Coronakrise verschärft finanzielle Lage des Gesundheits-sektors - Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

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Coronakrise verschärft finanzielle Lage des Gesundheits-sektors - Exportinitiative Gesundheitswirtschaft
Coronakrise verschärft finanzielle Lage des Gesundheits-
    sektors
    Viele Kliniken haben derzeit eingeschränkte Budgets und schieben die Käufe von Medizintechnik auf. Mittel­
    fristig bleibt Kolumbien ein attraktiver Markt für deutsche Unternehmen.

    25.01.2021

    Von Edwin Schuh | Bogotá

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LÄNDERPROFIL UND AUSWIRKUNGEN VON COVID

 Länderprofil und Auswirkungen von Covid-19
 Wachstumsmarkt Gesundheitswirtschaft
 Medizintechnikmarkt
 Einfuhr
 Vertrieb und Beschaffung
 Geschäftspraxis
 Empfehlungen für deutsche Exporteure
 Akteure und Cluster

Länderprofil und Auswirkungen von Covid-19
Kolumbien ist mit 50 Millionen Einwohnern ein bedeutender Gesundheitsmarkt. Aufgrund der geografischen
Lage dient das Land zahlreichen deutschen Firmen als regionales Standbein.

   Corona und andere Herausforderungen

   Deutsche Importe auf Rang fünf

Kolumbien hat die drittgrößte Bevölkerung Lateinamerikas hinter Brasilien und Mexiko. Wirtschaftlich gesehen steht
das Land auf Rang vier in der Region. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) war 2019 mit 323,8 Milliarden US-Dollar (US$)
zwar deutlich höher als in Peru und Chile, aber geringer als in Brasilien, Mexiko und Argentinien. Weltweit liegt Kolum­
biens BIP auf Platz 38, so der Internationale Währungsfonds (IWF).

Ein wichtiger Standortvorteil Kolumbiens ist die zentrale geografische Lage innerhalb des Kontinents Amerika. Das
Land punktet mit großen Häfen sowohl am Atlantik als auch am Pazifik und sehr guten internationalen Flugverbindun­
gen. Mehrere deutsche Unternehmen haben daher in Kolumbien ihre regionale Zentrale aufgebaut und decken Länder
wie Peru, Ecuador, Chile, Venezuela und Argentinien – teilweise auch Zentralamerika und die Karibik – von hier aus mit
ab. Auch als Produktionsstandort ist das Land von Bedeutung, so etwa für die deutschen Hersteller von Medizintech­
nik Fresenius und B. Braun.

Corona und andere Herausforderungen
Der Wirtschaftseinbruch aufgrund der Coronapandemie soll 2020 bei 8,2 Prozent liegen, so die Prognose des IWF. Ein
über fünf Monate andauernder, strikter Lockdown zwischen März und August zwang viele Sektoren in die Knie. Beson­
ders der Tourismus, der Einzelhandel und die Gastronomie, aber auch die Bauwirtschaft und der Rohstoffsektor sind

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LÄNDERPROFIL UND AUSWIRKUNGEN VON COVID

stark betroffen. Für 2021 erwarten Analysten ein BIP-Wachstum von rund 4 Prozent, ebenso für die darauffolgenden
Jahre.
Trotz des Lockdowns konnte Kolumbien die Ausbreitung von Covid-19 nicht verhindern. Zeitweise stand das Land im
weltweiten Vergleich der Fallzahlen auf Rang fünf, hinter den deutlich größeren Ländern USA, Indien, Brasilien und
Russland. Anfang 2021 wird Kolumbien voraussichtlich 1,5 Millionen Fälle erreichen. Die Belastung des
Gesundheitssystems ist dementsprechend hoch. Der Spielraum für Investitionen ist in den nächsten Jahren daher
begrenzt.

Die humanitäre Krise im Nachbarland Venezuela dauert an. Gemäß der Flüchtlingskommission der Vereinten Nationen
(UNHCR) befinden sich inzwischen 1,6 Millionen venezolanische Flüchtlinge in Kolumbien, die Zahl könnte mittelfristig
3 Millionen erreichen. Viele der Einwanderer erreichen Kolumbien in einem schlechten Gesundheitszustand und mit
fehlenden Impfungen - Malaria, Mangelernährung und HIV sind weit verbreitet. Da auch sie Anrecht auf eine medizini­
sche Behandlung haben, entstehen dem Gesundheitssystem zusätzliche Kosten.

Deutsche Importe auf Rang fünf
Kolumbien hat mit zahlreichen Staaten Handelsabkommen abgeschlossen und sich dadurch zu einem relativ offenen
Markt entwickelt. Am bedeutendsten sind die Abkommen mit den USA und der Europäischen Union (EU) sowie im Zu­
ge der Pazifikallianz mit Mexiko, Chile und Peru. Nach Angaben der Weltbank ist der von Kolumbien auf importierte
Güter durchschnittlich erhobene Zollsatz zwischen 2010 und 2018 von 11,3 Prozent auf 3,2 Prozent gefallen. Ein Großteil
der deutschen Produkte kommt inzwischen zollfrei in das Land. Ein hohes Maß an Bürokratie und nichttarifären Han­
delshemmnissen erschweren jedoch den Import.

Im Jahr 2019 exportierte Deutschland Waren im Wert von 1,9 Milliarden US$ nach Kolumbien, so das Statistische Bun­
desamt Destatis. Die wichtigsten Produktkategorien waren Pharmazeutika, Maschinen, Flugzeuge, chemische Erzeug­
nisse, Kraftfahrzeuge und optische Instrumente. Deutschland war der fünftwichtigste Lieferant Kolumbiens hinter den
USA, China, Mexiko und Brasilien mit einem Anteil von 4,1 Prozent an den gesamten Einfuhren.

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WACHSTUMSMARKT GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

Wachstumsmarkt Gesundheitswirtschaft

Das kolumbianische Gesundheitssystem deckt die gesamte Bevölkerung ab. Allerdings ist die Qualität der
Versorgung oft nur mangelhaft und mit langen Wartezeiten verbunden.

