Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse

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Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
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          Swiss Economics

      Schweizer Wirtschaft:
      Wo es floriert und hapert
      Monitor Schweiz | 2.Q 2021

Konjunktur Schweiz                 Fokus                           Geldpolitik
Schweizer Wirtschaft im            Prognose Gastgewerbe: Was hat   Opportunistische
Erholungsboom                      uns letztes Jahr gelehrt?       Devisenverkäufe

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Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Swiss Economics | 2.Q 2021   2
Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Editorial

            Liebe Leserinnen und Leser

            Die Schweizer Wirtschaft hat die Corona-Pandemie bisher mit erstaunlich geringen Einbussen
            überstanden. Dies zumindest, wenn man das Bruttoinlandprodukt (BIP) als Massstab verwendet:
            Trotz der massiven zweiten Infektionswelle hat das BIP das Vorkrisenniveau mittlerweile annä-
            hernd wieder erreicht.

            Infolge der Fortschritte bei der COVID-19-Impfkampagne und des verstärkten Testregimes flaut
            die Pandemie zudem kontinuierlich ab, sodass sich die wirtschaftlichen Aussichten für das
            2. Halbjahr 2021 äusserst positiv präsentieren, wie wir in unseren Artikeln zur Schweizer Wirt-
            schaftsprognose auf Seite 6 zeigen. Einerseits erholt sich die Industrie dank der global überdurch-
            schnittlich hohen Nachfrage nach Gütern nach wie vor derart rasch, dass verbreitet sogar Knapp-
            heit herrscht; andererseits springt die Aktivität in den meisten Dienstleistungsbranchen nach den
            Lockerungen der Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie quasi automatisch wieder an.

            Die insgesamt positive Entwicklung verdeckt allerdings die sehr schwierige Lage in einzelnen
            Branchen, allen voran im Gastgewerbe. Im Pandemiejahr 2020 verzeichneten die Gastronomie
            und der Tourismus einen Umsatzeinbruch von 40% beziehungsweise 67%. Nur einzelne Seg-
            mente wie die Parahotellerie oder Take-aways konnten von der Coronakrise profitieren. Wie wir im
            Fokus-Artikel auf Seite 11 darlegen, ist das Ende der Durststrecke für die Gastronomie mittler-
            weile absehbar, obschon die Beschränkungen der Anzahl Gäste, die an einem Tisch erlaubt sind,
            sowie die infolge der Abstandsregeln tieferen Kapazitäten eine vollständige Umsatzerholung bis
            auf Weiteres hemmen. Dagegen gibt es für die weitere Entwicklung der Tourismusbranche di-
            verse Szenarien. Gemeinsam ist ihnen allen, dass eine rasche Rückkehr zur Vorkrisensituation
            eher unwahrscheinlich ist.

            Ebenfalls erst einen Minischritt Richtung «Normalisierung» hat die Schweizerische Nationalbank
            (SNB) vollzogen. Gemäss unseren Schätzungen im Artikel zur Geldpolitik auf Seite 20 hat die
            SNB in den vergangenen Monaten in geringem Umfang Fremdwährungsreserven verkauft. In un-
            seren Augen will sie mit diesen Verkäufen aber nicht die Geldmenge verknappen oder gar den
            Franken stärken, sondern hat lediglich den zuletzt leicht schwächeren Franken genutzt, um zu
            «testen», wie der Markt auf Devisenverkäufe reagiert. Wir gehen entsprechend unverändert davon
            aus, dass die SNB auf ein etwaiges Erstarken des Frankens mit erneuten Fremdwährungskäufen
            reagieren würde und dass eine Erhöhung des Leitzinses hierzulande bis mindestens Ende 2022
            kein Thema ist.

            Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.

            André Helfenstein                                  Claude Maurer
            CEO Credit Suisse (Schweiz) AG                     Chefökonom Schweiz

                                                                          Swiss Economics | 2.Q 2021         3
Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Inhalt

Konjunktur Schweiz                                                                                          6
Schweizer Wirtschaft im Erholungsboom
Im Zuge der abflauenden Pandemie erholt sich die hiesige Wirtschaft rasant. Wir erwarten für
2021 ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 3.5%. Der Aufschwung wird aber an
Dynamik verlieren, weshalb wir für 2022 von einer Abschwächung des BIP-Wachstums auf 2.0%
ausgehen.

Konjunktur | Monitor                                                                                        7

Branchen | Monitor                                                                                          8

Fokus                                                                                                     11
Prognose Gastgewerbe: Was hat uns letztes Jahr gelehrt?
Im Pandemiejahr 2020 verzeichneten die Gastronomie und die Tourismusbranche einen
Umsatzeinbruch von 40% respektive 67%. Nur einzelne Segmente wie die Parahotellerie oder
Take-aways konnten profitieren. Während das Ende der Durststrecke für die Gastronomie
absehbar ist, könnte sich der Tourismus in diverse Richtungen entwickeln.

Geldpolitik                                                                                               20
Opportunistische Devisenverkäufe
Gemäss unseren Schätzungen hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in geringem Umfang
Fremdwährungsreserven verkauft. Diese Verkäufe stellen keine eigentliche geldpolitische
Straffung dar. Fremdwährungskäufe sind unseres Erachtens weiterhin wahrscheinlich, falls der
Aufwärtsdruck auf den CHF wieder steigen sollte.

Geldpolitik I Monitor                                                                                     21

Immobilien | Monitor                                                                                      22

Credit Suisse Vorlaufindikatoren                                                                          23

Prognosen und Indikatoren                                                                                 25

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Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Swiss Economics | 2.Q 2021   5
Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Konjunktur Schweiz

Schweizer Wirtschaft im
Erholungsboom
                                        Im Zuge der abflauenden Pandemie erholt sich die hiesige Wirtschaft rasant. Wir
                                        erwarten für 2021 ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 3.5%. Der
                                        Aufschwung wird aber an Dynamik verlieren, weshalb wir für 2022 von einer
                                        Abschwächung des BIP-Wachstums auf 2.0% ausgehen.

Geringerer                              Die Wirtschaftsleistung hat gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft SECO im 1. Quartal 2021 ge-
wirtschaftlicher                        genüber dem Vorquartal abgenommen, wenn auch angesichts der Stärke des Infektionsgesche-
Schaden der zweiten                     hens nur leicht (–0.5%). Letzteres hat mehrere Gründe: Erstens profitierte die Industrie direkt
Pandemiewelle                           oder indirekt von der frühen Erholung der Nachfrage aus Asien, und die Grenzen blieben für den
                                        Handel offen. Zweitens ging die Mobilität der Bevölkerung weniger stark zurück als im Frühjahr
                                        2020, und die Wirtschaftsleistung reagierte weniger stark auf den Mobilitätsrückgang – offenbar
                                        waren die Menschen geübter im Umgang mit dem Virus. Drittens waren die Einschränkungen we-
                                        niger einschneidend, und die Kinderbetreuung war sichergestellt.

Dynamische Erholung                     Mit der Wiedereröffnung weiter Teile der Wirtschaft hat die Erholung quasi automatisch eingesetzt
im 2. Halbjahr 2021                     (vgl. Abb. 1), zumal ein Grossteil der Haushalte auch in der zweiten Welle einen (zusätzlichen)
                                        Sparüberschuss anhäufte, der derzeit mehrheitlich wieder ausgegeben wird. Konkret gehen wir
                                        davon aus, dass sich der Privatkonsum mit gewissen Ausnahmen, wie etwa dem Eventbereich
                                        oder Teilen des Gastgewerbes, bis im Frühherbst wieder normalisieren wird. Derweil dauert der
                                        Erholungsboom in der Industrie an. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für die Industrie, der die
                                        Nachfrage in der Industrie widerspiegelt – liegt derzeit auf dem höchsten Stand seit Beginn der
                                        Erhebung im Jahr 1995. Insgesamt dürfte das BIP dieses Jahr um 3.5% zulegen und damit den
                                        Einbruch von 2020 (–2.6%) mehr als kompensieren.

