Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
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Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43/43G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel.: 030 / 20 20 - 50 00, Fax: 030 / 20 20 - 60 00 www.gdv.de, www.udv.de Tagungsband Symposium: „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends“ 18. Oktober 2017, Berlin
2 Inhalt EINFÜHRUNG 3 Siegfried Brockmann (Leiter Unfallforschung der Versicherer) VORTRÄGE Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern 4 Dr. Tina Gehlert (Unfallforschung der Versicherer) Pedelecforschung im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans 2020 8 MR Thomas Hartmann (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) Technik/Komponenten von E-Bike Systemen mit Mittelmotor 14 Marko Kienle (Paul Lange & Co. OHG) Sicherheit geht vor: Bosch bringt ABS für Pedelec-Fahrer 17 Dr. Gregor Dasbach (Bosch eBike Systems) Bauartbedingte Anforderungen an S-Pedelec 19 Steffen Hladik (DEKRA Technology Center/Automobil Test Center) Anforderungen der Elektrofahrräder an die Infrastruktur: Laden – Fahren – Abstellen 20 Jörg Thiemann-Linden (büro thiemann-linden stadt & mobilität) Erfahrungen der Berliner Polizei mit Elektrofahrrädern 25 POKìn Andra Barthels (Fahrradstaffel der Polizei Berlin) Sicherheitspotentiale durch Fahrradhelme 29 Arne Koerdt (Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg) PODIUMSDISKUSSION Siegfried Brockmann (Unfallforschung der Versicherer) 34 MR Thomas Hartmann (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) 36 Angela Kohls (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub) 38 PD Andreas Tschisch (Polizei Berlin) 40
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 3 ellen Sachstand sowie den Ausblick auf die wei- tere Entwicklung. Viele Fragen sind noch nicht zufriedenstellend geklärt, wie zum Beispiel: Wie sieht es mit der Nutzung der Verkehrsflä- chen aus? Ist die existierende Verkehrsinfra- struktur ausreichend, um die verschiedenen Geschwindigkeiten von Fahrräder und Elektro- fahrrädern aufzunehmen? Eigentlich dürften mit einem S-Pedelec die Radverkehrsanlagen Siegfried Brockmann gar nicht genutzt werden. Wie ist die Zweitei- Leiter Unfallforschung der Versicherer lung der Elektrofahrräder in Pedelec und S-Pe- delec zu bewerten? Wie soll die Helmpflicht für S-Pedelec praktisch umgesetzt werden, ohne Einführung geeignete Helme? Die stark wachsende Verbreitung von Elektro- In Fachvorträgen gaben renommierte Refe- fahrrädern und die steigenden Unfallzahlen renten aus Wissenschaft, Ministerien, Zwei- stellen neue Herausforderungen an die Ver- radindustrie und Polizei einen Einblick in die kehrssicherheitsarbeit. Allein in 2016 gab es aktuelle Technik und Entwicklungstrends von 3.982 Pedelecunfälle mit Personenschaden, Elektrofahrrädern, die technischen Anfor- 62 Pedelecfahrerinnen und Pedelecfahrer wur- derungen seitens des Gesetzgebers, die Si- den getötet, 1.087 schwer und 2.752 leicht cherheitspotenziale von Fahrradhelmen, die verletzt. Das entspricht Steigerungsraten von Anforderungen an eine e-radtaugliche Rad- 25 Prozent bis 39 Prozent im Vergleich zum verkehrsinfrastruktur sowie die Erfahrungen Vorjahr. Und ein Ende dieser Entwicklung ist der Polizei mit Elektrofahrrädern im Straßen- nicht abzusehen. Bei S-Pedelecs sehen wir ein verkehr. In der Podiumsdiskussion wurden u. a. ganz ähnliches Bild, wenn auch zahlenmäßig die Nutzung der Radverkehrsanlagen durch auf niedrigerem Niveau. Elektrofahrräder, deren rechtliche Einordnung sowie die Frage nach der Helmbeschaffenheit Elektrofahrräder sind faktisch keine Fahrräder. und Helmpflicht diskutiert. Ein Elektrofahrrad verhält sich beim Fahren an- ders als ein Fahrrad. Es ist z. B. schwerer und es spricht andere Nutzergruppen an. Das Unfall- geschehen mit Elektrofahrrädern ist zwar im Wesentlichen vergleichbar mit dem allgemei- nen Fahrradunfallgeschehen. Aber es gibt rele- vante Unterschiede, zum Beispiel bei der Ver- letzungsschwere und der Art der Unfälle, die Der vorliegende Tagungsband enthält die Kurz- die Unterschiede zwischen konventionellem fassungen der gehaltenen Referate. Die zur Ver- Fahrrad und Elektrofahrrad widerspiegeln. öffentlichung freigegebenen Vortragsfolien ste- hen auf der Homepage des Symposiums unter Aus diesem Grund kamen am 18. Oktober 2017 www.e-radsymposium.de sowie auf der Home- über hundert Fachleute aus ganz Deutschland page der Unfallforschung der Versicherer unter in Berlin zusammen und diskutierten den aktu- www.udv.de zum Download bereit.
4 Vorträge Tabelle 1 gibt einen Überblick über die tech- nischen Merkmale und die straßenverkehrs- rechtliche Einordnung von Elektrofahrrädern. Elektrofahrräder können mit tretunabhän- gigem Zusatzantrieb (sogenannte E-Bikes) oder mit motorisierter Tretunterstützung (soge- nannte Pedelecs und S-Pedelecs) ausgestattet sein. Je nach Ausmaß der Tretunterstützung werden Pedelecs und S-Pedelecs unterschie- Dr. Tina Gehlert den. Pedelecs weisen eine Motorleistung bis Unfallforschung der Versicherer 250 Watt auf und unterstützen die Tretleistung bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h. Straßenverkehrsrechtlich werden Pedelecs wie Verkehrssicherheit Fahrräder behandelt und dürfen wie diese die von Elektrofahrrädern Radverkehrsanlagen nutzen. In Deutschland werden am häufigsten Pedelecs gekauft. S- Pedelecs hingegen können eine Motorleistung 1 Einführung bis 500 Watt erzielen und unterstützen die Tretleistung bis zu einer Geschwindigkeit von Elektrofahrräder erfreuen sich immer grö- 45 km/h. Sie werden als Kleinkrafträder ein- ßerer Beliebtheit. 605.000 Elektrofahrräder gestuft und dürfen nur mit gültiger Fahrer- wurden allein im Jahr 2016 in Deutschland laubnis bzw. Mofa-Prüfbescheinigung, einem verkauft. Der Marktanteil der Elektrofahrrä- geeigneten Helm und Kfz-Versicherungskenn- der an allen verkauften Fahrrädern beträgt zeichen gefahren werden. Den S-Pedelecfah- bereits 13 Prozent [1]. rern ist die Nutzung der Radverkehrsanlagen nicht gestattet [2]. Tabelle 1: Vergleich Pedelec, S-Pedelec und E-Bike, technische Merkmale und rechtliche Einordnung [3] Pedelec S-Pedelec E-Bike Motorleistung 250 Watt 500 Watt 4.000 Watt** Unterstützung bis 25 km/h 45 km/h Tretunabhängiger Zusatzantrieb bis 45 km/h Fahrzeugtyp Fahrrad Kleinkraftrad Kleinkraftrad Führerschein Nein Ja Ja Helm Empfohlen Verpflichtend Verpflichtend Versicherung Nein Ja Ja Nutzung der Radverkehrsanlagen Ja Nein Nein Marktanteil* 98 % 2-3% * laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) [1] ** E-Bikes können auch mit stärkeren Motoren ausgerüstet sein und eine höhere Leistung erzielen. Dann werden sie als "Kraftrad" eingestuft.