   Anzahl der Intensivbetten wegen Corona verdoppelt

   Private Gesundheitsversorgung wichtig

   Gesundheitssystem deckt gesamte Bevölkerung ab

   Gesundheitssystem ist hoch verschuldet

   Chronische Krankheiten nehmen zu

Anzahl der Intensivbetten wegen Corona verdoppelt
Kolumbien ist bislang eines der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Länder weltweit. Die Fallzahlen akkumu­
lierten sich mit Stand Anfang Dezember 2020 auf 1,3 Millionen, wobei rund 37.000 Personen an dem Virus verstorben
sind. Die aktuelle Sterberate liegt damit bei 2,8 Prozent, was vergleichbar ist mit anderen Schwellenländern. Der Höhe­
punkt der Pandemie wurde in Kolumbien Mitte August mit knapp 170.000 aktiven Fällen erreicht, bis Anfang Dezem­
ber sank die Anzahl aktiver Fälle auf rund 70.000. Vor allem in ärmeren Stadtvierteln der Metropolen, aber auch im
Amazonasgebiet sowie an der Pazifik- und Karibikküste breitete sich das Virus stark aus.

Bereits früh (24. März) rief die Regierung eine strenge Ausgangssperre aus, dank der die Fallzahlen zunächst nur lang­
sam anstiegen. So wurde Zeit gewonnen, das Gesundheitssystem auf die Pandemie vorzubereiten. Die Anzahl der Not­
fallbetten konnte dem Gesundheitsministerium MinSalud (Ministerio de Salud y Protección Social) zufolge landesweit
von 5.346 im Februar auf 10.693 im Oktober verdoppelt werden. Dennoch waren die Kliniken vor allem in den Monaten
Juli und August am Limit, die Intensivstationen (Unidad de Cuidados Intensivos, UCI) in vielen Großstädten komplett
belegt.

Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Kolumbien

    Indikator                                                                                                  Wert

    Bevölkerung (2019, in Mio.)                                                                                  50,3

    Bevölkerungswachstum (2019, in %)                                                                             1,4

    Altersstruktur der Bevölkerung (2019)

      Anteil der 15- bis 64-Jährigen (in %)                                                                     68,6

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)                                                                        22,6

      Anteil der über 65-Jährigen (in %)                                                                          8,8

    Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2018, in Jahren)                                               77,1

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WACHSTUMSMARKT GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

    Indikator                                                                                                   Wert

    Gesamte Gesundheitsausgaben (2019, in Mrd. US$)                                                               24,2

    Gesamte Gesundheitsausgaben pro Kopf (2019, in US$)                                                           480

    Anteil gesamte Gesundheitsausgaben am BIP (2019, in %)                                                         7,5

    Anzahl Krankenhäuser (2018), davon                                                                           1.124

     öffentlich                                                                                                    772

     privat                                                                                                       352

    Anzahl Krankenhausbetten (2018)                                                                             53.153

    Anzahl Ärzte (2018)                                                                                       102.309

    Ärzte/100.000 Einwohner (2018)                                                                                206

Quelle: Weltbank; Fitch Solutions

Private Gesundheitsversorgung wichtig
Kolumbiens gesamte Gesundheitsausgaben lagen 2019 mit 24,2 Milliarden US-Dollar (US$) auf Platz fünf in Lateiname­
rika, hinter Brasilien, Mexiko, Argentinien und Chile. Für 2020 wird ein Rückgang von 3,3 Prozent auf 23,4 Milliarden
US$ erwartet, was allerdings der Abwertung des kolumbianischen Pesos geschuldet ist. In Lokalwährung gemessen sol­
len die Ausgaben 2020 um 9,6 Prozent zunehmen, so das Marktforschungsinstitut Fitch Solutions. Bis zum Jahr 2024
wird ein Anstieg der Gesundheitsausgaben auf 31,1 Milliarden US$ prognostiziert.

Von dem Gesamtumsatz entfielen 2019 rund 72,4 Prozent auf öffentliche und 27,6 Prozent auf private Gesundheitsaus­
gaben. Zahlungen aus der eigenen Tasche (out-of-pocket) machen etwa 60 Prozent der privaten Gesundheitsausgaben
aus, 40 Prozent entfallen auf Privatkrankenkassen. Rund 70 Prozent aller Kliniken sind öffentlich, der Rest privat. Un­
ter den privaten Kliniken haben jedoch nur eine Handvoll mehr als 100 Betten, die Mehrheit haben weniger als 20 Bet­
ten. Die Privatkliniken sind meist als Gesellschaften, Partnerschaften oder als steuerbefreite Stiftungen (fundación) or­
ganisiert.

Gesundheitssystem deckt gesamte Bevölkerung ab
Kolumbien konnte in den vergangenen Jahren einen immer größeren Teil seiner Bevölkerung in das Gesundheitssystem
integrieren und ist heute führend in Lateinamerika hinsichtlich der Abdeckung. Jeder Einwohner, unabhängig von sei­
ner Zahlungskraft, hat Anspruch auf Gesundheitsleistungen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums
MinSalud waren 2019 insgesamt 98,9 Prozent der Bevölkerung im Gesundheitssystem SGSSS (Sistema General de Se­
guridad Social en Salud) registriert. Allerdings sind die Qualität und Geschwindigkeit der Versorgung gerade im öffent­
lichen Bereich häufig sehr mangelhaft.

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WACHSTUMSMARKT GESUNDHEITSWIRTSCHAFT

Die bedeutende Gesundheitsreform von 1993 (Gesetz 100) teilte das Gesundheitssystem in zwei Teile ein: das beitrags­
pflichtige System (régimen contributivo), dem Arbeitnehmer und Personen mit ausreichender Kaufkraft angehören, so­
wie das subventionierte System (régimen subsidiado) für ärmere Bevölkerungsschichten. Im März 2019 waren 22,3 Mil­
lionen Personen im beitragspflichtigen und 22,8 Millionen Personen im subventionierten System erfasst. Rund 2 Millio­
nen Personen – darunter Militärs und Lehrer – werden getrennt versorgt.

Unter den Top 10 der Krankenhäuser Lateinamerikas befinden sich vier kolumbianische Einrichtungen.

Top 10 der Krankenhäuser und Kliniken Lateinamerikas 2019 (gemäß América Economía)

1. Hospital Israelita Albert Einstein (São Paulo, Brasilien)
                                                                                                             
2. Clínica Alemana (Santiago de Chile, Chile)

3. Fundación Cardioinfantil - Instituto de Cardiología (Bogotá, Kolumbien)

4. Fundación Valle del Lili (Cali, Kolumbien)

5. Hospital Italiano (Buenos Aires, Argentinien)

6. Fundación Cardiovascular (Bucaramanga, Kolumbien)

7. Hospital Samaritano Higienópolis (São Paulo, Brasilien)

8. Hospital Clínica Bíblica (San José, Costa Rica)

9. Hospital Pablo Tobón Uribe (Medellín, Kolumbien)

10. Hospital Universitario Austral (Buenos Aires, Argentinien)

Gesundheitssystem ist hoch verschuldet
Die Krankenkassen Entidades Promotoras de Salud (EPS) verwalten die Beiträge und vermitteln Gesundheitsdienstleis­
tungen, die von den Instituciones Prestadoras de Servicios de Salud (IPS) durchgeführt werden. IPS können sowohl pri­
vate als auch öffentliche Einrichtungen sein. Die Reform von 1993 dezentralisierte den Gesundheitssektor und führte
einen regulierten Wettbewerb zwischen den EPS ein. Neben der staatlichen Krankenkasse Nueva EPS gibt es zahlreiche
private Akteure auf dem Markt, darunter Coomeva, Medimás, Sura, Salud Total, Sanitas, Famisanar, Audifarma, Coo­

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MEDIZINTECHNIKMARKT

pidrogas und Coosalud. Die privaten Kassen bieten eine umfassendere und deutlich bessere Versorgung an als die
staatliche Krankenkasse.

