Covid-19 verstärkt Trends auf dem Immobilienmarkt - Credit ...

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Covid-19 verstärkt Trends auf dem Immobilienmarkt - Credit ...
Investment Solutions & Products
          Swiss Economics

          Covid-19 verstärkt Trends
          auf dem Immobilienmarkt
          Immobilienmonitor Schweiz | Oktober 2020

Mietwohnungen                         Wohnungsmarkt    Büroflächen
Covid-19 bremst Nachfrage             Was wäre, wenn   Revolution oder Evolution?

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Covid-19 verstärkt Trends auf dem Immobilienmarkt - Credit ...
Impressum

Herausgeber: Credit Suisse AG, Investment Solutions & Products
Nannette Hechler-Fayd’herbe
Head of Global Economics & Research
+41 44 333 17 06
nannette.hechler-fayd'herbe@credit-suisse.com

Fredy Hasenmaile
Head Real Estate Economics
Tel. +41 44 333 89 17
fredy.hasenmaile@credit-suisse.com

Redaktionsschluss
5. Oktober 2020

Publikationsreihe
Swiss Issues Immobilien

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Copyright
Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden.
Copyright © 2020 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr
verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.

Autoren

Fredy Hasenmaile, +41 44 333 89 17, fredy.hasenmaile@credit-suisse.com
Alexander Lohse, +41 44 333 73 14, alexander.lohse@credit-suisse.com
Thomas Rieder, +41 332 09 72, thomas.rieder@credit-suisse.com
Dr. Fabian Waltert, +41 44 333 25 57, fabian.waltert@credit-suisse.com

Mitwirkung

Miriam Kappeler
Sinem Wiederkehr

2          Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Editorial

            Liebe Leserin, lieber Leser

            Das Coronavirus beherrscht unverändert die Schlagzeilen und nimmt Einfluss auf unser Leben und
            Arbeiten. Die Pandemie hat zum grössten Wirtschaftseinbruch seit der Ölkrise in den Siebzigerjah-
            ren und zu erheblicher Unsicherheit über die weitere Entwicklung geführt. Mit Hochfrequenzdaten
            versuchen daher viele Ökonomen mehr Informationen über die aktuelle Entwicklung zu gewinnen.
            Für den Immobilienmarkt sind diese Daten aber weniger relevant. Ob nun letztlich die Mietertrags-
            ausfälle wegen Betriebsschliessungen und Mieterlassen in diesem Jahr zwei, drei oder gar fünf
            Prozent ausmachen ändert an der Bewertung der Immobilie herzlich wenig. Viel entscheidender ist
            die lange Frist, die bei Immobilien aufgrund derer langen Lebensdauer sowieso grössere Aufmerk-
            samkeit verdient. Die Tiefzinsphase, die wegen des Coronavirus nun nochmals länger andauern
            dürfte, erhöht nämlich die Bedeutung der Cashflows in späten Jahren. Bei sehr tiefen Diskontsät-
            zen bestimmen die Cashflows ab dem zehnten Jahr den Immobilienwert zu rund vier Fünfteln.

            Für den Investor ist daher viel entscheidender, welche strukturellen Veränderungen das Coronavi-
            rus langfristig hinterlassen wird. Dies gilt umso mehr als sich kurzfristig auf dem wichtigsten Markt
            – dem Wohnungsmarkt – nur wenig ändert. Die Eigentumspreise steigen unbeeindruckt von Co-
            vid-19 auch im zweiten Quartal 2020. Im Mietwohnungsmarkt muss man sich dagegen auf eine
            geringere Nachfrage einstellen. Dies ist jedoch eher einer zurückhaltenden Binnennachfrage ge-
            schuldet als einer geringeren Zuwanderung. Trotz zeitweiliger Einreisebeschränkungen und rück-
            läufiger Beschäftigungsentwicklung dürfte der Wanderungssaldo im laufenden Jahr nur geringfü-
            gig tiefer ausfallen als im letzten Jahr. Die Gründe dafür lesen Sie in unserer sehr detaillierten Auf-
            schlüsselung der Zuwanderung auf Seite 9.

            Wenig beeindruckt vom Coronavirus zeigt sich auch die Bautätigkeit bei den Mietwohnungen.
            Nachdem es vorübergehend sogar zu Baustellenschliessungen gekommen war und auch die Bau-
            bewilligungen im ersten Quartal einen starken Rückgang erfuhren, konnten die Bewilligungen von
            Mietwohnungen den Rückschlag schon fast wieder wettmachen. Wir rechnen mit einer Fortset-
            zung der bisherigen Trends, die unverändert eine (zu) hohe Bautätigkeit von Mietwohnungen auf
            Kosten der Erstellung von Wohneigentum anzeigen (Seite 7). Wenig erstaunlich ist, dass die
            Leerstände von Mietwohnungen folglich auch dieses Jahr weiter angestiegen sind. Unsere De-
            tailanalyse hierzu können Sie auf Seite 5 lesen.

            Spuren wird Covid-19 dagegen auf dem Büroflächenmarkt hinterlassen. Davon zeugt die sicht-
            bare Zurückhaltung der Investoren gegenüber Anlagegefässen mit Ausrichtung auf Geschäftsflä-
            chen. Derzeit sind sich nicht nur die Analysten, sondern auch die Unternehmen selber noch sehr
            uneins, wie stark der Trend zur Heimarbeit den künftigen Flächenbedarf beeinflussen wird.
            Kommt es zu einer Revolution oder einer Evolution? Lesen Sie unsere Einschätzung dazu auf
            Seite 15.

            Sollte uns das Coronavirus noch länger begleiten, sind langfristige Veränderungen auch auf dem
            Wohnungsmarkt denkbar. Wohin die Reise gehen könnte, zeigt Ihnen unser Gedankenexperiment
            auf Seite 13.

            Im Namen der Autoren wünsche ich Ihnen eine informative und inspirierende Lektüre.

            Fredy Hasenmaile
            Head Real Estate Economics

                                                                      Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020        3
Inhalt

Wohnungsmarkt                                                                             5
Und jährlich grüssen die Leerwohnungen
Die Leerwohnungsziffer ist auch 2020 gestiegen und erreicht einen Wert von 1.72%.
Covid-19 dürfte das Ungleichgewicht auf dem Mietwohnungsmarkt weiter verstärken.

Wohnungsmarkt                                                                             7
Viele neue Mietwohnungen trotz Covid-19 in der Pipeline
Die Bautätigkeit von Mietwohnungen bleibt trotz der Covid-19 Krise und der daraus
folgenden tieferen Wohnungsnachfrage hoch. Dagegen sinkt die Bautätigkeit von
Wohneigentum aufgrund des anhaltenden Negativzinsumfelds weiter.

Mietwohnungen                                                                             9
Covid-19 bremst Nachfrage
Dank hoher Zuwanderungszahlen im 1. Quartal und einem Rückgang der Auswanderungen
wird die Nettozuwanderung 2020 trotz Corona-Krise voraussichtlich nur leicht sinken.
Gleichwohl dürfte die Corona-Krise die Wohnungsnachfrage spürbar beeinträchtigen.

Wohnungsmarkt                                                                             13
Was wäre, wenn …
… Covid-19 unser Leben und Arbeiten noch länger in Atem hielte? Nehmen wir an, die
Coronavirus-Einschränkungen würden uns noch weitere vier bis fünf Jahre begleiten. Mit
einem solchen Gedankenexperiment loten wir aus, welche strukturellen Folgen das für die
Wohnungsmärkte der Schweiz haben könnte.

Wohneigentum                                                                              14

Büroflächen                                                                               15
Revolution oder Evolution?
Während das Homeoffice anfänglich mit einer gesteigerten Mitarbeiterproduktivität
überzeugt, dürfte das Büro ein besseres Umfeld für Innovationen bieten.

Kommerzielle Immobilien                                                                   16

Immobilienanlagen                                                                         17

4           Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Wohnungsmarkt

Und jährlich grüssen die
Leerwohnungen
                                        Die Leerwohnungsziffer ist auch 2020 gestiegen und erreicht einen Wert von 1.72%.
                                        Covid-19 dürfte das Ungleichgewicht auf dem Mietwohnungsmarkt weiter verstärken.

Leerwohnungsziffer                      Die vom Bundesamt für Statistik (BFS) jährlich erhobenen Leerwohnungszahlen sind auch im lau-
erreicht hohe 1.72%                     fenden Jahr angestiegen – zum nunmehr elften Mal in Serie (Abb. 1). Per 1. Juni 2020 standen
                                        schweizweit 78’832 Wohnungen leer. Dies entspricht einer Leerwohnungsziffer von 1.72% – ein
                                        Wert, der zuletzt 1998 übertroffen worden ist. Mit einem Plus von 3449 ist die Zunahme der An-
                                        zahl Leerwohnungen, wie bereits im Vorjahr und gemessen an den starken Anstiegen der Jahre
                                        2014 bis 2018, vergleichsweise moderat ausgefallen.

