PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV

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PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
PORTUGAL Report
JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   075
freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             06 | 2019

              PRÍNCIPE REAL · LISBOA
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
75           AUSGABEN

                                                                                                                                                                                  PORTUGAL
                                                                                                                                                                                   REPORT
                                                                                                                                                                                                                                                                               
                                                                                                                                                                                    Nur ein kleines Jubiläum, aber immerhin! Ich
                                                                                                                                                                                    möchte die Gunst der Stunde nutzen und allen
                                                                                                                                                                                     danken, die seit Januar 2000 dazu beitragen,
                                                                                                                                                                                      dass bisher 75 Ausgaben PORTUGAL REPORT
                                                                                                                                                                                    erschienen sind. Und mit allen meine ich auch
                                                                                                                                                                                    alle: Nämlich die, die schreiben, fotografieren,
                                                                                                                                                                                     layouten, planen, Ideen haben, den Versand
                                                                                                                                                                                  organisieren, Hefte verteilen, Anzeigen schalten,
                                                                                                                                                                                      drucken, spenden etc. Sollte ich jemanden
                                                                                                                                                                                    vergessen haben, bitte ich um Nachsicht. Ich
                                                                                                                                                                                  hoffe, dass die DPG noch viele weitere Ausgaben
                                                                                                                                                                                      dieser Zeitschrift herausgibt. Das erfordert
                                                                                                                                                                                      natürlich weiterhin Lust, Engagement und
                                                                                                                                                                                   Leidenschaft bei denen, die zum Erscheinen der
                                                                                                                                                                                    jeweiligen Ausgabe einen Beitrag leisten. Das
                                                                                                                                                                                   Erscheinen der 100. Ausgabe werden wir richtig
                                                                                                                                                                                       feiern. Das ist hiermit versprochen! (A.L.)
                                                                                                                                                                                                                                                                               PORTUGAL Report                                                                                                                                                                          PORTUGAL Report                                                                                          PORTUGAL Report
                                                                                                                                                                                                                                                                               JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                               Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   064                                                                                                         JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   066                         JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   067
                                                                                                                                                                                                                                                                               freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             09 | 2016                                                                                                   freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             03 | 2017                   freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             06 | 2017

                                                                                                                                                                                                                                                                                                      ÉVORA                                                                                                                                                                              FUNCHAL (MADEIRA)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     M
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     A
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     K
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     E
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     T
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     N
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Z
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 HARALD HEINKE

PORTUGAL Report                                                                          PORTUGAL Report                                                                              PORTUGAL Report                                                                          PORTUGAL Report                                                                          PORTUGAL Report                                                                                 PORTUGAL Report                                                                                          PORTUGAL Report
JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   068         JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                         Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   069             JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                      Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   070         JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                               Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   071         JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   072                JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   073                         JOURNAL DER DEUTSCH-PORTUGIESISCHEN GESELLSCHAFT E. V. (DPG)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Erscheint beim Präsidium der DPG · Gemeinnütziger Verein zur Förderung der   074
freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             09 | 2017   freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             12 | 2017       freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             03 | 2018   freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             06 | 2018   freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             09 | 2018          freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             12 | 2018                   freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Portugal             03 | 2019

                          BRAGA                                                                                   LAGOS                                                                                        LISBOA                                                                                   TOMAR                                                                                   TAVIRA                                                                                   CALCETEIROS                                                                                           S ÃO MIGUEL (AZOREN )

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Feliz Natal e bom ano novo
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Herzlich willkommen! Inhalt
Liebe LeserInnen des Portugal Reports,                              tief in die portugiesische Geschichte
  da die Zeit mal wieder wie im Fluge                               eingetaucht und schreibt über zwei
vergeht, kommt der November immer                                   Brüder, die im beginnenden 18. Jahr­
näher. Und damit auch die Jahres­                                   hundert in Portugal leben und in We­
  tagung der DPG, die dieses Mal in Berlin                          sen und Charakter nicht unterschied­

                                                                                                                                                             4
  stattfindet. Programm und Anmeldung                               licher sein können. Lesen Sie, wie es
                                                                                                                   Príncipe Real: Der Lissabonner
  finden Sie auf den Seiten 14 und 15. Sie                          König João V. zu verhindern weiß, dass
                                                                                                                   Stadtteil erobert die Herzen
können die Anmeldung, wie gewohnt,                                  sein jüngerer Bruder Infante Dom
  auch von der Website der DPG runter­                              Francisco König von Portugal wird.
laden: dpg.berlin/downloads. Die                                       Eberhard Fedtke beschäftigt sich mit
Hauptstadt ist natürlich immer eine                                 der Tierwelt in Portugal. Und zwar mit
Reise wert. Deshalb freuen wir uns                                  fiesen Insekten, die allerlei Unheil an­
  schon jetzt auf eine rege Teilnahme der                           richten, was jeder sehen kann, der mit

                                                                                                                                                             6
DPG-Mitglieder und hoffen auf span­                                 offenen Augen durch Portugal geht
                                                                                                                   Peniche: Gefängnis wird Museum
nende inhaltliche Diskussionen und                                  oder fährt. Dabei sind die verantwort­
                                                                                                                   für den Widerstand und die Freiheit
  eine schnelle Erledigung der zahlrei­                             lichen portugiesischen Stellen nicht ge­
  chen anstehenden Wahlen.                                          rade in Aktionismus verfallen, weshalb
     Kennen Sie den Park «Prínçipe Real»                            ein Ende der Insektenplage nicht in
in Lissabon? Wenn ja, werden Sie durch                              Sicht ist. (Seite 12–13)
  den Artikel von Catrin George Ponciano                               Am 25. April 1974 beginnt in Portugal
ihre letzten Besuche noch einmal erle­                              die Nelkenrevolution. Stefan Poppitz

                                                                                                                                                          8
ben. Wenn noch nicht, freuen Sie sich                               beschreibt, warum das Konzert «Música          Sobre tudo – sobre nada:
  auf informative Zeilen über einen span­                           de Abril» am 25. April 2019 in der Leip­
                                                                                                                   Zum Film von Dídio Pestana
nenden Stadtteil direkt neben dem                                   ziger Stadtbibliothek in jeder Hinsicht
Bairro Alto. (Seite 4−5)
     In Peniche gibt es seit kurzem das
                                                                    ungewöhnlich gewesen ist. (Seite 16)
                                                                       Als am 6. Mai 2019 in Lissabon die
                                                                                                                   Kommen und gehen: Fragen an
                                                                                                                   den Filmemacher Dídio Pestana          9
                                                                                                                                                         10
»Nationalmuseum für den Widerstand                                 ­Tagung Perspektiven der Migration: Poli-
  und die Freiheit« (Museu Nacional da                              tische Aktion und ziviles Engagement           Madeira: Mit diesen Tipps
Resistência e da Liberdade), das sich                               statt­findet, ist DPG-­Prä­sident Michael W.   kommen Sie gut von A nach B
  auf dem Gelände eines ehemaligen Ge­                              Wirges auch dort. Lesen Sie bitte seinen
  fängnis der Salazar-Diktatur befindet.                            Bericht auf Seite 18.
Thomas Fischer hat ehemalige Gefan­                                    Ich wünsche Ihnen viel Freude beim
gene getroffen und erzählt auf den                                  Lesen dieses Portugal Reports und hof­
­Seiten 6 und 7 die Geschichte, wie aus                             fe, dass der eine oder andere Artikel

                                                                                                                                                        11
  einem Gefängnis ein Museum wird.                                  eine nachhaltige Wirkung auf Sie hat.
     Der Filmemacher Dídio Pestana hat                              Und beachten Sie bitte die Illustration
                                                                                                                   Ein mörderischer Prinz: Infante ­
mit «Sobre tudo – sobre nada» auf dem                               von Tamara Budnikova auf der Rück­             Dom Francisco (1691–1742)

