Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer

 
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Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.

Wilhelmstraße 43/43G, 10117 Berlin
Postfach 08 02 64, 10002 Berlin

Tel.: 030 / 20 20 - 50 00, Fax: 030 / 20 20 - 60 00
www.gdv.de, www.udv.de

                                                            Tagungsband

                                                            Symposium: „Elektrofahrräder -
                                                            Herausforderungen und Trends“

                                                            18. Oktober 2017, Berlin
Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
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Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
2     Inhalt

EINFÜHRUNG                                                                            3
Siegfried Brockmann (Leiter Unfallforschung der Versicherer)

VORTRÄGE

Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern                                               4
Dr. Tina Gehlert (Unfallforschung der Versicherer)

Pedelecforschung im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans 2020                        8
MR Thomas Hartmann (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur)

Technik/Komponenten von E-Bike Systemen mit Mittelmotor                               14
Marko Kienle (Paul Lange & Co. OHG)

Sicherheit geht vor: Bosch bringt ABS für Pedelec-Fahrer                              17
Dr. Gregor Dasbach (Bosch eBike Systems)

Bauartbedingte Anforderungen an S-Pedelec                                             19
Steffen Hladik (DEKRA Technology Center/Automobil Test Center)

Anforderungen der Elektrofahrräder an die Infrastruktur: Laden – Fahren – Abstellen   20
Jörg Thiemann-Linden (büro thiemann-linden stadt & mobilität)

Erfahrungen der Berliner Polizei mit Elektrofahrrädern                                25
POKìn Andra Barthels (Fahrradstaffel der Polizei Berlin)

Sicherheitspotentiale durch Fahrradhelme                                              29
Arne Koerdt (Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg)

PODIUMSDISKUSSION

Siegfried Brockmann (Unfallforschung der Versicherer)                                 34

MR Thomas Hartmann (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur)         36

Angela Kohls (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub)                                      38

PD Andreas Tschisch (Polizei Berlin)                                                  40
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Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   3

                                                               ellen Sachstand sowie den Ausblick auf die wei-
                                                               tere Entwicklung. Viele Fragen sind noch nicht
                                                               zufriedenstellend geklärt, wie zum Beispiel:
                                                               Wie sieht es mit der Nutzung der Verkehrsflä-
                                                               chen aus? Ist die existierende Verkehrsinfra-
                                                               struktur ausreichend, um die verschiedenen
                                                               Geschwindigkeiten von Fahrräder und Elektro-
                                                               fahrrädern aufzunehmen? Eigentlich dürften
                                                               mit einem S-Pedelec die Radverkehrsanlagen
Siegfried Brockmann                                            gar nicht genutzt werden. Wie ist die Zweitei-
Leiter Unfallforschung der Versicherer                         lung der Elektrofahrräder in Pedelec und S-Pe-
                                                               delec zu bewerten? Wie soll die Helmpflicht für
                                                               S-Pedelec praktisch umgesetzt werden, ohne
         Einführung                                            geeignete Helme?

         Die stark wachsende Verbreitung von Elektro-          In Fachvorträgen gaben renommierte Refe-
         fahrrädern und die steigenden Unfallzahlen            renten aus Wissenschaft, Ministerien, Zwei-
         stellen neue Herausforderungen an die Ver-            radindustrie und Polizei einen Einblick in die
         kehrssicherheitsarbeit. Allein in 2016 gab es         aktuelle Technik und Entwicklungstrends von
         3.982 Pedelecunfälle mit Personenschaden,             Elektrofahrrädern, die technischen Anfor-
         62 Pedelecfahrerinnen und Pedelecfahrer wur-          derungen seitens des Gesetzgebers, die Si-
         den getötet, 1.087 schwer und 2.752 leicht            cherheitspotenziale von Fahrradhelmen, die
         verletzt. Das entspricht Steigerungsraten von         Anforderungen an eine e-radtaugliche Rad-
         25 Prozent bis 39 Prozent im Vergleich zum            verkehrsinfrastruktur sowie die Erfahrungen
         Vorjahr. Und ein Ende dieser Entwicklung ist          der Polizei mit Elektrofahrrädern im Straßen-
         nicht abzusehen. Bei S-Pedelecs sehen wir ein         verkehr. In der Podiumsdiskussion wurden u. a.
         ganz ähnliches Bild, wenn auch zahlenmäßig            die Nutzung der Radverkehrsanlagen durch
         auf niedrigerem Niveau.                               Elektrofahrräder, deren rechtliche Einordnung
                                                               sowie die Frage nach der Helmbeschaffenheit
         Elektrofahrräder sind faktisch keine Fahrräder.       und Helmpflicht diskutiert.
         Ein Elektrofahrrad verhält sich beim Fahren an-
         ders als ein Fahrrad. Es ist z. B. schwerer und es
         spricht andere Nutzergruppen an. Das Unfall-
         geschehen mit Elektrofahrrädern ist zwar im
         Wesentlichen vergleichbar mit dem allgemei-
         nen Fahrradunfallgeschehen. Aber es gibt rele-
         vante Unterschiede, zum Beispiel bei der Ver-
         letzungsschwere und der Art der Unfälle, die          Der vorliegende Tagungsband enthält die Kurz-
         die Unterschiede zwischen konventionellem             fassungen der gehaltenen Referate. Die zur Ver-
         Fahrrad und Elektrofahrrad widerspiegeln.             öffentlichung freigegebenen Vortragsfolien ste-
                                                               hen auf der Homepage des Symposiums unter
         Aus diesem Grund kamen am 18. Oktober 2017            www.e-radsymposium.de sowie auf der Home-
         über hundert Fachleute aus ganz Deutschland           page der Unfallforschung der Versicherer unter
         in Berlin zusammen und diskutierten den aktu-         www.udv.de zum Download bereit.
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4        Vorträge

                                                                             Tabelle 1 gibt einen Überblick über die tech-
                                                                             nischen Merkmale und die straßenverkehrs-
                                                                             rechtliche Einordnung von Elektrofahrrädern.
                                                                             Elektrofahrräder können mit tretunabhän-
                                                                             gigem Zusatzantrieb (sogenannte E-Bikes) oder
                                                                             mit motorisierter Tretunterstützung (soge-
                                                                             nannte Pedelecs und S-Pedelecs) ausgestattet
                                                                             sein. Je nach Ausmaß der Tretunterstützung
                                                                             werden Pedelecs und S-Pedelecs unterschie-
Dr. Tina Gehlert                                                             den. Pedelecs weisen eine Motorleistung bis
Unfallforschung der Versicherer                                              250 Watt auf und unterstützen die Tretleistung
                                                                             bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h.
                                                                             Straßenverkehrsrechtlich werden Pedelecs wie
            Verkehrssicherheit                                               Fahrräder behandelt und dürfen wie diese die
            von Elektrofahrrädern                                            Radverkehrsanlagen nutzen. In Deutschland
                                                                             werden am häufigsten Pedelecs gekauft. S-
                                                                             Pedelecs hingegen können eine Motorleistung
            1       Einführung                                               bis 500 Watt erzielen und unterstützen die
                                                                             Tretleistung bis zu einer Geschwindigkeit von
            Elektrofahrräder erfreuen sich immer grö-                        45 km/h. Sie werden als Kleinkrafträder ein-
            ßerer Beliebtheit. 605.000 Elektrofahrräder                      gestuft und dürfen nur mit gültiger Fahrer-
            wurden allein im Jahr 2016 in Deutschland                        laubnis bzw. Mofa-Prüfbescheinigung, einem
            verkauft. Der Marktanteil der Elektrofahrrä-                     geeigneten Helm und Kfz-Versicherungskenn-
            der an allen verkauften Fahrrädern beträgt                       zeichen gefahren werden. Den S-Pedelecfah-
            bereits 13 Prozent [1].                                          rern ist die Nutzung der Radverkehrsanlagen
                                                                             nicht gestattet [2].

Tabelle 1:
Vergleich Pedelec, S-Pedelec und E-Bike, technische Merkmale und rechtliche Einordnung [3]

                                                  Pedelec                       S-Pedelec                                 E-Bike

 Motorleistung                                            250 Watt                       500 Watt                                      4.000 Watt**

 Unterstützung bis                                          25 km/h                       45 km/h     Tretunabhängiger Zusatzantrieb bis 45 km/h

 Fahrzeugtyp                                                Fahrrad                  Kleinkraftrad                                     Kleinkraftrad

 Führerschein                                                  Nein                              Ja                                               Ja

 Helm                                                   Empfohlen                   Verpflichtend                                      Verpflichtend

 Versicherung                                                  Nein                              Ja                                               Ja

 Nutzung der Radverkehrsanlagen                                   Ja                          Nein                                             Nein

 Marktanteil*                                                  98 %                                        2-3%

 * laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) [1]
 ** E-Bikes können auch mit stärkeren Motoren ausgerüstet sein und eine höhere Leistung erzielen. Dann werden sie als "Kraftrad" eingestuft.
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2       UDV Studien                                          jedoch stärker als die der Fahrradfahrer. Ein
                                                             kleinerer Teil der Fahrer nutzt den höheren
Im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer               Geschwindigkeitsbereich von Pedelecs auch
(UDV) und durch die UDV selbst wurden in den                 aus. S-Pedelecfahrer sind deutlich schneller
letzten Jahren mehrere Studien zur Mobilität                 als Pedelec- und Fahrradfahrer. Sie erreichen
und zur Verkehrssicherheit von Pedelecs und                  regelmäßig Fahrgeschwindigkeiten außer-
S-Pedelecs realisiert.                                       halb des üblichen nicht-motorisierten Zwei-
                                                             rad-Geschwindigkeitsbereichs.