Wachstumsdynamik                        Für 2022 rechnen wir indes mit einer Abschwächung der Wachstumsdynamik auf 2.0%. Die
dürfte sich 2022                        Nachholeffekte dürften zunehmend entfallen, zumal gemäss unseren Schätzungen rund 30% der
abschwächen                             Ersparnisse aus den zwei Lockdowns zu «Vorsichtsersparnissen» werden sollten (was einem An-
                                        stieg der Sparquote um beinahe 1 Prozentpunkt entspricht). Derweil wird sich die Nachfrage nach
                                        Gütern in den nächsten Monaten etwas abschwächen, wenn den Menschen weltweit dank der
                                        Öffnungen wieder andere Konsummöglichkeiten zugänglich werden. Bereits zeigt sich denn auch
                                        eine gewisse Skepsis der Unternehmen hinsichtlich der Dauer des Erholungsbooms: Trotz Knapp-
                                        heitserscheinungen in der Industrie stellen sie nämlich nur zurückhaltend neues Personal ein (vgl.
                                        Abb. 2).

Abb. 1: Im Zuge der Öffnung setzt die Erholung ein                                       Abb. 2: PMI auf Rekordstand – Beschäftigungskomponente nicht
Umsatz-Index, Wochendurchschnitte. 1. Oktober 2020 = 100                                 Wachstumsschwelle = 50

                                                                                           80
          Massnahmen     Detailhandel     Gastronomie       Unterhaltung, Sport
                                                                                                                   PMI Index      Subkomponente Beschäftigung

160                                                                                        70

140
                                                                                           60
120
100                                                                                        50

 80
                                                                                           40
 60
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 20
                                                                                           20
   0                                                                                         1995        1999       2003        2007     2011      2015         2019
       Okt.   Nov.     Dez.     Jan.      Feb.    Mär.       Apr.     Mai.        Jun.

Quelle: Monitoring Consumption Switzerland, Credit Suisse                                Quelle: procure.ch, Credit Suisse

                                                                                                                             Swiss Economics | 2.Q 2021                6
Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Konjunktur | Monitor

Inflation                                                         Inflation dürfte vorübergehend auf 1.0% steigen
                                                                  Inflation, in %

Die Teuerung in der Schweiz wird in den kommenden Mo-              2.0
                                                                                                                  Inflationsrate               Prognose
naten in Einklang mit der globalen Entwicklung steigen. Die        1.5
Inflationsrate dürfte hierzulande zum Jahresende rund 1.0%
                                                                   1.0
betragen – was aber immer noch deutlich tiefer wäre als in
                                                                   0.5
den meisten anderen Volkswirtschaften. Preiserhöhungen
dürften vor allem bei den Freizeitaktivitäten auftreten, und       0.0
zwar insbesondere bei Pauschalreisen. Aber auch die Preise        -0.5
für Hotels, Restaurants und Haushaltwaren werden wohl             -1.0
steigen. Für das Jahr 2021 erwarten wir eine durchschnittli-
                                                                  -1.5
che Inflationsrate von 0.5 % (bisher 0.3 %), auf die 2022
ein abermaliger allgemeiner Preisanstieg von 0.5% folgen          -2.0
                                                                      2010                  2012                  2014                    2016                2018             2020                 2022
sollte.

maxime.botteron@credit-suisse.com
                                                                  Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse (Prognose ab 2. Quartal 2021)

Beschäftigung                                                     Die Zahl der Taggeldbezüger im Zwischenverdienst steigt
                                                                  Anzahl registrierter Arbeitsloser bzw. Stellensuchender; letzter Datenpunkt: Mai 2021

Die Arbeitslosigkeit erreichte im Januar 2021 ihren höchs-        350’000                                                                                                                           80’000
                                                                                          Nicht-arbeitslose Stellensuchende
ten Stand seit der Finanzkrise von 2009. Seitdem ist sie          300’000                 Arbeitslose                                                                                               70’000
                                                                                          Stellensuchende im Zwischenverdienst (rechte Achse)
rückläufig, was zum Teil auf saisonale Faktoren zurückzu-         250’000                                                                                                                           60’000
führen ist. Kaum zurückgebildet hat sich indes die Zahl nicht
arbeitsloser Stellensuchender, d.h. von Personen, die zwar        200’000                                                                                                                           50’000

auf der Suche nach einer Stelle, aber nicht sofort vermittel-     150’000                                                                                                                           40’000
bar sind. Insbesondere die Zahl der Personen im Zwischen-         100’000                                                                                                                           30’000
verdienst ist seit Anfang Jahr Monat für Monat angestiegen.
Als Zwischenverdienst gelten Tätigkeiten, die Bezüger von          50’000                                                                                                                           20’000

Arbeitslosengeldern annehmen, um ihre finanzielle Situation                0                                                                                                                        10’000
aufzubessern, obwohl der Lohn unter ihrem Taggeld liegt.
                                                                                            Apr 2019

                                                                                                       Jul 2019

                                                                                                                                            Apr 2020

                                                                                                                                                        Jul 2020

                                                                                                                                                                                         Apr 2021
                                                                                                                   Okt 2019

                                                                                                                                                                   Okt 2020
                                                                               Jan 2019

                                                                                                                               Jan 2020

                                                                                                                                                                              Jan 2021

Ein Beispiel für solche Zwischenverdienste sind Aushilfsjobs
in Corona-Impfzentren.
emilie.gachet@credit-suisse.com                                   Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Credit Suisse

Zuwanderung                                                       Schweizer bleiben in Krisenzeiten eher der Heimat treu
                                                                  Migrationssaldo der ständigen schweizerischen Wohnbevölkerung in Anzahl Personen

Im vergangenen Jahr war die Migrationsbilanz der Wohnbe-
völkerung mit Schweizer Nationalität mit einem Saldo von            -500
–218 Personen beinahe ausgeglichen. Dieses Ergebnis ist           -1500
angesichts der besonderen Situation infolge der Coronakrise
                                                                  -2500
und der damit verbundenen Einschränkungen und Unsicher-
                                                                  -3500
heiten nicht überraschend. Analog zur Entwicklung bei den
Ausländern gingen die Wegzüge von Schweizer Bürgern zu-           -4500

rück, während mehr Schweizer in die Heimat zurückkehrten.         -5500
Die Migrationsbilanz der Schweizer ist traditionell negativ, es   -6500
lässt sich jedoch beobachten, dass die Auswanderungslust          -7500
bei schlechter Konjunktur tendenziell abnimmt.
                                                                  -8500
                                                                                2011           2012          2013 2014                    2015         2016 2017              2018       2019 2020

sara.carnazzi@credit-suisse.com                                   Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

                                                                                                                              Swiss Economics | 2.Q 2021                                                   7
Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Branchen | Monitor

Pharmazeutische Industrie                                      Pharmaexporte legen im 1. Quartal 2021 wieder zu
                                                               Entwicklung der Pharmaexporte ggü. Vorkrisenniveau (gleiches Quartal im Jahr
                                                               2019), nach Ländern, saisonbereinigt, und Anteil an Gesamt-Pharmaexporten