                                                                                                                                                        12
Filmfest von Locarno einen Film vorge­                              seite dieses Heftes. Vielen Dank!              Bichos desastrosos em ambiente
  stellt, der für einen Preis nominiert                                                                            da flora (auf portugiesisch)
wird. In diesen Film geht es um die per­                           Herzliche Grüße
  sönliche Geschichte des Portugiesen
Dídio Pestana selbst. Den Artikel darü­
ber von Gert Peuckert lesen Sie auf                                Andreas Lahn
                                                                                                                   Jahrestagung der DPG in Berlin:
                                                                                                                   Anmeldung und Programm               14
 ­Seite 8, meine Fragen an Dídio Pestana
  un die Antworten auf Seite 9 und 10.
                                                                                                                   «Música de Abril»: Konzert
                                                                                                                   am 25. April 2019 in Leipzig         16
                                                                                                                                                        17
     Wir alle sind noch schockiert von den                                                                         Neuigkeiten aus der DPG; ­
Bildern und den vielen Toten in Folge                                                   Wenn Sie noch ein
                                                                                                                   Buch «Pingas & Migalhas»
  des Busunglücks am 17.4. dieses Jahres                                                bisschen mehr von

                                                                                                                                                        18
                                             Foto: © Lea Henning

  auf Madeira. Zukünftigen Madeira-Rei­                                                 mir und über mich          Portugiesisch-Deutsches Forum;
  senden gibt Gunthard Lichtenberg auf                                                  lesen wollen, schau­       Konzert von Salvador Sobral
Seite 10 einen Überblick zu den gängi­                                                  en Sie sich gern auf
gen Verkehrsmitteln auf der Insel.
     Andreas Lausen ist auch dieses Mal
                                                                                        meiner Website um:
                                                                                        www.portandi.de
                                                                                                                   Impressum
                                                                                                                   Spendenaufruf                        19
8.11.–10.11.2019: JAHRESTAGUNG DER DPG IN BERLIN
HOTEL AQUINO · TAGUNGSZENTRUM · HANNOVERSCHE STR. 5B · 10115 BERLIN · WWW.HOTEL-AQUINO.DE

                                                                                                                                                  1. JUNI 2019   3
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Foto: © Catrin George Ponciano
Im «Príncipe Real« treffen sich Menschen zum Relaxen, Spielen, Lesen, Plaudern, Essen, Trinken mit einigen Hunden und vielen Tauben

E                                                Príncipe Real
      s gibt Orte, die verändern sich stän­
      dig, dann gibt es andere, die verän­
      dern sich nie. Der Park Jardim de
Príncipe Real mit gleichnamigem Quar­
tier im Herzen von Lissabon ist solch ein
Ort. Hier begegnen sich Menschen. Das             Wie ein Lissabonner Stadtteil immer mehr Menschen in
war schon immer so. Am liebsten auf ei­
ner Bank unter der über 140 Jahre alten
                                                  seinen Bann zieht  von Catrin George Ponciano
Bucaço-Zeder in der Mitte des Parks, am
Stamm asymmetrisch verwachsen, an                 tha, dem Auftraggeber für den Park, den            beim Erdbeben 1755 einstürzte. Danach
der Baumkrone zu einem zwanzig Meter              einstigen Marktplatz für den Verkauf               wurde ein königlicher Stadtpalast auf
sich auffächerndem Schattendach steht             von lebenden Schweinen abgelöst hat, ist           den Platz erbaut, der einem Brandstifter
sie dort und gehört einfach dazu. Wer             einiges passiert in Lissabon. Die Monar­           zum Opfer fiel. Mitte des 19. Jahrhunderts
mag hier unter diesen würzig duftenden            chie wurde gestürzt, zwei Weltkriege               betteten die damaligen Städteplaner das
Ästen und Zweigen seit 1869, seit dieser          gingen an der Hauptstadt nicht spurlos             Gelände dann ein für die dringende
Park vom Hofgarten-Architekten Bon­               vorbei, gefolgt von der Diktatur, bis die          Trinkwasserversorgung im Bairro Alto
nard designt wurde, alles gesessen ha­            Nelkenrevolution 1974 das Land in einen            und im Chiado, und bauten die ein­
ben. Gelesen, diskutiert, geträumt? Auf           neuerlichen Befreiungstaumel stürzte               drucksvolle Zisterne Reservatório Patri­
jeden Fall Anwohner, um Neuigkeiten               und die dritte Republik in Kraft trat.             arcal. Getragen von 31 Säulen speicherte
auszutauschen. Künstler, um Inspiration             Aber auch in den Jahrhunderten vor­              dieses 9,50 Meter tiefes Wasserreservoir
zu erhaschen. Intellektuelle, Spione, Neu­        her, bevor dieser prächtige Baum ge­               mit Kuppeldecke Trinkwasser für die An­
gierige. Und Arbeiter, um ihr bescheide­          pflanzt und sein Park nach französi­               wohner in der Oberstadt und versorgte
nen Mahl einzunehmen, sowie unzählige             schem Vorbild angelegt wurde, blickt               die Nachbarschaft bis zur Avenida da Li­
Reisende, die sich vom Flair des Viertels         der Platz an sich auf eine bewegte Ge­             berdade, und ist durch den einstigen
bezaubern ließen und in diesem Park               schichte zurück. Etliche Jahrhunderte              Wasser-Versorgungstunnel mit dem
eine Erholungspause auf ihrem Weg von,            erst als Müllplatz für die Oberstadt ge­           Hauptreservoir und heutigem Wasser­
nach, fanden.                                     nutzt, diente die Fläche im Laufe der Ur­          werk-Museum Água Mãe im Stadtteil
   Seit also dieser neu angelegte Garten          banisierung der Hügelkuppe unter an­               Amoreira unterirdisch verbunden. Das
am Rand des Bairro Alto, Prinzenpark              derem dem einst in der São Roque-Kir­              Reservoir, die Gänge, und das Museum
heißt, benannt nach dem Sohn von König            che beheimateten Jesuitenorden für ein             kann man besichtigen, aber das beson­
D. Fernando II von Coburg-Sachsen-Go­             Gebäude als Missionars-Station, das                dere Highlight erlebt man Freitagabend

4   PORTUGAL REPORT NR. 75
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
In die Häuser zog aber nach der Sanie­
                                                                                                                                   rung ein neuer Esprit ein. Ein Esprit, der
                                                                                                                                   das heutige intellektuelle Portugal in
                                                                                                                                   eine winzigen Blase gebettet verkörpert.
                                                                                                                                   Im Princípe Real entsteht Zukunft. Auf
                                                                                                                                   dem Sektor Design, Innenausstattung,
                                                                                                                                   Dekoration, Körperpflege, Genussmittel,
                                                                                                                                   Kunst, Kleidung, Schuhe, Produkte, die
                                                                                                                                   sich abwenden vom Konsum, findet man
                                                                                                                                   hier neben Markenqualität und Mode
                                                                                                                                   nach dem letzten Schrei geschneidert,
                                                                                                                                   vor allem innovative Ideen, Einzigartig­
                                                                                                                                   keiten und eine große Auswahl an Uni­
                                                                                                                                   katen und Produkten made in Portugal.
                                                                                                                                   Der avantgardistisch individuelle Stil der
                                                                                                                                   einzelnen Boutiquen und Designer kennt
                                                                                                                                   keine Grenzen, jedes Geschäft an sich ist
                                                                                                                                   ein kleines Kunstwerk, jedes Produkt et­
Entspannen im Park «Príncipe Real»               Kunstvolles aus Portugal in der Embaixada                                         was Besonderes, und die Betreiber sind
                                                                                                                                   stolz auf ihren Zusammenschluss zu den
                                                                                                                                   sogenannten Concept-Stores, die sich

