Alfried Krupp und Berthold Beitz - vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns Desislava Dimitrova dessi_dimitrova@hotmail.com Permalink dieser Arbeit: http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/pdfs/dimitrova-krupp-beitz.pdf. Vorgeschlagene Zitation: Dimitrova, Desislava (2009): Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns, Berlin, Diplomarbeit, Institut für Management, Humboldt-Universität zu Berlin, Prüfer: Joachim Schwalbach, abrufbar unter: http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/pdfs/dimitrova-krupp-beitz.pdf. Dieses Werk ist der vollständige Abdruck der Diplomarbeit „Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns“, geschrieben am Institut für Management der Wirt- schaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, eingereicht am 11. September 2009. ← Mehr Informationen zum Thema auf www.der-ehrbare-kaufmann.de Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Überset- zung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksen- dung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlange, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutsch- land vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergü- tungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
Kurzfassung I Kurzfassung Gegenstand der hier vorgestellten Arbeit ist die Betrachtung von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach und Berthold Beitz vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns. Sie schließt damit an die wirtschaftsethisch fundierte Diskussion um den ehrbaren Kauf- mann an, indem sie dieses Idealbild auf reale Personen bezieht. Anhand einer histori- schen Analyse wird gezeigt, dass Berthold Beitz eher und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach eher nicht als ehrbare Kaufmänner betrachtet werden können. Zudem wird bei der Analyse der Zusammenarbeit der beiden Männer im Krupp’schen Fami- lienunternehmen besondere Aufmerksamkeit geschenkt und die These formuliert, dass die Ehrbarkeit eines Kaufmanns durch die Handlungen eines anderen (ehrbaren) Kaufmanns wiederhergestellt oder geschaffen werden kann. Die Arbeit versteht sich außerdem als ein Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs, indem sie die Kriterien an den ehrbaren Kaufmann, welche sich aus dem (Leit-)Bild ergeben, überprüft. Neben diversen rein methodischen Aspekten wird der Problematik Rechnung getragen, dass das pervertierte Ehrbarkeitsverständnis im Dritten Reich nicht mit den Ehrbarkeitskrite- rien für den Kaufmann vereinbar ist. Hierdurch entsteht ein Dilemma. Schlagwörter: Krupp, Beitz, ehrbarer Kaufmann, Ehrbarkeit, Wirtschaftsethik, Corporate Social Resonsibility (CSR), Moral, Tugend, Familienunternehmen Abstract This thesis is concerned with the reflection of Alfried Krupp von Bohlen und Halbach and Berthold Beitz in respect of the concept of the honorable merchant. It refers to the discussion based on economic ethics by connecting this ideal with real persons. A his- torical analysis shows that Berthold Beitz is more and Alfried Krupp von Bohlen und Halbach is less to be classified as a honorable merchant. The analysis also focuses on the collaboration of the two men in the family-owned enterprise Krupp, and the thesis statement is being created that the honorability of a merchant can be established or re- established by the acts of another honorable merchant. This thesis shall also provide a contribution to the academic discourse by validating the criteria for the honorable mer- chant that result from the ideal. Besides methodological aspects the following problem- atic is taken into account: the comprehension of the term honorability had been per- verted during the Third Reich and is therefore contradicting the criteria of the honorable merchant. This is a dilemma. Keywords: Krupp, Beitz, honorable merchant, honorability, economic ethics, Corporate Social Resonsibility (CSR), moral, virtue, family-owned enterprise
Vorwort II Vorwort Als ich zum ersten Mal von Berthold Beitz gehört habe, war ich sofort fasziniert von seiner Persönlichkeit, die Menschlichkeit und Entschlossenheit in sich vereinte. Es war der Wunsch geboren, meine Diplomarbeit über ihn zu schreiben. Bei einer ersten wei- tergehenden Recherche habe ich dann jedoch festgestellt, dass es nicht möglich war, die Person Berthold Beitz zu verstehen, ohne sich eingehend mit Alfried Krupp von Bohlen und Halbach zu beschäftigen. Den verurteilten Kriegsverbrecher vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns zu betrachten, galt mir als besondere Herausforderung, die ich gerne annahm. Bis zu dieser Herausforderung habe ich eine interessante Studienzeit zurückgelegt, in der ich von meinen Eltern stets materielle und vor allem emotionale Unterstützung er- fuhr. Ich möchte ihnen an dieser Stelle von ganzem Herzen danken. Ein herzliches Dankeschön gilt auch Herrn Dipl.-Kfm. Daniel Klink, der mich bei der Arbeit wissenschaftlich begleitet hat und mir viele hilfreiche Denkanstöße gegeben hat, sowie Herrn Prof. Dr. Joachim Schwalbach.
Inhaltsverzeichnis III Inhaltsverzeichnis Kurzfassung ....................................................................................................................I Abstract ...........................................................................................................................I Vorwort ...........................................................................................................................II Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................III Bilderverzeichnis ......................................................................................................... VI Tabellenverzeichnis ................................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................ VIII 1 Einleitung .................................................................................................................1 2 Relevante Begriffe ...................................................................................................3 2.1 Allgemeines zu den Begriffsbestimmungen ..............................................................3 2.1.1 Ethik .....................................................................................................................4 2.1.2 Corpororate Social Responsibility ........................................................................6 2.1.3 Moral ....................................................................................................................7 2.1.4 Tugend .................................................................................................................8 2.1.5 Ehre ......................................................................................................................9 2.2 Typen von Wirtschaftssubjekten...........................................................................11 2.2.1 Kaufmann ...........................................................................................................11 2.2.2 Unternehmer und Manager ................................................................................12 2.3 Begriff des ehrbaren Kaufmanns ..........................................................................14 2.3.1 Definition und Bedeutung ...................................................................................14 2.3.2 Bewusstseinsdimensionen des ehrbaren Kaufmanns nach Klink .......................15 3 Bestimmung der Ehrbarkeit der Kaufmänner Alfried Krupp und Berthold Beitz anhand einer geschichtlichen Analyse ................................................18 3.1 „Reise über die Generationen“ der Familie Krupp ................................................18 3.1.1 Allgemeines zur Reise über die Generationen ...................................................18 3.1.2 Personen der Familie Krupp...............................................................................19 3.1.2.1 Helene Amalie Krupp (1732-1810) .....................................................................19 3.1.2.2 Friedrich Krupp (1787-1826) und die Gründung der Gussstahlfabrik (1811) .....20 3.1.2.3 Alfred Krupps Mutter Therese Helena Krupp (1790-1850) .................................20 3.1.2.4 Alfred Krupp (1812-1887) ...................................................................................20 3.1.2.5 Friedrich Alfred Krupp (1854-1902) ....................................................................22 3.1.2.6 Friedrich Alfred Krupps Frau Margarethe Krupp (1854-1931)............................23 3.1.2.7 Bertha Krupp (1886-1957)..................................................................................24 3.1.2.8 Gustav Krupp von Bohlen und Halbach (1870-1950).........................................24 3.1.3 Betrachtung der Familie im Hinblick auf das Bild des ehrbaren Kaufmanns ......25
