CDS - Spreads und Rating - JKU ePUB
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CDS – Spreads und Rating Eine Analyse des deutschsprachigen Finanzsektors Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Mag. rer. soc. oec. im Diplomstudium der Wirtschaftswissenschaften Angefertigt am Institut für betriebliche Finanzwirtschaft, Abteilung für Corporate Finance Eingereicht von: Sandra Kofler Betreuer: o. Univ. Prof. Mag. Dr. Helmut Pernsteiner Mitbetreuerin: Assist.-Prof. Mag. Dr. Eva Wagner Linz, April 2015
I Eidesstaatliche Erklärung Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, April 2015
II I. Vorwort Die vorliegende Diplomarbeit entstand im Rahmen meines Studiums der Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz. Als Studentin liegt eine meiner Spezialisierungen in der Betrieblichen Finanzwirtschaft. An diesem Institut wurde mir erfreulicherweise auch dieses Thema zugesprochen. Insbesondere aufgrund der hohen Bedeutung und Aktualität ist es sehr spannend, sich mit dieser Thematik auseinandersetzen zu dürfen. Ein großes Dankeschön gilt Herrn o. Univ. Prof. Mag. Dr. Helmut Pernsteiner und Frau Assist.-Prof. Mag. Dr. Eva Wagner für die wissenschaftliche Betreuung dieser Diplomarbeit. Ihre Anmerkungen und Hilfestellungen im Rahmen des Diplomandenseminars waren äußerst hilfreich. Vor allem aufgrund der konstruktiven, persönlichen Gespräche konnte die Arbeit letztlich in dieser Form entstehen. Mein größter Dank gebührt meinem Freund Hansi. Er schenkt mir unglaubliches Verständnis, gibt mir Kraft und Rückhalt. Danke für die hilfreichen und motivierenden Diskussionen, die wertvollen Anregungen sowie die Unterstützung bei der Datenbeschaffung. Schließlich möchte ich mich bei meinem Neffen Niklas besonders bedanken, dessen Lachen mich immer wieder daran erinnert, wie stark die Sonne auch bei Regenfall scheint.
III II. Inhaltsverzeichnis I. Vorwort ............................................................................................................................. II II. Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................ III III. Abbildungsverzeichnis ................................................................................................... IV IV. Tabellenverzeichnis ........................................................................................................ IV V. Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................... V 1 Einführung ........................................................................................................................ 1 1.1 Motivation und Ziel der Arbeit ..................................................................................... 1 1.2 Aufbau der Arbeit ........................................................................................................ 2 2 Der Credit Default Swap (CDS) ....................................................................................... 4 2.1 Struktur und Eigenschaften ......................................................................................... 4 2.2 Elemente der Vertragsgestaltung................................................................................ 7 2.2.1 Das Kreditereignis ................................................................................................ 9 2.2.2 Die Ausgleichszahlung ....................................................................................... 11 2.2.3 Der CDS-Spread ................................................................................................. 13 2.3 Historische Entwicklung ............................................................................................ 21 2.4 Der CDS-Markt .......................................................................................................... 23 2.4.1 Größe und Relevanz ........................................................................................... 23 2.4.2 Reform des CDS-Marktes .................................................................................. 28 2.4.3 Die Marktteilnehmer .......................................................................................... 30 2.4.4 Einsatzmöglichkeiten .......................................................................................... 33 2.5 Zusammenfassung CDS............................................................................................ 37 3 Das Rating ....................................................................................................................... 38 3.1 Rating als Emissionsvoraussetzung .......................................................................... 38 3.2 Definition und Grundlagen......................................................................................... 39 3.3 Globalisierung des Ratings ........................................................................................ 44 3.4 Kritik an Ratingagenturen .......................................................................................... 47 3.5 Informationswert von Credit Ratings ........................................................................ 50 3.5.1 Statischer Informationswert ............................................................................... 50 3.5.2 Dynamischer Informationswert .......................................................................... 51 3.5.3 Informationswert und Informationseffizienz von Ratings ................................... 51 3.6 Zusammenfassung Rating......................................................................................... 53 4 CDS-Spreads und Rating ............................................................................................... 54 5 Empirie ............................................................................................................................ 61 5.1 Einführung und Zielsetzung ....................................................................................... 61 5.2 Datengrundlage ......................................................................................................... 62 5.3 Konzeption und Methode .......................................................................................... 64 5.4 Ergebnisse................................................................................................................. 65 5.4.1 Zusammenhang zwischen CDS-Spreads und Rating ......................................... 65 5.4.2 Zusammenhang zwischen CDS- und Aktienmarkt ............................................. 72 6 Schlussbetrachtung und Ausblick ................................................................................ 77 VI. Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 81 VII. Anhang ............................................................................................................................ 87