                                                                                             Fotos (3): © Catrin George Ponciano
                                                                                                                                   mittlerweile mit über 100 Ladeneinhei­
                                                                                                                                   ten nicht nur im Príncípe Real, sondern
                                                                                                                                   in der gesamten Oberstadt Lissabons
                                                                                                                                   ausbreiten.
                                                                                                                                      Doch nicht bloß shoppen und chillen
                                                                                                                                   kann man hier. Bekannt berüchtigt ist
                                                                                                                                   das Viertel auch für seine alteingesesse­
                                                                                                                                   ne Gay-Szene und für seine Kult-Bars, de­
Hier geht es in den Untergrund zum Wasserspeicher und den historischen Kanälen Lissabons                                           ren Ursprung und Einrichtung bis in die
                                                                                                                                   Siebziger Jahre zurückreicht, die
                                                                                                                                   Live-Musik und entspanntes multikultu­
bei Fado mit Wein. Ein unscheinbares             rer Architektur tatsächlich an Ritter­                                            relles Flair bieten.
Schild weist den Weg zum Eingang in die          burg-Wachtürme erinnern und die heu­                                                 Mit dem Kettenaufzug Glória geht es
Zisterne.                                        tige wirtschaftliche Bastion Lissabons                                            vom Platz Praça dos Restauradores nörd­
  Bloß wenige Gehminuten von der Aus­            verkörpern. Allein diese unaufdringliche,                                         lich vom Rossio aufwärts, von dort weiter
sichtsterrasse São Pedro de Alcântara            ja, fast natürliche Gelassenheit im Quar­                                         zu Fuß nach rechts, den Aussichtspunkt
entfernt, kennen die meisten Besucher            tier, steckt alle an, die hierherkommen,                                          S. Pedro de Alcântara lässt man rechts
Lissabons dieses grüne Kleinod und sein          und eine Auszeit suchen von der Hektik                                            liegen, und gelangt nach etwa zehn Mi­
vibrierendes Stadtviertel drumherum              in der Unterstadt, von der Enge in der                                            nuten Fußmarsch der Straße folgend,
(noch) nicht. Gut so! Somit kann das mo­         Alfama und im Burgviertel, und sich von                                           zum Park Jardim Princípe Real. Auf dem
mentan laut Time-Out-Press an fünfter            den nicht abreißenden Touristenströ­                                              Weg dorthin liegt die Kult-Bar Pavil­
Stelle platzierte coolste Stadtviertel der       men erholen, die sich beinahe rund um                                             hão-Chinés, links, Hausnummer 91, ver­
Welt, sein Cool-Sein, seine Lässigkeit, sei­     die Uhr durch Lissabons berühmte Alt­                                             mutlich (noch) die einzige Bar in Lissa­
ne Nonchalance, aufrecht halten. Wer ne­         stadt-Viertel und deren Sehenswürdig­                                             bon wo man Billard spielen, im Museum
benbei, neben der Arbeit, zwischen zwei          keiten drängeln.                                                                  Cocktails trinken, und rauchen kann. Ge­
Museumsbesuchen oder einfach nach                   Ein Spaziergang durch den Prinzen­                                             genüber auf der anderen Straßenseite
Feierabend in das Quartier kommt, kennt          park und die umliegenden Straßen und                                              gelangt man durch unscheinbare Haus­
Lissabon wirklich, sagt man, und verrät          Gassen bescheren Eindrücke eines ande­                                            durchlässe in die schicksten Bars und
es nicht.                                        ren Lissabon. Das Viertel ist ein Abschied                                        Cafés der Stadt mit beschriebener atem­
  Überhaupt passiert im Príncípe Real            von gestern, obwohl der Príncípe Real                                             beraubender Aussicht und schlendert
alles so eher nebenbei. Man geht neben­          dank eines amerikanischen Investors,                                              vorbei an etlichen Tapas-Bars, Vegan-
bei die außergewöhnlichsten Dinge kau­           der das Viertel mit einer Summe in                                                Snack-Bars und Restauration von fünf
fen, besucht im Vorbeigehen zeitgenös­           schwindelerregender neunstelliger                                                 Kontinenten. Rund um den Park herum
sische Galerien, geht heute vegan und            Höhe in einem Zeitraum von 15 Jahren                                              breitet sich das Quartier sternenförmig
morgen iranisch essen, chillt in der Gin-        sanieren ließ, sich sein historisch roman­                                        aus, und lädt ein zum Flanieren und chil­
for-friends-Bar im Embaixada-Palast              tisches, architektonisches Fassadenge­                                            len. Wer mag, stolpert und staunt von der
oder lümmelt auf Puffkissen in einer der         sicht aus einer Mischung von Jugendstil                                           einen Boutique oder Galerie durch die
angesagten Bars entlang der Rua São Pe­          bis Neo-Maurisch der vergangenen Jahr­                                            Tür hinaus in die nächste Tür hinein und
dro de Alcântara im Patio mit Blick auf          hundertwende erhalten konnte, und                                                 staunt weiter. Den besten Fado der Stadt
die Unterstadt, die Burg, das Graça-Vier­        dank des Investors und seiner Vision                                              hört man übrigens auch hier. Also prin­
tel, und die markanten Torres de Lisboa,         eben nicht dem Modernisierungswahn                                                zipiell kann man gleich ganz im Quartier
die modernen Stahlglasbauten, die in ih­         heutiger Star-Architekten zum Opfer fiel.                                         bleiben. Viel Spaß!

                                                                                                                                                              1. JUNI 2019   5
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Ein Museum für die Winde
    und Wellen der Freiheit

                                                                                                                                              Foto: © Thomas Fischer
    In Peniche ist ein ehemaliges Gefängnis jetzt Museum  von Thomas Fischer
Wie man sehen kann, ist das Gefängnis damals an einem Ort gebaut worden, der einen möglichen Ausbruch fast unmöglich macht. Aber nur fast…

I
    n Portugal gibt es schon längst Natio­       Mitglied einer Kommission für die Ein­             das frühere Gefängnis geführt. »Manch-
    nalmuseen für Kunst und Kutschen,            richtung des Nationalmuseums für den               mal kommen noch die Gefühle hoch« ent­
    Archäologie und Azulejos, Theater            Widerstand und die Freiheit (Museu Na­             schuldigt sich der jetzt 69-jährige Ex-­
und Trachten. Nun entsteht ein National­         cional da Resistência e da Liberdade),           Häftling, wenn ihm der Knoten im Hals
museum für den Widerstand und die                das hier nach und nach entsteht.                   das Sprechen erschwert, um dann beim
Freiheit − an einem symbolträchtigen Ort.           Er war einer der mindestens 2510 poli­        Rückblick auf den Tag der Befreiung
   Wuchtige Mauern umgeben die Fes­              tischen Häftlinge, die unter dem faschis­          doch wieder zu strahlen.
tung aus dem 17. Jahrhundert, auf einem          tischen Diktatur der Jahre 1926 bis 1974              Er war elf Monate in Peniche inhaftiert.
Felsvorsprung gleich am tosenden Meer.           irgendwann hier einsaßen. Auf einer              In einem der jetzt leer stehenden Trakte,
Noch vor wenigen Jahren war im Ge­               Mauer sind alle ihre Namen eingraviert,            die später zum Museum gehören sollen,
spräch, diese Anlage für den Bau eines           also auch der von José Pedro Soares. Als           findet er gar seine frühere Zelle mit ver­
Hotels an private Investoren zu verpach­         sie am 45. Jahrestag der Befreiung feier­          gittertem Fenster, das einen Blick auf das
ten. Hier sollten Touristen die Aussicht         lich eingeweiht wurde, waren er und an­            Meer erlaubt. »Ich konnte das Meer aber
auf das Meer genießen und sich raue              dere ehemalige Häftlinge mit dabei.                nicht sehen, denn das Glas war damals ge-
Winde um die Ohren sausen lassen. Aber              Viele der Surfer, bei denen sich die            trübt«, erinnerte er sich. Er hörte immer­
diese Idee galt doch bald als makaber.           mächtigen Wellen vor diesem Küstenab­              hin das Kreischen der Möwen und das
Allzu lebendig ist die Erinnerung an ein         schnitt herumgesprochen haben, gehen             Tuckern der zum Fang auslaufenden
Kapitel der jüngeren Geschichte, das am          an der Festung einfach vorbei. Sie sym­          ­Fischerboote.
27. April 1974 ein Ende fand.                    bolisiert wie wenige andere Bauten im                 Am 25. April 1974 kamen neue Laute
   An jenem Tag, zwei Tage nach der fest­        Land die Diktatur von António Oliveira             hinzu − das festliche Hupen von Autos.
lichen »Nelkenrevolution« in Lissabon,           Salazar, Regierungschef der Jahre 1932            Klarheit über den Anlass bekamen die
versammelte sich auch hier, in der Fi­           bis 1968. Er ließ in den 1950er Jahren die        Insassen über den Fernsehapparat, den
scherstadt Peniche, 100 Kilometer nörd­          Zellentrakte für bis zu 154 Häftlinge in           es seit kurzer Zeit im Gefängnis gab. Weil
lich der Hauptstadt, eine riesige Menge.         ihrer heutigen Form bauen. Unter den               die Diktatur fiel, sollte auch die Haftstra­
Sie feierte begeistert die Freilassung der       Häftlingen waren unter anderem Anhän­              fe von dreieinhalb Jahren, zu der José
Häftlinge aus dieser Festung, die unter          ger der Ersten Republik (1910-1926),              ­Pedro knapp ein Jahr zuvor für die ille­
der Salazar-Diktatur als Hochsicher­             Anar­cho-Syndikalisten und Kommunis­               gale Kommunistische Partei verurteilt
heitsgefängnis für Oppositionelle ge­            ten.                                             worden war, vorzeitig enden.
dient hatte. Unter ihnen war der damals             Anfang April hat José Pedro Soares                 Er war gerade 21 Jahre alt, als ihn die
24-jährige José Pedro Soares. Er ist heute       noch eine Gruppe von Journalisten durch            Geheimpolizei fasste. Er würde lebend

