WER PROFITIERT VON NETFLIX? - Kulturbotschaft 2021-2024 - Amazon S3
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cinebulletin.ch CB Zeitschrift der Schweizer Filmbranche Nr. 511 | Juli 2019 Kulturbotschaft 2021-2024 WER PROFITIERT VON NETFLIX? cinebulletin.ch SPEZIAL-DOSSIER STREAMING cinebulletin.ch
DIE AUSSERGEWÖHNLICHSTE PITCHING-SESSION Zum dritten Mal haben RTS und NIFFF zur Einreichung von Projekten für eine Schweizer Webserie aufgerufen – im Spektrum von Horror bis Fantasy. In einer spannungsgeladenen Session versuchen die Finalisten, die Jury von ihren Projekten zu überzeugen. MITTWOCH, 10. JULI IM RAHMEN VON NIFFF EXTENDED
Editorial 3 «Paris est à nous» von Elisabeth Vogler mit Noémie Schmidt. Der eigenproduzierte Film wurde telquel von Netflix gekauft. Editorial Wem nützt Netflix? Streaming ist das Thema der Stunde. Das Verhältnis der Film- Nach Europa will nun auch der Bund eine Abgabe respek- branche zu dieser technologischen Entwicklung ist von einer tive eine Reinvestitionspflicht für Online-Anbieter einführen. Art Hassliebe und von Ängsten geprägt. Bedeuten die Platt- Somit würden diese gleich behandelt wie Fernsehsender, für formen den Untergang der Kinos, oder bieten sie dem jun- die schon lange eine solche Regelung gilt. Es war an der Zeit, gen Publikum einen erschwinglichen Zugang zur Filmkultur? dass der Gesetzgeber seinen Marktliberalismus beiseitelegt Eröffnen sie den Autoren neue Möglichkeiten, oder zerstören und sich einer Problematik annimmt, die von so grosser kul- sie das komplexe System der Urheberrechte, indem sie das tureller Bedeutung ist, dass sie nicht mit dem Argument der amerikanische Copyright durchsetzen? Stehen sie auf der unternehmerischen Freiheit abgetan werden kann. Seite der Cinéphilen oder der Massenkultur? Sind solche Ent- Bisher ist noch wenig geschehen. Der Gesetzesentwurf weder-oder-Fragen überhaupt sinnvoll? Wem nützt Netflix? über elektronische Medien, von dem wir erwarteten, dass er Im Unterschied zur virtuellen Realität, die sich parallel entsprechende Massnahmen enthalten würde, erwähnt VoD zum Kino entwickelt und dessen Geschäftsmodell nicht in (trotz seines Namens) mit keinem Wort. Die Filmbranche hat Frage stellt, können wir das Streaming nicht einfach igno- dies bei der Vernehmlassung deutlich beanstandet. Nun ist rieren. Höchste Zeit also, dem Thema ein Spezial-Dossier zu eine politische Antwort erfolgt, jedoch nicht von Seiten des widmen. Entstanden ist dieses dank einer Zusammenarbeit BAKOM, sondern vom BAK, im Entwurf zur neuen Kulturbot- mit CultureEnJeu und dem Journal der SSA, wo die Texte schaft. Dies ist ein ermutigendes Zeichen, doch der Geldhahn ebenfalls (ganz oder gekürzt) veröffentlicht werden. Gemein- wird dadurch nicht sofort aufgedreht. Als Deutschland 2014 sam wagen wir einen Überblick über die politischen und wirt- ein solches Gesetz einführte, prozessierte Netflix vier Jahre schaftlichen Fragen. Erschwert wurde die Arbeit durch die lang, um es zu umgehen. restriktive Kommunikationspolitik von Netflix: Die Plattform Der Streaming-Gigant hat den Prozess verloren. Vielleicht äussert sich nicht, lehnt Interviewanfragen ab und verpflich- wird er damit zu guter Letzt nicht nur sich selbst, sondern tet alle, die mit ihr zusammenarbeiten, vertraglich zu stren- auch anderen nützen. ger Geheimhaltung. Wir interessierten uns deshalb auch für ihre (globalen) Konkurrenten, zudem für jene Schweizer und Europäer, die mit Netflix und in deren Umfeld arbeiten, sowie für die rechtlichen Fragen, die sich daraus ergeben. Pascaline Sordet Editorial
Hinter jedem audiovisuellen Werk stehen Menschen. Wir schützen ihre Urheberrechte. Wir unterstützen die Verbreitung Ihrer Werke und kümmern uns um faire Entschädigung. Schweizerische Genossenschaft für Verwaltung der Urheberrechte für Urheberrechte an audiovisuellen Werken Bühnen- und audiovisuelle Werke Bern | 031 313 36 36 Lausanne | 021 313 44 55 Lausanne | 021 323 59 44 info@ssa.ch | www.ssa.ch mail@suissimage.ch | www.suissimage.ch
Inhalt Impressum Inhalt 5 Cinébulletin N° 511 / Juli 2019 Zeitschrift der Schweizer Film- und Audiovisionsbranche www.cinebulletin.ch #cinebulletin Herausgeber Verein Cinébulletin Verlagsleitung Lucie Bader Tel. 079 667 96 37 lucie.bader@cinebulletin.ch Redaktion (Deutsche Schweiz) Kathrin Halter, Co-Redaktorin Heinrichstrasse 177, 8005 Zürich Tel. 043 366 89 93 kathrin.halter@cinebulletin.ch Rédaction (Suisse romande) Pascaline Sordet, Corédactrice «Cronofobia» von Francesco Rizzi. Im Kino in der Deutschschweiz ab 4. Juli. Inhalt Rue du Général-Dufour 16, 1204 Genève Tél. 079 665 95 22 pascaline.sordet@cinebulletin.ch Grafikdesign Editorial Persönliches / S. 20 Ramon Valle Wem nützt Netflix? / S. 3 Übersetzungen Das Porträt Arnaud Enderlin, Thomas Gross NEUE KULTURBOTSCHAFT Noémie Schmidt, Schauspielerin / S. 21 Claudine Kallenberger Die Quotenfrage im Nadia Pfeifer, Kari Sulc Schweizer Film. Erste Reaktionen der Neu im Kino / S. 22 Filmbranche zur Kulturbotschaft / S. 6 Korrektur Interview mit Ivo Kummer / S. 7 Mathias Knauer, Virginie Rossier Inserateannahme / Régie publicitaire DOSSIER STREAMING Beilagen / Encarts Netflix und das Urheberrecht / S.11 Brigitte Meier Tel. 031 313 36 39 (Mo/Mi/Do/Fr) Interview mit Gilles Marchand / S.14 inserate@cinebulletin.ch Disney, Apple, Amazon kämpfen mit Netflix um die Zuschauergunst / S. 16 Abonnements und Adressänderungen Europa: Gesetze zum Schutz der Brigitte Meier abo@cinebulletin.ch Kultur / S. 18 Tel. 031 313 36 39 (Mo/Mi/Do/Fr) Schweiz: Fern der Front / S. 19 Abonnements online: www.cinebulletin.ch Druck Saint-Paul ISSN 1018-2098 Nachdruck von Texten nur mit Genehmigung des Herausgebers und mit Quellenangabe gestattet . Unterstützt von: HEFTNUMMER ERSCHEINUNGSDATUM RESERVATION INSERATE Titelbild: 512 August - September 5. August 12. Juli Grafischer Entwurf, inspiriert 513 Oktober 30. Sept 6. Sept von der Netflix-Serie «Love». 514 November - Dezember 18. Nov 25. Okt 515 Januar 2020 6. Jan 2020 6. Dez Inhalt