Im Juli 2019 verabschiedete die Regierung den Beschluss "Acuerdo de Punto Final", der die Begleichung ausstehender
Schulden der Zentralregierung und der Bundesstaaten an die IPS in Höhe von umgerechnet 1,8 Milliarden US$ vorsieht.
Nach Auskunft des Krankenhausverbandes ACHC (Asociación Colombiana de Hospitales y Clínicas) kommt die Rückzah­
lung der Schulden jedoch nur langsam voran.

Chronische Krankheiten nehmen zu
In Kolumbien werden – ähnlich wie in vielen Schwellenländern – Infektionskrankheiten seltener, während nichtüber­
tragbare Krankheiten zunehmen. Grund dafür sind steigende Einkommen und ein damit einhergehender höherer Kon­
sum von Kalorien, Zucker und Tabak. Nichtübertragbare, chronische Krankheiten machen inzwischen rund 83 Prozent
aller Erkrankungen aus. Die häufigsten chronischen Krankheiten sind Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs,
Atemwegserkrankungen, Alzheimer und Depressionen. Übertragbare Krankheiten wie HIV und Tuberkulose spielen
jedoch weiterhin eine bedeutende Rolle.

Häufige Krankheitsbilder in Kolumbien

·   Herz-Kreislauf-Erkrankungen: insbesondere koronare Herzkrankheiten; sorgen Schätzungen zufolge für
                                                                                                                 
    25 Prozent der vorzeitigen Todesfälle
·   Krebs: die Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organization) schätzt die Anzahl der Fälle
    jährlich auf rund 71.000 und erwartet bis 2035 einen Anstieg auf 150.000
·   Diabetes: laut dem Gesundheitsministerium MinSalud (Ministerio de Salud y Protección Social) haben 4,1
    Millionen Kolumbianer Diabetes Typ 2, allerdings sind sich 2 Millionen Personen dessen nicht bewusst
·   Dengue: gemäß dem Nationalen Gesundheitsinstitut INS (Instituto Nacional de Salud) 44.825 Fälle im
    Jahr 2018, vor allem im Osten des Landes (Bundesstaaten Putumayo, Amazonas, Meta)
·   Malaria: 62.141 Fälle im Jahr 2018, vor allem an der Pazifikküste (Chocó, Valle del Cauca, Nariño)
·   HIV: gemäß der Weltbank 2019 Prävalenz von 0,5 Prozent der Bevölkerung (zwischen 15 und 49 Jahren;
    weltweiter Schnitt: 0,7 Prozent)
·   Tuberkulose: laut Weltbank 33 Fälle pro 100.000 Einwohner im Jahr 2018 (weltweiter Schnitt: 132 Fälle); in
    Küstenregionen und im Amazonas verbreitet

Medizintechnikmarkt
Der Medizintechnikabsatz leidet mittelfristig unter dem Fokus des Sektors auf Covid-19 und der schwachen
Währung. Deutschland ist drittwichtigster Lieferant von Medizintechnik.

   Umsatz geringer als ursprünglich erwartet

   Deutschland drittwichtigster Lieferant von Medizintechnik

   Kolumbien ist regionaler Hub

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MEDIZINTECHNIKMARKT

Die Covid-19-Pandemie hat gemischte Auswirkungen auf den Absatz von Medizintechnik in Kolumbien: Während die
Nachfrage nach Verbrauchsmaterialien (Atemschutzmasken etc.), In-vitro-Diagnostika und Beatmungsgeräten kurzfris­
tig deutlich zugenommen hat, leiden die Verkäufe anderer Produkte unter der Konzentration der Ressourcen auf Co­
vid-19.

Auch die deutliche Abwertung des kolumbianischen Peso gegenüber dem US-Dollar und dem Euro in der 1. Jahreshälfte
traf viele Medizintechnikunternehmen hart. Kolumbien importiert rund 80 Prozent seines Bedarfs aus dem Ausland,
vor allem technologisch komplexere Produkte. Durch die Abwertung wurden die Produkte für die kolumbianischen
Kunden erheblich teurer.

Umsatz geringer als ursprünglich erwartet
Das Marktforschungsinstitut Fitch Solutions erwartet für 2020 einen Umsatzrückgang der Medizintechnik von 0,5 Pro­
zent auf 1.147 Millionen US-Dollar (US$). In Landeswährung gemessen soll der Umsatz allerdings um 12,7 Prozent stei­
gen, so das Institut. Für 2021 wird auf US-Dollar-Basis ein kleines Umsatzplus von 2,3 Prozent erwartet. Danach soll der
kolumbianische Medizintechniksektor dank des weiterhin hohen Modernisierungsbedarfs stärker expandieren und
2024 Verkäufe (inländische und ausländische Anbieter) von 1,4 Milliarden US$ erzielen - vor der Pandemie war Fitch
Solutions jedoch noch von 1,6 Milliarden US$ ausgegangen.

Lieferchancen für deutsche Unternehmen ergeben sich insbesondere durch den Modernisierungsbedarf öffentlicher
Krankenhäuser und den Ausbau privater Kliniken in den Großstädten. So sind in Bogotá aktuell drei neue öffentliche
Kliniken im Bau: Usme (Investitionen 78 Millionen US$), Bosa (162 Millionen US$) und Santa Clara (146 Millionen US$).
Sie sollen nach internationalen Standards zertifiziert werden und 2022 ihren Betrieb aufnehmen. Potenzial haben zu­
dem Telemedizin und Digital Health - Bereiche, die von der Regierung gefördert werden: So erlaubte die Regierung im
April 2020 mit dem Dekret 538  die Untersuchung von Patienten und die Ausstellung von Arzneimittelverschreibun­
gen über digitale Kommunikationswege. Dem Medizintechnikhersteller Philips zufolge ist Kolumbien bei der Digitali­
sierung des Gesundheitssektors weiter fortgeschritten als die anderen Länder der Region, einschließlich Brasilien.