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 5 2 UDV Studien jedoch stärker als die der Fahrradfahrer. Ein kleinerer Teil der Fahrer nutzt den höheren Im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer Geschwindigkeitsbereich von Pedelecs auch (UDV) und durch die UDV selbst wurden in den aus. S-Pedelecfahrer sind deutlich schneller letzten Jahren mehrere Studien zur Mobilität als Pedelec- und Fahrradfahrer. Sie erreichen und zur Verkehrssicherheit von Pedelecs und regelmäßig Fahrgeschwindigkeiten außer- S-Pedelecs realisiert. halb des üblichen nicht-motorisierten Zwei- rad-Geschwindigkeitsbereichs. 3 Ergebnisse Geschwindigkeitswahrnehmung: Die Wahr- nehmung und Einschätzung der Geschwin- Mobilität: Pedelecs werden vor allem von äl- digkeit von Zweiradfahrern durch andere teren Nutzern zu Freizeit-/Erholungszwecken Verkehrsteilnehmer unterliegt systema- gefahren. S-Pedelecs werden von jüngeren, tischen Verzerrungen. Pkw-Fahrer unter- berufstätigen Personen vor allem für den Ar- schätzen systematisch die Ankunftszeit beitsweg eingesetzt. von Zweiradfahrern an einem bestimmten Punkt, besonders bei höheren Geschwin- Geschwindigkeit: Pedelecfahrer sind schnel- digkeiten. Analog wählen sie bei höheren ler als Fahrradfahrer in ihrer jeweiligen Al- Geschwindigkeiten kleinere Zeitlücken tersgruppe, allerdings ist der Unterschied beim Abbiegen vor einem Zweiradfahrer. nicht so groß wie vermutet. Pedelecfahrer Vor einem Elektrofahrrad werden bei glei- scheinen die Motorunterstützung in erster cher Geschwindigkeit kleinere Zeitlücken Linie einzusetzen, um ähnliche Geschwin- gewählt als vor einem Fahrrad. Eine geringe digkeiten wie Fahrradfahrer zu realisieren, Trittfrequenz als Indikator für entspanntes nur mit geringerem Aufwand. Die Fahrge- Fahren führt dazu, dass die Fahrradfahrer als schwindigkeiten der Pedelecfahrer variieren später ankommend wahrgenommen wer- Tabelle 2: UDV-Studien zur Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern [3] Jahr UDV-Studien 2012 "Sicherheitstechnische Aspekte schneller Pedelecs“ 2014 "Pedelec - Naturalistic Cycling Studie“ "Einfluss von Radverkehrsaufkommen und Radverkehrinfrastruktur auf das Unfallgeschehen“ 2015 „Geschwindigkeitswahrnehmung von einspurigen Fahrzeugen“ „Sekundärdatenanalyse Pedelec - Naturalistic Cycling Studie“ 2016 „Verkehrsklima in Deutschland “ 2017 „Pedelec Unfallanalyse“
6 Vorträge den als Fahrer mit einer hohen Trittfrequenz teil älterer Fahrer. Unfallursache ist meist der bei gleicher Geschwindigkeit. Kontrollverlust über das Pedelec, bei älteren Pedelecfahrern auch unangepasste Geschwin- Helmnutzung: Pedelecfahrer tragen häufiger digkeit. Pedelecfahrer verunglücken schwerer einen Helm als Fahrradfahrer. S-Pedelecfah- als Fahrradfahrer ihrer jeweiligen Altersgruppe. rer tragen sehr oft, aber nicht immer einen Helm. Auf längeren Strecken und bei höheren Geschwindigkeiten tragen alle Zweiradfahrer 4 Schlussfolgerungen häufiger einen Helm. Es gibt aber keine An- zeichen für eine sogenannte Risikokompen- 4.1 Verkehrsverhalten sation, d.h. schnelleres und gegebenenfalls risikoreicheres Fahren allein aufgrund der Pedelecs werden vor allem von Älteren ge- Helmnutzung. fahren. Gleichzeitig steigt der Anteil von Äl- teren am Zweiradunfallgeschehen. Hier kri- Regelverstöße wie Rotlichtverstöße oder die stallisiert sich eine neue Risikogruppe heraus, regelwidrige Infrastrukturnutzung, zeigen die beim Fahrradunfallgeschehen bisher nicht sich für Fahrrad-, Pedelec- und S-Pedelecfah- in Erscheinung getreten ist. Um das Pedelec rer gleichermaßen, vor allem um effizienter sicher zu beherrschen, sollten spezielle Fahr- voranzukommen. Aber auch eine defizitäre trainings angeboten und genutzt werden, um oder nicht vorhandene Radverkehrsanlage die Fahrdynamik eines Pedelec und das Fahren begünstigt Regelverstöße. mit höheren Geschwindigkeiten zu trainieren. Das gilt nicht nur, aber ganz besonders für die Pedelec-Unfälle: Mit der Zahl der Pedelecs älteren Fahrer. Im Sinne eines Eigenschutzes ist selbst, steigt auch die Zahl der Unfälle mit Pe- die konsequente Nutzung eines Fahrradhelms delecbeteiligung, mit einem sehr hohen An- empfehlenswert. 100% 11,0 21,2 80% Anteil Unfallfolgen Unverletzt 60,0 60% Leichtverletzt 61,4 Schwerverletzt 40% Getötet 27,6 20% 17,0 0,4 1,4 0% Fahrrad Pedelec N = 87.966 N = 2.495 Abbildung 1: Anteil der unverletzten, verletzten und getöteten Pedelec- und Fahrradfahrer im Vergleich [3]
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 7 Sowohl Pedelecfahrer als auch Fahrradfahrer gewendet und bereits heute keine Mindest- und S-Pedelecfahrer verstoßen regelmäßig ge- maße mehr geplant werden. gen die Straßenverkehrsordnung (StVO). Hier gilt es, bei den Radfahrern das Bewusstsein 4.3 Fahrzeugsicherheit nicht nur für ihre Rechte, sondern auch für ihre Pflichten im Straßenverkehr zu schaffen. Für S-Pedelecs besteht eine Helmpflicht. Aber Gleichzeitig müssen die Radverkehrsanlagen sowohl Fahrrad- als auch Motorradhelme nach in einem Zustand sein, der ein zügiges und si- ECE-R22 scheinen nicht geeignet. Daher sollte cheres Vorankommen ermöglicht. die Entwicklung von speziellen Helmen seitens der Zweiradindustrie forciert werden. S-Pedelecfahrer halten sich nur bedingt an das Straßenfahrgebot oder die Helmpflicht. Da auch die Wahrnehmung und Einschätzung Allerdings gibt es gegenwärtig auch keinen durch andere Verkehrsteilnehmer ein Problem geeigneten Helm für S-Pedelecs. Daher sollten für die Verkehrssicherheit der Elektrofahrrä- potenzielle S-Pedelecnutzer vor dem Kauf bzw. der darstellen kann, wäre es wünschenswert, der Nutzung umfassend über die Nutzungs- wenn sich S-Pedelecs und Pedelecs besser von möglichkeiten und -einschränkungen infor- Fahrrädern unterscheiden lassen, z. B. durch ein miert werden. individuelles Design oder Beleuchtungsmuster. 4.2 Radverkehrsinfrastruktur Aufgrund der deutlich höheren Geschwin- digkeiten von S-Pedelecs und der Unfallfol- Radverkehrsanlagen sollten den Empfehlungen gen sollte über eine bessere sicherheitstech- der ERA 2010 [4] folgend so ausgestaltet sein, nische Ausstattung nachgedacht werden. So das sichere Überholvorgänge von Zweiradfah- könnten Sicherheitssysteme, die sich im Mo- rern untereinander möglich sind. Die ERA 2010 torradbereich bewährt haben, wie z. B. ABS liefert hierzu geeignete Vorgaben und Maß- oder Kombibremse, für S-Pedelecs adaptiert nahmenvorschläge. Sie sollte konsequent an- werden. 5 Literatur [1] Zweirad-Industrie-Verband e.V. (2017). Pressemitteilung Zahlen-Daten-Fakten zum Deut- schen Fahrradmarkt 2016. Zweirad-Industrie-Verband e.V., Bad Soden a.Ts. [2] Verkehrsblatt-Verlag (2012). Landverkehr Ausgabe Nr. 22/2012. Bekanntmachung zur ver- kehrsrechtlichen Einstufung von Elektrofahrrädern. VO-Nr. 193, S. 848. [3] UDV- Unfallforschung der Versicherer (2017). Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern. Un- fallforschung kompakt Nr. 69. Unfallforschung der Versicherer. Gesamtverband der Deut- schen Versicherungswirtschaft e.V., Berlin. [4] FGSV-Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.).(2010): Empfeh- lungen für Radverkehrsanlagen ERA. Arbeitsgruppe Straßenentwurf. Forschungsgesell- schaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln.