6   PORTUGAL REPORT NR. 75
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Der jetzt 69 Jahre alte José Pedro Soares war elf Monate im Gefängnis von Peniche inhaftiert

                                                                                                                             Die Gefängnisse der
                                                                                                                             Salazar-Diktatur
                                                                                                                             Nicht nur in Peniche sassen Gegner der
                                                                                                                             Salazar-Diktatur ein. An einer weiteren
                                                                                                                             Stätte von Folter und Verfolgung rat-
                                                                                                                             tern in Lissabon sogar die Trams der Li-

                                                                                               Fotos (3): © Thomas Fischer
                                                                                                                             nie 28 vorbei. Gleich gegenüber der Ka-
                                                                                                                             thedrale erheben sich die Gemäuer des
                                                                                                                             Aljube, das von 1928 bis 1965 als poli-
                                                                                                                             tisches Gefängnis diente und heute ein

Gedenktafel für alle «Penichenses», die wegen ihres Kampfes für Freiheit verfolgt wurden                                     kommunales Museum beherbergt. Zu
                                                                                                                             sehen sind unter anderem winzige Zel-
                                                                                                                             len für Häftlinge, die bei der Geheim-
nie frei kommen, sei ihm gesagt worden,            Gefängnisses vertieft. Hierfür begibt er
                                                                                                                             polizei PIDE/DGS verhört und gefoltert
wenn er nicht verrate, welche Genossen             sich öfter auch ins Staatsarchiv in Lissa­
gewisse Decknamen versteckten. José Pe­            bon, um in Akten der Geheimpolizei                                        wurden. Viele Regimegegner kamen
dro berichtet, dass er drei Wochen lang            PIDE/DGS zu stöbern. Fast 30.000 Fest­                                    auch in die Haft­anstalt von Caxias,
unter Folter verhört worden sei, mit               nahmen sind dort aktenkundig, aber die
Schlafentzug und Schlägen, aber ge­                wahre Zahl dürfte höher sein.                                             westlich von Lissabon, wo − wie in
schwiegen habe. »Wir hatten alle so ein               Das Museum »wächst« noch. Zugäng­                                      Peniche − die politischen Gefangenen
Blatt«, sagt er dann und zückt eine Kopie          lich sind, neben der Mauer mit den Na­
                                                                                                                             am 27. April 2974 die ersehnte Freiheit
seines Auszuges aus dem polizeilichen              men der Häftlinge, derzeit eine Ausstel­
Register mit Information über die Haft­            lung «Por Teu Livre Pensamento» (Für die                                  erlangten. Gefängnisse für politische
strafe, die er in Peniche verbüßen sollte.         Freiheit deiner Gedanken) und der Raum,                                   Häftlinge gab es in Portugal auch in
Es habe dort zwar keine Folter gegeben,            in dem die Häftlinge unter strenger Be­
                                                                                                                             Porto und auf der Azoren-Insel Terceira.
sagt er, denn die Häftlinge seien meist            wachung mit Besuchern reden konnten.
schon verurteilt gewesen. Und doch sei             An die Gefangenen in Peniche dachte of­                                     Zahlreiche Oppositionelle deportier-
alles getan worden, um sie zu brechen.             fenbar aber auch, noch zu Zeiten der Dik­                                 te das Regime derweil nach Tarrafal auf
Er habe dort phantastische Menschen                tatur, die berühmte Fado-Sängerin
kennengelernt. Manche Häftlinge hätten             Amália Rodrigues (1920−1999) in ihrem                                     der Kapverden-Insel Santiago, wo Sa-
von Mitinsassen erst das Lesen und das             als «Fado de Peniche» bekannten Lied                                      lazar 1936 das berüchtigte »Lager des
Schreiben gelernt.                                 «Abandono» (sinngemäß »Verlassenheit«).
                                                                                                                             langsamen Todes« eröffnen ließ. Im
  Während er erzählt, stockt er, wenn er           »Weil du frei gedacht hast, haben sie dich
sich an schwere Schicksale erinnert.               weit weg eingesperrt, so weit, dass mein                                  Jahr 1954 wurde es geschlossen, in den
Aber seine Augen leuchten, wenn er etwa            klagender Schrei dich nicht erreicht«, sang                               1960er Jahren aber für die qualvolle In-
beschreibt, wie dem bekannten Kommu­               sie. Ihr Fado endet mit »Wenigstens hörst
                                                                                                                             haftierung von Kämpfern für die Unab-
nistenführer Álvaro Cunhal (1913–2005)             du den Wind, wenigstens hörst du das
mit einer Gruppe weiterer Häftlinge im             Meer«. Auch ohne die Erwähnung von                                        hängigkeit der afrikanischen Kolonien
Januar 1960 eine absolut spektakuläre              Peniche sah die Zensur jener frühen                                       wieder in Betrieb genommen. Erst mit
Flucht gelang. José Pedro wirkt jetzt              1960-er Jahre darin eine Anspielung −
nicht nur als Zeitzeuge bei der Gestal­            und verbot das Lied.                                                      dem Sturz der Diktatur ging diese Zeit
tung des Museums mit. Er hat sich auch                                                                                       zu Ende.
in die Geschichte der Diktatur und dieses

                                                                                                                                                       1. JUNI 2019     7
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
D                                            Alles und nichts
       ídio kenne ich seit Beginn der
       2000er Jahre. Damals studierte er
       portugiesische Sprache und Lite­
ratur an der Universität Lissabon und
nahm Unterricht bei dem Jazz-Gitarris­
ten Mário Delgado an der renommierten
                                             Zur Geschichte von Dídio Pestanas ungewöhnlichem
Musikakademie Hot Clube de Portugal.         Film «Sobre tudo – sobre nada»  von Gert Peuckert
  Mit seinem Freund Gonçalo Tocha
gründete er die Band «Lupanar», deren
Sängerin Ana Bacalhau heute mit ihrer
Band «Deolinda» viele Konzerte im In-
und Ausland gibt.
  Dídio verkörpert eine neue Generation
von jungen Künstlern aus Portugal, die
überall in Europa und der Welt kreativ
unterwegs sind, aber weiterhin eine star­
ke Bindung zu ihren portugiesischen
Wurzeln haben. In seinem Film schildert
er durch die Linse einer Schmalfilmka­
mera seinen Alltag als Portugiese und
Weltenbummler nach seiner Umsiedlung
im Jahre 2006 von Lissabon nach Berlin.
(www.sobretudosobrenada.com)

