diesen          Seien wir nicht ängstlich! Packen wir die Zukunft bei
    Jahren. Keiner dieser Orte liegt am Rand der Gesell-              den Hörnern! Mögen die Autoritären doch ihre Eispaläste
    schaft. Sie alle braucht es für die Zukunft unseres Landes.       und Golfresorts bauen. Nichts davon ist stärker, nichts
    Sie alle braucht es für neuen Zusammenhalt. Es bleibt             leuchtet heller als die Idee der Freiheit und Demokratie
    unsere gemeinsame Erfahrung: Transformation wird nur              in den Köpfen und Herzen der Menschen.
(B)                                                                                                                                 (D)
    gelingen, wenn auch die Schwächeren etwas zu gewinnen                   (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit
    haben. Und es bleibt unsere Gewissheit: Jeder, den wir                    der Mitglieder der Bundesversammlung)
    verlieren, fehlt der Demokratie.
                                                                         Jede und jeder von Ihnen hier im Saal und im ganzen
           (Beifall bei Mitgliedern der Bundesversamm-
                                                                      Land, jeder, der sich um mehr kümmert als nur sich
                                lung)
                                                                      selbst, gewinnt ein Stück Zukunft für uns alle. Jeder
      Solche Gespräche, die notwendig sind, brauchen vor              und jede, die sich engagiert – im Beruf oder im Ehrenamt,
      allem eines: Zeit. Diese müssen wir uns nehmen, wenn            im Gemeinderat oder im Verein –, kämpft den Kampf um
      wir nicht dauerhaft aneinander vorbeireden, wenn wir uns        die Zukunft der Demokratie. Jede und jeder, der anpackt
      nicht in falschen Konflikten verlieren wollen. Ich werde        im Großen und im Kleinen, der bringt die Kraft der De-
      mir diese Zeit nehmen und auf Zeit-Reise gehen durch            mokratie zum Leuchten. Liebe Landsleute, gehen wir es
      unser Land.                                                     gemeinsam an! Ich jedenfalls freue mich auf das, was vor
         Der Übergang meiner Amtszeit fällt auf den 18. März,         uns liegt.
      den Tag der Märzrevolution und der ersten freien Wahlen            Herzlichen Dank.
      in der DDR. An diesem stolzen Tag unserer Demokratie-
      geschichte beginne ich meine Reise durch die Regionen                (Langanhaltender Beifall bei der weit über-
      und verbringe sehr bewusst den ersten Tag der neuen                  wiegenden Mehrheit der Mitglieder der
      Amtszeit in Ostdeutschland. Ich freue mich darauf.                   Bundesversammlung – Die weit überwiegende
                                                                           Mehrheit der Mitglieder der Bundesversamm-
           (Beifall bei der weit überwiegenden Mehrheit                    lung erhebt sich)
             der Mitglieder der Bundesversammlung)
         Liebe Delegierte, das Vertrauen, das Sie diesem Amt             Präsidentin Bärbel Bas:
      und auch mir entgegenbringen, kann ich wertschätzen.               Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielen Dank, Sie
      Ich weiß, das ist ein ganz kostbares Geschenk. Ich ver-         haben sich bereits erhoben. Wir bitten jetzt, die National-
      spreche Ihnen: Ich werde behutsam und respektvoll damit         hymne zu spielen. Es ist beabsichtigt, das nur instrumen-
      umgehen. Auch ein Bundespräsident kann alte Gewiss-             tal zu machen und aufgrund der Pandemie nach Möglich-
      heiten nicht zurückholen – natürlich nicht. Aber was er         keit nicht mitzusingen. – Mitsummen ist immer erlaubt,
      kann: Er kann helfen, Zukunftsangst zu nehmen. Er kann          wie der Bundespräsident gerade sagt.
      helfen, Zuversicht zu geben. Er kann daran erinnern, wie                        (Nationalhymne – Beifall)
      viele Krisen wir in 70 Jahren erfolgreich überwunden
      haben, wie die Ostdeutschen eine Diktatur zu Fall ge-              Vielen herzlichen Dank.
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022             11
      Präsidentin Bärbel Bas
(A)      Damit ist die 17. Bundesversammlung geschlossen.                             (Schluss: 15.00 Uhr)        (C)
      Jetzt können Sie reichhaltig gratulieren. Auch von mir
      herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Amtszeit.