IV III. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Struktur eines Credit Default Swap ............................................................................. 5 Abb. 2: Die Entwicklung des CDS von 2004 bis 2013............................................................ 24 Abb. 3: Zwei bilaterale Kontrakte ohne Netting-Vereinbarung ............................................... 25 Abb. 4: Vier Parteien mit bilateralen Verträgen und Netting-Vereinbarungen ........................ 26 Abb. 5: Zwei mögliche Umsetzungsvarianten bei Trade Compression .................................. 27 Abb. 6: Funktion einer Zentralen Clearingstelle...................................................................... 28 Abb. 7: Top 10 Finanzreferenzschuldner weltweit ................................................................. 32 Abb. 8: Top 10 europäische Finanzreferenzschuldner............................................................ 33 Abb. 9: Motive für den Einsatz von CDS ................................................................................ 37 Abb. 10: Single-name CDS je Credit Rating von 2005 bis 2013 ............................................. 39 Abb. 11: Korrelation der täglichen CDS-Spreads und dem mittleren Rating .......................... 65 Abb. 12: Korrelation der täglichen CDS-Spreads und dem Rating je Agentur ........................ 66 Abb. 13: CDS-Spread- und Aktienkurszeitreihen und die Ratinghistorie der UBS .................. 70 Abb. 14: CDS-Spread- und Aktienkurszeitreihen und die Ratinghistorie der Erste Bank ............................................................................ 72 Abb. 15: Korrelation von täglichen Aktienkurse und CDS-Spreads ........................................ 73 Abb. 16: CDS-Spread- und Aktienkurszeitreihen und die Ratinghistorie der Hannover Rück ..................................................................... 74 Abb. 17: CDS-Spread- und Aktienkurszeitreihen und die Ratinghistorie der Credit Suisse ........................................................................ 75 IV. Tabellenverzeichnis Tab. 1: Absicherung eines Credit Default Swap ..................................................................... 17 Tab. 2: Bedeutung und Rangfolge der Ratingsymbole der Big Three .................................... 42 Tab. 3: Kumulative Ausfallraten von S&P in Prozent von 1981-2013 ..................................... 55 Tab. 4: Kumulative Ausfallraten je Sektorzugehörigkeit in Prozent ........................................ 56 Tab. 5: Zusammenfassender Überblick der empirischen Studien .......................................... 60 Tab. 6: Übersicht der Finanzinstitute für die empirische Analyse .......................................... 63 Tab. 7: Regionen- und Branchen-Korrelationsergebnisse auf Basis unterschiedlicher Beobachtungsintervalle .............................................................................................. 68 Tab. 8: Gegenüberstellung CDS-Spreads und annualisierte Aktienvolatilität ......................... 76 Tab. 9: Korrelation der Zeitreihen Aktienrendite/CDS-Spread-Veränderung und Aktienkurse/CDS-Spread für den Untersuchungszeitraum 01.10.2004-31.10.2014... 77 Tab. 10: Aufschlüsselung des Ratings der untersuchten Unternehmen ................................ 87 Tab. 11: Aufschlüsselung der CDS-Daten; Börsennotierung und Zusatzinformationen ......... 88 Tab. 12: Aggregierte Ratings der Ratingagenturen ................................................................ 89
V V. Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung BCBS Basel Committee on Banking Supervision BIS Bank for International Settlements BIZ Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BP Basispunkte bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise BYLAN Bayerische Landesbank Girozentrale CCP Central Counterparty, zentrale Gegenpartei CH Schweiz CHF Schweizer Franken CRARA Credit Rating Agency Reform Act CDO Collateralized Debt Obligation CLO Collateralized Loan Obligation CDS Credit Default Swap D Deutschland DB Deutsche Bank DC Determination Committees d.h. das heißt ECAI External Credit Assessment Institution EMEA Europa, Mittlerer Osten und Afrika EMIR European Market Infrastructure Regulation ESMA Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde EU Europäische Union EUR Euro f. folgende ff. fortfolgende FRN Floating Rate Note FSF Financial Stability Forum HANRUE Hannover Rück HESLAN Landesbank Hessen-Thüringen i.A.a. in Anlehnung an
VI i.H.v. in Höhe von IMM International Monetary Market IOSCO International Organization of Securities Commissions ISDA International Swaps and Derivatives Association IWF Internationale Währungsfonds Kap. Kapitel m.E. meines Erachtens Mio. Millionen Mrd. Milliarden MUNRE Münchner Rück MW Mittelwert NDB Norddeutsche Landesbank Girozentrale NRSRO Nationally Recognised Statistical Rating Organization o.S. ohne Seite o.V. ohne Verfasser OTC Over the Counter Ö Österreich RBI Raiffeisen Bank International RZB Raiffeisen Zentralbank SCDS Sovereign Credit Default Swap SEC Securities and Exchange Commission S&P Standard & Poor’s Tab. Tabelle TR Transaktionsregister u.a. unter anderem USD United States Dollar Vgl. Vergleiche
1 1 Einführung 1.1 MOTIVATION UND ZIEL DER ARBEIT Die Entwicklung neuartiger derivativer Finanzinstrumente zum Transfer von Kreditrisiken durch US-amerikanische Banken löste Mitte der 1990er Jahre bis dahin bekannte 1 Instrumente wie Kreditverkäufe und Kreditverbriefungen ab. Im Zuge des Bedeutungsgewinnes von Kreditderivaten innerhalb der letzten 10 bis 15 Jahre entwickelten sich Kreditrisiken zu formbaren Handelsinstrumenten, welche neben dem zielgerichteten und bedarfsorientierten Einsatz den Vorteil der Loslösung von primären Kreditbeziehungen tragen.2 Insbesondere der Credit Default Swap (CDS), weil er die substanziellste Form der Kreditderivate darstellt, sei in diesem Zusammenhang besonders hervorgestrichen. Er ist auch Mittelpunkt dieser Arbeit. Das in den Folgejahren eingesetzte rasante Wachstum des CDS-Marktes führte zudem zu signifikanten Änderungen in der Schuldner-Gläubiger Beziehung. 3 Vor allem seitens der Banken und Versicherungsinstitute wurden CDS Teil eines flexibleren Geschäftsmodells. So fanden CDS nicht nur wegen ihrer originären Möglichkeit des simplen Kreditrisikotransfers Einzug, sondern wurden im Zeitverlauf verstärkt zu Handelszwecken verwendet. Doch die vermehrte Verwendung deckte auch bis dahin verborgene Probleme des CDS-Geschäftes auf und lies die Kritik an der Intransparenz und der fehlenden Standardisierung auf einem kaum regulierten Markt lauter werden. Das im Zuge der Finanzmarktkrise 2007/08 erhöhte Risikobewusstsein kann als Auslöser für die sowohl auf politischer als auch regulatorischer Ebene initiierten Reformbestrebungen betrachtet werden. Die Angst vor immanenten Systemrisiken wurde angesichts der starken Vernetzung der Marktteilnehmer durch das in den Jahren rasant angestiegene CDS-Bruttonominalvolumen und den damit assoziierten Gegenparteirisiken verstärkt. Die staatliche Rettung des US-Versicherers AIG (American International Group) und der Zusammenbruch von Lehman Brothers sind nur zwei bekannte Beispiele, welche die Markteffizienz in Frage stellten und die Debatten um eine Regulierung und Neuordnung der CDS-Märkte verschärften. Insbesondere die Einführung einer zentralen Clearingstelle wurde als Lösung zur Förderung der Transparenz und des Abbaus des Kontrahentenrisikos verfolgt.4 Die Übertragung des Kreditrisikos an einen Dritten mittels CDS ist aber auch mit Kosten für den Risikoverkäufer verbunden. Diese Kosten entsprechen einer periodisch zu leistenden 1 Vgl. Hartmann-Wendels, 2008, 297 ff. 2 Vgl. Norden, 2004, 2, 193. 3 Vgl. Bolton/Oehmke, 2010, 1. 4 Vgl. Droste, 2009, 2; Weistroffer, 2010, 3.