Im 1. Quartal 2021 haben die Pharmaexporte im Vergleich
                                                                  1.Q 2020          2.Q 2020      3.Q 2020     4.Q 2020        1.Q 2021      Gewicht
zu ihrem Vorkrisenniveau um über 10% zugelegt. Dies ist         50%
insbesondere auf die Exportmärkte USA und China zurück-
zuführen. In Deutschland und Italien geht die Erholung nur      40%

schleppend voran. Dafür zeigen jüngst weitere europäische       30%
Märkte wie Spanien oder Frankreich Zeichen einer positiven
                                                                20%
Entwicklung. Dank der raschen Impffortschritte dürften die
Hospitalisierungen von COVID-19-Patienten weiter abneh-         10%
men, während sich der Spitalbetrieb wieder normalisiert.         0%
Dies sollte die Nachfrage nach Schweizer Pharmaexporten
auch in den nächsten Monaten stützen.                          -10%
                                                                            100%         50%            25%           15%          5%            5%
                                                               -20%
                                                                            Total       Andere          USA      Deutschland      Italien       China
tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com                           Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse

Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM)                Erholung der MEM-Exporte schreitet voran
                                                               MEM-Exporte nach Land, saisonbereinigt, indexiert (Dez. 2019 = 100)

Die Exporte der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie
                                                                       Deutschland             Frankreich        Italien        China          USA
(MEM) in die wichtigsten Abnehmerländer haben sich seit
                                                               140
Jahresbeginn 2021 solide entwickelt. Im März erreichten die
                                                               130
MEM-Exporte das höchste Niveau seit Mai 2019. Dies ist
auf die starke globale Güternachfrage zurückzuführen.          120

Obschon zurzeit einige Lieferengpässe in den internationalen   110
Wertschöpfungsketten bestehen, dürfte sich der Auf-            100
schwung der globalen Produktion fortsetzen. Folglich wird       90
auch die Erholung der MEM-Industrie anhalten.
                                                                80

                                                                70

                                                                60
                                                                Dez. 2019      März 2020        Juni 2020      Sep. 2020       Dez. 2020      März 2021

tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com                           Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse

Uhrenindustrie                                                 Wachstum der Uhrenexporte nach China und in die USA
                                                               Uhrenexporte, Veränderung ggü. Vorkrisenniveau (gleiches Quartal im Jahr 2019),
                                                               nach Ländern, saisonbereinigt

Nach einem durchweg schwierigen Jahr 2020 haben die                          1.Q 2020       2.Q 2020         3.Q 2020       4.Q 2020        1.Q 2021
Uhrenexporte im 1. Quartal 2021 beinahe wieder ihr Vorkri-      80%
senniveau aus dem Jahr 2019 erreicht. In China scheint ein      60%
gewisser Nachholkonsum stattgefunden zu haben, die Uh-          40%
renexporte dorthin nahmen stark zu. In den USA dürften
                                                                20%
derweil die Unterstützungszahlungen der Regierung an die
Haushalte auch die Uhrennachfrage erhöht haben. Wir er-          0%

warten, dass die schrittweise Lockerung der Restriktionen in   -20%
der Europäischen Union (EU) die Konsumentenstimmung            -40%
heben und somit auch zu einer Erholung der Uhrenexporte in
                                                               -60%
die EU beitragen sollte.
                                                               -80%
                                                                             China         Hongkong           Japan            USA            Andere

tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com                           Quelle: Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse

                                                                                                    Swiss Economics | 2.Q 2021                          8
Schweizer Wirtschaft: Wo es floriert und hapert - Credit Suisse
Branchen | Monitor

Detailhandel                                                      Leichter Preisrückgang während der Corona-Pandemie
                                                                  Saisonbereinigte Detailhandelsumsätze und Preise im Detailhandel

Neben der vorübergehenden Schliessung sind «Rabatt-               14%                                                                                   14%

schlachten» ein weiteres – in den Medien oft diskutiertes –       12%                                                                                   12%

Thema, das dem Non-Food-Handel während der Corona-                10%                                                                                   10%

Pandemie zusetzt. Der Landesindex der Konsumentenpreise            8%                                                                                   8%

zeigt, dass die Preise für Detailhandelsgüter 2020 und zu          6%                                                                                   6%

Beginn 2021 in der Tat leicht rückläufig waren. Dies war           4%                                                                                   4%

hauptsächlich auf die Preisentwicklung im Non-Food-Sektor          2%                                                                                   2%

zurückzuführen. In einigen Segmenten wie zum Beispiel              0%                                                                                   0%

Freizeit oder Do-it-yourself/Garten/Autozubehör dürften sich      -2%                                                                                   -2%

in den kommenden Monaten aber die globalen Liefereng-
                                                                  -4%
pässe bemerkbar machen und zu höheren Preisen führen.
                                                                                                                                                        -4%

                                                                     1Q.2014 1Q.2015 1Q.2016 1Q.2017 1Q.2018 1Q.2019 1Q.2020
                                                                               Preise              Nominale Umsätze               Reale Umsätze
tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com                              Quelle: GfK, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Tourismus                                                         Städtetourismus leidet weiter unter Corona-Pandemie
                                                                  Veränderung Logiernächte im 1. Quartal 2021 ggü. Vorkrisenniveau (1. Quartal
                                                                  2019), nach Tourismusregion

Im 1. Quartal 2021 hat sich die gleiche Entwicklung abge-                                Genf      -77%
                                                                               Zürich Region         -74%
zeichnet wie bereits im Jahr 2020: In städtischen Touris-                       Basel Region           -70%
musregionen blieben sowohl inländische als auch ausländi-                        Bern Region              -64%
sche Gäste weitgehend aus. In Schweizer Ferienregionen                                 Waadt                 -56%
                                                                             Fribourg Region                  -54%
fiel der Rückgang dank der Inlandtouristen nicht ganz so                      Aargau Region                      -48%
stark aus. Aufgrund der vielen Schweizer Gäste konnte das                                Total                     -45%
                                                                     Jura & Drei-Seen-Land                         -44%
Tessin sein Vorkrisenniveau sogar halten. Auch in den             Luzern / Vierwaldstättersee                       -42%
nächsten Monaten wird der Inlandtourismus die Schweizer                      Berner Oberland                          -37%
Ferienregionen gegenüber den Städten begünstigen. Flug-                                 Wallis                          -34%
                                                                                  Ostschweiz                            -34%
reisen werden wohl weiterhin erschwert bleiben. Das grenz-                       Graubünden                                 -24%
nahe Ausland dürfte aber für einige Schweizer im Hinblick                              Tessin                                                 0%
auf die Sommerferien eine Alternative darstellen.                                            -80%        -60%      -40%        -20%        0%          20%
tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com                              Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Informationstechnologie (IT)                                      Stimmung in der IT-Branche wieder auf Vorkrisenniveau
                                                                  Geschäftslage; Anteil der befragten IT-Dienstleister, Saldi in Prozentpunkten; Quar-
                                                                  talswerte

Die Stimmung der IT-Dienstleister hat sich gegen Ende des         80          Erbringung von IT-Dienstleistungen          Langfristiger Durchschnitt
1. Quartals 2021 deutlich aufgehellt und ist über den lang-       70
fristigen Durchschnitt geklettert. Aktuell liegt der Saldo zwi-
                                                                  60
schen Unternehmen, die ihre Geschäftslage als positiv beur-
teilen, und denjenigen, die sie als negativ beurteilen, bei       50
50.6% (vorheriges Quartal: 15.5%). Damit reflektiert die          40
Lage in der IT-Branche die Erholung der weiteren Dienst-
                                                                  30
leistungsbranchen sowie die schon fast euphorische Stim-
mung in der Industrie (vgl. PMI Seite 23). Auch in den            20
nächsten Monaten dürfte die Nachfrage nach IT-Dienstleis-         10
tungen hoch bleiben, was sich weiterhin positiv auf deren
                                                                   0
Entwicklung auswirken dürfte.                                       2009          2011           2013       2015        2017          2019         2021

tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com                              Quelle: Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), Credit Suisse

                                                                                                        Swiss Economics | 2.Q 2021                            9
Swiss Economics | 2.Q 2021   10
Fokus

Prognose Gastgewerbe: Was
hat uns letztes Jahr gelehrt?
                                                             Im Pandemiejahr 2020 verzeichneten die Gastronomie und die Tourismusbranche einen
                                                             Umsatzeinbruch von 40% respektive 67%. Nur einzelne Segmente wie die
                                                             Parahotellerie oder Take-aways konnten profitieren. Während das Ende der
                                                             Durststrecke für die Gastronomie absehbar ist, könnte sich der Tourismus in diverse
                                                             Richtungen entwickeln.