Kulturbotschaft Die Quotenfrage im Schweizer Film 6 Die neue Kulturbotschaft 2021-2024 nimmt eine bekannte Forderung auf: Eine Förderabgabe für Online-Dienste. Umstrittener ist die Frage, ob es für den Schweizer Film eine Quote braucht – und wie hoch diese sein soll. Von Kathrin Halter Die Idee ist ja nicht neu. Vor bald zwei Jahren lancierte Cinésuisse die Forderungen stellen. Es brauche dringend Regulationen – das habe Idee einer «Netflix-Steuer» – die Forderung also, dass nationale wie gerade Deutschland gezeigt, das sich gegen Netflix durchgesetzt internationale Online-Plattformen vier Prozent ihres in der Schweiz habe. erzielten Umsatzes in den Schweizer Film investieren oder ersatz- Bei Cinésuisse kommt der Vorschlag jedenfalls schon mal gut an, weise eine Abgabe entrichten sollen. Gleich viel also, wie dies auch auch wenn die 20 Prozent eher als Zielvorgabe behandelt werden. für private Fernsehanbieter mit Sitz in der Schweiz gilt. «Wollen wir beim europäischen Kulturförderungsprogramm Creative Cinésuisse möchte einen entsprechenden Passus im neuen Gesetz Europe wieder einmal mit dabei sein, müssen wir diese 30 Prozent über elektronische Medien, das vom Bund derzeit ausgearbeitet wird (europäische Filme, AdR) garantieren. Viel wichtiger ist der Schwei- und dessen Vernehmlassung im letzten Herbst zu Ende ging. Im Ent- zer Filmbranche jedoch, dass mindestens die Hälfte dieser 30 Prozent wurf zum Mediengesetz finden sich jedoch keinerlei Regelungen für Schweizer Filme sind», so der Dachverband in einer ersten öffentli- Streaming-Plattformen (siehe dazu den Bericht Seite 19); ob die For- chen Reaktion auf den Entwurf der Kulturbotschaft. derung doch noch Eingang findet, ist völlig offen. Dafür wird die Abgabe nun im Entwurf zur neuen Kulturbotschaft ▶ Originaltext: Deutsch aufgenommen und soll im revidierten Filmgesetz festgeschrieben werden. Ivo Kummer, der von einer «Investitionspflicht» spricht, hat Kulturbotschaft diese Anpassung bereits in Solothurn angekündigt. Vielleicht gelingt © ORF es auf diesem Weg, beträchtliche neue Mittel für den Filmkredit zu gewinnen. Ausserdem sollen Streaming-Plattformen in der Schweiz künftig 30 Prozent europäische Inhalte anbieten müssen, so steht es im Vernehmlassungsentwurf. Damit würde sich die Schweiz der EU anpassen, die diese Quote zum Erhalt der kulturellen Vielfalt bereits beschlossen hat. Die Quote könnte einen Digitalisierungschub auslösen Die Branche denkt da allerdings schon weiter – und verlangt eine 20-Prozent-Quote speziell für Schweizer Filme. Begründet wird die Forderung in einem Papier, das vom Swiss Fiction Movement ini tiiert und von allen drei Produzentenverbänden sowie vom ARF/FDS unterschrieben worden ist. Die Quote schaffe die Grundlage für einen langfristig gesicherten Zugang zum Schweizer Filmschaffen auf allen Auswertungskanälen, liest man dort. Sie würde VoD-Plattformen, das Fernsehen und Pay-TV, aber auch das Kino betreffen. Das mit diversen Studien belegte Papier dürfte noch zu Diskussio- nen führen. Zum Beispiel mit den Kinobetreibern – zumal auch Straf- massnahmen für jene Betriebe vorgeschlagen werden, die sich nicht an Vorgabe halten wollen oder können. Und im Online-Bereich? 20 Prozent, das wäre für kleinere Schwei- zer Plattformen wie Cinéfile oder LeKino leicht zu schaffen. Für inter- nationale Anbieter wie Netflix mit einem Schweizer Katalog von annä- hernd 5ʼ500 Titeln würde dies bedeuten, über tausend Schweizer Filme bereitstellen zu müssen. Wo nimmt man die her? Joël Jent, Produzent von Dschoint Ventschr und Verfasser des Papiers, sieht darin kein Problem. Schliesslich gebe es in der Film- geschichte unseres Landes weit mehr als tausend Filme. Dass viele davon nicht digitalisiert sind, lässt er nicht gelten: Eine Quote biete gerade die Chance, diese Aufgabe endlich anzupacken und einen längst fälligen Grundsatzentscheid zu fällen. Jent findet es stossend, wie wenig Schweizer Filme online verfügbar sind – und wie wenig dafür getan werde, das Filmerbe besser sichtbar zu machen, zum Beispiel für Schulen und mithilfe einer attraktiven Öffentlichkeitsar- Die Investitionspflicht für Plattformen könnte das Filmschaffen ankurbeln. Wie in Österreich, beit. Mit einer Quote könnte man auch gegenüber der Politik leichter wo ORF und Netflix mit «Freud» gegenwärtig eine Serie über den Psychoanalytiker produzieren. Kulturbotschaft
7 © BAK (zvg) «Was wir sicher nicht wollen, ist ein zahnloser Papiertiger»: Ivo Kummer zur Frage, ob sich die Investitionspflicht bei internationalen Konzernen durchsetzen lässt. «Online-Anbieter sind daran interessiert, in europäische Filme zu investieren» Filmchef Ivo Kummer über die Investitionspflicht für Online-Anbieter, den freien Zugang zu Schweizer Filmen, Kulturbotschaft die Digitalisierung des Filmerbes – und was er von einer Schweizerfilm-Quote hält. Das Gespräch führte Kathrin Halter Was sind im Entwurf der Kulturbotschaft Online-Anbieter nicht bereit sind zu solchen respektiert – solange es solche gibt. Diese 2021-2024 die wichtigsten Neuerungen, die Direktinvestitionen, dann soll das Geld der Erfahrung machen wir etwa bei der Melde- den Film betreffen? Filmförderung des Bundes, dem Filmkredit, pflicht im Bereich von elektronischen Abruf- Die neue Kulturbotschaft konsolidiert zukommen. Bereits heute besteht für private, und Abonnementsdiensten. Das Bundesamt vieles, da wird nicht alles umgepflügt. Die nationale Fernsehanbieter aus der Schweiz für Statistik erhält auch von den grossen inter- drei in der jetzigen Botschaft definierten eine solche Pflicht. nationalen Anbietern Zahlen, unter der Bedin- «strategischen Handlungsachsen» der Kultur gung, dass nur aggregierte Resultate veröf- politik – kulturelle Teilhabe, gesellschaftli- In Deutschland existiert seit 2014 eine fentlicht werden; auf Geschäftszahlen oder cher Zusammenhang sowie Kreation und sogenannte Netflix-Steuer. Ob wirklich einzelne Filmtitel soll man keine Rückschlüsse Innovation – gelten weiterhin. Der Film hat, Geld geflossen ist, ist jedoch ungewiss. ziehen können. Die Daten benötigen wir, um rein finanziell gesehen, bereits 2016 von einer Das Unternehmen hatte mit dem Argu- mehr über die Entwicklung der Mediennut- Erhöhung um 30 Millionen Franken profitiert. ment, keinen Sitz in Deutschland zu haben, zung und neue Auswertungsstrategien zu Am bisherigen finanziellen Rahmen – bean- vor dem Europäischen Gerichtshof