Verhaltensauffälligkeiten von jungen Männern mit Fragilem-X-Syndrom und die familiäre Zufriedenheit aus Elternsicht

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Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                        167

Empirische Sonderpädagogik, 2021, Nr. 2, S. 167-182
ISSN 1869-4845 (Print) · ISSN 1869-4934 (Internet)

Verhaltensauffälligkeiten von jungen Männern mit
Fragilem-X-Syndrom und die familiäre Zufrieden-
heit aus Elternsicht

Meike Engelhardta, Teresa Sansourb
a
    Ludwig-Maximilians-Universität München
b
    Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Abstract
Qualitative Untersuchungen zum Fragilen-X-Syndrom im Erwachsenenbereich sind bis-
lang eher rar. Die vorliegende explorative Studie geht der Frage nach, wie Eltern von er-
wachsenen jungen Männern mit Fragilem-X-Syndrom das Verhalten ihrer Söhne erleben
und welche Auswirkungen das Verhalten auf die familiäre Zufriedenheit bzw. Belastung
hat. Für eine interaktionistische Sicht auf Verhaltensauffälligkeiten wurden problemzent-
rierte Interviews mit insgesamt neun Elternteilen geführt, deren Söhne mit Fragilem-X-Syn-
drom zwischen 20 und 35 Jahre alt waren. Die Interviewdaten wurden inhaltsanalytisch
ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die von den Eltern beschriebenen Verhal-
tensauffälligkeiten in vorhandene Beschreibungen eines Verhaltensphänotyps einfügen.
Als Auslöser dieser Verhaltensauffälligkeiten werden häufig Veränderungen im gewohnten
Tagesablauf oder sog. Übergangssituationen genannt. Ferner wird deutlich, dass die Be-
fragten im Laufe der Zeit eine Bandbreite an möglichen Reaktionen und Maßnahmen mit
Blick auf das Verhalten entwickeln, die mit unterschiedlichem Erfolg eingesetzt werden.
Auch die Söhne mit Fragilem-X-Syndrom erlernen mit der Zeit Strategien, mit den eigenen
impulsiven Reaktionen besser umzugehen. Insgesamt zeigt sich in den Interviews, dass die
familiäre Belastungssituation mit zunehmendem Alter der Söhne mit Fragilem-X-Syndrom
nachlässt und die Familien ihre Situation überwiegend als zufriedenstellend beschreiben.
Die Ergebnisse veranschaulichen die Relevanz der Betrachtung von Person-Umfeld-Wech-
selwirkungen im Kontext auffälligen Verhaltens. Aus den Interviews lässt sich ein Bedarf an
syndromspezifischen Beratungs- und Vernetzungsmöglichkeiten für Betroffene und deren
Familien, insbesondere in Bezug auf Themen des Erwachsenenalters ableiten.

Schlüsselwörter: Fragiles-X-Syndrom, Erwachsenenalter, Verhaltensauffälligkeiten, Coping,
familiäre Zufriedenheit, qualitatives Interview
168                                                            Meike Engelhardt und Teresa Sansour

Regulation of behavior and emotions in young men with fragile X syndrome
and familial stress from the parents' perspective

Abstract
Qualitative studies on fragile X syndrome in adults are rather rare so far. This explorative
study examines how parents of adult young men with fragile X syndrome experience the
behavior of their sons and what effects this behavior has on family satisfaction or stress. For
an interactionist view of behavioral problems, problem-centered interviews were conduct-
ed with a total of nine parents whose sons with fragile X syndrome were between 20 and
35 years old. The interview data was evaluated by content analysis. The results show that
the challenging behavior described by the parents fits into existing descriptions of a be-
havioural phenotype. Changes in the usual daily routine or so-called transitional situations
are often named as triggers of these behavior problems. Furthermore, the results show that
the respondents have developed a range of possible reactions and measures to the behavior
over time, which are used with varying degrees of success. Also, the sons with fragile X
syndrome learn over time strategies to deal better with their impulsive reactions. Overall,
the interviews show that the familial stress situation decreases as the sons with fragile X
syndrome grow older and the families describe their situation as satisfactory for the most
part. The results illustrate the relevance of considering person-environment interactions in
the context of behavior problems. From the interviews, a need for syndrome-specific coun-
selling and networking opportunities for affected persons and their families can be derived,
especially with regard to adult issues.

Keywords: Fragile X syndrome, adulthood, challenging behavior, coping, familial satisfac-
tion, qualitative interview

Menschen mit einem bestimmten geneti-            Verhaltensauffälligkeiten sind auf Defizite
schen Syndrom weisen häufig ein spezifi-         in den exekutiven Funktionen zurückzufüh-
sches Fähigkeitsprofil und charakteristische     ren (Cornish et al., 2004). Dagegen werden
Verhaltensauffälligkeiten auf, die in Interak-   adaptive Fähigkeiten zur Alltagsbewälti-
tion mit der Umwelt wechselwirken. Beim          gung von Menschen mit FXS meist leichter
Fragilen-X-Syndrom (FXS) handelt es sich         erworben. So weisen die Betroffenen eine
um die häufigste strukturelle Chromoso-          relative Stärke im Bereich der lebensprak-
menbesonderheit. Dieses Syndrom nimmt            tischen Fähigkeiten auf (Bailey et al. 2009;
einen Anteil von ca. 40 Prozent der Behin-       Hatton et al. 2003). Zu beachten ist hier-
derungen X-gebundener Ursache ein, wes-          bei jedoch, dass Verhaltensauffälligkeiten
halb Jungen häufiger betroffen sind und die      immer vor dem Hintergrund einer interak-
Entwicklungs- und Verhaltensauffälligkeiten      tionistischen Sichtweise zu verstehen sind,
bei ihnen meist auch stärker ausgeprägt          eine Erklärung allein auf der Basis der gene-
sind (Sarimski, 2009).                           tischen Disposition somit nicht angemessen
   Menschen mit FXS weisen in der Regel          ist. Vielmehr gilt es, zur Erklärung des Ver-
eine leichte bis mittelgradige Intelligenz-      haltens stets das Zusammenspiel zwischen
minderung auf und zeigen Schwierigkeiten         personenbezogenen Faktoren, allgemeinen
in der Impulskontrolle, hyperaktives Ver-        Umwelteinflüssen und Situationscharakte-
halten sowie eine soziale Scheu (Backes et       ristika in den Blick zu nehmen (Schanze,
al., 2000; Hatton et al., 2002; Kau et al.,      2007).
2004; Langthorne & McGill, 2012). Diese
Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                           169

  Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der        bei Jugendlichen und Erwachsenen mit FXS
Frage, wie Eltern von erwachsenen jungen         im Alter zwischen 16 und 28 Jahren zeigt.
Männern mit FXS das Verhalten ihrer Söhne        Im Vergleich zur jüngeren Kontrollgruppe
erleben und welche Auswirkungen das Ver-         (Kinder im Alter zwischen 7 und 11 Jahren)
halten auf die familiäre Zufriedenheit bzw.      waren überaktive, zwanghafte, selbstver-
Belastung hat. Nach der Darlegung des For-       letzende Verhaltensweisen sowie auffällige
schungsstands werden die Ergebnisse einer        Bewegungen, sensorische Überempfind-
explorativen Interviewstudie vorgestellt und     lichkeit und Stimmungsschwankungen we-
diskutiert.                                      niger häufig festzustellen (Cornish, 1996).
                                                 Auch Greenberg et al. (2012) kommen in
                                                 ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass
Theoretischer Hintergrund und                    junge Erwachsene mit FXS mehr internali-
Stand der Forschung                              sierende Auffälligkeiten zeigen als Kinder
                                                 mit FXS, Erwachsene mit FXS aber insge-
Studien zum Verhalten von jungen Er-             samt weniger Verhaltensauffälligkeiten auf-
wachsenen mit Fragilem-X-Syndrom                 weisen. Dagegen ergab eine vergleichende
                                                 Untersuchung von Einfeld et al. (1999), bei
Insgesamt existieren bislang nur wenige          welcher die Erhebung mit der Develop-
Studien zu erwachsenen jungen Männern            mental Behavior Checklist (Einfeld & Tonge,
mit FXS. In einer amerikanischen Unter-          1992) nach vier Jahren wiederholt wurde,
suchung von Bailey, Raspa und Olmsted            keine signifikanten Unterschiede bei der
(2010) wurde das Verhalten von 1492 Kin-         Gruppe mit FXS, deren Durchschnittsalter
dern, Jugendlichen und jungen Erwachse-          zum ersten Erhebungszeitpunkt bei 15 Jah-
nen mit FXS untersucht. Zu den häufigsten        ren lag.
Verhaltensauffälligkeiten bei den erwach-           Insgesamt ist davon auszugehen, dass
senen Männern in der Stichprobe zählten          Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit
hier Aufmerksamkeitsdefizite (84 %), ängst-      FXS im Erwachsenenalter nicht verschwin-
liches (70 %) und hyperaktives (66 %) Ver-       den und dass sich impulsives Verhalten und
halten. Aggressives, selbstverletzendes und      soziale Scheu auch bei jungen Erwachse-
autistisches (z. B. stereotypes, repetitives)    nen zeigen. Die Studien von Cornish (1996)
Verhalten wurden bei 38-46 % der männ-           und Greenberg et al. (2012) deuten aber
lichen Betroffenen berichtet. In einer Ver-      darauf hin, dass externalisierende Auffäl-
gleichsstudie von Hall et al. (2016) von 85      ligkeiten im Verhalten mit dem Alter etwas
Jugendlichen mit FXS und 155 Jugendlichen        zurückgehen.
mit anderen Diagnosen im Alter zwischen
11 und 18 Jahren wurde die Prävalenz von         Elterliche Belastungssituation im Kon-
stereotypem, fremd- und selbstverletzen-         text des Fragilen-X-Syndroms
dem sowie destruktivem Verhalten unter-            Wenn es um Studien zur familiären Belas-
sucht. Mit einer Prävalenz von 90,4 % zähl-      tungssituation oder zur Lebensqualität geht,
ten die Stereotypien hier zu den häufigsten      werden in aller Regel die Mütter befragt, nur
Auffälligkeiten der Untersuchungsgruppe          wenige Studien beziehen sich auf die Grup-
mit FXS. Aggressives (82,4 %), selbstverlet-     pe der Väter. Die vorhandenen Studien zum
zendes (70,6 %) und destruktives (62,4 %)        Belastungserleben der Mütter zeigen, dass
Verhalten trat jedoch auch bei mehr als der      Mütter von Kindern mit FXS verglichen mit
Hälfte der Jugendlichen mit FXS auf. Eine        der Normstichprobe (z. B. beim Parenting
Untersuchung von Cornish aus dem Jahr            Stress Index nach Abidin, 2013) oder mit
1996 ergab, dass sich das soziale Rückzugs-      einer Vergleichsgruppe signifikant erhöhte
verhalten mit einer relativen Häufigkeit von     Stressbelastungswerte aufweisen (Johnston
71,4 % als häufigste Verhaltensauffälligkeit     et al., 2003; Wheeler et al., 2008; Sarimski,
170                                                            Meike Engelhardt und Teresa Sansour

2010). Wie die elterliche Belastung sich bei    quantitativ angelegten Studien. Die vorlie-
Eltern von erwachsenen Kindern mit FXS ge-      gende Befragung widmet sich dem (Bela-
staltet, wurde bislang kaum untersucht. Die     stungs-)Erleben und Coping auf Seiten der
Studie von Hartley et al. (2012) stellt hier    Eltern im Zusammenhang mit dem Verhal-
eine Ausnahme dar. In der Untersuchung          ten ihrer erwachsenen Söhne mit FXS. Die
wurden Väter von 46 Jugendlichen und jun-       qualitative Studienausrichtung ermöglicht
gen Erwachsenen mit FXS zwischen 13 und         es, den Befragten Raum für Ausführungen
18 Jahren befragt und in ihrem Belastungs-      zu ihrer individuellen Lebensgestaltung zu
erleben mit Vätern von Kindern mit Down-        geben, wodurch konkretere Beschreibun-
Syndrom und Autismus-Spektrum-Störung           gen zu Situationen, in denen das auffällige
(ASS) verglichen. Die Studie kommt zu           Verhalten sichtbar wird, und zum Erleben
dem Ergebnis, dass die von den Vätern ge-       möglich werden. Einem interaktionistischen
äußerten Zukunftssorgen mit dem Grad der        Verständnis folgend können durch ein qua-
intellektuellen Beeinträchtigung ihrer Kin-     litatives Vorgehen anhand der Beschreibun-
der korrelieren. Die Väter der Gruppe von       gen der Interviewpartner*innen Wechsel-
Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit         wirkungen zwischen dem Verhalten und
ASS zeigte sich am meisten belastet durch       Umwelteinflüssen herausgearbeitet und
die Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder,     praktische Implikationen abgeleitet werden.
gefolgt von der Gruppe der Väter von Kin-          Es ergeben sich die folgenden Fragestel-
dern mit FXS. Es ist jedoch anzunehmen,         lungen für die Untersuchung:
dass bei der Stichprobe, bedingt durch das      • Wie beschreiben Eltern das Verhalten
Lebensalter der Kinder, vor allem deshalb            ihrer erwachsenen Söhne mit FXS und in
die Sorgen um die Zukunft dominiert haben            welchem Zusammenhang tritt das auf-
dürften, da ein Eintritt in das Berufsleben          fällige Verhalten aus Sicht der Eltern auf?
oder ein Wechsel in eine andere Wohnform        • Inwiefern nehmen die Eltern eine Ver-
zum Zeitpunkt der Befragung vermutlich               änderung der Verhaltensauffälligkeiten
noch bevorstanden.                                   vom Kindes- zum Erwachsenenalter
  Baker et al. (2012) befragten 115 ver-             wahr?
heiratete Mütter von Jugendlichen und Er-       • Wie bewerten Eltern ihre aktuelle fami-
wachsenen mit FXS (zwischen 12 und 41                liäre Zufriedenheit bzw. Belastungssitu-
Jahren) zu Verhaltensauffälligkeiten ihrer           ation mit Blick auf die Entwicklung ihres
Kinder, zum eigenen Wohlbefinden sowie               Sohnes mit FXS?
zum familiären Zusammenhalt. Indirekte
Effekte zwischen Verhaltensauffälligkei-
ten und Familienvariablen waren insofern        Methode
vorhanden, als Verhaltensauffälligkeiten
positiv mit mütterlichen internalisierenden     Für die Untersuchung wurden problem-
Symptomen verbunden waren, die wie-             zentrierte Interviews (Witzel, 2000) geführt
derum negativ sowohl mit dem Familien-          und mittels der qualitativen Inhaltsanaly-
zusammenhalt als auch mit der ehelichen         se nach Mayring (2016) ausgewertet. Den
Zufriedenheit assoziiert waren. Die Ergeb-      Interviews lag ein problemzentrierter Leit-
nisse zeigen, dass Verhaltensauffälligkeiten    faden zugrunde, der durch die dadurch
auch bei älteren Kindern bzw. Jugendlichen      entstehende Teilstruktur der Gespräche die
und jungen Erwachsenen mit FXS noch Aus-        Möglichkeit für vergleichende Analysen der
wirkungen auf die elterliche Zufriedenheit      Interviews im Zuge der Auswertung bot. Als
haben und dass gerade das Wohlbefinden          Einstiegsimpuls wurden die Befragten dazu
der Mütter Einfluss auf familiäre Faktoren zu   aufgefordert, von ihrem Sohn und dessen
haben scheint.                                  Lebensumständen zu erzählen, um davon
  Die dargestellten Befunde stammen aus         ausgehend auf die Problemstellung über-
Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                           171