Inhaltsverzeichnis IV 3.2 Alfried Krupp .........................................................................................................26 3.2.1 Allgemeines ........................................................................................................26 3.2.2 Kindheit und Schuljahre von Alfried Krupp .........................................................26 3.2.3 Ausbildung und Studium ....................................................................................27 3.2.4 Alfried Krupps Familienleben .............................................................................28 3.2.4.1 Erste Ehe mit Anneliese .....................................................................................28 3.2.4.2 Alfried Krupps Sohn Arndt ..................................................................................29 3.2.5 Alfried Krupps Anfang bei der Firma Krupp........................................................29 3.2.6 Kriegsverbrechen und Prozess ..........................................................................30 3.2.7 Nach dem Prozess .............................................................................................31 3.2.8 Betrachtung von Alfried Krupp vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns .............32 3.3 Berthold Beitz .......................................................................................................35 3.3.1 Allgemeines ........................................................................................................35 3.3.2 Geburt, Kindheit und Ausbildung von Berthold Beitz .........................................35 3.3.3 Zeit in Galizien....................................................................................................36 3.3.3.1 Angebot von Dutsch Royal Shell und Ehe mit Else Beitz geb. Hochheim .........36 3.3.3.2 Rettung von Juden in Galizien ...........................................................................36 3.3.4 Erste Jahre nach Kriegsende .............................................................................39 3.3.5 Betrachtung von Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns ..........................................................................................39 3.4 Zusammenarbeit und Beziehung zwischen Berthold Beitz und Alfried Krupp von Bohlen und Halbach ....................................................................................40 3.4.1 Allgemeines ........................................................................................................40 3.4.2 Treffen der beiden Männer: Alfried Krupp und Berthold Beitz ............................41 3.4.3 Berthold Beitz’ Umzug nach Essen und sein Anfang bei Krupp .........................42 3.4.4 Berthold Beitz und die Familie Krupp .................................................................43 3.4.5 Neuanfang bei Krupp .........................................................................................43 3.4.5.1 Alfrieds Ziele.......................................................................................................43 3.4.5.2 Berthold Beitz’ neue Public Relations (PR)-Strategie für Krupp .........................44 3.4.5.3 Neuorganisation durch Berthold Beitz ................................................................45 3.4.5.4 Schaffung eines neuen Direktoriums durch Berthold Beitz ................................45 3.4.6 Internationalisierungsbestrebungen von Alfried Krupp und Berthold Beitz ........45 3.4.6.1 Ostgeschäfte von Berthold Beitz ........................................................................45 3.4.6.2 Alfried und der Rest der Welt .............................................................................47 3.4.7 Bochumer Verein und Wiederherstellung des Konzerns ....................................47 3.4.8 Selbstverständnis der „Kruppianer” und soziales Engagement von Krupp ........48 3.4.9 Schadensersatz für die Zwangsarbeiter .............................................................48 3.4.10 Die finanzielle Krise ............................................................................................49 3.4.11 Beziehung zwischen Alfried Krupp und Berthold Beitz ......................................50 3.4.12 Beitz als Vermittler zwischen Alfried und dessen Sohn Arndt ............................50 3.4.13 Tod des „Königs“ und Gründung der Stiftung.....................................................51 3.4.13.1 Alfrieds Lebensende und Erbschaftsverhältnisse .........................................51 3.4.13.2 Reaktion von Beitz nach dem Tod von Alfried Krupp....................................51 3.4.13.3 Weiterentwicklung der Stiftung und weitere Aktivitäten von Beitz.................52
Inhaltsverzeichnis V 3.4.14 Betrachtung der Ehrbarkeit von Alfried Krupp und Berthold Beitz in ihrer Zusammenarbeit ................................................................................................53 3.5 Zusammenfassende Betrachtung der Eigenschaften Alfried Krupps und Berthold Beitz vor dem Bild des ehrbaren Kaufmanns.......................................55 4 Diskussion und Ergebnis .....................................................................................60 5 Thesenförmige Zusammenfassung .....................................................................61 Anhang A: Stammtafel der Familie Krupp ................................................................ IX Literaturverzeichnis ..................................................................................................... X
Bilderverzeichnis VI Bilderverzeichnis Bild 2.1 Bewusstseinsdimensionen des ehrbaren Kaufmanns von Klink ......................16 Bild A.1 Stammtafel der Familie Krupp..........................................................................IX
Tabellenverzeichnis VII Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1 Ebenen-Konzeption der Wirtschafts- und Unternehmensethik .....................5 Tabelle 2.2 Erläuterung der Subebenen nach Bild 2.2 ..................................................17 Tabelle 3.1 Vergleich der Eigenschaften von Alfried Krupp und Berthold Beitz ............55
Abkürzungsverzeichnis VIII Abkürzungsverzeichnis A Österreich (Austria) AG Aktiengesellschaft bzw. beziehungsweise CC Corporate Citizenship CH Schweiz CSR Corporate Social Responsibility D Deutschland d.h. das heißt F Frankreich Frhr. Freiherr GB Großbritannien geb. geboren hrsg. herausgegeben NS Nationalsozialismus; nationalsozialistisch NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei PR Public Relations S. Seite SS Schutzstaffel u.a. unter anderem USA United States of America VBR Value Based Responsibility vgl. vergleiche z.B. zum Beispiel ZDF Zweites Deutsches Fernsehen
1 Einleitung 1 „Geld verloren, wenig verloren, Ehre verloren, viel verloren, Mut verloren, alles verloren“ Alfred Krupp1 1 Einleitung Das Eingangszitat von Alfred Krupp, dem Urgroßvater von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach2 spiegelt die große Bedeutung wieder, die die Ehre für diesen erfolgrei- chen Unternehmensführer besaß. Der Begriff der Ehre oder vielmehr noch der Ehrbar- keit wirkt heute mitunter antiquiert und nicht mehr zeitgemäß. Doch in einer Zeit, in der Wirtschaftsskandale fast mit Regelmäßigkeit auftreten, rückt sich der Begriff in der Dis- kussion um soziale Ungerechtigkeiten wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Auch von Seiten der Wirtschaftsforschung hat der Begriff der Ehre im Diskurs um die Unterneh- mensverantwortung bzw. Corporate Social Responsibility (CSR) erneut an Relevanz gewonnen. Der Begriff der Unternehmensverantwortung lässt mitunter den Eindruck entstehen, als seien es gesichtslose Firmen, welche ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft oder auch dem ökologischen Haushalt beweisen wollen oder müssen. Tatsächlich sind es jedoch einzelne, auf unterschiedliche Weise wirtschaftende Subjekte, welche das Unternehmen führen und somit die eigentliche Verantwortung tragen. Die Diskussion um den ehrbaren Kaufmann trägt diesem Gedanken Rechnung, indem die CSR- Diskussion von der Unternehmens- oder Mesoebene auf die Mikroebene verlagert wird, auf der einzelne Subjekte im Mittelpunkt der Betrachtung stehen.3 Alfried Krupp und Berthold Beitz sind zwei Männer, die in ihrem Wesen und ihrem Wir- ken höchst unterschiedlich waren. Während Alfried Krupp als Kriegsverbrecher aus der Geschichte hervorging, wurde Berthold Beitz für seinen besonderen Einsatz für jüdi- sche Arbeiter der Zeit des Dritten Reiches in späteren Jahren geehrt. Der heute fast 96-jährige sieht sich mit unterschiedlichen Ehrenauszeichnungen überhäuft. Um jedoch die Person Beitz wirklich verstehen zu können, ist die Betrachtung des Krupp’schen Unternehmens sowie des Verhältnisses von Beitz zu Alfried Krupp notwendig. Dies spiegelt sich auch in folgendem Zitat von Berthold Beitz wieder: „Krupp ist meine Le- bensaufgabe.“4 1 Alfred Krupp zitiert nach Friz (1990, S. 6). 2 Im Folgenden wird bei Alfried Krupp von Bohlen und Halbach auf den Namensteil „von Bohlen und Halbach“ aus Gründen der Lesbarkeit verzichtet. 3 Vgl. Klink (2008, S. 58). 4 Vgl. „Krupp ist meine Lebensaufgabe“. http://www.stern.de/wirtschaft/news/berthold-beitz- krupp-ist-meine-lebensaufgabe-513532.html, 25.09.2003, Abrufdatum: 09.09.2009.