Umsatzzahlen nach Branchenprodukten (in Millionen US-Dollar)

    Produktgruppe                                                           2017           2019 *)            2021 *)

    Bildgebende Apparate, darunter                                           126                147                  148

     Elektrodiagnoseapparate und -geräte                                      54                65                   67

     Röntgenapparate etc.                                                     72                 81                   81

    Zahnmedizinische Instrumente                                              68                69                   74

    Verbrauchsgüter (Spritzen, Katheter etc.)                                268               298                   297

    Orthopädische Produkte und Prothesen                                     199                227                  233

    Unterstützende Geräte (Schrittmacher etc.)                               110                125                  126

    Weitere Apparate                                                         258               288               296

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MEDIZINTECHNIKMARKT

    Produktgruppe                                                            2017         2019 *)           2021 *)

    Gesamt                                                                   1.030           1.154             1.173

*) Schätzungen bzw. PrognosenQuelle: Fitch Solutions

Deutschland drittwichtigster Lieferant von Medizintechnik
Kolumbien importierte 2019 Medizintechnik im Wert von 875,7 Millionen US$. Dies entspricht einem Anstieg von
3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit blieben die Einfuhrzahlen erneut unter dem bisherigen Rekordjahr 2014, als
Medizintechnik im Wert von 1,1 Milliarde US$ importiert wurde. Mit Ausnahme von Orthopädietechnik verzeichneten
2019 alle Kategorien in untenstehender Tabelle Zuwächse.

Deutschland steht fest auf dem dritten Platz im Ranking der Importeure von Medizintechnik, mit einem Anteil von
rund 9 Prozent an den Lieferungen. Spitzenreiter sind die USA (Anteil rund 30 Prozent) und China (14 Prozent). Nach
Deutschland folgen Mexiko, Irland und die Schweiz mit Anteilen von je 4 Prozent an den Importen von Medizintechnik.
Deutschlands Marktanteil in Kolumbien ist seit 2007 relativ konstant, während die USA in den vergangenen Jahren An­
teile verloren und China kräftig aufholte.

Einfuhren ausgewählter Branchenprodukte (in Millionen US-Dollar)

    Produktgruppe                                        2018        2019            davon aus Deutschland (2019)

    Elektrodiagnoseapparate und -geräte                    63,5       74,5                                     10,5

    Röntgenapparate etc.                                   61,9       65,9                                      9,3

    Sterilisierapparate                                     3,5        4,3                                      0,2

    Rollstühle                                              6,5        7,0                                      0,9

    Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g.                   15,3       16,1                                       1,9

    Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.             143,2       155,4                                      6,8

    Ophthalmologische Instrumente                          11,2       13,7                                      2,0

    Andere Instrumente, Apparate und Geräte             200,4       203,2                                      26,2

    Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.                     57,7       67,0                                      3,8

    Medizinmöbel etc.                                      12,2       13,0                                      2,0

    Orthopädietechnik, Prothesen etc.                   270,4        255,6                                     18,5

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MEDIZINTECHNIKMARKT

     Produktgruppe                                       2018         2019          davon aus Deutschland (2019)

     Gesamt                                              845,8        875,7                                      82,1

Quelle: UN Comtrade

Wichtigste Importeure von Medizintechnik sind gemäß der Medizintechnikkammer Cámara Dispositivos Médicos e In­
sumos para la Salud (CDMIS) die Unternehmen Covidien/Medtronic, Johnson & Johnson, Siemens Healthcare, Fresenius,
Roche, BD, Servióptica, B. Braun, Abbott, Boston Scientific, 3M und Baxter. Zahlreiche Unternehmen fertigen allerdings
auch lokal in Kolumbien.

Kolumbien ist regionaler Hub
Zahlreiche multinationale Unternehmen produzieren in Kolumbien für den Binnenmarkt und für den Export. Neben der
Hauptstadt Bogotá hat sich der Bundesstaat Antioquia als wichtiger Produktions- und Vertriebsstandort
etabliert. Laut dem Statistikamt DANE gab es 2017 insgesamt 62 Hersteller von Medizintechnik, davon 30 in Bogotá
und 17 in Antioquia. Zu den wichtigsten nationalen Produzenten zählen die Unternehmen Adhinter, Bioplast, Eterna,
Gothaplast, Higietex, Industrias Médicas Sampedro, Industrias Metálicas Los Pinos, Mediimplantes, Meditec, New Ste­
tic, Procaps, Proplas, Protex, Rymco, Sherleg Laboratories und Supertex Medical. Die multinationalen Produzenten sind:
3M, B. Braun, Baxter, Essity, Fresenius Medical Care und Vygon.
Das deutsche Unternehmen Fresenius betreibt seit 2016 eine Fabrik für Dialysemittel in der Freihandelszone Intexzona
nahe Bogotá, die interessante Steuervorteile bietet. Mit rund 2.000 Mitarbeitern zählt Fresenius zu den größten deut­
schen Unternehmen in Kolumbien. Fresenius unterhält außerdem 36 Dialysekliniken unter dem Namen NephroCare.
Auch B.Braun betreibt seit 2014 sieben Dialysekliniken in Kolumbien. Das Unternehmen eröffnete zudem Mitte 2019 ei­
ne Produktionsstätte in Mosquera bei Bogotá, wo chirurgisches Nahtmaterial für den weltweiten Export hergestellt
wird.

Die lokale Produktion von Medizintechnik lag 2017 dem Nationalen Statistikamt DANE zufolge bei 238,9 Millionen US$,
rund 6,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Etwa ein Drittel der Fertigung geht in den Export, insbesondere nach Ecuador,
Brasilien und die USA. Fast die Hälfte der Produktion entfällt auf Verbrauchsmaterialien wie Spritzen, Katheter, Ver­
bandsmaterial und Handschuhe. Auch Zahnprothesen, chirurgische- und Dentalinstrumente, Thermometer, Infusions­
beutel und Möbel für den medizinischen Gebrauch werden in Kolumbien hergestellt.