3       Ergebnisse                                       ƒ   Geschwindigkeitswahrnehmung: Die Wahr-
                                                             nehmung und Einschätzung der Geschwin-
ƒ Mobilität:   Pedelecs werden vor allem von äl-             digkeit von Zweiradfahrern durch andere
    teren Nutzern zu Freizeit-/Erholungszwecken              Verkehrsteilnehmer unterliegt systema-
    gefahren. S-Pedelecs werden von jüngeren,                tischen Verzerrungen. Pkw-Fahrer unter-
    berufstätigen Personen vor allem für den Ar-             schätzen systematisch die Ankunftszeit
    beitsweg eingesetzt.                                     von Zweiradfahrern an einem bestimmten
                                                             Punkt, besonders bei höheren Geschwin-
ƒ   Geschwindigkeit: Pedelecfahrer sind schnel-              digkeiten. Analog wählen sie bei höheren
    ler als Fahrradfahrer in ihrer jeweiligen Al-            Geschwindigkeiten kleinere Zeitlücken
    tersgruppe, allerdings ist der Unterschied               beim Abbiegen vor einem Zweiradfahrer.
    nicht so groß wie vermutet. Pedelecfahrer                Vor einem Elektrofahrrad werden bei glei-
    scheinen die Motorunterstützung in erster                cher Geschwindigkeit kleinere Zeitlücken
    Linie einzusetzen, um ähnliche Geschwin-                 gewählt als vor einem Fahrrad. Eine geringe
    digkeiten wie Fahrradfahrer zu realisieren,              Trittfrequenz als Indikator für entspanntes
    nur mit geringerem Aufwand. Die Fahrge-                  Fahren führt dazu, dass die Fahrradfahrer als
    schwindigkeiten der Pedelecfahrer variieren              später ankommend wahrgenommen wer-

Tabelle 2:
UDV-Studien zur Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern [3]

          Jahr                                               UDV-Studien

          2012                                                 "Sicherheitstechnische Aspekte schneller Pedelecs“

          2014                                                              "Pedelec - Naturalistic Cycling Studie“

                       "Einfluss von Radverkehrsaufkommen und Radverkehrinfrastruktur auf das Unfallgeschehen“
          2015
                                                  „Geschwindigkeitswahrnehmung von einspurigen Fahrzeugen“

                                                    „Sekundärdatenanalyse Pedelec - Naturalistic Cycling Studie“
          2016
                                                                                 „Verkehrsklima in Deutschland “

          2017                                                                            „Pedelec Unfallanalyse“
Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
6                           Vorträge

    den als Fahrer mit einer hohen Trittfrequenz        teil älterer Fahrer. Unfallursache ist meist der
    bei gleicher Geschwindigkeit.                       Kontrollverlust über das Pedelec, bei älteren
                                                        Pedelecfahrern auch unangepasste Geschwin-
ƒ   Helmnutzung: Pedelecfahrer tragen häufiger          digkeit. Pedelecfahrer verunglücken schwerer
    einen Helm als Fahrradfahrer. S-Pedelecfah-         als Fahrradfahrer ihrer jeweiligen Altersgruppe.
    rer tragen sehr oft, aber nicht immer einen
    Helm. Auf längeren Strecken und bei höheren
    Geschwindigkeiten tragen alle Zweiradfahrer        4     Schlussfolgerungen
    häufiger einen Helm. Es gibt aber keine An-
    zeichen für eine sogenannte Risikokompen-          4.1     Verkehrsverhalten
    sation, d.h. schnelleres und gegebenenfalls
    risikoreicheres Fahren allein aufgrund der         Pedelecs werden vor allem von Älteren ge-
    Helmnutzung.                                       fahren. Gleichzeitig steigt der Anteil von Äl-
                                                       teren am Zweiradunfallgeschehen. Hier kri-
ƒ   Regelverstöße wie Rotlichtverstöße oder die        stallisiert sich eine neue Risikogruppe heraus,
    regelwidrige Infrastrukturnutzung, zeigen          die beim Fahrradunfallgeschehen bisher nicht
    sich für Fahrrad-, Pedelec- und S-Pedelecfah-      in Erscheinung getreten ist. Um das Pedelec
    rer gleichermaßen, vor allem um effizienter        sicher zu beherrschen, sollten spezielle Fahr-
    voranzukommen. Aber auch eine defizitäre           trainings angeboten und genutzt werden, um
    oder nicht vorhandene Radverkehrsanlage            die Fahrdynamik eines Pedelec und das Fahren
    begünstigt Regelverstöße.                          mit höheren Geschwindigkeiten zu trainieren.
                                                       Das gilt nicht nur, aber ganz besonders für die
ƒ   Pedelec-Unfälle: Mit der Zahl der Pedelecs         älteren Fahrer. Im Sinne eines Eigenschutzes ist
    selbst, steigt auch die Zahl der Unfälle mit Pe-   die konsequente Nutzung eines Fahrradhelms
    delecbeteiligung, mit einem sehr hohen An-         empfehlenswert.

                            100%
                                                                11,0
                                          21,2

                             80%
      Anteil Unfallfolgen

                                                                                        Unverletzt
                                                                60,0
                             60%                                                        Leichtverletzt
                                          61,4
                                                                                        Schwerverletzt

                             40%                                                        Getötet

                                                                27,6
                             20%
                                          17,0
                                           0,4                   1,4
                              0%
                                        Fahrrad               Pedelec
                                       N = 87.966             N = 2.495

Abbildung 1:
Anteil der unverletzten, verletzten und getöteten Pedelec- und Fahrradfahrer im Vergleich [3]
Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   7

Sowohl Pedelecfahrer als auch Fahrradfahrer        gewendet und bereits heute keine Mindest-
und S-Pedelecfahrer verstoßen regelmäßig ge-       maße mehr geplant werden.
gen die Straßenverkehrsordnung (StVO). Hier
gilt es, bei den Radfahrern das Bewusstsein        4.3      Fahrzeugsicherheit
nicht nur für ihre Rechte, sondern auch für
ihre Pflichten im Straßenverkehr zu schaffen.      Für S-Pedelecs besteht eine Helmpflicht. Aber
Gleichzeitig müssen die Radverkehrsanlagen         sowohl Fahrrad- als auch Motorradhelme nach
in einem Zustand sein, der ein zügiges und si-     ECE-R22 scheinen nicht geeignet. Daher sollte
cheres Vorankommen ermöglicht.                     die Entwicklung von speziellen Helmen seitens
                                                   der Zweiradindustrie forciert werden.
S-Pedelecfahrer halten sich nur bedingt an
das Straßenfahrgebot oder die Helmpflicht.         Da auch die Wahrnehmung und Einschätzung
Allerdings gibt es gegenwärtig auch keinen         durch andere Verkehrsteilnehmer ein Problem
geeigneten Helm für S-Pedelecs. Daher sollten      für die Verkehrssicherheit der Elektrofahrrä-
potenzielle S-Pedelecnutzer vor dem Kauf bzw.      der darstellen kann, wäre es wünschenswert,
der Nutzung umfassend über die Nutzungs-           wenn sich S-Pedelecs und Pedelecs besser von
möglichkeiten und -einschränkungen infor-          Fahrrädern unterscheiden lassen, z. B. durch ein
miert werden.                                      individuelles Design oder Beleuchtungsmuster.

4.2     Radverkehrsinfrastruktur                   Aufgrund der deutlich höheren Geschwin-
                                                   digkeiten von S-Pedelecs und der Unfallfol-
Radverkehrsanlagen sollten den Empfehlungen        gen sollte über eine bessere sicherheitstech-
der ERA 2010 [4] folgend so ausgestaltet sein,     nische Ausstattung nachgedacht werden. So
das sichere Überholvorgänge von Zweiradfah-        könnten Sicherheitssysteme, die sich im Mo-
rern untereinander möglich sind. Die ERA 2010      torradbereich bewährt haben, wie z. B. ABS
liefert hierzu geeignete Vorgaben und Maß-         oder Kombibremse, für S-Pedelecs adaptiert
nahmenvorschläge. Sie sollte konsequent an-        werden.