1 Einleitung 2 Die Betrachtung der beiden Männer, deren Schicksal mit dem des anderen so sehr verflochten war, vor dem Bild5 des ehrbaren Kaufmanns ist Gegenstand dieser Arbeit. Es soll überprüft werden, inwieweit jeder einzelne diesem Bild entsprach. Gerade in der Analyse ihres Zusammenwirkens können dabei wichtige Aspekte zu Tage treten, welche in der bisherigen Diskussion noch keine Beachtung fanden. Die Arbeit gliedert sich in folgende Teile: • Klärung der grundlegenden Begriffe sowie der theoretischen Grundlage um den ehrbaren Kaufmann • Historische Analyse der für die Unternehmensgeschichte des Familienunterneh- mens Krupp wichtigsten Mitglieder der Familie sowie der Personen Alfried Krupp und Berthold Beitz • Diskussion der Ehrbarkeit der vorgestellten Personen vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns • Abschließende Zusammenfassung und thesenförmige Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Die CSR-Diskussion ist sehr lebendig, und es gibt viele, teils widersprüchliche Theo- rien. Ziel dieser Arbeit ist es daher nicht, eine erschöpfende Diskussion der theoreti- schen Positionen durchzuführen. Vielmehr soll das theoretische Fundament, auf dem der Diskurs zum ehrbaren Kaufmann aufbaut, dargestellt werden, um im Anschluss die Persönlichkeiten Alfried Krupp und Berthold Beitz vor dem Hintergrund des Bildes des ehrbaren Kaufmanns lebendig werden zu lassen. Hierzu wird zunächst in einer „Reise über die Generationen“ ein Überblick über die wichtigsten Akteure in der Familie Krupp gegeben, da das Verständnis der engen Ver- bundenheit der Familie Krupp zum Unternehmen maßgeblich für das von Alfried Krupp selbst ist. Im Anschluss werden Alfried Krupp und Berthold Beitz zunächst getrennt vorgestellt. Für die Zeit ihrer Zusammenarbeit erfolgt eine weitere Darstellung in einem eigenen Abschnitt. Die Darstellung der Persönlichkeiten erfolgt chronologisch, zum einen, um Verwirrung zu vermeiden, zum anderen, um die inneren Zusammenhänge der Geschehnisse und Handlungen deutlich werden zu lassen. Jeder Abschnitt endet jedoch mit einer kurzen Betrachtung darüber, wie diese dieser beiden Männer im Zu- sammenhang mit dem Bild des ehrbaren Kaufmanns zu werten sind. 5 Im Sinne dieser Arbeit wird von dem Bild, nicht – wie im Diskurs üblich – von dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns gesprochen. Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass es innerhalb die- ser Arbeit vielmehr um Prüfungskriterien geht, um herauszufinden, ob Alfried Krupp und Ber- thold Beitz ehrbare Kaufleute waren oder nicht. Um die Vorbildfunktion geht es hierbei jedoch weniger.
2 Relevante Begriffe 3 Die vorliegende Arbeit ist rein qualitativer Natur. Zu den verwendeten Quellen gehören: • wissenschaftliche Monographien • Monographien ohne wissenschaftlichen Anspruch • Enzyklopädien • Zeitschriftenartikel • Internetquellen.6 Der Einbezug nicht-wissenschaftlicher Literatur macht deutlich, dass die verwendeten Quellen eine unterschiedliche Wertigkeit besitzen. Erschwerend tritt noch hinzu, dass bzgl. des Unternehmens Alfried Krupp äußerst divergente Meinungen herrschen. So spricht Friz von zwei historisch gewachsenen Lagern: den Krupp-Hassern und den Krupp-Verehrern.7 Auch bleibt zu beachten, dass einige der verwendeten Monogra- phien – so die von Diana Maria Friz8 und Tilo Frhr. von Wilmowsky – von Autoren ge- schrieben wurden, welche ein verwandtschaftliches Verhältnis zum Krupp’schen Klan aufweisen. Die somit stärker persönlich gefärbte Darstellung von Alfried Krupp und dem Unternehmen wird jedoch hingenommen, da gerade diese Quellen besondere Einblicke gewähren. Dieser Tatsache wird jedoch durch sorgsame Analyse Rechnung getragen. Abschließend bleibt zu erwähnen, dass auch der Einbezug der tiefenpsycho- logischen Analyse der Krupp’schen Familie durch Calogeras in die historische Analyse stattfindet. Dies ermöglicht es, tiefe Einblicke in Bezug auf die einzelnen Familienmit- glieder und insbesondere auf Alfried Krupp zu gewinnen.9 2 Relevante Begriffe 2.1 Allgemeines zu den Begriffsbestimmungen Für die Diskussion des ehrbaren Kaufmanns muss zunächst geklärt werden, was in- nerhalb dieser Arbeit unter Ehrbarkeit und was unter Kaufmann verstanden wird. Der Begriff der Ehre bzw. Ehrbarkeit ist nicht isoliert zu betrachten, sondern sollte im Kon- text der philosophischen Konzepte erläutert werden, auf die er aufbaut. Im Folgenden 6 Der ZDF-Dreiteiler „Krupp – Eine deutsche Familie“ wurde innerhalb dieser Arbeit nicht als Quelle verwendet. Zum einen schien die äußerst positive Darstellung Alfried Krupps drama- turgischen Gründen und nicht der historischen Realität zu entspringen. Zum anderen konn- ten keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gefunden werden. 7 Vgl. Friz (1990, S. 9). 8 Diana Maria Friz, die Nichte von Alfried Krupp, ist als äußerst kritisch gegenüber Berthold Beitz und weniger kritisch gegenüber ihrem Onkel einzustufen. Sie äußert sich dennoch viel- fach positiv gegenüber Beitz. 9 Auf eine tiefer gehende psychologische Betrachtung wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.