zuleiten. Die Themenzentrierung ging mit         schnitt beziehen konnte. Im Zuge der erfor-
präzisen und gleichzeitig offen formulierten     derlichen Rückkoppelungsschleifen in der
Fragen einher. Fragen, die auf das persön-       Analyse wurde die Eignung entstandener
liche Erleben und Empfinden der Befragten        Kategorien anhand des Ursprungsmaterials
und deren Familien abzielten, eröffneten         überprüft. Die dadurch mögliche stetige
zudem Raum für das subjektive Moment.            Überarbeitung und Ausdifferenzierung des
Der Leitfaden ist online einsehbar unter         Kategoriensystems gewährleistete dessen
https://osf.io/s3wyb/ (Engelhardt & Sansour,     Eignung zur übersichtlichen und inhaltlich
2021). Ergänzend kam ein Kurzfragebogen          zugänglichen Abbildung der Interviews
zur Erfassung demografischer Daten der           und sicherte gleichermaßen dessen Ge-
Interviewpartner*innen zum Einsatz, um           genstandsangemessenheit. Die einzelnen
das Gespräch selbst von entsprechenden           Schritte zur Aufbereitung der Transkripte er-
Fragen zu entlasten. Die Interviews wur-         möglichten die anschließende komparative
den im Zuge einer studentischen Qualifi-         Analyse der den Kategorien zugeordneten
kationsarbeit persönlich geführt an einem        Textstellen. Im Sinne der strukturierenden
Ort nach Wahl der Interviewpartner*innen         Inhaltsanalyse wurden die Kategorien mit
(zumeist in deren zu Hause, in einem Fall        möglichst prägnanten Bezeichnungen so-
in den Räumlichkeiten der Hochschule).           wie einer Kurzdefinition zur trennscharfen
Die durchschnittliche Dauer betrug 60 Mi-        Charakterisierung ggf. mit Zuordnungs- zu
nuten. Mit dem Einverständnis der Befrag-        dieser bzw. Abgrenzungskriterien zu ande-
ten wurden die Interviews per Video- und         ren Kategorien versehen. Zur Veranschau-
Audioaufnahme dokumentiert, sodass auf           lichung wurden zudem ausdrucksvolle An-
dieser Grundlage im Anschluss eine inhalt-       kerbeispiele ergänzt (Mayring, 2016). Zur
lich-semantische Transkription der Gesprä-       Überprüfung der Zuverlässigkeit der entwi-
che (Dresing & Pehl, 2018) mithilfe der          ckelten Kategorien wurden Teile des Daten-
Software f4 erfolgen konnte.                     materials nach abgeschlossener Auswertung
   Mit der qualitativen Inhaltsanalyse wur-      erneut analysiert. Der Auswertungsprozess
de eine Auswertungsmethode gewählt, die          wurde computergestützt mithilfe der Soft-
eine interpretative Erschließung des Daten-      ware MAXQDA 12 durchgeführt.
materials bei gleichzeitig strukturiertem           Im Zuge der vorliegenden Untersuchung
und regelgeleitetem Vorgehen ermöglichte         wurden die Erfahrungen zum Umgang mit
(Mayring, 2020). Abhängig von der jewei-         Verhaltensauffälligkeiten von insgesamt
ligen Fragestellung war das kategorienbil-       neun Familien mit einem (erwachsenen)
dende Verfahren teils datengeleitet, teils       Sohn mit FXS erhoben. Aufgrund der ge-
konzeptgeleitet. Im Zuge der ersten Frage-       schilderten Unterschiede in Art und Aus-
stellung war die Kategorienbildung für die       prägungsgrad der Symptomatik zwischen
Beschreibung der von den Eltern beobach-         männlichen und weiblichen Betroffenen
teten Verhaltensweisen konzeptgeleitet,          umfasst die Untersuchung lediglich Fa-
während die Kategorien zu Entstehungs-           milien von jungen Männern mit FXS. Die
zusammenhängen datengeleitet entwickelt          Kontakte zu den Teilnehmenden wurden
wurden. Mit Blick auf die Fragestellungen        über eine Anfrage bei einem Elterninitia-
zwei und drei erfolgte die Kategorienbil-        tivverein hergestellt. Hierbei wurde bereits
dung sowohl hinsichtlich der Veränderung         das Thema der Befragungen (Verhaltensauf-
von Verhaltensauffälligkeiten als auch der       fälligkeiten der Söhne mit FXS sowie der
familiären Zufriedenheit datengeleitet. Der      Umgang damit) kommuniziert, sodass eine
Kodierprozess orientierte sich an Sinnein-       Teilnahme an den Interviews an die Prämis-
heiten, sodass sich die Kodiereinheit so-        se des Vorhandenseins von Verhaltensauf-
wohl auf ein einzelnes Wort als auch auf         fälligkeiten seitens der Söhne geknüpft war.
einen Satz(teil) oder einen ganzen Textab-       Die Auswahl der Interviewpartner*innen
172                                                                  Meike Engelhardt und Teresa Sansour