5     Literatur

[1]   Zweirad-Industrie-Verband e.V. (2017). Pressemitteilung Zahlen-Daten-Fakten zum Deut-
      schen Fahrradmarkt 2016. Zweirad-Industrie-Verband e.V., Bad Soden a.Ts.

[2]   Verkehrsblatt-Verlag (2012). Landverkehr Ausgabe Nr. 22/2012. Bekanntmachung zur ver-
      kehrsrechtlichen Einstufung von Elektrofahrrädern. VO-Nr. 193, S. 848.

[3]   UDV- Unfallforschung der Versicherer (2017). Verkehrssicherheit von Elektrofahrrädern. Un-
      fallforschung kompakt Nr. 69. Unfallforschung der Versicherer. Gesamtverband der Deut-
      schen Versicherungswirtschaft e.V., Berlin.

[4]   FGSV-Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.).(2010): Empfeh-
      lungen für Radverkehrsanlagen ERA. Arbeitsgruppe Straßenentwurf. Forschungsgesell-
      schaft für Straßen- und Verkehrswesen. Köln.
Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
8      Vorträge

                                                            ƒ   Erschließung bisher eher „untypischer“ Wege-
                                                                zwecke
                                                            ƒ   Erschließung neuer Regionen: bewegtes Ge-
                                                                lände, längere Wege.

                                                            Langfristig kann daraus ein Anstieg der Ver-
                                                            kehrsleistung mit dem Fahrrad resultieren.

                                                            Im Folgenden werden Erkenntnisse aus NRVP-
MR Thomas Hartmann                                          Projekten kurz dargestellt, die häufig eine Mi-
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur    schung aus praxisorientierten Modellprojekten
                                                            und wissenschaftlicher Begleitforschung sind.

          Pedelecforschung im Rahmen des
          Nationalen Radverkehrsplans 2020                  2       Fahrradmonitor 2017

                                                            Der Fahrradmonitor ist eine repräsentative
          1     Bedeutung – Potenziale –                    Umfrage zum Radverkehr, die alle zwei Jahre
                Erwartungen                                 vom Sinus-Institut durchgeführt und regelmä-
                                                            ßig weiterentwickelt wird. Die aktuellen Wei-
          Mit dem Nationalen Radverkehrsplan (NRVP)         terentwicklungen waren:
          setzt sich die Bundesregierung aktiv für die      ƒ Erhöhung der Befragungen von 2.000 auf
          Stärkung des Radverkehrs ein. Zur Umsetzung         3.100 Personen
          des NRVP stehen dem BMVI jährlich Mittel zur      ƒ Repräsentativitätsmerkmale Alter, Geschlecht
          Verfügung (2017: 4,2 Mio. Euro), mit denen          und Bildung um Ortsgröße erweitert
          nicht-investive Maßnahmen gefördert wer-          ƒ Aufnahme neue innovativer Elemente (Miet-
          den. Unter anderem schreibt das BMVI hierfür        radsysteme, Lastenfahrräder, Pedelecs).
          jährlich neue Schwerpunkt-Handlungsfelder
          aus; 2016 waren dies „Rad und Raum“ sowie         Außerdem wurde den Ländern ermöglicht,
          die „Elektromobilität“.                           Sonderauswertungen in Auftrag zu geben.

          Das BMVI sieht in den erfolgreich in den Markt    2.1       Wesentliche Ergebnisse der Fragen
          eingeführten Elektrofahrrädern auch das Po-                 mit Bezug zum Pedelec
          tenzial, mehr Fahrten vom Auto und Motorrad
          auf das Fahrrad zu verlagern, um die Vorteile     Unter den Interessenten für Pedelecs besteht
          des Radverkehrs verstärkt zu nutzen. Durch die    zwar immer noch ein höherer Anteil von äl-
          Nutzung von Elektrofahrrädern wird mit fol-       teren Personen, aber auch junge Personen zei-
          genden Effekten gerechnet:                        gen Interesse. Somit wird es künftig einen breit
          ƒ weitere Etablierung des Radverkehrs/Selbst-     aufgestellten Pedelec-Markt über viele Alters-
            verständlichkeit                                klassen hinweg geben.
          ƒ Erschließung neuer Zielgruppen: Berufstäti-
            ge, Pendler, ältere Wiedereinsteiger, Status-   Grundsätzlich sind 42 Prozent der Befragten
            orientierte                                     an Pedelecs interessiert, fünf Prozent der Rad-
Symposium: "Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends" - Unfallforschung der Versicherer
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   9

Abbildung 1:
Fahrrad-Monitor Deutschlad 2017 [1]

fahrenden haben bereits ein Pedelec genutzt,       für waren der höhere Anschaffungspreis und
und drei Prozent der Radfahrenden besitzen         der fehlende Bedarf.
ein Pedelec.
                                                   2.2       Fazit
Besonderes Interesse an Pedelecs besteht zur
Überwindung längerer oder bergiger Strecken        Viele vorgebrachte Hinderungsgründe zur Nut-
sowie zum Transport größerer Einkäufe. Das         zung des Fahrrads als Verkehrsmittel können
bedeutet, dass neue Regionen und neue Wege-        durch den Gebrauch von Pedelecs gemindert
zwecke durch die Elektrifizierung des Fahrrades    werden. So z. B., dass der Weg zu weit sei, es zu
hinzukommen.                                       lange dauere oder es zu anstrengend sei. An-
                                                   dere Gründe müssen infrastrukturell behoben
Auffällig ist, dass sozial gehobene Milieus, un-   werden.
abhängig von ihrer Grundorientierung (z. B.
Traditionalisten oder Modernisierer), verstärkt    Alle Ergebnisse des Fahrradmonotors 2017
Kontakt mit Pedelecs hatten. Andere Milieus,       sind zu finden unter:
die aber einen hohen Bevölkerungsanteil aus-       http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/
machen, haben kaum Zugang. Argumente da-           G/fahrrad-monitor-2017.html.
10       Vorträge

3        NRVP-Projekte                                                         kein Pedelec nutzen, befürworten hingegen das
         mit Pedelecbezug                                                      generelle Vorhandensein von Ladestationen.

............................................................................   Darüber hinaus kann eine saisonale Umnut-
Bike+Ride 2.0 (Region Hannover)                                                zung von Park+Ride zu Bike+Ride zu mehr Fahr-
                                                                               radnutzung motivieren.
Laufzeit:
01.01.2016 – 31.08.2019                                                        ...........................................................................
                                                                               Pedelec statt Auto – aber sicher! In allen Le-
Thema:                                                                         benslagen sicher und gesund mit dem E-Rad
Weiterentwicklung des Bike+Ride-Angebotes                                      unterwegs (Verkehrsclub Deutschland e. V.)

Erarbeitet werden soll u. a. ein Modulkatalog                                  Laufzeit:
mit weichen und harten Maßnahmen zur Aus-                                      01.09.2016 – 31.08.2019
stattung von Bike+Ride Anlagen. Dabei soll die
zu konzipierende Modellanlage neue Ideen für                                   Thema:
unterschiedliche Nutzertypen und Fahrzeug-                                     Im Fokus dieses Projektes steht die Informati-
typen (z. B. Pedelecs, E-Lastenfahrräder, Dreirä-                              on über und die Anwendung von Pedelecs. Es
der) berücksichtigen.                                                          erfolgt eine Nutzerinformation und eine Sen-
                                                                               sibilisierung von Pedelec-Fahrenden für Sicher-
Stand:                                                                         heits- und Gesundheitsthemen.
Pedelecnutzende halten Ladestationen an
Bike+Ride-Anlagen für verzichtbar, fordern aber si-                            Stand:
chere Abstellmöglichkeiten. Weitere Forderungen                                Aktuell sind die Projekt-Webseite sowie das In-
sind gute Einsehbarkeit, Nähe zu Haltestellen                                  fo-Portal online. Es folgen die Entwicklung von
des ÖPNV, generelle Überdachung auch bei „ein-                                 Pedelec-Trainer-Weiterbildungen und Kurse für
fachen“ Bügeln, Schließfächer. Personen, die noch                              Pedelec-Nutzende.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"                             11