2 Relevante Begriffe 4 werden daher die für die Bestimmung des Ehrbegriffs hilfreichen philosophischen Grundbegriffe Ethik, Moral und Tugend sowie der Begriff der Ehre selbst erläutert. Da- bei wird auch der Bezug zu unternehmens- und unternehmerspezifischen Fragestel- lungen hergestellt. Ein besonderer Blick wird außerdem auf den Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) geworfen, da die Diskussion um den ehrbaren Kaufmann in jene um die CSR eingebettet ist.10 Im Anschluss wird der Begriff des Kaufmanns diskutiert. Dabei wird geprüft, ob der relativ eng gehaltene Begriff des Unternehmers bzw. Managers erweitert werden kann, wie es für die Betrachtung von Alfried Krupp und Berthold Beitz notwendig ist. 2.1.1 Ethik Das Wort „Ethik“ entstammt dem Griechischen; „éthos“ bedeutet soviel wie „Gewohn- heit“, „Herkommen“ bzw. „Sitte“. Die Ethik hat die Moral zum Gegenstand.11 „Die Ethik reflektiert die M., um eth. Handlungsregeln und Normensysteme zu begründen.“12 Sie beschäftigt sich mit den Handlungsregelungen unter zweierlei Gesichtspunkten: Zum einen soll der ethisch Handelnde ein glückliches Leben führen, zum anderen muss er in seinem Handeln die Interessen anderer berücksichtigen. Es wird heute unterschie- den zwischen einem deskriptiven, d.h. beschreibenden, und einem normativen bzw. präskriptiven, also vorschreibenden, Ethikbegriff. Im weiteren Sinne wird zusätzlich unterschieden in Metaethik, angewandte Ethik und eine Ethik des guten Lebens.13 Zudem wird vor dem Hintergrund von Korruptionsaffären, Bilanz- und Umweltskanda- len und Ähnlichem seit Mitte der 1980er Jahre im deutschsprachigen Raum eine zu- nehmende Sensibilisierung für wirtschaftsethische Fragestellungen beobachtet.14 Das Verhältnis von Ethik und Wirtschaft lässt sich in Abhängigkeit von den Handlungsträ- gern als Vier-Ebenen-Konzept darstellen (vgl. Tabelle 2.1). 10 Vgl. Klink ( 2008, S. 58). 11 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 449). 12 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 793). 13 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 449). 14 Vgl. Institut für Ethik in der Praxis. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm, 30.03.2008, Abrufdatum: 03.09.2009.
2 Relevante Begriffe 5 Tabelle 2.1 Ebenen-Konzeption der Wirtschafts- und Unternehmensethik15 Handlungsebene Handlungsträger Handlungsfeld Mikroebene Individuum als Person Führungsethik Unternehmens-/ Mesoebene Unternehmen, Institutionen Managementethik Aggregation der Individuen, Makroebene Wirtschaftsethik Gesellschaft Internationale Wirtschafts- Superebene Weltgemeinschaft und Unternehmensethik Die individuelle Mikroebene beschreibt die Führungsethik, die institutionelle bzw. Mesoebene die Unternehmensethik, die gesellschaftliche oder Makroebene die Wirt- schaftsethik, und auf der Superebene wird infolge fortschreitender Globalisierung die Internationale Wirtschafts- und Unternehmensethik diskutiert. Handlungsträger der Führungsethik ist das Individuum als Person. Führungsethik befasst sich mit dem sittli- chen, guten aber auch rechten Führungsverhalten der Führungskraft. Die Unterneh- mens-/Managementethik ist ein Teil der „Wirtschaftsethik, der sich mit den eth. Pflich- ten, Werten und Tugenden der privaten auf Gewinnerzielung ausgerichteten Unter- nehmen sowie der unternehmensähnl. Organisationen und gemeinnützigen Unterneh- men befasst. Wesentl. Ansatzpunkt der U. ist das Management von Unternehmen“16. Die Unternehmens-/Managementethik stellt die Frage nach den Werten und Maßstä- ben von Unternehmern im Umgang mit ihrer Umgebung, d.h. mit seinen Kunden, Mit- arbeitern, Kapitalgebern, Lieferanten und auch der Öffentlichkeit.17 Die Wirtschaftsethik als interdisziplinäre Teildisziplin der Wirtschaftswissenschaft und angewandter Ethik bezeichnet „sowohl für das in der Wirtschaft wirksame und gesollte Berufsethos und die persönl. Moralität der Wirtschaftsakteure als auch die wiss. Untersuchung dieser Ethik der Wirtschaft.“18 Bei der internationalen Wirtschafts- und Unternehmensethik kommt zusätzlich die globale Dimension hinzu.19 Außer den bereits genannten gibt es weitere Formen der Ethik.20 Gemäß Witt wird die Handlungsethik in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung „... als ein nutzenma- ximierendes Verhalten zum Aufbau von Reputation und zur Senkung von Transakti- onskosten in wiederholten Spielen aufgefasst. […] in ihr kommen moralische Werte oder Maßstäbe zunächst nicht vor.“21 Eine besondere Bedeutung für die Unterneh- mensführung hat die von Habermas entwickelte kommunikative Ethik oder Diskurs- 15 Vgl. Institut für Ethik in der Praxis. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm, 30.03.2008, Abrufdatum: 03.09.2009. 16 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 398). 17 Vgl. Witt (2007, S. 90). 18 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 175). 19 Vgl. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm, 30.03.2008, Abrufdatum : 03.09.2009. 20 Vgl. Witt (2007, S. 90). 21 Witt (2007, S. 90).