(B)                                                                                                               (D)
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022                       13

(A)                                                                              Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

      Anlage 1
                                                  Entschuldigte Abgeordnete

       Abgeordnete(r)                                                Abgeordnete(r)

       Akbulut, Gökay               DIE LINKE                        Miazga, Corinna                  AfD
       Birkwald, Matthias W.        DIE LINKE                        Möller, Siemtje                  SPD
       Braun, Jürgen                AfD                              Ortleb, Josephine                SPD
       Bsirske, Frank               BÜNDNIS 90/                      Raffelhüschen, Claudia           FDP
                                    DIE GRÜNEN
                                                                     Ramsauer, Dr. Peter              CDU/CSU
       Castellucci, Dr. Lars        SPD
                                                                     Schneider, Jörg                  AfD
       Ehrhorn, Thomas              AfD
                                                                     Schön, Nadine                    CDU/CSU
       Hahn, Florian                CDU/CSU
                                                                     Staffler, Katrin*                CDU/CSU
       Heidenblut, Dirk             SPD
                                                                     Uhl, Markus                      CDU/CSU
       Herrmann, Bernhard           BÜNDNIS 90/
                                    DIE GRÜNEN                       Wagenknecht, Dr. Sahra           DIE LINKE

       Hilse, Karsten               AfD                              Wallstein, Maja                  SPD

       Hönel, Bruno                 BÜNDNIS 90/                      Weiss, Maria-Lena                CDU/CSU
                                    DIE GRÜNEN
                                                                     Witt, Uwe                        fraktionslos
       Irlstorfer, Erich            CDU/CSU
(B)                                                                                                                          (D)
                                                                    * aufgrund gesetzlichen Mutterschutzes
       Kuban, Tilman                CDU/CSU
       Launert, Dr. Silke           CDU/CSU
       Mast, Katja                  SPD

      Anlage 2

                  Liste der Mitglieder der 17. Bundesversammlung, die an der Wahl teilgenommen haben

      A                                       Katrin Albsteiger                           Johannes Arlt
                                              Ali Al-Dailami                              Horst Arnold
      Sanae Abdi
                                              Muhanad Al-Halak                            Hans-Jörn Arp
      Valentin Abel
                                              Renata Alt                                  Christine Aschenberg-Dugnus
      Knut Abraham
                                              Norbert Maria Altenkamp                     Ferda Ataman
      Dr. Marylyn Addo                        Dieter Althaus                              Andreas Audretsch
      Klaus Adelt                             Jacqueline Althaus                          Artur Auernhammer
      Katja Adler                             Dr. Bernd Althusmann                        Peter Aumer
      Stephanie Aeffner                       Tarek Al-Wazir                              Maik Außendorf
      Adis Ahmetovic                          Philipp Amthor                              René Aust
      Doris Ahnen                             Luise Amtsberg                              Berivan Aymaz
      Ilse Aigner                             Dagmar Andres
      Hubert Aiwanger                         Dr. Gabriele Andretta
      Reem Alabali-Radovan                                                                B
                                              Eva von Angern
      Leon Alam                               Niels Annen                                 Tobias Bacherle
      Stephan Albani                          Holger Ansmann                              Carolin Bachmann
      Torsten Albig                           Muhterem Aras                               Lisa Badum
      Dr. Detlev Michael Albrecht             Jens Arlt                                   Irmgard Badura
14                            17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022