gegen ent- erfahren. tragt werden 211,4 Millionen Franken für den sprechende Abgaben an die deutsche Filmför- Film – ändert sich nichts. Zugleich gibt es viele derung geklagt, hatte dabei allerdings keinen Streamingdienste sollen ausserdem ver- Anpassungen im Filmgesetz. Die wichtigsten Erfolg. Es geht aber natürlich nicht nur um pflichtet werden, 30 Prozent europäische Änderungen betreffen die Auswertung im Netflix, sondern um alle Anbieter, die Filme Inhalte anzubieten – jene Quote, die bereits Online-Bereich. online zeigen, auch wenn Netflix sicher am von der EU aus Gründen kultureller Diversi- häufigsten in aller Munde ist. Das Unterneh- tät beschlossen wurde. Sie haben es bereits Anfang Jahr ange- men stellt sich nicht mehr gegen solche Rein- Eine solche Quote sollte zu erreichen sein; kündigt: Neu müssten auch internationale vestitionspflichten in lokalen Content. Die bereits heute stammen laut Studien 28 Pro- Streamingdienste wie Netflix oder Amazon grossen internationalen Unternehmen haben zent der Filme und Serien zum Beispiel beim vier Prozent ihrer hierzulande generierten ein Interesse an einvernehmlichen Lösungen. Fernsehen aus Europa. Zuschauer sehnen sich Einnahmen in Schweizer Produktionen nach Inhalten, die mit ihrem Lebensraum zu investieren. Das Filmgesetz reicht also, um die Investi tun haben. Die neuen Online-Anbieter wissen Ja, wobei es sich dabei nicht um eine tionspflicht wirklich durchzusetzen? das. Darum sind sie auch daran interessiert, in Steuer, sondern um eine Investitionspflicht Ja, das sollte reichen. Was wir sicher nicht europäische Filme und Serien zu investieren. handelt. Die Anbieter erhalten dafür ja wollen, ist ein zahnloser Papiertiger. Grund- auch etwas: zum Beispiel Rechte auf jene sätzlich halten sich grosse Unternehmen an Demgegenüber fordern die drei Schweizer Inhalte, die sie koproduziert haben. Falls die staatliche Regelungen. Vorschriften werden Produzentenverbände, ARF/FDS und das Kulturbotschaft
Kulturbotschaft Kulturbotschaft 2021-2024 943 Millionen Franken. Soviel will der Bund von Unter Ziele und Massnahmen heisst es u. a.: 2021 bis 2024 für die Förderung der Kultur ausge- ▶ Die Cinémathèque muss ihre Sammlung kon- 8 Swiss Fiction Movement eine 20-Prozent- ben. Das sind, verteilt auf vier Jahre, 35,4 Millionen tinuierlich digitalisieren, um den Zugang zu den Quote für Schweizer Filme. oder 2,9 Prozent mehr als bisher (inklusive einem Filmen zu verbessern. Aufgrund der Menge an Wir nehmen die Anregung im Rahmen Prozent Teuerung). Für den Film sind 211,4 Millio- Filmen muss die Digitalisierung von der Cinéma- nen beantragt. Der grösste Teil der Mehrausgaben thèque nach klaren Kriterien durchgeführt wer- der Vernehmlassung zur Kulturbotschaft zur fliesst zu den Schulen. Mit 8,3 Millionen Franken den, namentlich nach der Dringlichkeit des Zerfalls Kenntnis und werden diese bewerten. Zurzeit will der Bundesrat das Programm «Jugend und und der Nachfrage. sind noch viele Fragen offen. Falls beispiels- Musik» ausbauen. weise die 20 Prozent innerhalb der 30-Pro- ▶ Bei der Restauration von Filmen ist aufgrund der Ein Schwerpunkt liegt in der Digitalisierung. Der grossen Anzahl von Filmen und limitierten Res- zent-Quote europäischer Inhalte gedacht digitale Wandel beeinflusse sämtliche Bereiche sourcen eine Priorisierung im Rahmen des Samm- sind, wovon ich ausgehe, müsste man und Institutionen der Kultur in Bezug auf Pro- lungskonzeptes unumgänglich. Dabei soll auch schauen, was alles dazugehört respektive duktion, Vermittlung und Erhaltung. Durch die das in der Schweiz vorhandene Restaurationswis- anrechenbar ist. Die Regelung gälte ja umfas- «rasante Zunahme» der Online-Plattformen sei die sen genutzt bzw. verstärkt werden. Filmbranche davon besonders betroffen. Auch der send, also nicht nur für Streaming-Plattfor- Und was den «freien Zugang» zu neueren Filmen Zugang zum Schweizer Filmerbe soll verbessert men, sondern auch etwa für das Fernsehen anbelangt, liest man dazu in den Erläuterungen werden. oder die Kinos. zum Filmgesetz: In der Filmförderung werden neben der Reinves- titionspflicht und der Angebotsvielfalt (Stichwort «Werden in Zukunft Filme mit einem namhaften Davon abgesehen – was halten Sie von Quoten) unter anderem folgende Ziele und Mass- Herstellungsbeitrag des Bundes unterstützt, wird einer solchen 20-Prozent-Quote? nahmen genannt: die Förderung neben der Hinterlegungspflicht mit der zusätzlichen Auflage verbunden, dass der Provokativ gesagt wäre es eine filmkultu- ▶ Die Standortförderung soll stärkere Anreize für Bund die Filme nach Abschluss der kommerziel- relle Zwangsernährung der Bevölkerung. Im minoritäre Koproduktionen setzen, damit mehr len Nutzung der Bevölkerung zugänglich machen Ernst: Es ginge dabei ja weniger um den Aus- Dreharbeiten aus dem Ausland in die Schweiz kann (nichtexklusive Lizenz für nicht gewerbliche wertungserlös für die Rechteinhaber als um geholt werden können. Im Bereich der erfolgsab- Nutzung). Solche Filme könnten damit frühestens die Visibilität des Schweizer Films. Daran bin hängigen Filmförderung sollen auch Eintritte in ab 2026 vom Bund zugänglich gemacht werden. inländischen Filmfestivals sowie der Filmkonsum (…) Der vollumfängliche öffentliche Zugang zum ich natürlich auch interessiert. Einen staat- im Onlinebereich berücksichtigt werden. Kulturbotschaft lichen Eingriff in das Konsumverhalten der Schweizer Filmerbe wird erst möglich sein, wenn ▶ Die Filmförderung soll chancengleich ausge- die offenen Fragen im Dialog geklärt werden konn- Bevölkerung halte ich jedoch für problema- staltet sein. Die aktuellen Kriterien der Nach- ten.» tisch. Zudem: wie gut sichtbar das Angebot wuchsförderung und zur Stärkung der weiblichen Bundesrat Alain Berset hat die Vorlage Ende Mai auf den Plattformen tatsächlich wäre und Filmschaffenden sollen weiterverfolgt und doku- (exakt bei Redaktionsschluss) vorgestellt. Die wieviel davon effektiv angeschaut würde lässt mentiert werden. Vernehmlassung dauert bis am 20.September. sich mit einer Quote ja nicht steuern. Aber wie Auch der Zugang zum Schweizer Filmerbe soll Danach wird die überarbeitete Botschaft im Parla- gesagt: Wir werden die Anregung im Rahmen verbessert