Neue Sicht aufs Licht - Universität Oldenburg
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Wissen und Innovationen 2 | 2019 aus niedersächsischen Hochschulen Technologie-Informationen Neue Sicht aufs Licht Biophotonik Analytik Quantenforschung Lasertechnik Maßgeschneidertes Durchblick mit Neue Erkenntnisse und Schutz vor Licht für Pflanzen Infrarot-Sensoren Anwendungen Produktpiraterie → Seite 9 → Seite 12 → Seite 16 → Seite 23
2 Inhalt und Vorwort Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, optische Technologien sind Innovationstreiber, als Querschnitts- und Technologie-Informationen 2 | 2019 Schlüsseltechnologien für alle wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Neue Sicht aufs Licht Bereiche prägend. Deutsche Unternehmen sind in Bereichen wie Lasertechnik, Mikroskopie, Sensorik, Bildgebung und Beleuchtung Weltmarktführer. 3 Aktuelles In der modernen Produktionstechnik sind Laser als universelle Werkzeuge 4 Was bedeutet Licht für Sie? zum Schneiden, Schweißen, 3D-Drucken, zur Mikro- oder Nanobearbeitung unverzichtbar, von der Fertigung hochintegrierter Computerchips bis hin 6 PhoenixD – digitale Technologien zu ganzen Kreuzfahrtriesen. Optische Sensorik und Bilderfassung ist für revolutionieren die Optik Industrie 4.0 so wichtig wie für die Mobilität mit autonomen Fahrsystemen. 8 Blaulicht – Vorfahrt für wertvolle Optische Technologien bilden die Brücke zwischen der realen und der digitalen Pflanzenstoffe Welt und ermöglichen den rasanten Zuwachs der Datenraten im Internet. In der Medizin lassen sich durch Lasereinsatz präzise Operationen minimalin- 9 Biophotonik – maßgeschneidertes vasiv durchführen, neuartige optische Sensoren beschleunigen die Diagnostik. Licht für Pflanzen 10 Digitalisierung im Stall Niedersächsische exzellente Forschung und Entwicklung trägt signifikant zu den entlastet Tierwirte Innovationen bei, wie die Beiträge in diesem Heft zeigen. Der Querschnitt reicht von Lebenswissenschaften, optischer Messtechnik, Informations- und Sicher- 11 Unkraut mittels Lasertechnik heitstechnik, Produktionstechnik, Quantentechnologien und photonischen bekämpfen Schaltelementen bis hin zur motivierenden Nachwuchsförderung mit Lego®. 12 Durchblick mit Infrarot-Sensoren Lassen Sie sich von den spannenden und innovativen Forschungsprojekten 13 Mehr sehen in der Mikroskopie der niedersächsischen Forscherinnen und Forscher inspirieren. Erhalten Sie im 14 Defekte an Oberflächen – Jahrhundert des Photons einen Einblick in die Zukunftslabore zur nachhaltigen dem Licht entgeht nichts Entwicklung Niedersachsens und unserer Gesellschaft. 15 Kommunizierende Scheinwerfer für sicheren Straßenverkehr 16 Quantenforschung für neue Erkenntnisse und Anwendungen 18 Glasfasern als Lichtleiter und Strahlquelle Prof. Dr. Walter Neu 19 Transistor der Zukunft – Institut für Laser und Optik (ILO) ultraschnell dank Licht Hochschule Emden/Leer 20 Schneller als der Wind – Winzige Windwirbel exakt gemessen Turbulenzen im Laserlicht 22 Multifunktionale optische Materialien 22 Optik für alle 23 Lasergeschriebenes Hologramm schützt vor Produktpiraterie 24 Ultrakurzpulslaser – hochpräzise und extrem schnell 25 Mit dem Laser zur gewünschten Oberfläche Die Technologietransferstellen der niedersächsischen 26 Laserbearbeitung ist Kopfsache Hochschulen erleichtern insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie öffentlichen Einrichtungen den Zugang zu Forschung und Entwicklung. Bei Fragen oder Kontakt- wünschen wenden Sie sich bitte an die Transferstelle in Ihrer Region. Ihre Ansprechpartner finden Sie auf der vorletzten Seite der Technologie-Informationen.
Aktuelles 3 Aktuelles Sicherer Datenaustausch Expertenforum Veranstaltung für die Wirtschaft Produktionsplanung und -steuerung Den sicheren Datenaustausch zwischen Unternehmen Wie sieht die Produktionsplanung und -steuerung der entlang von Wertschöpfungsketten zu unterstützen ist das Ziel Zukunft aus? Welchen Nutzen bringt die Digitalisierung des International Data Space (IDS). Am 19. Juni 2019 stellt die für die Produktion? Wie können sich produzierende TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissen- Unternehmen auf zukünftige Anforderungen vorbereiten? schaften gemeinsam mit dem Forschungszentrum L3S den IDS Diese und weitere Fragen stehen im Vordergrund des in Hannover vor. Mit dem Vorstand Boris Otto ist die Interna- Expertenforums Produktionsplanung und -steuerung tional Data Spaces Association vertreten, die als Verein aus am 14. Mai 2019 in Frankfurt am Main. einem Forschungsprojekt von zwölf Instituten der Fraunhofer- Gesellschaft hervorging. Veranstaltet wird das Expertenforum vom Institut für Fabrikanlagen und Logistik der Leibniz Universität Hannover Es wird Impulsvorträge aus Wirtschaft und Forschung zum in Zusammenarbeit mit dem Werkzeugmaschinenlabor WZL Thema sicherer Datenaustausch geben. Auf der Veranstaltung der RWTH Aachen, der Fraunhofer-Einrichtung IGCV und wird auch der Niedersächsische IDS Hub gegründet, der dazu dem Institut für Produktionsmanagement und -technik der dienen soll, Best-Practices auszutauschen, an konkreten Technischen Universität Hamburg. Durch Impulsvorträge Anwendungsfällen zu arbeiten, Trainings anzubieten und führender Forschungsinstitute sowie hochrangiger Industrie- den IDS als Basis für neue KI-Anwendungen zu nutzen. vertreter werden Trends, Best Practices und Erfolgsfaktoren aufgezeigt. Interessierte sind herzlich eingeladen, das www.l3s.de/de/events Expertenforum zum Erfahrungs- und Wissensaustausch und zur Vernetzung zu nutzen. www.expertenforum-pps.de Elektromagnetisches Spektrum Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki; Grafik: Horst Frank / Phrood / Anony; CC BY-SA 3.0
4 Prolog »Licht bedeutet Leben« Prof. Dr. Jutta Papenbrock Institut für Botanik Was Leibniz Universität Hannover bedeutet Licht für Sie? »Licht bedeutet Energie« Prof. Dr. Michael Wark Lehrstuhl Technische Chemie Universität Oldenburg »Licht bedeutet Sehen« Prof. Dr.-Ing. Roland Lachmayer Institut für Produktentwicklung und Gerätebau Leibniz Universität Hannover
Prolog 5 »Licht bedeutet Länge« Prof. Dr.-Ing. Rainer Tutsch Institut für Produktionsmesstechnik Technische Universität Braunschweig »Licht bedeutet Arbeit« Prof. Dr. Alexander Egner Laser-Laboratorium Göttingen e. V. »Licht bedeutet Information« Prof. Dr. Mirco Imlau Fachbereich Physik Universität Osnabrück