Corona-Effekte haben                    Die Corona-Krise, welche die Wohnungsnachfrage spürbar schwächen dürfte, scheint bis zum 1.
sich noch nicht voll                    Juni folglich noch keine tieferen Spuren im Markt hinterlassen zu haben. In den Monaten vor der
entfaltet                               Pandemie stand der Wohnungsmarkt noch immer unter dem Einfluss der guten Wirtschaftslage
                                        der beiden Vorjahre. So lag etwa die Nettozuwanderung zwischen Juni 2019 und Mai 2020 ins-
                                        gesamt noch 3.9% über jener der Vorjahresperiode. Gleichzeitig dürften gemäss Baubewilligun-
                                        gen in dieser Zeitperiode schätzungsweise 3000 Wohnungen weniger entstanden sein als noch
                                        im Jahr zuvor.

Wenig repräsentativer                   Weiter kann nicht ausgeschlossen werden, dass erhebungstechnische Faktoren in einigen Ge-
Stichtag 2020?                          meinden zu einer gewissen Unterschätzung des Anstiegs der Leerwohnungen geführt haben.
                                        Während des Lockdowns wurde zum Teil die Vermarktung von Wohnungen unterbrochen oder
                                        verschoben. Die Zahl der auf Online-Plattformen inserierten Wohnungen lag Ende Mai 2020 15%
                                        tiefer als noch Ende Februar. Gemäss Definition des BFS werden jedoch nur die am Stichtag 1.
                                        Juni zur Miete oder zum Kauf angebotenen unbesetzten Wohnungen zu den Leerwohnungen ge-
                                        zählt. Hier stellt sich die Frage, wie die Gemeinden mit solchen Wohnungen umgegangen sind.

2.75% aller Mietwoh-                    Wie bereits im Vorjahr geht der Anstieg des Leerstands vollumfänglich auf das Konto der Miet-
nungen stehen leer                      wohnungen. Insgesamt standen per 1. Juni 2020 66’320 Mietwohnungen leer, was einer Leer-
                                        wohnungsziffer von 2.75% entspricht (Abb. 2). Über die letzten Jahre hat sich in Teilen des Miet-
                                        wohnungsmarktes ein strukturelles Überangebot aufgebaut, das vom negativzinsbedingten Anla-
                                        genotstand genährt wird. Auf der Suche nach Rendite und aufgrund mangelnder Verfügbarkeit
                                        von Bauland sind etliche Investoren auch in Agglomerationsgemeinden und ländliche Regionen
                                        ausgewichen – mitunter in solche, in denen das Nachfragepotenzial beschränkt ist – mit der
                                        Folge, dass sich die Leerwohnungszahl innerhalb von sieben Jahren mehr als verdoppelt hat.

Abb. 1: Höchste Leerwohnungsziffer seit 1998                                             Abb. 2: Leerstände konzentrieren sich nur auf Mietwohnungen
Leerwohnungsziffer (linke Skala) und Wachstum der Leerwohnungen (rechte Skala)           Leerwohnungsziffer nach Segment, in % des jeweiligen Wohnungsbestands
                                      Veränderung Leerstand (r. Skala)                                 Mietwohnungen                       Eigentumswohnungen
 2.0%                                 Leerwohnungsziffer (LWZ)                  16'000
                                                                                                       Einfamilienhäuser (zum Verkauf)     Leerwohnungsziffer total
                                      Mittlere LWZ (1974 – 2020)
                                                                                         3.0%
 1.5%                                                                           12'000
                                                                                         2.5%
 1.0%                                                                           8'000
                                                                                         2.0%
 0.5%                                                                           4'000
                                                                                         1.5%

 0.0%                                                                           0
                                                                                         1.0%

-0.5%                                                                           -4'000   0.5%

-1.0%                                                                           -8'000   0.0%
        1988   1992    1996    2000    2004      2008   2012   2016      2020                   2003     2005     2007    2009     2011   2013   2015    2017     2019

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse      Letzter Datenpunkt: 01.06.2020       Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse     Letzter Datenpunkt: 01.06.2020

                                                                                                                     Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020                 5
Stabiles                    Ganz anders präsentiert sich die Situation beim Wohneigentum. Einem leichten Anstieg bei den
Wohneigentum                leer stehenden Eigentumswohnungen (0.55%) steht ein Rückgang bei den Einfamilienhäusern
                            gegenüber (0.61%), sodass die Leerwohnungsziffer insgesamt bei 0.58% verharrt (Abb. 2).
                            Diese stabile Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass hier die Bautätigkeit in den vergangenen
                            Jahren kontinuierlich zurückgefahren worden ist. Die Corona-Krise dürfte hier höchstens eine wei-
                            tere Verknappung verhindert haben.

Überangebote weiten         Regional betrachtet lassen sich weiterhin vier Cluster mit erhöhten Leerständen ausmachen: Die
sich nach Südwesten         Nordostschweiz, die Nordwestschweiz (insbesondere Aargau und Solothurn), das Wallis und das
und Süden aus               Tessin (Abb. 3). In einzelnen dieser Regionen liegt die Leerwohnungsziffer bei über 4%. Augen-
                            fällig ist, dass die lateinische Schweiz, vorab die Kantone Waadt, Wallis und Tessin besonders
                            stark von den jüngsten Anstiegen betroffen ist. Generell haben sich die Leerstände in den letzten
                            Jahren immer stärker in Richtung Westen und Süden ausgedehnt. Waren die Kantone der lateini-
                            schen Schweiz 2015 noch für 26.6% des Leerstands verantwortlich, betrug dieser Wert am 1.
                            Juni 2020 33.0%. Ein Rückgang der Leerwohnungsziffer konnte im laufenden Jahr nur in 35 der
                            110 Wirtschaftsregionen beobachtet werden. Viele dieser Regionen liegen im Osten der Schweiz.

Keine Entspannung in        In den Grosszentren kann von Überangeboten weiterhin keine Rede sein. Die Leerwohnungsziffer
den Zentren                 der fünf grössten Städte lag per 1. Juni praktisch unverändert bei 0.47% (übrige Schweiz:
                            1.91%). Das Stadt-Land-Gefälle auf dem Schweizer Wohnungsmarkt nimmt folglich weiter zu.
                            Den tiefsten Wert verzeichnet weiterhin die Stadt Zürich (0.15%), gefolgt von Lausanne (0.48%),
                            Bern (0.56%), Genf (0.61%) und Basel (0.95%).

Keine Trendwende in         Das Tempo, mit dem die Leerstände auf dem Mietwohnungsmarkt wachsen, hat sich zuletzt ver-
Sicht                       langsamt. Dennoch erwarten wir keinen baldigen Abbau der Überangebote. Die konjunkturellen
                            Effekte der Covid-19 Pandemie, die erst allmählich richtig spürbar werden, dürften auch im kom-
                            menden Jahr die Mietwohnungsnachfrage belasten (S. 9). Gleichzeitig ist vorläufig mit keinem
                            weiteren Rückgang der Bautätigkeit zu rechnen (S. 7). Entsprechend könnte sich die Zunahme
                            der Leerwohnungen vorübergehend gar wieder beschleunigen. Der erwartete Rückgang der Zu-
                            wanderung könnte dabei zwischenzeitlich auch in den Zentren für eine gewisse Entspannung sor-
                            gen. Erst eine deutliche Erholung der Konjunktur, die auch den Arbeitsmarkt erreicht, dürfte für
                            eine weitere Verlangsamung des Leerstandswachstums sorgen. Solange der strukturelle Treiber
                            der Überangebote – die Negativzinsen – bestehen bleibt, dürften die Leerwohnungsbestände
                            chronisch hoch bleiben. Die derzeitige Rezession und der fehlende Inflationsdruck sprechen gegen
                            einen baldigen geldpolitischen Kurswechsel. Entsprechend dürfte der elfte Anstieg in Folge nicht
                            der letzte gewesen sein.

                            Abb. 3: Stärkstes Wachstum der Leerstände in der Westschweiz und im Tessin
                            Leerwohnungsziffer per 1. Juni 2020; Pfeile: Veränderung gegenüber dem Vorjahr
                                 > 3.0%
                                 2.5 – 3.0%
                                 2.0 – 2.5%
                                 1.5 – 2.0%
                                 1.25 – 1.5%
                                 1.0 – 1.25%
                                 0.75 – 1.0%
                                 < 0.75%

                                                                                                             Starker Anstieg
                                                                                                             Leichter Anstieg
                                                                                                             Seitwärtsbewegung
                                                                                                             Leichter Rückgang
                                                                                                             Starker Rückgang
                            Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse, Geostat                          Letzter Datenpunkt: 01.06.2020

6         Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Wohnungsmarkt

Viele neue Mietwohnungen trotz
Covid-19 in der Pipeline
                                         Die Bautätigkeit von Mietwohnungen bleibt trotz der Covid-19 Krise und der daraus
                                         folgenden tieferen Wohnungsnachfrage hoch. Dagegen sinkt die Bautätigkeit von
                                         Wohneigentum aufgrund des anhaltenden Negativzinsumfelds weiter.