erfolgte in einem nächsten Schritt durch die        gebnisdarstellung aufgenommen) bzw.
Studienleitung anhand der Orientierung am           komprimiert (so z. B. die Unterkategorien
Alter der Söhne mit dem Ziel einer diesbe-          der Kategorie „Formen der Verhaltensauf-
züglich möglichst homogenen Gruppe.                 fälligkeiten“). Nachfolgend gilt es, zentrale
   Die betroffenen Söhne sind zum Zeitpunkt         Aussagen, die im Zusammenhang mit den
der Interviews zwischen 20.0 und 35.0 Jah-          zuvor erläuterten Fragestellungen stehen, zu
ren, im Durchschnitt 26.7 Jahre alt. Acht           präsentieren. Diese Darstellungen orientie-
der neun Betroffenen sind berufstätig, zum          ren sich an der komprimierten Fassung des
Großteil in Einrichtungen für Menschen mit          Kategoriensystems. Sowohl die ursprüngli-
Behinderung, in einem Fall jedoch auch in-          che, ausdifferenzierte Version als auch die
klusiv beschäftigt (I7). In drei der neun Fami-     diesem Beitrag unmittelbar zugrundelie-
lien ist der Sohn mit FXS bereits ausgezogen        gende Kurzversion des Kategoriensystems
und außerhalb des Elternhauses (betreut)            sind online einzusehen unter https://osf.io/
wohnhaft. Tabelle 1 bietet einen Überblick          s3wyb/ (Engelhardt & Sansour, 2021).
über die Söhne mit FXS ergänzt um Anga-
ben zu den befragten Elternteilen.
                                                    Formen der Verhaltensauffälligkeiten

Ergebnisdarstellung                                 Die Kategorie „Formen der Verhaltensauf-
                                                    fälligkeiten“ gliedert sich in die Subkate-
Die Darstellung der Ergebnisse im Rahmen            gorien internalisierend und externalisierend
dieses Beitrags muss aus Gründen des Um-            und enthält Aussagen, in denen die Be-
fangs in gekürzter Version erfolgen. Auf eine       fragten die Verhaltensweisen beschreiben,
Darstellung entlang der Gesamtheit der ent-         die sie bei ihren Söhnen mit FXS als auf-
wickelten Kategorien muss daher an dieser           fällig erleben. Zu den internalisierenden
Stelle verzichtet werden. Das ursprünglich          Verhaltensweisen zählen Rückzug / Scheu,
umfassendere und z. T. ausdifferenziertere          beispielsweise beim Verlassen des Raumes
Kategoriensystem wurde vor dem Hinter-              mit anschließendem Rückzug in eine ver-
grund der Fokussierung auf o. g. Fragestel-         traute Umgebung oder unsicheres und ab-
lungen gekürzt (z. B. wurden die Kategorien         wartendes Verhalten bei der Konfrontation
„Situationen“ oder „Ursächlicher Faktor für         mit bestimmten Anforderungen. Weiterhin
Verhaltensauffälligkeiten“ nicht in die Er-         kann es zu psychischen Auffälligkeiten wie

Tabelle 1: Übersicht über die Stichprobe

                 Befragte                                       Söhne mit FXS
                                                                        Wohnort:          Wohnort:
               Geschlecht                  Alter*     berufstätig
                                                                       Elternhaus         außerhalb
      I1            w.                      30;4          x                 -                 x
      I2            m.                      27;9          x                 x                 -
      I3            w.                      20;0          x                 -                 x
      I4            w.                      24;6          x                 x                 -
      I5            w.                      25;4          -                 x                 -
      I6            w.                      27;3          x                 x                 -
      I7            w.                      21;6          x                 x                 -
      I8            w.                      35;0          x                 -                 x
      I9            w.                     27;11          x                 x                 -

Anmerkungen: *Alter zum Zeitpunktpunkt des Interviews; w = weiblich; m = männlich; - = nein; x = ja
Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                            173

Angstzuständen und Panikattacken kom-            Weiterhin sind verbale Auffälligkeiten
men. Diese können einhergehen mit ve-            Gegenstand der Interviews, wie einerseits
getativen Symptomen wie Schweißausbrü-           verbal-aggressive Verhaltensweisen (z. B.
chen, Schwindelgefühl und Schlaflosigkeit        Beschimpfungen und Beleidigungen, Dro-
oder auch mit Verkrampfungen und Ein-            hungen, Schreien) sowie andererseits Auf-
nässen. Eine Mutter reflektiert dies im Zu-      fälligkeiten wie Monologisieren oder stän-
sammenhang mit möglichen Auslösern der           diges Wiederholen bestimmter Phrasen.
Verhaltensauffälligkeiten ihres Sohnes:               Was dann auch immer dazukommt,
    Man kann ja auch Panik bekommen,                  sind dann diese Schimpfwörter. Dann
    wenn man sich nicht verstanden fühlt.             schreit er, ja so unterste Schublade. (I5,
    Da kann man ja auch nervös werden                 21)
    und ‚Ach Gott, wie bringe ich dem das
    jetzt bei? Der versteht mich nicht.‘. Da     Jenseits der Einteilung in internalisierende
    kann man ja auch eine Panik entwi-           und externalisierende Verhaltensauffällig-
    ckeln. (I7, 38)                              keiten wird anhand der Interviews deutlich,
                                                 dass die Söhne mit FXS auch repetitive so-
Die Befragten berichten auch von motori-         wie zwanghafte Verhaltensweisen zeigen,
scher Unruhe in Form von Zappeln oder            wie beispielsweise das ständige Betätigen
Armwedeln – hier sind die Übergänge zu           von Knöpfen oder Schaltern oder auch
den externalisierenden Verhaltensweisen          „übermäßiges Lachen“ (I1, 52) in bestimm-
fließend.                                        ten Situationen. Eine Mutter erzählt:
   Im Bereich der externalisierenden Verhal-         Jetzt neben dem Lachen gibt es auch
tensweisen schildern die Befragten Anzei-            noch etwas Anderes, nämlich diese
chen für Verweigerung, die durch das aktive          Endlosschleifen, da sagt er zum Bei-
Widersetzen bei bestimmten Anforderun-               spiel ‚Pfui, igitt‘. (I7, 24)
gen oder Aktivitäten gekennzeichnet sind
(z. B. nicht in das Auto einsteigen wollen       Auslöser für auffälliges Verhalten
oder bestimmte Räumlichkeiten nicht be-
treten wollen). Darüber hinaus kann es zu        Textstellen der Kategorie „Auslöser für
impulsiven Reaktionen kommen im Sinne            auffälliges Verhalten“ konnten den Unter-
eines deutlichen Überreagierens, ohne je-        kategorien Veränderung der gewohnten /
doch die Ausmaße von destruktivem oder           erwarteten Tagesstruktur, (unerwünschte)
auch selbst- bzw. fremdverletzendem Ver-         Anforderungssituationen sowie (unerkann-
halten anzunehmen. Hierzu zählt beispiels-       te) negative Hintergrundereignisse zuge-
weise Türenknallen. Eine weitere Manifes-        ordnet werden. Es handelt sich hierbei um
tationsform stellt das destruktive Verhalten     verschiedene situative Bedingungen und
dar im Sinne eines zu Beschädigung oder          Kontextfaktoren, die aufgetretenen Verhal-
Zerstörung führenden Umgangs mit Gegen-          tensauffälligkeiten vorausgingen und von
ständen. Neben Fremdaggressionen wie             den Befragten als auslösend gewertet wur-
Schlagen und Treten, Schubsen, Zwicken           den.
oder Kratzen nennen die Befragten auch             Veränderungen verschiedener Art im
Autoaggressionen wie das Beißen in die           Leben der Betroffenen und Übergänge –
Hand oder das Mit-der-Hand-gegen-die-            sowohl kurzfristige als auch langfristige
Wand-Schlagen.                                   – werden als „Hauptproblem“ (I8, 22) be-
     […] aber in dem Moment ist er total aus-    zeichnet, als „Knackpunkt, wenn so große
     geflippt und hat den Regenschirm genom-     Veränderungen anstehen, wie ein Schul-
     men und hat ihn auf ihn gehauen. Denn       wechsel, ein Arbeitsplatzwechsel.“ (I4, 62).
     der wollte ihn am Arm nehmen und dann       Auch ‚positiver Stress‘ – im Zusammenhang
     hat er ihn draufgehauen. (I5, 17)           mit Ereignissen, die von der alltäglichen
174                                                          Meike Engelhardt und Teresa Sansour