Führende Medizintechnikunternehmen in Kolumbien (Umsatz in Millionen US-Dollar) *)

                                                         Umsatz 2017                     Umsatz 2018

     Siemens Healthcare                                 71,0                            74,2

     Servi Óptica                                       55,7                            60,5

     Novamed                                            43,8                            50,3

     Nova Medical                                       46,3                            49,7

     GE Healthcare                                      39,2                            48,3

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EINFUHR

                                                         Umsatz 2017                      Umsatz 2018

     B. Braun Medical                                   39,6                             43,8

     Fresenius Medical Care                             37,3                             39,1

     New Stetic                                         26,2                             31,5

     Abbott                                             25,5                             28,7

     Lafam                                              24,3                             27,4

*) berechnet mit durchschnittlichen Wechselkursen für 2018 (1 US$ = 2.957 kol$) und 2017 (1 US$ = 2.951 kol$)Quelle: La

Nota Económica - Vademécum de Mercados 2019

Einfuhr
In Kolumbien können seit Abschluss des Handelsabkommens mit der EU im August 2013 die
meisten medizintechnischen Produkte aus Deutschland zollfrei eingeführt werden.

    Zollagenten nur mit Vollmacht

    Marktzugang erst nach Registrierung beim INVIMA

    Staat erstattet Leistungen

    Verkehrsinfrastruktur wird verbessert

    Freizonen bieten Vorteile

In Kolumbien können nur bei der Handelskammer registrierte und im Steuerregister RUT (Registro Único Tributario)
eingetragene Unternehmen Waren importieren. Ferner müssen die Unternehmen über ein digitales Zertifikat einer von
den kolumbianischen Behörden zugelassenen Zertifizierungsgesellschaft verfügen.

Zollagenten nur mit Vollmacht
Das Ministerium für Handel (Ministerio de Comercio) hat für die Bearbeitung von Außenhandelsgeschäften das elek­
tronische Datenbearbeitungssystem VUCE (Ventanilla Única de Comercio Exterior) bereitgestellt. Der Zugang ist aus­
schließlich registrierten Unternehmen mit Zertifikat vorbehalten. Lässt sich der Importeur hinsichtlich der Einfuhrvor­
gänge durch einen Zollagenten vertreten, muss er diesem eine schriftliche Vollmacht ausstellen. Importeure sind nicht
verpflichtet, Zollagenten einzuschalten. In der Praxis wird ihre Dienstleistung aber noch genutzt.

Wenn Waren in Kolumbien eingetroffen sind, verbleiben sie nach der Entladung bis zum Abschluss des Abfertigungs­
verfahrens zunächst in dafür vorgesehenen amtlichen Lagern. Sie können dort maximal zwei Monate gelagert werden.
Aufgrund der Vorschriften des kolumbianischen Wechselkursregimes müssen die Importeure vor der Einfuhrabferti­

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EINFUHR

gung die für die Zahlung des Importes notwendigen Devisen auf das Konto einer hierzu vom Gesetzgeber bevollmäch­
tigten Bank überweisen und das Formular „Declaración de Cambio“ ausfüllen und weiterleiten.

Mit der Abgabe der Einfuhranmeldung ist die Zahlung der Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) vorzuneh­
men. Dabei sind die vom Gesetzgeber bevollmächtigten Banken einzubinden. Die Waren werden gegen Vorlage der
Einfuhranmeldung und der Warenbegleitdokumente aus dem Zolllager freigegeben. Alternativ kann das elektronische
Abfertigungssystem der kolumbianischen Zollbehörde (Dirección de Impuestos y Aduanas Nacionales de Colombia,
DIAN) eine Untersuchung der Warenbegleitdokumente (inspección documental) oder der Waren (inspección física) an­
ordnen. Medizintechnik mit Ursprung in der Europäischen Union kann mit entsprechendem Ursprungsnachweis im Re­
gelfall zollfrei in Kolumbien eingeführt werden.

Marktzugang erst nach Registrierung beim INVIMA
Medizinprodukte müssen in Kolumbien bei dem Instituto Nacional de Vigilancia de Medicamentos y Alimentos (INVI­
MA) registriert werden. Voraussetzung ist die vorherige Prüfung technischer, gesundheitlicher und qualitativer Voraus­
setzungen der Produkte für den Marktzugang in Kolumbien. Je nach Risiko für den Patienten werden die Produkte den
Risikoklassen I, IIa, IIb, und III zugeordnet. Entsprechend der Klassifizierung sind unterschiedlich strenge technische An­
forderungen zu erfüllen, um die Registrierung zu erhalten. Zusätzlich müssen Antragsteller unter anderem eine Freiver­
kaufsbescheinigung und eine Autorisierung des Herstellers vorlegen.

Registrierungen für Produkte der Klassen I und IIa werden innerhalb von zwei Werktagen, Registrierungen für Produkte
der Klassen IIb und III innerhalb von 90 Werktagen ausgestellt. Mit der Einführung der digitalen Plattform INVIMA a un
clic  wurde das Zulassungsverfahren vereinfacht und beschleunigt. Je nach Produktklasse kostet die Registrierung
etwa 700 bis 900 US-Dollar (US$).

Staat erstattet Leistungen
Das Gesundheitsministerium legt im Leistungsplan (Plan de Beneficios de Salud  , PBS) fest, welche Gesundheitsleis­
tungen von den Privatkassen (régimen contributivo) und der staatlichen Krankenkasse (régimen subsidiado) abgedeckt
werden. So gelten bei Medizintechnik bestimmte Vorgaben unter anderem für die Verschreibung von Brillen, Blutzu­
ckermessgeräten, orthopädischen Produkten und Gehhilfen (siehe Kapitel 5 im PBS  ). Auch Medizintechnik, die nicht
von der zuständigen Behörde zugelassen wurde, wird nicht vom Leistungsplan abgedeckt.

Wird eine vom behandelnden Arzt als notwendig erachtete Gesundheitsleistung nicht vom Leistungsplan gedeckt („No
PBS“), kann der Arzt diese über die Plattform Mipres  des Gesundheitsministeriums verschreiben. In der Praxis wird
dies jedoch nur sehr selten genutzt, meist für die Verschreibung von Sehhilfen.

Verkehrsinfrastruktur wird verbessert
Dank der geografischen Lage zwischen Europa und Asien, der Nähe zum Panamakanal sowie dem Zugang zu Atlantik
und Pazifik fungiert Kolumbien immer mehr als internationales Logistikdrehkreuz. Vor allem der Hafen Cartagena an
der Atlantikküste sticht heraus: Durch Modernisierung und Ausbau hat er sich zum viertgrößten Containerhafen Latein­
amerikas und wichtigsten internationalen Warenumschlagplatz Kolumbiens entwickelt. Für den Luftverkehr spielt der
Flughafen Bogotá eine zentrale Rolle.