Rückgang der geplan-                     Als unmittelbare Folge der Covid-19 Krise und des Lockdowns ging die Anzahl Baugesuche und
ten Bautätigkeit                         Baubewilligungen im März und April stark zurück. Hinzu kommt, dass in den Kantonen Genf, Frei-
überzeichnet                             burg, Neuenburg, Waadt und Tessin während dem Höhepunkt der Pandemie keine Informationen
                                         zu Bauvorhaben mehr veröffentlicht wurden. Damit wurde der Rückgang der Baugesuche und
                                         Baubewilligungen anfangs stark überzeichnet. Mittlerweile stellen wieder sämtliche Kantone Infor-
                                         mationen zu den geplanten Bauvorhaben zur Verfügung, und die Daten für das ganze 2. Quartal
                                         ermöglichen die Folgen von Covid-19 auf die Wohnbautätigkeit genauer zu analysieren.

Geplante Bautätigkeit                    Auf dem Mietwohnungsmarkt hat sich Covid-19 nur kurzzeitig auf die Baubewilligungen ausge-
von Mietwohnungen                        wirkt. Zwar musste schweizweit im 1. Quartal 2020 im Vergleich zum Vorquartal ein Rückgang
bleibt hoch                              von 21% verzeichnet werden. Aber bereits im 2. Quartal konnte dieser Rückgang mit einem Plus
                                         von 15% grösstenteils wieder wettgemacht werden (Abb. 4). Wird das gleitende Mittel über vier
                                         Quartale betrachtet, ist die Delle im 1. Quartal praktisch nicht mehr erkennbar. Vielmehr zeigt sich
                                         ein Anstieg der Baubewilligungen von Mietwohnungen (MWG) um 12% seit dem 2. Quartal 2019.

Grossprojekte als                        Die wieder steigende Bewilligungstätigkeit ist auch Folge der vielen Grossprojekte, für die Ende
Treiber                                  2018 und im Verlauf von 2019 Baugesuche eingingen und die erst jüngst bewilligt wurden. Insge-
                                         samt erwarten wir in den kommenden 6 bis 18 Monaten eine Ausweitung des Mietwohnungsbe-
                                         stands um 1.1%. Zum Vergleich: Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 1.0%. Abgesehen von
                                         leichten Verzögerungen auf den Baustellen in diesem Frühling dürfte Covid-19 daher kaum Fol-
                                         gen auf die erwartete Ausweitung im Mietwohnungsmarkt haben.

Planungstätigkeit                        Im Gegensatz dazu ist die Anzahl Baugesuche im 2. Quartal noch gesunken. Dies ist in erster Li-
steigt bereits wieder                    nie auf den April zurückzuführen, wo Gesuche für weniger als 1600 Mietwohnungen eingereicht
                                         wurden. Dies entspricht lediglich 64% der mittleren Monatssumme seit Anfang 2012. Seit Mai
                                         liegt die Anzahl Baugesuche aber bereits wieder über diesem Mittelwert (Abb. 5). Projektentwick-
                                         ler und Investoren lassen sich also nicht durch einen Covid-19-bedingten Nachfrageschock ab-

Abb. 4: Steigende Baubewilligungen bei Mietwohnungen                               Abb. 5: Mietwohnungsgesuche bereits wieder über dem Mittel
Anzahl bewilligter Wohneinheiten nach Segment, pro Quartal                         Baugesuche, in Anzahl Wohneinheiten pro Monat; Durchschnitt 2012 – 2019

              EFH: Quartalswerte                  MWG: Quartalswerte                             Gesuche EFH                Gesuche MWG          Gesuche EWG
              EWG: Quartalswerte                  EFH: gleitendes 4-Q-Mittel                     Durchschnitt EFH           Durchschnitt MWG     Durchschnitt EWG
              MWG: gleitendes 4-Q-Mittel          EWG: gleitendes 4-Q-Mittel       4’500
8’000
                                                                                   4’000
7’000
                                                                                   3’500
6’000
                                                                                   3’000
5’000
                                                                                   2’500
4’000
                                                                                   2’000
3’000                                                                              1’500
2’000                                                                              1’000
1’000                                                                                500
     0                                                                                  0
      2003     2005    2007       2009     2011   2013   2015     2017     2019          2012     2013     2014      2015     2016    2017     2018   2019   2020

Quelle: Baublatt, Credit Suisse                      Letzter Datenpunkt: Q2/2020   Quelle: Baublatt, Credit Suisse                        Letzter Datenpunkt: 07/2020

                                                                                                             Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020                    7
schrecken, denn das Negativzinsumfeld dürfte nun noch länger anhalten. Bei dieser Ausgangs-
                             lage bleiben Investitionen in Mietwohnungen trotz weiter ansteigenden Leerständen aus Anleger-
                             sicht attraktiv.

Schwerpunkt der              2021 dürfte die erwartete Mietwohnungsausweitung insbesondere rund um Zürich sowie in den
Bautätigkeit in Zürich,      Regionen Zug und Luzern hoch ausfallen (Abb. 6). Aber auch in grossen Teilen der Kantone Aar-
Zug und Luzern               gau, Solothurn sowie Schaffhausen bleibt die Produktion auf hohem Niveau. In der Mehrheit die-
                             ser Regionen fällt die erwartete Ausweitung zudem höher aus als vor einem Jahr. Dagegen ist in
                             der Westschweiz, mit Ausnahme des Genfersee-Hinterlandes auf Freiburger und Waadtländer
                             Boden, nur in wenigen Regionen mit einer hohen Mietwohnungsbautätigkeit zu rechnen. Und im
                             Kanton Tessin, der bereits vor Covid-19 ein grosses Überangebot verzeichnete, ist lediglich in der
                             Region Bellinzona eine grosse Anzahl an neuen Mietwohnungen geplant. In vielen ländlichen und
                             alpinen Regionen sind dagegen nur wenige neue Projekte in der Pipeline.

                             Anhaltender Rückgang der Bautätigkeit bei Wohneigentum
Negativzinsumfeld            Anders als im Mietwohnungsmarkt muss bei Eigentumswohnungen (EWG) und Einfamilienhäu-
hemmt Bautätigkeit           sern (EFH) auch in den nächsten ein bis zwei Jahren mit einer sinkenden Bautätigkeit gerechnet
von Wohneigentum             werden. So haben die Baubewilligungen im gleitenden 4-Quartals-Mittel einen neuen Tiefststand
                             erreicht (Abb. 4). Innert Jahresfrist wurden lediglich noch rund 11’800 Eigentumswohnungen so-
                             wie 5750 Einfamilienhäuser bewilligt. Damit liegt die erwartete Ausweitung in den kommenden 6
                             bis 18 Monaten noch bei 0.8% des Bestands an Wohneigentum. Und auch die jüngsten Werte
                             der Baugesuche zeigen keine Trendwende (Abb. 5). Solange das Negativzinsumfeld anhält und
                             die Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern hoch bleibt, dürften vielerorts weiterhin eher Mietwoh-
                             nungen anstatt Eigentumswohnungen realisiert werden, weil das für die Entwickler einfacher ist.

Eigentum: Nachfrage          Im Gegensatz zum Mietwohnungsmarkt fällt die derzeitige Eigentumsproduktion damit zu tief aus.
ist höher als das            So liegt die Anzahl bewilligter Wohneinheiten heute um 46% tiefer als noch 2008, obwohl die
Angebot                      Rahmenbedingungen in Bezug auf die Nachfrage nach Wohneigentum immer noch ausseror-
                             dentlich gut sind. Die Hypothekarzinsen sind nicht weit weg von ihren historischen Tiefstständen,
                             und mit der Verlängerung des Negativzinsumfelds wird sich an den tiefen Hypothekarzinsen nicht
                             so schnell etwas ändern. Entsprechend hoch bleibt der Wunsch nach Wohneigentum. Dies zeigt
                             sich auch im Preiswachstum bei Wohneigentum, das bisher von den Folgen von Covid-19 unbe-
                             rührt geblieben ist (Seite 14). Lediglich die hohen kalkulatorischen Finanzierungsregeln wirken
                             dämpfend – sowohl auf die Nachfrage als auch das Preiswachstum.

