COVID-19 HR/Arbeitsrecht - Novelle zum Lohn- und Sozialdumping, Verlängerung der Kurzarbeit und Verschiebung der Angleichung der ...

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COVID-19 HR/Arbeitsrecht - Novelle zum Lohn- und Sozialdumping, Verlängerung der Kurzarbeit und Verschiebung der Angleichung der ...
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                    COVID-19 HR/Arbeitsrecht
Novelle zum Lohn- und Sozialdumping, Verlängerung
 der Kurzarbeit und Verschiebung der Angleichung
          der Arbeiter-Kündigungsfristen

Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Alle,

kurz vor dem bevorstehenden Sommer dürfen wir Ihnen noch ein Update iZm arbeitsrechtlichen Neuerungen geben.
Neben der Vielzahl an Gesetzen iZm COVID-19 wurde auch eine Novelle zum Lohn- und Sozialdumping (LSD-BG) ins
Parlament gebracht; diese liegt derzeit beim Bundesministerium für Arbeit. Ferner einigten sich die Sozialpartner
und die Bundesregierung diese Woche auf ein neues Modell der Kurzarbeit mit nunmehr zwei Modellen, welches ab
01.07.2021 zur Anwendung gelangt. Schließlich soll die schon länger geplante Angleichung der Kündigungsfristen der
Arbeiter an jene der Angestellten auf den 01.10.2021 verschoben werden. Bitte finden Sie im Folgenden einen Über-
blick über die für die Praxis wichtigen, arbeitsrechtlichen Neuerungen:

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COVID-19 HR/Arbeitsrecht - Novelle zum Lohn- und Sozialdumping, Verlängerung der Kurzarbeit und Verschiebung der Angleichung der ...
1. Novelle des LSD-BG
Die Novelle des LSD-BG („Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz“) befindet sich derzeit beim Bundesministe-
rium für Arbeit und soll großteils ab 01.09.2021 in Kraft treten und auf Entsendungen und Überlassungen, die nach dem
31.08.2021 begonnen werden, anzuwenden sein. Die Novelle bringt insbesondere folgende Änderungen mit sich:

Anpassung des Entsendebegriffs und damit eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Gesetzes

Die Anpassung des Entsendebegriffes an jenen der EU-Entsenderichtlinie soll durch Abänderung des § 2 Abs 3 LSD-BG er-
folgen. Demnach soll nunmehr ein grenzüberschreitender Dienstleistungsvertrag zwingende Voraussetzung für eine
Entsendung sein. Dieser muss zwischen einem Arbeitgeber ohne Sitz in Österreich und einem im Inland tätigen Dienstleis-
tungsempfänger abgeschlossen werden.

Zudem sollen aufgrund der gemachten Praxiserfahrungen weitere Ausnahmen geschaffen werden. Neben den bisher be-
stehenden Ausnahmen gemäß § 1 Abs 5 Z 1 bis 6 LSD-BG soll das LSD-BG, unter anderem, nicht auf konzerninterne
Entsendungen/Überlassungen einer besonderen Fachkraft für Arbeiten bei Lieferung, Inbetriebnahme (und damit ver-
bundenen Schulungen), Wartung, Servicearbeiten und Reparatur von Maschinen, Anlagen und EDV-Systemen sowie für
Arbeitskräfte, die zu Schulungszwecken für längere Dauer nach Österreich entsandt oder überlassen werden, anzuwenden
sein. Daneben sollen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen weitere Ausnahmen für entsandte/überlassene Arbeit-
nehmer mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von durchschnittlich mindestens 125% des Dreißigfachen der täglichen
ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (2021: € 6.937,50 brutto) und für mobile Arbeitnehmer in der grenzüberschreitenden Güter-
und Personenbeförderung geschaffen werden.

Inhaltliche Neuerungen

Ab dem Zeitpunkt, in dem die Entsendung/Überlassung eine Dauer von 12 Monaten überschreitet, sollen die österreichi-
schen Arbeitsrechtsnormen (insb Gesetz, Verordnung und Kollektivvertrag) zur Gänze Anwendung finden, soweit sie güns-
tiger sind als jene des Entsendestaates. Hinsichtlich der Kollektivverträge ist jener Kollektivvertrag anzuwenden, der am
Arbeitsort für vergleichbare Arbeitnehmer von vergleichbaren Arbeitgebern gilt. Der Zeitraum von 12 Monaten kann durch
Mitteilung auf 18 Monate verlängert werden, wobei die Gründe (insb aufgrund des Überlassungsvertrages, der Person des
Arbeitnehmers, etc) in der Mitteilung glaubhaft zu machen sind.