Wegen mangelnder Alternativen erfolgt der Warentransport innerhalb Kolumbiens zu 98 Prozent per Lkw. Allerdings
bereiten den Unternehmen die hohen Transportkosten Schwierigkeiten. So kostet der Transport eines Containers vom
Küstenhafen Cartagena nach Bogotá mehr als die Seefracht von Hamburg nach Cartagena, berichten lokale Logistiker.
Um den Binnentransport zu optimieren, investiert Kolumbien derzeit im Zuge des Autobahnprogramms Vierte Genera­
tion (4G) rund 13,4 Milliarden US$ für 30 neue Strecken. Das im Frühjahr 2020 präsentierte Infrastrukturprogramm
Fünfte Generation (5G) sieht neben weiteren Autobahnen auch den Ausbau der Binnenschifffahrt über den Río Magda­
lena und des Zugverkehrs zwischen Bogotá und der Karibikküste vor.

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VERTRIEB UND BESCHAFFUNG

Freizonen bieten Vorteile
Wichtige Logistikzentren sind die Freizonen (Zonas Francas), in denen ein deutlich geringerer Körperschaftsteuersatz
gilt: 20 Prozent anstatt 32 Prozent (2021: 31 Prozent) außerhalb der Freizonen. Es fällt auch kein Einfuhrzoll beim Im­
port in die Freizonen an. Aktuell gibt es landesweit 37 Freizonen sowie 70 Sonderfreizonen (für nur ein Unternehmen),
die meisten befinden sich in Bogotá und Umgebung sowie an der Karibikküste. Die deutschen Unternehmen B. Braun
und Fresenius betreiben ihre Produktionsstätten in Freizonen nahe Bogotá (Zona Franca de Occidente und Zona Franca
Intexzona).

Von Susanne Scholl, Edwin Schuh | Bonn, Bogotá

Vertrieb und Beschaffung
Für einige Medizintechnikprodukte herrschen Preisobergrenzen. Staatliche Ausschreibungen werden auf ei­
nem zentralen Portal veröffentlicht.

    Finanzielle Schwierigkeiten des Sektors

    Preisobergrenzen für einzelne Produkte

    Bewerbung ist teilweise reglementiert

    Portal für öffentliche Ausschreibungen

Finanzielle Schwierigkeiten des Sektors
Den Gesundheitssektor plagen schon seit geraumer Zeit Finanzierungsprobleme. Die Gesundheitskassen EPS (Entida­
des Promotoras de Salud) haben bei den Krankenhäusern und anderen Gesundheitsdienstleistern hohe Schulden ange­
häuft, die sich laut des Klinikverbands ACHC (Asociación Colombiana de Hospitales y Clínicas) Ende 2019 auf 3,2 Milliar­
den US-Dollar (US$) beliefen. Davon waren 61,3 Prozent in Verzug, also älter als 60 Tage. Hunderte von Krankenhäu­
sern stecken deshalb in Finanzierungsengpässen und mehrere EPS wurden bereits liquidiert. Die Regierung versprach,
den Gesundheitssektor durch den Beschluss "Acuerdo de Punto Final" mit Schuldenbegleichungen in Höhe von umge­
rechnet 1,8 Milliarden US$ zu sanieren - allerdings stockt dieses Vorhaben bislang.

Die Covid-19-Pandemie hat im Gesundheitssektor zu noch knapperen Kassen geführt, da das Budget der öffentlichen
Kliniken zur Behandlung der Covid-Patienten verwendet wurde. Die Privatkliniken wiederum finanzieren sich haupt­
sächlich durch chirurgische Eingriffe - die allerdings seit Ausbruch der Pandemie kaum stattfanden. Zahlreiche Kliniken
haben daher ihre Investitionspläne aufgeschoben, bis sich ihre finanzielle Lage verbessert.

Preisobergrenzen für einzelne Produkte
Während das Institut INVIMA (Instituto Nacional de Vigilancia de Medicamentos y Alimentos) für die Zulassung von
Medizintechnikprodukten zuständig ist, stellt das Gesundheitsministerium MinSalud (Ministerio de Salud y Protección
Social) die Regeln für den Vertrieb von Pharmazeutika und Medizintechnik auf. Die Wettbewerbsbehörde SIC (Superin­
tendencia de Industria y Comercio) geht gegen Kartelle, Preisabsprachen und sonstige Missachtungen des freien Wett­
bewerbes vor.

Das Gesundheitsministerium hat im Zuge des Dekrets 705/2016  die Kompetenz zur Preiskontrolle von Medizinpro­
dukten an die staatliche Komission Comisión Nacional de Precios de Medicamentos y Dispositivos Médicos (CNPMDM)
übergeben. Sie regulierte bislang in erster Linie die Preise von Pharmazeutika und Verhütungsmitteln, es wurden aber
auch Höchstpreise für Koronarstents und Katheter verschiedener Hersteller festgelegt, unter anderem der deutschen
Firma B. Braun. Weitere Preiskontrollen für Medizintechnik könnten zukünftig folgen, insbesondere für Hörgeräte und

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GESCHÄFTSPRAXIS

orthopädische Implantate, so der Fachverband für medizinische Geräte und Zubehör CDMIS (Cámara de Dispositivos
Médicos e Insumos para la Salud). Eine Liste der Medizintechnikprodukte mit regulierten Preisen ist hier  verfügbar.

Bewerbung ist teilweise reglementiert

Die Bewerbung von medizintechnischen Produkten wird im Dekret 4725 von 2005  reglementiert (Artikel 58): Dem­
zufolge darf Medizintechnik der Klasse I (geringes Risiko) in den Massenmedien beworben werden, dazu gehören TV
und Presse. Medizintechnische Produkte der Klassen IIA (mittleres Risiko), IIB (hohes Risiko) und III (sehr hohes Risiko),
die nur von Gesundheitspersonal verwendet oder verschrieben werden, dürfen nur in technischen oder wissenschaftli­
chen Publikationen beworben werden. Falls Medizintechnik der Klassen IIA, IIB oder III dennoch in den Massenmedien
beworben werden soll, muss vorher die Genehmigung der Nationalen Aufsichtsbehörde für Medikamente und Nah­
rungsmittel INVIMA (Instituto Nacional de Vigilancia de Medicamentos y Alimentos) eingeholt werden.