2 Prämie, dem sogenannten CDS-Spread. Er entspricht der Markteinschätzung bezüglich der Ausfallwahrscheinlichkeit des Referenzschuldners. An dieser Stelle wird an das Rating geknüpft. Denn während der CDS-Spread den Marktpreis für das Kreditrisiko abbildet, spiegelt das Rating die Bonitätsbeurteilung der Ratingagentur zur einfacheren Kommunikation in Form einer Buchstaben-Ziffern-Kombination wider. Diese Benotung von Unternehmen durch Ratingagenturen kann ebenso wie die Höhe des Spreads als Wahrscheinlichkeit der Unternehmensinsolvenz interpretiert werden. Ratings genießen trotz anhaltender Kritik am intransparenten Ratingprozess, der Vormachtstellung der drei größten Agenturen und der mangelnden Aktualität und Objektivität großes allgemeines Ansehen. Dennoch wird dessen Informationswert aufgrund des Zeitverzugs und der bereits vorhandenen Markteinschätzungen durch CDS-Spreads häufig in Frage gestellt. Ob aber trotzdem ein positiver Zusammenhang zwischen CDS-Spread und Rating besteht, wird vielfach in Literatur und Praxis untersucht. Das ist auch primäres Ziel der empirischen Untersuchung vorliegender Diplomarbeit. Mit Fokus auf den deutschsprachigen Finanzsektor, dem Bank- und Versicherungsinstitute der Schweiz, Deutschland und Österreich zugeordnet werden, schließen sich vorliegende Untersuchungsergebnisse an bisherige theoretische und empirische Ausführungen bezüglich eines positiven Zusammenhangs von CDS-Spreads und Rating an. Weil das steile Wachstum des Marktes bis 2007 ebenso wie die Finanzkrise 2007/08 und ihre Nachwirkungen analysiert werden, ergibt sich ein umfangreiches Bild. Auch das Ziel einen Vergleich zwischen CDS- und Aktienmarkt herzustellen, bietet weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Effizienz des Marktes für Kreditausfallversicherungen. 1.2 AUFBAU DER ARBEIT Nach einer Einführung beschäftigt sich Kapitel 2 mit der grundlegenden Definition des Begriffes Credit Default Swap. Es werden wesentliche Strukturmerkmale und Charakteristika des Instruments herausgearbeitet und die zentralen Elemente der Vertragsgestaltung diskutiert. Daran anschließend wird die historische Entwicklung näher beleuchtet und auf den CDS-Markt hinsichtlich Größe und Marktteilnehmer, Reformbestrebungen und Einsatzmöglichkeiten des CDS eingegangen. Kapitel 3 widmet sich dem Rating und seiner Rolle als Emissionsvoraussetzung. Nachdem die Definition des Begriffes erfolgte und Eigenschaften des Ratings skizziert wurden, werden Entwicklungsschritte des Ratings besprochen und Kritik an den Ratingagenturen geübt. Die Erläuterung des Informationswertes von Credit Ratings dient als Grundlage für das nächste Kapitel.
3 In Kapitel 4 wird der in der Arbeit im Zentrum stehende Zusammenhang von CDS- Spreads und Rating behandelt. Es werden eingangs theoretische Annahmen formuliert und eine Reihe empirischer Studien zu diesem Thema vorgestellt. In Kapitel 5 erfolgt die empirische Analyse des Zusammenhangs von CDS-Spreads und Rating. In der Erhebung werden sechzehn deutschsprachige Unternehmen des Finanzsektors für den Zeitraum 04.09.2001 – 31.10.2014 untersucht. Ergänzend wird der Zusammenhang des CDS- und Aktienmarktes analysiert. Kapitel 6 fasst schließlich die wesentlichen Ergebnisse der theoretischen und empirischen Arbeit zusammen. Zu Gunsten einer einfacheren Lesbarkeit und Verständlichkeit wurde in dieser Diplomarbeit auf geschlechterspezifische Formulierungen verzichtet. Die jeweiligen inhaltlichen Aussagen beziehen sich aber gleichermaßen auf Frauen und Männer.
4 2 Der Credit Default Swap (CDS) 2.1 STRUKTUR UND EIGENSCHAFTEN Der Credit Default Swap ist das am meisten gehandelte Kreditderivat5 am Markt und verkörpert die einfachste und quantitativ bedeutendste Form.6 Ein Credit Default Swap bezeichnet einen Over-the-Counter-Kontrakt zwischen zwei Vertragspartnern, dem Sicherungsnehmer (Protection Buyer, Risikoverkäufer) und dem 7 Sicherungsgeber (Protection Seller, Risikokäufer). Dabei verpflichtet sich der Sicherungsgeber während der Kontraktlaufzeit eine Ausgleichszahlung (Credit Event Payment) an den Sicherungsnehmer zu entrichten, für den Fall des Eintritts eines vorab vereinbarten Kreditereignisses (Credit Event) auf Seiten des Schuldners des Referenzaktivums (Underlying).8 Ein Credit Default Swap kann somit, vereinfacht dargestellt, als eine Versicherung verstanden werden, bei der der Käufer des CDS die Möglichkeit hat, das reine Ausfallrisiko komplett an den Versicherer (Verkäufer von Protection) abzutreten, nicht jedoch die Forderung an sich.9 Der Preis für diese Versicherungsleistung ist in Form einer periodisch zu leistenden Prämie fällig.10 Der Sicherungsnehmer ist somit in Abhängigkeit von der Laufzeit zu einer regelmäßigen Zahlung einer Risikoprämie, dem sogenannten CDS-Spread, an den Sicherungsgeber verpflichtet.11 Nachfolgende Abbildung veranschaulicht vereinfacht die Beziehung zwischen den an einem CDS involvierten Parteien. 5 Kreditderivate sind derivative Finanzinstrumente, die es erlauben, Kreditrisiken separiert von den anderen, mit der zugrunde liegenden Kreditposition verbundenen Risiken, handelbar zu machen. Charakteristisch ist die Abhängigkeit ihres Wertes von der Wertentwicklung eines Referenzaktivums. Vgl. Becker/Peppmeier, 2011, 343; Rudolph et al., 2012, 65. 6 Vgl. Deutsche Bundesbank, 2004, 44; Wagner, 2008, 21. 7 Vgl. Schiemert, 2011, 7. 8 Vgl. Rudolph et al., 2012, 74. 9 Vgl. Lüdemann, 2010. 10 Vor der Einführung eines standardisierten Fix-Kupons 2009, gab es auch die Möglichkeit zur Leistung einer einmaligen Prämie. Erfolgte die Prämienzahlung eines Credit Default Swap nicht periodisch, sondern einmalig, verlor das Kreditderivat ihren typischen Charakter als Swap und wurde somit in der Literatur vermehrt auch Credit Default Option genannt. Vgl. Kern, 2003, 10; Cremers/Walzner, 2007, 20; Steiner/Bruns/Stöckl, 2012, 582. Aufgrund des grundsätzlichen Merkmals eines Swap als unbedingtes Termingeschäft mit einem symmetrischen Risikoprofil, welches vordefinierte, gegenseitige, periodische Zahlungen voraussetzt, erscheint die Bezeichnung des CDS als Option – unabhängig der zeitlichen Festlegung bzgl. der Prämienzahlung – durchaus legitim, da es sich beim CDS vielmehr um ein asymmetrisches Risiko- und Zahlungsprofil mit optionalem Charakter handelt. Vgl. Hanker, 2000, 73; Kern, 2003, 10. Trotz Optionscharakter weist der Credit Default Swap letztlich vorwiegend Parallelen zu einem Versicherungsprodukt auf und kann am ehesten als Ausfallversicherung beschrieben werden. Vgl. Wagner, 2008, 25. 11 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2013, 35.