Bundesrat                                                    Das Gastgewerbe atmet auf: Am 26. Mai 2021 beschloss der Bundesrat eine weitere Lockerung
beschliesst                                                  der Massnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Restaurants und Bars dürfen Gäste
Lockerungen für das                                          nun auch wieder im Innern empfangen. Ausserdem lassen die Impffortschritte Hotelbetreiber da-
Gastgewerbe                                                  rauf hoffen, dass die ausländischen Touristen bald in die Schweiz zurückkehren werden. Erhöhen
                                                             diese Faktoren die Chancen einer raschen Erholung des Gastgewerbes? Oder müssen wir gar mit
                                                             langfristigen Folgeschäden rechnen? Im Folgenden versuchen wir, diese Fragen zu beantworten,
                                                             und treffen eine Prognose für die Entwicklung des Gastgewerbes in den kommenden Monaten. In
                                                             einem ersten Schritt analysieren wir dafür die Entwicklungen, welchen die Branche im Pandemie-
                                                             jahr 2020 ausgesetzt war.

Übernachtungen in                                            Der Begriff «Gastgewerbe» umfasst sowohl die Gastronomie als auch den Tourismus1, die im Pan-
Schweizer Hotels                                             demiejahr 2020 beide herbe Verluste hinnehmen mussten. In der Gastronomie – also Restau-
brechen 2020 um                                              rants, Bars und dergleichen – schätzen wir anhand von Debit- und Kreditkartentransaktionen,
35% ein                                                      dass die Umsätze im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um insgesamt rund 40% eingebrochen
                                                             sind. Derweil nahmen die gebuchten Übernachtungen in der Tourismusbranche gemäss Bundes-
                                                             amt für Statistik um 35% ab. Folglich war der Einbruch zumindest etwas weniger ausgeprägt als
                                                             z.B. in der Europäischen Union (–40%), was wohl den weniger stringenten Massnahmen während
                                                             der zweiten Coronawelle im Spätherbst und Winter zu verdanken ist (vgl. Abb. 1). Dank Kurzarbeit
                                                             wurden zudem die Beschäftigten der Tourismusbranche nicht ganz so stark in Mitleidenschaft ge-
                                                             zogen wie etwa in den USA. Mittlerweile hat sich die Situation dort zwar wieder etwas beruhigt, im
                                                             April 2020 betrug die Arbeitslosigkeit zwischenzeitlich aber 40% (vgl. Abb. 2). Obwohl die Zahlen
                                                             nicht eins zu eins mit jenen in der Schweiz vergleichbar sind, zeigen die im Mai 2020 rund 10%
                                                             registrierten Arbeitslosen in Tourismus und Gastronomie, wie wichtig die Unterstützungsmassnah-
                                                             men des Bundes während der Coronakrise waren (vgl. Box Arbeitsmarkt, folgende Seite).

Abb. 1: EU mit 40% und Schweiz mit 35% weniger Übernachtungen                                                                                  Abb. 2: US-Tourismus: Fast 50% der Angestellten verloren ihren Job
Veränderung Anzahl Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben gegenüber ent-                                                                     USA: Anzahl Beschäftigte in Mio. und Arbeitslosigkeit in % im Sektor Freizeit und
sprechendem Monat im Jahr 2019, Europäische Union (EU) und Schweiz                                                                             Gastgewerbe

  40%                                   EU                                                Schweiz                                                       Beschäftigte in Mio. (linke Achse)   Arbeitslosenquote (rechte Achse)
                                                                                                                                               20                                                                               45%
  20%
                                                                                                                                                                                                                                40%
                                                                                                                                               18
   0%
                                                                                                                                                                                                                                35%
                                                                                                                                               16
 -20%                                                                                                                                                                                                                           30%
                                                                                                                                               14                                                                               25%
 -40%
                                                                                                                                               12                                                                               20%
 -60%
                                                                                                                                                                                                                                15%
                                                                                                                                               10
 -80%                                                                                                                                                                                                                           10%
                                                                                                                                                8
-100%                                                                                                                                                                                                                           5%
          Jan. 20

                    Feb. 20

                              März 20

                                                   Mai 20

                                                                                Aug. 20
                                        April 20

                                                            Juni 20

                                                                      Juli 20

                                                                                            Sept. 20

                                                                                                       Okt. 20

                                                                                                                 Nov. 20

                                                                                                                           Dez. 20

                                                                                                                                     Jan. 21

                                                                                                                                                6                                                       0%
                                                                                                                                                 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021

Quelle: Statistisches Amt der Europäischen Union (ESTAT), Bundesamt für Statistik,                                                             Quelle: U.S. Bureau of Labor Statistics, Credit Suisse
Credit Suisse                                                                                                                                  Letzter Datenpunkt: April 2021

                                                             1
                                                              Wir beziehen uns mit dem Begriff «Tourismus» auf die Beherbergungsbranche, das heisst auf die Hotellerie und Parahotellerie. Auf weitere Bereiche des
                                                             Tourismus (z.B. Flugbranche oder Reiseanbieter) gehen wir in dieser Analyse nicht ein.

                                                                                                                                                                                  Swiss Economics | 2.Q 2021                       11
Starker Einbruch am Arbeitsmarkt 2020, Lage 2021 bisher ebenfalls angespannt

                                         Der Schweizer Arbeitsmarkt hat sich in der Coronakrise als widerstandsfähiger erwiesen als ur-
                                         sprünglich befürchtet. Ende März 2021 lag die vollzeitäquivalente Beschäftigung hierzulande ins-
                                         gesamt «nur» um 1.0% unter ihrem Niveau von Ende 2019. Diese eher positive Entwicklung
                                         verdeckt allerdings die äusserst schwierige Lage in einzelnen Branchen, allen voran im Gastge-
                                         werbe. Letztes Jahr gingen in diesem Sektor über 26’600 Vollzeitstellen verloren, und im
                                         1. Quartal 2021 wurden weitere 6300 abgebaut. Seit Ende 2019 beläuft sich der Beschäfti-
                                         gungsrückgang in der Branche damit auf knapp 17%. Am stärksten betroffen war die Gastrono-
                                         mie mit einem Minus von über 19% (vgl. Abb. 3). Hier war im ersten Lockdown eine praktische
                                         Verdoppelung der Arbeitslosigkeit in nur zweieinhalb Monaten zu verzeichnen: Ende Mai 2020
                                         waren knapp 18’700 Personen, die zuvor im Gastgewerbe tätig waren, bei einem regionalen Ar-
                                         beitsvermittlungszentrum als arbeitslos registriert – 9000 mehr als im Februar. Nach einer zwi-
                                         schenzeitlichen Entspannung im Sommer 2020 kletterte die Arbeitslosigkeit im Zuge des zwei-
                                         ten Lockdowns wieder nach oben, Anfang 2021 lag sie sogar leicht über dem Niveau vom Früh-
                                         ling 2020.