6 Forschung enixD Vision 1 Adaptive PhoenixD-Brille als interaktive Sehhilfe, die sich situativ anpasst PhoenixD — digitale Technologien P Digitale Optik ersetzt die alte analoge Optik – räzisionsoptische Systeme erfüllen vielfältigste Funktionen in den Lebenswissenschaften, der das ist das Ziel des Forschungsverbundes Produktionstechnik, der Sensorik und im täg- PhoenixD. Die Exzellenzstrategie von Bund lichen Leben. »Solche Systeme werden in komplexen mehrstufigen Prozessen hergestellt und betrieben«, und Ländern unterstützt Forscherinnen und berichtet Dr. Sebastian Dikty von der Leibniz Forscher aus fünf niedersächsischen Universität Hannover. »Sie beruhen dabei häufig auf Handarbeit und mühevoller Justage. Die damit Einrichtungen mit einer Millionenförderung verbundenen hohen Kosten verhindern ihren ab 2019 für sieben Jahre. Optische Präzisions- massenhaften Einsatz.« Mit den Schlagworten Industrie 4.0 und additive Fertigung vollzieht sich geräte aus kostengünstiger additiver Fertigung bereits in der modernen Produktion der Wandel zur sollen individuelle Lösungen für vielfältige IT-vernetzten, smarten und individualisierten Ferti- gung zu geringen Kosten. Können digitale Tech- gesellschaftliche Probleme liefern. niken auch die Entwicklung und Herstellung von Präzisionsoptik revolutionieren? Die Optik der Zukunft Antworten liefert der Exzellenzcluster PhoenixD (Photonics, Optics and Engineering – Innovation Across Disciplines). Kooperationspartner der Leibniz Universität Hannover sind die Technische Universität Braunschweig, das Laser Zentrum Hannover e. V., das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) sowie die Physikalisch- Technische Bundesanstalt. »Jetzt ist der Moment, die typische alte analoge Optik durch eine neue digitale Optik zu ersetzen«, ist Prof. Uwe Morgner überzeugt. Als Sprecher des Exzellenzclusters sieht er hierfür drei Voraussetzungen erfüllt: »Steigende Rechnerleistungen und künstliche Intelligenz haben die Simulationskapazitäten vervielfacht. Zudem können der 3D-Druck und neue Materialien den Werkstoff Glas ersetzen.«
Forschung 7 Vision 2 Vision 3 Point-of-Care-Diagnose-System für medizinische PhoenixD-System zur Kommunikation von Diagnosen oder Umweltanalysen Fahrzeugen untereinander und mit Fußgängern revolutionieren die Optik An der Optik der Zukunft arbeiten Expertinnen und anspruchsvolle Prozesse steuern, um selbstlernende Experten unterschiedlicher Disziplinen zusammen. und -optimierende Elemente in die Prozessketten zu »Physiker, Mathematiker und Informatiker erstellen integrieren. »Auch auf dem Gebiet der Lichttechnik zum Beispiel vor der Fertigung exakte Betriebs- sowie der Umwelt- und Arbeitssicherheit wird vorhersagen für optische Systeme«, erläutert Uwe PhoenixD mit adaptiven, flexiblen und individuellen Morgner. Maschinenbauer und Elektrotechniker Lichtwerkzeugen neue Entwicklungen anregen«, entwickeln Produktionsmaschinen und erreichen stellt Sebastian Dikty in Aussicht. Beispiele sind mit neuen Fertigungs- und Messtechniken feinste hochdynamische Beleuchtungssysteme für Fahr- optische Strukturen. Chemiker und Materialwissen- zeuge (siehe Seite 15) sowie integrierte optische schaftler schließlich entwickeln hybride, transpa- Sensoren und Kommunikationssysteme im Automo- rente und druckfähige Materialien. »So können tive-Bereich, 3D-Projektoren mit Mensch-Maschine- wir optische Systeme realisieren, die individuell Interaktion sowie Gas- und Flüssigkeitssensoren. anpassbar sind und neue Anwendungsgebiete erschließen«, fasst der Sprecher zusammen. Vielleicht werden Landwirte bald imstande sein, Unkraut ohne Herbizide effizient zu bekämpfen – Optische Sensoren und Lichtwerkzeuge mit Hilfe eines schnellen und hochpräzisen Mehr- strahl-Laserscanning-Systems, das Unkraut optisch In den Visionen von PhoenixD werden die digita- von Nutzpflanzen unterscheidet (siehe Seite 11). lisierten, adaptiven Optiken in alle Lebensbereiche Darüber hinaus stehen wissenschaftliche Optiken hineinwirken. Die Vielzahl optischer Elemente und im Fokus von PhoenixD, etwa hochauflösende Materialien, die bereits für Spezialanwendungen Mikroskopie und Bildgebung. Schließlich wird entwickelt wurden, dienen hierbei als Ausgangs- PhoenixD kompakte Laserlichtquellen, aktive und punkt. Sebastian Dikty, Geschäftsführer des Exzel- passive mikro- und nanooptische Komponenten lenzclusters, gibt einen Überblick über die mög- sowie präzise Lasermessgeräte wie Interferometer lichen Anwendungen: »Zum Beispiel könnte in oder resonante Strukturen anbieten. Diese Systeme Zukunft die individuelle Brille samt Gestell und sollen disziplinübergreifend einsetzbar sein und Optik aus dem 3D-Drucker kommen und sich im Vergleich zu derzeitigen Geräten eine deutlich situativ an Sehschärfe oder Helligkeit anpassen«, reduzierte Komplexität und potenziell neue führt er aus. Ebenso könnten leichte und kosten- Funktionalitäten aufweisen. Pho günstige optische Sensorsysteme einen Tropfen Blut oder Proben aus der Umwelt schnell und präzise vor Ort analysieren. Exzellenzcluster PhoenixD Leibniz Universität Hannover Für die industrielle Fertigung planen die Forsche- Telefon 0511 762-14770 rinnen und Forscher neuartige Messkonzepte. office@phoenixd.uni-hannover.de Optische Präzisionsmessgeräte sollen dabei www.phoenixd.uni-hannover.de
8 Forschung Quinoa-Sprossen reagieren auf Licht verschiedener Die massenspektrometrische Analyse von Quinoa-Extrakten zeigt, Wellenlängen mit verändertem Wachstum und der dass sich der Gehalt an Inhaltsstoffen je nach Lichteinwirkung erhöhen lässt. Bildung unterschiedlicher Pflanzenstoffe. Blaulicht — Vorfahrt für wertvolle Pflanzenstoffe Pflanzen enthalten eine Vielzahl von wertvollen Inhaltsstoffen, die unsere Gesundheit fördern. Die Konzentration dieser Substanzen hängt von den Umweltbedingungen ab, zum Beispiel von den Lichtverhältnissen. Das Institut für Botanik der Leibniz Universität Hannover untersucht, wie sich der Gehalt gesundheitsfördernder Pflanzenstoffe durch verschiedene Lichtqualitäten erhöhen lässt. L icht reguliert nicht nur das Größenwachstum Die Ergebnisse zeigen, dass blaues Licht die der Pflanzen, sondern ihren gesamten Stoff- Gesamtkonzentration von Flavonoiden im Vergleich wechsel. Damit beeinflusst Licht auch die zu rotem und weißem Licht erhöht hat. Vor allem Bildung sekundärer Stoffwechselprodukte, die für Quercetin-konjugierte Verbindungen wurden durch die Pflanzen meist nicht lebensnotwendig sind. die unterschiedlichen Lichtwellenlängen beeinflusst. Viele dieser Substanzen sind aber wertvoll für Das deutet auf einen bestimmten Biosynthese-Weg unsere Gesundheit. So wirken Flavonoide und hin, der auf Blaulicht reagiert. Die Gesamtkonzen- phenolische Verbindungen stark antioxidativ. tration der phenolischen Substanzen änderte sich Quinoa (Chenopodium quinoa) etwa zeichnet sich im Vergleich zur Kontrolle nicht durch das blaue durch eine hohe Konzentration dieser Verbin- Licht. Eine einzelne Phenolsäure, die Ferulasäure, dungen und einen hohen Proteingehalt im Samen wurde nur bei Blaulicht gebildet, das Wachstum aus. Zudem ist die stresstolerante Pflanzenart aus der Pflanzen ging hingegen leicht zurück. Das den Anden an extreme Umweltbedingungen ange- Forschungsteam arbeitet daran, die Erhöhung von passt und hat somit weltweit Interesse als Nutz- gesundheitsfördernden Substanzen durch Kultivie- pflanze gefunden. rung unter bestimmten Lichtbedingungen noch Bei der LED- besser zu verstehen und in die Praxis umzusetzen. Beleuchtung in Die Botanikerinnen und Botaniker untersuchen in der Klimakammer Hannover die Auswirkungen verschiedener Licht- Leibniz Universität Hannover am Institut für Botanik wellenlängen auf das Wachstum und die Konzen- Institut für Botanik lassen sich die Wellen- tration der sekundären Pflanzenstoffe von Quinoa- Sebastian Pinzón González, M. Sc. längen und Intensität Sprossen. Dazu ziehen sie Quinoa-Setzlinge in Dr. Yvana Glasenapp variieren. Petrischalen unter blauem, rotem und weißem Licht Prof. Dr. Jutta Papenbrock mit verschiedenen Intensitäten und Einwirkzeiten papenbrock@botanik.uni-hannover.de an. Nach sechs Tagen identifizieren sie einzelne www.botanik.uni-hannover.de Verbindungen mittels Massenspektrometrie, ana- lysieren das Wachstum der Setzlinge, die Konzen- tration an phenolischen Säuren, Flavonoiden und die antioxidative Kapazität.