                             Abb. 6: Erwartete Ausweitung des regionalen Mietwohnungsbestands
                             Erwartete Ausweitung von Mietwohnungen in Prozent des Bestands

                              Erwartete Ausweitung
                                 > 1.2%
                                 1.0% – 1.2%
                                 0.8% – 1.0%
                                 0.6% – 0.8%
                                 0.4% – 0.6%
                                 0.2% – 0.4%
                                 < 0.2%

                                                                                                     Veränderung zum Vorjahr
                                                                                                         Starker Anstieg
                                                                                                         Leichter Anstieg
                                                                                                         Seitwärtsbewegung
                                                                                                         Leichter Rückgang
                                                                                                         Starker Rückgang
                             Quelle: Baublatt, Credit Suisse, Geostat                                     Letzter Datenpunkt: 06/2020

8          Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Mietwohnungen

Covid-19 bremst Nachfrage
                                        Dank hoher Zuwanderungszahlen im 1. Quartal und einem Rückgang der
                                        Auswanderungen wird die Nettozuwanderung 2020 trotz Corona-Krise voraussichtlich
                                        nur leicht sinken. Gleichwohl dürfte die Corona-Krise die Wohnungsnachfrage spürbar
                                        beeinträchtigen.

Einreisebeschrän-                       Covid-19 hat auch in der Schweiz zu weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens
kungen als Teil der                     geführt. Am 16. März 2020 erklärte der Bundesrat die ausserordentliche Lage gemäss Epidemie-
Corona-Massnahmen                       gesetz. In der Folge wurden nicht nur Schulen, Geschäfte und Restaurants vorübergehend ge-
                                        schlossen, auch die Einreise wurde stark beschränkt. Vom 25. März bis zum 8. Juni 2020 waren
                                        die Grenzen teilweise geschlossen. Unsere Nachbarländer verhinderten ihrerseits ebenfalls fast
                                        durchwegs die Einreise.

Hohe Zuwanderung                        Die Corona-Krise akzentuierte sich in einer Phase, in welcher der Wanderungssaldo nach zwei
zu Jahresbeginn, …                      Jahren der Stagnation (Abb. 7) wieder zu steigen begonnen hatte. Im 1. Quartal 2020 lag die
                                        Nettozuwanderung der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung um 30% über dem Vorjahres-
                                        quartal. Die wichtigsten Gründe für diesen Anstieg dürften das solide Beschäftigungswachstum
                                        der beiden Vorjahre und die Aufhebung der Ventilklausel gegenüber Rumänien und Bulgarien ge-
                                        wesen sein.

… gefolgt von einem                     Im 2. Quartal schlugen sich die Einreisebeschränkungen dann jedoch deutlich in den Zuwande-
Einbruch während                        rungszahlen nieder (Abb. 8). Es waren in dieser Periode 6600 (entspricht 22%) weniger Zuzüge
des Lockdowns                           zu beobachten als im Vorjahr. Dass im April und Mai 2020 überhaupt noch eine Zuwanderung er-
                                        folgte, lag an den Ausnahmeregeln: Insbesondere waren Arbeitskräfte aus der Europäischen
                                        Union (EU), deren Tätigkeiten der Versorgung mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen dien-
                                        ten (z.B. Pflege, Lebensmittel, IT-Infrastruktur), weiterhin einreiseberechtigt.

Auswanderung                            Die pandemiebedingten starken Einschränkungen des grenzüberschreitenden Personenverkehrs
ebenfalls stark                         betrafen jedoch nicht nur die Zuwanderung in die Schweiz. Vielmehr verliessen auch weniger Per-
rückläufig                              sonen als üblich das Land (Abb. 8). Die Stellensuche im Ausland, aber auch die Wohnungssuche
                                        und der Wohnungswechsel wurden durch die Pandemie stark erschwert und haben Auswande-
                                        rungsabsichten durchkreuzt. Zudem versprachen Kurzarbeit und die Sozialversicherungen immer
                                        noch ein gewisses Mass an Sicherheit und Stabilität, wenn etwa der Stellenverlust in der Schweiz
                                        drohte. Insgesamt kehrten im 2. Quartal 2020 20% weniger ausländische Staatsangehörige der
                                        Schweiz den Rücken als in der Vorjahresperiode.

Abb. 7: Sinkender Trend bei der Zuwanderung                                             Abb. 8: Covid-19 bremst sowohl Ein- als auch Auswanderung
Nettozuwanderung: ständige Wohnbevölkerung, inklusive CH-Bürger, ohne Register-         Wanderungsbewegungen der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung; Verände-
korrekturen (linke Skala) und Beschäftigungswachstum (Vollzeitäquivalente)              rung 2020 gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres
                                       Nettozuwanderung (linke Skala)                             Einwanderung            Auswanderung            Saldo ohne
100'000                                Nettozuwanderung Prognose (linke Skala) 5%                 (Zuzug)                 (Wegzug)                Registerkorrekturen
                                       Beschäftigungswachstum (Vollzeitäquivalente)      2'000
 80'000                                                                         4%
                                                                                         1'000
 60'000                                                                         3%
                                                                                              0

 40'000                                                                         2%      -1'000

 20'000                                                                         1%      -2'000

       0                                                                        0%      -3'000

-20'000                                                                         -1%     -4'000
           2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020                                        Jan      Feb       Mär      Apr       Mai      Jun      Jul         Aug

Quelle: Staatssekretariat für Migration (SEM), Bundesamt für Statistik, Credit Suisse   Quelle: Staatssekretariat für Migration (SEM), Credit Suisse
Letzter Datenpunkt: 2019                                                                Letzter Datenpunkt: 08/2020

                                                                                                                   Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020                        9
Halbierung der                          Insgesamt ging der Wanderungssaldo (ohne Registerkorrekturen) im 2. Quartal 2020 gegenüber
Nettozuwanderung im                     demselben Quartal des Vorjahres um 25% zurück. Werden die Übertritte zwischen nichtständiger
2. Quartal                              und ständiger Wohnbevölkerung (sogenannte Statuswechsel) ausgeschlossen und nur die effekti-
                                        ven Wanderungsbewegungen mit dem Ausland betrachtet, betrug der Rückgang gar 50%. Dies,
                                        obwohl bereits im Juni eine Gegenbewegung einsetzte und der Wanderungssaldo wieder zulegte
                                        (Abb. 8). Obschon am 6. Juli die Einreisebeschränkungen weiter gelockert wurden und seither
                                        auch die Zulassung von Arbeitskräften aus Drittstaaten wieder möglich ist, blieb die Zahl der Zu-
                                        züge auch in den ersten beiden Monaten des 3. Quartals unter dem Vorjahresniveau. Gleichzeitig
                                        scheinen zahlreiche Ausreisewillige aufgrund von pandemiebedingter Unsicherheit oder Verwer-
                                        fungen auf dem Arbeitsmarkt im Zielland ihre Pläne vorerst zurückzustellen.

Rezession                               Im Zuge der schrittweisen Aufhebung der Einreisebeschränkungen wird die Konjunktur wieder
dürfte Zuwanderung                      zum entscheidenden Treiber der Zuwanderung. Trotz klarer Erholungszeichen ist damit zu rech-
weiter drosseln                         nen, dass die Pandemie das Wachstum weltweit und in Europa auf mittlere Frist dämpfen wird.
                                        Für die Schweiz rechnen wir 2020 insgesamt mit einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts von
                                        4.0% (Abb. 9). Dank des bisher vergleichsweise glimpflichen Pandemieverlaufs sowie der staatli-
                                        chen Unterstützungsmassnahmen in Form von Kurzarbeit und Krediten an betroffene Unterneh-
                                        men sollte die Rezession weniger heftig ausfallen als in der Eurozone, wo die Wirtschaft im laufen-
                                        den Jahr um 8.0% schrumpfen dürfte. Die schweizerische Nachfrage nach ausländischen Ar-
                                        beitskräften dürfte jedoch vorerst gering ausfallen, rechnen wir doch für 2020 mit einem Beschäf-
                                        tigungsrückgang um 0.5% (Abb. 9). Auch 2021 wird sich die Beschäftigung voraussichtlich nur
                                        geringfügig erholen (+0.3%), und die Arbeitslosigkeit sollte weiter auf 3.9% und damit auf den
                                        höchsten Stand der vergangenen 15 Jahre steigen. Die langsame Erholung des Arbeitsmarktes
                                        dürfte folglich einen raschen Wiederanstieg der Zuwanderung verhindern.