2 Relevante Begriffe 6 ethik22; die in ihrem „...Zentrum die Kommunikation in Form eines herrschaftsfreien und rational-argumentativen Dialogs steht, der die gerechtfertigten Bedürfnisse eines jeden angemessen berücksichtigt.“23 Die Diskursethik hat die Darlegung gerechtfertigter Normen zum Ziel.24 In der Wirtschafts- und Unternehmensethik werden außerdem folgende ethisch- normative Managementkonzepte unterschieden: Stakeholdermanagement, Value Ba- sed Responsibility (VBR), Corporate Social Responsibility (CSR)25 und Corporate Citizenship (CC). Da die CSR für diese Arbeit besondere Bedeutung hat, wird sie im folgenden Abschnitt gesondert behandelt. 2.1.2 Corpororate Social Responsibility CSR wird zwar als Begriff in der Literatur uneinheitlich definiert, es findet sich aber als gemeinsamer Nenner die freiwillige Übernahme gesellschaftspolitischer Verantwortung durch das Unternehmen.26 Als Arbeitsbegriff für diese Diplomarbeit wird die Definition der EU-Kommission herangezogen: „... ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilli- ger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstä- tigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrie- ren.“27 Dabei wird der Diskurs im Zusammenhang mit dem Leitbild des ehrbaren Kaufmanns bei Klink von der Meso- auf die Mikroebene verlagert:28 „Der vorliegende Beitrag zum Ehrbaren Kaufmann stellt jedoch die Mik- roebene in den Vordergrund und trägt damit der Tatsache Rechnung, dass der überwiegende Teil der Unternehmen in Deutschland in der Struktur eines eigentümergeführten Familienunternehmens beschaffen ist […]29, in denen sich die individuellen Handlungen des Unternehmers schwer von denen des Unternehmens trennen lassen.“30 22 Die Bedeutung der Diskursethik für die Wirtschaft wird bei Stern (1996) ausführlich diskutiert (vgl. Die Umsetzung der Diskursethik in der modernen Unternehmung. http://www.diskursethik.de/, Abrufdatum: 07.09.2009.). 23 Vgl. Diskursethik.http://www.cpw-online.de/lemmata/ diskursethik.htm, Abrufdatum : 07.09.2009, sowie Witt (2007, S. 92-93). 24 Vgl. Diskursethik.http://www.cpw-online.de/lemmata/ diskursethik.htm, Abrufdatum: 07.09.2009. 25 Zur Definition des für diese Arbeit relevanten Begriffs der CSR siehe Abschnitt 2.1.2. 26 Vgl. Institut für Ethik in der Praxis. http://www.ethik-in-der-praxis.de/institutionenethik.htm, 30.03.2008, Abrufdatum: 03.09.2009. 27 KOM (2001, S. 7). 28 Vgl. Klink (2008, S. 72). 29 Klink (2008, S. 72) verweist hier in einer Fußnote auf http://www.familienunternehmen.de/ media/public/pdf2007/Volkswirtschaftl_Bedeutung_FU.pdf, Abrufdatum 07.09.2009. 30 Klink (2008, S. 72).
2 Relevante Begriffe 7 Diese Argumentation ist gerade bei der Betrachtung des traditionell geführten Fami- lienunternehmens Krupp direkt übertragbar, und zwar sowohl auf Alfried Krupp, der das Unternehmen als Alleinerbe übernahm, als auch auf Berthold Beitz. Dieser bekam 1952 von Alfried Krupp die Position eines Generalbevollmächtigten angeboten und wurde 1953 nach Rückübertragung des Unternehmens Krupps persönlicher Vertrauter. Beitz unterstützte Krupp bei seiner Unternehmensführung in einem Ausmaß, welches die besondere Position und Bedeutung von ihm für das Unternehmen deutlich macht. 2.1.3 Moral 31 Das Wort „Moral“ leitet sich vom lateinischen Wort „mos“ ab, das „Sitte“ bedeutet. Die Moral dient als „...Sammel-Bez. für die der gesellschaftl. Praxis zugrunde liegenden und als verbindlich akzeptierten ethisch-sittl. Normen(systeme) des Handelns und der Werturteile, der Tugenden und Ideale einer bestimmten Gesell- schaft, bestimmter gesellschaftl. Gruppen und der ihnen integrierten Indi- viduen bzw. einer histor. Epoche“.32 Im Gegensatz zum gesetzlichen Recht, welches das äußere Verhalten beeinflusst, wirkt die Moral auf die Gesinnung des Menschen. Moralisches Verhalten kann nur in- soweit erzwungen werden als es durch rechtliche Vorschriften vorgeschrieben ist.33 „Das Recht ist […] nichts anderes als das ethische Minimum. Anstand, respektvoller Umgang und soziales Engagement sind rechtlich nicht einforderbar, sie gehören in den Bereich der Moral.“34 Kant verwendet die Begriffe Ethik und Moral noch weitgehend synonym. Hegel unter- scheidet hingegen zwischen Moral, „... ,Moralität’ im Sinn individueller Überzeugung, und ,Sittlichkeit’ im Sinn von durch Recht und Verfassung gestütztem, historisch- kulturell bedingtem Institutionssysteme einer Gesellschaft“.35 Auch bei der Betrachtung des ehrbaren Kaufmanns ist also zu unterscheiden zwischen einer persönlichen Ebe- ne, auf der das Individuum nach bestem Wissen und Gewissen moralisch handelt, und einer gesellschaftlichen Ebene, auf der es sich gemäß gültigem Recht und dem kultu- rell bedingtem Orientierungssystem moralisch verhält. Auch die Unternehmenskultur im Sinne einer Unternehmensphilosophie kann als Orientierungssystem herangezogen werden. Dabei tritt besonders in der moralischen Wertung einer Führungskraft die Vorbildfunktion derselbigen in den Vordergrund. Denn im Unternehmen ist das konkrete Erleben moralischen Handelns ein wichtiger Faktor der ethischen Kompetenzbildung. Aus diesem Grunde sollte Klarheit über die ethi- 31 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 2086). 32 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 793). 33 Vgl. Burkhart (2006, S. 120). 34 Burkhart (2006, S. 120). 35 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 2086).
2 Relevante Begriffe 8 schen Prinzipien im Unternehmen bestehen; Vorgesetzte müssen sich ihrer Vorbild- funktion bewusst sein.36 2.1.4 Tugend Das Wort „Tugend“ leitet sich vom Althochdeutschen „tugund“ ab; dies bedeutet soviel wie „Tauglichkeit“ oder „Kraft“. Seit Platon und Aristoteles ist die Tugend ein Grundbe- griff der Ethik.37 „T. bezeichnete zunächst allg. jede vollkommen entwickelte menschl. Fähigkeit auf geistigem und seel. Gebiet, das Vermögen, Leistungen zu vollbringen, die man als wertvoll anerkennt.“38 Ferner umschreibt der Begriff „... jede voll entwickelte geistig-seelische Fähigkeit, so auch die des theo- retischen Verhaltens […] bes. aber das zur Grundhaltung ausgebildete und das Lebensverhalten im ganzen prägende sittlich-praktische Vermö- gen, in Freiheit das Gute zu verwirklichen.“39 Eine weitere Definition nach Velasquez bringt sie in direktem Zusammenhang mit dem Begriff der Moral; sie sieht die Tugend als die Übereinstimmung des eigenen Verhal- tens mit bestimmten Moralstandards.40 Die inhaltliche Bestimmung der Tugenden ist jeweils vor dem Hintergrund der philoso- phischen bzw. ethischen Denkweisen der historischen Epochen zu sehen. Im antiken Griechenland erfolgte durch Sokrates - vom sophistischen Tugendverständnisses ei- nes Sich-Behauptens in einer feindlichen Umwelt abweichend – erstmals eine Vergeis- tigung des Begriffes durch die Definition „... als Gesinnung des inneren Menschen, die auf Verwirklichung moral. Werte ausgerichtet ist.“41 Sein Schüler Platon reduzierte ver- schiedene Einzeltugenden auf vier Grund- bzw. Haupttugenden. Zu diesen zählte ne- ben Weisheit, Tapferkeit und Besonnenheit auch die Gerechtigkeit.42 Während Aristote- les davon ausgegangen war, dass Tugenden angelernte Eigenschaften sind43, vermu- ten Peterson und Seligman, dass es bestimmte Grundtugenden gibt, die genetisch bedingt sind. Diese sind Weisheit, Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Transzendenz.44 36 Vgl. Maak/Ulrich (2007, S. 485). 37 Vgl. Halder (2000, S. 338), Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 73). 38 Brockhaus Enzklopädie (2006, S. 73). 39 Halder (2000, S. 338). 40 Vgl. Velasquez (1998) in Wright/Goodstein (2007, S. 931). 41 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 73). 42 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 73). 43 Vgl. Wright/Goodstein (2007, S. 936). 44 Vgl. Peterson/Seligman (2004) zitiert in Wright/Goodstein (2007, S. 931-932).