8 Vorträge Erschließung bisher eher „untypischer“ Wege- zwecke Erschließung neuer Regionen: bewegtes Ge- lände, längere Wege. Langfristig kann daraus ein Anstieg der Ver- kehrsleistung mit dem Fahrrad resultieren. Im Folgenden werden Erkenntnisse aus NRVP- MR Thomas Hartmann Projekten kurz dargestellt, die häufig eine Mi- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur schung aus praxisorientierten Modellprojekten und wissenschaftlicher Begleitforschung sind. Pedelecforschung im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans 2020 2 Fahrradmonitor 2017 Der Fahrradmonitor ist eine repräsentative 1 Bedeutung – Potenziale – Umfrage zum Radverkehr, die alle zwei Jahre Erwartungen vom Sinus-Institut durchgeführt und regelmä- ßig weiterentwickelt wird. Die aktuellen Wei- Mit dem Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) terentwicklungen waren: setzt sich die Bundesregierung aktiv für die Erhöhung der Befragungen von 2.000 auf Stärkung des Radverkehrs ein. Zur Umsetzung 3.100 Personen des NRVP stehen dem BMVI jährlich Mittel zur Repräsentativitätsmerkmale Alter, Geschlecht Verfügung (2017: 4,2 Mio. Euro), mit denen und Bildung um Ortsgröße erweitert nicht-investive Maßnahmen gefördert wer- Aufnahme neue innovativer Elemente (Miet- den. Unter anderem schreibt das BMVI hierfür radsysteme, Lastenfahrräder, Pedelecs). jährlich neue Schwerpunkt-Handlungsfelder aus; 2016 waren dies „Rad und Raum“ sowie Außerdem wurde den Ländern ermöglicht, die „Elektromobilität“. Sonderauswertungen in Auftrag zu geben. Das BMVI sieht in den erfolgreich in den Markt 2.1 Wesentliche Ergebnisse der Fragen eingeführten Elektrofahrrädern auch das Po- mit Bezug zum Pedelec tenzial, mehr Fahrten vom Auto und Motorrad auf das Fahrrad zu verlagern, um die Vorteile Unter den Interessenten für Pedelecs besteht des Radverkehrs verstärkt zu nutzen. Durch die zwar immer noch ein höherer Anteil von äl- Nutzung von Elektrofahrrädern wird mit fol- teren Personen, aber auch junge Personen zei- genden Effekten gerechnet: gen Interesse. Somit wird es künftig einen breit weitere Etablierung des Radverkehrs/Selbst- aufgestellten Pedelec-Markt über viele Alters- verständlichkeit klassen hinweg geben. Erschließung neuer Zielgruppen: Berufstäti- ge, Pendler, ältere Wiedereinsteiger, Status- Grundsätzlich sind 42 Prozent der Befragten orientierte an Pedelecs interessiert, fünf Prozent der Rad-
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 9 Abbildung 1: Fahrrad-Monitor Deutschlad 2017 [1] fahrenden haben bereits ein Pedelec genutzt, für waren der höhere Anschaffungspreis und und drei Prozent der Radfahrenden besitzen der fehlende Bedarf. ein Pedelec. 2.2 Fazit Besonderes Interesse an Pedelecs besteht zur Überwindung längerer oder bergiger Strecken Viele vorgebrachte Hinderungsgründe zur Nut- sowie zum Transport größerer Einkäufe. Das zung des Fahrrads als Verkehrsmittel können bedeutet, dass neue Regionen und neue Wege- durch den Gebrauch von Pedelecs gemindert zwecke durch die Elektrifizierung des Fahrrades werden. So z. B., dass der Weg zu weit sei, es zu hinzukommen. lange dauere oder es zu anstrengend sei. An- dere Gründe müssen infrastrukturell behoben Auffällig ist, dass sozial gehobene Milieus, un- werden. abhängig von ihrer Grundorientierung (z. B. Traditionalisten oder Modernisierer), verstärkt Alle Ergebnisse des Fahrradmonotors 2017 Kontakt mit Pedelecs hatten. Andere Milieus, sind zu finden unter: die aber einen hohen Bevölkerungsanteil aus- http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/ machen, haben kaum Zugang. Argumente da- G/fahrrad-monitor-2017.html.
10 Vorträge 3 NRVP-Projekte kein Pedelec nutzen, befürworten hingegen das mit Pedelecbezug generelle Vorhandensein von Ladestationen. ............................................................................ Darüber hinaus kann eine saisonale Umnut- Bike+Ride 2.0 (Region Hannover) zung von Park+Ride zu Bike+Ride zu mehr Fahr- radnutzung motivieren. Laufzeit: 01.01.2016 – 31.08.2019 ........................................................................... Pedelec statt Auto – aber sicher! In allen Le- Thema: benslagen sicher und gesund mit dem E-Rad Weiterentwicklung des Bike+Ride-Angebotes unterwegs (Verkehrsclub Deutschland e. V.) Erarbeitet werden soll u. a. ein Modulkatalog Laufzeit: mit weichen und harten Maßnahmen zur Aus- 01.09.2016 – 31.08.2019 stattung von Bike+Ride Anlagen. Dabei soll die zu konzipierende Modellanlage neue Ideen für Thema: unterschiedliche Nutzertypen und Fahrzeug- Im Fokus dieses Projektes steht die Informati- typen (z. B. Pedelecs, E-Lastenfahrräder, Dreirä- on über und die Anwendung von Pedelecs. Es der) berücksichtigen. erfolgt eine Nutzerinformation und eine Sen- sibilisierung von Pedelec-Fahrenden für Sicher- Stand: heits- und Gesundheitsthemen. Pedelecnutzende halten Ladestationen an Bike+Ride-Anlagen für verzichtbar, fordern aber si- Stand: chere Abstellmöglichkeiten. Weitere Forderungen Aktuell sind die Projekt-Webseite sowie das In- sind gute Einsehbarkeit, Nähe zu Haltestellen fo-Portal online. Es folgen die Entwicklung von des ÖPNV, generelle Überdachung auch bei „ein- Pedelec-Trainer-Weiterbildungen und Kurse für fachen“ Bügeln, Schließfächer. Personen, die noch Pedelec-Nutzende.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 11 ........................................................................... .......................................................................... Sicherheitsorientierte Fahrerassistenzsysteme Fahrradmobilität an großen Gewerbe- und In- für Elektrofahrräder (TU Kaiserslautern) dustriestandorten am Beispiel des Flughafens Frankfurt am Main (Regionalverband Rhein- Laufzeit: Main) 01.07.2016 – 30.06.2019 Laufzeit: Thema: 01.06.2016 – 31.05.2019 Untersuchung innovativer Systeme, die Rad- fahrende vor möglichen Gefahren frühzeitig Thema: warnen und in kritischen Situationen gezielt Verbesserung der Fahrradmobilität in Groß- unterstützen. gewerbegebieten, am Beispiel des Flughafens Frankfurt am Main. Stand: Es wurden Fahrerassistenzsysteme aus dem Kfz- Obwohl fast alle Mitarbeitenden des Flugha- Bereich systematisiert, um potenzielle Systeme fens Frankfurt in einem Umkreis wohnen, der auf das Pedelec zu übertragen. Als potenziell es ermöglicht, mit dem Pedelec zur Arbeit zu übertragbar angesehen werden Systeme auf fahren, nutzt nur ein Prozent der Mitarbeiten- Führungsebene, informierende Systeme und eine den diese Möglichkeit. Umfelderfassung über eine Kamera. Eine Umfra- ge zeigte, dass Fahrerassistenzsysteme maßgeb- Verbindlich festgelegte oder allgemein akzep- lich die Fahrsicherheit verbessern können, seitens tierte Qualitätsstandards, wann genau eine der Nutzenden als nützlich erachtet werden, aller- Radverkehrsinfrastruktur pedelectauglich ist, dings sowohl ablenkungsarm als auch zuverlässig gibt es bisher noch nicht. Daher wird eine sein müssen. Aktuell werden im Forschungspro- Grundlagenarbeit durchgeführt, und es wer- jekt Sensoren und Aktoren getestet. den innovative Lösungsansätze entwickelt. Abbildung 2: Systematisierung der Fahrerassistenzsysteme [2]