Prognose 2020:                          Insgesamt rechnen wir für das Jahr 2020 mit einem Wanderungssaldo der ständigen Wohnbevöl-
Wanderungssaldo                         kerung von rund 50’000 (Vorjahr: 53’000, Abb. 7). Dass der Rückgang trotz Corona-Krise nicht
von +50’000                             stärker ausfallen dürfte, hat drei Gründe: Erstens war die Zuwanderung, wie vorstehend beschrie-
                                        ben, im 1. Quartal noch äusserst dynamisch. Zweitens hat die Pandemie nicht nur zu einem Rück-
                                        gang der Zuwanderung geführt, sondern auch die Wegzüge markant reduziert. Auch die Auswan-
                                        derungen von Schweizer Bürgern dürften deutlich zurückgegangen sein. Drittens schlägt sich ein
                                        Teil des effektiven Rückgangs der Zuwanderung erst verzögert in den Zuwanderungszahlen der
                                        ständigen ausländischen Wohnbevölkerung nieder.

Einbruch bei den                        Nicht Teil der ständigen ausländischen Wohnbevölkerung gemäss Definition des Staatssekretari-
Kurzaufenthaltern …                     ats für Migration – und somit in der Prognose eines Wanderungssaldos von 50’000 für das Jahr
                                        2020 nicht berücksichtigt – sind die nichtständige Wohnbevölkerung sowie Personen im Asylpro-
                                        zess. In der nichtständigen Wohnbevölkerung werden diejenigen Personen zusammengefasst, die
                                        weniger als ein Jahr in der Schweiz wohnhaft und im Besitz einer Kurzaufenthaltsbewilligung sind.
                                        Bei diesen Kurzaufenthaltern ist der durch Covid-19 bedingte Rückgang noch stärker ausgefallen
                                        als bei der ständigen Wohnbevölkerung. Insgesamt betrug ihr Wanderungssaldo in den vergange-
                                        nen zwölf Monaten –10’700 (Abb. 10).

Abb. 9: Konjunktureinbruch dürfte in der Schweiz geringer ausfallen                Abb. 10: Effektiver Zuwanderungsrückgang stärker als dies die
als in Gesamteuropa                                                                ständige Wohnbevölkerung impliziert
Konjunktur und Arbeitsmarkt in der Schweiz und der Eurozone;                       Gesamtbild der Zuwanderung im Ausländer- und Asylbereich, 12-Monats-Summen
2020/2021: Prognosen                                                               jeweils per Monat Juni

           BIP-Wachstum Eurozone                 BIP-Wachstum Schweiz                                               Ständige ausländische Wohnbevölkerung
           Erwerbslosenquote Eurozone            Arbeitslosenquote Schweiz                                          Nicht ständige ausländische Wohnbevölkerung
  12%                                                                                                               Bestandesänderung Asylprozess
                                                                                    90'000                          Total
   9%                                                                               80'000
                                                                                    70'000
   6%
                                                                                    60'000
   3%                                                                               50'000
                                                                                    40'000
   0%                                                                               30'000
                                                                                    20'000
  -3%
                                                                                    10'000
  -6%                                                                                    0
                                                                                   -10'000
  -9%
                                                                                   -20'000
        2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020
                                                                                             2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Quelle: SECO, OECD, Credit Suisse                       Letzter Datenpunkt: 2019   Quelle: SEM, Credit Suisse                       Letzter Datenpunkt: 08/2020

10               Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Ein Teil dieser Zuwanderer (der Erfahrungswert liegt bei rund einem Viertel) bleibt jedoch länger-
                                        fristig in der Schweiz und erhält nach einiger Zeit eine entsprechende Aufenthaltsbewilligung.
                                        Diese Zuzüger vollziehen somit einen Statuswechsel von der nichtständigen in die ständige Wohn-
                                        bevölkerung. Der jüngste Rückgang der zugewanderten Kurzaufenthalter wird sich folglich mit ei-
                                        nigen Quartalen Verzögerung in den Zahlen zur ständigen Wohnbevölkerung niederschlagen.

… und bei                               Ausserdem werden in der Ausländerstatistik ausschliesslich anerkannte Flüchtlinge erfasst, nicht
den Asylgesuchen                        aber Personen im Asylprozess und vorläufig Aufgenommene. Die Asylgesuche, die seit der euro-
                                        päischen Flüchtlingskrise von 2015/2016 bereits rückläufig waren, haben mit der Covid-19-Pan-
                                        demie einen neuen Tiefstand erreicht. Das Minus gegenüber der Vorjahresperiode betrug 60% im
                                        2. Quartal 2020. Entsprechend sinkt die Zahl derjenigen Personen, die sich im Asylprozess befin-
                                        den (Abb. 10). Dieser Rückgang dürfte sich mit einigen Quartalen Verzögerung ebenfalls negativ
                                        auf die Zuwanderungszahlen gemäss Ausländerstatistik niederschlagen.

Prognose 2021:                          Die unmittelbaren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie werden sich somit teilweise erst mit ei-
Wanderungssaldo von                     niger Verzögerung in den «offiziellen» Zuwanderungszahlen bemerkbar machen. Hinzu kommt,
+45’000                                 dass sich der Arbeitsmarkt selbst bei einem günstigen weiteren Pandemieverlauf nur sehr zöger-
                                        lich von der Krise erholen dürfte. Entsprechend erwarten wir für 2021 einen weiteren Rückgang
                                        der Nettozuwanderung auf ein Niveau von rund 45’000 Personen. Damit würde der Wanderungs-
                                        saldo erstmals seit Einführung der vollen Personenfreizügigkeit im Jahr 2007 auf unter 50’000
                                        sinken.

Rückgang der Miet-                      Trotz eher geringem erwarteten Rückgang der Zuwanderung im laufenden Jahr dürfte der Miet-
wohnungsnachfrage                       wohnungsmarkt mit einem markanten Nachfragerückgang konfrontiert sein. Wir erwarten, dass
um 5000 erwartet                        der Markt im Verlauf des Jahres 2020 rund 20’000 Wohnungen absorbieren wird – 5000 weniger
                                        als im Vorjahr (Abb. 11). 2021 dürfte sich die Nachfrage dann wieder leicht erholen (+500), sie
                                        dürfte damit jedoch noch deutlich hinter dem Niveau von 2019 zurückbleiben.

Sowohl Nachfrage                        Die Höhe des erwarteten Nachfragerückgangs erklärt sich zum einen aus dem Rückgang der Zu-
aus dem Ausland …                       wanderung. Hierbei dürfte zu einem gewissen Grad auch der starke Rückgang der Kurzaufenthal-
                                        ter und Personen im Asylprozess einen Effekt haben. Diese Personen logieren teils in Betriebs-
                                        beziehungsweise Asylunterkünften, teils jedoch auch in normalen Mietwohnungen (angemietet
                                        durch die Bewohner selbst oder durch Unternehmen beziehungsweise Gemeinden). Somit dürfte
                                        der zuwanderungsbedingte Nachfragerückgang bereits 2020 etwas stärker ausfallen, als der
                                        Rückgang des Wanderungssaldos von 53’000 auf 50’000 suggeriert.

… als auch aus dem                      Zum anderen erklärt eine schwächere Binnennachfrage einen gewichtigen Teil des erwarteten
Inland schwächt sich                    Nachfragerückgangs. Zwar zeigte die Konsumentenstimmung in der Juli-Befragung gegenüber
ab                                      April eine klare Erholungstendenz, die Arbeitsplatzsicherheit wird hingegen als noch tiefer wahrge-
                                        nommen (Abb. 12). Die erhöhte Unsicherheit dürfte beispielsweise junge Erwachsene dazu bewe-
                                        gen, den Auszug aus dem Elternhaus zu verschieben und so die Zahl der Haushaltsneugründun-
                                        gen vorübergehend zu senken.

Abb. 11: Herber Dämpfer für die Mietwohnungsnachfrage                                Abb. 12: Einbruch der gefühlten Arbeitsplatzsicherheit
Jährliche Veränderung der Absorption von Mietwohnungen und Beschäftigungs-           Index der Konsumentenstimmung und Subkomponente Arbeitsplatzsicherheit
wachstum (Vollzeitäquivalente), 2019: Schätzung, 2020/2021: Prognose

12'000                                   Wachstum Beschäftigung (r. Skala)    4%                  Index der Konsumentenstimmung         Sicherheit der Arbeitsplätze
                                         Veränderung Absorption, beobachtet                       Durchschnitt seit 1972                Durchschnitt seit 1972
                                         Veränderung Absorption, modelliert            20
 9'000                                                                        3%
                                         Prognose                                       0
 6'000                                                                        2%
                                                                                      -20
 3'000                                                                        1%      -40

      0                                                                       0%      -60

                                                                                      -80
 -3'000                                                                       -1%
                                                                                     -100
 -6'000                                                                       -2%
                                                                                     -120

 -9'000                                                                       -3%    -140
          2004 2006     2008 2010      2012 2014     2016 2018      2020                 2005      2007      2009      2011      2013      2015       2017      2019

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse            Letzter Datenpunkt: 2019   Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Credit Suisse
                                                                                     Letzter Datenpunkt: 07/2020

                                                                                                               Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020                     11
Mieter bleiben am           Der Schweizer Mietwohnungsmarkt bleibt damit ausserhalb der grossen Zentren auch in den
längeren Hebel              nächsten Jahren ein Mietermarkt mit steigenden Leerständen (S. 5) und sinkenden Angebotsmie-
                            ten. Die schwächelnde Nachfrage trifft auf eine weiterhin hohe Bautätigkeit, die im kommenden
                            Jahr gar wieder etwas zulegen dürfte (S. 7). Eine gewisse Entspannung ist zwischenzeitlich auch
                            in den Grossagglomerationen zu erwarten, da dort der Rückgang der Zuwanderung aus dem Aus-
                            land am stärksten ausfallen dürfte.