Forschung 9 Biophotonik — maßgeschneidertes Licht für Pflanzen Dynamisch steuerbare LED-Belichtungsmodule für In-vitro-Kulturen P flanzen erhalten die Energie für Wachstums- ein flexibles Belichtungsmodul entwickelt. Mit und Stoffwechselprozesse durch Licht. Gleich- diesem speziell für die In-vitro-Kultur konzipierten zeitig dient Licht über spezifische Fotorezep- LED-Forschungsmodul können die Forschenden toren als Informationsquelle und hat Einfluss auf Effekte von Licht in verschiedenen Entwicklungs- wichtige Entwicklungsprozesse wie Blüteninduk- phasen der Pflanzen untersuchen und unterschied- tion, Spross- und Wurzelbildung sowie die Kom- liche Lichtcharakteristika dynamisch steuern. Unter position von Inhaltsstoffen. In der pflanzlichen Berücksichtigung biophotonischer Aspekte höherer In-vitro-Kultur jedoch bleibt insbesondere der phy- Pflanzen wählten sie die Emissionspeaks der LEDs siologische Effekt der Lichtqualität oft ungenutzt. anhand der Absorptionsmaxima der pflanzlichen Fotorezeptoren aus. Durch die In-vitro-Kulturtechniken werden beispiels- weise qualitativ hochwertige Pflanzen wie Orchi- Das Modul ist Mikrocontroller-basiert und steuert deen, Gehölze und Aquariumspflanzen vegetativ drahtlos über eine Webseite Lichtintensität, Licht- vermehrt oder isolierte Pflanzenzellen regenerieren qualität, Photoperiode und Frequenz der LEDs. auf künstlichem Nährmedium zu vollständigen Als weitere Besonderheiten verfügen die Proto- Pflanzen. Notwendige Wachstumsprozesse werden typen über aktive Wasserkühlung, Temperatur- vorrangig durch Zugabe von Pflanzenhormonen sensoren, homogene Lichtintensitätsverteilung ausgelöst. Allerdings gibt es dadurch auch nach- sowie UV-B-LEDs. Das Institut hat eine Anschluss- teilige Effekte wie genetische, epigenetische oder förderung des Gesamtprojekts zur Weiterentwick- morphologische Veränderungen. Am Institut für lung der Prototypen bereits beantragt. Gartenbauliche Produktionssysteme der Leibniz Universität Hannover sehen die Forschenden vor Leibniz Universität Hannover allem im Faktor Licht einen innovativen Ansatz, Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme um pflanzliche Entwicklungsprozesse zu steuern. Hans Bethge, B. Sc. Prof. Dr. Traud Winkelmann Im Gegensatz zu Leuchtstoffröhren mit konstantem bethge@baum.uni-hannover.de Emissionsspektrum, die pflanzliche Kulturen übli- cherweise belichten, stellen LEDs eine immer effi- zienter werdende Alternative dar. Aus diesem Grund hat Masterstudent Hans Bethge an der Universität Hannover, unter der Leitung von Prof. Traud Winkelmann und in Kooperation mit Prof. Thomas Rath von der Hochschule Osnabrück, Mit dem eigens entwickelten Webinterface lassen Die im Mehretagensystem installierten LED-Belichtungsmodule sind sich die Belichtungsmodule ansteuern. speziell für die pflanzliche In-vitro Kultur entwickelt worden. Sie zeichnen sich durch variable Lichtintensität, dynamisch einstellbare spezifische Emissionsspektren und homogene Verteilung der Lichtintensität aus.