(A) Heike Baehrens                           Maryam Blumenthal                           Petr Bystron                   (C)
    Annalena Baerbock                        Eugene Boateng
    Ulrike Bahr                              Brigitte von Boch                           C
    Christian Baldauf                        René Bochmann
    Daniel Baldy                             Gülten Bockholdt                            Isabel Cademartori Dujisin
    Felix Banaszak                           Marcus Bocklet                              Derya Çağlar
    Jürgen Banzer                            Michael Boddenberg                          Oliver Calov
    Dietmar Bär                              Ingo Bodtke                                 Dr. Inés de Castro
    Dorothee Bär                             Peter Boehringer                            Daniela Cavallo
    Karl Bär                                 Friedhelm Boginski                          Dr. Anna Christmann
    Nezahat Baradari                         Martin Böhm                                 Tino Chrupalla
    Thomas Bareiß                            Matthi Bolte-Richter                        Dr. Sandra Ciesek
    Julian Barlen                            Frank Bonath                                Ines Claus
    Dr. Ralf-Norbert Bartelt                 Simone Borchardt                            Ulrich Commerçon
    André Barth                              Johanna Börgermann                          Gitta Connemann
    Helmut Barthel                           Siegfried Borgwardt                         Frederick Cordes
    Sören Bartol                             Frank Boss                                  Jürgen Coße
    Dr. Dietmar Bartsch                      Volker Bouffier                             Joana Cotar
                                             Dr. Andreas Bovenschulte                    Jens Cotta
    Bärbel Bas
                                                                                         Carl-Julius Cronenberg
    Seda Başay-Yildiz                        Dr. Rainer Bovermann
                                                                                         Dr. Gottfried Curio
    Sabine Bätzing-Lichtenthäler             Lynn Boysen
                                                                                         Mario Czaja
    Alexander Bauer                          Cemal Bozoğlu
                                                                                         Sebastian Czaja
    Nicole Bauer                             Michael Brand (Fulda)
    Dr. Christina Baum                       Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar)
    Dr. Bernd Baumann                        Mario Brandenburg (Südpfalz)                D
    Jürgen Baumgärtner                       Dirk Brandes                                Sevim Dağdelen
    Susanne Bay                              Ina Brandes                                 Christian Dahm
    Markus Bayerbach                         Martin Brandl                               Dr. Janosch Dahmen
    Canan Bayram                             Dr. Reinhard Brandl                         Dr. Mehmet Gürcan Daimagüler
    Dr. Dieter Beck                          Stephan Brandner                            Bernhard Daldrup
    Katharina Beck                           Robert Brannekämper                         Astrid Damerow
    Roger Beckamp                            Dr. Franziska Brantner                      Christoph Degen
(B) Dr. Holger Becker                        Dr. Helge Braun                             Ekin Deligöz                   (D)
    Karsten Becker                           Silvia Breher                               Ayşe Demir
    Jens Beeck                               Sebastian Brehm                             Hakan Demir
    Daniela Behrens                          Heike Brehmer                               Renan Demirkan
    Daniela Beihl                            Michael Breilmann                           Ellen Demuth
    Anke Beilstein                           Wibke Brems                                 Joy Denalane
    Ksenija Bekeris                          Leni Breymaier                              Doreen Denstädt
    Hennes Bender                            Dr. Kristin Brinker                         Rainer Deppe
    Lukas Benner                             Ralph Brinkhaus                             Dr. Sandra Detzer
    Bärbel Bergerhoff-Wodopia                Dietmar Brockes                             Lorenz Deutsch
    Jürgen Berghahn                          Tim Brockmann                               Dr. Karamba Diaby
    Dr. André Berghegger                     Dr. Carsten Brodesser                       Martin Diedenhofen
    Franz Bergmüller                         Dr. Marlon Bröhr                            Helmut Diegel
    Bengt Bergt                              Dr. Martin Brudermüller                     Markus Diekhoff
    Marc Bernhard                            Agnieszka Brugger                           Eberhard Diepgen
    Christian Bernreiter                     Florian von Brunn                           Jan Dieren
    Peter Beuth                              Sandra Bubendorfer-Licht                    Alexander Dierks
    Peter Beyer                              Christina Buchheim                          Thomas Dietz
    Marc Biadacz                             Dr. Bernd Buchholz                          Esther Dilcher
    Andreas Bialas                           Marlon Buchholz                             Steffen Dittes
    Peter Biesenbach                         Dennis Buchner                              Sabine Dittmar
    Steffen Bilger                           Tim Bückner                                 Dr. Jörg Dittrich
    Sascha Binder                            Katrin Budde                                Bijan Djir-Sarai
    Dr. Stefan Birkner                       Sarah Buddeberg                             Alexander Dobrindt
    Dennis Birnstock                         Marcus Bühl                                 Christian Doleschal
    Jakob Blankenburg                        Clara Bünger                                René Domke
    Inge Blask                               Yannick Bury                                Anke Domscheit-Berg
    Jutta Blatzheim-Roegler                  Ole Thorben Buschhüter                      Michael Donth
    Lilly Blaudszun                          Dr. Marco Buschmann                         Uwe Dorendorf
    Andreas Bleck                            Bernd Busemann                              Felix Döring
    Jörg Blöming                             Karlheinz Busen                             Karina Dörk
    Markus Blume                             Imke Byl                                    Katja Dörner
17. Bundesversammlung – Berlin, Sonntag, den 13. Februar 2022                  15