                                                                                                                                      © Dídio Pestana
  Man spürt beim Betrachten seiner Auf­
nahmen die Freude und Lust am Leben,
die Liebe zu Familie, Freunden und dem
neuen Umfeld in Berlin-Kreuzberg, das
für ihn zunehmend zum Lebensmittel­          Dídio Pestana und Freunde am Landwehrkanal, Berlin
punkt und vorübergehendem Zuhause
wird.
  Der preisgekrönte Dokumentarfilm im
Super-8-Format zeigt in Tagebuchform         spielt und sind erfolgreich in Berlin und        the-moon; https://www.cinema.de/film/
das abwechslungsreiche Lebensjahr­           Portugal aufgetreten. (Weitere Informa­          balaou,4452561.html )
zehnt eines jungen portugiesischen Men­      tionen auf www.tochapestana.com)                    Die portugiesische Filmemacher-Szene
schen inmitten seines Alltags, ein kosmo­       Gonçalo Tocha zählt inzwischen zu den         hat sich in den letzten Jahren dynamisch
politisches Leben mit Freundinnen und        profiliertesten portugiesischen Filmema­         entwickelt und auch international an
Freunden, das immer wieder von Reisen        chern und an zahlreichen internationa­           Profil gewonnen. Viele junge Dokfilmer,
und Aufenthalten in verschiedenen Län­       len Wettbewerben teilgenommen. Sein               so auch das Erstlingswerk von Dídio, er­
dern Europas, Afrikas und Lateinameri­       künstlerisches Hauptthema sind die Azo­          hielten und erhalten fachliche Unterstüt­
kas bereichert wird.                         ren. Im Jahre 2007 begann er mit der Pro­        zung von der Künstlergemeinschaft Kin­
  Der Film ist zugleich ein persönliches     duktion einer Dokumentation auf der              top in Lissabon. (www.kintop.pt). Ziel
Selbstporträt, das Einblicke in seine in­    Insel Corvo, von der auch seine Familie          ­dieses Projektes ist die Förderung von
nerste Gedankenwelt gibt, die stetig den     stammt. Es gelang ihm ein wunderbares            kreativen Filmprojekten des neuen alter­
Bezug zu Portugal und seiner Familie fin­    Porträt vom Leben und dem harten All­            nativen Kinos in Portugal und deren Ver­
den − zum weiten Horizont am Strand          tag der nur etwas mehr als 400 Einwoh­           breitung und Kommerzialisierung im
von Guincho, wo alles seinen Anfang          ner zählenden kleinsten aller Azoren­            Ausland. Das Künstler-Team von Kintop
nahm − jenen Horizont am Cabo da Roca,       Inseln mit autobiografischen Zügen zu             setzt sich in ihren filmischen Dokumen­
den er nie aus seinen Augen verliert.        schaffen. Sein Film «É na terra não é na         tationen sowohl mit sozialen Alltagspro­
  Wir bekommen einen Eindruck vom            lua» wurde 2011 auf dem internationalen          blemen als auch mit historischen The­
Leben einer neuen Generation junger          Festival in Locarno und der Doclisboa            men wie der Aufarbeitung des Wirkens
portugiesischer Menschen in Deutsch­         2011 ausgezeichnet.                               der Geheimpolizei PIDE in den Jahren der
land, die frei von Zwängen hier ihre            In seinem bereits 2007 gedrehten Film         faschistischen Diktatur auseinander.
Selbstverwirklichung sucht und voll in       «Balaou» dokumentiert er in beeindru­               So erzählt die Dokumentation «Luz Ob­
die hiesige Gesellschaft integriert ist.     ckenden Bildern die Überfahrt von der             scura» der portugiesischen Filmemache­
  Didio wurde vom kreativen Freundes­        Azoren-Insel São Miguel in einem Segel­          rin Susana de Sousa Dias die Geschichte
kreis in seinem neuen Umfeld in Berlin,      boot zum portugiesischen Festland. Zu            der Familie des eingekerkerten Kommu­
insbesondere aber seinem langjährigen        beiden Filmen schuf Dídio Musik und              nisten Octávio Pato, die von der PIDE
Freund und künstlerischen Partner, dem       Ton. All jenen, die sich für die Azoren be­      über viele Jahre beobachtet und verfolgt
portugiesischen Musiker und Filmema­         geistern und neben den Schönheiten der           wurde. Der Film basiert auf Original­
cher Goncalo Tocha, für die Arbeit an sei­   Natur mehr über das Leben und Denken              dokumenten der Geheimpolizei aus den
nem Dokumentarfilm inspiriert. Beide         der Inselbewohner erfahren wollen, soll­         Jahren 1926 bis 1974 und wurde von der
haben auch schon als Musiker in dem          ten sich diese Filme anschauen. (https://        Portugiesischen Kino-Akademie mit dem
Musikduo «Tochapestana» zusammenge­          dafilms.com/film/8464-it-s-the-earth-not-        Preis Sophia 2019 geehrt.

8   PORTUGAL REPORT NR. 75
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
Kommen und gehen
                                                                                                           nicht. Ich nehme jeden Tag sehr ernst,
                                                                                                           denn es gibt nur wenige, die wir zum
                                                                                                           Leben haben. Aber die Zyklen sind Teil
                                                                                                           des Lebens, Trauer und Freude, Men­

Guincho, Corvo und Berlin spielen in Dídio Pestanas                                                        schen, die nicht mehr da sind, andere,
                                                                                                           die neu dazu kommen. Es ist auch in
­Leben eine besondere Rolle  Fragen von Andreas Lahn                                                      diesem Kreislauf, in dem wir wachsen
                                                                                                           und die Dinge intensiv durchleben. Das
                                                                                                           alles gehört dazu.

                                                                                                           Nachdem Sie Ihren eigenen Horizont im
                                                                                                           Jahre 2006 »verloren« haben, scheinen Sie
                                                                                                           in Berlin zu sich selbst gefunden zu haben.
                                                                                                           Was macht Berlin so besonders für Sie?
                                                                                                           Berlin ist aus vielerlei Gründen etwas
                                                                                                           Besonderes für mich. Ich bin hierher
                                                                                                           gezogen, weil ich mich vom ersten Tage
                                                                                                           an wie daheim gefühlt habe. Es gibt nur
                                                                                                           wenige solcher Orte. Orte, an denen
                                                                                                           dich die Leute nicht nach dem beurtei­
                                                                                                           len, was du vorgibst zu sein, sondern
                                                                                                           nach dem, was du tust, wo es Leute gibt,
                                                                                                           die motiviert sind, Dinge zu tun, und

                                                                                         © Dídio Pestana
                                                                                                           nicht von Beginn an nach Problemen zu
                                                                                                           suchen, wo der Tatendrang allgegen­
                                                                                                           wärtig ist. Es ist keine perfekte Stadt,
                                                                                                           die es nirgendwo gibt. Man kann sich
1. Mai in Kreuzberg, Berlin                                                                                auch leicht verrennen, durch die All­
                                                                                                           tagsabläufe treiben lassen, sich verlie­
                                                                                                           ren im erdrückenden Grau der Winter­
                                                                                                           tage und das Haus nicht verlassen. Aber
Woran denken Sie, wenn Sie Autospuren im      von all dem zusammenleben müssen,                            andererseits liebe ich diese bipolare
Schnee sehen?                                 macht die Familie zu einem sicheren                          Seite der Stadt, den Gegensatz zwi­
Schnee fasziniert mich. Ich denke das         Hafen, in den wir uns zurückziehen                           schen Winter und Sommer.
kommt daher, dass ich in einer Stadt          können, wenn alles einmal schief lau­
geboren wurde, wo es so gut wie nie­          fen sollte.                                                  «Sobre tudo, sobre nada» ist ein Film ohne
mals schneit. Ich mag Autospuren im                                                                        gesprochene Dialoge. Sie haben alle Texte
Schnee, die man in der Regel nach dem         Hat es Sie überrascht, dass ein Film mit                     selbst geschrieben. Träumen Sie von einem
ersten Schneefall des Jahres sehen kann.      vielen persönlichen, fast intimen Momen-                     Film komplett ohne Text und Sprache, nur
                                              ten beim Filmfest in Locarno 2018 für einen                  mit Geräuschen, in dem quasi die Bilder für
Welche Gefühle haben Sie am Strand von        Preis nominiert wird?                                        sich selbst sprechen?
Guincho?                                      Das mein Film für das Festival nomi­                         Alle Filme erzählen auf ihre Art Ge­
Guincho ist ein ganz besonderer Ort.          niert wurde war zweifellos eine Über­                        schichten. In meinem Fall war der Text
Das war schon immer so. Ich denke, es         raschung und die Zulassung als Wett­                         ein grundlegender Bestandteil. Wenn
liegt daran, dass man ganz in der Nähe        bewerbsbeitrag eine noch Größere.                            ich an meine nächsten Projekte denke,
Lissabons einen Platz findet, wo sich         Doch überraschend ist es nicht, dass                         so mache ich mir keinen Kopf, ob der
das Meer in der Ferne verliert und die        ein sehr persönlicher Film prämiert                          Film ohne Text und Sprache oder auch
pure Natur dominiert, die Stadt und Ge­       wurde. Das ist nichts Neues. Wenn wir                        mit sein wird, ob nur die Bilder die Ge­
danken reinigt.                               an Filmemacher wie Jonas Mekas oder                          schichte erzählen oder es ganz anders
                                              Ross McElwee denken, sehen wir, dass                         sein wird. Worüber ich nachdenke ist
Im Film sagen Sie an einer Stelle, dass mit   es ein Genre ist, das bereits in den 60er                    es, die beste Art und Weise zu finden,
der Distanz zu Portugal die Familie wich-     und 70er Jahren aufkam, als das Filmen                       sich der Geschichte zu nähern und ei­
tiger werde. Welche Bedeutung haben Ihre      für Jedermann zugänglicher wurde.                            nen Film zu machen, nach dem diese
Eltern für Sie?                                                                                            Geschichte verlangt.
Die Entfernung bringt uns dazu, die           In Ihrem Film ist es wie im alltäglichen Le-
Dinge kritischer zu sehen und das zu          ben: Menschen kommen, um früher oder                         Wenn man einen Film über »Alles und
schätzen, was wir nicht bei uns haben.        später wieder zu gehen, man beendet Altes,                   nichts« dreht, kommt Vieles zu kurz und
Die Familie ist für mich der einzige Hal­     um Neues zu beginnen – ein ewiger Kreis-                     nichts hat genug Raum, um sich zu entfal-
tepunkt außerhalb der Blase, in der wir       lauf von Finden und Verlieren. Dieses Hin                    ten. Haben Sie Pläne für Konkreteres?
alle irgendwie leben. Es ist der Ort, wo      und Her ist nur zu ertragen, wenn man sich                   In diesem Film ging es vor allem darum
wir konträre Meinungen hören können,          selbst nicht so wichtig nimmt, oder?                         zu zeigen, dass Dinge kommen und ge­
auch wenn sie uns manchmal schockie­          Ich weiß nicht, ob es damit zu tun hat,                      hen, dass Zeit vergeht. Ich wollte kein
ren. Und die Tatsache, dass wir inmitten      dass ich mich wichtig nehme oder auch                        Thema besonders herausstellen, wollte