10 Praxis Digitalisierung im Stall entlastet Tierwirte In der Landwirtschaft liegen große Potenziale für den Einsatz digitaler Technologien. Das Start-up corvitac entwickelt mit dem Pig-Counter ein vollautomatisches Zählsystem, Timo Kaiser (von links), Yiyun Luo und Manuel Sprehe das Tierwirte bei ihren aufwändigen entwickeln mit ihrem Start-up corvitac ein automatisiertes Dokumentationsaufgaben unterstützt. Kamerasystem, um Tierwirte von Bürokratie zu entlasten. Von Christina Amrhein-Bläser Z unehmende Dokumentations- und Organisa- unterstützt. Zusammen mit Timo Kaiser und Yiyun tionsaufgaben haben die Arbeit in der Land- Luo entwickelt Maschinenbauingenieur Manuel wirtschaft stark verändert. Existenzgründer Sprehe ein Kamerasystem, welches Tiere automa- Manuel Sprehe weiß, wovon er spricht: »Als Kind tisiert erfassen und damit Kontroll- und Dokumen- habe ich meinem Vater regelmäßig bei seiner Arbeit tationsaufgaben deutlich beschleunigen und als Ackerbauer und Schweinehalter geholfen und vereinfachen soll. Der Pig-Counter soll Schweine ihn zum Beispiel bei der Tierkontrolle unterstützt. während der Umstallung fehlerfrei zählen, die Heute findet ein Großteil seiner Arbeit im Büro Tieranzahl speichern und an entsprechende Melde- statt.« Viele Landwirte könnten mittlerweile nur datenbanken übermitteln sowie den Tierzustand noch selten im Stall sein, erzählt Manuel Sprehe. belegen. Die Daten lassen sich automatisch im Dadurch ginge viel Erfahrung und Zeit verloren, um betriebsinternen Qualitätsmanagementsystem etwa frühzeitig Krankheiten oder andere Probleme speichern. Zusätzliche Hardware oder RFID- bei den Tieren zu erkennen. »Mit unserem Unter- Ohrmarken sind nicht notwendig. nehmen wollen wir die Bürokratie soweit automa- tisieren, dass mein Vater, seine Kolleginnen und »Die Schweine leben je nach Altersstufe in Kollegen wieder mehr Zeit haben, sich selbst um speziell dafür ausgelegten Sauen-, Ferkel- oder die Tiere zu kümmern.« Mastställen«, erläutert Manuel Sprehe. »Üblicher- weise werden die Tiere mindestens zweimal pro Das Gründungsteam corvitac wird vom Mecha- Umstallung durch das Personal von Hand gezählt.« tronik-Zentrum Hannover der Leibniz Universität Selbst in kleinen Betrieben sei die Zählung zeitauf- betreut und von einem EXIST-Gründerstipendium wändig, »und jeder Fehler führt zu einem Umsatz- verlust, wenn der Landwirt die Tiere verkauft«, berichtet er. Der automatisierte Zählprozess entlaste nicht nur den Landwirt zeitlich und finanziell, sondern reduziere auch den Stress für das Tier. »Mit dem gesicherten Videomaterial kann der Landwirt zudem die Haltungsqualität transparent gegenüber der Gesellschaft nachweisen«, hebt der Gründer einen weiteren Vorteil hervor. Sein Team plant nun, das System im Markt zu testen und um zusätzliche Module zu erweitern. corvitac c/o MZH – Mechatronik-Zentrum Hannover Leibniz Universität Hannover Manuel Sprehe, M. Sc. team@corvitac.de www.corvitac.com
Forschung 15 11 Unkraut mittels Lasertechnik bekämpfen Das Laser Zentrum Hannover (LZH) arbeitet an einem neuen Ansatz für die Unkrautbekämpfung in der Pflanzen- produktion. Statt Herbizide nach dem Gießkannenprinzip Wenn hochdosierte auszubringen, wollen die Wissenschaftlerinnen und Laserstrahlung die Wachstumszentren Wissenschaftler Unkraut physikalisch bekämpfen: Ein Laser unerwünschter Beikräuter soll das empfindliche Wachstumszentrum »veröden«. verödet, stirbt die Pflanze (Mitte, nach 14 Tagen) oder wächst schwächer (rechts). D as Ziel des neuen Projektes ist es, weniger Nachteile und auch die Lebensmittelproduktion Links ist eine unbehandelte Herbizide auf Anbauflächen auszubringen wäre chemisch weniger belastet. Kontrollpflanze. und die wuchshemmenden Beikräuter selektiv durch Laserstrahlung zu entfernen. Dazu Die laserbasierte Unkrautbekämpfung wurde bereits entwickelt die Gruppe Food und Farming einen in mehreren Publikationen erfolgreich demonstriert. Demonstrator mit einem robusten, feldtauglichen Notwendig für einen großflächigen Einsatz sind und sicheren Lasersystem. Zusammen mit verfüg- jedoch noch robustere Laserstrahlquellen sowie eine baren Sensor- und Fahrzeugsystemen soll ein möglichst fehlerfreie optische Beikrauterkennung solcher Demonstrator in naher Zukunft über die unter schwierigen Umwelt- und Bodenbedingungen. Anbauflächen fahren und Beikraut anhand der Das LZH forscht im Exzellenzcluster PhoenixD an der Merkmale Form und Absorptionsspektrum optisch Entwicklung neuer, stabiler und preiswerter Optiken, erkennen. Um ungewollte Pflanzen präzise veröden die einen wartungsarmen und störungsfreien zu können, ermitteln die Forschenden im weiteren Normalbetrieb ermöglichen. Projektverlauf die notwendige Bestrahlungsdauer und -dosis zur letalen Schädigung der Pflanzen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das Projekt »NUBELA«. Als Kooperationspartner betei- Je nach eingesetztem Laser, verwendeter Para- ligen sich die Firmen LASER on demand aus Nieder- meter und zu schädigender Pflanzenart können sachsen und IPG Laser aus Nordrhein-Westfalen. die Bestrahlungsdauern erheblich variieren. Unter- Das Projektteam will die Technologie möglichst schiedliche Veröffentlichungen zeigen notwendige schnell zur Marktreife bringen. Bestrahlungen von wenigen Millisekunden bis zu einer Sekunde. Der laserbasierte Ansatz hat gleich Laser Zentrum Hannover e.V. mehrere Vorteile: Pflanzenbauer brauchen weniger Abteilung Industrielle und Biomedizinische Optik Herbizide, die Pflanzen können keine Resistenzen Dr. Tammo Ripken gegen die Laserstrahlung entwickeln, für die aus Telefon 0511 2788-228 Sicht der Biodiversität nützlichen Beikräuter und t.ripken@lzh.de Nützlingsinsekten auf den Flächen entstehen keine www.lzh.de Vision von autonomen Feldrobotern zur Laser-gestützten Struktureller Aufbau einer robusten Unkrautbekämpfung Applikationsoptik
12 Technologieangebot Der Infrarotsensor NIRScreen untersucht beim Milchpulver Der Sensor ist mit Powerbank für den Kontaminationen durch Melamin. mobilen Einsatz geeignet. Durchblick mit Infrarot-Sensoren Die nächste Generation der Prozessanalytik I n vielen industriellen Produktionsprozessen ist dank des breiten Lichtspektrums (900 bis 2500 nm) eine kontinuierliche Kontrolle der Vorgänge unab- verschiedenste Parameter in direkter Prozessum- dingbar. Bei der Qualitätsprüfung von Rohstoffen gebung berührungslos erfassen. So lassen sich bei und Produkten bei Lebensmitteln, Milcherzeug- diversen Lebensmitteln unter anderem Reifegrad, nissen, Kunststoffen oder Kraftstoffen ist die Pro- Feuchte-, Fett- und Proteingehalt messen. zessanalytik aktuell aber nur auf wenige messbare Parameter beschränkt, zum Beispiel pH-Wert, Die smarten Sensoren sind sowohl als mobiles Gerät Temperatur und Leitfähigkeit. Der Diplom-Chemiker als auch als Labor- und automatisierte Industriepro- René Ungermann hat in seiner Forschungszeit an zessvariante erhältlich. Die Software lässt sich über der Universität Oldenburg einen großen Bedarf an einen Touchscreen oder alternativ über ein eigenes neuen sensitiven Messgeräten erkannt, die sich Endgerät bedienen, indem der Sensor ins eigene