         ...........................................................................   ..........................................................................
         Sicherheitsorientierte Fahrerassistenzsysteme                                 Fahrradmobilität an großen Gewerbe- und In-
         für Elektrofahrräder (TU Kaiserslautern)                                      dustriestandorten am Beispiel des Flughafens
                                                                                       Frankfurt am Main (Regionalverband Rhein-
         Laufzeit:                                                                     Main)
         01.07.2016 – 30.06.2019
                                                                                       Laufzeit:
         Thema:                                                                        01.06.2016 – 31.05.2019
         Untersuchung innovativer Systeme, die Rad-
         fahrende vor möglichen Gefahren frühzeitig                                    Thema:
         warnen und in kritischen Situationen gezielt                                  Verbesserung der Fahrradmobilität in Groß-
         unterstützen.                                                                 gewerbegebieten, am Beispiel des Flughafens
                                                                                       Frankfurt am Main.
         Stand:
         Es wurden Fahrerassistenzsysteme aus dem Kfz-                                 Obwohl fast alle Mitarbeitenden des Flugha-
         Bereich systematisiert, um potenzielle Systeme                                fens Frankfurt in einem Umkreis wohnen, der
         auf das Pedelec zu übertragen. Als potenziell                                 es ermöglicht, mit dem Pedelec zur Arbeit zu
         übertragbar angesehen werden Systeme auf                                      fahren, nutzt nur ein Prozent der Mitarbeiten-
         Führungsebene, informierende Systeme und eine                                 den diese Möglichkeit.
         Umfelderfassung über eine Kamera. Eine Umfra-
         ge zeigte, dass Fahrerassistenzsysteme maßgeb-                                Verbindlich festgelegte oder allgemein akzep-
         lich die Fahrsicherheit verbessern können, seitens                            tierte Qualitätsstandards, wann genau eine
         der Nutzenden als nützlich erachtet werden, aller-                            Radverkehrsinfrastruktur pedelectauglich ist,
         dings sowohl ablenkungsarm als auch zuverlässig                               gibt es bisher noch nicht. Daher wird eine
         sein müssen. Aktuell werden im Forschungspro-                                 Grundlagenarbeit durchgeführt, und es wer-
         jekt Sensoren und Aktoren getestet.                                           den innovative Lösungsansätze entwickelt.

Abbildung 2:
Systematisierung der Fahrerassistenzsysteme [2]
12        Vorträge

          Diese Lösungsansätze beziehen sich insbe-                                     gung Hamburg, bei denen heute leichte Nutz-
          sondere auf die Untersuchung der Zuwege                                       fahrzeuge eingesetzt werden.
          hinsichtlich der Beleuchtungskonzepte, der
          Oberflächenbeschaffenheit, der Beschilderung                                  Stand:
          sowie der Abstell- und Ladeinfrastruktur.                                     Von insgesamt 23 Prozessen wurden 12 Pro-
                                                                                        zesse als potenziell mit dem Lastenfahrrad
          Stand:                                                                        durchführbar eingestuft. Es wurde festgestellt,
          Kürzlich wurde die Studie zur „pedelectaug-                                   dass die Qualität der herkömmlichen Lastenrä-
          lichen Infrastruktur auf dem Weg zu und an                                    der aufgrund der technischen Anforderungen
          Gewerbestandorten“ vergeben.                                                  unzureichend ist.

          Bisher wurde festgestellt, dass, sofern der                                   Die Akzeptanz der Nutzung der Lastenräder
          Standard nach den „Empfehlungen für Rad-                                      steht mit an vorderster Stelle. Siehe hierzu:
          verkehrsanlagen“ eingehalten wird, keine an-                                  https://www.youtube.com/watch?v=iq0Cr-
          dere Infrastruktur benötigt wird.                                             h8UWA.

          ...........................................................................   ...........................................................................
          TRASHH – Technologisch-wirtschaftliche Ana-                                   Pedelecs und Gesundheit – Prospektive Stu-
          lyse der Einsatzmöglichkeiten von Lastenrä-                                   die zu gesundheitsfördernden Effekten der
          dern in kommunalen Unternehmen am Bei-                                        Pedelec-Nutzung (Medizinische Hochschule
          spiel der Stadtreinigung Hamburg (Stadtreini-                                 Hannover, Leibniz Universität Hannover)
          gung Hamburg)
                                                                                        Laufzeit:
          Laufzeit:                                                                     01.07.2016 – 30.06.2019
          01.05.2016 – 30.04.2019
                                                                                        Thema:
          Thema:                                                                        Untersuchung, welchen Beitrag das Pedelec in der
          Das Projekt untersucht Einsatzpotenziale von                                  Gesundheitsförderung leisten kann. (Werden die
          E-Lastenrädern in Prozessen der Stadtreini-                                   Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation
                                                                                        zur präventiven Gesundheitsförderung erreicht?)

                                                                                        Stand:
                                                                                        Die Studie läuft; noch keine Ergebnisse.

                                                                                        ...........................................................................
                                                                                        Sicher überholt! (Hochschule Rhein-Main)

                                                                                        Laufzeit:
                                                                                        01.07.2017 – 31.12.2019

                                                                                        Thema:
                                                                                        Das Projekt analysiert differenziert die Überhol-
Abbildung 3:                                                                            vorgänge und -abstände zwischen Pkw- und
Lastenfahrrad der Stadtreinigung [3]                                                    Radfahrenden im exakten räumlichen Bezug (In-
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"       13

frastrukturtyp) und unter Berücksichtigung der                                Stand:
jeweiligen Verkehrssituation (Videoanalyse). Fahr-                            Die Studie ist aktuell angelaufen.
räder besonderer Bauart wie E-Lastenräder, (Pe-
delec-)Dreiräder, einspurige (Pedelec)Fahrräder mit
Anhänger etc. fließen gesondert in die Analyse ein.                           4       Erkenntnisinteresse

Stand:                                                                        ƒ   Das BMVI hat ein besonderes Erkenntnisinte-
Die Studie ist aktuell angelaufen.                                                resse an den Gründen für Unfälle mit Pede-
                                                                                  lecs. Bislang ist nicht geklärt, ob für die Un-
...........................................................................       fälle hauptsächlich das Pedelec (der Antrieb),
TRASCH – Radschnellwege: Gestaltung effizi-                                       die Radverkehrsinfrastruktur (Knotenpunkte,
enter und sicherer Infrastrukturen (TU München)                                   Topographie) oder der Nutzer (überhöhte Ge-
                                                                                  schwindigkeit, fehlendes fahrerisches Kön-
Laufzeit:                                                                         nen) ursächlich sind.
01.07.2017 – 31.12.2018
                                                                              ƒ   Auswirkungen etwaiger falscher Geschwin-
Thema:                                                                            digkeitseinschätzungen durch andere Ver-
Analyse der verkehrlichen Eigenschaften von                                       kehrsteilnehmende stellen einen weiteren
Radverkehrsströmen auf Radschnellwegen und                                        Punkt des Erkenntnisinteresses dar.
an den Schnittstellen von Radschnellwegen
zum übrigen Straßen- und Radverkehrsnetz, um                                  ƒ   Aktive und passive Maßnahmen zur Vermei-
eine sichere und attraktive Gestaltung zukünf-                                    dung von Unfällen bzw. Minderung der Ver-
tiger Radschnellverbindungen zu ermöglichen.                                      letzungsschwere werden aktuell untersucht
                                                                                  und sollen weiterentwickelt werden.
Es werden Steuerungsmaßnahmen und intelli-
gente Verkehrssysteme zum Einsatz an Knoten-                                  ƒ   Zudem sind Überholvorgänge zwischen Rad-
punkten von Radschnellwegen entwickelt und                                        fahrenden, Auswirkungen durch vermehrten
mithilfe eines Fahrradsimulators erprobt. Dabei                                   Lastenrad- und Anhängereinsatz, eine Nut-
werden unterschiedliche Zukunftsszenarien be-                                     zertypisierung sowie das Erreichen neuer
züglich der Zusammensetzung des Radverkehrs                                       Zielgruppen von Interesse.
(z. B. Pedelecs, Lastenräder) einschließlich des
Verhaltens der unterschiedlichen Nutzergruppen                                Weitere Informationen zu den NRVP-Projekten:
entwickelt; diese Prognosen werden bei dem Ein-                               https://nationaler-radverkehrsplan.de/
satz von Steuerungsmaßnahmen berücksichtigt.

5         Literatur

[1]       Sinus Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg 2017; gefördert durch das Bundesmi-
          nisterium für Verkehr und digitale Infrastruktur.

[2]       Jun.-Prof. Dr.-Ing- Daniel Görges

[3]       Stadtreinigung Hamburg
14    Vorträge

                                                           die Zulieferindustrie damit begonnen, dedi-
                                                           zierte Komponenten für den Einsatz in E-Bikes
                                                           zu entwickeln (z. B. Ketten). Diese müssen in
                                                           Punkto Belastbarkeit und Verschleiß am E-Bike
                                                           den Vergleich mit einer vergleichbaren Kompo-
                                                           nente an einem normalen Rad nicht scheuen.