                                         Gemessen am Arbeitsvolumen war der Einbruch im Gastgewerbe noch dramatischer: 2020 wur-
                                         den in der Beherbergung und der Gastronomie insgesamt 29% weniger Arbeitsstunden geleistet
                                         als ein Jahr zuvor. Das Instrument der Kurzarbeit erwies sich somit in der Krise als wesentliche
                                         Stütze für die Branche. Rund ein Fünftel der seit Beginn der Pandemie ausbezahlten Kurzar-
                                         beitsentschädigungen in Höhe von über CHF 13 Mrd. ging an das Gastgewerbe, 14% alleine
                                         an Gastronomiebetriebe. Im bisherigen Jahresverlauf 2021 macht der Anteil des Gastgewerbes
                                         an den gesamten Kurzarbeitsentschädigungen sogar rund ein Drittel aus.

                                         Angesichts der Fortschritte der Impfkampagne und der jüngsten Lockerungen hellen sich die
                                         Aussichten für das Gastgewerbe etwas auf. Was dies mittelfristig für die Branchenbeschäftigung
                                         bedeutet, ist noch schwer abzuschätzen und wird primär davon abhängen, welches Szenario in
                                         der Erholungsphase eintreten wird (vgl. unten). Es dürfte jedoch kaum mit einem kräftigen Be-
                                         schäftigungswachstum in den kommenden Monaten zu rechnen sein. Denn in einer ersten
                                         Phase dürften zuerst Mitarbeitende aus der Kurzarbeit zurückgeholt werden, die in der Statistik
                                         weiterhin als beschäftigt gelten. Unseren Schätzungen zufolge befand sich im März 2021 noch
                                         rund die Hälfte der Branchenbeschäftigten in Kurzarbeit (vgl. Abb. 4), mit durchschnittlich
                                         110 Ausfallstunden pro betroffenem Arbeitnehmenden.

Städtische Regionen                     Nicht alle Bereiche der Tourismusbranche wurden 2020 gleich stark durch den Ausbruch des
leiden am stärksten                     Coronavirus beeinträchtigt. Eine Analyse nach Tourismusregionen zeigt, dass vor allem städtische
unter Coronakrise                       Regionen wie Genf, Zürich oder Basel stark unter der COVID-19-Krise gelitten haben (vgl.
                                        Abb. 5). Sowohl der Rückgang der inländischen als auch ausländischen Touristen war in diesen
                                        Tourismusregionen im Vergleich zum Vorjahr am deutlichsten (vgl. Abb. 6, folgende Seite). Dies
                                        dürfte einerseits dem Wegfall vieler Geschäftsreisenden zuzuschreiben sein. Andererseits veran-
                                        lassten Schutzmassnahmen wie die temporäre Schliessung kultureller Betriebe und vielleicht auch
                                        eine gewisse Vorsicht sowohl in- als auch ausländische Freizeittouristen grösstenteils dazu, im
                                        Jahr 2020 von Städtetrips abzusehen.

Abb. 3: Gastronomie ist die Branche mit den grössten Jobverlusten                     Abb. 4: Kurzarbeit im Gastgewerbe noch stark beansprucht
Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten, Index 4. Quartal 2019 = 100                    Schätzung Anteil Arbeitnehmende in Kurzarbeit an der Beschäftigung (gestrichelte
                                                                                      Linie: provisorische Werte, Abrechnungen können noch eingereicht werden)

105                                                                                   80%
              Total       Gastgewerbe            Beherbergung         Gastronomie                                                                                                     Beherbergung                               Gastronomie
                                                                                      70%
100
                                                                                      60%

                                                                                      50%
 95
                                                                                      40%

                                                                                      30%
 90
                                                                                      20%

                                                                                      10%
 85
                                                                                        0%
                                                                                             Jan 2020

                                                                                                        Feb 2020

                                                                                                                   Mär 2020

                                                                                                                              Apr 2020

                                                                                                                                         Mai 2020

                                                                                                                                                    Jun 2020

                                                                                                                                                               Jul 2020

                                                                                                                                                                          Aug 2020

                                                                                                                                                                                     Sep 2020

                                                                                                                                                                                                Okt 2020

                                                                                                                                                                                                                                  Jan 2021
                                                                                                                                                                                                           Nov 2020

                                                                                                                                                                                                                                             Feb 2021

                                                                                                                                                                                                                                                        Mär 2021
                                                                                                                                                                                                                      Dez 2020

 80
        4.Q 2019      1.Q 2020    2.Q 2020       3.Q 2020       4.Q 2020   1.Q 2021
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse                                        Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

                                                                                                                                                           Swiss Economics | 2.Q 2021                                                                              12
Demgegenüber illustriert Abbildung 6, dass Schweizer Touristen die typischen heimischen Ferien-
                                         regionen wie das Berner Oberland, Graubünden oder das Tessin in grosser Zahl besuchten. Diese
                                         Tourismusregionen konnten allesamt mehr Inlandtouristen als im Vorjahr verbuchen.

Ausländische Gäste                       Die Tourismusströme unterschieden sich nicht nur hinsichtlich der Regionen und der Herkunft,
sind wichtig für Vier-                   sondern auch hinsichtlich der Beherbergungsform2. Betrachtet man ausschliesslich die Hotellerie,
und Fünfsternehotels                     zeigt sich, dass die Übernachtungen im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um über 40% und da-
                                         mit im Vergleich zur gesamten Tourismusbranche überdurchschnittlich stark eingebrochen sind.
                                         Innerhalb der Hotellerie ist der Rückgang der Übernachtungen in Dreisternehotels mit 36% gerin-
                                         ger als in Ein- und Zweisternehotels (–48%), in Viersternehotels (–44%) und Fünfsternehotels
                                         (–47%) (vgl. Abb. 7). Dies widerspiegelt die Popularität von Dreisternehotels unter den Inlandtou-
                                         risten (vgl. Abb. 8). Andererseits scheint der Wegfall der internationalen Touristen für Vier- und
                                         Fünfsternehotels, bei welchen internationale Gäste einen höheren Anteil stellen, besonders ein-
                                         schneidend gewesen zu sein. Da amerikanische und asiatische Gäste in der Schweiz traditionell
                                         am luxuriösesten logieren – sie haben in den Vier- und Fünfsternekategorien einen überproportio-
                                         nalen Stellenwert und stellen über 40% der Gäste in diesen Hotels dar –, war diese Hotelkatego-
                                         rie von der eingeschränkten Flugreisetätigkeit besonders stark betroffen.