direkt vor Ort einsetzen lassen. Er gründete 2018 mit Netzwerk eingebunden wird. Aktuell werden die der Unterstützung der Universität und eines EXIST- Sensoren bereits im Interreg-Projekt MEDUWA Gründerstipendiums das Start-up InProSens. eingesetzt, um die Filtrationsleistung von Hoch- leistungsfiltersystemen zu überwachen. Bei inte- Mit seiner Expertise für optische Messtechnik ent- ressierten Unternehmen kann das Gründungsteam wickelt das Team innovative Sensoren auf Basis von unverbindlich Testmessungen vor Ort vornehmen nahem Infrarot (NIR) für unterschiedlichste chemi- oder anhand von Proben prüfen, ob die Sensoren sche Strukturen. Aufgrund des modularen Aufbaus für die gewünschten Anwendungen einsetzbar sind die Sensoren universell für verschiedenste sind. Das Start-up ist sehr an Kooperationen und Anwendungen einsetzbar, in denen feste, flüssige neuen Anwendungsfeldern für seine Produkte oder pastöse Substanzen und Materialien konti- interessiert. nuierlich oder auch stichprobenartig untersucht werden sollen. Sie eignen sich etwa für Milch, Öle, InProSens UG (haftungsbeschränkt), Fette, Polymere, Kraftstoffe, Algen und Nährstoffe. Oldenburg Es sind weder Reagenzien noch eine vorherige Dipl.-Chem. René Ungermann Probenaufbereitung notwendig. Die Sensoren info@inprosens.com der Produktlinien NIRScreen und NIRLyzer können www.inprosens.com
Praxis 13 Mehr sehen in der Mikroskopie Digital steuerbare Filter beschleunigen Bildaufnahmen Z ellen beim Leben zusehen – der Goldstandard in der Forschung dazu ist die Fluoreszenz- mikroskopie. Anfärbungen sorgen für einen spezifischen, hohen Kontrast des Bildes. Um genaue Untersuchungsergebnisse zu erhalten, müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die spektralen Eigenschaften optimal auf die Anwen- dung und Fluoreszenzfarbstoffe einstellen. Hierfür kombinieren sie gewöhnlich mehrere optische Filter, die sie mechanisch wechseln müssen – meist den kompletten Filtersatz. Die Arbeitsgruppe Laser in der Medizin, Mikroskopie und Analytik der Hoch- schule Emden/Leer hat in Kooperation mit der Firma AHF analysentechnik AG das TuneCube- Mikroskop entwickelt. Dieses innovative System ermöglicht erstmals schnelle, hyperspektrale Bild- aufnahmen ohne Filterwechsel. Die durchstimmbaren Dünnfilmfilter lassen sich dynamisch, per Softwaresteuerung, im Winkel variieren. Da so die spektralen Eigenschaften eines Filters verändert werden können, ersetzt das System mehrere Filtersätze und kann sogar neue gene- rieren; Strahlteiler entfallen vollständig. Diese flexible digitale Ansteuerung erlaubt es, mehrere Farbkanäle ohne Filtertausch schnell und adaptiv aufzunehmen. Die verwendeten Dünnfilmfilter Das neuartige Fluoreszenzmikroskop ermöglicht eine zeichnen sich durch hohe Transmission im Mess- hyperspektrale Vollfeld-Bildgebung mit durchstimmbaren bereich aus und unterdrücken gleichzeitig uner- Dünnschichtfiltern. wünschte Strahlung effizient. Ohne Nachjustierung können Anwender schnell zwischen Standard- Fluoreszenzmikroskopie und hyperspektraler Bildgebung wechseln, die im vollen Sichtfeld der Probe erfolgt. Im Vergleich zu einem Forschungsmikroskop Zeiss Axio Observer ist das TuneCube-Mikroskop bezogen auf eine Standard-Referenzprobe (Argolight) eben- bürtig bezüglich Bildqualität, Beleuchtungshomo- genität, Feldverzerrung und Kontrast. Messungen an Quantendots zur spektralen Charakterisierung ergeben eine Auflösung von unter drei Nano- metern, für alle Kombinationen durchstimmbarer Filtertypen ohne Bildkorrekturalgorithmen. Das System eignet sich zum einen zu sub-beugungs- begrenzten Methoden, zum Beispiel zur Förster- Resonanzenergietransfer (FRET)- und zur Ca2+- Bildgebung. Zum anderen ermöglicht es spektros- kopische Anwendungen, etwa zur Analyse variabler Spektren mit relativer Helligkeitsreferenz oder zur spektralen Auftrennung nah benachbarter Linien. Hochschule Emden/Leer Institut für Laser & Optik Prof. Dr. Walter Neu Telefon 04921 807-1456 walter.neu@hs-emden-leer.de Ohne Filterwechsel lassen sich verschiedene Chlorophyll- https://ilo.hs-emden-leer.de Fluoreszenzspektren der Grünalge Micrasteria aufnehmen www.ahf.de (Falschfarbendarstellung).
14 Technologieangebot Das neue Messprinzip weist Defekte an spiegelnden Das neuartige Verfahren erfasst sogar Kratzer, deren Abmessungen Oberflächen sehr empfindlich nach. Selbst winzige Kratzer deutlich unterhalb der Digitalauflösung des Kamerasystems liegen – oder Einschlüsse streuen das reflektierte Licht, vermindern hier einen Kratzer mit einer Breite von 3,5 µm (dunkle Struktur in weiß den Kontrast und sind dadurch detektierbar. markiertem Ausschnitt) bei einer Auflösung von zirka 54 µm/Pixel. Defekte an Oberflächen — dem Licht entgeht nichts Neues Prüfverfahren erleichtert Automatisierung V iele technische Erzeugnisse weisen spie- Auf diese Weise kann das Verfahren mit hoher gelnde oder transparente Oberflächen mit Empfindlichkeit Kratzer, Schrammen, Verunreini- bestimmten Funktionen auf. Hierzu zählen gungen, Poren, Einschlüsse oder vergleichbare etwa optisch abbildende Grenzflächen von Spiegeln Unvollkommenheiten sichtbar machen. Das IPROM und Linsen, aber auch lackierte oder polierte Ober- belegt mit seinen bislang durchgeführten Unter- flächen von Konsumgütern, die der Produktästhetik suchungen, dass das Messprinzip an ebenen und dienen. Um die Produktqualität sicherzustellen, ist gekrümmten Oberflächen sowohl in Reflexion als es oftmals erforderlich, auch kleine Oberflächen- auch in Transmission anwendbar ist. Ein vorteil- defekte wie Kratzer oder Poren zu lokalisieren und hafter Unterschied zur verwandten Deflektometrie zu klassifizieren. Diese Aufgabe übernehmen in besteht darin, dass keinerlei geometrische Ein- vielen Fällen noch Qualitätsprüfer durch visuelle messung der Systemkomponenten erforderlich ist. Sichtprüfung. Das erfolgt üblicherweise unter Somit lässt sich das Verfahren sehr flexibel an unter- Dunkelfeldbeleuchtung, wobei sich die fehlerhaften schiedliche Prüfsituationen anpassen. Das Institut Strukturen vor einem dunklen Hintergrund hell sucht Kooperationspartner, die das Verfahren testen abheben. Bei diesem Vorgehen ist eine Automati- und an ihre jeweiligen Problemstellungen anpassen sierung sehr schwierig. möchten. Das Institut für Produktionsmesstechnik (IPROM) Technische Universität Braunschweig der Technischen Universität Braunschweig hat für Institut für Produktionsmesstechnik derartige Inspektionsaufgaben ein neuartiges Prof. Dr.-Ing. Rainer Tutsch Messprinzip entwickelt und erprobt. Dieses begüns- Dr.-Ing. Marcus Petz tigt die Automatisierung des Prüfprozesses durch Telefon 0531 391-7028 eine einfacher beherrschbare Beobachtung in Hell- iprom@tu-braunschweig.de feldanordnung. Hierbei zeigt ein Flüssigkristallbild- www.iprom.tu-bs.de schirm Mustersequenzen an, eine elektronische Kamera zeichnet das vom Prüfling durch Spiegelung oder Brechung beeinflusste Abbild auf. Ober- flächendefekte verändern das Streuverhalten in charakteristischer Weise. Durch Bestimmung der lokalen Kontrastverhältnisse können die Anwender das Streuverhalten der Oberfläche ortsaufgelöst charakterisieren.