12 Vorträge Diese Lösungsansätze beziehen sich insbe- gung Hamburg, bei denen heute leichte Nutz- sondere auf die Untersuchung der Zuwege fahrzeuge eingesetzt werden. hinsichtlich der Beleuchtungskonzepte, der Oberflächenbeschaffenheit, der Beschilderung Stand: sowie der Abstell- und Ladeinfrastruktur. Von insgesamt 23 Prozessen wurden 12 Pro- zesse als potenziell mit dem Lastenfahrrad Stand: durchführbar eingestuft. Es wurde festgestellt, Kürzlich wurde die Studie zur „pedelectaug- dass die Qualität der herkömmlichen Lastenrä- lichen Infrastruktur auf dem Weg zu und an der aufgrund der technischen Anforderungen Gewerbestandorten“ vergeben. unzureichend ist. Bisher wurde festgestellt, dass, sofern der Die Akzeptanz der Nutzung der Lastenräder Standard nach den „Empfehlungen für Rad- steht mit an vorderster Stelle. Siehe hierzu: verkehrsanlagen“ eingehalten wird, keine an- https://www.youtube.com/watch?v=iq0Cr- dere Infrastruktur benötigt wird. h8UWA. ........................................................................... ........................................................................... TRASHH – Technologisch-wirtschaftliche Ana- Pedelecs und Gesundheit – Prospektive Stu- lyse der Einsatzmöglichkeiten von Lastenrä- die zu gesundheitsfördernden Effekten der dern in kommunalen Unternehmen am Bei- Pedelec-Nutzung (Medizinische Hochschule spiel der Stadtreinigung Hamburg (Stadtreini- Hannover, Leibniz Universität Hannover) gung Hamburg) Laufzeit: Laufzeit: 01.07.2016 – 30.06.2019 01.05.2016 – 30.04.2019 Thema: Thema: Untersuchung, welchen Beitrag das Pedelec in der Das Projekt untersucht Einsatzpotenziale von Gesundheitsförderung leisten kann. (Werden die E-Lastenrädern in Prozessen der Stadtreini- Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation zur präventiven Gesundheitsförderung erreicht?) Stand: Die Studie läuft; noch keine Ergebnisse. ........................................................................... Sicher überholt! (Hochschule Rhein-Main) Laufzeit: 01.07.2017 – 31.12.2019 Thema: Das Projekt analysiert differenziert die Überhol- Abbildung 3: vorgänge und -abstände zwischen Pkw- und Lastenfahrrad der Stadtreinigung [3] Radfahrenden im exakten räumlichen Bezug (In-
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 13 frastrukturtyp) und unter Berücksichtigung der Stand: jeweiligen Verkehrssituation (Videoanalyse). Fahr- Die Studie ist aktuell angelaufen. räder besonderer Bauart wie E-Lastenräder, (Pe- delec-)Dreiräder, einspurige (Pedelec)Fahrräder mit Anhänger etc. fließen gesondert in die Analyse ein. 4 Erkenntnisinteresse Stand: Das BMVI hat ein besonderes Erkenntnisinte- Die Studie ist aktuell angelaufen. resse an den Gründen für Unfälle mit Pede- lecs. Bislang ist nicht geklärt, ob für die Un- ........................................................................... fälle hauptsächlich das Pedelec (der Antrieb), TRASCH – Radschnellwege: Gestaltung effizi- die Radverkehrsinfrastruktur (Knotenpunkte, enter und sicherer Infrastrukturen (TU München) Topographie) oder der Nutzer (überhöhte Ge- schwindigkeit, fehlendes fahrerisches Kön- Laufzeit: nen) ursächlich sind. 01.07.2017 – 31.12.2018 Auswirkungen etwaiger falscher Geschwin- Thema: digkeitseinschätzungen durch andere Ver- Analyse der verkehrlichen Eigenschaften von kehrsteilnehmende stellen einen weiteren Radverkehrsströmen auf Radschnellwegen und Punkt des Erkenntnisinteresses dar. an den Schnittstellen von Radschnellwegen zum übrigen Straßen- und Radverkehrsnetz, um Aktive und passive Maßnahmen zur Vermei- eine sichere und attraktive Gestaltung zukünf- dung von Unfällen bzw. Minderung der Ver- tiger Radschnellverbindungen zu ermöglichen. letzungsschwere werden aktuell untersucht und sollen weiterentwickelt werden. Es werden Steuerungsmaßnahmen und intelli- gente Verkehrssysteme zum Einsatz an Knoten- Zudem sind Überholvorgänge zwischen Rad- punkten von Radschnellwegen entwickelt und fahrenden, Auswirkungen durch vermehrten mithilfe eines Fahrradsimulators erprobt. Dabei Lastenrad- und Anhängereinsatz, eine Nut- werden unterschiedliche Zukunftsszenarien be- zertypisierung sowie das Erreichen neuer züglich der Zusammensetzung des Radverkehrs Zielgruppen von Interesse. (z. B. Pedelecs, Lastenräder) einschließlich des Verhaltens der unterschiedlichen Nutzergruppen Weitere Informationen zu den NRVP-Projekten: entwickelt; diese Prognosen werden bei dem Ein- https://nationaler-radverkehrsplan.de/ satz von Steuerungsmaßnahmen berücksichtigt. 5 Literatur [1] Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg 2017; gefördert durch das Bundesmi- nisterium für Verkehr und digitale Infrastruktur. [2] Jun.-Prof. Dr.-Ing- Daniel Görges [3] Stadtreinigung Hamburg
14 Vorträge die Zulieferindustrie damit begonnen, dedi- zierte Komponenten für den Einsatz in E-Bikes zu entwickeln (z. B. Ketten). Diese müssen in Punkto Belastbarkeit und Verschleiß am E-Bike den Vergleich mit einer vergleichbaren Kompo- nente an einem normalen Rad nicht scheuen. Im Folgenden wird der Schwerpunkt auf die Technik/Komponenten von E-Bike Systemen Marko Kienle mit Mittelmotor gelegt. Paul Lange & Co. OHG 2 Komponenten Technik/Komponenten von des E-Bike Systems E-Bike Systemen mit Mittelmotor Ein E-Bike System besteht aus folgenden Kom- ponenten: 1 Einführung Antrieb: Der Antrieb sowie damit verbun- E-Bikes stellen eine Sonderform von Fahrrä- dene Komponenten wie Bedienteile, Display, dern dar. Das bisher am meisten verkaufte E- Batterie, Sensoren und Anbauteile (Kurbel Bike ist das mit einem Mittelmotor. Hier ist der und Kettenblatt) stellen das Herzstück des E- Fahrkomfort und das Fahrgefühl am ehesten Bike Antriebsystems dar. mit dem eines konventionellen Fahrrades ver- gleichbar. Als nachteilig empfunden wird z. B. Schaltung: Die Schaltung gehört nicht der erhöhte Materialverschleiß (besonders zwangsweise zum E-Bike Antriebssystem. der Kette). Diesem Umstand folgeleistend hat Durch clevere Kombination von elektro- Abbildung 1: Systemaufbau Pedelec mit Mittelmotor