Einnahmen sinken                         Angesichts dieser Verschiebung von höheren zu niedrigeren Preissegmenten erstaunt es nicht,
stärker als                              dass bei Betrachtung aller Beherbergungsformen die Einnahmen aus Übernachtungen (–67%)
Übernachtungen                           stärker zurückgingen als die Übernachtungen selbst (–35%). Die reine Betrachtung Letzterer un-
                                         terschätzt somit den wirtschaftlichen Verlust. Eine Auswertung der Umsätze nach Sterneklasse
                                         lässt indes vermuten, dass Luxushotels im Krisenjahr wohl fähig waren, einen Teil der entgange-
                                         nen Übernachtungen durch höhere Preise wettzumachen (vgl. Abb. 7). Die Einnahmeeinbussen
                                         von Fünfsternehotels waren im Vergleich zu den anderen Klassen nämlich etwas geringer. Das
                                         Gegenteil gilt für Dreisternebetriebe: Diese Hotelklasse verzeichnete trotz eines relativ geringen
                                         Rückgangs der Übernachtungen hohe Einnahmeeinbussen. Wahrscheinlich ist dies auf gewährte
                                         Rabatte und Sonderaktionen zurückzuführen, die mehr Gäste anlocken sollten.

Abb. 5: Einbruch der Übernachtungen in Städten ausgeprägter                                        Abb. 6: Inlandtouristen strömten 2020 in heimische Ferienregionen
Veränderung Anzahl Logiernächte 2020 ggü. 2019, alle Beherbergungsstätten                          Veränderung Anzahl Logiernächte 2020 ggü. 2019, alle Beherbergungsstätten, nach
                                                                                                   Herkunft der Touristen
                       Total                         -35%                                                                                 Ausländische Touristen      Schweizer Touristen
               Graubünden                                                    -4%                                           Total
                     Tessin                                           -11%                                     Berner Oberland
   Jura & Drei-Seen-Land                                             -12%                                          Graubünden
                Ostschweiz                                       -19%                                                    Tessin
                                                                                                                          Wallis
                      Wallis                                    -20%
                                                                                                       Jura & Drei-Seen-Land
           Fribourg Region                             -30%                                         Luzern / Vierwaldstättersee
           Berner Oberland                           -33%                                                           Ostschweiz
            Aargau Region                        -40%                                                          Fribourg Region
Luzern / Vierwaldstättersee                      -41%                                                                    Waadt
                     Waadt                      -42%                                                               Bern Region
               Bern Region                   -47%                                                               Aargau Region
              Basel Region          -59%                                                                                   Genf
             Zürich Region       -64%                                                                             Basel Region
                       Genf    -67%                                                                              Zürich Region

                           -80%        -60%           -40%          -20%            0%                                          -80%       -60%       -40%    -20%        0%        20%      40%

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse                                                     Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
Abb. 7: Umsatzeinbussen der Luxushotels vergleichsweise gering                                     Abb. 8: Amerikaner und Asiaten logieren am luxuriösesten
Veränderung Einnahmen und Übernachtungen in der Hotellerie, 2020 ggü. 2019                         Logiernächte in der Hotellerie nach Sternekategorie und Herkunftsländern, 2019
                           Einnahmen                   Übernachtungen
                                                                                                                      1 und 2 Sterne       3 Sterne      4 Sterne        5 Sterne     k.A.
            -72%
 1 Stern                                                                                                 Schweiz 5%
                       -60%                                                                                                        33%                  27%         6%          30%

              -70%                                                                                  Total Ausland     6%        27%                    33%           11%            23%
3 Sterne
                                             -36%
                                                                                                          Europa      7%           29%                 29%           8%         28%
              -69%
4 Sterne                                                                                                    Asien 4%          25%                      40%                13%        18%
                                    -44%

               -68%                                                                                      Amerika      6%      23%                     38%                 18%         15%
2 Sterne
                                       -42%
                                                                                                        Ozeanien       9%           29%                  34%              10%        18%
                   -64%
5 Sterne                                                                                                    Afrika     9%          27%                 28%           13%            24%
                                  -47%

       -80%      -70%      -60%   -50%       -40%      -30%      -20%      -10%       0%                             0%         20%            40%            60%           80%            100%

Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse                                                     Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

                                         2
                                           Die betrachteten Beherbergungsformen sind die Hotellerie, die Hotels umfasst, und die Parahotellerie, zu der Camping, Kurstätten und Gruppenunterkünfte
                                         zählen.

                                                                                                                                          Swiss Economics | 2.Q 2021                          13
Stärkere Nachfrage     Ähnliches gilt für die Parahotellerie, die autarke Beherbergungsformen wie Camping und Grup-
nach Parahotellerie    penunterkünfte sowie Kurbetriebe umfasst. Auch hier scheinen Rabatte oder eine Verschiebung
während der            ins tiefere Preissegment eine Rolle gespielt zu haben. Denn während die Einnahmen um 39%
Coronakrise            eingebrochen sind, legten die Logiernächte um 5% zu. Die stärkere Nachfrage nach diesen Tou-
                       rismusarten lässt sich einerseits damit erklären, dass die Verpflegung in autarken Beherbergungs-
                       formen angesichts der Beschränkungen im Gastronomiebereich einfacher war, und andererseits
                       damit, dass sie trotz Eindämmungsmassnahmen einen Urlaub in Gruppen ermöglichten. Abermals
                       profitierten insbesondere Betriebe in Ferienregionen, während der städtische Tourismus auch bei
                       autarken Beherbergungsformen insgesamt einen Rückgang hinnehmen musste (vgl. Abb. 9). Be-
                       trachtet man jedoch nur die Inlandtouristen, wird die erhöhte Popularität der Parahotellerie in den
                       Ferienregionen zwar noch offensichtlicher, der Stadt-Land-Unterschied ist aber nicht mehr ganz
                       so eindeutig. Genf und die Region Bern beispielsweise verzeichneten 2020 einen Zuwachs an
                       Übernachtungen in autarken Beherbergungsformen. Es scheint, als hätten Inlandtouristen, so sie
                       überhaupt zu Städtetrips aufbrachen, in autarken Beherbergungsformen logiert.

                       Abb. 9: Parahotellerie legt insgesamt um 5% zu, Entwicklung unterscheidet sich aber stark nach Region
                       Logiernächte in der Parahotellerie nach Tourismusregion, Veränderung 2020 ggü. 2019

                                                  Genf          -57%
                                                                                                             20%
                                                                             -25%                                              Total Gäste
                                        Basel Region                          -24%
                                        Zürich Region                          -22%                                            Schweizer Gäste
                                                                                       -5%
                                      Aargau Region                            -22%
                                                                                   -13%
                                         Bern Region                               -12%
                                                                                                        9%
                                    Berner Oberland                                   -10%
                                                                                                                         52%
                                                 Waadt                                   -5%
                                                                                                     6%
                       Luzern / Vierwaldstättersee                                           -1%
                                                                                                                24%
                                           Ostschweiz                                              2%
                                                                                                          13%
                                                 Tessin                                             5%
                                                                                                             19%
                                                 Wallis                                                                  50%
                                     Fribourg Region                                                          23%
                                                                                                                    35%
                            Jura & Drei-Seen-Land                                                                  31%
                                                                                                                       43%
                                          Graubünden                                                                         56%
                                                                                                                                         86%

                                                        -80%      -60%    -40%     -20%        0%        20%       40%   60%       80%       100%
                       Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

Getroffene             Auch in der Gastronomie zeigten sich regionale Unterschiede. Anhand der Umsätze nach Gross-
Massnahmen zeigen      räumen lässt sich beispielsweise analysieren, wie sich die behördlich angeordneten Schliessungen
sich sofort in         von Restaurants und Bars auswirkten. Anfang November 2020 beschlossen die Regierungen der
Gastronomie-           Kantone Genf, Waadt und Wallis einen Teil-Lockdown, in dem Restaurants und Bars ihren Betrieb
umsätzen               vorübergehend einstellen mussten. Der Umsatzverlust im November 2020 fiel in der Genfer-
                       seeregion entsprechend markant aus (vgl. Abb. 10).