werden, da Filme nach Abschluss der ment beraten und verabschiedet. Die für die Film- der Vernehmlassung zur Kulturbotschaft Auswertung häufig nur schwer aufzufinden seien. branche so wichtigen Filmförderkonzepte entste- sicher eingehend prüfen. hen im Herbst. Die Quote könnte einen Anreiz schaffen, damit erstmals Koproduktionen zwischen Netflix, Schweizer Produktionsfirmen und der SRG möglich würden. Filme, die mit BAK-Geldern ab einer gewissen Nun gibt es verschiedene Anbieter mit Es liegt vor allem an der Grösse eines Höhe gefördert werden, online verfügbar sind. Schweizer Filmen im Katalog, von Grossen Markts, ob solche Koproduktionen zustande wie Swisscom über kleinere, kulturaffine kommen. Auch braucht es übergreifende Wieso ist man von der Idee einer nationa- Nischenanbieter wie Cinefile oder LeKino Sujets, die den gesamten deutsch- oder fran- len Streaming-Plattform mit einem kos- bis hin zur SRG mit ihrer neuen Platt- zösischsprachigen Raum interessieren. Wobei tenlosen Angebot an Schweizer Filmen form. Was fehlt, ist eine Art Koordination. man auch die Gefahr sehen muss, wenn Filme abgekommen? Könnte das BAK hier eine Rolle überneh- identitätslos werden. Man hat ja mal von Von kostenlos war nicht die Rede, son- men? «Europudding» gesprochen. dern von einem freiem Zugang zu Filmen. Sei Nein, das ginge ja nur über Regulationen. es, dass die Titel auf der Plattform der eige- Das macht keinen Sinn in einem Feld, das sich Auf Netflix Schweiz gibt es rund 5ʼ600 Titel, nen Produktionsfirma angeboten werden, dynamisch entwickelt – und bei dem gleich- etwa 4ʼ000 Filme plus 1ʼ500 Serien. 20 Pro- sei es, dass sie von der Cinémathèque suisse zeitig alle unter demselben leiden, nämlich zent davon wären demnach etwa 1ʼ120 z.B. über einen Link zugänglich gemacht fehlender Wahrnehmung und mangelnder Schweizer Titel… werden – wie sich das konkret entwickeln Visibilität. Wir können da nicht eingreifen, Man müsste jedenfalls weit zurückgehen in wird, müssen wir diskutieren. Was wir nicht hingegen mithelfen, dass die Verfügbarkeit der Filmgeschichte, um diese Anzahl zusam- wollen, ist der Aufbau und die Finanzierung und Visibilität steigt. menzubringen – und müsste digitalisieren, einer eigenen Plattform. Und gewiss ging es was das Zeug hält. Deshalb fragt sich, ob man nie darum, Filmrechte zu enteignen! Ein Film- Aber das BAK könnte Plattformen mitsub- nicht andere Anreize schaffen sollte, damit viel verzeichnis mit Links oder Hinweisen, wo die ventionieren, die ein attraktives Fenster mehr Schweizer Filme verfügbar werden. Das Filme verfügbar sind, wie es zum Beispiel das für Schweizer Filme bieten? ist uns allerdings ein grosses Anliegen. Des- European Audiovisual Observatory in Strass- Auch das nicht, weil wir auf projektbe- halb sollen ja auch die rechtlichen Grundla- burg anbietet, würde uns theoretisch schon zogene Förderung aus sind und nicht auf gen geschaffen werden, damit in Zukunft alle genügen. Strukturfinanzierung. Allerdings wollen wir Kulturbotschaft
Kulturbotschaft ab 2021 solche Fragen abklären – ob etwa Eine Priorität in der letzten Kulturbot- man nicht alles langzeitarchivieren kann. die Cinémathèque suisse ein eigenes Ange- schaft war die Sicherstellung der Langzeit- Kriterien wie die Priorisierung von Helvetica 9 bot aufbauen könnte oder die Funktion eines archivierung von Filmen. Demnächst wird werden in die neue Leistungsvereinbarung «Briefkastens», der weiter verlinkt, überneh- das neue Archivierungszentrum der Ciné- für die Cinémathèque ab 2021 aufgenom- men könnte. Solche Fragen müssen wird mathèque suisse in Penthaz eröffnet. Geht men. Auch wir haben unsere Vorstellungen, zuerst mit den Rechteinhabern und den Ver- es nun mit der Digitalisierung des Film allerdings soll ein solcher Kriterienkatalog wertungsgesellschaften sowie mit der SRG erbes voran? breiter abgestützt werden, man muss dazu abklären. Dabei sind Lösungen gefragt, die Während der Planung von Penthaz musste mit Filmhistorikern und Festivals zusammen- in der übernächsten Kulturbotschaft ab 2025 man einen politischen Richtungsentscheid arbeiten. Es braucht klare Kriterien, was mit zum Tragen kommen. fällen und eine Kehrtwende hin zu einem digi- den öffentlichen Geldern geschieht. Wir wol- talen Langzeitarchiv vollziehen. Nun können len kein kuratiertes Programm für die Digita- Wie weit ist die Idee für ein «Succès Web» Mittel für die digitale Langzeitarchivierung lisierung, nach subjektiven Kriterien, wie es gereift? aktueller Filme sowie die Digitalisierung ana- zum Beispiel Filmo anbietet. Ein Kriterium Mit der Einführung der Meldepflicht hät- loger Filmkopien eingesetzt werden. könnte zum Beispiel die Nachfrage sein. Der ten wir die Zahlen respektive die Möglichkeit, politische Prozess ist mit der Eröffnung der in der neuen Förderperiode ein Succès Web In einem Artikel in der «Republik» wurde Vernehmlassung zur Kulturbotschaft nun einzuführen. Dafür braucht es gesetzliche der Vorwurf laut, niemand fühle sich bei angestossen. Voraussetzungen, die mit der übernächsten der Digitalisierung des Filmerbes wirklich Kulturbotschaft in Kraft träten. Letztlich geht zuständig. Wird es zu einer Diskussion über es um neue Auswertungsformen, die berück- Auswahlkriterien kommen? sichtigt werden sollen. Wir überlegen uns für Priorität hat zunächst die digitale Lang- die kommende Kulturbotschaft auch die Ein- zeitarchivierung in der Cinémathèque suisse. führung von Succès Festival Schweiz. Alles digitalisieren kann man ja nicht, so wie ▶ Originaltext: Deutsch Kulturbotschaft . AUGU ST 2019 13. JULI – 17 Filmstill: Ava, 2017 Kulturbotschaft
« Stray Bullet » von Jean-Cosme Delaloye 9 Seiten Streaming- Dossier SEITE 11 NETFLIX UND DIE AUTOREN EINE SCHWIERIGE BEZIEHUNG SEITE 16 WEGEN KONFLIKTEN BEIM URHEBERRECHT DER WIRTSCHAFTSKRIEG SEITE 14 IST DEKLARIERT DIE KONKURRENTEN SEHEN ES AUF DIE srG DIE MARKTANTEILE VON NETFLIX AB, DIE LÄNDER REAGIEREN WAPPNET SICH GILLES MARCHAND ÜBER DIE STREITFRAGEN DER NEUEN ONLINE-PLATTFORM + Das Dossier geht auf eine gemeinsame Initiative von Cinébulletin, CultureEnJeu (www.cultureenjeu.ch) und dem Journal der SSA (www.ssa.ch) zurück, die Versionen der vorliegenden Texte publiziert haben.