5 Prämie keine Ausgleichszahlung Sicherungsgeber kein Credit Event Sicherungsnehmer Credit Event Ausgleichszahlung abzusichernde Kreditbeziehung Referenzschuldner Abb. 1: Struktur eines Credit Default Swap12 Im Gegensatz zur Vergabe von Krediten setzt die bloße Übertragung des 13 unsystematischen, adressenspezifischen Ausfallrisikos bei CDS-Geschäften kein Einverständnis seitens des Schuldners voraus, da der abzusichernde Schuldtitel selbst beim Sicherungsnehmer verbleibt. Die Transferierung des Ausfallrisikos kann als losgelöst von einer ursprünglichen vertraglichen Kreditbeziehung zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Referenzschuldner betrachtet werden. 14 Dennoch beeinflusst es im Falle einer finanziellen Notlage die Schuldner-Gläubiger Beziehung, da es teilweise oder vollständig die Kontrollrechte des Sicherungsnehmers von seinen Cashflow-Rechten separiert. 15 In der Regel handelt es sich bei dem Referenzschuldner, dessen Ausfallrisiko abgesichert werden soll, um ein Nichtfinanzunternehmen, eine Bank oder einen Staat.16 Klares Abgrenzungsmerkmal zum Versicherungsvertrag ist, dass CDS täglich gehandelt werden und der Spread das Ausfallrisiko des Referenzschuldners gegenwartsnah abbildet.17 CDS werden für Anleihen, Bankkredite und Kreditportfolios18 als Referenzaktiva entworfen und öffentlich begeben.19 Für den Abschluss eines CDS ist allerdings die Existenz eines Grundgeschäfts vollkommen irrelevant. 20 In diesem Zusammenhang wird oftmals der Ausdruck naked CDS bzw. ungedeckter CDS verwendet. Naked CDS bezeichnet den Kauf eines Kreditausfallsschutzes ohne dass der Käufer dem zugrundeliegenden Kreditrisiko ausgesetzt ist bzw. ohne dass er das Referenzaktivum besitzt. Er versucht, aus 12 I.A.a. Steiner/Bruns/Stöckl, 2012, 581; Rudolph et al., 2012, 75. 13 Vgl. Becker/Peppmeier, 2011, 346. 14 Vgl. Burghof/Henke, 2005, 43; Cremers/Walzner, 2007, 20. 15 Tatsächlich gibt es Befürchtungen, dass diese Trennung Anreize schafft, dass der Sicherungsnehmer eines CDS bzw. der Kreditgeber den Referenzschuldner in die Insolvenz drängt. Vgl. Bolton/Oehmke, 2010, 1 ff. Für eine nähere Ausführung siehe Kap. 2.4.4 und 4. 16 Vgl. Avdjiev/Wooldridge, 2014, 12. 17 Vgl. Wagner, 2008, 25. 18 Vorausgesetzt es liegt ein Portfolio aus Krediten als Referenzaktivum vor, wird der CDS in seiner speziellen Ausprägung als Basket Credit Default Swap bezeichnet. Vgl. Cremers/Walzner, 2007, 21. 19 Vgl. Rudolph et al., 2012, 74. 20 Vgl. Wagner, 2008, 22.
6 Bewertungsunterschieden zwischen CDS und Anleihe Gewinne zu schlagen, oder spekuliert auf eine Verschlechterung des Ausfallrisikos des Referenzschuldners.21 Vielfach wird mit einem CDS auf den sogenannten Single-name CDS verwiesen. Dieser stellt die am häufigsten gehandelte Form des CDS dar und meint, dass ein potenzielles Credit Event – im Gegensatz zu Multi-Name CDS22 – ausschließlich von einem einzigen Referenzaktivum abhängig ist.23 Die Absicherungsqualität eines CDS wird schließlich durch das Kontrahentenrisiko des Sicherungsgebers und seine Korrelation mit dem Referenzschuldner beeinflusst. 24 Der Sicherungsnehmer kann das Risiko des Ausfalles des Referenzschuldners nicht eliminieren, tauscht jedoch mit dem Kauf der Kreditausfallsabsicherung das vergleichsweise größere Kreditrisiko aus der Forderung gegen das entsprechend kleinere Risiko, dass Schuldner und 25 Sicherungsgeber ausfallen. Mittels eines CDS wird somit nicht nur die Ausfallwahrscheinlichkeit des Schuldners des Referenzaktivums sondern auch die des Sicherungsgebers übernommen (Double Default Risk).26 Der Sicherungsgeber ist mit dem Kontrahentenrisiko des Sicherungsnehmers in Höhe der noch ausstehenden Zahlungen konfrontiert.27 21 Vgl. Weistroffer, 2010, 18. Eine genauere Ausführung bzgl. der Motive für den Einsatz von CDS wird in Kap. 2.4.4 gefunden. 22 Dementsprechend bezieht sich der Cash-Flow eines Multi-Name Kontraktes mindestens auf zwei Referenzeinheiten. Überdies ist es durchaus denkbar, statt der Bündelung mehrerer Single-name Kontrakte zu einer Referenzeinheit, CDS-Indizes, wie beispielsweise den iTraxx zu verwenden. Vgl. Meine, 2011, 11 f. Es wird von einem Index CDS gesprochen, welcher auf einen Index von bis zu 125 einzelnen Referenzschuldnern zurückgreift. Für den Fall, dass ein Unternehmen des Indizes ausfällt, erhält der Sicherungskäufer eine Ausgleichszahlung. Es ergibt sich ein − um den ausgefallenen Schuldner − reduzierter Nominalwert. Der Vollständigkeit halber wird hier ebenso der tranchierte Index CDS (Collateralised Debt Obligation, CDO) angeführt. Dabei handelt es sich um synthetische, forderungsbesicherte Schuldverschreibungen basierend auf einem CDS- Index. Bei einer CDO-Emission wird das Kreditrisiko eines Pools von Vermögenswerten an Investoren verkauft. Die im Gegenzug erhaltenen Forderungen werden einer Rangfolge zugeordnet. Dadurch entstehen unterschiedliche Tranchen von Schuldverschreibungen: eine oder mehrere Investment Grade-Tranchen und eine, mit dem höchsten Risiko ausgestattete Eigenkapitaltranche (First-Loss-Position). Vgl. Amato/Gyntelberg, 2005, 85 f; Weistroffer, 2010, 7. 