Umsatzrückgang in      Über das ganze Jahr 2020 hinweg litt die Gastronomiebranche in den städtischen Regionen
der Gastronomie        Genfersee und Zürich überproportional stark. Die Umsätze in der Nordwestschweiz und im Espace
ist in Städten         Mittelland entwickelten sich derweil mehr oder weniger in Einklang mit dem Schweizer Durch-
ausgeprägter           schnitt, während die Zentralschweiz, das Tessin und die Ostschweiz vergleichsweise weniger ge-
                       troffen wurden (vgl. Abb. 11). Eine mögliche Erklärung dafür ist die Bedeutung der Ausgangs-
                       szene für die Gastronomiebetriebe, die in Regionen mit grossen Städten mehr Gewicht haben
                       dürfte. Die Schliessung der Clubs sowie die Sperrstunden werden sich in den Regionen Genfer-
                       see und Zürich daher stärker bemerkbar gemacht haben. Auch die Tourismusströme dürften ihren
                       Teil beigetragen haben. In einigen Kantonen der Zentral- oder Ostschweiz sowie auch im Tessin
                       wurde die lokale Gastronomie durch Schweizer Touristen gestützt.

Konkurse haben trotz   Bei derart hohen Umsatzeinbussen stellt sich die Frage, ob die Pandemie zu einer Konkurswelle
Coronakrise noch       und damit zu schwerwiegenden Folgeschäden im Gastgewerbe führen wird. Abbildung 12 zeigt,
nicht zugenommen       dass dies bis anhin nicht der Fall war. Im Gegenteil: In der Gastronomie werden seit Anfang 2020
                       weniger Konkurse beobachtet als in den Vorjahren. Dies dürfte grösstenteils den staatlich verord-
                       neten Unterstützungsmassnahmen zu verdanken sein. Man denke dabei an die Ausweitung der
                       Betreibungsferien im ersten Lockdown 2020, als der Bundesrat für insgesamt über fünf Wochen
                       einen Stillstand des Betreibungswesens anordnete. Des Weiteren dürften auch die COVID-19-

                                                                                                         Swiss Economics | 2.Q 2021              14
Kredite, die Kurzarbeit, die Härtefallregelung und der Erwerbsersatz für Selbstständige wichtige
                                                                                                             Mittel zur Überlebenssicherung der Gastronomie (gewesen) sein. In der Tourismusbranche sind
                                                                                                             die Fallzahlen deutlich kleiner, aber auch hier ist bis jetzt kein Trend hin zu einer höheren Konkurs-
                                                                                                             rate erkennbar. Zudem laufen die Unterstützungsmassnahmen nicht sofort aus. Die für die Härte-
                                                                                                             fallhilfe relevanten Umsatzausfälle werden noch bis Ende Juni 2021 berücksichtigt, Erwerbser-
                                                                                                             satzzahlungen laufen noch bis Ende Jahr, und Kurzarbeit können Unternehmen noch bis Ende des
                                                                                                             1. Quartals 2022 nutzen. All dies stimmt uns optimistisch, dass die Nachfrage, die im Zuge der
                                                                                                             schrittweisen Rückkehr zur Normalität voraussichtlich rasch anziehen wird, gut bedient werden
                                                                                                             kann.

Auch Anzahl                                                                                                  Neben der Zahl der Konkurse im Gastgewerbe ist auch die Betrachtung der Neugründungen von
Neugründungen war                                                                                            Interesse. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob die Branche für Unternehmer langfristig an
bis jetzt stabil                                                                                             Attraktivität eingebüsst hat. Für eine Antwort analysieren wir die Neueintragungen ins Handelsre-
                                                                                                             gister seit Anfang 2018 (vgl. Abb. 13). Hier lässt sich keine eindeutige Tendenz hin zu weniger
                                                                                                             Neugründungen erkennen. Zwar sanken die Neugründungen in der Gastronomie während des
                                                                                                             ersten Lockdowns 2020, aber sie verharrten über dem Niveau von August 2019. Seit Mai 2020
                                                                                                             sind pro Monat durchschnittlich 198 Neugründungen erfolgt, was in etwa dem Mittelwert der letz-
                                                                                                             ten drei Jahre entspricht (194), die bezüglich Bevölkerungswachstum gut mit dem letzten Jahr
                                                                                                             vergleichbar sind. Auch im Tourismus lag die Zahl der Neugründungen nur während des ersten
                                                                                                             Lockdowns etwas unter dem langfristigen Durchschnitt.

Nachfrage nach Take-                                                                                         Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen sich das Gastgewerbe infolge der COVID-19-Pande-
aways ist stark                                                                                              mie konfrontiert sah, erstaunen diese relativ stabilen Gründungsraten und der Anstieg der Anzahl
angestiegen                                                                                                  Neueintragungen, der seit Beginn des Jahres 2021 in beiden Branchen verzeichnet wurde. Sie
                                                                                                             könnten auf Neueintragungen in Bereichen zurückzuführen sein, die dank des Coronavirus florie-
                                                                                                             ren. Take-aways waren beispielsweise so gefragt wie noch nie. Auf Google haben die Suchanfra-
                                                                                                             gen zu «Take-away» nach Verkündung des ersten und zweiten Lockdowns sprunghaft zugenom-
                                                                                                             men und halten sich seither auf einem im Vergleich zu den Vorjahren hohen Niveau (vgl. Abb. 14).
                                                                                                             Auch nach den Begriffen «Lieferservice» und «Lieferdienst» wurde insbesondere im ersten Lock-
                                                                                                             down deutlich öfter gesucht als zuvor. Unternehmen, die sich ausschliesslich dem Ausliefern von
                                                                                                             in Restaurants zubereiteten Gerichten widmen, zählen zwar selbst nicht zur Gastronomie, einige
                                                                                                             Gastronomieanbieter dürften aber die steigende Nachfrage nach Mahlzeiten, die zu Hause geges-
                                                                                                             sen werden, genutzt haben. Sogenannte «Ghost Kitchens» spezialisieren sich auf die Zubereitung
                                                                                                             von Gerichten, die sie dann ausliefern (lassen), sie verfügen jedoch über kein traditionelles Lokal
                                                                                                             mit Sitz- oder Stehplätzen zum Verzehr vor Ort.

Abb. 10: Gastronomie erlitt 2020 einen Umsatzeinbruch von 40%                                                                                                                                    Abb. 11: Gastronomie in den Grosszentren stärker belastet
Schätzung Gastronomieumsätze nach Grossregion, in CHF Mio.                                                                                                                                       Geschätzter Rückgang der Gastronomieumsätze 2020 ggü. 2019, nach Grossregion

450
400                                                                                                                                                                          Zentralschweiz       Genferseeregion        -49%

350
                                                                                                                                                                             Ostschweiz                     Zürich           -45%
300
250                                                                                                                                                                                              Nordwestschweiz                  -39%
                                                                                                                                                                             Espace Mittelland
200
150                                                                                                                                                                                              Espace Mittelland                   -37%
                                                                                                                                                                             Genferseeregion
100
                                                                                                                                                                                                    Zentralschweiz                       -33%
 50                                                                                                                                                                          Nordwestschweiz
   0                                                                                                                                                                                                       Tessin                        -33%
                   März 2019

                                          Juli 2019
                                                      Sep. 2019
                                                                  Nov. 2019

                                                                                          März 2020

                                                                                                                 Juli 2020
                                                                                                                             Sep. 2020
                                                                                                                                         Nov. 2020