                                                           Im Folgenden wird der Schwerpunkt auf die
                                                           Technik/Komponenten von E-Bike Systemen
Marko Kienle                                               mit Mittelmotor gelegt.
Paul Lange & Co. OHG

                                                           2       Komponenten
        Technik/Komponenten von                                    des E-Bike Systems
        E-Bike Systemen mit Mittelmotor
                                                           Ein E-Bike System besteht aus folgenden Kom-
                                                           ponenten:
        1     Einführung
                                                           ƒ   Antrieb: Der Antrieb sowie damit verbun-
        E-Bikes stellen eine Sonderform von Fahrrä-            dene Komponenten wie Bedienteile, Display,
        dern dar. Das bisher am meisten verkaufte E-           Batterie, Sensoren und Anbauteile (Kurbel
        Bike ist das mit einem Mittelmotor. Hier ist der       und Kettenblatt) stellen das Herzstück des E-
        Fahrkomfort und das Fahrgefühl am ehesten              Bike Antriebsystems dar.
        mit dem eines konventionellen Fahrrades ver-
        gleichbar. Als nachteilig empfunden wird z. B.     ƒ   Schaltung: Die Schaltung gehört nicht
        der erhöhte Materialverschleiß (besonders              zwangsweise zum E-Bike Antriebssystem.
        der Kette). Diesem Umstand folgeleistend hat           Durch clevere Kombination von elektro-

         Abbildung 1:
         Systemaufbau Pedelec mit Mittelmotor
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"     15

    nischer Schaltung und E-Bike System werden       ƒ   Technik: In der Regel werden für die E-Bike
    beide Bestandteile aber miteinander ver-             Batterie mehrere Lithium Ionen Zellen mitei-
    knüpft und so dem Kunden ein Mehrwert an             nander gekoppelt. Das Batteriemanagement-
    Komfort geliefert, beispielsweise in Form ei-        System (BMS) steuert die Batterie und das
    ner vollautomatischen Schaltung der Gänge.           Zusammenwirken mit dem E-Bike System.

ƒ   Bus-Verkabelung: CAN-Bus oder andere größ-       ƒ   Positionierung: Die Positionierung des Akkus
    tenteils proprietäre Bus-Systeme stellen die         am E-Bike kann am Gepäckträger, dem Unter-
    interne Verkabelung der unterschiedlichen            rohr oder dem Sitzrohr vorgenommen werden.
    elektronischen Komponenten des E-Bike An-            Bei einer Rahmenkonstruktion, die den Akku
    triebssystems sicher. Diese Bus-Systeme über-        auf dem Unterrohr teilweise aufnimmt bzw.
    nehmen die Datenkommunikation zwischen               diesen ganz verschwinden lässt, spricht
    den einzelnen Komponenten, wie auch die An-          man von einem semi-integriertem Akku.
    bindung an die zentrale E-Bike Batterie.             Eine vollständige Integration des Akkus im
                                                         Rahmen ist inzwischen auch möglich. Je nach
ƒ   Lichtsystem                                          Konstruktion ist der Akku durch den Kunden
                                                         entnehmbar, oder aber fest verbaut. Die voll-
ƒ   E-Bike spezifische Komponenten: E-Bikes              ständige Integration des Akkus in den Rah-
    stellen eine Sonderform von Fahrrädern dar.          men ist derzeit eindeutig der Trend, was die
    Aufgrund der zusätzlichen Komponenten                Positionierung am Rad betrifft.
    ist beispielsweise ein E-Bike schwerer als ein
    „konventionelles“ Fahrrad. Der Antriebstrang     ƒ   Konzepte: Standard ist heute noch die Ver-
    des Rades wird zudem durch die Bio-Hybrid-           wendung einer Batterie an einem E-Bike.
    Kombination von Mensch und Motor stärker             Beim Dualen Konzept werden zwei Batterien
    beansprucht als bei einem herkömmlichen              gleichen Typs parallel am Rad genutzt und
    Rad ohne E-Antrieb. Entsprechend ist der Ver-        damit die Reichweite verdoppelt, eine oft-
    schleiß von zentralen Komponenten, wie Ket-          mals für Cargo-E-Bikes eingesetzte Variante.
    ten, Kassetten oder auch Bremssystemen bei           Beim Modularen Konzept werden Batterien un-
    einem E-Bike höher als bei einem normalen Rad.       terschiedlichen Typs (z. B. integriert und auf dem
    Aus diesem Grund bietet die Industrie mitt-          Unterrohr) miteinander gekoppelt, um eine grö-
    lerweile E-Bike dedizierte Komponenten an,           ßere Kapazität und Reichweite zu erreichen.
    die so ausgestattet sind, dass sie dem hö-
    heren Gewicht, der höheren Belastung und         3.2        Der Antrieb
    damit auch dem höheren Verschleiß Rech-
    nung tragen.                                     Früher war der E-Bike Anrieb mehr oder weniger
                                                     ein „Fremdkörper“, der durch seine prominente
                                                     Positionierung unterhalb des Tretlagers des Rades
3       Ausgewählte Komponenten                      ein E-Bike als solches eindeutig kenntlich ge-
        eines E-Bike Antriebssystems                 macht hat. Mittlerweile verschmelzen Antriebe
                                                     dezent mit der restlichen Rahmenkonstruktion.
3.1       Die Batterie
                                                     Neuerdings werden E-Bikes zunehmend mit
Das Power-House des E-Bikes ist die Batterie,        elektronischen Schaltsystemen ausgestattet.
die den benötigten Strom liefert.                    Diese verfügen über eine Verbindung von E-
16    Vorträge

Bike System und Schaltung. Dabei wird der ge-     ten, was Innovationen anbetrifft: Batterien
wählte Gang im Display angezeigt.                 mit größerer Reichweite, Antriebe, die lei-
                                                  stungsstärker und gleichzeitig kleiner werden,
Der Schaltvorgang steuert zudem den Antrieb,      dedizierte sonstige Rad-Komponenten. Die
dergestalt, dass ein ausgelöster Schaltvorgang    Branche bleibt ein Wachstumssegment und
den Antrieb für eine Zeitdauer von weniger als    die Hersteller sorgen mit ihren Innovationen
einer Sekunde unterbricht und damit einen rei-    für weiterhin große Nachfrage.
bungslosen Schaltvorgang gewährleistet.
                                                  Der wichtigste Trend aber: die Zukunft des Fahr-
Zusatzfunktionen wie der Start-Modus, bei         rades ist digital, umso mehr die Zukunft des E-
dem automatisch ein niedriger Gang für ein        Bikes. Die Verbindung von Smartphone und E-
entspanntes Anfahren gewählt wird oder            Bike geben Kunden die Freiheit ihr Zweirad auf
gar ein komplett vollautomatisches Schal-         ihre Bedürfnisse hin ab zu stimmen. Parametri-
ten machen die elektronische Schaltung zu         sierung oder auch das selbständige Durchfüh-
einem umfangreichen Komfort-Merkmal für           ren von Updates werden damit möglich.
Radler.
                                                  Auch das E-Bike wird in Zukunft „Connected“
                                                  sein. Schlagworte wie IoT (Internet of Things)
4     Ausblick                                    werden künftig auch beim Zweirad Einzug
                                                  finden. Herstellern von E-Bikes aber auch dem
Das E-Bike ist in Zukunft aus dem Straßenver-     Fachhandel eröffnen sich damit völlig neue
kehr nicht mehr weg zu denken. Im Jahr 2016       Geschäftsfelder und damit die Möglichkeit,
wurden 605.000 E-Bikes in Deutschland ver-        Umsatz aber auch beispielsweise Service-
kauft, die Prognose für 2017 liegt bei 680.000;   Qualität zu erhöhen. Kunden wird dies eine
spannende Stückzahlen, die dazu führen, dass      Vielzahl an nützlichen Zusatzfunktionen er-
immer mehr E-Bike System-Hersteller auf den       öffnen, wie z. B. Diebstahlwarnungen oder
Markt drängen. Diese Konkurrenz führt dazu,       auch frühzeitige Hinweise auf den Verschleiß
dass sich die Hersteller immer mehr überbie-      von Komponenten.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"     17

                                                           In der ersten Studie brachten die mehr als 500
                                                           untersuchten Fahrradunfälle die Erkenntnis,
                                                           dass sich mit dem richtigen Bremsverhalten
                                                           viele Unfälle vermeiden, oder zumindest die
                                                           Folgen mindern lassen. Bei jedem fünften un-
                                                           tersuchten Fahrradunfall erfolgte der Sturz
                                                           bereits vor der eigentlichen Kollision. Das ABS
                                                           kompensiert falsches oder fehlendes Brems-
Dr. Gregor Dasbach                                         verhalten und ermöglicht ein kontrolliertes
Bosch eBike Systems                                        und stabileres Abbremsen, auch in kritischen
                                                           Situationen.