                                                                                                                                       1. JUNI 2019   9
PORTUGAL Report 075 PRÍNCIPE REAL LISBOA - Deutsch-Portugiesische Gesellschaft eV
alles festhalten. Und wenn man das
vorhat, begreift man sehr schnell, dass
es nicht geht. Das war es, was ich für
diesen Film wollte, dieses unbestimmte
                                                             Tipps für Madeira
Universum, dieses Vergehen von Tagen.                        Wie Sie auf der portugiesischen Blumeninsel am besten
Was die Zukunft betrifft - mal sehen.
                                                             von A nach B kommen  von Gunthard Lichtenberg
Die kurzen Sequenzen über den Kolonia-
lismus in Guinea Bissau, über den 25. April
und die Demonstrationen gegen Faschis-
mus in Portugal zeigen Ihr Interesse für die
portugiesische Geschichte. Können Sie sich
vorstellen, aus solchen »historischen The-

                                                                                                                                                   Foto: © Andreas Lahn
men« einen Film zu machen?
Ich weiß nicht, ob ich der Richtige bin,
diese Themen anzufassen und zu bear­
beiten. Mich hat die Geschichte Portu­
gals immer sehr interessiert und vor
allem alles das, was bisher dafür getan

                                                             N
wurde, den Mantel der Verschwiegen­                                 achdem wir Ende des vergange­        ern kann. Die übliche Zeitangabe von 25
heit aufzudecken, den der Faschismus                                nen Jahres zum zweiten Mal auf       Minuten ist eher optimistisch.
in Portugal über die Geschichte gelegt                              Madeira waren − es soll nicht das       In und um Funchal kommt man sehr
hatte. Ich wurde noch mit Geschichts­                        letzte Mal gewesen sein −, möchten wir      gut mit der örtlichen Busgesellschaft
büchern unterrichtet, in denen die Por­                      über einige Erfahrungen mit den Ver­        «Horários do Funchal» herum. Ein Einzel­
tugiesen als Helden dargestellt wurden.                      kehrsverbindungen auf dieser wunder­        fahrschein, beim Fahrer gekauft, kostet
Deshalb halte ich die von Historikern,                       schönen Insel berichten.                    1,95 Euro. Beim Umsteigen allerdings
Künstler und Filmemachern geleistete                            Da wäre zunächst der Mietwagen. Bei      muss man wieder 1,95 Euro zahlen. Für
Aufklärungsarbeit für eine realistische                      unserem ersten Besuch 2017/18 griffen       eine solche Hin- und Rückfahrt fallen
Geschichtsbetrachtung des portugiesi­                        wir auf ein Auto der Kategorie Renault      dann schon mal 7,80 Euro an.
schen Kolonialismus für immens wich­                         Mégane zurück, den wir vor einigen Jah­         Da kommt es bedeutend preiswerter,
tig. Und auch deshalb, so meine ich, bin                     ren sehr erfolgreich im Algarve gefahren    wenn man eine aufladbare Zehnerkarte
nicht ich prädestiniert dafür, zumin­                        hatten. Es stellt sich dann heraus, dass    kauft (50 Cent) und diese dann mit der
dest nicht als mein zentrales Thema.                         diese Auto für manche der engen Stra­       notwendigen Anzahl Fahrten aufladen
                                                             ßen, Sträßchen und Kurven zu groß war.      lässt. Kostet pro Fahrt 1,35€. Auf das obige
Reisen ist immer eine Mischung aus Flucht                    Also haben wir für den Jahreswechsel        Beispiel angewandt also statt 7,80 Euro
und Abenteuer. Wie schaffen Sie den Spa-                     2018/19 ganz nach unten gegriffen und       nur noch 5,40 Euro. Die Fahrschein-Kar­
gat zwischen spannenden Begegnungen in                       einen Kleinwagen der Kategorie VW Up        ten gibt es in Tabak- und Zeitschriften­
anderen Ländern und der nötigen Ruhe für                     bestellt.                                   läden.
konzentriertes Arbeiten?                                        Bei Entgegennahme dieses Autos − üb­        Noch preiswerter kann dann das Tage­
Es ist eine Mischung, die nicht immer                        rigens in der Sixt-Geschäftsstelle an der   sticket (4,50€), das Dreitages-Ticket
einfach ist. Ich denke, was mir immer                        Estrada Monumental in Funchal gelegen,      (11,50€), das 5-Tages-Ticket (16,50€) oder
noch zu schaffen macht, sind die Tage                        also sehr zentral − überzeugte uns die      gar das 7-Tages-Ticket (21,50€) kommen;
vor der Abreise und die Tage nach der                        freundliche Mitarbeiterin, dass das Auto    bei letzterem kommt man pro Tag auf
Ankunft. Aber dann geht es vorbei und                        unserer Wahl für manche der steilen An­     3 Euro und kann so viel fahren wie man
überall, wo ich dann bin, lässt es sich                      stiege wohl etwas schwächlich mit Pfer­     will. Das empfiehlt sich gerade dann,
arbeiten. Natürlich arbeite ich weiter­                      destärken ausgerüstet sei. Wir haben da­    wenn man zum ersten Mal nach Funchal
hin am konzentriertesten in Berlin.                          raufhin einen Renault Clio gemietet (VW     kommt und sich dort umsehen will.
                                                             Polo oder Opel Corsa ginge auch), der          Horários do Funchal hat auch Verbin­
Und wenn Sie wirklich Ruhe brauchen, rei-                    90 PS hatte. Und das war dann hinsicht­     dungen nach außerhalb Funchal (Inter­
sen Sie nach Corvo?                                          lich Größe und PS-Stärke die absolut        urbanos) − siehe die Webseite unten.
Ich möchte bald wieder nach Corvo rei­                       richtige Wahl.                                 Und wenn es dann noch weiter weg
sen, denn ich war lange nicht dort. Aber                        Öffentliche Verkehrsmittel: An erster    gehen soll, dann kann man mit «Rodoes­
um mich zu erholen, gibt es nichts Bes­                      Stelle zu nennen ist der Flughafenzu­       te» für den Westen oder «SAM» für den
seres als meine Wohnung in Berlin.                           bringer nach und von Funchal, «Aero»        Osten unterwegs sein.
                                                             genannt. Ein Ticket kostet derzeit 5 Euro      Hier die Sammlung der Websites:
                                                             pro Person und Fahrt, wenn man Hin-          http://www.horariosdofunchal.pt/­
                                                             und Rückfahrt bucht sind’s deren 8. Alle       index-de.php (auch auf deutsch)
                                                             wichtigen Haltestellen in Funchal wer­       http://www.rodoeste.com.pt/ (leider
                                                             den angefahren. Man sollte bei der Pla­        nur Portugiesisch, aber man kann sich
                                           © Dídio Pestana