23 Vgl. Meine, 2011, 11 24 Vgl. Norden, 2004, 21. Während mit einem CDS-Geschäft die eine Vertragspartei ihre Kreditrisiken absichern kann, wird der Gegenpartei ein einfacher Zugang zum Kreditgeschäft ermöglicht. Durch die Beteiligung mindestens zweier Parteien birgt ein CDS-Geschäft neben dem Kreditrisiko auch das Gegenparteirisiko. Dabei handelt es sich um das Risiko, dass einer der beiden Vertragspartner mit der Zahlungsunfähigkeit konfrontiert wird. Der mögliche Umstand des Ausfalls einer Partei resultiert aber nicht zwangsläufig in einen Verlust für die übrige Vertragsseite, da diese seinen Gegenüber ersetzten kann. Grundsätzlich wird der Verlust bei Ausfall einer Gegenpartei (und Solvenz des Referenzschuldners) mit den Kosten der Wiederbeschaffung gleichgesetzt. Somit kann der Verlust je nach Wiederbeschaffungswert erheblich variieren. Lediglich für den Fall, dass sowohl Sicherungsgeber als auch Referenzschuldner zeitgleich ausfallen, ist der Sicherungsnehmer gezwungen einen dementsprechend hohen Verlust einzustecken, welcher hingegen wiederum um eventuell verwertbare Sicherheiten gemindert wird. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist der Preis (Marktwert) eines CDS nahe Null. Die Summe der CDS-Prämien kommen dem Barwert des erwarteten Verlustes gleich. Wenn sich nun das zugrundeliegende Kreditrisiko während der Laufzeit ändert, bewirkt dies eine Anpassung des Marktwertes, wovon die Vertragspartner gegensätzlich betroffen sind. Trotz der prinzipiell unterschiedlichen Bedeutung besteht zwischen Kredit- und Gegenparteirisiko eine Wechselwirkung. Folgendes Szenario erläutert die gegenseitige Abhängigkeit. Eine Senkung der Bonität des Referenzschuldners hat asymmetrischen Einfluss auf beide Vertragsparteien. Denn einerseits steigt der Marktwert für den Sicherungsnehmer, während auf der anderen Seite der Marktwert für den Sicherungsgeber gleichermaßen sinkt. Dies hat zur Folge, dass der potentielle Verlust (Wiederbeschaffungskosten) für den Sicherungsnehmer zunimmt, und sich unterdessen das Ausfallrisiko des Sicherungsgebers aufgrund verschlechterter Kreditrisiken erhöht. Vgl. Weistroffer, 2010, 11 f. 25 Vgl. Cremers/Walzner, 2007, 20. 26 Vgl. Hauser, 2013, 48. 27 Vgl. Becker/Wolf, 2005, 447.
7 Der Risikokauf durch den Sicherungsgeber mittels CDS ist mit einer fremdfinanzierten long Position in eine variabel verzinsliche Schuldverschreibung (floating rate note, FRN) des Referenzaktivums gleichzusetzen. Ebenso wie FRN bilden auch CDS-Preise Veränderungen im Kreditrisiko ab. Insofern wird angenommen, dass bei Vernachlässigung des Kontrahentenrisikos und anderen Marktreibungen, die CDS Prämie mit der Aktienrendite vergleichbar ist und die periodisch zu leistenden Zahlungen an den Sicherungsnehmer den asset swap spreads entsprechen.28 Vorteil eines CDS ist unter anderem die Möglichkeit, sich unabhängig voneinander gegen Zins- und Kreditrisiken abzusichern. Hinzu kommt, dass, anders als bei Kreditverbriefungen, der Sicherungsgeber zu keiner Vorfinanzierung der Risiken verpflichtet ist. Des Weiteren gestatten CDS dem Kreditgeber, das Risikoprofil seines Portfolios anzupassen, ohne die Kundenbeziehung aufheben zu müssen.29 2.2 ELEMENTE DER VERTRAGSGESTALTUNG CDS sind Teil des OTC-Marktes und werden nicht an einer organisierten Börse gehandelt. Einen Leitfaden für rechtliche und inhaltliche Einzelheiten der CDS- Vertragsabwicklung bietet die International Swaps and Derivatives Association (ISDA).30 Seit 1998 existieren für den Credit Default Swap Standards der ISDA, deren vorgefertigter Konditionen sich Vertragspartner in der Praxis häufig bedienen, um rechtliche und dokumentarische Unsicherheiten bei der internationalen Abwicklung von CDS Kontrakten zu minimieren und die Durchsetzbarkeit von Forderungen zu erleichtern.31 Die genormten Kontraktspezifikationen der ISDA sind im generellen Rahmenvertrag (Master Agreement) vorformuliert und können um einen individualisierten Anhang (Schedule) ergänzt werden. Den Definitionen liegt wiederum ein Muster zur schriftlichen Bestätigung (Confirmation) der Einzeltransaktionen bei.32 Einmal von den Vertragspartnern unterzeichnet, dient das ISDA Master Agreement als Vertrag, unter dem alle zukünftigen OTC-Geschäfte hervorgehen.33 28 Vgl. International Organization of Securities Commissions, 2012, 3. 29 Vgl. Weistroffer, 2010, 5. 30 Vgl. Augustin et al., 2014, 8. 31 Vgl. Neske, 2005, 56; Wagner, 2008, 25. Im Zuge der Standardisierung der Dokumentation wurde ein erstaunlicher Anstieg des Einsatzes vor allem dieser Kreditderivate erreicht. Demnach bedienen sich mehr als 90% aller Marktteilnehmer bei Vertragsabschluss diesem ISDA-Rahmenvertrag und der ISDA Credit Derivates Definitions. Vgl. Bomfim, 2005, 26. Gleichzeitig bedeutet die Standardisierung eine Reduzierung des der Vorbereitung nötigen Aufwandes und die Ersparnis von Verhandlungskosten. Vgl. Bomfim, 2005, 26; Neske, 2005, 57. 32 Vgl. Bomfim, 2005, 26; Hauser, 2013, 68 f. 33 Vgl. Mengle, 2007, 8.