         Sicherheit geht vor:                              Eine zweite Studie, in der Daten von mehr als
         Bosch bringt ABS für Pedelec-Fahrer               5.400 Fahrradkollisionen und -stürzen ausge-
                                                           wertet wurden, bestätigte das falsche oder
                                                           fehlende Bremsverhalten. In bis zu drei von
         1    Einführung                                   vier Kollisionen erfolgte keine Bremsung. Die
                                                           Bosch Unfallforscher sind der Meinung, dass
         Bosch bringt ab Herbst 2017 für ausgewählte       sich mit dem Einsatz von ABS-Systemen nahe-
         Flottenpartner das erste serienreife Antiblo-     zu jeder vierte Pedelec-Unfall vermeiden lässt
         ckiersystem für eBikes auf den Markt. Dieses      und die Zahl der Unfälle mit schweren Verlet-
         neuentwickelte intelligente System macht es       zungen gesenkt werden kann.
         beim Pedelec möglich, das Blockieren des Vor-
         derrades zu verhindern sowie das Abheben
         des Hinterrads zu begrenzen. Das wiederum         3       Das Bosch eBike ABS
         verringert das Risiko von Überschlägen und
         Stürzen und kann zur Reduktion des Brems-         Durch die Kombination eines Vorderrad-ABS
         wegs führen. Bosch-Studien zufolge, einen         mit einer Hinterrad-Abheberegelung optimiert
         flächendeckenden Einsatz vorausgesetzt, lie-      dieses Bremssystem das Bremsverhalten und
         ßen sich so Pedelec-Unfälle bis zu 25 Prozent     reduziert gegebenenfalls die Bremswege.
         reduzieren.
                                                           ƒ Vorderrad-ABS:      Die Raddrehzahlsensoren
                                                               überwachen die Geschwindigkeit des Vorder-
         2    Die Bosch-Studien                                und des Hinterrades. Sobald das Vorderrad zu
                                                               blockieren droht, wird der Bremsdruck durch
         Das Pedelec hat sich auf dem Markt durchge-           das eBike ABS geregelt. Indem der Bremsdruck
         setzt. Aktuell sind allein in Deutschland rund        der Vorderbremse bei kritischen Bremsmanö-
         drei Millionen Menschen mit elektrischer Un-          vern reguliert wird, stabilisiert sich die Fahr-
         terstützung unterwegs. Mit der gestiegenen            situation. Besonders effizient: bei rutschiger
         Verbreitung des Pedelcs steigt naturgemäß             Fahrbahn und losem, nassen Untergrund.
         auch die Zahl der Pedelec-Unfälle. Um das
         Pedelec-Fahren sicherer zu machen, führte die     ƒ   Hinterrad-Abheberegelung: Die Raddreh-
         Bosch Unfallforschung zwei Studien durch.             zahlsensoren erkennen ein Abheben des
18      Vorträge

                                                                   Hinterrades und lösen einen gezielten
                                                                   Bremseingriff am Vorderrad aus. Die
                                                                   Bremskraft des Vorderrades wird kurzzei-
                                                                   tig reduziert, sodass das Hinterrad schnell
                                                                   wieder Bodenkontakt bekommt und das
                                                                   Rad kontrolliert zum Stillstand kommt.

                                                                   Besonders effizient: auf griffigem Unter-
                                                                   grund und im Gefälle, Verringerung der
                                                                   Überschlagswahrscheinlichkeit.

                                                                 4     Ausgewählte Flottenpartner
                                                                       starten Testphase
          Abbildung 1:                                           In der Einführungsphase sind ab Herbst 2017
          Bosch ebike ABS, erstes serienreifes Antiblockier-
          system für Pedelecs                                    erste Pedelecs mit Bosch eBike ABS von aus-
                                                                 gewählten Flottenpartnern unterwegs, im
                                                                 Handel ist es ab Herbst 2018 erhältlich. Das
                                                                 Bosch eBike ABS wird zunächst ausschließlich
                                                                 an Trekking- und Citybikes mit 28 Zoll Reifen
                                                                 verbaut. Im Flotteneinsatz sind die eBikes aus-
                                                                 gestattet mit der Performance Line (Cruise
                                                                 und Speed) in Kombination mit dem Intuvia-
                                                                 Display.

Abbildung 2:
Installiertes Bosch eBike ABS (links) in Kombination mit dem Intuvia-Display (rechts)
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   19

                                                          alle Verkehrsteilnehmer, insbesondere für die
                                                          Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgän-
                                                          ger erhöht.

                                                          Die EU hat mit der Nachfolgeverordnung
                                                          VO(EU) 168/2013 zur 2002/24/EG (Typge-
                                                          nehmigungsrichtlinie für zweirädrige Kraft-
                                                          fahrzeuge) ab dem 01.01.2018 erhöhte An-
                                                          forderungen an S-Pedelecs festgelegt. Im
Steffen Hladik                                            Zusammenhang mit den zugehörigen De-
DEKRA Technology Center/Automobil Test Center             legierten Verordnungen und den jeweiligen
                                                          ECE-Regelungen werden nun erhöhte Anfor-
                                                          derungen an diese Fahrzeuge gestellt.
        Bauartbedingte Anforderungen
        an S-Pedelec                                      Somit sind Pedelecs bis 25 km/h Leistungs-
                                                          unterstützung (L1e-A) und die sogenannte
        Die Geschichte der Pedelecs begann bereits        S-Pedelecs bis 45 km/h (L1e-B) entsprechend
        Anfang des 19. Jahrhunderts. Die damals zur       eingestuft und mit dieser Verordnung auch
        Verfügung stehende Technik und die damit          die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der
        verbundenen Kosten ließen die Anzahl der          Bauvorschriften für o. a. Fahrzeugklasse klar
        Fahrzeuge im Straßenbild nur gering anstei-       definiert.
        gen. Mit Einzug der kompakten Antriebstech-
        nik und der rasant ansteigenden Kapazität         Bisher nutzbare Erleichterungen in der
        von Akkus wuchs auch die Anzahl der Fahr-         2002/24/EG auf Basis der maximalen elek-
        zeuge in Deutschland rasant.                      trisch erreichbaren Geschwindigkeit sind
                                                          durch eine geänderte Definition hinsichtlich
        Die Zahl der im Volksmund sogenannten Pe-         der erreichbaren unterstützten Höchstge-
        delecs hat sich in den letzten Jahren mehr als    schwindigkeit nicht mehr anwendbar.
        verdoppelt. Dieser Trend ist auch weiterhin
        ungebrochen und hat neben dem Standardrad         Unter anderem sind damit offene Fragen zur
        auch alle anderen Bereiche - vom Mountain-        Eignung der Reifen, Beleuchtung der Fahr-
        bike, über das Lastenrad bis hin zum Rennrad -    zeuge, Signaleinrichtung, Bremsanlage und
        erfasst. Die nun etablierte Klasse der Pedelecs   Angabe der Motorleistung und hinsichtlich
        macht es erforderlich, Risiken zu betrachten,     der elektromagnetischen Verträglichkeit ge-
        welche sich auf Grund der neuen und rasant        nau definiert.
        entwickelnden Technik und des geänderten
        Nutzerkreises ergeben, um die Sicherheit im
        Straßenverkehr weiter zu erhöhen.

        Insbesondere mit S-Pedelecs bietet sich eine
        neue Dimension der Mobilität für einen groß-
        en Personenkreis bis zu einer Geschwindigkeit
        von 45 km/h. Es muss ausgeschlossen wer-
        den, dass sich das Gefährdungspotential für
20     Vorträge

                                                             Rad, nur halt dabei etwas komfortabler und
                                                             entspannter. Schon im Jahr 2011 hatte das
                                                             Land Mecklenburg-Vorpommern gutachter-
                                                             lich bestätigt bekommen, dass sauber nach
                                                             ERA 2010 geplante Radverkehrsanlagen den
                                                             Anforderungen der Pedelecs im Prinzip genü-
                                                             gen [2].

                                                             Infrastruktur hat eine lange Lebensdauer, und
Jörg Thiemann-Linden                                         wir wissen nicht, welchen Stellenwert das
büro thiemann-linden stadt & mobilität                       klimaschutzwirksame und gesundheitsför-
                                                             derliche Verkehrsmittel Pedelec im Jahr 2030
                                                             haben wird. Denn die technische Entwicklung
         Anforderungen der Elektrofahrräder                  des Pedelecs und sein Beitrag zur Transforma-
         an die Infrastruktur:                               tion des Verkehrssystems stehen wahrschein-
         Laden – Fahren – Abstellen                          lich erst noch am Anfang.