Erst eine Erholung          Die Entwicklung der Mietwohnungsnachfrage über das Jahr 2021 hinaus hängt vom weiteren
des Arbeitsmarktes          Verlauf der Pandemie und der wirtschaftlichen Erholung ab. Im Falle einer sehr zögerlichen Ent-
wird Trendwende             wicklung mit fortgesetztem Anstieg der Arbeitslosigkeit kann auch ein stärkeres Absinken der Zu-
bringen                     wanderung nicht ausgeschlossen werden. Solange sich die Arbeitsmärkte in Europa nicht erholen,
                            dürften jedoch auch die Rückwanderungen von ausländischen Arbeitskräften in ihre Herkunftslän-
                            der auf tiefem Niveau verharren und folglich den Rückgang des Wanderungssaldos begrenzen.

Zuwanderer ersetzen         Auch der demografisch bedingte Rückgang der Erwerbstätigkeit beeinflusst die Nettozuwande-
Babyboomer                  rung. Die anrollende Pensionierungswelle in der geburtenstarken Babyboomer-Generation wird
                            eine grosse Lücke im Arbeitsmarkt hinterlassen. Ende der 2020er-Jahre dürften netto bis über
                            10’000 Personen jährlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Diese dürften zumindest teilweise
                            über Rekrutierungen im Ausland ersetzt werden und somit die Zuwanderung stützen. Bei einer
                            wirtschaftlichen Entwicklung im Bereich des Potenzialwachstums erachten wir insgesamt für die
                            nächsten Jahre einen mittleren Wanderungssaldo von etwas über 50’000 Personen als am wahr-
                            scheinlichsten. Damit dürfte die Mietwohnungsnachfrage auch künftig stark von der Zuwanderung
                            profitieren.

Homeoffice                  Noch weitgehend offen ist, ob und wie die Corona-Krise den Mietwohnungsmarkt auch längerfris-
langfristig als             tig verändern könnte. Da wir davon ausgehen, dass sich der Trend zum Homeoffice zumindest
Nachfragedämpfer?           teilweise fortsetzt (S. 15), könnte sich dies negativ auf die Mietwohnungsnachfrage auswirken.
                            Wer nur noch zwei oder drei Mal pro Woche im Büro arbeitet, dürfte weniger bereit sein, die Kos-
                            ten einer Pied-à-terre zu tragen und könnte eine solche aufgeben. Paare, die aufgrund unter-
                            schiedlicher Arbeitsorte in getrennten Wohnungen leben, könnten sich zum Zusammenzug ent-
                            schliessen. Und wer schon länger von den eigenen vier Wänden geträumt hat, diese aber in Pen-
                            deldistanz zum Arbeitsort aus finanziellen Gründen nicht realisieren konnte, könnte sich für den Ei-
                            genheimkauf in einer ländlichen Region entscheiden. Wie stark solche Effekte zum Tragen kom-
                            men könnten, lässt sich heute jedoch noch kaum abschätzen.

12        Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Wohnungsmarkt

Was wäre, wenn …
                        … Covid-19 unser Leben und Arbeiten noch länger in Atem hielte? Nehmen wir an, die
                        Coronavirus-Einschränkungen würden uns noch weitere vier bis fünf Jahre begleiten.
                        Mit einem solchen Gedankenexperiment loten wir aus, welche strukturellen Folgen das
                        für die Wohnungsmärkte der Schweiz haben könnte.

Coronavirus-            In unserem Extremszenario würden mit grosser Regelmässigkeit immer wieder Pandemiewellen
Extremszenario          die Schweiz und andere Länder heimsuchen. Nur vorübergehend käme es jeweils zu einem Aufat-
                        men, wenn die Fallzahlen wieder tiefer ausfielen. Aufgrund der unübersichtlichen Situation welt-
                        weit würden Reisen auf das Notwendige reduziert. Homeoffice hätte sich notgedrungen als ein
                        fixer Bestandteil im Arbeitsleben etabliert, und nur jeweils maximal ein Drittel der Belegschaft
                        würde sich auf rotierender Basis im zentral gelegenen Büro einfinden.

Idyllische Mikrolagen   In einem solchen Szenario bekämen gute Mikrolagen bei der Wohnortwahl markant höheres Ge-
gewännen an             wicht. Die zeitlich viel intensivere Nutzung der Wohnung würde die Anforderungen in Bezug auf
Gewicht                 Besonnung, Ruhe, Nähe zu Naherholungsräumen, Aussicht und vorhandene Infrastruktur erhö-
                        hen. Die Nähe zu ÖV-Haltestellen – der wichtigste Faktor in den letzten beiden Dekaden – wäre
                        dagegen nur noch ein Faktor unter vielen. In der Folge würde sich das Preisgefälle innerhalb der
                        Gemeinden zu den neuen Brennpunkten der Nachfrage verschieben.

Aussenräume und die     Nachdem während Jahren kleineren, dafür umso zentraleren Wohnungen der Vorzug gegeben
Grundrissqualität als   worden ist, wäre dieser Trend nicht mehr so klar. Dank Kosteneinsparungen beim Pendeln, bei
zentrale Faktoren       der Verpflegung ausser Haus und der Bekleidung stünden mehr Mittel für grössere Wohnungen
                        zur Verfügung, zumal die Preise in der Peripherie sowieso tiefer liegen. Während Aussenräume
                        wie Balkon, Terrasse oder Garten bereits zuvor eine hohe Bedeutung hatten, würden sie in einer
                        Corona-Welt zum zentralen Faktor. Wohnungen ohne tauglichen Aussenraum müssten deutliche
                        Preisabschläge hinnehmen. Grundrissqualitäten würden ebenfalls stärker ins Gewicht fallen, ins-
                        besondere die Möglichkeit zur Abgrenzung von Arbeitsräumen. Gefragt wären zudem gemein-
                        schaftlich genutzte (Aussen-)Räume, um dem Defizit an Sozialkontakten etwas entgegenzusetzen.

Periphere und           Mit der Abkehr von der generellen Präsenzpflicht im Büro würde sich die Pendeltätigkeit im
steuergünstige          Durchschnitt auf ein bis zwei Tage pro Woche reduzieren. Für die Optimierung des Wohnstandor-
Standorte würden        tes würden dadurch plötzlich andere Kriterien als die Nähe zum Arbeitsplatz oder zu einem Bahn-
profitieren             hof ausschlaggebend. Die Wohnungsnachfrage würde aufgrund tieferer Wohnkosten und steuerli-
                        cher Vorteile vor allem in ländlichen wie auch in steuergünstigen Gemeinden und Kantonen stark
                        anziehen. Hatte zuvor noch der längere Arbeitsweg einem Wegzug aus dem zumeist steuerlich
                        nachteiligen Arbeitsplatzzentrum im Wege gestanden, fiele diese Einschränkung nun viel weniger
                        ins Gewicht. Haushalte mit mittleren und tieferen Haushaltseinkommen oder mit Präferenzen für
                        ein urbanes Leben würden dagegen verstärkt auch Standorte in E-Bike-, Velo- oder Trottinett-
                        Distanz zum Arbeitsplatz ins Auge fassen, um die ÖV-Nutzung zu vermeiden.

Ansturm auf Wohn-       Wohneigentum an peripheren Standorten würde ebenfalls deutlich stärker nachgefragt, da die
eigentum in der         schlechte Erreichbarkeit eine geringere Rolle spielen würde. Es käme trotz der bestehenden finan-
Peripherie              ziellen Hürden zu einer Verlagerung ins Wohneigentum, da in der Peripherie die Wohneigentums-
                        preise für Durchschnittshaushalte noch eher erschwinglich sind und die fortgesetzt tiefen Hypo-
                        thekarzinsen beträchtliche Kosteneinsparungen ermöglichen. Für Haushalte, die dennoch urbane
                        Umgebungen bevorzugen, wären Mittelzentren ein guter Kompromiss, um den hohen Preisniveaus
                        in den Grossstädten auszuweichen. Weil dem Auto aufgrund der Infektionsgefahr vermehrt der
                        Vorzug vor dem ÖV gegeben würde, wären insbesondere Wohnorte entlang weniger staugeplag-
                        ter Routen begehrt. Zweitwohnungen und sogenannte Pied-à-terre in der Arbeitsplatzgemeinde
                        würden aufgrund der Flexibilisierung der Heimarbeit stark an Stellenwert verlieren, während mög-
                        licherweise Feriendomizile an Bedeutung gewännen.