2 Relevante Begriffe 9 2.1.5 Ehre Das Wort „Ehre“ leitet sich vom mittelhochdeutschen „êre“ ab. Diese bedeutete soviel wie „Ansehen“ oder „Ruhm“ und war verbunden mit dem Begriff der Tugend.45 So be- merkt Klink in Anlehnung an Stippel: „Ehre ist keine einzelne Tugend aus vielen (z.B. Tapferkeit, Gerechtig- keit, Wahrhaftigkeit), sie ist vielmehr das Resultat der angewandten Tu- genden des Individuums. Sie wird zum Ausdruck seines Wertes, der wiederum mit den Wertanschauungen der Epoche korreliert.“46 Der Begriff der Ehre beschreibt heute die „im mitmenschl. Zusammenleben durch Wor- te und Handlungen bekundete Achtung gegenüber einer Person; das Angesehensein aufgrund einer geschätzten Tugend (guter Ruf).“47 Diese Definition der Brockhaus En- zyklopädie impliziert, dass der Ehrbegriff dem historischen Wandel unterliegt.48 „Jede Epoche, jede Kultur bildet so ihr eigenes, jeweils anders akzeptiertes Verhältnis zu den Sachverhalten aus, auf die sich der Ausdruck ,Ehre’ bezieht.“49 Die die Ehre begrün- denden Qualitäten können sich dabei auf die Leistung – so auf besondere Kenntnisse oder den Einsatz für die Gemeinschaft – beziehen oder aber von gesellschaftlichen Normen abhängen. Insofern werden Attribute wie Besitz, Alter oder Herkunft mit dem Ehrbegriff verknüpft.50 Im Gegensatz zum früheren Ehrbegriff, der primär an Stand und Besitz gebunden war, bedeutet Ehre heute „... einerseits die individuelle Selbstwertschätzung, und anderer- seits die durch andere zum Ausdruck gebrachte Annerkennung einer Person, die als Anrecht in der universal geltenden Menschenwürde aufgehoben ist.“51 Gemeinhin erfolgt eine Segmentierung der Ehre in innere und äußere Ehre. Die innere Ehre umschreibt das Ehrgefühl bzw. die Achtung des Menschen vor sich selbst und seine Integrität. Sie ist identisch mit dem Gewissen. Die äußere Ehre wiederum be- zeichnet die gesellschaftliche Stellung eines Menschen, in der dieser seine soziale Existenz besitzt.52 Ein gewisses Maß der Ehre ist somit für jedes Individuum überle- benswichtig.53 45 Vgl. Schade (1866, S. 86). 46 Klink (2007, S. 4), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare-kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. Vgl. hierzu auch Stippel (1938, S. 2). 47 Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 504). 48 Vgl. hierzu auch Vogt/Zingerle (1994, S. 9) sowie Burkhart (2006, S. 26). 49 Vogt/Zingerle (1994, S. 9). 50 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 504). 51 Burkhart (2006, S. 113). 52 Vgl. Helle (1969, S. 6). 53 In der Bundesrepublik wird dem Rechenschaft getragen, indem in der Grundverfassung die persönliche Ehre des Menschen als zu schützendes Rechtsgut behandelt wird. Zudem wird durch die Verfassung die besondere Ehrung von Menschen, die sich um das Gemeinwohl
2 Relevante Begriffe 10 „Die Öffentlichkeit als sozialer Raum aber ermöglicht erst die Existenz von Ehre. Denn es erfordert immer andere, um ehrenhaft zu sein. Zwar kann der Einzelne seine Ehre als naturgemäß gegeben empfinden, doch dieses individuelle Ehrgefühl besteht im Wesentlichen in dem Anspruch an die Mitmenschen, ihm seine Ehrenhaftigkeit zu bestätigen.“54 Die hohe Bedeutung der Ehre in der Gesellschaft kann mitunter sogar soweit gehen, dass der Ehrenmann sich selbst riskieren muss, um der Gesellschaft zu demonstrie- ren, dass ihm die Gesellschaft wichtiger ist als die eigene Person, die eigene Exis- tenz.55 Eine nahe Verwandtschaft besteht zwischen dem Begriff der persönlichen Ehre und dem des wirtschaftlichen Rufs.56 Dabei wurde gerade im wirtschaftlichen Zusammen- hang der Begriff der Ehre durch den der Reputation abgelöst.57 Eine kurze Betrachtung dieses Begriffes bleibt im Rahmen der Diskussion um die Ehrbarkeit daher unerläss- lich. Schranz argumentiert dabei folgendermaßen: „Die Reputation löst den vormodernen Begriff der Ehre ab. Die Anerken- nungsform der Ehre in der Vormoderne kann nicht erworben werden, sondern ist von Geburt an gegeben und eng mit dem Kollektiv verbun- den. Ehre wird nicht individuell ausgeübt, sondern Ehre verteidigt man immer im Interesse des Kollektivs“58. Die Ehre wirkt somit konstitutiv und stabilisierend in hierarchisch-stratifikatorisch struk- turierten Gesellschaften.59 „Im Gegensatz zur Ehre ist die moderne Anerkennungsform der Reputation nicht an den Stand gebunden, sondern durch Leistung erwerbbar.[...] Die beiden Anerkennungsformen unterscheiden sich daher gerade durch den Grad ihrer kommunikativen Konstruierbarkeit.“60 Dabei ist der Aufstieg des Begriffs der Re- putation von dem der Würde begleitet, welcher im Gegensatz zur Ehre die sozialen Schichtgrenzen durchbricht. Schranz unterscheidet zwei Typen der Reputation: Zum einen bezieht sich die funktionale Reputation auf die Funktionen des Teilsystems. D.h., von Personen in Unternehmen wird erwartet, dass sie sich z.B. durch ökonomische Kompetenz auszeichnen. Zum anderen wird in Anlehnung an die Würde die soziale Reputation an einer allgemein verbindlichen, systemübergreifenden Sozialmoral fest- gemacht. D.h., die funktionale Kompetenz muss im Rahmen der gesellschaftlichen Normen und Werte angewandt werden.61 besonders verdient gemacht haben, z.B. durch Ehrenbürgerrechte ermöglicht. Vgl. hierzu Burkhart (2006, S. 113). 54 Brüggenbrock (2006, S. 17). 55 Vgl. Stagl (1994, S. 38). 56 Helle (1957, S. 3). 57 Vgl. Schranz (2007, S. 78). 58 Schranz (2007, S. 78). 59 Vgl. Schranz (2007, S. 78). 60 Schranz (2007, S. 78). 61 Vgl. Schranz (2007, S. 78-79).