                                                             nung berücksichtigen, dass je nach An­         durchfinden)
                                                             zahl der Passagiere, die an Bord gehen       https://www.sam.pt/en/ (SAM betreibt
                                                             wollen, die Fahrt von Funchal zum Flug­        auch den Aero-Bus von und zum Flug­
                                                             hafen auch schon mal eine Stunde dau­          hafen)

10 PORTUGAL REPORT NR. 75
»
     Das hier, das ist der königliche Palast
     von Lissabon«, sagte der sommer­
     sprossige Matrose zu seinen Kamera­
den, als der Dreimaster langsam den Tejo
aufwärts segelte. »Geht weg hier!« fuhr
der Bootsmann die Seeleute an, »wer
nichts zu tun hat, geht nach Steuerbord rü-
ber! Über diese Stelle im Tejo werden
schlimme Geschichten erzählt!«
   Da peitschte ein Schuss über die Kai­
kante, und im gleichen Moment stürzte
ein Schiffsjunge aus dem Mast. Tot lag er
auf den Planken. Wieder hatte Prinz
Francisco seiner Mordlust nachgegeben.
   Infant Francisco war der jüngere Bru­
der von König João V. (geboren 1689) aus
dem Hause Bragança, der von 1706 bis
1750 regierte. Der König war einer der
reichsten absoluten (»losgelösten«) Herr­
scher der Welt, denn die Einnahmen aus
der riesigen Kolonie Brasilien sprudelten.
Charakterlich waren die beiden Brüder
wie Tag und Nacht.
  Während der König im Grunde seines
Herzens friedfertig war und sich den
Künsten, der Architektur, der Malerei, der
Musik, der Bildhauerei verschrieben hat­

                                                                                                                                          © Wikimedia Commons · Repro: Andreas Lausen
te, konnte sein Bruder Francisco all dem
nichts abgewinnen. Stattdessen grämte
er sich über seinen zweiten Platz in der

                                                 Ein mörderischer Prinz
Thronfolge. Noch hatte der König mit sei­
ner österreichischen Gemahlin Maria
Ana keine Kinder. Prinz Francisco stand
noch an erster Stelle der Thronfolge.
   1711 gelobte der König feierlich, in Ma­
fra ein großes Kloster mit Basilika und
                                                 Über das Treiben des Infante Dom Francisco, Duque
Königspalast zu bauen, wenn ihm und              de Beja (1691–1742)  von Andreas Lausen
Königin Maria Ana ein Sohn geboren
würde. Der Grund war nicht nur sein in­        Gemälde des Infanten Dom Francisco, Duque de Beja · von Domenico Duprà
ständiger Wunsch, die Dynastie zu erhal­
ten. Denn einen Thronfolger gab es − sei­
nen Bruder Francisco. Der König kannte         terstützen. Aber sie muss furchtbare            neralkapitän der Flotte. An den Infanten
seinen zynischen, sadistischen Charakter,      Angst vor ihrem Schwager gehabt haben,          Francisco erinnert heute nur wenig. Fast
vor dem er Familie und Land bewahren           denn sie überzeugte ihren Gatten, seine         scheint es, als wollten die Portugiesen
wollte. So ist sein Gelübde zum Bau von        geplante Pilgerreise nach Rom abzusa­           diesen finsteren T­ ypen aus dem kollekti­
Mafra nicht nur königlicher Größen­            gen, um nicht die Kontrolle in Portugal         ven Gedächtnis verbannen. Seine Mord­
wahn, sondern auch das Streben, Portu­         zu verlieren. Der König schickte seinen         taten wurden nie verfolgt. Nur im Lissa­
gal vor einem Verbrecher auf dem Thron         Bruder als Kommandant der Flotte ins            bonner Vorort C  ­ axias (sonst vor allem
zu schützen.                                   Mittelmeer, um im Bündnis mit Öster­            durch ein Gefängnis bekannt) findet sich
  Als 1714 Infant José geboren wurde,          reich und Venedig gegen die Türken zu           ein Palast, den Francisco begonnen hatte.
rückte Francisco in der Thronfolge nach        kämpfen. Diese Aufgabe erledigte Fran­          Er wurde erst 1770 fertig, sodass Francis­
hinten. Er sah seine Felle wegschwim­          cisco erfolgreich. Insgeheim mag König          co ihn nie bewohnt hat. Der Palast befin­
men. Also plante er, mit einem Putsch an       João gehofft haben, sein Bruder möge            det sich heute in einem ruinösen Zustand.
die Macht zu kommen. Historiker mei­           den Tod bei dieser Expedition finden …          Der Eigentümer, das Verteidigungsminis­
nen, dass er sogar die Ermordung seines           Francisco begrub seine Hoffnung auf          terium, hat keine Pläne für eine Sanie­
königlichen Bruders plante.                    den Thron. Er führte ein Leben in Luxus.        rung.
  Als dann der König 1715 schwer er­           Seine üblen Charaktereigenschaften leg­            Aber die Parkanlage wird gepflegt und
krankte, sah sein Bruder die Chance, auf       te er nicht ab. Er war der Schrecken aller      ist öffentlich zugänglich. Hier kann der
den Thron zu kommen. Er konspirierte           Bediensteten − und aller Nonnen. Mit ei­        Besucher bei einem Spaziergang darü­
mit der Königin und bot ihr die Heirat an,     ner von ihnen, Mariana da Silveira, hatte       ber nachdenken, dass den Portugiesen
falls der König sterben sollte. Maria Ana      er zwei Söhne. Sein illegitimer Spröss­         ein Wahnsinniger als Herrscher erspart
dachte nicht daran, ihren Schwager bei         ling João de Bemposta brachte es mit sei­       geblieben ist. Dem Gelübde seines Bru­
seinen finsteren Machenschaften zu un­         ner maritimen Begabung sogar zum Ge­            ders für den Bau von Mafra sei gedankt!

                                                                                                                          1. JUNI 2019   11
Bichos desastrosos em                                                                                                              neus», um escaravelho aborrecido, natu­
                                                                                                                                  ral das áreas tropicais de Ásia e Polinésia.
                                                                                                                                   Chegou até África e finalmente ao Conti­

ambiente da flora
                                                                                                                                   nente Europeu, tendo entrado em Espa­
                                                                                                                                   nha no ano de 1994. Corrói radicalmente
                                                                                                                                  vários tipos de palmeiras. Quem não vê
                                                                                                                                   de forma chocante por todo o nosso país

Medidas insuficientes do Estado no combate à praga de                                                                              palmeiras com os ramos baixos e resse­
                                                                                                                                   quidos ou um tronco perdido e arrasado
insetos  de Eberhard Fedtke e Ana Carla Gomes Fedtke                                                                              como triste testemunha de uma planta
                                                                                                                                   morta? Vistas lamentáveis, provas de
                                                                                                                                   guerra florestal, cenários terríveis para
                                                                                                                                   todos os amantes da natureza.
                                                                                                                                      O segundo companheiro da ilustre se­
                                                                                                                                  leção é a Vespa-das-galhas-do-castanhei­
                                                                                                                                  ro, um inseto que ataca os gomos foliares
                                                                                                                                   em forma de galhas, reduz o crescimento
                                                                                                                                   dos ramos, trava a frutificação, diminui
                                                                                                                                   a produção e a qualidade dos castanhei­
                                                                                                                                  ros, arruinando-os finalmente na sua glo­
                                                                                                                                  balidade. A sua distribuição geográfica
                                                                                                                                 vai desde a Ásia, América do Norte e Eu­
                                                                                                                                  ropa, alastrando cada vez mais à Europa
                                                                                                                                   inteira e obviamente não escapando a
                                                                                                                                  Portugal.
                                                                                                                                      Como terceiro parasita exibimos a

                                                                                                Foto: © Ana Carla Gomes Fedtke
                                                                                                                                 ­vespa asiática, oriunda da Índia, China,
                                                                                                                                  Indochina e Indonésia e detetada em
                                                                                                                                  Portugal em 2011. Em 2015 foram aqui
                                                                                                                                  ­registados 1.215 vespeiros. As velutinas
                                                                                                                                   dizimam as abelhas autóctones de forma
                                                                                                                                   significativa, invadindo agressiva e obs­
                                                                                                                                   tinadamente as colmeias delas. O reflexo
Catástrofe imperiosa dentro da densa e rica floresta                                                                               económico é que a produção do mel por­
                                                                                                                                   tuguês diminui.
                                                                                                                                      O número quatro que atinge como um