Forschung 15 Kommunizierende Scheinwerfer für sicheren Straßenverkehr Innovative Konzepte für autonome Fahrzeuge S ehen und gesehen werden – auf diesem Um Informationen wie Warnungen, Navigations- Grundsatz basiert die Sicherheit im Straßenver- hinweise oder Zebrastreifen farbig direkt auf der kehr. Die Kommunikation im Verkehrsraum ist Straße abzubilden, kommen laserbasierte Systeme durch den Blickkontakt zwischen Fahrzeugen und zum Einsatz. Der Vorteil ist, dass die Symbole direkt Personen sowie durch das Verhalten jedes einzelnen im Blickfeld des Autofahrers liegen oder sich für Verkehrsteilnehmers geprägt, zum Beispiel an andere Personen neben das Fahrzeug lenken lassen. Zebrastreifen. In einem zukünftigen Szenario, bei Die Laser lassen sich in idealer Weise mit hochauf- dem teil- und vollautonome Fahrzeuge am Straßen- lösenden Fahrzeugscheinwerfern kombinieren. verkehr teilnehmen, wird der für die gefühlte Sicher- Basierend auf Kamerabildern und anderen Sensor- heit wichtige Blickkontakt entfallen. Forscherinnen daten leuchten diese den Verkehrsraum adaptiv und Forscher des Instituts für Produktentwicklung aus, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu blenden. und Gerätebau der Leibniz Universität Hannover Diese Schweinwerfer bestehen nicht wie üblich beschäftigen sich daher mit der Frage, wie motori- aus wenigen Bildpunkten, sondern aus bis zu einer sierte und nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer in Million Pixeln, die sich einzeln steuern lassen. verschiedensten Situationen sicher miteinander kommunizieren können. Das Team erarbeitet aktuell, wie Symbole auf der Straße gestaltet werden sollten, damit diese den Der Informationsaustausch autonomer Fahrzeuge gewünschten Empfänger erreichen. Darüber hinaus untereinander und mit der Infrastruktur (Car-2-X) untersucht es Aspekte wie Lasersicherheit, den ist funkbasiert. Doch solange der Verkehrsraum notwendigen Kontrast bei Tag und Nacht, den erfor- ein offener und zugänglicher Bereich ist, wird es derlichen Farbraum und die Sichtbarkeit in Abhän- Verkehrsteilnehmer geben, die nicht digital vernetzt gigkeit vom Straßenzustand. sind. Hierzu gibt es verschiedene Lösungsansätze. Das hannoversche Forschungsteam entwickelt Leibniz Universität Hannover Lichtassistenzsysteme nach dem Motto »Licht Institut für Produktentwicklung und Gerätebau spricht«. Dabei sollen hochauflösende Scheinwerfer Prof. Dr.-Ing. Roland Lachmayer zum Beispiel farbige Informationen oder Symbole Marvin Knöchelmann, M. Sc. auf die Straßenoberfläche sowohl tags als auch ipeg@ipeg.uni-hannover.de nachts projizieren. ipeg.uni-hannover.de Prototyp eines Laserscanners zur adaptiven Kontrastreiche Symbolprojektion mit einem Ausleuchtung der Straße hochauflösenden Scheinwerfer
16 Forschung Bei extrem kalten Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt lassen sich Atome als Materiewellen beschreiben. Zu sehen ist die Dichteverteilung eines Rubidium-Gases in einem so genannten Bose-Einstein-Kondensat, deren wellenförmige Ausbreitung an Schwingungsmoden einer Trommel erinnern. Quantenforschung für neue Erkenntnisse und Anwendungen I Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus solierte Atome und Moleküle stellen schon lange die am besten kontrollierbaren Systeme dar, um Niedersachsen widmen sich einer der größten fundamentale Fragen der Physik zu studieren und Herausforderungen der modernen Physik: zu beantworten. Die Vision des neuen Sonderfor- schungsbereichs (SFB) »DQ-mat – Designte Quan- Quanteneigenschaften von Vielteilchensystemen tenzustände der Materie« ist es, die Kontrolle zu verstehen. Sie erforschen, wie sie die Eigen- über isolierte Atome und Moleküle (Ein-Teilchen- Systeme) auf große Quantensysteme (Viel-Teilchen- schaften von Licht und Materie messen und Systeme) auszudehnen. Hierbei kooperieren die kontrollieren können, um Anwendungen Leibniz Universität Hannover, die Physikalisch- Technische Bundesanstalt in Braunschweig und das zu entwickeln. Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation in Bremen. Sie entwickeln neue Methoden zur Herstellung, Manipulation und Detektion von Quantenzuständen, um das Verständnis physikalischer Vorgänge zu erweitern und mögliche Anwendungen in der Metrologie zu erschließen Optische Uhren Jüngste Entwicklungen in der Messtechnologie, etwa optische Uhren mit einer Genauigkeit von 18 Stellen hinter dem Komma (ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde), demonstrieren eindrucksvoll die Kontrolle über Ein-Teilchen-Systeme. »Das bedeutet, dass die Uhr erst nach 30 Milliarden Jahren – dem doppelten Alter des Universums – um zirka eine Sekunde nach- oder vorgehen wird«, verdeutlicht SFB-Geschäftsführer Dr. Alexander Wanner. Ihm zufolge dienen optische Uhren mit derartig hoher Genauigkeit zum einen der exakten Bestimmung eines Zeitpunktes oder einer Zeitdauer von kurzlebigen Abläufen in der Forschung. Zum Studierende führen Arbeiten an einem Optik-Experiment durch. anderen lassen sich damit verschiedene Zeitsysteme
Forschung 17 Was sind Quanten? Die Quantenphysik beschreibt Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten der Materie, deren Zustände und Vorgänge mit der klassischen Mechanik nicht mehr beschrieben werden können. Beispiele für ein Quant sind das Elektron und das Photon. Die Strom- und Lichtteilchen existieren nur ganz oder gar nicht und können — je nach der Art der Messung — sowohl den Charakter einer Welle als auch den eines Teilchens annehmen (Welle-Teilchen-Dualismus). Wellen breiten sich im Raum aus, schwächen oder verstärken sich durch Überlagerung. Ein klassisches Teilchen kann zu einem Zeitpunkt nur an einem bestimmten Ort anwesend sein. Der Quantentheorie folgend wird nun jedem Körper eine Materiewelle zugeschrieben. Die Quantenmechanik bezieht sich auf einzelne Teilchen im Größenbereich der Atome und Elementar- teilchen und lässt sich auf Systeme mit vielen Teilchen übertragen. Mit den spezifischen Eigen- schaften der Quanten sind Computer, Sensoren Bei der neuartigen Ionenfalle ermöglichen dünne Abstandshalter und neuartige Messtechnologien denkbar, zwischen den Elektrodenschichten einen 3D-Laserzugriff. die bisherige Leistungen weit übertreffen. cab und -skalen koordinieren. Weitere Anwendungen und das Verständnis für die Eigenschaften von für robuste optische Uhren in der Zukunft sieht er Verschränkung in Quantensystemen vertiefen. in der Telekommunikation, in der Energieversor- »Die Anwendung neuster Erkenntnisse in der gung, zum Kalibrieren in der Industrie und zur experimentellen Forschung wird es uns erlauben, Navigation mit deutlich verbesserter Präzision. mögliche Variationen von fundamentalen physi- kalischen Konstanten nachzuweisen«, erklärt Ein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Ausdeh- Alexander Wanner. Ein Beispiel dafür ist die Fein- nung von Ein-Teilchen-Systemen auf große, wech- strukturkonstante α, die die Stärke der elektro- selwirkende und verschränkte Quantensysteme. magnetischen Wechselwirkung beschreibt, also Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie stark ein Elektron vom positiv geladenen Atom- entwickeln Konzepte zur Manipulation, Erkennung kern angezogen wird. Möglicherweise bringen die und Charakterisierung von Quantenkorrelationen in Forschungen sogar Licht in eines der großen unge- Systemen von zehn bis zu zehntausenden von Parti- lösten Rätsel der Physik: Wie vereint man Einsteins keln. »Letztlich wollen wir die Fähigkeit erlangen«, Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik? erläutert Alexander Wanner, »die Wechselwirkung von Atomen und Molekülen mit Licht auszunutzen, Schülerlabor foeXlab um Quantenzustände von Materie zu detektieren und kontrollieren.