Preistrends würden      Als Folge eines geringeren Siedlungsdrucks auf die Grossstädte würde sich das Stadt-Land-
neue Präferenzen        Preisgefälle verkleinern. Die Mieten in den Mittelzentren würden anziehen und insbesondere
widerspiegeln           Wohneigentum in der Peripherie starke Preisanstiege erfahren.
                                                                                Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020    13
Wohneigentum

Hypothekarzinsen bleiben auf sehr tiefen Niveaus                Abb. 13: Hypothekarzinsen verschiedener Laufzeiten
                                                                Hypothekarzinsen bei Neuabschluss, in %

Bis Ende 2021 ist nicht von einer Erhöhung des Leitzinses       6%                                                  Libor-Hypothek (3-Mt-Libor)
                                                                                                                    Fix-Hypothek 5 Jahre
durch die Schweizerische Nationalbank auszugehen. Die                                                               Fix-Hypothek 10 Jahre
Zinssätze für Libor- und Saron-Hypotheken dürften somit         5%
                                                                                                                    Fix-Hypothek 15 Jahre
auch in den nächsten 12 Monaten auf ihren Tiefstständen
                                                                4%
verharren. Dagegen haben sich die Zinssätze für Fix-Hypo-
theken als unmittelbare Folge der Corona-Krise kurzzeitig       3%
erhöht, sind im Sommer aber, als die Flucht in Liquidität
nachliess, wieder gesunken. Dabei verlief die Entwicklung       2%
aufgrund der grossen wirtschaftlichen Verunsicherung volatil.
                                                                1%
In den kommenden 12 Monaten rechnen wir, sofern die
wirtschaftliche Erholung fortschreitet, im Trend mit einem      0%
leichten Anstieg der Zinssätze von Fix-Hypotheken.                2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

                                                                Quelle: Credit Suisse                                 Letzter Datenpunkt: 03.09.2020

Hypothekarnachfrage von Covid-19 kaum berührt                   Abb. 14: Wachstum Hypothekarvolumen von Privathaushalten
                                                                Nominales Wachstum
                                                                  7%
Covid-19 hat die Nachfrage nach Wohneigentum nur kurz-                                            Privathaushalte, nominal
                                                                                                  Durchschnitt Privathaushalte 1986 – 2019, nominal
zeitig unmittelbar nach dem Lockdown gelähmt. Bereits ab          6%
Mitte Mai hat sich der Markt sukzessive erholt. So ist das
Wachstum des Hypothekarvolumens bei den Privathaushal-            5%

ten zwischen Ende 2019 und Mai 2020 nur leicht von
                                                                  4%
2.75% auf 2.6% gesunken. Im Juni konnte der Rückgang
gestoppt werden, und die Wachstumsdynamik hat sich wie-           3%
der leicht auf 2.66% erhöht. In den kommenden Monaten
                                                                  2%
dürfte die Nachfrage nach Wohneigentum langsam wieder
das Vorkrisenniveau erreichen. Aufgrund der weiterhin gel-        1%
tenden hohen Eigenmittel- und kalkulatorischen Tragbar-
keitsanforderungen dürfte das Potenzial für einen weiteren        0%
                                                                    2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020
Wachstumsschub aber sehr beschränkt bleiben.
                                                                Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse       Letzter Datenpunkt: 06/2020

Preise von Wohneigentum bleiben im Plus                         Abb. 15: Preiswachstum Wohneigentum mittleres Segment
                                                                Jahreswachstumsraten; gestrichelte Linien: Durchschnitt 2000 – 2019

Die jüngste Preisentwicklung bleibt von der Covid-19-Krise      10%
                                                                                                             Jahreswachstum Einfamilienhäuser

unberührt. Hier scheint die weiter sinkende Bautätigkeit in                                                  Jahreswachstum Eigentumswohnungen
                                                                 8%
Kombination mit den sehr tiefen Hypothekarzinsen der Trei-
ber für die jüngsten – im Ausmass etwas unerwarteten –           6%
Preisanstiege zu sein. So konnten die Preise für Einfamilien-    4%
häuser und Eigentumswohnungen im 2. Quartal im Ver-
                                                                 2%
gleich zum Vorjahr um 3.3% respektive 1.9% zulegen. Für
das weitere Jahr erwarten wir aufgrund der anhaltend             0%

schwierigen Wirtschaftslage eine Abschwächung der bisheri-      -2%
gen Preisdynamik. Aufgrund der anhaltenden Angebots-
                                                                -4%
knappheit rechnen wir aber auch über das gesamte Jahr mit
                                                                -6%
steigenden Eigentumspreisen.
                                                                      2011   2012       2013   2014   2015     2016    2017   2018    2019      2020

                                                                Quelle: Wüest Partner                                    Letzter Datenpunkt: Q2/2020

14           Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
Büroflächen

Revolution oder Evolution?
                                                                                                                                 Während das Homeoffice anfänglich mit einer gesteigerten Mitarbeiterproduktivität
                                                                                                                                 überzeugt, dürfte das Büro ein besseres Umfeld für Innovationen bieten.

Büros füllen sich nur                                                                                                            Nach der Covid-19 bedingten Pflicht zum Homeoffice kehren Mitarbeiter nur langsam in die Büros
langsam                                                                                                                          zurück. Bei der Credit Suisse arbeiten im Vergleich zum Jahresbeginn aktuell rund 40% der Mitar-
                                                                                                                                 beiter im Büro. Ähnliches trifft gemäss Auswertung der Transaktionen in Personalrestaurants von
                                                                                                                                 zwei schweizweit tätigen Kantinenanbietern auch auf andere grosse Unternehmen zu (Abb. 16).

Unternehmen uneins                                                                                                               Noch befinden wir uns allerdings in einer Ausnahmesituation. Interessant sind die langfristigen
bei Homeoffice                                                                                                                   Auswirkungen dieses abrupten Wandels. Viele Unternehmen wollen Homeoffice im grossen Um-
                                                                                                                                 fang beibehalten, um teure Büroflächen zu sparen und die Lebensqualität ihrer Mitarbeiter zu ver-
                                                                                                                                 bessern. Als prominente Beispiele dienen Twitter, Facebook, Siemens und Novartis. Andere Un-
                                                                                                                                 ternehmen wie Microsoft, Stadler und Ems haben sich dagegen mehr oder weniger gegen den
                                                                                                                                 dauerhaften Einsatz von Homeoffice ausgesprochen, da sie Wert auf die persönliche Zusammen-
                                                                                                                                 arbeit vor Ort legen. Viele weitere Unternehmen sind noch unentschlossen.

Anfänglich mehr                                                                                                                  Eine grosse Bedeutung bei dieser Entscheidung hat die Produktivität der Mitarbeiter. Aktuelle
Produktivität alleine                                                                                                            Umfragen zeigen, dass die Produktivität während der derzeitigen Heimarbeitsphase anstieg. In ei-
zu Hause, …                                                                                                                      ner Deloitte-Umfrage unter 1500 Schweizern im April 2020 meldeten 41% einen Anstieg, 31%
                                                                                                                                 keine Veränderung und nur 25% eine Verringerung der Produktivität im Homeoffice. Dies kann
                                                                                                                                 nicht nur mit den begrenzten Freizeitmöglichkeiten im Lockdown erklärt werden, denn bereits
                                                                                                                                 2015 hat eine Studie von Stanford-Professor Nicholas Bloom gezeigt, dass die Produktivität bei
                                                                                                                                 Heimarbeit aufgrund von Mehrarbeit und weniger Ablenkung um 13% gestiegen ist.1

… dafür mehr                                                                                                                     In vielen Schweizer Unternehmen spielen jedoch Produktivitätssteigerungen mittels Innovationen
Innovationen durch                                                                                                               eine übergeordnete Rolle. Hier treten die Nachteile von Homeoffice in Erscheinung. Auswertun-
Austausch vor Ort                                                                                                                gen, z.B. von T. D. Allen (2015)¹, zeigen, dass Homeoffice zu Isolation und einem reduzierten
                                                                                                                                 Wissensaustausch führen kann. Ideen entstehen dagegen häufig durch die spontane Interaktion
                                                                                                                                 zwischen Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen. Nicht ohne Grund findet die höchste
                                                                                                                                 Wertschöpfung in regionalen Clustern (z.B. Silicon Valley, Crypto Valley in Zug oder Pharma-Clus-
                                                                                                                                 ter in Basel) statt. Zur Förderung der Kreativität und Innovation haben sich deshalb Firmen wie
                                                                                                                                 IBM und Yahoo, welche einmal Homeoffice einführten, von diesem Modell wieder verabschiedet.