Portal für öffentliche Ausschreibungen

Landesweite öffentliche Ausschreibungen werden auf dem Portal Colombia Compra Eficiente  veröffentlicht. Für
Medizintechnik muss in der Suchmaske die Kategorie „42000000 – Equipo Médico, Accesorios y Suministros“ ausge­
wählt werden. Wichtige Ausschreiber sind das Militär, öffentliche Krankenhäuser und der nationale Berufsbildungs­
dienst SENA. Zum Jahresende, wenn der Rest des Etats ausgegeben werden muss, gibt es üblicherweise vermehrt Aus­
schreibungen. Der Vergabeprozess über die staatliche Plattform sei sehr transparent und professionell, berichten Bran­
cheninsider. Private Kliniken und auch einige öffentliche Einrichtungen nutzen allerdings nicht das staatliche Portal,
sondern schreiben über eigene Onlineplattformen aus.

Geschäftspraxis
Ausländischen Besuchern gegenüber sind Kolumbianer sehr aufgeschlossen, jedoch stößt man mit ungeduldi­
gem Verhalten und deutscher Direktheit auf Widerstand.

    Positive Grundhaltung wichtig

    Frauen mit starker Stellung im Geschäftsleben

    Der Morgen ist Trumpf

Entscheidend für den Geschäftserfolg in Kolumbien ist die persönliche Beziehung. Sind sich Geschäftspartner nicht
auch auf persönlicher Ebene sympathisch und vertrauen einander, kommt kaum ein Geschäft zustande – selbst
wenn es Sinn machen würde. Beim ersten Treffen wird die Stimmung daher schnell freundschaftlich (amigo) und
die Gespräche ungezwungen. Dies kann allerdings auch ein zweischneidiges Schwert sein, wie ein deutscher
Geschäftsmann kritisiert: „Die Kolumbianer reden viel, aber es passiert nichts.“ Häufig müsse man
kolumbianischen Partnern daher „hinterherlaufen“.

Positive Grundhaltung wichtig
Von Deutschen wird Seriosität, Pünktlichkeit und Ordentlichkeit erwartet. Gleichzeitig sollten sie aber zugänglich und
nicht unnahbar sein. Kritik am kolumbianischen Geschäftspartner sollte nur sehr vorsichtig und indirekt geäußert wer­
den. Deutsche Firmen punkten durch Lob und dann vorsichtige Verbesserungsvorschläge. Kolumbianer suchen immer
eine positive Grundhaltung und sprechen gerne über Dinge, die gut laufen. Geht etwas schief, muss zunächst geklärt
werden, dass niemand die Schuld hat, bevor es an die Korrekturen geht. Kolumbianer geben ungern zu, dass sie etwas
nicht wissen, nicht können oder nicht wollen und sagen ungern direkt „nein“.

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GESCHÄFTSPRAXIS

Die Arbeitsprozesse in Kolumbien sind oft langsam, hinzu kommen Bürokratie und strenge Hierarchien. Stellen Sie sich
auf mehrere Verhandlungsrunden ein, bei denen jedes Mal neue Preisnachlässe erwartet werden. Gefragt sind Flexibili­
tät und Geduld.

Kolumbien in internationalen Rankings (Position)

     Global Competitive Index 2019 (allgemeine Rahmenbedingungen) 1)                                               57

     Ease of Doing Business 2020 (administrative Rahmenbedingungen) 2)                                             67

     Corruption Perception Index 2019 (Korruption) 3)                                                              96

     English Proficiency 2020 (Englischkenntnisse) 4)                                                              77

1) von 141 Ländern; 2) von 190 Ländern; 3) von 180 Ländern; 4) von 100 LändernQuelle: Weltwirtschaftsforum;

Weltbank; Transparency International; EF Education First

Frauen mit starker Stellung im Geschäftsleben
Frauen haben im Geschäftsleben eine starke Stellung und nehmen oftmals Führungspositionen ein. Sie sind ebenbürti­
ge Verhandlungspartnerinnen, erwarten aber auch, dass ihnen beispielsweise die Tür aufgehalten oder in den Mantel
geholfen wird. Deutsche Frauen haben im kolumbianischen Geschäftsleben keine Probleme und werden respektiert.

In Bogotá und Medellín ist ein konservativer Dresscode üblich – Herren mit Anzug und Krawatte, Damen mit Kostüm
oder Hosenanzug. Dabei ist zu beachten, dass Bogotá trotz Äquatornähe über ein gemäßigtes Klima verfügt. Als Faust­
regel ist es in den Zeiträumen Dezember bis Februar und Juli bis August trocken, von April bis Mai und Oktober bis No­
vember regnerisch. Das Klima in Cali und in den Küstenstädten ist heiß, hier ist ein legeres Business-Outfit angebracht.
Mittlerweile sprechen viele kolumbianische Geschäftsleute hinreichend Englisch, vor allem in internationalen Konzer­
nen. In mittelständischen lokalen Firmen und auf mittlerer sowie unterer Managementebene sind gute Englischkennt­
nisse dagegen noch selten. Bei der Anrede ist der Besucher – falls auf Spanisch kommuniziert wird – mit dem
formellen Usted (Sie) auf der sicheren Seite. Es wird in Kolumbien aber auch schnell der Vorname ge nutzt. Oft
stellen Kolumbianer dem Vornamen ein respektvolles Don/Doña vor.

Der Morgen ist Trumpf
Der Arbeitstag in Kolumbien beginnt meist sehr zeitig und ist lang. Konferenzen und Arbeitstermine finden oft um
8 Uhr statt, Arbeitsfrühstücke um 7 Uhr sind nicht unüblich. Dafür gibt es rund 20 arbeitsfreie Feiertage im Jahr.
Diese werden meist auf einen Montag verlegt, um ein verlängertes Wochenende zu ermöglichen (puente). Dies gilt
jedoch nicht für die wichtigsten Feiertage wie die Osterfeiertage (Semana Santa) oder den Unabhängigkeitstag
(20. Juli). Arbeitnehmer haben in Kolumbien nur einen geringen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 15 Tagen.

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EMPFEHLUNGEN FÜR DEUTSCHE EXPORTEURE

Ein Messeauftritt ist für ein deutsches Unternehmen sinnvoll, wenn es noch nicht im Markt bekannt ist. In der Regel ist
eine Messepräsenz eher hilfreich für persönliche Kontakte, weniger um direkt Geschäfte abzuschließen. Die Leitmesse
Meditech  soll wieder im März 2022 in Bogotá stattfinden, geplant ist auch ein deutscher Pavillon.