SPEZIAL-DOSSIER STREAMING Netflix stellt die fragile Ökonomie 11 der Autoren in Frage Bei jeder ihrer Produktionen diktiert die Plattform ihre Bedingungen. Das hat viel mit ihrem Verständnis des Urheberrechts zu tun. Von Mehdi Atmani Tadaaa! Wenn Netflix’ sonores Erkennungs- Jingle durch das Wohnzimmer seines Apart- ments in Brooklyn schallt, ist er noch immer ein wenig gerührt. Der Schweizer Journalist, Autor, Produzent und Regisseur Jean-Cosme Delaloye macht keinen Hehl daraus, schliess- lich hat er alles darangesetzt, seinen letzten Film «Stray Bullet» im Katalog der berühmten amerikanischen Plattform unterzubringen. «Bis vor Kurzem zeigte ich meine Dokumen- tarfilme auf zahlreichen Festivals». Aber das lief sich irgendwann tot, erinnert er sich. «Für ‹Stray Bullet› träumte ich von einem kommer- ziellen Erfolg, ich hatte von Anfang an den Ehrgeiz, den Film einer dieser fetten Strea ming-Plattformen anzubieten.» Seit 2002 in New York beheimatet, ist der 44-jährige Lausanner den Lesern von 24 heu- res und Tribune de Genève mit seinen Beiträ- gen vertraut. Das Dokumentarfilmfieber hat «Stray Bullet» von Jean-Cosme Delaloye ist seit Juli 2018 im Angebot von Netflix. ihn spät ergriffen, in Gestalt des Schweizer Regisseurs und Fotografen Nicolas Pallay. Es war im Jahr 2004, als Jean-Cosme Delaloye und sein Komplize in die Welt eines Gefäng- war manchmal mühsam, aber diese erste Paterson, New Jersey. Dieser dritte, von RTS nisses in Louisiana eintauchten, in dem die Erfahrung war prägend», erklärt Jean-Cosme mitproduzierte Dokumentarfilm lief 2018 an Häftlinge jedes Jahr im Oktober an einem Delaloye. Sie setzt die Maschine in Gang. den Solothurner Filmtagen. Rodeo teilnehmen. Der Journalist kommt mit 2014 drehte der Journalist «Riding The Death seinem ersten Dokumentarfilm heraus, der Train», einen dokumentarischen Kurzfilm, es Der amerikanische Agent verhandelt bei Temps Présent ausgestrahlt wird. folgte 2015 «La Prenda (The Pawn)». Obwohl der Film amerikanischen Seh- Von seinen Festival-Erfolgen beflügelt, gewohnheiten weit entgegenkommt, muss Traumziel Netflix beschleunigt Jean-Cosme Delaloy das Tempo. Netflix erst überzeugt werden. Die Plattform Seine Anfänge im Dokumentarfilmgenre Mit «Stray Bullet» zielt er er offen auf Netflix, erweist sich als schwer zu verführender Part- sind tastend. Jean-Cosme Delaloye probiert indem er Erzählung, Stil und sogar das Thema ner. «Es war ein langer Prozess der Annähe- dies und das, reist schliesslich auf eigene des Films auf die Plattform ausrichtet. «Mein rung, volle acht Monate bis zur Unterzeich- Faust nach Nicaragua, wo er den Überlebens- Ehrgeiz galt dem kommerziellen Erfolg, weni- nung des Vertrags», erzählt Jean-Cosme kampf dreier Frauen auf La Chureca filmt, der ger der Anerkennung auf Festivals. Ich wollte, Delaloy. «Der entscheidende Schachzug grössten Mülldeponie Zentralamerikas. «By dass der Film von vielen gesehen wird». bestand in der Verpflichtung eines amerika- My Side (A Mi Lado)», sein erster, über seine Der 2017 gedrehte, von der Genfer Firma nischen Agenten als Verhandlungsführer». persönliche Visa-Karte finanzierter Doku- Tipimages produzierte Dokumentarfilm führt Der Regisseur selbst kommt nie direkt mit mentarfilm, erscheint 2011. «Es dauerte und uns in die gewalttätige Welt der Gangs von der Plattform in Berührung. Schliesslich sagt
12 «Dieser Mangel an Transparenz ist sym- ptomatisch für ein Unternehmen, das seine Betriebsabläufe gerade erst entwickelt», fügt er hinzu. «Wir haben es mit einer sehr jungen Firma zu tun, die es in ihrem raschen Wachs- tum bewusst vermieden hat, zu viele interne Prozesse zu regeln. Sie möchte ein grösseres Start-up bleiben, ohne komplizierte Struktur. Das bringt Vor- und Nachteile mit sich». Die erste Staffel von «Quartier des Banques» ist auf Amazon Prime erhältlich. Pierre-Adrian Irlé zufolge ist diese Haltung ein zentrales Element der DNA von Netflix. Im Übrigen verfolgt der Produzent und Regisseur Netflix zu und bringt den Film im Juli 2018 in abgetreten. «Vertriebe wie Banijay haben in die Revolution des audiovisuellen Markts mit seiner Dokumentationsreihe heraus. «Stray der Regel ein kommerzielles Interesse, eine geschultem Blick. «Wir befinden uns gerade in Bullet» sei alles andere als ein Zugpferd für die Serie von Land zu Land direkt an Fernsehsen- einer absolut spannenden Übergangsphase. Plattform, betont Jean-Cosme Delaloye. «Ich der zu verkaufen. Für eine fertig produzierte Ein grosser Teil des Netflix-Personals stammt will damit sagen, dass wir für die Promotion Serie ist das viel profitabler als ein multi- aus amerikanischen Filmstudios und Kabel- selbst verantwortlich sind». Denn Zuschau- territorialer Vertrag mit Netflix.» sendern, von dort versorgen sie die Plattform erzahlen wie auch Details des Vertrags sind Im Fall von «Station Horizon» hat Bani- mit Knowhow in Sachen Eigenproduktion. vertraulich; mit welchem Erfolg der Film läuft, jay die Serie nach Australien verkauft, wo sie Wenn heute ein Sender einen neuen Kanal bleibt ein Geheimnis. gut lief. Dann an Sony für Zentralasien und eröffnet, handelt es sich mit Sicherheit um Nichtsdestotrotz erhöht die Marke Netflix Russland (CEI). «Danach haben sie versucht, eine Plattform». Pierre-Adrian Irlé kann frei- die Nachfrage bei den Medien. Delaloye ergat- mit Walter Presents von Channel 4 für Gross- lich schon deshalb schwerlich das Gegenteil tert mehrere Interviews für amerikanische britannien zu verhandeln, aber das hat zu behaupten, weil er gerade dazu erkoren wor- Branchenblätter. Die sozialen Medien sorgen nichts geführt. Daraufhin haben sie Netflix ein den ist, die künftige Streaming-Plattform der zusätzlich für Werbung. Als Autor geht der mehrere Territorien umfassendes Paket ange- SRG zu leiten. Schweizer auf Netflix allerdings leer aus. «Man boten, darunter auch die Vereinigten Staa- muss gleichzeitig Produzent sein, um sich ten», erklärt Pierre-Adrian Irlé. «Man muss Lokale Geschichten mit grosser Reichweite Hoffnungen auf Einnahmen zu machen. Aber zwischen einer komplett lokal produzierten Genau wie Jean-Cosme Delaloye und das wusste ich von Anfang an. Es ging mir nicht und erst dann an Netflix verkauften Serie und Pierre-Adrian Irlé schielen auch zahlreiche ums Geld. Ich war an der Sichtbarkeit interes- einer mit der Streaming-Site koproduzierten weitere Schweizer Autorinnen und Autoren siert, die Netflix bietet. Jetzt wo ich einen Fuss Serie unterscheiden. ‹Station Horizon› ist nach den Streaming-Plattformen. Aber wie in der Tür habe, kann ich mich mit meinem keine Netflix-Serie. Deshalb wird sie weniger arbeitet es sich mit und für Netflix? Was ist nächsten Film in Stellung bringen, der 2019 prominent ins Spiel gebracht als eine Eigen- die Antwort auf das, was beim Einsatz dieser erscheinen soll». Aus seinem Wunsch, weiter- produktion. Netflix investiert nicht gleich- Plattformen auf dem Spiel steht, insbeson- hin mit der Plattform zusammenzuarbeiten, hohe