2 Relevante Begriffe 11 Es stellt sich hier die Frage, ob der Begriff der Ehre bzw. der Ehrbarkeit für die heutige Diskussion nicht nur antiquiert klingt, sondern es auch ist. In Bezug auf Alfried Krupp kann vielleicht noch von einer standesgemäß erworbenen Ehre als Kaufmann gespro- chen werden, da er das Unternehmen in seiner Familientradition geerbt und übernom- men hat. Hingegen erscheint für die Betrachtung von Berthold Beitz ausschließlich der Begriff der Reputation angemessen. Hierzu ist zu sagen, dass es hinsichtlich der Be- deutung der Ehre im Diskurs um den ehrbaren Kaufmann noch Diskussionsbedarf be- steht. Daher kann innerhalb dieser Arbeit keine abschließende Aussage getroffen wer- den. Allerdings erscheint gerade der leicht veraltet klingende Begriff der Ehre dazu geeignet, die Menschen aufhorchen zu lassen und sich nach etwas scheinbar in der Vergangenheit verloren Gegangenem zurückzuwenden. Eine Aufladung des Begriffs mit neuer Bedeutung verspricht somit sinnvoll zu sein. 2.2 Typen von Wirtschaftssubjekten Nachdem der Begriff der Ehrbarkeit erläutert wurde, muss der des Kaufmanns definiert werden. Für die Diskussion des Leitbildes des ehrbaren Kaufmanns unterscheidet Klink vier Arten von Wirtschaftssubjekten, welche auch heute noch relevant sind: den Eigenwirtschaftler, den Kaufmann, den Unternehmer und den Manager.62 Für die vorliegende Arbeit ist nicht nur die Definition des Begriffs des Kaufmanns not- wendig; speziell für die Beschreibung von Berthold Beitz und Alfried Krupp in ihren Funktionen im Unternehmen Krupp ist eine Definition der Begriffe Unternehmer und (Top-)Manager unerlässlich. Auch ist vor dem Hintergrund der historischen Entwick- lung der Firma Krupp der Begriff des Familienunternehmens zu definieren. 2.2.1 Kaufmann Der Kaufmann ist im „... Sprachgebrauch jeder kaufmännische Tätige, im Rechtssinne nur, wer selbstständig ein Handelsgewerbe betreibt (nicht z.B. der Handlungsgehil- fe).“63 Diese Definition macht bereits deutlich, dass der Begriff des Kaufmanns kein eindeutiger ist. In Anbetracht der Tatsache, dass sich zum heutigen Zeitpunkt bereits mehrere Verständnisarten des Kaufmannbegriffs finden, erscheint der Versuch, eine Definition zu finden, welche den Auffassungen längs der historischen Entwicklungs- achse gerecht wird, illusorisch. Für die Definition des Kaufmanns und auch des Unternehmers an sich haben vor allem die Klassifizierungen nach Sombart und Schumpeter große Bedeutung. Nach Sombart hat der Kaufmann eine evolutionäre Veränderung durchgemacht vom „Handwerker-„ über den „Übersee-“ zum „Produzent-Kaufmann“ und schließlich zum „Kapitalistischen 62 Vgl. Klink (2007, S. 5-10), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare- kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 63 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 1660).
2 Relevante Begriffe 12 Unternehmer“.64 Für diese Arbeit zweckdienlicher erscheint das Verständnis nach Schumpeter. Dieser wiederum sieht in seinem funktionsorientierten Ansatz den „Fab- rikherrn und Kaufmann“ als einen Typus des modernen Unternehmers;65 er ordnet den Begriff des Kaufmanns somit dem des Unternehmers unter. Was den Kaufmann unter den Unternehmern im Besondern ausmacht, ist sein kapita- listischer Charakter und die Tatsache, dass er eine soziale Klasse bildet.66 Eine beson- dere Rolle spielen hierbei Familienunternehmen: Zwar lässt sich die Unternehmerfunk- tion als solche nicht weitervererben, es kam jedoch vor, „... daß sich ein Individuum, besonders aber im Laufe von Generationen eine Familie, zur Unternehmerposition emporarbeitet67. Vererbter Besitz kann somit die Unternehmerrolle erleichtern.68 Die besondere Beziehung, die der „Fabrikherr und Kaufmann“ zum familiengeführten Unternehmen besitzt, wird aus dem folgenden Zitat deutlich: „Obgleich das an dem Wesen der Sache nichts ändert, so erklärt es doch den sozialen und psychischen Habitus dieses Typus und seiner Kultur. Er steht inmitten der bürgerlichen Wirtschafts- und Gedankenwelt, deren kräftigstes Element er bildet. Er verkörpert und erstrebt Ideale bürgerli- cher Wohlanständigkeit, Geschäftstüchtigkeit, Lebensform. Er ist der Mann des Familiensinns und der Autokrat ,seines’‚ Betriebs, mit der Ten- denz, jeden Eingriff von Gesetzgebung und Verwaltung nicht nur als un- angenehm, sondern auch als sinnlos zu betrachten. Sein Eigeninteresse ist vor allem an der Fürsorge für Gegenwart und Zukunft der Familie und an arationaler Liebe zur Firma, sein soziales Gefühl am Moment der freiwilligen ,Fürsorge’‚ orientiert.“69 Das soeben beschriebene Kaufmannsverständnis erscheint hinreichend anwendbar auf Alfried Krupp zu sein, der als Erbe des Familienunternehmens Krupp die Geschäf- te seiner Vorfahren übernahm. Nicht aber geeignet ist diese Definition zur adäquaten Beschreibung von Berthold Beitz. Daher wird für die weitere Diskussion um das Bild des ehrbaren Kaufmanns eine andere Klassifikation von Wirtschaftssubjekten notwen- dig, die nicht nur den Kaufmann, sondern auch den Unternehmer und Manager mit einbezieht. 2.2.2 Unternehmer und Manager Der Unternehmer wird definiert als eine „Persönlichkeit, die eine […] Unternehmung plant, mit Erfolg gründet und/oder selbstständig und verantwortlich mit Initiative leitet, 64 Vgl. Sombart (1923, S. 3-8). 65 Die weiteren Typen waren die des „modernen Industriekapitäns“, des „Direktors“ und des „Gründers“, welche gemäß Schumpeter in dieser Reihenfolge in zunehmendem Maße die reine Unternehmerfunktion verwirklichen. Vgl. Schumpeter (1987, S. 154-155). 66 Vgl. Schumpeter (1987, S. 153). 67 Vgl. Schumpeter (1987, S. 153). 68 Vgl. Schumpeter (1987, S. 153). 69 Schumpeter (1987, S. 153-154).