(A) Malu Dreyer                           Nicolas Fink                                Dennis Gladiator              (C)
     Dr. Volker Dringenberg               Matthias Fischbach                          Albrecht Glaser
     Katharina Dröge                      Peter Fischer                               Angelika Glöckner
     Falko Droßmann                       Rudi Fischer                                Immacolata Glosemeyer
     Dr. Christian Drosten                Hans-Dieter Flick                           Marion Glufke
     Dr. Rainer Dulger                    Alexander Flierl                            Lisa Gnadl
     Lena Düpont                          Georg Fortmeier                             Hannes Gnauck
     Deborah Düring                       Daniel Föst                                 Carina Gödecke
     Christian Dürr                       Anne Franke                                 Nicole Gohlke
     Hansjörg Durz                        Dr. Edgar Franke                            Julia Goll
     Iris Dworeck-Danielowski             Björn Franken                               Gregor Golland
                                          Rainer Fredermann                           Leon Goretzka
     E                                    Thorsten Frei                               Katrin Göring-Eckardt
                                          Angela Freimuth                             Angela Gorr
    Harald Ebner
                                          Karl Freller                                Michel Gosewisch-Walk
    Axel Echeverria
                                          Otto Fricke                                 Inka Gossmann-Reetz
    Leon Eckert
                                          Dietmar Friedhoff                           Hans-Jürgen Goßner
    Tobias Eckert
                                          Hans Friedl                                 Tobias Gotthardt
    Ralph Edelhäußer
                                          Patrick Friedl                              Kay Gottschalk
    Dominik Eggert
                                          Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)              Eva Gottstein
    Thomas Ehbrecht
    Fabian Ehmann                         Julia Friedrichs                            Nicola von Graevemeyer
    Manfred Eibl                          Michael Frieser                             Fabian Gramling
    Sonja Eichwede                        Michael Frisch                              Dr. Ingeborg Gräßle
    Felix Eicke                           Markus Frohnmaier                           Dr. Armin Grau
    Christoph Eilers                      Dr. Jördis Frommhold                        Richard Graupner
    Georg Eisenreich                      Dr. Götz Frömming                           Timon Gremmels
    Anna Elbert                           Jürgen Frömmrich                            Kerstin Griese
    Marcel Emmerich                       Christian Fühner                            Dr. Frank Grobe
    Ronja Endres                          Astrid Fünderich                            Hermann Gröhe
    Alexander Engelhard                   Fabian Funke                                Birger Gröning
    Heike Engelhardt                      Maximilian Funke-Kaiser                     Michael Grosse-Brömer
                                          Albert Füracker                             Ulrike Grosse-Röthig
(B) Martina Englhardt-Kopf                                                            Uli Grötsch                   (D)
    Rüdiger Erben
    Sigrid Erfurth                        G                                           Markus Grübel
    Thomas Erndl                                                                      Manfred Grund
                                          Ingo Gädechens                              Erhard Grundl
    Klaus Ernst                           Schahina Gambir
    Angela Erwin                                                                      Oliver Grundmann
                                          Tessa Ganserer                              Monika Grütters
    Dr. Wiebke Esdar                      Martin Gassner-Herz
    Saskia Esken                                                                      Sabine Grützmacher
                                          Matthias Gastel                             Serap Güler
    Nina Eskildsen                        Alexandra Gauß
    Dr. Michael Espendiller                                                           Dr. Peter Güllmann
                                          Manuel Gava                                 Daniel Günther
    Wiebke Exner                          Dirk Gaw                                    Fritz Güntzler
                                          Yvonne Gebauer                              Ates Gürpinar
     F                                    Silke Gebel                                 Petra Guttenberger
     Dr. Marcus Faber                     Heike Gebhard                               Olav Gutting
     Wolfgang Fackler                     Rico Gebhardt                               Dr. Gregor Gysi
     Dr. Benjamin Fadavian                Stefan Gebhardt
     Nancy Faeser                         Dr. Thomas Gebhart
                                          Dr. Jörg Geerlings                          H
     Yasmin Fahimi
     Dr. Hubert Faltermeier               Christian Gehring                           Friedrich Haag
     Hermann Färber                       Kai Gehring                                 Christian Haase
     Robert Farle                         Thomas Gehring                              Dr. Robert Habeck
     Ariane Fäscher                       Dr. Jonas Geissler                          Fritzi Haberlandt
     Dr. Johannes Fechner                 Stefan Gelbhaar                             Thomas Hacker
     Dr. Elisabeth Federle                Michael Gerdes                              Marcel Hafke
     Katharina Fegebank                   Dr. Karl Gerhold                            Bettina Hagedorn
     Uwe Feiler                           Silke Gericke                               Manuel Hagel
     Peter Felser                         Knut Gerschau                               Daniel Hagemeier
     Enak Ferlemann                       Dr. Alexander Gerst                         Martin Hagen
     Philipp Fernis                       Martin Gerster                              Pascal Haggenmüller
     Susanne Ferschl                      Dr. Jan-Niclas Gesenhues                    Dr. Bahar Haghanipour
     Emilia Fester                        Jens Gieseke                                Rita Hagl-Kehl
     Sebastian Fiedler                    Franziska Giffey                            Dr. André Hahn
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