A
       flora portuguesa sofre, assim como               por exemplo, no que respeita a uma                                         furacão as florestas é a processionária do
       o ambiente em todos os países mo­                 ameaça global de plástico, a salvação do                                  pinheiro, igualmente muito perigosa
       dernos, do abuso de inseticidas na               mundo moderno inclui também a inter­                                       para as pessoas e animais. A sua origem
luta contra muitos pesticidas. A quanti­                 dição rigorosa de qualquer produto de                                     é a Europa do Sul. Se ela tiver contacto
dade de insetos, vermes e minhocas, im­                 inseticida, sublinham os especialistas.                                    com partes sensíveis do corpo, quer hu­
portante para a estabilidade da flora e                 Um perigo após outro, perguntamos qual                                     mano quer animal, por exemplo com a
fauna − muitos animais, não só os passa­               vai ser o próximo Mostramos responsa­                                       língua dos cães, pode provocar lesões
rinhos, vivem dos insetos − vão diminuin­               bilidade para com a nossa terra.                                           graves e pode até levar à morte, se não
do continuamente. A ciência de entomo­                     Portugal vive de forma mais perigosa                                    forem imediatamente prestados cuida­
logia, que é a ciência que se ocupa do                  no que se refere aos bichos importados                                     dos de saúde. O bicho faz ninhos brancos
estudo global dos insetos e das respeti­                 de fora por causa do comércio mundial.                                    nos pinheiros que são notoriamente visí­
vas espécies, está em alerta interconti­                Eles fazem um vórtice mortal na flora                                     veis. É uma praga que está em constante
nental. Sobre o título «Declínio de Biodi-              portuguesa, crescem e precisam de uma                                      crescendo quer em pinheiros quer em
versidade e perda de insetos», as institui­             resposta certa e definitiva, para evitar                                   cedros.
ções competentes informam o público e                   um apocalipse florestal. Falamos duma                                         O número cinco é o fungo de buxo,
os políticos estatais sobre o perigo para               pequena seleção: cinco tipo de insetos e                                   mais uma importação asiática do Japão,
a saúde e para a integridade do ambien­                  escaravelhos dançam o ritual do ventre                                    China, Coreia e India. Manifesta-se por:
te no país. Foram elaborados programas                  na flora de Portugal. Envergados nos                                       manchas foliares de um cinzento acasta­
específicos para combater os perigos                     seus vestidos garridos e multicolores,                                    nhado a alaranjado que surge repentina­
­diversos numa «morte dos insetos». Toda                mas de uma capacidade devastadora e                                        mente, um micélio branco sobre o avesso
a agricultura contemporânea está em                      de um perigo diabólico revelam-se                                         de folha, as folhas caem muito rapida­
causa. Existem, no entanto, resultados                  ­fulminantes para a natureza e para o                                      mente, estrias negras nos ramos, todo
fundamentados que na agricultura «Bio«                  homem. Não acreditam? Exagerado?
                                                        ­                                                                          acabando na queda dos mesmos. Precisa
a situação é muito menos preocupante, o                 Nomeamos os «condignos atores» e
                                                        ­                                                                          de um tratamento radical.
balanço natural e geral da flora e fauna               ­vamos aos factos, sem rodeios.                                               Assim o ambiente português acumula
é bastante positivo, se recomendado, ele                   O primeiro a apresentar chama-se pi­                                    e acelera problemas de cariz prioritário
não perfeito. Só a título de comparação,                torescamente «Rhynchoporus ferrugi­                                        na proteção da flora. Já é sabido que Por­

12 PORTUGAL REPORT NR. 75
da falta de financiamento público. Obvia­
                                                                                                                                              mente que o ministério da agricultura,
                                                                                                                                              florestas e desenvolvimento não disponi­
                                                                                                                                              biliza a atenção suficiente para estas
                                                                                                                                              ­situações globais. Não se sabe sequer se
                                                                                                                                              as repartições estatais competentes pe­
                                                                                                                                              dem verbas comunitárias destinadas a
                                                                                                                                              esta matéria. A ser verdade, é uma como­
                                                                                                                                              didade irresponsável e escandalosa. Mas
                                                                                                                                              não deixa de ser bastante interessante

                                                                                                 Foto: © Eduardo Gonzalez – stock.adobe.com
                                                                                                                                              em ver como determinados municípios
                                                                                                                                              gastam «generosamente» uma boa parte
                                                                                                                                              do seu orçamento em festas, foguetes,
                                                                                                                                              feiras e toda a espécie de exacerbados
                                                                                                                                              eventos. São as prioridades que contam.
                                                                                                                                              Quem dera fazer um justo «mea culpa»
                                                                                                                                              ao favor da natureza a base essencial da
                                                                                                                                              nossa vida dia por dia.
                                                                                                                                                  O problema em si não merece um per­
                                                                                                                                              dão. O laboratório natural precisa de um
                                                                                                                                              apoio efetivo, observando todas as medi­
Multiplicação dos insetos que parece não ter fim à vista                                                                                      das científicas em curso, rigorosamente
                                                                                                                                              para evitar a entrada, a permanência e a
                                                                                                                                              multiplicação desta indesejável bichara­
tugal sofre com a crise evidente das flo­            de o controlo à erradicação. Consideramos                                                da – hóspedes mortais.
restas queimadas dos incêndios e padece              que deve haver uma maior aposta na                                                          As regiões necessitam maioritariamen­
 ainda da ausência de animais selvagens              sensibilização do público, estratégia que                                                te da ajuda do ministério responsável
 e de pássaros de várias espécies. Muitos            se afigura preponderante para que exista                                                 nesta matéria. A dignidade pela natureza
 caçadores abusam da fauna, eliminam-                uma verdadeira mudança. Portugal ca­                                                     apela a manifestações justas e concretas.
na aos poucos. Quando vai acabar esta                rece de uma secção de «Bombeiros especia-                                                Não adianta este «cómodo ciclo» em «pen-
 evolução perigosa e mortal para a flora             lizados em ambiente», uma pura «armada                                                   sar» na política, «repensar» no parlamen­
 e fauna, culminando certamente numa                 química», tal como dispõem outros países                                                 to e fazer leis académicas, falar demasia­
 catástrofe ambiental?                               em situações idênticas. Ainda muito há a                                                 do e sugerir planos ativos nas reuniões
   As autoridades portuguesas da prote­              fazer contra estes desagradáveis visitan­                                                de municípios, sem que nada ou pouco
 ção civil têm consciência deste terrível            tes, que crescem a olhos vistos. Quem co­                                                aconteça. Bruxelas tem determinados
 drama, porquanto dá-nos a ideia que são             nhece o próximo invasor indiscreto, que                                                  fundos.
poucos os que parecem profundamente                  danifica as plantas e afeta a saúde dos                                                      Caso contrário a identidade de um país
 angustiados, diríamos até indignados ou             homens? A natureza portuguesa não me­                                                    cuja avaliação ambiental ainda satisfa­
moralmente arrependidos. Não há trata­               rece viver uma «via mala ambiental». É                                                   tória e capaz de atrair o turismo multi­
mentos medicinais apropriados para                   preciso ousadia e garra. Finalmente!                                                     cultural, desaparecerá.
 combater o parasita n.º 1, só via importa­              Um argumento «mais que batido» é o                                                       Por certo?
 ção. Em Espanha cada particular é obri­
gado a reportar às entidades civis as suas
 árvores doentes, uma vez que o estado
trata a natureza estatal. Em Portugal fal­
ta este sensato regime e uma coreografia
razoável para imperativamente salvar a
natureza tão doente. Para combater o
­inimigo n.° 5, serve cortar os ramos das
 árvores doentes ou as plantas em causa,
 não sendo um resultado para satisfazer
 a beleza do ambiente.
   Algumas freguesias promovem pre­
                                                                                                                                                                                         Foto: © Eileen Kumpf – stock.adobe.com

venções individuais, mas no que respeita
por exemplo ao parasita processionário
 do pinheiro, nota-se uma clara atitude
 de perplexidade, desamparo e até de de­
 sorientação. É necessário haver uma boa
gestão para analisar os ciclos iniciais das
pragas, elaborar e praticar programas
 opcionais e promover diligências efica­
 zes para proteção da natureza atingida,
 queremos dizer prevenção razoável des­             O equilíbrio ambiental ameaçado pela destruição exponencial

                                                                                                                                                                         1. JUNI 2019   13
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