Beträge». dere in Sachen Urheberrechte und künstleri- macht Jean-Cosme Delaloy kein Geheimnis. sche Unabhängigkeit? Alle Schweizer Autoren Um am Ball zu bleiben, bereitet er gerade sei- Intransparente Auswahlverfahren und Drehbuchschreiber stellen sich diese nen Umzug an die Westküste vor. Für den Produzenten und Regisseur der Frage und schwanken bei der Beantwortung Serie war Netflix nicht der erste Versuch. «Ich zwischen Enthusiasmus und Skepsis. Der Fall «Station Horizon» wollte das Projekt in die Vereinigten Staaten In Genf hat Stéphane Mitchell das Dreh- Pierre-Adrian Irlé ist der Schöpfer von verkaufen. Ich habe bei HBO, Showtime, AMC buch der von Teleclub mitproduzierten «Station Horizon», einer 2015 von RTS ausge- und Sony angeklopft, wo die Abläufe sehr klar RTS-Erfolgsserie «Quartier des banques» strahlten Vorzeigeserie. Die im Wallis gedrehte sind. Man stellt das Projekt vor und hat drei geschrieben. Die Rechte an der Serie wurden Fiktion im Stil eines modernen Western hat Wochen später eine Antwort. in ein Dutzend Länder verkauft. Seit dem ers- Eingang in den Katalog von Netflix gefunden. Bei Netflix war das nebulöser. Ich habe ten Dezember 2018 wird sie auf Amazon Prime «Ich stehe nicht in direkten Verhandlungen Leute bei sich zuhause in Los Angeles getrof- ausgestrahlt. «Für Autoren aus der Romandie mit Netflix», wiegelt Pierre-Adrian Irlé ab, fen, ohne dass mir die Auswahlverfahren im ist die Schweiz ein kleiner Markt mit gerade «die Dinge liegen komplizierter». Als Produ- Geringsten offengelegt wurden. Ich erinnere mal zwei grossen Akteuren, der SSR und dem zent hat Piere-Adrian Irlé die Rechte an «Sta- mich, dass ich das Projekt intern an mehrere Kino, sagt Stéphane Mitchell. Die Ankunft tion Horizon» für Territorien ausserhalb der Personen schicken musste, ohne über den neuer Online-Anbieter verbreitert das Ange- Schweiz gegen eine Minimumsgarantie an die Weg und das Schicksal meiner Eingabe infor- bot. Es ist verlockend und zugleich beunruhi- internationale Vertriebsgesellschaft Banijay miert zu werden.» gend. Das Service-public-Fernsehen steht für
13 «Man muss zwischen einer lokal produzierten und an Netflix verkauften und einer mit der Plattform koproduzierten Serie unterscheiden», sagt Pierre-Adrian Irlé. © RTS/Rebecca Bowring Vielfalt der Erzählweisen. Mit den Plattformen Plattform Amazon Prime die Gretchenfrage ren Schöpfer nach Ablieferung ihres Werks wächst das Risiko, bloss noch Mainstream zu nach der Vergütung aufwirft. «Ich weiss noch mit einer einmaligen Zahlung abgefunden liefern. Anderseits lohnt es sich sehr, auch für nicht genau, was das in punkto Urheberrecht werden. Allerdings gibt es auch einen ande- andere schreiben zu können». bedeutet». ren Zahlmechanismus. Er besteht darin, sich Und weiter: «Keine dieser Plattformen hat direkt vom Produzenten vertraglich einen mir je ein Angebot gemacht, aber bei unseren Kopfzerbrechen übers Urheberrecht Netto-Prozentsatz für jeden Weiterverkauf Autorentreffen herrscht die Meinung, dass das Stéphane Mitchell legt den Finger auf die zusichern zu lassen. Darüber wird derzeit ver- Schweizer Duopol so nicht länger haltbar ist. Wunde. Durch ihre Vorherrschaft im Bereich handelt. Obwohl ‹Quartiers des banques› ohne finan- der audiovisuellen Online-Produktion ori- In Europa ist man beunruhigt, weil die zielle Unterstützung der RTS nicht zustande entieren die Plattformen sich zwingend am amerikanischen Streaming-Plattformen dazu gekommen wäre, ist es eine gute Sache, wenn amerikanischen Konzept des Urheberrechts. neigen, den Autoren ihr Copyright-System auch andere Player sich an der Finanzierung Einem Modell, das das Ökosystem der Kunst- aufzuzwingen. Für die Autoren, die in irgendei- von Dokumentar- und Spielfilmen beteiligen. schaffenden aus der Balance zu bringen ner Weise mit den Plattformen zusammenar- Man kann sich gut vorstellen, in Zukunft zwei droht. Oft werden Urheberrecht und Copy- beiten wollen, bedeutet das: Friss oder stirb. Jahre für die RTS zu arbeiten, dann für Net- right verwechselt, obwohl sie in wesentlichen Weder Netflix noch die Autoren, die direkt flix, dann für Amazon Prime oder Hulu. Die Punkten verschieden sind. Das französische mit der Plattform zusammenarbeiten, haben Schweizer Autoren drängen nämlich mehr Recht beispielsweise geht von der Beteiligung sich bislang zu der Frage geäussert. Netflix und mehr auf Export. Viele reizt der Spagat, mehrerer Autoren an einem audiovisuellen wie auch HBO praktizieren einfach ihr soge- eine lokale Geschichte mit internationaler Werk aus (Drehbuch, Dialoge, Adaption, Her- nanntes Buy-out-System. Es besteht darin, Reichweite zu erzählen. Wenn die Amerika- stellung, Musik) und das Urheberrecht sieht bei der Vertragsunterzeichnung alle Autoren- ner das so gut hinkriegen, sollte uns das auch eine Entschädigung aller an einem Werk rechte zu erwerben, ohne danach noch einen gelingen». beteiligten Personen über ihr ursprüngliches Gedanken an die bei der Verwertung des Die Serie «Quartier des banques» ist dafür Arbeitshonorar hinaus vor. So sichert das Werks anfallenden Tantiemen verschwenden das perfekte «Produkt» aufs Exempel. «Wir Gesetz den Autorinnen und Autoren beispiels- zu müssen. In Frankreich wie auch in Spanien haben die Serie zusammen mit Belgien pro- weise eine finanzielle Beteiligung bei jeder werden Urheberrechtsgesellschaften, die die duziert. Wir haben schon während des Schrei- neuen Ausstrahlung. Autoren begleiten, verteidigen und unter- bens darauf geachtet, der Serie einen interna- Das angelsächsische Copyright wiede- stützen, im Unklaren gelassen. So schädigt tionalen Anstrich zu geben, erklärt Stéphane rum schützt den Nutzer eines Werks, nicht die Ausbreitung der Streaming-Plattformen Mitchell. Einerseits ist die Serie sehr schwei- die Autoren. Im amerikanischen Recht ist der die Rechte der Urheber, ohne dass es bislang zerisch. Die Intrige entwickelt sich in einer Schöpfer eines Werks sein Produzent, gleich- etwas Wirksames zu deren Schutz gäbe. Genfer Bank. In Form und Anlage aber sollte gültig, ob es sich um eine natürliche Person die Geschichte genügend Ausstrahlung für oder eine Produktionsfirma handelt. Das ausländische Zuschauer haben.» Die Wette bedeutet, dass der «Autor» eines Werkes mit ging auf, auch wenn die Ausstrahlung über die jedem Verkauf wechselt, während die wah- ▶ Originaltext: Französisch