« Zum Beispiel soll es dadurch Aber auch den Nachwuchs hat der Sonderfor- gelingen, die Genauigkeit und Auflösung von schungsbereich im Blick. Das Schülerlabor foeXlab Quantensensoren wie optischen Uhren und Mate- an der Leibniz Universität Hannover wendet sich riewellen-Interferometern signifikant zu verbessern. an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II, an ihre Lehrkräfte sowie an Lehramtsstudierende. Neben praktischen Anwendungen kann durch Hier gibt es Arbeitsstationen zu den Grundlagen hochgenaue Messungen mit optischen Uhren der Optik und fortschrittliche Laser-Interferometer. und Materiewellen-Interferometern der nächsten Das Labor bietet Vorträge sowie Trainings- und Generation die Physik der Grundbausteine der Praktikumsprogramme an. Materie erforscht werden. »Voraussichtlich können wir dadurch auch unser Verständnis der Naturge- setze überprüfen«, erwartet der Physiker. Dazu Leibniz Universität Hannover gehören beispielsweise Fragen wie: Ändern sich Sonderforschungsbereich »DQ-mat« möglicherweise Naturkonstanten? Werden funda- Prof. Dr. Piet. O. Schmidt mentale Symmetrien in der Physik verletzt? Prof. Dr. Klemens Hammerer Welchen Einfluss hat Gravitation auf Quanten- Dr. Alexander Wanner systeme? Neuartige Beschreibungsmethoden alexander.wanner@quest.uni-hannover.de sollen die Computersimulation effizienter machen www.dq-mat.uni-hannover.de
18 Forschung Modified Chemical Vapor Deposition (MCVD)-Anlage am HITec der Leibniz Universität Hannover zur Erforschung neuartiger Faserkonzepte und strahlungsharter Fasern Glasfasern als Lichtleiter und Strahlquelle Spezialanfertigung aus Hannover D ie optische Glasfasertechnologie findet viel- Ausgehend von einem hochreinen Glasrohr bauen fältige Anwendungen in unserem täglichen die Forscherinnen und Forscher zunächst mittels Leben: in medizinischen Endoskopen, in der Modified Chemical Vapor Deposition (MCVD) eine Laserbearbeitung von Materialien, in hochmo- sogenannte Preform auf. Dieser Glasstab mit 10 bis dernen Sensorkonzepten oder auch in der opti- 50 Millimeter Durchmesser und über einem Meter schen Datenübertragung. Mit dem Ziel, spezielle Länge wird in der Folge lokal aufgeschmolzen und optische Fasern zu entwickeln und zu produzieren, in einem zwölf Meter hohen Faserziehturm zur startet derzeit eine interdisziplinäre Forschungs- fertigen Faser ausgezogen. Auf diese Weise gruppe an der Leibniz Universität Hannover. Ins- entstehen innerhalb eines Arbeitstages bis zu besondere sollen maßgeschneiderte Faser-Laser- 200 Kilometer Faser mit einem typischen Faser- systeme und neuartige Sensorkonzepte mit durchmesser von 125 Mikrometer. Das besondere sogenannten strahlungsharten Fasern konzipiert Potenzial der Anlagen besteht vor allem in der werden, die robust genug für den Einsatz im flexiblen Verwendung komplexer Dotierungsprofile Weltraum sind. Das neu gebaute HITec-Institut und -materialien bis hin zu Nanopartikeln. stellt hierfür eine leistungsfähige Infrastruktur mit zwei Reinraum-Laboren, die eine vollständige Ein Alleinstellungsmerkmal der eingerichteten Produktionskette zur Faserherstellung und einen Labore ist die Verbindung der klassischen Forschung Faserziehturm beherbergen, zur Verfügung. an laseraktiven Glasfasern mit Weltraumanwen- dungen, mit den Quantentechnologien und ins- Die Lichtleitung in optischen Fasern beruht auf besondere auch mit der Quantensensorik. Damit dem Effekt der Totalreflexion an einer Grenzfläche: entstehen am Standort Hannover neuartige Ein innerer hochbrechender Faserkern ist von einem Möglichkeiten, zukunftsweisende Faserkonzepte niedrigbrechenden Mantel umgeben. Durch Zusatz zu erforschen und wichtige Impulse für die Laser- unterschiedlicher Fremdatome, sogenannter technik und deren Anwendung zu setzen. Dotanden, im Kern und im Mantel lassen sich die Eigenschaften und der Brechungsindex innerhalb Leibniz Universität Hannover einer solchen Glasfaser gezielt variieren. So gelingt Hannover Institute of Technology (HITec) eine praktisch verlustfreie Führung von Licht Prof. Dr. Detlev Ristau entlang einer optischen Faser über hunderte Dr. Axel Rühl von Kilometern. Zudem lassen sich Fasern durch Dr. Matthias Ließmann Verwendung spezieller Dotanden wie seltene d.ristau@lzh.de Erden herstellen, die Licht bis hin zur Laseraktivität www.iqo.uni-hannover.de/de/arbeitsgruppen/ verstärken. lasercomponentsandfibers/
Forschung 19 Transistor der Zukunft — ultraschnell dank Licht Signalkontrolle im Nanometerbereich T agtäglich werden sie billionenfach verwendet: Form von sogenannten Plasmonwellen mit nur Elektronische Transistoren dienen in jedem einigen wenigen Schaltermolekülen wie Farbstoffen Smartphone oder Computer als kleinstmög- oder Quantenpunkten zu erzwingen. liche Recheneinheit. In den Transistoren wird elektrischer Strom dazu verwendet, den Informa- Dabei kann der in der Abbildung grün dargestellte tionsfluss – wiederum Strom – gezielt an- und aus- Kontrollpuls darüber entscheiden, ob der von unten zuschalten und somit Rechenoperationen durch- links eingekoppelte Signalpuls bis zur Auskopplung zuführen. Einer weiteren Miniaturisierung dieser durchgelassen oder vom Schaltermaterial absorbiert Bauteile und damit einer Geschwindigkeitszunahme wird – und das auf einer räumlichen Skala von nur der Prozessoren sind jedoch physikalische Grenzen wenigen Nanometern. Die Geschwindigkeit, mit der gesetzt, die bald erreicht sind. Dieser Herausforde- dieser Schalter im Prinzip geöffnet und geschlossen rung stellen sich Physikerinnen und Physiker der werden kann (also die Taktrate), liegt im Bereich Universität Oldenburg und erproben ein völlig von einigen Terahertz und übertrifft damit die neues Konzept zur Funktionsweise eines Transistors. Geschwindigkeit jedes elektronischen Transistors um mehrere Größenordnungen. Das Forschungs- Anstelle des Stromflusses durch Elektronen wollen team versucht, einen solchen Schalter erstmals zu sie Licht, also Photonen, dazu verwenden, den Infor- realisieren und zu testen. Dabei interessiert es sich mationsfluss in Form anderer Photonen gezielt zu vor allem für die hohe Taktfrequenz, die mit einem steuern. Photonen lassen sich jedoch sehr ungern solchen Schalter erreicht werden kann. auf kleine Dimensionen einsperren und reagieren zusätzlich kaum mit anderen Photonen. Dies sind jedoch Voraussetzungen für einen funktionierenden Universität Oldenburg photonischen Schalter. Die Forschenden stellen nun Institut für Physik in diesem Projekt extrem kleine metallische Struk- Dr. Martin Silies turen mit der neuartigen Methode der Helium- Telefon 0441 798-3515 Ionen-basierten Lithographie her. Diese nutzen sie, martin.silies@uol.de um die Wechselwirkung von Licht in Metallen in www.uol.de/photonictransistor Der photonische Transistor soll die Signalübertragung beschleunigen: Der Informationsfluss und die Kontrolle über ein Schaltermolekül erfolgt nicht durch elektrischen Strom, sondern durch Licht, also Photonen.