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 15 nischer Schaltung und E-Bike System werden Technik: In der Regel werden für die E-Bike beide Bestandteile aber miteinander ver- Batterie mehrere Lithium Ionen Zellen mitei- knüpft und so dem Kunden ein Mehrwert an nander gekoppelt. Das Batteriemanagement- Komfort geliefert, beispielsweise in Form ei- System (BMS) steuert die Batterie und das ner vollautomatischen Schaltung der Gänge. Zusammenwirken mit dem E-Bike System. Bus-Verkabelung: CAN-Bus oder andere größ- Positionierung: Die Positionierung des Akkus tenteils proprietäre Bus-Systeme stellen die am E-Bike kann am Gepäckträger, dem Unter- interne Verkabelung der unterschiedlichen rohr oder dem Sitzrohr vorgenommen werden. elektronischen Komponenten des E-Bike An- Bei einer Rahmenkonstruktion, die den Akku triebssystems sicher. Diese Bus-Systeme über- auf dem Unterrohr teilweise aufnimmt bzw. nehmen die Datenkommunikation zwischen diesen ganz verschwinden lässt, spricht den einzelnen Komponenten, wie auch die An- man von einem semi-integriertem Akku. bindung an die zentrale E-Bike Batterie. Eine vollständige Integration des Akkus im Rahmen ist inzwischen auch möglich. Je nach Lichtsystem Konstruktion ist der Akku durch den Kunden entnehmbar, oder aber fest verbaut. Die voll- E-Bike spezifische Komponenten: E-Bikes ständige Integration des Akkus in den Rah- stellen eine Sonderform von Fahrrädern dar. men ist derzeit eindeutig der Trend, was die Aufgrund der zusätzlichen Komponenten Positionierung am Rad betrifft. ist beispielsweise ein E-Bike schwerer als ein „konventionelles“ Fahrrad. Der Antriebstrang Konzepte: Standard ist heute noch die Ver- des Rades wird zudem durch die Bio-Hybrid- wendung einer Batterie an einem E-Bike. Kombination von Mensch und Motor stärker Beim Dualen Konzept werden zwei Batterien beansprucht als bei einem herkömmlichen gleichen Typs parallel am Rad genutzt und Rad ohne E-Antrieb. Entsprechend ist der Ver- damit die Reichweite verdoppelt, eine oft- schleiß von zentralen Komponenten, wie Ket- mals für Cargo-E-Bikes eingesetzte Variante. ten, Kassetten oder auch Bremssystemen bei Beim Modularen Konzept werden Batterien un- einem E-Bike höher als bei einem normalen Rad. terschiedlichen Typs (z. B. integriert und auf dem Aus diesem Grund bietet die Industrie mitt- Unterrohr) miteinander gekoppelt, um eine grö- lerweile E-Bike dedizierte Komponenten an, ßere Kapazität und Reichweite zu erreichen. die so ausgestattet sind, dass sie dem hö- heren Gewicht, der höheren Belastung und 3.2 Der Antrieb damit auch dem höheren Verschleiß Rech- nung tragen. Früher war der E-Bike Anrieb mehr oder weniger ein „Fremdkörper“, der durch seine prominente Positionierung unterhalb des Tretlagers des Rades 3 Ausgewählte Komponenten ein E-Bike als solches eindeutig kenntlich ge- eines E-Bike Antriebssystems macht hat. Mittlerweile verschmelzen Antriebe dezent mit der restlichen Rahmenkonstruktion. 3.1 Die Batterie Neuerdings werden E-Bikes zunehmend mit Das Power-House des E-Bikes ist die Batterie, elektronischen Schaltsystemen ausgestattet. die den benötigten Strom liefert. Diese verfügen über eine Verbindung von E-
16 Vorträge Bike System und Schaltung. Dabei wird der ge- ten, was Innovationen anbetrifft: Batterien wählte Gang im Display angezeigt. mit größerer Reichweite, Antriebe, die lei- stungsstärker und gleichzeitig kleiner werden, Der Schaltvorgang steuert zudem den Antrieb, dedizierte sonstige Rad-Komponenten. Die dergestalt, dass ein ausgelöster Schaltvorgang Branche bleibt ein Wachstumssegment und den Antrieb für eine Zeitdauer von weniger als die Hersteller sorgen mit ihren Innovationen einer Sekunde unterbricht und damit einen rei- für weiterhin große Nachfrage. bungslosen Schaltvorgang gewährleistet. Der wichtigste Trend aber: die Zukunft des Fahr- Zusatzfunktionen wie der Start-Modus, bei rades ist digital, umso mehr die Zukunft des E- dem automatisch ein niedriger Gang für ein Bikes. Die Verbindung von Smartphone und E- entspanntes Anfahren gewählt wird oder Bike geben Kunden die Freiheit ihr Zweirad auf gar ein komplett vollautomatisches Schal- ihre Bedürfnisse hin ab zu stimmen. Parametri- ten machen die elektronische Schaltung zu sierung oder auch das selbständige Durchfüh- einem umfangreichen Komfort-Merkmal für ren von Updates werden damit möglich. Radler. Auch das E-Bike wird in Zukunft „Connected“ sein. Schlagworte wie IoT (Internet of Things) 4 Ausblick werden künftig auch beim Zweirad Einzug finden. Herstellern von E-Bikes aber auch dem Das E-Bike ist in Zukunft aus dem Straßenver- Fachhandel eröffnen sich damit völlig neue kehr nicht mehr weg zu denken. Im Jahr 2016 Geschäftsfelder und damit die Möglichkeit, wurden 605.000 E-Bikes in Deutschland ver- Umsatz aber auch beispielsweise Service- kauft, die Prognose für 2017 liegt bei 680.000; Qualität zu erhöhen. Kunden wird dies eine spannende Stückzahlen, die dazu führen, dass Vielzahl an nützlichen Zusatzfunktionen er- immer mehr E-Bike System-Hersteller auf den öffnen, wie z. B. Diebstahlwarnungen oder Markt drängen. Diese Konkurrenz führt dazu, auch frühzeitige Hinweise auf den Verschleiß dass sich die Hersteller immer mehr überbie- von Komponenten.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 17 In der ersten Studie brachten die mehr als 500 untersuchten Fahrradunfälle die Erkenntnis, dass sich mit dem richtigen Bremsverhalten viele Unfälle vermeiden, oder zumindest die Folgen mindern lassen. Bei jedem fünften un- tersuchten Fahrradunfall erfolgte der Sturz bereits vor der eigentlichen Kollision. Das ABS kompensiert falsches oder fehlendes Brems- Dr. Gregor Dasbach verhalten und ermöglicht ein kontrolliertes Bosch eBike Systems und stabileres Abbremsen, auch in kritischen Situationen. Sicherheit geht vor: Eine zweite Studie, in der Daten von mehr als Bosch bringt ABS für Pedelec-Fahrer 5.400 Fahrradkollisionen und -stürzen ausge- wertet wurden, bestätigte das falsche oder fehlende Bremsverhalten. In bis zu drei von 1 Einführung vier Kollisionen erfolgte keine Bremsung. Die Bosch Unfallforscher sind der Meinung, dass Bosch bringt ab Herbst 2017 für ausgewählte sich mit dem Einsatz von ABS-Systemen nahe- Flottenpartner das erste serienreife Antiblo- zu jeder vierte Pedelec-Unfall vermeiden lässt ckiersystem