8 Bereits 1999 und 2003 wurden überarbeitete Versionen der Standarddokumentation veröffentlicht, um der Vertragsgestaltung mehr Transparenz einzuräumen.34 Als 2009 die Finanzkrise zu einem Big Bang in Nordamerika und daraufhin zu einem Small Bang in Europa für CDS führte, mündeten diese Ereignisse im selben Jahr sowohl in Vertragsergänzungen 35 der ISDA-Regelungen als auch in neuen Handelskonventionen. Im Zentrum der Anpassungen stand die Einführung des zentralen Clearings durch Zentrale Gegenparteien (Central Counterparty, CCP). Marktweite Reformen sollten diese Standardisierung vorantreiben: die Einführung der Credit Derivatives Determination Committees (DC), die Festlegung des Auktionsverfahrens bei Eintritt eines Credit Event (hardwiring of auction), der Entfall des Restructuring als Credit Event für nordamerikanische Kontrakte, die Neubestimmung bezüglich der Kreditrisikoübertragung vom Sicherungsnehmer auf den Sicherungsgeber (rolling event effective date), die Ablösung der Par Spreads durch fixe Prämien und Upfront-Zahlungen (fixed cupons) und die Neubehandlung der ersten Kuponzahlung (standardisation of accruals).36 Die ISDA implementierte 2009 regionale DC, welche als Entscheidungsgremien in Amerika, Asien, Australien/Neuseeland, EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) und Japan eingesetzt werden, um die Erhöhung der Rechtssicherheit und die Abwicklungsgeschwindigkeit unter anderem bei Vertragsabwicklungen, CDS Auktionen und Kredit- oder Nachfolgeereignissen voranzutreiben.37 Die im Oktober 2014 in Kraft getretenen, überarbeiteten, allgemeinen Begriffserläuterungen (2014 ISDA Credit Derviates Definitions) lösten die bis dahin gültigen 2003 ISDA Credit Derivates Definitions ab. Neben der Ergänzung völlig neuer Regelungen wurden überdies Teile bisheriger Bestimmungen modifiziert und an historisch bedingte Gegebenheiten angepasst. Die grundlegend überarbeitete Version von 2014 für CDS Verträge stärkt den Versicherungscharakter des Instruments und ist eine Antwort auf die in den letzten Jahren – insbesondere in Verbindung mit der Finanzkrise und daraus resultierenden Regulierungsanforderungen – aufgetretenen Herausforderungen am CDS- Markt.38 Der Standardkontrakt für Credit Default Swaps beinhaltet eine Auflistung aller Rechte und Pflichten der Parteien und diskutiert wesentliche Bestandteile des CDS wie den Nominalbetrag, die Laufzeit, den Referenzschuldner bzw. Referenzwert, den Starttag und 34 Vgl. Neske, 2005, 56 f. 35 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 38. Der 8. April 2009 geht als Tag des Big Bang am CDS-Markt hervor. So führten CDS- Kontrakte aufgrund ihrer Ausgestaltung und Handelsform zu weitreichenden Veränderungen am Markt für CDS. Vgl. Casey, 2009, 60. Infolge wird auch von einem Small Bang für CDS auf europäischer Ebene gesprochen. Es teilte dieselben Probleme, die auch zum Big Bang führten und mündete in eine auf europäische Verhältnisse angepasste Reform. 36 Vgl. Casey, 2009, 60; Droste, 2009, 2 f. 37 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 38. 38 Vgl. ISDA, 2014, 3; Felsenheimer, 2013, 1 f.
9 die Fälligkeit, das Credit Event, den Ausgleich im Falle eines Defaults und die Prämie.39 Letztere drei werden im Anschluss näher beleuchtet. 2.2.1 Das Kreditereignis Die Bestimmung des zahlungsauslösenden Kreditereignisses wird vor Abschluss der Transaktion von beiden Vertragspartnern ausverhandelt. Dabei dienen die von der ISDA in den Rahmenverträgen vorformulierten Credit Events als verbreitete Grundlage für Vertragsverhandlungen. Als ausschlaggebend für den Eintritt einer Ausgleichszahlung werden in Artikel IV der 2003 ISDA Credit Derivatives Definitions folgende sechs Ereignisse gelistet:40 • Bankruptcy: Insolvenz des Referenzschuldners aufgrund Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit • Failure to Pay: Zahlungsausfall nach Fristablauf. Zins- und Tilgungszahlungen werden ab einer bestimmten Mindestgrenze nach Fristablauf für eine oder mehrere Verbindlichkeiten nicht beglichen. • Obligation Acceleration: Infolge von Verzug von anderen Geldleistungspflichten des Referenzschuldners werden Verbindlichkeiten ab einer bestimmten vertraglich vereinbarten Mindesthöhe vorzeitig fällig gestellt. • Obligation Default: Ein Verbindlichkeitsverzug ab einer vertraglich festgelegten Mindesthöhe begründet den vorzeitigen Ausfall des zugrunde liegenden Referenzaktivums. • Repudiation/Moratorium: Bewusste Unterlassung bzw. Nichtanerkennung von Zahlungsverpflichtungen staatlicher Schuldner. • Restructuring: Restrukturierung/Umschuldung. Prolongation der Vertragsbeziehungen, Reduktion des festgelegten Kreditzinses oder der Summe der Rückzahlung, Stundung von Zins- und/oder Tilgungszahlungen, Rangrücktritt, Währungsänderung. Hinsichtlich Art und Ausmaß der Absicherung im Falle einer Restrukturierung sind vier vertragliche Regelungen zu unterscheiden und im CDS-Kontrakt zu spezifizieren:41 o Alte Umschuldungsklausel von 1999 (full restructuring, FR) Hierbei gelten die Umschuldungsdefinitionen der ISDA aus dem Jahr 1999, 39 Vgl. Bomfim, 2005, 69; Wagner, 2008, 26; Martin/Reitz/Wehn, 2014, 36 f. 40 Vgl. Wagner, 2008, 27; für nachfolgende Ausführungen vgl. Neske, 2005, 57; Rudolph et al., 2012, 71. 41 Vgl. Packer/Zhu, 2005, 100 ff.