                                                             Drei Bereiche werden im Folgenden kurz skiz-
         1     Einführung                                    ziert, in denen pedelecspezifische Fragen ak-
                                                             tuell diskutiert werden:
         Der Stand der Technik für Radverkehrsanlagen
         ist in Bewegung - und jetzt rechnen wir auch        ƒ Laden: eindeutiger Unterschied zum her-
         noch mit Elektrofahrrädern (oder Pedelecs,            kömmlichen Fahrrad
         kurz für Pedal Electric Cycles) als künftiger       ƒ Fahren: mit weiterer Akzentverschiebung hin
         Massenerscheinung? In der FGSV wird aktuell           zur Radverkehrsführung im Fahrbahnraum
         überprüft, was auf dem Weg von der ERA 2010         ƒ Abstellen: eine bisher eher unterschätzte pla-
         [1] zur „ERA 2020“ an neuen Trends zu berück-         nerische Herausforderung.
         sichtigen ist (z. B. Radschnellverbindungen)
         oder welche Fragen vertieft behandelt werden        2     Laden
         müssen (z. B. Fuß- und Radverkehr auf gemein-
         samen Flächen). Dabei kommt man immer               Der Bedarf des Elektroverkehrs an Ladeinfra-
         wieder auf das „neue Verkehrsmittel“ Pedelec        struktur im Straßenraum als öffentliche Infra-
         mit seinen Chancen (z. B. Substituierung von        struktur für Elektroautos im städtischen Raum
         mittellangen Pkw-Pendelfahrten) und seinen          wird intensiv diskutiert. Aber sind die vielen
         Risiken (z. B. in Hinblick auf die Vulnerabilität   Pedelec-Ladesäulen z. B. der lokalen Energie-
         älterer Menschen bei Unfällen).                     versorger an Freizeit- und Einkaufsorten wirk-
                                                             lich sachgerecht, oder nicht doch eher Marke-
         Aber was ist wirklich pedelecspezifisch, also       ting? Anders als beim Elektroauto reicht eine
         anders als beim übrigen, etwas schnelleren          Akkuladung beim Elektrofahrrad bei Pendlern
         Radverkehr? Schließlich fahren die meisten          etwa eine halbe Woche; geladen wird in der
         Nutzer auf dem Pedelec nicht ständig 25 km/h        Regel zuhause an der Steckdose. Anders ist es
         schnell (elektrische Unterstützungsgrenze),         bei längeren Radtouren und im Fahrradtou-
         sondern im Stadtverkehr nur ca. 3 km/h bis          rismus bei den längeren Fahrtdistanzen; hier
         5 km/h schneller als auf dem herkömmlichen          hat sich die Gastronomie inzwischen auf den
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   21

                                                                 ablösen könnte. Mit den Mietakkus würde so
                                                                 der Pedelec-Kauf für größere Bevölkerungs-
                                                                 kreise bezahlbar.

                                                                 3      Fahren

                                                                 Wie häufig das Pedelec heute bundesweit
                                                                 und in den Regionen genutzt wird, weiß nie-
                                                                 mand. Bisher wurde das neue Verkehrsmittel
                                                                 Pedelec trotz Millionen verkaufter Fahrzeuge
                                                                 noch nicht als relevant genug gesehen für
                                                                 eine repräsentative Empirie. Aber für 2018
Abbildung 1:                                                     erwarten wir erstmals wirklich repräsenta-
Standardisierter Ladepfosten als Prototyp, hier für das Dä-      tive Nutzungsdaten aus der bundesweiten
nische und Schweizer EBikeSharing
                                                                 „MiD 2017“. Solange behelfen sich viele in
                                                                 der Pedelec-Forschung mit einem Puzzle aus
          Wunsch nach Laden (bzw. nach „Angstladen“              verschiedenen aus- und inländischen Quel-
          zur Sicherheit gegen leeren Akku) schon ein-           len, z. B. dem Umweltforschungsprojekt Pe-
          gestellt.                                              delection [3], mit Begleitforschung zu Praxi-
                                                                 serprobungen wie EBikePendeln in Berlin, mit
          Aber wird angesichts der kommenden Viel-               den Trends aus dem Fahrradmonitor 2013 bis
          falt von E-Kleinfahrzeugen eine öffentlich             2017 oder mit Sekundärauswertung des Städ-
          zugängliche Pedelec-Ladeinfrastruktur in Zu-           tevergleichs im ADFC-Fahrradklimatest 2016.
          kunft dennoch Standard? Das könnte mit der
          bald zu erwartenden internationalen elektro-           Mangels von Nutzungsdaten ist es auch
          technischen Standardisierung einhergehen               schwierig, in den besonders pedelecrele-
          (anstatt unterschiedliche Ladefächer für die           vanten Städten und Regionen (z. B. topogra-
          jeweiligen Pedelec-Hersteller vorhalten zu             phisch schwierig, aber mit technikaffiner
          müssen). Aktuelle Investitionen in die bishe-          Mobilitätskultur)   Radverkehrsinfrastruktur
          rigen Pedelec-Ladesäulen könnten dann eine             aufzubauen, entgegen dem Argument: „Bei
          Sackgasse darstellen.                                  uns fährt sowieso keiner mit dem Rad“. Mit
                                                                 dem Pedelec im Berufsverkehr geraten gera-
          Neue Ladeinfrastruktur wird wahrscheinlich             de im Mittelgebirge viele Landstraßen in den
          kombiniert sein mit elektronischer Diebstahl-          Fokus der Radnetzplanung, die man vorher für
          sicherung und standardisierter Infrastruktur           den Radverkehr ausgeblendet hatte. Pragma-
          fürs E-BikeSharing, um bei Betreiberwechsel            tische Lösungen wie Schutzstreifen außerorts
          in der jeweiligen Stadtregion nicht die ge-            werden damit dringlicher, um nicht erst nach
          samte bauliche Vermietungsinfrastruktur                Jahrzehnten des Radwegebaus Netzlücken
          auswechseln zu müssen.                                 schließen zu können.

          „Schließlich gibt es noch das Zukunftsbild             Im Stadtverkehr verstärkt das Pedelec den Be-
          eines umfassenden standardisierten Ak-                 darf nach fairer Straßenraumaufteilung und
          kutauschsystems, das den Besitz des teuren             kapazitätsorientierter Bemessung der Rad-
          persönlichen Akkus am persönlichen Pedelec             verkehrsanlagen am Knoten. Das gegenseitige
22    Vorträge

Abbildung 2:
Verkehrsversuch mit Schutzstreifen außerorts am Stadtrand von Köln

Überholen und der Einsatz von breiten Lasten-      sprechender Verkehrsanlagen. Das zeigt sich
rädern bzw. Fahrradanhängern werden mit            aktuell in der kontroversen Fahrgeschwindig-
der Elektrifizierung des Fahrrades zunehmen,       keitsdiskussion für Radschnellverbindungen
gerade in Situationen von Steigungsstrecken,       mit Fußgängern. Dabei könnten Pedelec &
wie eine Schweizer Studie zeigt [5].               Radschnellverbindung für die Verkehrswen-
                                                   de mittelfristig ein neues „Dream Team“ dar-
In der Schweiz nutzt man die „schnellen Pe-        stellen.
delecs“ anders als unter EU-weiter Regulie-
rung etwas häufiger, während sie in Deutsch-       Schließlich gibt es da noch die Unfallrisiken
land noch eher selten sind. Für kontroverse        durch Alleinunfälle. Das ist zum einen eine Fra-
Fachdiskussion sorgt das S-Pedelec oder Pe-        ge der „Verhaltensprävention“ (Fahrtraining
delec-45 (für E-Unterstützung bis 45 km/h),        bei Älteren gegen die Unfälle bei abruptem
weil hier die Grenze komplexer rechtlicher         Start, Abrutschen vom Pedal, fürs Gleichge-
Unterschiede zwischen dem Fahrrad mit              wicht beim Anhalten und Absteigen). Als „Ver-
seinen Vereinfachungsprivilegien und der           hältnisprävention“ in der Verantwortung der
Welt der Kfz, d. h. zwischen Pedelec-25 und        Radverkehrsplanung geht es um ausreichende
Pedelec-45 verläuft. Das S-Pedelec und das         Seitenmarkierungen (gegen das Abkommen
Elektromofa stehen für eine Reihe künftiger        vom Radweg), um Erhaltung der Qualität und
E-Kleinfahrzeuge im Graubereich zwischen           der Barrierefreiheit (keine Schlaglöcher, Bord-
Downsizing von Pkw einerseits und E-un-            steinkanten), um Vermeidung hakeliger Rad-
terstützten Fahrrädern, Lastenrädern und           wegführung über freie Rechtsabbieger (kein
E-Einkaufsdreirädern andererseits. Hier ist        Ausrutschen bei Glatteis, nassem Laub, Roll-
die Frage der akzeptablen Fahrgeschwindig-         splitt), schließlich um die Entfernung schlecht
keiten völlig offen, und damit die Frage ent-      erkennbarer Absperrpfosten, oder zumindest
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   23

der ausreichenden Markierung solcher Ein-          platzsatzungen mit ihren Richtwerttabellen
bauten auf dem Radweg.                             fürs Abstellen der Fahrräder.