Routine abweichen – wird als möglicher         men. Dabei geht es einerseits um Copings-
Auslöser beschrieben:                          trategien, welche die Betroffenen selbst
    Die Aufgeregtheit, er freut sich dann so   nutzen, andererseits um Umgangsweisen
    und regt sich dermaßen auf vor lauter      der Befragten und des Umfelds, was den
    Freude, dass er vielleicht auch manch-     Subkategorien Umgangsweisen der Betrof-
    mal blöde Sachen macht. (I7, 22)           fenen mit der Situation, personenbezogene
                                               Maßnahmen des Umfelds und situations-
Eng verbunden mit solchen Veränderungen        und umfeldbezogene Maßnahmen zuge-
in der gewohnten oder erwarteten Tages-        ordnet wurde. In beiden Fällen kann es sich
bzw. Alltagsstruktur sind Anforderungssitu-    um präventive Maßnahmen handeln oder
ationen, die den Betroffenen nicht zusagen     auch um Reaktionen auf gezeigte Verhal-
und somit von den Befragten als auslösend      tensauffälligkeiten.
für Verhaltensauffälligkeiten wahrgenom-          Bei den Umgangsweisen der Betroffe-
men werden. Neben Anforderungen von            nen lassen sich anhand der Aussagen der
außen zählen dazu auch unerfüllte Erwar-       Befragten drei Strategien erkennen. Die
tungen und Ansprüche an die eigene Person:     jungen Männer mit FXS regulieren ihr Ver-
    Da fehlt eben manchmal einfach die         halten, indem sie sich zurückziehen. Teil-
    Selbsteinschätzung. In vielen Situatio-    weise wird der Rückzug auch kombiniert
    nen kann er es schon, aber gerade bei      mit anderen Verhaltensweisen, die der Re-
    körperlicher Überforderung übernimmt       gulation dienen, z. B. Musik hören. Eine
    er sich dann eben manchmal. (I6, 62)       zweite Strategie stellt die Kompetenz dar,
                                               eigene Befindlichkeiten zu verbalisieren
Eine dritte Gruppe von Auslösern stellen       („er sagt ‚Mama, ich muss mich hinlegen.‘“
negative Hintergrundereignisse dar, die oft-   (I5, 77)). Den Stellenwert dieser Kompe-
mals von den Befragten erst im Nachhinein      tenz betonen auch jene Befragten, deren
erkannt werden. Hierbei lassen sich indi-      Söhne nicht oder nicht immer über diese
viduell bedingte negative Ereignisse und       verfügen („Also er äußert seine Befindlich-
sozial bedingte negative Ereignisse unter-     keiten nicht.“ (I7, 36)). Drittens wird davon
scheiden. Zu ersteren zählen unerfüllte        berichtet, dass die Betroffenen sich regulie-
Grundbedürfnisse wie Hunger, Ruhephasen        ren, wenn sie empathisch erkennen, dass
oder Schmerzfreiheit. Auch Reizüberflutung     ihr Gegenüber unter ihrem Verhalten leidet.
wird hier zugeordnet. Sozial bedingte nega-    Mit der Regulation gehen dann auch Wie-
tive Hintergrundereignisse können sich im      dergutmachungen oder Entschuldigungen
zwischenmenschlichen Bereich ereignen,         einher. Dazu berichtet eine Mutter:
wenn Konflikte mit Kolleg*innen oder Fa-            Dann sieht er, ja jetzt ist die Mama sau-
milienmitgliedern von den Beteiligten nicht         er. Dann geht er, holt eine Flasche Was-
zufriedenstellend gelöst werden konnten.            ser und ein Glas, schenkt sich was ein,
   Insgesamt beschreiben die Befragten im           schenkt mir was ein, dann machen wir
Zusammenhang mit den Auslösern für auf-             Prost, auf dass wir den Ärger runterspü-
fälliges Verhalten Überforderungssituatio-          len (lacht). Und dann trinken wir einen
nen, in denen die Betroffenen Stress erle-          Schluck Wasser und dann ist es wieder
ben.                                                gut (lacht). (I7, 52)

Umgangsweisen mit den Verhaltensauf-           Zu der Unterkategorie personenbezogene
fälligkeiten                                   Maßnahmen der Beteiligten zählen zum ei-
                                               nen präventive Maßnahmen, die im Vorfeld
In der Kategorie „Umgangsweisen mit den        des drohenden Kontrollverlusts eingesetzt
Verhaltensauffälligkeiten“ werden die Stra-    werden, um das Auftreten von Verhaltens-
tegien der Beteiligten in den Blick genom-     auffälligkeiten zu vermeiden. Zum anderen
Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                           175