10 wonach jede Art der Restrukturierung ein Kreditereignis auslöst. Lieferbar sind sämtliche Titel mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren. o Modifizierte Umschuldungsklausel von 2001 (modified restructuring, MF) Einführung einer Beschränkung auf zu liefernden Titel mit einer Restlaufzeit von höchstens 30 Monaten nach Ablauf des CDS-Vertrages. Damit soll opportunistisches Verhalten auf Seiten des Sicherungsnehmers im Falle von Umschuldungsvereinbarungen ohne Verlustpotenzial eingegrenzt werden. o 2003 weiter angepasste Umschuldungsklausel (modified-modified restructuring, MM) Die Restlaufzeit der zu liefernden Vermögenswerte bei umgeschuldeten Anleihen darf 60 Monate nicht überschreiten und muss bei allen verbleibenden Anleihen unter 30 Monate ergeben.42 o Keine Umschuldung -Klausel (no restructuring, NR) Restrukturierung wird nicht als Kreditereignis anerkannt. Im Zuge des Big Bang von 2009 stellt Restrukturierung in den nordamerikanischen Kontrakten (Standard North American Corporate Contract, SNAC) seit 2009 kein Kreditereignis mehr dar. Dieser Umstand bewirkt insbesondere eine einfachere Abwicklung in Hinsicht auf durchzuführende Auktionen. In europäischen Verträgen (Standard European Corporate Contract, STEC) zählt Restrukturierung weiterhin zu den Kreditereignissen. Grund dafür liegt insbesondere in den Rahmenvereinbarungen von Basel II, wonach einer Anerkennung im regulatorischen Eigenkapital bei einem mit einem CDS abgesicherten Kredit nur zugestimmt wird, wenn Restrukturierung als Kreditereignis erfasst wird. Ansonsten bestehe für Single-name CDS lediglich eine eigenkapitalentlastende Anerkennung in Höhe von 60 Prozent.43 In Bezug auf die neuesten Adaptierungen des zugrundeliegenden Rahmenwerks, den 2014 ISDA Credit Derivatives Definitions, wurde die Liste der Credit Events um folgenden Punkt erweitert. Als eine Ausgleichszahlung auslösendes Kreditereignis werden nunmehr auch die durch staatliche Eingriffe bei Banken (als Referenzschuldner) erzwungenen Verluste bezeichnet (Governmental Intervention, GI).44 Darunter werden Maßnahmen, welche für den Gläubiger einen ökonomischen Nachteil ergeben, subsummiert. Etwa der Aufschub von Zinszahlungen, die reduzierte Tilgung oder der geringere Rückzahlungsbetrag sowie die 42 MM hat sich als Marktstandard für europäische CDS etabliert. Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 42. 43 Vgl. Droste, 2009, 5; Martin/Reitz/Wehn, 2014, 42. 44 Vgl. Childs, 2013; Felsenheimer, 2014, 5; ISDA, 2014, 4.
11 Verschlechterung der Gläubigerposition. 45 Jüngere Beispiele auf europäischer Ebene für einen Bail-In (Schuldenschnitt) von Seiten des Staates skizzierten die Problematik – vor den 2014er Modifikationen – der nichtlieferbaren Anleihen bei der Auktion aufgrund der vorangegangenen Restrukturierung oder Liquidierung der Anleihen. Die Neuerungen bewirken nun, dass restrukturierte, lieferbare Anleihen in der Höhe ihres ursprünglichen Nominalbetrages eingebracht werden können. Im Falle liquidierter Obligationen können diese mit Absprache des Sicherungskäufers zu 100 Prozent in bar beglichen werden. Überdies kommt in diesem Fall die sogenannte Cross Default-Klausel46 nicht zum Einsatz, was ein Credit Event auf Senior-Level aufgrund eines auf Subordinated-Level ausgelöstes Event verhindert.47 2.2.2 Die Ausgleichszahlung Bleibt das Kreditereignis während der Laufzeit des CDS aus, bezieht der Sicherungsgeber die Prämienzahlungen bis zum Laufzeitende, ohne dafür einen Ausgleich leisten zu müssen. 48 Sofern das Referenzaktivum nach Laufzeitende des CDS weiter besteht, wechselt das Kreditrisiko somit bei Vertragsende wieder zum Sicherungsnehmer. 49 Von zentraler Bedeutung ist hierbei, dass erst der tatsächliche Eintritt eines zuvor definierten Kreditereignisses zu einer Auszahlung führt, nicht jedoch eine Preisbewegung eines CDS. Gegen das Risiko einer bloßen Bonitätsverschlechterung kann ein CDS ebenso wenig absichern.50 Im Falle einer Ausgleichszahlung bei Eintritt eines vereinbarten Kreditereignisses steht grundsätzlich die physische Lieferung (Physical Settlement) dem Barausgleich (Cash Settlement) gegenüber. Bei ersterer Variante der Erstattung wird die spezifizierte Referenzanleihe bzw. Kreditforderung (mit oder ohne Überlassung der Sicherheiten) an den Sicherungsgeber gegen das Nominalvolumen transferiert, welcher diese in Folge beim Kreditnehmer geltend machen kann.51 Insofern besteht für den Sicherungsgeber ebenso die Möglichkeit zur Teilnahme beim Insolvenzverfahren, um in Folge einen höheren als dem kurz nach dem Kreditereignis festgelegten Restwert zu erstreiten. 52 Gemäß dem Prinzip 45 Vgl. Felsenheimer, 2014, 5. 46 Die Cross Default Klausel entspricht einer Drittverzugsklausel. Vgl. Guserl/Pernsteiner, 2011, 282. Demnach waren bei einem Credit Event, ungeachtet auf welcher Ebene der Kapitalstruktur (Subordinates oder Senior Anleihen) ein Credit Event passierte, sowohl Subordinated als auch Senior CDS von einer Abwicklung betroffen und zur Auktion freigegeben. Generell ist in den neuen Standards kein Cross Default Event mehr vorgesehen. Ein Credit Event auf Subordinated Level hat zukünftig lediglich Einfluss auf Nachrang-CDS, während Senior-CDS unberührt bleiben. Diese Änderungen betreffen die beiden Credit Events Restructuring und Governmental Intervention, da ein Bankruptcy- oder Failure-to-pay-Credit Event ohnedies auf die gesamte Kapitalstruktur des Finanzinstituts Einfluss nimmt. Vgl. Felsenheimer, 2014, 5. 47 Vgl. Felsenheimer, 2013, 1. 48 Vgl. Wagner, 2008, 21. 49 Vgl. Cremers/Walzner, 2007, 19. 50 Vgl. Neske, 2005, 57; Wagner, 2008, 21. 51 Vgl. Neske, 2005, 58 f; Rudolph et al., 2012, 72,75; Martin/Reitz/When, 2014, 36. 52 Vgl. Neske, 2005, 58 f.