                                                   In NRW reagierte das interkommunale „Zu-
4     Abstellen                                    kunftsnetz Mobilität“ mit Mustersatzung und
                                                   einem Leitfaden für das Parken von Pkw wie
Barrierefreier Zugang zu den (schweren) Pe-        Fahrrädern gleichermaßen auf die neue Bau-
delecs sowie Diebstahlsicherung an Quelle und      ordnung NRW. Sie wurde erarbeitet aus kom-
Ziel sind Voraussetzungen für eine Pedelec-Mo-     munaler Bauüberwachungs- und Planungsex-
bilitätskultur. Die Kellertreppe als sogenannter   pertise zusammen mit der kommunalen Fuß-/
„Reiseantrittswiderstand“ schränkt die Pe-         Rad-Arbeitsgemeinschaft AGFS [6].
delec-Nutzung nicht nur bei den Älteren ein.
                                                   In Hinblick auf die Pedelecs liegt der neue
So ist ein taugliches Flächenangebot zum si-       Fokus auf leichter Erreichbarkeit der Abstell-
cheren Abstellen eine große planerische Auf-       räume und auf ausreichendem Platzangebot,
gabe, die schon beim Baurecht beginnt.             auch für künftige Bedarfe in noch nicht so
                                                   fahrradfreundlichen Regionen mit geringer
Hindernis ist hier wiederum angesichts der         Fahrradnutzung, aber normal hohem Fahrrad-
langen Lebensdauer von Neubauten, dass             bestand. Gleichzeitig entwickelt sich in vielen
allgemein das Vorstellungsvermögen dafür           Quartieren das (E-)Lastenrad für jüngere Fami-
fehlt, wie künftig viel mehr Platz für Pedelecs,   lien zum Familienautoersatz, teilweise wegen
Lasten- und Einkaufsdreiräder benötigt wird.       des akuten Platzmangels als gemeinschaftliche
Das betrifft Landesbauordnungen und Stell-         Sharing-Lösung.

Abbildung 3:
Fahrradsammelgarage am Bahnhof Schwerte in NRW
24    Vorträge

Als Bike&Ride hat sich als pedelectaugliche         Lösungen bzw. Mobilitätsmanagement-Pro-
Infrastruktur neben den personenbesetzten           gramme. Dabei ist es für die Verkehrswende
Fahrradstationen auch die Sammelgarage              relevant, dass Umsteiger auf das Pedelec beim
etabliert, die für einen begrenzten Personen-       Berufspendeln (anders als beim Freizeitverkehr)
kreis meist per Mobilkarte den Zugang er-           meist das Auto stehenlassen und so einen Bei-
möglicht. Dies nimmt weit weniger Fläche in         trag zum kommunalen Klimaschutz leisten [3].
Anspruch als die traditionelle Einzel-Fahrrad-
box mit ihrer neueren Weiterentwicklung mit         Für das künftiges Zusammenwachsen von In-
Online-Reservierung.                                frastruktur und MaaS (Mobility as a Service)
                                                    steht der Hybrid von Schnellbus und EBikeSha-
                                                    ring. Erste Schritte, BikeSharing in die öffent-
5     Ausblick – mehr als nur                       liche Dienstleistung regionaler Busleistungen
      pedelectaugliche Infrastruktur                und damit in die ÖPNV-Finanzierungsmecha-
                                                    nismen und den Infrastrukturausbau zu inte-
In Zukunft werden Infrastrukturlösungen si-         grieren, werden ab Ende 2017 im Amsterdamer
cher meist eingebettet sein in organisatorische     Raum erprobt.

6     Literatur

[1]   FGSV-Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hrsg.). (2010): Empfeh-
      lungen für Radverkehrsanlagen ERA. Köln.

[2]   ISUP (Hrsg.) (2011): Auswirkungen aus der Nutzung von Pedelecs auf die Radverkehrs-
      planung und die dort geltenden Standards unter Einbeziehung der neuen ERA 2010, Gut-
      achten im Auftrag des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung des Landes
      Mecklenburg-Vorpommern, Dresden.

[3]   Lienhop, Martina/Kämper, Claudia et al. (2015): Pedelection. Verlagerungs- und Klimaef-
      fekte durch Pedelec-Nutzung im Individualverkehr. Endbericht. Brauschweig/Heidelberg.

[4]   Thiemann-Linden, Jörg (2015): Brauchen wir für Pedelecs eine andere Infrastruktur? In:
      Verkehrszeichen. Heft 3-2015, S. 9-13. Mülheim a.d. Ruhr.

[5]   Transitec Ingénieurs Conseils u. a. (2017): Vélos électriques – effets sur le système de trans-
      port. Elektrovelos- Auswirkungen auf das Verkehrssystem. SVI-Projekt 2014/003. Bern.

[6]   Zukunftsnetz Mobilität NRW, Landesgeschäftsstelle beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg
      GmbH (2017): Kommunale Stellplatzsatzungen. Leitfaden zur Musterstellplatzsatzung
      NRW. Köln.
Symposium „Elektrofahrräder - Herausforderungen und Trends"   25

                                                            2       Typenvielfalt
                                                                    bei Elektrofahrädern

                                                            Es gibt eine große Vielfalt in der Modellpalette
                                                            von Elektrofahrrädern. Sie unterscheiden sich
                                                            dabei nicht nur in ihrer Begrifflichkeit, sondern
                                                            auch in ihrer verkehrsrechtlichen Einordnung.
                                                            Das Pedelec (Kofferwort für Pedal Electric Cy-
                                                            cle) gilt als Fahrrad und das E-Bike als Kraft-
POK`in Andrea Barthels                                      fahrzeug. In Gesetzestexten finden sich diese
Fahrradstaffel Polizei Berlin                               Begriffe nicht [1]. Folgende Typeneinteilung
                                                            kann vorgenommen werden [2]:

          Erfahrungen der Berliner Polizei                  ƒ   Typ 1: Das Pedelec kann durch reine Muskel-
          mit Elektrofahrrädern                                 kraft angetrieben werden oder durch eine
                                                                Kombination aus Motor- und Muskelkraft.
                                                                Es gilt rechtlich als Fahrrad gemäß § 1 Abs. 3
          1     Einführung                                      StVG. Es bedarf keiner Zulassungs-, Versiche-
                                                                rungs- oder Fahrerlaubnispflichten.
          In einer Metropole wie Berlin gewinnt das
          Fahrrad als Fortbewegungsmittel immer             ƒ   Typ 2: Das Pedelec mit Anfahrhilfe ist wie
          mehr an Bedeutung. Die Gründe dafür können            Typ 1 zu sehen. Hier liegt der Unterschied le-
          beispielsweise in einer steten Ausweitung der         diglich in der Anfahrhilfe, bei der bis 6 km/h
          Parkraumbewirtschaftung und natürlich in              auf einen reinen Motorantrieb zurückgegrif-
          einem wachsenden Umweltbewusstsein in                 fen werden kann.
          der Bevölkerung zu finden sein. Aber auch das
          Bewusstsein für sich selbst, sprich aktiv mobil   ƒ   Typ 3: Das S-Pedelec, kann wie Typ 1 ange-
          zu sein und etwas für sich zu tun, wird immer         trieben werden. Hier liegt jedoch der Unter-
          häufiger als Argument genannt.                        schied in der höheren Motorleistung und der
                                                                höheren Motorunterstützung beim Pedalie-
          Im Juli 2014 startete die Fahrradstaffel Berlin       ren. Es gilt rechtlich nicht mehr als Fahrrad,
          in einem Probelauf. Das primäre Ziel ist die          sondern als Kraftfahrzeug (Leichtkraftrad).
          Verbesserung des verkehrssicheren Umgangs             Das S-Pedelec braucht eine Betriebserlaub-
          zwischen Fußgängern, Fahrradfahrern und               nis, ist versicherungspflichtig und es muss ein
          Autofahrern. Ihre Hauptaufgabe ist es, auf            geeigneter Helm getragen werden.
          das Fehlverhalten von und gegenüber Radfah-
          rern Einfluss zu nehmen.                          ƒ   Typ 4: Das E-Bike wird rechtlich als Kraftfahr-
                                                                zeug (Kleinkraftrad) betrachtet. Auch hier
          Neue Trends und Entwicklungen rund um das             sind die Unterschiede in der höheren Motor-
          Fahrrad können besonders die Mitarbeiter der          leistung und der höheren Motorunterstüt-
          Fahrradstaffel wahrnehmen. Es könnte das              zung zu Typ 1 zu sehen. Hinzu kommt hier,
          Motto „Mittendrin statt nur dabei“ lauten.            dass ein reiner Motorantrieb ohne Pedalieren
          Mit an den Start gingen auch zwei Pedelecs            möglich ist. Wobei die zu erreichende Ge-
          zu Testzwecken.                                       schwindigkeit über 6 km/h liegt. Das E-Bike
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