Insbesondere sollen entsandte/überlassene Arbeitnehmer einen zwingenden Anspruch auf Aufwandersatz für Reise-,
Unterbringungs- und Verpflegungskosten, die während der Entsendung in Österreich anfallen und die am Arbeitsort ver-
gleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebühren, erhalten.

Administrative Erleichterungen

Die Befugnisse des Amts für Betrugsbekämpfung („Finanzpolizei“) werden dahingehend erweitert, dass dieses die Über-
mittlung der in § 22 LSD-BG genannten Lohnunterlagen auch bis zu einem Monat nach der Beendigung der Entsendung
oder Überlassung vom Arbeitgeber verlangen kann. Verstöße werden gemäß § 28 Z 4 LSD-BG verwaltungsstrafrechtlich
sanktioniert.

Auch weiterhin wird formal an der Unterscheidung zwischen Entsendung und grenzüberschreitender Überlassung fest-
gehalten, wobei § 26 Abs 1a LSD-BG eine Vereinfachung statuiert. § 26 Abs 1a stellt nunmehr klar, dass eine Meldung
auch dann als vollständig erstattet gilt, wenn irrtümlicherweise anstelle eines ZKO-3-Formulars ein ZKO-4-Formular (und
umgekehrt) verwendet wurde.

Zudem soll es zur vereinfachten Administration der Bereithaltung der Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers
kommen sowie iZm der Erstattung einer Rahmenmeldung (für maximal 5 Auftraggeber / Beschäftiger und Ausdehnung auf
6 Monate).

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1. Novelle des LSD-BG
Neuerungen von Verwaltungsstrafbestimmungen

Da die bisherigen österreichischen Strafbestimmungen hinsichtlich der formalen Verpflichtungen unverhältnismäßig hoch
und damit unionsrechtswidrig sind, sollen die Kumulation und die Mindeststrafe im LSD-BG entfallen.

Unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer liegt nunmehr nur eine ein-
zige Verwaltungsübertretung vor. Bei Verstößen gegen formale Verpflichtungen kann eine Geldstrafe von € 20.000 bzw.
€ 30.000 verhängt werden.

Im Rahmen der Unterentlohnung wird nunmehr ein fünfstufiger Strafrahmen eingeführt, wobei auf die Höhe des vor-
enthaltenen Entgelts (und bei der höchsten Stufe auch auf den Verschuldensgrad) abgestellt wird. Die Strafen betragen
zwischen € 20.000 und € 400.000. Wirkt der Arbeitgeber bei der Wahrheitsfindung unverzüglich und vollständig (zB durch
Offenlegung der Lohnbuchhaltung) mit, ist grds der nach dem Stufenmodell jeweils geringere Strafrahmen bis zur jeweili-
gen Höchstgrenze insofern anzuwenden als es der Schadenssumme entspricht (Strafmilderung).

                                        2. Kurzarbeit neu ab 01.07.2021
Das bisherige, einheitliche Modell der COVID-19-bedingten Kurzarbeit läuft mit Ende Juni 2021 aus. Seit dieser Woche steht
fest, dass die Kurzarbeit zwar verlängert wird, jedoch in abgeschwächter Form. Ab 01.07.2021 soll zwischen besonders be-
troffenen Betrieben und solchen, die nicht mehr derart stark unter der Pandemie leiden, differenziert werden.

Zur ersten Gruppe gehören Betriebe, die zwischen dem 3. Quartal 2019 und dem 3. Quartal 2020 einen Umsatzausfall von
mindestens 50% erlitten haben. Diese Betriebe können bis Ende 2021 die Kurzarbeit im Wesentlichen wie bisher in An-
spruch nehmen. Das bedeutet: Mindestarbeitszeit von zumindest 30% der wöchentlichen Normalarbeitszeit (in Ausnahme-
fällen: bis auf 0%) und ein Nettolohnausgleich von 80 - 90%, abhängig von der Lohnhöhe. Lehrlinge bekommen unabhängig
von ihrer Arbeitszeit weiterhin 100%.

Für alle anderen Betriebe tritt ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe in Kraft, das bis Mitte 2022 in Anspruch
genommen werden kann: Die Mindestarbeitszeit beträgt in diesem Modell 50% der wöchentlichen Normalarbeitszeit.
Des Weiteren wird die Kurzarbeitsbeihilfe mit einem Abschlag von 15% im Vergleich zu bisher weiterhin gewährt. Die
Nettoersatzraten an sich bleiben idZ unverändert.

In beiden Modellen wird ein verpflichtender Urlaubsabbau im Ausmaß von einer Woche für je zwei angefangene Monate
der Kurzarbeit laut Auskunft der WKO eingeführt. Zwischen zwei Kurzarbeitsphasen soll es auch eine Möglichkeit zum
Personalabbau mit Zustimmung der Sozialpartner geben. Das Arbeitsministerium verspricht idZ ausdrücklich Erleich-
terungen im Vergleich zum bisherigen Modell.