werden hier auch Maßnahmen aufgegriffen,              haben mir auch gesagt, dass er das ver-
die direkt im Moment der auftretenden Ver-            steht und das glaube ich auch. (I4, 120)
haltensauffälligkeit Anwendung finden, um
den Betroffenen zu beruhigen. Als präven-         Dem gegenüber steht die Strategie des Ig-
tive Maßnahmen wird in mehreren Inter-            norierens der Verhaltensauffälligkeiten.
views von Angeboten zum körperlichen              Schließlich bemühen sich die Befragten
Ausgleich berichtet. Dazu zählen u. a. Sti-       auch darum, Spielräume in kritischen Si-
mulations- und Entspannungsangebote, wie          tuationen zu eröffnen, indem sie dem Be-
„Wirbelsäulengymnastik oder Qigong“ (I1,          troffenen Zeit geben und ihn möglichst
54) sowie genereller körperlicher bzw. mo-        nicht unter Druck setzen, damit dessen Er-
torischer Ausgleich sowohl im Sinne kör-          regungsniveau herabgesenkt werden kann.
perlich anstrengender Arbeit als auch im          Teilweise wird diese Strategie auch damit
Sinne sportlicher Aktivitäten und allgemei-       kombiniert, dass Rückzugsmöglichkeiten
ner Bewegung. Auch „therapeutisches Rei-          eröffnet werden.
ten“ (I5, 3) dient in einem Fall als präventive        Aber es hat sich bei ihm bewährt, wenn
Maßnahme. Des Weiteren wird auch Medi-                 man ihm einfach Möglichkeiten an die
kation in drei Interviews als Maßnahme bei             Hand gibt, dass er gut damit umgehen
Angstzuständen und innerer Unruhe ange-                kann und er letztendlich auch das Ge-
sprochen. Eine Befragte berichtet dazu:                fühl hat ‚Es war jetzt meine Entschei-
     Er nimmt im Moment ein Medikament                 dung, dass ich da mitgehe oder dass ich
     ein wegen seiner psychischen Auffällig-           das jetzt so mache‘. (I8, 60)
     keiten oder Unruhe, die er vor ein paar
     Jahren hatte. Einfach um ein bisschen        Zu den umfeld- und situationsbezogenen
     ruhiger zu werden. Wir werden aber das       Maßnahmen zählen vor allem Strategien,
     Medikament, wenn er sich dort eingelebt      die präventiv eingesetzt werden. Die Be-
     hat- wir sind schon dabei uns da auszu-      fragten berichten davon, dass sie sich be-
     schleichen – wieder absetzen. (I8, 10)       mühen, Transparenz zu schaffen vor als
                                                  kritisch eingeschätzten Übergängen oder
Als Interventionen in der Situation selbst        Veränderungen der gewohnten Abläufe.
werden eine Vielzahl von (erzieherischen)              Da sagen wir es halt drei-, viermal im
Umgangsweisen benannt. Aufmerksamkeit                  Vorfeld. Also wenn wir jetzt Samstag-
und Beruhigung werden in Form von Kör-                 mittag etwas machen wollen, dann sag
perkontakt wie „die Hände auf die Schul-               ich ihm das Freitagabend schon mal
tern zu legen“ (I7, 22) oder Blickkontakt              und beim Frühstück nochmal und dann
und Gesten mit Signalwirkung berichtet.                ist das kein Thema. (I3, 10)
Andere Formen der Aufmerksamkeit sind
beruhigendes, geduldiges Zureden oder             Weiterhin wird versucht, potenziell nega-
Versuche der Ablenkung.                           tive Hintergrundereignisse zu vermeiden,
    Genau, man kann versuchen, ihn zu             wie folgende Mutter berichtet:
    überreden, ihm zu schildern, dass das             Und wenn er dann nicht sofort isst und
    doch ganz schnell geht und dass er das            man nicht guckt, dass er jetzt heim
    ja schön öfter gemacht hat. (I9, 24)              kommt in sein Zimmer und sich hinle-
Ferner berichten die Befragten vom in Aus-            gen kann […] dann ist es echt schwie-
sichtsstellen von Belohnung und Bestrafung            rig. (I5, 27)
oder auch Zurechtweisungen in Form von
Schimpfen.                                        Auch die gänzliche Vermeidung von Situa-
    Die haben wirklich Tacheles mit ihm           tionen, die als potenziell überfordernd ein-
    geredet und haben ihm schon klarge-           geschätzt werden, kommt in den Interviews
    macht, dass es so nicht geht. Und sie         zur Sprache.
176                                                            Meike Engelhardt und Teresa Sansour

    Und seither will er jetzt nicht mehr flie-   keiten, die seit der Kindheit wahrgenommen
    gen und seither habe ich auch immer          wurden. Insgesamt berichten sechs der Be-
    die Angst, also ich weiß jetzt nicht, ob     fragten von einer Abnahme der Auftretens-
    ich fliegen wollen würde mit ihm, weil       häufigkeit der auffälligen Verhaltensweisen,
    wenn dann die Situation wiederkommt,         so beispielsweise folgende Mutter hinsicht-
    was mache ich dann? (I5, 92)                 lich der motorischen Unruhe ihres Sohnes:
                                                      Das war auch sowas, was ganz lang
Im Gegensatz dazu wird in den Interviews              gedauert hat, bis er das einigermaßen
auch berichtet, dass die direkte Konfronta-           ablegen konnte. Er hat also immer so
tion mit Situationen, die als kritisch einge-         gewedelt mit den Armen und Beinen,
schätzt werden, erfolgreich sein kann.                wenn ihn etwas erregt hat. Das ging
    Es gibt auch manchmal […] Sachen                  aber so, sagen wir mal, bis er so zehn,
    oder manchmal muss man, wie gesagt                zwölf war. Dann war das eigentlich
    bei Zahnarzt- oder Arztbesuchen sa-               weg. (I3, 66)
    gen: ‚Wir haben da einen Termin und
    da gehen wir hin und da gibt es auch         Die Interviews lassen ferner darauf schlie-
    keine Diskussionen‘. Und oft spürt er        ßen, dass zudem eine Verlagerung im Be-
    dann auch, da kann er jetzt nicht aus-       reich der Manifestationsform der Verhal-
    weichen, dann funktioniert es auch. (I8,     tensauffälligkeiten stattfindet. Während vier
    60)                                          Befragte davon berichten, in der Kindheit
                                                 hätte ein Schwerpunkt auf irritierenden Ver-
Eine unmittelbare Intervention, die sich auf     haltensweisen gelegen, verstärkten sich zu
das Umfeld bzw. die Situation selbst be-         Beginn der Pubertät bei drei Betroffenen
zieht, ist die Strategie, selbst Ruhe zu be-     eher impulsive Reaktionen, zum Teil ver-
wahren, um einer weiteren Eskalation der         bunden mit aggressivem Verhalten (z. B.
Situation entgegenzuwirken. Zwar wird            verbal-, selbst- oder fremdaggressiv), wäh-
dies von den Angehörigen als wichtige            rend erstere in den Hintergrund traten.
Grundlage betrachtet, ist jedoch laut de-            In der Kindheit waren auch seine autis-
ren Aussagen in der Praxis aufgrund starker          tischen Züge wesentlich stärker ausge-
Emotionalität nicht immer leicht umsetzbar.          prägt als sie es jetzt sind. Manche Din-
    Also meine Maßnahmen sind eigent-                ge, die er früher nicht hätte tun können,
    lich die, wie ich es vorhin schon gesagt         kann er also heute tun, ist da also etwas
    habe, dass ich einfach versuche, es sehr         lockerer geworden. Aber dieses impul-
    ruhig und gelassen zu nehmen, dass ich           sive Reagieren in bestimmten Situatio-
    mir auch einfach sage ‚Das ist schwer            nen ist eigentlich im Alter eher schlech-
    für ihn. Er KANN da nichts dafür, dass           ter oder lauter geworden. (I9, 16)
    er da so reagiert‘. (I9, 62)
                                                 Die Veränderungen werden von einigen El-
Entwicklung der Verhaltensauffällig-             tern auf den Erwerb von Regulationskompe-
keiten                                           tenzen und dem daraus resultierenden ver-
                                                 besserten Umgang der Betroffenen mit ihren
Die Kategorie „Entwicklung der Verhaltens-       Verhaltensauffälligkeiten zurückgeführt.
auffälligkeiten“ umfasst Textstellen zu den           Die vielen Eindrücke auf einmal haben
Unterkategorien Veränderungen der Häu-                ihn einfach überfordert und als Baby
figkeit bzw. Ausprägung, Veränderung der              hat er dann nur noch geweint und du
Erscheinungsform sowie Veränderung in                 konntest ihn dann nicht mehr beruhi-
Bezug auf Copingstrategien. Inhaltlich fallen         gen. Aber wie gesagt, das ist bei ihm
hierunter verschiedene Veränderungen im               mit den Jahren immer besser geworden,
Zusammenhang mit den Verhaltensauffällig-             dass er sich auch selbst rausnehmen
Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                           177