für eBikes auf den Markt. Dieses und die Zahl der Unfälle mit schweren Verlet- neuentwickelte intelligente System macht es zungen gesenkt werden kann. beim Pedelec möglich, das Blockieren des Vor- derrades zu verhindern sowie das Abheben des Hinterrads zu begrenzen. Das wiederum 3 Das Bosch eBike ABS verringert das Risiko von Überschlägen und Stürzen und kann zur Reduktion des Brems- Durch die Kombination eines Vorderrad-ABS wegs führen. Bosch-Studien zufolge, einen mit einer Hinterrad-Abheberegelung optimiert flächendeckenden Einsatz vorausgesetzt, lie- dieses Bremssystem das Bremsverhalten und ßen sich so Pedelec-Unfälle bis zu 25 Prozent reduziert gegebenenfalls die Bremswege. reduzieren. Vorderrad-ABS: Die Raddrehzahlsensoren überwachen die Geschwindigkeit des Vorder- 2 Die Bosch-Studien und des Hinterrades. Sobald das Vorderrad zu blockieren droht, wird der Bremsdruck durch Das Pedelec hat sich auf dem Markt durchge- das eBike ABS geregelt. Indem der Bremsdruck setzt. Aktuell sind allein in Deutschland rund der Vorderbremse bei kritischen Bremsmanö- drei Millionen Menschen mit elektrischer Un- vern reguliert wird, stabilisiert sich die Fahr- terstützung unterwegs. Mit der gestiegenen situation. Besonders effizient: bei rutschiger Verbreitung des Pedelcs steigt naturgemäß Fahrbahn und losem, nassen Untergrund. auch die Zahl der Pedelec-Unfälle. Um das Pedelec-Fahren sicherer zu machen, führte die Hinterrad-Abheberegelung: Die Raddreh- Bosch Unfallforschung zwei Studien durch. zahlsensoren erkennen ein Abheben des
18 Vorträge Hinterrades und lösen einen gezielten Bremseingriff am Vorderrad aus. Die Bremskraft des Vorderrades wird kurzzei- tig reduziert, sodass das Hinterrad schnell wieder Bodenkontakt bekommt und das Rad kontrolliert zum Stillstand kommt. Besonders effizient: auf griffigem Unter- grund und im Gefälle, Verringerung der Überschlagswahrscheinlichkeit. 4 Ausgewählte Flottenpartner starten Testphase Abbildung 1: In der Einführungsphase sind ab Herbst 2017 Bosch ebike ABS, erstes serienreifes Antiblockier- system für Pedelecs erste Pedelecs mit Bosch eBike ABS von aus- gewählten Flottenpartnern unterwegs, im Handel ist es ab Herbst 2018 erhältlich. Das Bosch eBike ABS wird zunächst ausschließlich an Trekking- und Citybikes mit 28 Zoll Reifen verbaut. Im Flotteneinsatz sind die eBikes aus- gestattet mit der Performance Line (Cruise und Speed) in Kombination mit dem Intuvia- Display. Abbildung 2: Installiertes Bosch eBike ABS (links) in Kombination mit dem Intuvia-Display (rechts)
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 19 alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere für die Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgän- ger erhöht. Die EU hat mit der Nachfolgeverordnung VO(EU) 168/2013 zur 2002/24/EG (Typge- nehmigungsrichtlinie für zweirädrige Kraft- fahrzeuge) ab dem 01.01.2018 erhöhte An- forderungen an S-Pedelecs festgelegt. Im Steffen Hladik Zusammenhang mit den zugehörigen De- DEKRA Technology Center/Automobil Test Center legierten Verordnungen und den jeweiligen ECE-Regelungen werden nun erhöhte Anfor- derungen an diese Fahrzeuge gestellt. Bauartbedingte Anforderungen an S-Pedelec Somit sind Pedelecs bis 25 km/h Leistungs- unterstützung (L1e-A) und die sogenannte Die Geschichte der Pedelecs begann bereits S-Pedelecs bis 45 km/h (L1e-B) entsprechend Anfang des 19. Jahrhunderts. Die damals zur eingestuft und mit dieser Verordnung auch Verfügung stehende Technik und die damit die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der verbundenen Kosten ließen die Anzahl der Bauvorschriften für o. a. Fahrzeugklasse klar Fahrzeuge im Straßenbild nur gering anstei- definiert. gen. Mit Einzug der kompakten Antriebstech- nik und der rasant ansteigenden Kapazität Bisher nutzbare Erleichterungen in der von Akkus wuchs auch die Anzahl der Fahr- 2002/24/EG auf Basis der maximalen elek- zeuge in Deutschland rasant. trisch erreichbaren Geschwindigkeit sind durch eine geänderte Definition hinsichtlich Die Zahl der im Volksmund sogenannten Pe- der erreichbaren unterstützten Höchstge- delecs hat sich in den letzten Jahren mehr als schwindigkeit nicht mehr anwendbar. verdoppelt. Dieser Trend ist auch weiterhin ungebrochen und hat neben dem Standardrad Unter anderem sind damit offene Fragen zur auch alle anderen Bereiche - vom Mountain- Eignung der Reifen, Beleuchtung der Fahr- bike, über das Lastenrad bis hin zum Rennrad - zeuge, Signaleinrichtung, Bremsanlage und erfasst. Die nun etablierte Klasse der Pedelecs Angabe der Motorleistung und hinsichtlich macht es erforderlich, Risiken zu betrachten, der elektromagnetischen Verträglichkeit ge- welche sich auf Grund der neuen und rasant nau definiert. entwickelnden Technik und des geänderten Nutzerkreises ergeben, um die Sicherheit im Straßenverkehr weiter zu erhöhen. Insbesondere mit S-Pedelecs bietet sich eine neue Dimension der Mobilität für einen groß- en Personenkreis bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Es muss ausgeschlossen wer- den, dass sich das Gefährdungspotential für
20 Vorträge Rad, nur halt dabei etwas komfortabler und entspannter. Schon im Jahr 2011 hatte das Land Mecklenburg-Vorpommern gutachter- lich bestätigt bekommen, dass sauber nach ERA 2010 geplante Radverkehrsanlagen den Anforderungen der Pedelecs im Prinzip genü- gen [2]. Infrastruktur hat eine lange Lebensdauer, und Jörg Thiemann-Linden wir wissen nicht, welchen Stellenwert das büro thiemann-linden stadt & mobilität klimaschutzwirksame und gesundheitsför- derliche Verkehrsmittel Pedelec im Jahr 2030 haben wird. Denn die technische Entwicklung Anforderungen der Elektrofahrräder des Pedelecs und sein Beitrag zur Transforma- an die Infrastruktur: tion des Verkehrssystems stehen wahrschein- Laden – Fahren – Abstellen lich erst noch am Anfang. Drei Bereiche werden im Folgenden kurz skiz- 1 Einführung ziert, in denen pedelecspezifische Fragen ak- tuell diskutiert werden: Der Stand der Technik für Radverkehrsanlagen ist in Bewegung - und jetzt rechnen wir auch Laden: eindeutiger Unterschied zum her- noch mit Elektrofahrrädern (oder Pedelecs, kömmlichen Fahrrad kurz für Pedal Electric Cycles) als künftiger Fahren: mit weiterer Akzentverschiebung hin Massenerscheinung? In der FGSV wird aktuell zur Radverkehrsführung im Fahrbahnraum überprüft, was auf dem Weg von der ERA 2010 Abstellen: eine bisher eher unterschätzte pla- [1] zur „ERA 2020“ an neuen Trends zu berück- nerische Herausforderung. sichtigen ist (z. B. Radschnellverbindungen) oder welche Fragen vertieft behandelt werden 2 Laden müssen (z. B. Fuß- und Radverkehr auf gemein- samen Flächen). Dabei kommt man immer Der Bedarf des Elektroverkehrs an Ladeinfra- wieder auf das „neue Verkehrsmittel“ Pedelec struktur im Straßenraum als öffentliche Infra- mit seinen Chancen (z. B. Substituierung von struktur für Elektroautos im städtischen Raum mittellangen Pkw-Pendelfahrten) und seinen wird intensiv diskutiert. Aber sind die vielen Risiken (z. B. in Hinblick auf die Vulnerabilität Pedelec-Ladesäulen z. B. der lokalen Energie- älterer Menschen bei Unfällen). versorger an Freizeit- und Einkaufsorten wirk- lich sachgerecht, oder nicht doch eher Marke- Aber was ist wirklich pedelecspezifisch, also ting? Anders als beim Elektroauto reicht eine anders als beim übrigen, etwas schnelleren Akkuladung beim Elektrofahrrad bei Pendlern Radverkehr? Schließlich fahren die meisten etwa eine halbe Woche; geladen wird in der Nutzer auf dem Pedelec nicht ständig 25 km/h Regel zuhause an der Steckdose. Anders ist es schnell (elektrische Unterstützungsgrenze), bei längeren Radtouren und im Fahrradtou- sondern im Stadtverkehr nur ca. 3 km/h bis rismus bei den längeren Fahrtdistanzen; hier 5 km/h schneller als auf dem herkömmlichen hat sich die Gastronomie inzwischen auf den
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 21 ablösen könnte. Mit den Mietakkus würde so der Pedelec-Kauf für größere Bevölkerungs- kreise bezahlbar. 3 Fahren Wie häufig das Pedelec heute bundesweit und in den Regionen genutzt wird, weiß nie- mand. Bisher wurde das neue Verkehrsmittel Pedelec trotz Millionen verkaufter Fahrzeuge noch nicht als relevant genug gesehen für eine repräsentative Empirie. Aber für 2018 Abbildung 1: erwarten wir erstmals wirklich repräsenta- Standardisierter Ladepfosten als Prototyp, hier für das Dä- tive Nutzungsdaten aus der bundesweiten nische und Schweizer EBikeSharing „MiD 2017“. Solange behelfen sich viele in der Pedelec-Forschung mit einem Puzzle aus Wunsch nach Laden (bzw. nach „Angstladen“ verschiedenen aus- und inländischen Quel- zur Sicherheit gegen leeren Akku) schon ein- len, z. B. dem Umweltforschungsprojekt Pe- gestellt. delection [3], mit Begleitforschung zu Praxi- serprobungen wie EBikePendeln in Berlin, mit Aber wird angesichts der kommenden Viel- den Trends aus dem Fahrradmonitor 2013 bis falt von E-Kleinfahrzeugen eine öffentlich 2017 oder mit Sekundärauswertung des Städ- zugängliche Pedelec-Ladeinfrastruktur in Zu- tevergleichs im ADFC-Fahrradklimatest 2016. kunft dennoch Standard? Das könnte mit der bald zu erwartenden internationalen elektro- Mangels von Nutzungsdaten ist es auch technischen Standardisierung einhergehen schwierig, in den besonders pedelecrele- (anstatt unterschiedliche Ladefächer für die vanten Städten und Regionen (z. B. topogra- jeweiligen Pedelec-Hersteller vorhalten zu phisch schwierig, aber mit technikaffiner müssen). Aktuelle Investitionen in die bishe- Mobilitätskultur) Radverkehrsinfrastruktur rigen Pedelec-Ladesäulen könnten dann eine aufzubauen, entgegen dem Argument: „Bei Sackgasse darstellen. uns fährt sowieso keiner mit dem Rad“. Mit dem Pedelec im Berufsverkehr geraten gera- Neue Ladeinfrastruktur wird wahrscheinlich de im Mittelgebirge viele Landstraßen in den kombiniert sein mit elektronischer Diebstahl- Fokus der Radnetzplanung, die man vorher für sicherung und standardisierter Infrastruktur den Radverkehr ausgeblendet hatte. Pragma- fürs E-BikeSharing, um bei Betreiberwechsel tische Lösungen wie Schutzstreifen außerorts in der jeweiligen Stadtregion nicht die ge- werden damit dringlicher, um nicht erst nach samte bauliche Vermietungsinfrastruktur Jahrzehnten des Radwegebaus Netzlücken auswechseln zu müssen. schließen zu können. „Schließlich gibt es noch das Zukunftsbild Im Stadtverkehr verstärkt das Pedelec den Be- eines umfassenden standardisierten Ak- darf nach fairer Straßenraumaufteilung und kutauschsystems, das den Besitz des teuren kapazitätsorientierter Bemessung der Rad- persönlichen Akkus am persönlichen Pedelec verkehrsanlagen am Knoten. Das gegenseitige
22 Vorträge Abbildung 2: Verkehrsversuch mit Schutzstreifen außerorts am Stadtrand von Köln Überholen und der Einsatz von breiten Lasten- sprechender Verkehrsanlagen. Das zeigt sich rädern bzw. Fahrradanhängern werden mit aktuell in der kontroversen Fahrgeschwindig- der Elektrifizierung des Fahrrades zunehmen, keitsdiskussion für Radschnellverbindungen gerade in Situationen von Steigungsstrecken, mit Fußgängern. Dabei könnten Pedelec & wie eine Schweizer Studie zeigt [5]. Radschnellverbindung für die Verkehrswen- de mittelfristig ein neues „Dream Team“ dar- In der Schweiz nutzt man die „schnellen Pe- stellen. delecs“ anders als unter EU-weiter Regulie- rung etwas häufiger, während sie in Deutsch- Schließlich gibt es da noch die Unfallrisiken land noch eher selten sind. Für kontroverse durch Alleinunfälle. Das ist zum einen eine Fra- Fachdiskussion sorgt das S-Pedelec oder Pe- ge der „Verhaltensprävention“ (Fahrtraining delec-45 (für E-Unterstützung bis 45 km/h), bei Älteren gegen die Unfälle bei abruptem weil hier die Grenze komplexer rechtlicher Start, Abrutschen vom Pedal, fürs Gleichge- Unterschiede zwischen dem Fahrrad mit wicht beim Anhalten und Absteigen). Als „Ver- seinen Vereinfachungsprivilegien und der hältnisprävention“ in der Verantwortung der Welt der Kfz, d. h. zwischen Pedelec-25 und Radverkehrsplanung geht es um ausreichende Pedelec-45 verläuft. Das S-Pedelec und das Seitenmarkierungen (gegen das Abkommen Elektromofa stehen für eine Reihe künftiger vom Radweg), um Erhaltung der Qualität und E-Kleinfahrzeuge im Graubereich zwischen der Barrierefreiheit (keine Schlaglöcher, Bord- Downsizing von Pkw einerseits und E-un- steinkanten), um Vermeidung hakeliger Rad- terstützten Fahrrädern, Lastenrädern und wegführung über freie Rechtsabbieger (kein E-Einkaufsdreirädern andererseits. Hier ist Ausrutschen bei Glatteis, nassem Laub, Roll- die Frage der akzeptablen Fahrgeschwindig- splitt), schließlich um die Entfernung schlecht keiten völlig offen, und damit die Frage ent- erkennbarer Absperrpfosten, oder zumindest