SPEZIAL-DOSSIER STREAMING «Verwurzelung hat nichts mit 14 Abschottung zu tun» Angesichts der Konkurrenz durch grosse Streaminganbieter erhöht die SRG ihre Mittel für Produktion und Untertitelung. Das Gespräch führte Chantal Tauxe Gilles Marchand, sehen Sie sich Serien auf «La trêve» – zwei mit privaten Netflix an? Koproduzenten hergestellte Ja. Ich habe gerade die zweite Staffel von Serien – anbieten wollte, dann «Suburra» begonnen, einer Serie, die Vatikan, müssten wir alle dieselben stra- Politik und Mafia verbindet. Sie widerspiegelt tegischen Interessen verfolgen. das, was die politische Klasse Italiens derzeit Private Akteure wollen jedoch erlebt. Gute Serien lehren uns viel über die ihre Programme in mehreren politischen, sozialen, wirtschaftlichen und Gebieten verkaufen. Und hier kulturellen Realitäten des Landes, in denen beginnen die Schwierigkeiten sie gemacht und ausgestrahlt werden. Das ist der europäischen Plattformen. einer der Gründe, weshalb wir mehr Mittel in Deshalb gibt es heute viele Serien investieren möchten: um das Leben der Ankündigungen, aber es wird Schweiz anders zu erzählen. nur wenig umgesetzt. Wie lange sind Sie schon Netflix-Abonnent? Was raten Sie den Schweizer Zwei Jahre. Ich beobachte die Konkurrenz Produzentinnen und Produ- (lacht), und ich schaue mir nicht nur das an! zenten, die sich in diesem komplexen Umfeld bewegen? Als Sie dort die Fülle von Übersetzungen Erstens: Die SRG hat die sahen, haben Sie sich da nicht gefragt, ob feste Absicht, das Produkti- man in Sachen Übersetzung von Program- onsvolumen und damit die men etwas mutiger hätte sein können? Mittel, die der Branche zur Daran arbeiten wir jetzt gerade. Im Jahr Verfügung stehen, zu erhöhen, 2020 wird die SRG eine Plattform lancieren, die um mehr Fiktionen und Serien unsere eigenen Produktionen nicht nur nach zu produzieren. Aufgrund der Gilles Marchand, Generaldirektor der SRG. © RTS/ Christin Philippe Sprachregion, sondern nach Themen und mit Sprachenvielfalt war es schon einem Untertitelungssystem anbietet. So wird immer schwierig, eine eine unser Angebot erheblich bereichert. Ich habe konsequente nationale Pro- mir dieses Projekt in den Kopf gesetzt, seit ich duktion zu betreiben. Doch das kleine Volu- einem wöchentlichen Sendeplatz, in dem hier in Bern arbeite. Doch ein solches Projekt men hat Auswirkungen, auch auf die Autorin- wir Schweizer Spielfilme aus allen Regionen braucht ein wenig Zeit, bis es konkrete Formen nen und Autoren: Es ist sehr schwierig, vom zeigen könnten. annimmt. Schreiben zu leben. Gleiches gilt für andere freiberuflich Tätige. Mehr Volumen und Qua- Und was ist mit der Frage der Rechte? Weshalb nicht von Anfang an eine europäi- lität zu produzieren, wie die skandinavischen Wir werden mit den unabhängigen Pro- sche Plattform anstreben? Länder und Belgien, setzt voraus, dass wir duzentinnen und Produzenten zufriedenstel- Die Programmrechte sind das Hindernis. mehr Geld in die Fiktion investieren. lende und innovative Lösungen suchen, damit Da haben wir Schweizer dieselben Prob- Zweitens: Wir möchten unsere Produk- wir auch fiktionale Inhalte auf unseren digita- leme und Vorteile wie jedes andere Land in tionen in den verschiedenen Regionen viel len Plattformen anbieten können. Wir werden Europa. Mit anderen Worten: Wenn ich 100 % besser organisiert, konsequenter und simul- experimentieren und Erfahrungen sammeln – der Inhalte produziere, also zu 100 % über die tan aufgleisen. Das heisst, wenn wir künftig in Absprache mit der Branche und im Rahmen Rechte verfüge, und dann beschliesse, die Pro- eine Serie für RTS produzieren, werden wir des Pacte de l’audiovisuel. Ich bin sicher, dass duktion mit einem meiner Kollegen des belgi- sie synchronisieren, damit sie sofort auch es uns gelingen wird, denn worauf kommt es schen RTBF auszutauschen, und zwar auf der für RSI und SRF verfügbar ist und umgekehrt. an? Auf die Abgrenzung. Wie kann man Netflix, Grundlage von Inhalten, die auch er oder sie Wir möchten regelmässig Schweizer Spiel- Amazon Prime oder Apple bekämpfen? Indem zu 100 % selber produziert hat, dann können filme zeigen, die für die lineare Ausstrahlung man anbietet, was das Publikum kaum oder wir sie leicht auf dieselbe Plattform bringen. synchronisiert und fürs VoD synchronisiert nur selten auf internationalen Plattformen Doch wenn ich «Quartier des banques» mit oder untertitelt werden. Ich träume von oder auf französischen, deutschen und itali-
“ 15 Mehr Volumen und Qualität wie die skandinavischen Länder und Belgien zu produzieren, setzt voraus, dass wir mehr Geld in die Fiktion investieren. enischen Sendern finden wird. Wir brauchen sein wird, steht noch in den Sternen. An dieser Millionen Franken lanciert. Doch es ist heikel, Serien, die in der Schweizer Realität verwurzelt Stelle möchte ich erwähnen, dass wir mit den die Effizienz zu erhöhen, wo doch ein Grossteil sind, die ein hohes Identifikationspotential Verlegern im Gespräch sind betreffend ein Pro- jener, die uns während der No-Billag-Kampa- mit dem bieten, was im Land geschieht. Die- jekt für ein sicheres Login, mit dem jemand, der gne unterstützten, dafür kämpfte, dass die ser Ansatz der Verwurzelung hat aber wohl- auf der Plattform eines Verlags registriert ist, SRG unverändert weiterbesteht. Wir dachten verstanden nichts mit Abschottung zu tun. So auch Zugang zum Programm der SRG hat und uns, dass wir mit einer Kürzung bei den Infra- haben wir zum Beispiel ein interessantes Pro- umgekehrt. Vorausgesetzt, dass dieses Login strukturen, insbesondere im Immobilienbe- jekt einer Fiktion, das den Titel «Krisenzelle» für die SRG kostenlos ist und von einer Kom- reich, Einsparungen machen und dafür das trägt und von den Aktivitäten des IKRK in ande- merzialisierung der Daten abgesehen wird. Programmangebot und die Arbeitsplätze weit- ren Ländern handelt. Auch das ist eine Öffnung gehend erhalten könnten. Doch wir stossen zur Welt, allerdings von der Schweiz aus. Ich Das Budget der SRG ist limitiert und kann auf starken Widerstand, der mit der starken denke, dass diese Strategie im gemeinsamen nicht erhöht werden, sodass sie der Konkur- lokalen Verankerung der SRG in Zusammen- Interesse von uns wie auch der Branche liegt. renz von Netflix, aber auch von den GAFA, hang steht. Der Handlungsspielraum ist sehr zu denen die Werbeeinnahmen abfliessen, klein, während die Herausforderungen enorm Zurück zum Projekt der SRG-Plattform: Was nicht entgegenwirken kann. Befinden wir sind, wie wir gerade gesehen haben. werden Sie mit den Daten zu den Nutzerge- uns in einer Verarmungsspirale? Eine davon möchte ich noch erwähnen. wohnheiten machen? Werden Sie diese ver- Natürlich, das ist ein grosses Risiko, das Nach dem VoD-Boom folgt nun ein Boom markten? grösste überhaupt. Die Lage ist ganz einfach. von Audio-on-Demand. Wir werden von der Heute gibt es unter den öffentlich-recht- Wir haben heute eine tiefere Empfangsgebühr, taktilen Inhaltssuche zur Sprachsteuerung lichen Medien drei Doktrinen. Die erste fin- was gegenüber dem Vorjahr einem Netto- übergehen. Der grosse Streit, der sich hinter den wir bei denjenigen, die nichts tun und verlust von 50 Millionen Franken entspricht. den Kulissen ankündigt, wird vor allem die überhaupt keine Daten erheben. Die zweite, Unsere Gebühreneinnahmen sind eingefro- Sprachassistenten betreffen: Wer wird die beispielsweise bei RTBF, verlangt von den Nut- ren und können sich nicht mehr parallel zum Liste anführen? Welche Antwort werden wir zerinnen und Nutzern eine Registrierung um Bevölkerungswachstum