Die Kurzarbeitsdauer kann pro Betrieb maximal 24 Monate betragen, wobei es Ausnahmen im Einzelfall geben soll. Die
neue individuelle Antragsphase beträgt 6 Monate. Für Betriebe, die nicht in Phase 4 der Kurzarbeit waren, gilt nunmehr eine
Frist von 3 Wochen zur Antragstellung, in der sie von den Sozialpartnern und vom AMS beraten werden.

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3. Geplante Verschiebung der Angleichung der Arbeiter-Kündigungsfristen
Ursprünglich war die Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeiter an jene der Angestellten schon ab 01.01.2021 geplant.
Bedingt durch die COVID-19-Pandemie wurde dieses Vorhaben zunächst um ein halbes Jahr auf 01.07.2021 verschoben.
Nun steht eine weitere Verschiebung bis zum 01.10.2021 im Raum. Über diesen Antrag wurde noch nicht im Nationalrat
abgestimmt, er liegt aktuell beim Ausschuss für Arbeit und Soziales. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass der Antrag auf
Verlängerung den Nationalrat mit entsprechender Mehrheit verabschiedet werden wird. In weiterer Folge würde dies für
Unternehmen Folgendes bedeuten:

Für Arbeiter-Kündigungen, die bis inklusive 30.09.2021 ausgesprochen werden, gelten noch die Kündigungsfristen des
§ 77 GewO, also 14 Tage (sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber) - vorausgesetzt, dass einschlägige
Kollektivverträge oder der Arbeitsvertrag keine längere Frist vorsehen. Für Kündigungen, die ab dem 01.10.2021 ausge-
sprochen werden, gilt der neu formulierte § 1159 ABGB; dieser entspricht inhaltlich dem § 20 AngG. Mangels für den
Arbeiter günstigerer Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag, kann der Arbeitgeber das Dienstverhältnis unter
Beachtung einer Kündigungsfrist von sechs Wochen bis zu fünf Monaten (je nach Dauer des Dienstverhältnisses) jeweils
zum Quartalsende kündigen. Eine Vereinbarung, wonach das Dienstverhältnis auch zum 15. und Letzten jedes Kalender-
monats gelöst werden kann, ist möglich. Für Kündigungen durch den Arbeiter gilt ab 01.10.2021 eine Kündigungsfrist von
zumindest 4 Wochen, jeweils zum Letzten des Kalendermonats.

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir dringend, bestehende Dienstverträge mit Arbeitern anzupassen, um die
Kündigungsmöglichkeiten so flexibel wie möglich gestalten zu können.

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•   Aufgrund der aktuellen, positiven epidemiologischen Lage und der steigenden Impfzahlen wird die COVID-19-Risi-
    kogruppen-Freistellung mit 30.06.2021 „auslaufen“. Atteste zur Freistellung von Angehörigen der COVID-19-Risi-
    kogruppen verlieren damit ab 01.07.2021 ihre Wirksamkeit. Aufgrund einer beschlossenen Verordnungsermächtigung
    kann jedoch der Arbeitsminister im Einvernehmen mit dem Gesundheitsminister im Bedarfsfall rasch eine neue Risiko-
    gruppenverordnung erlassen.

•   Im Gegensatz zur Risikogruppen-Freistellung wurde die Sonderfreistellung für werdende Mütter ab Beginn der 14.
    Schwangerschaftswoche, die ursprünglich ebenfalls bis 30.06.2021 befristet war, bis 30.09.2021 verlängert. Aller-
    dings gilt diese Verlängerung nur für Schwangere, die nicht vollimmunisiert sind und nur für Berufsgruppen, bei
    denen physischer Körperkontakt mit anderen Personen nicht vermeidbar ist. Der Freistellungsanspruch endet
    mit der zweiten Impfung. Die damit einhergehenden Kosten werden den betroffenen Betrieben unverändert vollständig
    abgegolten.

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Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Newsletter einen hilfreichen Überblick über die wichtigsten arbeitsrecht-
    lichen Themen im Frühjahr verschaffen konnten. Selbstverständlich halten wir Sie bei allfälligen Änderungen und
    Neuerungen up-to-date.

    Gerne stehen wir für Rückfragen jederzeit für Sie zur Verfügung!

    Bleiben Sie gesund & beste Grüße
    Dr. Jana Eichmeyer & Dr. Karolin Andréewitch

                                 Hinweis: Diese Kurzstellungnahme stellt lediglich eine generelle Information und keineswegs eine Rechtsberatung von
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                              Dr. Jana Eichmeyer                                                                  Dr. Karolin Andréewitch
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