20 Forschung Schneller als der Wind Um Windenergieanlagen und Windparks optimieren zu können, benötigt die Windenergieforschung exakte Messmethoden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Windenergieforschung (ForWind) entwickeln an der Universität Oldenburg hierfür neue Technologien, die auf dem Einsatz von Laserlicht und Hochgeschwindigkeitskameras basieren. Der an der Universität Oldenburg entwickelte hochpräzise Windmesser misst Turbulenzen Winzige Windwirbel exakt gemessen in einem Offshore- W Windpark in der er morgens Milch in seinen Kaffee rührt, von ihm reflektierten Laserstrahl in zwei Richtungen Nordsee. produziert turbulente Strömungen. ab. Die Richtung des reflektierten Lichtes wird Solche Turbulenzen lassen sich überall erfasst und intern ausgewertet. Auf diese Weise beobachten – von der Kaffeetasse bis hin zu erreicht der hochsensible Strömungsmesser eine Wirbeln in der Atmosphäre. Um diese turbulenten räumliche Auflösung von 160 Mikrometern. Strömungen in der Atmosphäre und ihre Aus- wirkungen auf Windenergieanlagen besser zu Das Forschungsteam setzt den neuartigen Wind- verstehen, hat das ForWind-Team an der Univer- messer in Offshore-Windparks oder bei Experi- sität Oldenburg eine neue Art von Windmesser menten im Oldenburger Windkanal ein. Mit seiner entwickelt: das sogenannte 2D-Laser Cantilever robusten Bauart und der geringen Größe lässt sich Anemometer (2D-LCA). das Gerät auch unter schwierigen Bedingungen flexibel anwenden. So lassen sich etwa Strömungs- Mit Hilfe eines Lasers kann das 2D-LCA winzig geschwindigkeiten von Flüssigkeiten mit Partikeln kleine Wirbel im Mikrometerbereich exakt messen oder nahe einer Begrenzung damit messen. In dem mit bis zu 150.000 Messwerten in der Sekunde. gerade gestarteten Projekt MARL fördert das Dieses etwa 22 Zentimeter lange Anemometer Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die erfasst Strömungsgeschwindigkeiten in zwei Weiterentwicklung des 2D-LCAs bis zur Marktreife. Dimensionen. Dazu wird ein Biegebalken, der Canti- Die bestehenden Prototypen sollen insbesondere in lever, in die Strömung gehalten und mit einem Laser Bezug auf Signalqualität und Handhabung verbes- angestrahlt. Unter der Kraft der Strömung verbiegt sert werden und so einer breiteren Nutzergruppe und/oder verdreht sich der Balken und lenkt so den aus öffentlichen Forschungseinrichtungen und Entwicklungsabteilungen privater Unternehmen zur Verfügung stehen. Universität Oldenburg ForWind – Zentrum für Windenergieforschung Dr. Jaroslaw Puczylowski Telefon 0441 798-3952 jaroslaw.puczylowski@uni-oldenburg.de www.uol.de/twist/forschung/messtechnik/ laser-cantilever-anemometer/ Beim neuartigen Windmesser erfassen Laser Veränderungen des Biegebalkens im Mikrometerbereich.
Forschung 21 Das Strömungsfeld über dem Rotorblatt basiert auf den Messergebnissen und gibt Aufschluss über die einwirkenden Lasten. Turbulenzen im Laserlicht W ie strömt der Wind um das Rotor- Auswertungsprogramme berechnen. Die Kameras blatt einer Windenergieanlage? Was machen dabei bis zu 12.000 Bilder pro Sekunde. geschieht, wenn eine Windböe das Blatt trifft? Um die Lebenszeit von Windenergie- Die Ergebnisse zeigen, wie der Wind das sich bewe- anlagen zu verlängern, sind Wissenschaftlerinnen gende Rotorblatt umströmt. Besonders interessiert und Wissenschaftler auf immer genauere Mess- die Forschenden, wann und wie die Strömung vom methoden und Regelungstechniken angewiesen. rotierenden Blatt abreißt und welche Windsituatio- Dem Oldenburger Team von ForWind ist es nun nen zu den größten Schlägen und dynamischen gelungen, eine bildgebende Messmethode für Lasten auf die Komponenten der Windenergieanlage turbulente Strömungen anzupassen und im führen. Im Windkanal sind die Messungen unter großen Oldenburger Windkanal an einer rotie- kontrollierten Bedingungen reproduzierbar. So kann renden Modellwindturbine anzuwenden. das Team beispielsweise mehrere Versuche mit dem gleichen turbulenten Windfeld durchführen. Da sie Hier können die Forschenden eine Modellwindtur- mit der PIV-Methode nur in einem dünnen Lichtschnitt bine turbulenten Strömungen aussetzen, die sie mit messen können, arbeiten die Forschenden bereits an Hilfe eines aktiven Gitters erzeugen. Ein Laser macht einer Weiterentwicklung. Dabei wollen sie mittels winzige, der Luft zugesetzte Partikel sichtbar und Holografie dreidimensionale Strömungsfelder messen. High-Speed-Kameras erfassen die Bewegungen der Partikelströme. Bei dieser Methode, der sogenann- Universität Oldenburg ten Particle-Image-Velocimetry (PIV), werden die ForWind – Zentrum für Windenergieforschung vorbeiströmenden Partikel eines ganzen Strömungs- Dr. Gerd Gülker feldes fotografiert. Aus der Änderung ihrer Positio- gerd.guelker@uni-oldenburg.de nen von einem Foto zum nächsten lassen sich Strö- www.uol.de/twist/forschung/messtechnik/ mungsrichtung und -geschwindigkeit über spezielle stereo-piv/ Im Oldenburger Windkanal erzeugt ein aktives Gitter (rechts im Hintergrund) Luftturbulenzen. Die Auswirkungen auf die Modellwindturbine machen ein Laser und eine High-Speed-Kamera anhand von Partikeln im Luftstrom sichtbar.
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