entwickeln. In unse- erhalten, wenn wir zum Beispiel «Was passiert die Programme verfolgen zu können. Hier gibt rem Finanzierungsmodell kann die TV-Wer- in Algerien mit Bouteflika?» eingeben? Der es ein Vermarktungspotenzial, allerdings ver- bung nicht mit den digital verbreiteten Pro- letzte Beitrag von «Forum» oder eine schlecht pflichtet sich RTBF, seinen Algorithmus einmal grammen einhergehen. Die Werbeeinnahmen ins Französische übersetzte Newskompilation jährlich zu veröffentlichen und anzugeben, wie schwinden überdies immer empfindlicher. aus dem Silicon Valley? Wir sollten uns darauf die Daten verwendet wurden. Der dritte Ansatz Heute erreicht der Bruttoumsatz der auslän- vorbereiten. Deshalb ist es entscheidend, über ist jener der SRG. Wir sammeln – mit der expli- dischen Werbefenster über 300 Millionen Fran- digitale Innovationszentren zu verfügen, wie ziten Zustimmung der Nutzerinnen und Nutzer ken. Das ist mehr, als die SRG generieren kann. wir sie mit der EPFL in Lausanne und der ETH – nur die Daten, die wir brauchen, um ihnen Da somit keine Zunahme der Einnahmen in Zürich geschaffen haben. Wir müssen uns Programme anbieten zu können, die auf ihren möglich ist, besteht unsere Option heute bewegen. Geschmack zugeschnitten sind. Wir vermarkten darin, Handlungsspielräume zu schaffen. Also diese Daten nicht. Was in fünf oder zehn Jahren haben wir einen Plan zur Einsparung von 100 ▶ Originaltext: Französisch ..................................... rechtzeitig vorgesorgt .................... www.vfa-fpa.ch
SPEZIAL-DOSSIER STREAMING 16 Globaler Kampf, lokaler Schutz Im Schatten von Netflix rüsten sich die Streaming-Plattformen von Disney, Apple und Amazon für einen Streaming- Kampf. Während sie auf globaler Ebene um die Zuschauergunst kämpfen, erlassen die europäischen und die Schweizer Behörden allmählich neue Gesetze, um ihre Filmkultur zu schützen. Von Pascaline Sordet USA Linie auf internationale Märkte zu konzentrie- Frage ist, ob Disneys Angebot den Markt völlig Der Krieg ist erklärt ren, macht sich offensichtlich bezahlt. umkrempeln oder nur ergänzen wird. Disney Doch 2019 weht dem Giganten ein schär- ist zweifellos ein starker Konkurrent, doch ferer Wind entgegen. Die internationale Kon- revolutionär würde ich ihn nicht nennen.» Die Konkurrenten von Netflix sind kurrenz holt auf, allen voran Disney mit der Für die New York Times hingegen «zeigt zum entschlossen, sich durchzusetzen Lancierung von Disney+ am 12. November. ersten Mal ein traditionelles Medienunter- Disneys Katalog umfasst neben den – vor nehmen die Fähigkeit und den Willen, Silicon Netflix, Netflix, Netflix. Seit die Plattform 2014 allem für Familien interessanten – selbst- Valley im Streaming-Bereich den Kampf anzu- in den Schweizer Markt eintrat, ist ihr Name produzierten Zeichentrickfilmen auch das sagen.» in aller Munde, wie wenn es keine anderen Marvel-Universum mit seinen Superhelden, Auch Apple möchte sich ein Stück vom Streaming-Dienste gäbe. Angesichts der National Geographic, die Simpsons, den Kuchen sichern. Der Konzern kündigte im beeindruckenden Marktdurchdringung des Fox-Katalog von Hollywoodklassikern bis Star März die Lancierung von Apple TV Plus an und amerikanischen Anbieters ist dies nicht ganz Wars, Hulu sowie zahlreiche Serien des Dis- kämpft mit aggressiven Methoden um einen unberechtigt: Ende 2018 zählte Netflix 139 ney Channel. Seit der Übernahme von Pixar Platz auf dem Dienstleistungsmarkt. Auch Millionen zahlende Abonnenten. Von den 8,8 im Jahr 2006 kauft Disney laufend hochkarä- hier beschwichtigt der UBS-Analyst: «Meiner Millionen Neuabonnenten im letzten Quartal tigen, für Abonnenten attraktiven Content. Meinung nach ist niemand wirklich fähig, 2018 leben gerade einmal 1,5 Millionen in den Dies scheint Eric Sheridan, UBS-Finanzana- Netflix in den Schatten zu stellen. Apple hat USA. Die Strategie der Firma, sich in erster lyst in New York, nicht zu beunruhigen: «Die viel Geld, doch die Netflix-Investoren lassen
“ 17 Optimistischere Stimmen sehen in den neuen Angeboten Zeichen eines reifenden Marktes, der sich zum Wohl der Konsumenten diversifiziert. sich davon nicht beunruhigen. Die Zukunft immer mehr eigenen Content zu produzieren, wird zeigen, ob Apples Markteintritt die Lage denn dies ist die einzige Möglichkeit, Abon- wirklich verändern wird.» Der Telekom-Gigant nenten zu gewinnen und sich von der Konkur- AT&T, dem Time Warner gehört, will 2019 renz abzuheben. Zudem können die Plattfor- auch ins Streaming-Geschäft einsteigen; men aufgrund der Marktentwicklung bald nur Details zum Angebot sind noch nicht bekannt. noch auf eigenen Content zählen: Disney hat Nicht zuletzt ist da noch der Branchenriese bereits begonnen, seine Produktionen aus Amazon, der über enorme Investitionskapa- dem Netflix-Katalog zurückzuziehen. zitäten verfügt und VoD als Lockangebot für Für die Nutzer bedeutet dies, dass sie seinen Prime Service nutzt. mehrere Abonnements abschliessen müssen. Die Produzentinnen und Regisseure hingegen The winner takes it all profitieren von diesem Wettlauf um Inhalte: Wenn es nach den Technik-Skeptikern Apple hat sich mit A24 zusammengeschlos- geht, sollen die Internetgiganten sich im sen, einem mehrfach preisgekrönten unab- Kampf um Marktanteile ruhig gegenseitig zer- hängigen Studio, das «Moonlight» von Barry fleischen. Optimistischere Stimmen sehen in Jenkins und «The Killing of a Sacred Deer» von den neuen Angeboten Zeichen eines reifen- Yorgos Lanthimos produzierte. den Marktes, der sich zum Wohl der Konsu- Konkrete Zahlen verdeutlichen, welch menten diversifiziert. Eric Sheridan erwähnt enorme Summen diese neuen Akteure der die Generation iPad, die lineares Fernsehen audiovisuellen Branche investieren. Apple kaum noch kennt und nur noch VoD konsu- budgetierte schon vor der Lancierung rund miert. eine Milliarde Dollar für die Produktion eige- Wie können die Plattformen in diesem ner Inhalte. Netflix investierte 2018 zwölf Ökosystem überleben? Indem sie immer grös- Milliarden Dollar und sieht für 2019 weitere ser werden und so die Konkurrenz ausschal- 15 Milliarden vor, «um immer mehr Content ten. An der Spitze ist kein Platz für mehrere für verschiedene Märkte weltweit zu produ- Vollangebote, nur die Nischenangebote fol- zieren, mit dem Ziel, neue Abonnenten zu gen einer anderen wirtschaftlichen Logik. Die gewinnen und das Wachstum zu fördern», Strategie der grossen Anbieter besteht darin, analysiert Eric Sheridan. «Once Upon a Time in the West» (1968) von Sergio Leone. A L I V E seit 1973 FILMPROMOTION Casting und Fitting Studio beni.ch Heinrichstr. 177 8005 Zürich Das grösste Schweizer beni@beni.ch | 044 271 20 77 Kultur-Werbe-Netzwerk Preise für Studiobenützung halber Tag CHF 300.- Plakataushang Kulturplakatstellen ganzer Tag CHF 400.- 7 Tage alle Preise exkl. MWST CHF 2'000.- Flyerverteilung Werbeaktionen Alive Media AG 044 270 80 90 www.alive.ch
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