     konnte. (I6, 26)                            Diskussion und Fazit

Zufriedenheit mit Allgemeinsituation             Ziel der hier vorgestellten Studie war es, zu
                                                 untersuchen, wie Eltern von erwachsenen
In der Kategorie „Zufriedenheit mit der All-     Männern mit FXS deren Verhaltensauffäl-
gemeinsituation“ sind Textstellen der Unter-     ligkeiten wahrnehmen, wie mit diesen um-
kategorien aktuelle Zufriedenheit, Verän-        gegangen wird und inwiefern das Verhalten
derungen bezüglich der Zufriedenheit und         Einfluss auf die familiäre Zufriedenheit hat.
Zukunftsgedanken zusammengefasst. Sie            Die von den befragten Elternteilen genann-
beziehen sich auf Einschätzungen hinsicht-       ten Verhaltensauffälligkeiten und die Situ-
lich der Bewertung der Lebenssituation der       ationen, die als auslösend erlebt werden,
Befragten.                                       decken sich mit den Beschreibungen aus
   Alle Befragten gaben an, im Großen und        der Literatur und unterstreichen das Kon-
Ganzen mit der aktuellen Lage zufrieden zu       zept eines Verhaltensphänotyps (siehe hier-
sein, da im Laufe der Zeit Wege gefunden         zu z. B. Sarimski, 2014). Charakteristisch
wurden, sich mit der Situation zu arrangie-      sind Probleme bei der Impulskontrolle, eine
ren. Die Äußerungen in der Unterkategorie        soziale Scheu, Auffälligkeiten im pragmati-
Veränderungen bezüglich der Zufrieden-           schen Sprachgebrauch sowie repetitive, teils
heit machen auch deutlich, dass das Ver-         zwanghafte Verhaltensweisen. Als Auslöser
halten im Vergleich zu früher tendenziell        lassen sich häufig Übergangssituationen
als weniger schwerwiegend eingeschätzt           und Veränderungen in der gewohnten oder
wird. Hinsichtlich der Zukunft werden je-        erwarteten Tagesstruktur ausmachen. Diese
doch durchaus auch Sorgen geschildert,           Befunde zeigen sich u. a. auch in einer eth-
beispielsweise die weitere Entwicklung der       nographischen Studie von Goebell (2018),
Verhaltensweisen betreffend, verbunden           die sich auf Verhaltensauffälligkeiten im
mit einer Vielzahl an Wünschen bezüg-            schulischen Alltag von Jungen mit FXS be-
lich der Verhaltensauffälligkeiten sowie des     zieht. Auf das Verhalten wird von den Be-
Umgangs damit. So wird beispielsweise der        fragten mit einer sehr breiten Palette von
Wunsch nach der Reduktion der Häufig-            erzieherischen Maßnahmen reagiert. In den
keit und Ausprägung der auffälligen Verhal-      Interviews kommt auch zum Ausdruck, dass
tensweisen beschrieben („Ja, also natürlich      unterschiedliche Strategien mit unterschied-
würde man sich wünschen, dass es weniger         lichem Erfolg angewandt werden. Mitunter
ist, dass die Ausbrüche nicht so heftig sind,    legen die Aussagen nahe, dass die Beteilig-
sage ich mal, dass nicht immer so Vieles         ten mit ihren Versuchen, das Verhalten zu
gleich in Mitleidenschaft gezogen wird.“ I9,     regulieren, dieses möglicherweise gleich-
121) sowie der Bedarf an spezifischer, in-       zeitig ungewollt verstärken. Die Aussagen
dividueller Unterstützung und Beratung in        lassen den Schluss zu, dass die Betroffenen
diesem Bereich, wie nachfolgend von einer        in einigen Fällen viel Aufmerksamkeit von
Mutter geschildert:                              ihren Bezugspersonen durch ihr Verhalten
     DA wünsche ich mir einfach jemanden,        auf sich ziehen oder aus für sie unange-
     der einen einfach in irgendeiner Form       nehmen Situationen entlassen werden und
     begleitet, der einem Tipps gibt, der ei-    sich so Anforderungssituationen entziehen
     nem sagt ‚Mensch, so und so kannst du       können. Das Eröffnen von Handlungsspiel-
     denjenigen vorbereiten‘. (I4, 62)           räumen oder auch das präventive Informie-
                                                 ren über Veränderungen scheinen dagegen
                                                 erfolgversprechende Strategien zu sein.
                                                    Insgesamt verweisen die Interviews da-
                                                 rauf, dass die Verhaltensauffälligkeiten der
                                                 Söhne mit FXS im Erwachsenenalter im Ver-
178                                                            Meike Engelhardt und Teresa Sansour