Dos and Don‘ts in Kolumbien

·    Persönliche Beziehungen spielen eine wichtige Rolle im Geschäftsleben.
                                                                                                              
·    Bei der Verhandlungsstrategie sollte sich der deutsche Geschäftspartner auf mehrere Verhandlungsrun­
     den einstellen.
·    Vermeiden Sie direkte Kritik. Es sollte darüber hinweggesehen werden, falls der kolumbianische Ge­
     schäftspartner nicht gut auf die Besprechung vorbereitet ist.
·    Flexibilität und Geduld sind gefragt. Die Arbeitsprozesse in Kolumbien sind oft langsam, hinzu kommen
     Bürokratie und strenge Hierarchien.
·    Kolumbianer besuchen gerne Geschäftspartner in Deutschland, um die Geschäftsbeziehungen zu intensi­
     vieren. Eine Einladung – am besten gleich beim ersten Treffen – ist von Vorteil.

Empfehlungen für deutsche Exporteure
Die finanzielle Lage im Gesundheitssektor hat sich wegen der Pandemie verschlechtert, die
Investitionspläne vieler Kliniken liegen daher vorerst auf Eis.

Für deutsche Anbieter von Medizintechnik ist Kolumbien generell ein spannender Markt. Allein die Größe des Landes
mit 50 Millionen Einwohnern und einer wachsenden Bevölkerung ist ein starkes Argument. Wenn auch Ecuador und Pe­
ru von Kolumbien aus bearbeitet werden, verdoppelt sich der potenzielle Absatzmarkt auf knapp 100 Millionen Perso­
nen. Die plastische Chirurgie und Zahnmedizin locken zudem immer mehr Gesundheitstouristen aus dem Ausland an
und gelten als Zweige mit Zukunftspotenzial.

Probleme beim Zahlungsverhalten
Allgemein herrscht ein großer Modernisierungsbedarf in Kolumbiens Gesundheitssektor. Aufgrund der schlechten fi­
nanziellen Lage vieler öffentlicher und privaten Kliniken - verschärft durch die Covid-19-Pandemie - werden sich die
Krankenhäuser mittelfristig mit neuen Investitionen jedoch zurückhalten. Um den Geschäftsabschluss zu erleichtern,
können deutsche Unternehmen den öffentlichen Einrichtungen lange Zahlungsfristen von 150 Tagen oder mehr gewäh­
ren. Bei privaten Kliniken reicht eine Frist von 30 bis 60 Tagen. Wenn man Verzögerungen oder komplette Zahlungs­
ausfälle jedoch verhindern will, sollte Vorkasse verlangt werden.

André Henrichfreise, der über sein Unternehmen Alemko Medical  chirurgische Instrumente verschiedener deutscher
und amerikanischer Hersteller in Kolumbien vertreibt, spricht von einem „interessanten Markt, aber mit hohem Preis­
druck und schlechter Zahlungsmoral“. Die Marke Made in Germany erleichtere den Zugang zu potenziellen Kunden
enorm, sagt der Manager. Allerdings könne man allein deswegen keine Preisaufschläge verlangen. Sein Umsatz sei

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AKTEURE UND CLUSTER

2020 zwar gestiegen - ohne Pandemie hätte er jedoch deutlich mehr verkaufen können, berichtet Henrichfreise. Sein
Ausblick auf 2021 ist verhalten, erst 2022 erwartet er wieder steigende Investitionen der Kliniken.

Produkte unter Firmennamen registrieren
Beim Import nach Kolumbien müssen sich deutsche Unternehmen auf ein hohes Maß an Bürokratie einstellen – Logis­
tikunternehmen können hier helfen. Wichtig ist, die Registrierung von Medizinprodukten bei der staatlichen Gesund­
heitsbehörde INVIMA unter dem eigenen Firmennamen durchzuführen und nicht etwa unter dem Namen eines lokalen
Händlers. Andernfalls kann der Name des Importeurs für die Dauer der Registrierung (zehn Jahre) nicht mehr geändert
werden.

Neben den Metropolen Bogotá, Medellín, Cali und Barranquilla sollten auch mittelgroße Städte wie Bucaramanga oder
Pereira nicht vernachlässigt werden, die teilweise über höhere Pro-Kopf-Einkommen und moderne Kliniken verfügen.

Chancen und Risiken des Medizintechnikmarktes Kolumbien

Chancen
                                                                                                            
·    Großer, wachsender Markt mit 50 Mio. Einwohnern
·    Hoher Modernisierungsbedarf im Gesundheitssektor
·    Absatz von Medizintechnik soll ab 2022 wieder stärker zulegen
·    Hohe Margen bei Medizinprodukten
·    Eignet sich für deutsche Unternehmen gut als Standbein in der Region

Risiken
·    „Knappe Kassen“ im Gesundheitssektor, verschärft durch Covid-19
·    Schwache Zahlungsmoral
·    Korruption, Bürokratie und nichttarifäre Handelshemmnisse erschweren das Geschäft
·    Steigende Belastung des Gesundheitssystems durch Zuwanderung aus Venezuela
·    Sicherheitslage in einigen Regionen instabil

Akteure und Cluster
Das Angebot an öffentlichen Stellen und Branchenvereinigungen ist relativ breit. Der Zugang zu Behörden
und staatlichen Gesundheitsträgern gestaltet sich jedoch häufig schwierig.

Behörden, Verbände und Messen in Kolumbiens Gesundheitssektor

     Staatliche Organisationen

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CORONAKRISE VERSCHÄRFT FINANZIELLE LAGE DES GESUNDHEITSSEKTORS

     Ministerio de Salud y Protección Social (MinSalud)         Gesundheitsministerium

     Instituto Nacional de Vigilancia de Medicamentos y Ali­    Nationale Aufsichtsbehörde für Medikamente
     mentos (INVIMA)                                           und Nahrungsmittel

                                                                Institut zur Evaluierung von Gesundheitstechno­
     Instituto de Evaluación Tecnológica en Salud (IETS) 
                                                                logien

                                                                Nationales Gesundheitsinstitut (ähnlich Robert
     Instituto Nacional de Salud (INS) 
                                                                Koch-Institut)

     Colombia Compra Eficiente                                 Öffentliches Einkaufsportal

     Branchenverbände

     Cámara Dispositivos Médicos e Insumos para la Salud        Fachverband für medizinische Geräte und Zube­
     (CDMIS)                                                   hör

     Cámara Sectorial de Salud                                 Fachverband des Gesundheitssektors

     Asociación Colombiana de Hospitales y Clínicas (ACHC)
                                                                Verband der Krankenhäuser und Kliniken
     

     Messen

                                                                Fachmesse für Medizintechnik (Turnus: zweijähr­
     Meditech, Bogotá 
                                                                lich)

                                                                Fachmesse für Schönheits- und Gesundheitspro­
     Belleza y Salud, Bogotá 
                                                                dukte (Turnus: jährlich)

Kontakt
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Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

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