Mischformen aus                                                                                                                  Aufgrund der Argumente für und gegen das Homeoffice werden sich unseres Erachtens vermehrt
Büro und Homeoffice                                                                                                              Mischformen aus Büro und Homeoffice durchsetzen. Die daraus resultierende langfristig gerin-
                                                                                                                                 gere Büroflächennachfrage (ceteris paribus) veranschlagen wir im Hauptszenario auf 15% (Abb.
                                                                                                                                 17). Andere Entwicklungen wie Wirtschaftswachstum und Tertiarisierung werden dem jedoch ent-
                                                                                                                                 gegenwirken, sodass wir langfristig mit stagnierender Flächennachfrage rechnen.

Abb. 16: Mitarbeiter kehren nur langsam an Arbeitsplatz zurück                                                                                                                                                                                                                        Abb. 17: Homeoffice dürfte Büroflächennachfrage verringern
Gebäudezutritte bei der Credit Suisse und Transaktionen bei zwei grossen schweiz-                                                                                                                                                                                                     Szenarien zur langfristigen Veränderung der Nachfrage nach Büroflächen (ceteris pa-
weit tätigen Kantinenanbietern, Indizes (höchster Wert = 100)                                                                                                                                                                                                                         ribus) aufgrund von Homeoffice (10-Jahres-Horizont)

100                                                                                                                                                                                                                                                                                     0%
                                                                                                                                      Zutritte Credit Suisse
 90
 80                                                                                                                                   Transaktionen Schweizer Kantinenanbieter
 70                                                                                                                                                                                                                                                                                    -5%
 60
 50                                                                                                                                                                                                                                                                                   -10%
 40
 30                                                                                                                                                                                                                                                                                   -15%
 20
 10
  0                                                                                                                                                                                                                                                                                   -20%
      06.01 - 12.01
                      20.01 - 26.01
                                      03.02 - 09.02
                                                      17.02 - 23.02
                                                                      02.03 - 08.03
                                                                                      16.03 - 22.03
                                                                                                      30.03 - 05.04
                                                                                                                      13.04 - 19.04
                                                                                                                                      27.04 - 03.05
                                                                                                                                                      11.05 - 17.05
                                                                                                                                                                      25.05 - 31.05
                                                                                                                                                                                      08.06 - 14.06
                                                                                                                                                                                                      22.06 - 28.06
                                                                                                                                                                                                                      06.07 - 12.07
                                                                                                                                                                                                                                      20.07 - 26.07
                                                                                                                                                                                                                                                      03.08 - 09.08
                                                                                                                                                                                                                                                                      17.08 - 23.08

                                                                                                                                                                                                                                                                                      -25%

                                                                                                                                                                                                                                                                                      -30%
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Return-Szenario          Hauptszenario       Game-Changer-Szenario
Quelle: Zwei CH-Kantinenanbieter, Credit Suisse                                                                                                                          Letzter Datenpunkt: 30.08.2020                                                                               Quelle: Credit Suisse                                 Letzter Datenpunkt: 09/2020

                                                                                                                                 1
                                                                                                                                      Siehe: Bloom (2015): «Does Working From Home Work?» und Allen (2015): «How Effective Is Telecommuting?»
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020                  15
Kommerzielle Immobilien

Covid-19 hinterlässt Spuren am Arbeitsmarkt                       Abb. 18: Gesamtbeschäftigung nach Wirtschaftszweigen
                                                                  Jährliche Veränderung der Anzahl Beschäftigten auf Vollzeitbasis, in %
                                                                                 Industrie                                                                      Bau
Das Beschäftigungswachstum ist im 2. Quartal 2020 mit                            Handel                                                                         Verkehr/Transport
                                                                                 Gastgewerbe                                                                    Information/Kommunikation
-0.2% im Vergleich zum Vorjahr in den negativen Bereich                          Finanzdienstleistungen                                                         Unternehmensdienstleistungen
                                                                                 Gesundheit/öffentliche Dienste                                                 Rest
gesunken. Erwartungsgemäss leidet das Gastgewerbe                                Total
(-0.5%) von allem Branchen am stärksten unter dem einge-           3%
schränkten Tourismus. Der Einbruch konnte allerdings vom
                                                                   2%
Instrument der Kurzarbeit abgefedert werden. Dagegen sind
die typischen Bürobranchen, beispielsweise Finanzdienstleis-       1%
tungen (+0.01%), weniger vom Beschäftigungsrückgang
                                                                   0%
betroffen. Entlassungen gab es aber bei den temporären Ar-
beitskräften und den für die Büroflächennachfrage wichtigen       -1%
Unternehmensdienstleistungen. Der grösste Zuwachs an
                                                                  -2%
Beschäftigten wurde im Bereich Gesundheit/öffentliche                   2005           2007                    2009         2011           2013                   2015               2017                2019
Dienste erzielt.
                                                                  Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse                                                     Letzter Datenpunkt: Q2/2020

Baubewilligungen bei Büros dürften mittelfristig wieder abebben   Abb. 19: Geplante Ausweitung von Büroflächen
                                                                  Baubewilligungen und -gesuche, gleitende 12-Monats-Summe, in CHF Mio.

Nach dem vergleichsweise tiefen Baubewilligungsvolumen                            Neubaubewilligungen                                                           Neubaugesuche
                                                                                  Mittel Baubewilligungen Neubau
im Jahr 2019 ist seit Anfang des Jahres wieder ein deutli-        4’000
cher Anstieg bei den Bürogesuchen und -bewilligungen zu           3’500
verzeichnen. Das Volumen der Baugesuche lag in den letz-          3’000
ten zwölf Monaten 23% über der Vorjahresperiode. Dies ist
                                                                  2’500
das Resultat der steigenden Nachfrage nach Büroflächen in
den letzten Jahren (vor Covid-19). In Anbetracht der sich         2’000

derzeit vollziehenden strukturellen Änderungen in Bezug auf       1’500
die stärkere Nutzung von Homeoffice und der dadurch dro-          1’000
henden geringeren Nachfrage nach zusätzlichen Büroflä-
                                                                    500
chen dürfte die Planungstätigkeit schon bald wieder nach-
lassen.                                                                 0
                                                                         1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019

                                                                  Quelle: Baublatt, Credit Suisse                                                                     Letzter Datenpunkt: 07/2020

Starke Detailhandelsumsätze mit grossen Diskrepanzen              Abb. 20: Entwicklung der Detailhandelsumsätze
                                                                  Nominales Wachstum der Detailhandelsumsätze im Vorjahresvergleich*
                                                                   15%
Die Detailhandelsumsätze haben in den ersten sieben Mo-                                                                     2016            2017                     2018                      2019            2020
                                                                   10%
naten dieses Jahres mit einem Plus von 5.5% im Vergleich
                                                                    5%
zur Vorjahresperiode positiv überrascht. Ein Grossteil des
                                                                    0%
Wachstums ist allerdings auf den wachsenden Onlinehandel
                                                                   -5%
und nicht auf den stationären Detailhandel zurückzuführen,        -10%
weshalb die Verkaufsflächen weiter unter Druck bleiben            -15%
                                                                                                                                                                              Non-Food
dürften. Insbesondere die Bereiche Food sowie Heimelekt-          -20%
ronik und Garten/Autozubehör konnten ein starkes Umsatz-          -25%
wachstum verzeichnen. Aufgrund der Pandemie wurde auch
                                                                                                                             Bekleidung/
                                                                                                                 Non-Food

                                                                                                                                                               Haushalt und

                                                                                                                                                                                                 DIY/Garten/
                                                                               Total

                                                                                              Food/Near-Food

                                                                                                                                           Personal Care und

                                                                                                                                                                              Heimelektronik

                                                                                                                                                                                                                Freizeit
                                                                                                                                                                                                 Autozubehör
                                                                                                                               Schuhe

                                                                                                                                                                 Wohnen
                                                                                                                                              Gesundheit

mehr Geld für Hygiene- und Gesundheitsprodukte ausgege-
ben. Dagegen hat die Nachfrage vor allem nach Beklei-
dung/Schuhen sowie nach Produkten für den Haushalt und
nach Einrichtungsgegenständen (z.B. Möbeln) abgenom-
men.
                                                                  * Saison- und verkaufstagsbereinigt, 2016 – 2019: Jan. – Dez.; 2020: Jan. – Juli
                                                                  Quelle: GfK, Credit Suisse                        Letzter Datenpunkt: 31.07.2020

16           Immobilienmonitor | 3. Quartal 2020
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