gleich zum Kindes- und Jugendalter als we-      dass sich die Formen des gezeigten Ver-
niger problematisch erlebt werden. Diese        haltens zum Teil verändern bzw. bestimmte
Einschätzung kann auf verschiedene mög-         Verhaltensweisen sogar verschwinden. Die
liche Ursachen zurückgeführt werden. Zum        Tendenz eines einseitigen Rückgangs von
einen erleben die Beteiligten eine Abnah-       impulsivem Verhalten, welche die Studien
me der Häufigkeit. Diese könnte auch da-        von Greenberg et al. (2012) und Cornish
mit zusammenhängen, dass die Söhne zum          (1996) nahelegen, zeigt sich in den Inter-
Teil weniger Zeit mit ihren Eltern verbringen   views aber nicht. Zum Teil werden auch Ver-
aufgrund von Berufstätigkeit oder dem Aus-      haltensweisen, die eher der internalisieren-
zug aus dem Elternhaus. Die Tatsache, dass      den Kategorie zugeordnet werden können,
die Söhne mit FXS in acht von neun Fällen       im Erwachsenenalter weniger. Dies könnte
berufstätig und in drei dieser acht Fälle zu-   aber auch damit zusammenhängen, dass
dem außerhalb des Elternhauses wohnhaft         Rückzugsverhalten von den Eltern nicht
sind, legt diesen Schluss nahe. Die Lebens-     als Verhaltensauffälligkeit wahrgenommen
situation der Söhne kann sich zudem inso-       wird, sondern eher als eine Kompetenz
fern auf das Erleben der Befragten auswir-      oder Copingstrategie der Betroffenen im
ken, als dass das Leben bzw. Arbeiten in        Umgang mit Stresssituationen.
Institutionen meist mit spezifischen Regeln        Die befragten Eltern geben in den Inter-
und Vorgaben einhergeht, die den betroffe-      views an, überwiegend zufrieden zu sein
nen Söhnen mit FXS neue Strukturen bieten       mit der familiären Situation. Anders als in
können. In Einzelfällen wurde jedoch auch       der Studie von Hartley et al. (2012) wer-
ein negativer Einfluss der neuen Wohn-          den Sorgen bezüglich der Zukunft nur ver-
bzw. Arbeitssituation deutlich, wenn sich       einzelt und eher unkonkret genannt. Das
beispielsweise Schwierigkeiten im sozialen      könnte daran liegen, dass der Übergang in
Miteinander auf das Verhalten auswirkten        eine berufliche Tätigkeit bei den Söhnen der
oder erlernte Selbstregulationsstrategien       Befragten bereits vollzogen ist und damit
durch Vorgaben der Einrichtung nicht mehr       bereits ein großer Schritt in Richtung Selbst-
zum Tragen kommen konnten.                      ständigkeit erreicht wurde. Trotzdem geben
   Die beschriebene Wahrnehmung einer           die Eltern an, sich Gedanken darüber zu
Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten         machen, wie sich das Leben ihres Sohnes
kann auch mit verbesserten Copingstra-          gestalten wird, wenn sie nicht mehr für ihn
tegien auf Seiten der Betroffenen zusam-        da sein können. Auch ist davon auszuge-
menhängen. Diese gehen laut einiger             hen, dass die Verhaltensauffälligkeiten nach
Interviewaussagen auch mit verbesserten         wie vor eine Belastung für die Familien
kommunikativen Kompetenzen einher: Die          darstellen, auch wenn sich diese reduziert
Betroffenen können äußern, wenn sie sich        hat. Trotz der Zufriedenheit, welche die Be-
unwohl fühlen und sie haben für sich Stra-      fragten angeben, werden auch Wünsche
tegien gefunden, krisenhafte Situationen zu     nach mehr und passgenauerer Unterstüt-
meistern, zum Beispiel durch einen recht-       zung laut. Die Befragten formulieren den
zeitigen Rückzug bei Reizüberflutung. Auch      Bedarf, von Fachleuten in Bezug auf ihre
ein verbesserter Umgang mit den Verhal-         spezifische Situation konkreter beraten zu
tensauffälligkeiten auf Seiten des Umfelds      werden. Dies deutet darauf hin, dass sich
könnte sich positiv auf die Einschätzung        die Eltern in bestimmten Situationen nicht
des Verhaltens auswirken. So beispielswei-      ausreichend verstanden fühlen.
se, wenn erfahrungsbasiert besser beurteilt        Die Studie ist mit Limitationen verbun-
werden kann, welche situativen Faktoren         den. Hierzu zählt zunächst die geringe
auslösend wirken und welche Maßnahmen           Stichprobengröße. Eine Fallzahl von neun
sich als sinnvoll und zielführend erweisen.     Interviews verfolgt nicht das Ziel, statistisch
Die Interviews deuten ferner darauf hin,        repräsentative Ergebnisse hervorzubringen.
Verhaltensauffälligkeiten bei Menschen mit FXS                                           179

Vielmehr geht es darum, Einblicke in die         Forschungsergebnisse könnten dazu beitra-
Erfahrungen der Befragten zu ermöglichen         gen, Eltern von jüngeren Kindern mit FXS
und folglich aus den Interviews herauszu-        einen empiriebasierten Ausblick auf die
arbeiten, wie Verhaltenssauffälligkeiten der     potenzielle Entwicklung des Verhaltens und
Söhne mit FXS wahrgenommen werden und            damit einhergehender Faktoren zu bieten.
wie damit umgegangen wird, inwieweit             Ergänzend könnte auch eine Fokussierung
Veränderungen mit zunehmendem Alter er-          auf ältere Menschen mit FXS wertvolle Ein-
lebt werden und wie die Befragten die fami-      blicke ermöglichen. An der hier präsen-
liäre Zufriedenheit einschätzen. Bezüglich       tierten Studie beteiligten sich überwiegend
der Stichprobe ist weiterhin zu erwähnen,        Mütter. Es wäre lohnend, weitere Befunde
dass in der Gruppe der Befragten keine           darüber zu erhalten, wie Väter die Entwick-
Geschlechtergleichverteilung      angestrebt     lung ihrer Söhne mit FXS erleben und in-
und erzielt wurde. Dies ist einerseits dar-      wiefern hier andere Formen des Umgangs
auf zurückzuführen, dass es sich bei den an      mit Verhaltensauffälligkeiten auszumachen
einer Studienteilnahme Interessierten vor-       sind. Ferner lassen sich auch praktische Im-
rangig um Mütter handelte sowie anderer-         plikationen ableiten: So veranschaulicht die
seits der Tatsache geschuldet, dass sich die     Tatsache, dass sich die Befragten den Groß-
Samplingstrategie auf Kriterien bezüglich        teil der angewandten Umgangsweisen mit
der Söhne mit FXS bezog. Im Bereich der          den Verhaltensauffälligkeiten ihrer Söhne
Maßnahmen zur Qualitätssicherung hin-            selbst durch Versuch und Irrtum erarbeitet
sichtlich der Datenerhebung ist zu reflek-       haben, die Notwendigkeit syndromspezifi-
tieren, dass die Interviewerin zuvor keine       scher sowie interdisziplinär orientierter Be-
explizite Schulung hierfür durchlaufen hat-      ratungsangebote für Menschen mit FXS und
te. Die Überprüfung der Zuverlässigkeit der      deren Familien. Insbesondere systemische
Kategorien im Zuge der Datenauswertung           Ansätze scheinen hierbei ratsam, bedenkt
hätte außerdem durch Maßnahmen einer             man die von den Befragten beschriebenen
Inter-Coder-Überprüfung ergänzt werden           Auswirkungen auf die familiäre Zufrieden-
können.                                          heit. Auch Plattformen zum Austausch zwi-
   Trotz der genannten Limitationen lässt        schen betroffenen Familien, wie beispiels-
die Studie das Ableiten von Implikationen        weise im Zuge der Elterninitiative, können
für Forschung und Praxis zu. So verdeutli-       als hilfreich erlebt werden. Lokale Unter-
chen die Ergebnisse der Untersuchung den         stützungsangebote könnten hierbei bereits
Bedarf an weiterer Forschung bezüglich der       bestehende Beratungsmöglichkeiten sinn-
Verhaltensregulation im Kontext des FXS.         voll ergänzen.
Es könnte im Zuge von Längsschnittstudien
untersucht werden, inwieweit sich die in
den Interviews erkennbaren Tendenzen be-
stätigen lassen. Nicht zuletzt der konkrete
Wunsch der Befragten nach expliziter Un-
terstützung zugeschnitten auf die Bedarfe
von Menschen mit FXS und deren Umfeld
veranschaulicht die Notwendigkeit, eben-
diese Thematik in den Fokus der Aufmerk-
samkeit zu rücken. Ferner zeigt auch der
potenziell verstärkend wirkende Einsatz
einzelner Maßnahmen im Umgang mit Ver-
haltensauffälligkeiten, dass eine fachliche
Begleitung die betroffenen Familien bei der
Bewältigung unterstützen könnte. Weitere
180                                                           Meike Engelhardt und Teresa Sansour

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