12 Cheapest-to-Deliver wählt der Sicherungsnehmer aus allen vertragsmäßig lieferbaren Referenzaktiva diejenige zur Transferierung an den Sicherungsgeber, welche wirtschaftlich betrachtet für den Sicherungsnehmer am vorteilhaftesten ist. Für den Fall, dass der Sicherungsgeber gleichzeitig im Besitz des Referenzaktivums ist, handelt es sich - aus ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet - um eine Garantie. Der Sicherungsgeber kann jedoch – anders als bei der Garantie - keine direkten Forderungen gegenüber dem Referenzschuldners (sich selbst) stellen.53 Da Kreditderivate insbesondere zum Transfer von physisch nicht lieferbaren Risiken eingesetzt werden, wird die Möglichkeit eines Physical Settlement oftmals a priori ausgeschlossen. 54 Im Falle eines Kreditereignisses kann unter Umständen die paradoxe Situation entstehen, dass die Existenz von CDS auf eine Unternehmensanleihe den Wert dieser Anleihe nach oben treiben kann, da, sofern eine Reihe von CDS mit physischer Erfüllungspflicht im Umlauf sind, Marktteilnehmer die Anleihe des Referenzschuldners nachfragen müssen, um ihrer Lieferungspflicht nachzukommen.55 Somit kann der Schaden aus dem Ausfall nur zu einem Teil durch den CDS gedeckt werden.56 Im Gegensatz dazu wird der Barausgleich vor allem bei der Absicherung von Kreditportfolios bevorzugt herangezogen, da hier eine Selektion einzelner Titel nur schwer vorgenommen werden kann. Der Barausgleich ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Nominalbetrag des Kredits und seinem ermittelten Marktwert57 nach dem Credit Event58(Restwert, Recovery Rate); dh. (1-R)xN. 59 Diese Zahlung ist als variabler Barausgleichsbetrag definiert , der den Verlust des 60 Sicherungsnehmers kompensieren soll. Eine weitere Möglichkeit bietet die Vereinbarung eines fixen Barausgleichsbetrags bei Vertragsabschluss.61 Diese CDS werden Digitial Default Swaps, Binary Default Swap oder Fixed Recovery Default Swap genannt.62 Solch eine Vereinbarung macht die Notwendigkeit einer Marktpreisfindung zum Zeitpunkt des Defaults überflüssig, birgt aber die Gefahr einer Über- oder Untersicherung im Default Event.63 53 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 36. 54 Vgl. Neske, 2005, 59. 55 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 41, Heinrich, 2005, 42. 56 Vgl. Heinrich, 2005, 42. 57 Noch vor wenigen Jahren wurde die Preisänderung nach Default mittels Umfrage bei mehreren Banken (Dealer Poll) ermittelt, die für die Referenzanleihe Marktpreise stellten und so als Market Maker auftraten. Vgl. Neske, 2005, 58. Doch da die Ermittlung der Recovery Rate mittels Marktdaten oftmals Schwierigkeiten bereitete, wurde nunmehr die Durchführung von Auktionen zum Regelfall. Anhand der zentralen und allgemeinverbindlichen Restwertermittlung erfährt seitdem das Cash Settlement vermehrten Einsatz und gestaltet den CDS-Markt flexibler. Vgl. Schöche, 2009, 3. 58 Vgl. Neske, 2005, 58 f; Rudolph et al., 2012, 72,75. 59 Vgl. Wagner, 2008, 30. 60 Vgl. Mengle, 2007, 7. 61 Vgl. Rudolph et al., 2012, 72. 62 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 42. 63 Vgl. Heinrich, 2005, 42.
13 Wurde bis vor einiger Zeit noch überwiegend die physische Lieferung als Ausgleichsmethode vereinbart, stellt mittlerweile der Barausgleich in Verbindung mit einem Auktionsmechanismus den Standard in CDS-Kontrakten dar.64 Wesentlich dazu beigetragen haben die Neubestimmungen im Big Bang -bzw. Small Bang -Protokoll, wonach die Durchführung von Auktionen seither verpflichtend geregelt ist.65 Aufgabe der CDS-Auktionen besteht in der Feststellung der Recovery Rate der Referenzschuld. Der Einsatz von Auktionen soll den Prozess des Ausgleichs transparenter gestalten und zu Recovery Rates führen, welche das wahre ökonomische Risiko in den Verträgen abbilden. Darüber hinaus gewährleistet der Vorgang, dass sämtliche CDS-Kontrakte, welche auf die gleichen Referenzaktiva laufen, mit einer einheitlichen Recovery Rate abgewickelt werden. Außerdem wird somit der potenziellen Gefahr entgegengewirkt, dass die Gegenpartei die Teilnahme am Auktionsprotokoll verweigert und alternative, eventuell zeitintensivere Abwicklungen fordert. 66 Den Investoren bleibt aber weiterhin die Wahl zwischen einem Barausgleich und einer physischen Ausgleichszahlung. Der Auktionsprozess selbst durchläuft zwei Phasen. In einem ersten Schritt übermitteln Investoren – im Rahmen eines vorgegebenen Volumens und festgelegter Rendite – Preise, zu denen sie Referenzaktiva kaufen bzw. verkaufen möchten. Daraufhin wird eine vorläufige Recovery Rate beschlossen. Auf zweiter Ebene wird diese vorläufige Recovery Rate verwendet, um den finalen Auktionspreis einzugrenzen. Im Falle einer physischen Ausgleichszahlung eröffnen Investoren in der zweiten Stufe zusätzlich ein Angebot, zum finalen Auktionspreis Referenzaktiva zu kaufen oder verkaufen.67 Wurde der Sicherungsbetrag schließlich geleistet, ist die Laufzeit68 des CDS sowie die Vertragsbeziehung (vorzeitig) beendet.69 2.2.3 Der CDS-Spread Der CDS-Spread ist eine periodisch zu leistende Prämie, welche in Basispunkten70 der Nominale ausgedrückt wird und vom Sicherungsnehmer an den Sicherungsgeber als Gegenleistung für das übernommene Risiko eines möglichen Kreditausfalles gezahlt wird.71 Der Sicherungsnehmer verpflichtet sich die Prämie grundsätzlich bis zur Fälligkeit des 64 Vgl. Weistroffer, 2010, 4. 65 Vgl. Martin/Reitz/Wehn, 2014, 40 f. 66 Vgl. Schöche, 2009, 3. 67 Vgl. Helwege et al., 2009, 7. 68 Kreditderivate haben in den meisten Fällen eine vertraglich festgelegte Laufzeit zwischen wenigen Monaten bis hin zu 10 Jahren oder mehr. Eine Laufzeit von fünf Jahren hat sich hingegen als Benchmark-Laufzeit mit der höchsten Liquidität herausgebildet. Sie können aber ebenso mit der Laufzeit des Underlyings ident sein. Vgl. Longstaff/Mithal/Neis, 2003, 5; Norden, 2004, 44; Rudolph et al., 2012, 65. 69 Vgl. Rudolph et al., 2012, 72. 70 Ein Basispunkt drückt die absolute Veränderung eines Wertes aus und entspricht einem Hundertstel Prozentpunkt. Demnach sind beispielsweise 25 Basispunkte 0,25 Prozent. Vgl. Börse Frankfurt (o.V.), 2014. 71 Vgl. Wagner, 2008, 22; Annaert et al., 2013, 444 f.
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