2 Relevante Begriffe 13 wobei sie persönliches Risiko oder Kapitalrisiko übernimmt.“70 Traditionellerweise wird in der Lehre der Unternehmensführung von der Einheit von Unternehmenseigentum und Verfügungsgewalt darüber ausgegangen. Die Leitungsfunktion des Unternehmers ist jedoch mit wachsender Bedeutung der Kapitalgesellschaften zunehmend an ange- stellte Mitglieder der Geschäftsleitung, d.h. Manager, übergegangen.71 Der Begriff des Unternehmers ist nicht statisch und daher vor dem Hintergrund seiner historischen Entwicklung zu sehen.72 Im Rahmen der begrifflichen Unternehmerfor- schung greift Welzel den funktionsorientierten Ansatz Schumpeters auf, geht über die- sen jedoch hinaus und nimmt eine Erfassung des Unternehmerbegriffs und dessen Diskussion im internationalen Vergleich vor.73 Durch Klassifizierung erlangt er drei un- ternehmerische Idealtypen74: • Der selbständige Unternehmer75 ist Eigentümer und Vorstand einer kleineren oder mittleren Unternehmung. Er verhält sich aktiv-dynamisch. Seine Funktion liegt in der Gründung und/oder Führung seiner Unternehmung. • Der angestellte Top-Manager76 ist in einem großen Unternehmen beschäftigt und führt dieses. Da er nicht Eigentümer des Unternehmens ist, verhält er sich im eng- lischsprachigen Raum eher administrativ, im deutschen und französischen Sprach- raum auch zunehmend innovativ • Der Intrapreneur, der im englischsprachigen Raum vertreten ist, operiert als unter- nehmerischer Mitarbeiter auf mittlerer hierarchischer Ebene. Er besitzt kein Eigen- tum an der Unternehmung. Seine Funktion ist die Umsetzung innovativer Konzepte im Namen der Unternehmung. Zur Gruppe der Top-Manager gehören im Allgemeinen kaufmännische und technische Direktoren77 sowie Generaldirektoren78, wie es Berthold Beitz für die Firma Krupp war. 70 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon (2004, S. 3049). Die juristische Definition, welche neben natür- lichen auch juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften mit einbezieht (vgl. §14 Abs. 1 BGB), geht über den für diese Arbeit relevanten Unternehmerbegriff hinaus. 71 Vgl. Brockhaus Enzyklopädie (2006, S. 404). 72 Zur geschichtlichen Entwicklung des Unternehmerverständnisses vgl. Werhahn (1990, S. 14- 20) sowie Klink (2007, S. 8), http://www.der-ehrbare-kaufmann.de/files/der-ehrbare- kaufmann.pdf, 01.09.2007, Abrufdatum: 07.09.2009. 73 Vgl. Welzel (1995, Vorwort, S. 6-19). 74 Vgl. zu der folgenden Ausführungen Welzel (1995, S. 20). 75 Unter diesem Begriff fasst Welzel (1995, S. 20) die Begriffe „Entrepreneur“ (USA/GB/F), Pat- ron (F) oder Unternehmer (D/A/CH) zusammen. 76 Dieser Begriff vereint die Begriffe „Top-Manager“ (USA/GB/D/A/CH) und „Dirigeant“ (F) (Vgl. Welzel (1995, S. 20).) 77 Zu diesen gehören beispielsweise Prokuristen und Abteilungsleiter. Vgl. Keßler (1995, S. 12). 78 Vgl. Keßler (1995, S. 12).
2 Relevante Begriffe 14 Diese Einteilung ist somit weitestgehend auf die Problematik dieser Arbeit übertragbar. Zwar handelt es sich bei dem Krupp’schen Unternehmen nicht um eine „kleinere oder mittlere Unternehmung“, die wesentlichen Attribute des Eigentums und die selbständi- ge Führung des Unternehmens treffen auf Alfried Krupp von Bohlen jedoch zu. Ber- thold Beitz wiederum kann dem Typus des angestellten Top-Managers wohl ohne Ein- schränkungen zugeordnet werden. 2.3 Begriff des ehrbaren Kaufmanns 2.3.1 Definition und Bedeutung Der Begriff der Ehrbarkeit leitet sich etymologisch von dem der Ehre ab. Ehrbarkeit wird synonym verwandt mit Rechtschaffenheit, Honorigkeit, Ehrsamkeit, Redlichkeit sowie Achtbarkeit.79 Der Begriff der kaufmännischen Ehre bezeichnet „... ein moralisch einwandfreies Verhalten von Unternehmern im Sinne von Wahrhaftigkeit und Vertrags- treue“80. Er geht zurück auf Luca Pacioli (1445-1517): „Es gilt nichts höher als das Wort des guten Kaufmanns und so bekräfti- gen sie ihre Eide, indem sie sagen: Bei der Ehre des wahren Kaufmanns (per fidem bonae et fidelis mercatoris).“81 Eine weitere Definition liefert die 1517 in Hamburg gegründete Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns e.V.82 Demnach ist der Kaufmann ehrbar, „... dessen Wort und Handschlag gelten. Seine Prinzipien sind: nüchtern kalkulieren, hart verhandeln, pünkt- lich liefern, sauber abrechnen.“83 Der ehrbare Kaufmann ist ein verlässlicher Geschäftspartner und fairer Arbeitgeber, dessen unternehmerischer Erfolg seiner Ehrbarkeit geschuldet ist.84 „Der Ehrbare Kaufmann ist der nachhaltig wirtschaftende Akteur. Sein Verhalten stützt sich auf Tugenden, die den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg zum Ziel haben. Im Ehrbaren Kaufmann sind Ethik und Wirtschaft untrennbar verbunden.“85 Klink holt als Folge dieser Erkenntnis die CSR-Diskussion von der Meso- oder Unter- nehmensebene auf die individuelle Ebene, auf der einzelne Wirtschaftssubjekte han- deln. Dabei betont er, dass der ehrbare Kaufmann keiner gesonderten Ethik oder kaufmännischer Kodizes bedürfe, da dieser als Leitbild der Betriebswirtschaftslehre per se ethisch handele.86 Hierbei wird deutlich, dass es sich bei dem ehrbaren Kaufmann 79 Vgl. Der kleine Duden – Der passende Ausdruck (1990, S. 103). 80 Witt (2007, S. 91). 81 Zitiert nach Witt (2007, S. 91). 82 Vgl. Witt (2007, S. 91). 83 Fandel/Schwalbach (2007, S. VII). 84 Vgl. Ehrmann (2007, S. 76). 85 Klink (2008, S. 57). 86 Vgl. Klink (2008, S. 58).
Sie können auch lesen