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 23 der ausreichenden Markierung solcher Ein- platzsatzungen mit ihren Richtwerttabellen bauten auf dem Radweg. fürs Abstellen der Fahrräder. In NRW reagierte das interkommunale „Zu- 4 Abstellen kunftsnetz Mobilität“ mit Mustersatzung und einem Leitfaden für das Parken von Pkw wie Barrierefreier Zugang zu den (schweren) Pe- Fahrrädern gleichermaßen auf die neue Bau- delecs sowie Diebstahlsicherung an Quelle und ordnung NRW. Sie wurde erarbeitet aus kom- Ziel sind Voraussetzungen für eine Pedelec-Mo- munaler Bauüberwachungs- und Planungsex- bilitätskultur. Die Kellertreppe als sogenannter pertise zusammen mit der kommunalen Fuß-/ „Reiseantrittswiderstand“ schränkt die Pe- Rad-Arbeitsgemeinschaft AGFS [6]. delec-Nutzung nicht nur bei den Älteren ein. In Hinblick auf die Pedelecs liegt der neue So ist ein taugliches Flächenangebot zum si- Fokus auf leichter Erreichbarkeit der Abstell- cheren Abstellen eine große planerische Auf- räume und auf ausreichendem Platzangebot, gabe, die schon beim Baurecht beginnt. auch für künftige Bedarfe in noch nicht so fahrradfreundlichen Regionen mit geringer Hindernis ist hier wiederum angesichts der Fahrradnutzung, aber normal hohem Fahrrad- langen Lebensdauer von Neubauten, dass bestand. Gleichzeitig entwickelt sich in vielen allgemein das Vorstellungsvermögen dafür Quartieren das (E-)Lastenrad für jüngere Fami- fehlt, wie künftig viel mehr Platz für Pedelecs, lien zum Familienautoersatz, teilweise wegen Lasten- und Einkaufsdreiräder benötigt wird. des akuten Platzmangels als gemeinschaftliche Das betrifft Landesbauordnungen und Stell- Sharing-Lösung. Abbildung 3: Fahrradsammelgarage am Bahnhof Schwerte in NRW
24 Vorträge Als Bike&Ride hat sich als pedelectaugliche Lösungen bzw. Mobilitätsmanagement-Pro- Infrastruktur neben den personenbesetzten gramme. Dabei ist es für die Verkehrswende Fahrradstationen auch die Sammelgarage relevant, dass Umsteiger auf das Pedelec beim etabliert, die für einen begrenzten Personen- Berufspendeln (anders als beim Freizeitverkehr) kreis meist per Mobilkarte den Zugang er- meist das Auto stehenlassen und so einen Bei- möglicht. Dies nimmt weit weniger Fläche in trag zum kommunalen Klimaschutz leisten [3]. Anspruch als die traditionelle Einzel-Fahrrad- box mit ihrer neueren Weiterentwicklung mit Für das künftiges Zusammenwachsen von In- Online-Reservierung. frastruktur und MaaS (Mobility as a Service) steht der Hybrid von Schnellbus und EBikeSha- ring. Erste Schritte, BikeSharing in die öffent- 5 Ausblick – mehr als nur liche Dienstleistung regionaler Busleistungen pedelectaugliche Infrastruktur und damit in die ÖPNV-Finanzierungsmecha- nismen und den Infrastrukturausbau zu inte- In Zukunft werden Infrastrukturlösungen si- grieren, werden ab Ende 2017 im Amsterdamer cher meist eingebettet sein in organisatorische Raum erprobt. 6 Literatur [1] FGSV-Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.). (2010): Empfeh- lungen für Radverkehrsanlagen ERA. Köln. [2] ISUP (Hrsg.) (2011): Auswirkungen aus der Nutzung von Pedelecs auf die Radverkehrs- planung und die dort geltenden Standards unter Einbeziehung der neuen ERA 2010, Gut- achten im Auftrag des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Dresden. [3] Lienhop, Martina/Kämper, Claudia et al. (2015): Pedelection. Verlagerungs- und Klimaef- fekte durch Pedelec-Nutzung im Individualverkehr. Endbericht. Brauschweig/Heidelberg. [4] Thiemann-Linden, Jörg (2015): Brauchen wir für Pedelecs eine andere Infrastruktur? In: Verkehrszeichen. Heft 3-2015, S. 9-13. Mülheim a.d. Ruhr. [5] Transitec Ingénieurs Conseils u. a. (2017): Vélos électriques – effets sur le système de trans- port. Elektrovelos- Auswirkungen auf das Verkehrssystem. SVI-Projekt 2014/003. Bern. [6] Zukunftsnetz Mobilität NRW, Landesgeschäftsstelle beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg GmbH (2017): Kommunale Stellplatzsatzungen. Leitfaden zur Musterstellplatzsatzung NRW. Köln.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" 25 2 Typenvielfalt bei Elektrofahrädern Es gibt eine große Vielfalt in der Modellpalette von Elektrofahrrädern. Sie unterscheiden sich dabei nicht nur in ihrer Begrifflichkeit, sondern auch in ihrer verkehrsrechtlichen Einordnung. Das Pedelec (Kofferwort für Pedal Electric Cy- cle) gilt als Fahrrad und das E-Bike als Kraft- POK`in Andrea Barthels fahrzeug. In Gesetzestexten finden sich diese Fahrradstaffel Polizei Berlin Begriffe nicht [1]. Folgende Typeneinteilung kann vorgenommen werden [2]: Erfahrungen der Berliner Polizei Typ 1: Das Pedelec kann durch reine Muskel- mit Elektrofahrrädern kraft angetrieben werden oder durch eine Kombination aus Motor- und Muskelkraft. Es gilt rechtlich als Fahrrad gemäß § 1 Abs. 3 1 Einführung StVG. Es bedarf keiner Zulassungs-, Versiche- rungs- oder Fahrerlaubnispflichten. In einer Metropole wie Berlin gewinnt das Fahrrad als Fortbewegungsmittel immer Typ 2: Das Pedelec mit Anfahrhilfe ist wie mehr an Bedeutung. Die Gründe dafür können Typ 1 zu sehen. Hier liegt der Unterschied le- beispielsweise in einer steten Ausweitung der diglich in der Anfahrhilfe, bei der bis 6 km/h Parkraumbewirtschaftung und natürlich in auf einen reinen Motorantrieb zurückgegrif- einem wachsenden Umweltbewusstsein in fen werden kann. der Bevölkerung zu finden sein. Aber auch das Bewusstsein für sich selbst, sprich aktiv mobil Typ 3: Das S-Pedelec, kann wie Typ 1 ange- zu sein und etwas für sich zu tun, wird immer trieben werden. Hier liegt jedoch der Unter- häufiger als Argument genannt. schied in der höheren Motorleistung und der höheren Motorunterstützung beim Pedalie- Im Juli 2014 startete die Fahrradstaffel Berlin ren. Es gilt rechtlich nicht mehr als Fahrrad, in einem Probelauf. Das primäre Ziel ist die sondern als Kraftfahrzeug (Leichtkraftrad). Verbesserung des verkehrssicheren Umgangs Das S-Pedelec braucht eine Betriebserlaub- zwischen Fußgängern, Fahrradfahrern und nis, ist versicherungspflichtig und es muss ein Autofahrern. Ihre Hauptaufgabe ist es, auf geeigneter Helm getragen werden. das Fehlverhalten von und gegenüber Radfah- rern Einfluss zu nehmen. Typ 4: Das E-Bike wird rechtlich als Kraftfahr- zeug (Kleinkraftrad) betrachtet. Auch hier Neue Trends und Entwicklungen rund um das sind die Unterschiede in der höheren Motor- Fahrrad können besonders die Mitarbeiter der leistung und der höheren Motorunterstüt- Fahrradstaffel wahrnehmen. Es könnte das zung zu Typ 1 zu sehen. Hinzu kommt hier, Motto „Mittendrin statt nur dabei“ lauten. dass ein reiner Motorantrieb ohne Pedalieren Mit an den Start gingen auch zwei Pedelecs möglich ist. Wobei die zu erreichende Ge- zu Testzwecken. schwindigkeit über 6 km/h liegt. Das E-Bike
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