                                                                                                                                                                 März 2021
       Jan. 2019

                               Mai 2019

                                                                              Jan. 2020

                                                                                                      Mai 2020

                                                                                                                                                     Jan. 2021

                                                                                                                                                                             Tessin
                                                                                                                                                                                                       Ostschweiz                            -29%
                                                                                                                                                                             Zürich
                                                                                                                                                                                                                 -60%      -50%      -40%       -30%      -20%      -10%       0%
Quelle: Monitoring Consumption Switzerland, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse                                                                                                               Quelle: Monitoring Consumption Switzerland, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse

                                                                                                                                                                                                                                    Swiss Economics | 2.Q 2021                   15
Ghost Kitchens als                                                             In den USA erfreuen sich derartige Ghost Kitchens bereits grosser Beliebtheit. Das Modell scheint
Gastronomiemodell                                                              auch bei Investoren Anklang zu finden. Medienberichten zufolge haben sich 2020 gleich mehrere
der Zukunft?                                                                   Ghost Kitchens Kapital für mehrstellige Millionenbeträge beschafft. Wie viele von ihnen es in der
                                                                               Schweiz gibt, ist schwierig abzuschätzen. Angesichts der hohen Nachfrage nach extern zubereite-
                                                                               ter Verpflegung und der potenziellen Kosteneinsparungen, die das Geschäftsmodell Ghost Kitchen
                                                                               gegenüber traditionellen Restaurants ermöglicht, hat sich jedoch sicherlich der eine oder andere
                                                                               Gastronom diesem Modell zugewendet. Dieses Beispiel illustriert, dass die Coronakrise dem Gast-
                                                                               gewerbe durchaus auch Chancen eröffnet, sei es, um neue Geschäftsmodelle und Absatzkanäle
                                                                               auszuprobieren oder den Strukturwandel generell voranzutreiben.

Kapazitäten sind                                                               Die im Pandemiejahr 2020 beobachteten regionalen Unterschiede und Tendenzen geben uns be-
wichtig für                                                                    reits einen Anhaltspunkt zu den in den nächsten Monaten zu erwartenden Entwicklungen. Darüber
Gastronomie-                                                                   hinaus können wir anhand der Bewegungen der Umsatzzahlen die Auswirkungen der Verschärfun-
Umsätze                                                                        gen oder schrittweisen Lockerungen der COVID-19-Massnahmen auf die Gastronomie abschät-
                                                                               zen (vgl. Abb. 15). Nachdem die Umsätze im Sommer 2020 wieder auf ihr Vorkrisenniveau ge-
                                                                               klettert waren, hatten die Ende Oktober beschlossene Sperrstunde ab 23 Uhr sowie die Schlies-
                                                                               sung von Clubs und Tanzlokalen einen substanziell negativen Einfluss auf die Gastronomie: Inner-
                                                                               halb von nur zwei Wochen brachen die Einnahmen um 25% ein. Nach der Mitte April beschlosse-
                                                                               nen Öffnung der Terrassen erreichte die Branche an guten Tagen maximal zwei Drittel der Vorkri-
                                                                               seneinnahmen. Insgesamt betrug der Einbruch vom 19. April bis zum 23. Mai 2021 im Vergleich
                                                                               zur gleichen Zeitperiode 2019 beinahe 40%. Diese Aussage deckt sich auch mit den Bewegun-
                                                                               gen der Umsatzzahlen infolge der Öffnungsschritte nach dem ersten Lockdown 2020, als das
                                                                               Vorkrisenniveau erst mit der Rückkehr zur vollen Kapazität wieder erreicht werden konnte.

Erholung dürfte in                                                             Insofern erwarten wir auch dieses Mal keinen sofortigen Umsatzsprung zurück auf das Niveau von
Städten etwas länger                                                           vor der Krise oder des letzten Sommers. Bis auf Weiteres dürften die Beschränkungen der Anzahl
auf sich warten                                                                Gäste, die an einem Tisch erlaubt sind, sowie die infolge der Abstandsregeln tieferen Kapazitäten
lassen als im                                                                  eine vollständige Umsatzerholung noch hemmen. Auch die ausfallenden Umsätze von Clubs und
ländlichen Raum                                                                Tanzlokalen hinterlassen weiterhin eine Lücke – insbesondere in den städtischen Regionen. Ent-
                                                                               sprechend erwarten wir, dass die Erholung in Letzteren etwas langsamer Einzug halten wird als im
                                                                               ländlichen Raum. Im Gegensatz zu 2020 gibt es aber zwei Faktoren, die sich zugunsten der
                                                                               Schweizer Gastronomie entwickeln könnten: Erstens dürfte sich die Bevölkerung dank der Impf-
                                                                               fortschritte nun sicherer fühlen. Entsprechend ist mit weniger Zurückhaltung bei den Restaurant-
                                                                               und Barbesuchen zu rechnen. Zweitens könnten die Umsätze auch wieder durch Grossveranstal-
                                                                               tungen gestützt werden, an denen Getränke und Speisen verkauft werden.

Viele Faktoren                                                                 Eine Rückkehr des ausländischen Tourismus würde sich ebenfalls positiv auf die Gastronomie
beeinflussen die                                                               auswirken. Sie hängt jedoch weiterhin von vielen Faktoren ab, deren Eintrittswahrscheinlichkeiten
Tourismusbranche                                                               schwierig abzuschätzen sind. Deshalb greifen wir im Folgenden die Einflussfaktoren der Touris-
                                                                               musbranche in verschiedenen Szenarien auf und analysieren deren Auswirkungen separat, um
                                                                               aufzeigen zu können, wie sich der Schweizer Tourismus in den kommenden drei bis sechs Mona-
                                                                               ten entwickeln dürfte.

Abb. 12: Bis anhin weniger Konkurse in der Gastronomie                                                                                                               Abb. 13: Trotz Pandemie keine sinkenden Neugründungsraten
Konkurse im Schweizer Gastgewerbe, saisonbereinigt, 3-Monats-Durchschnitt                                                                                            Neueintragungen im Schweizer Gastgewerbe, 3-Monats-Durchschnitt und langfris-
                                                                                                                                                                     tige Durchschnitte seit Januar 2018

                                                      Gastronomie                          Beherbergung                                                                      Langfr. Durchschnitt Gastronomie                                                     Langfr. Durchschnitt Beherbergung
80                                                                                                                                                                           Gastronomie                                                                          Beherbergung
70                                                                                                                                                                   250

60                                                                                                                                                                   200
50
                                                                                                                                                                     150
40
30                                                                                                                                                                   100
20
                                                                                                                                                                      50
10
 0                                                                                                                                                                      0
                                          Okt. 2018

                                                                                            Okt. 2019

                                                                                                                                             Okt. 2020
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                                                                               Juli 2019

                                                                                                        Jan. 2020

                                                                                                                    April 2020

                                                                                                                                 Juli 2020

                                                                                                                                                         Jan. 2021

                                                                                                                                                                                        April 2018

                                                                                                                                                                                                     Juli 2018

                                                                                                                                                                                                                 Okt. 2018

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                                                                                                                                                                                                                                                      Juli 2019

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                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Juli 2020

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Okt. 2020
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Jan. 2021

Quelle: Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Credit Suisse                                                                                                       Quelle: Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Credit Suisse

                                                                                                                                                                                                                                         Swiss Economics | 2.Q 2021                                                                        16
Szenario 1:                            In einem ersten Szenario gehen wir davon aus, dass Auslandsreisen weiterhin erschwert bleiben
Inlandtourismus                        und der Inlandtourismus somit praktisch nach wie vor die einzige Urlaubsoption für Schweizer dar-
bleibt einzige                         stellt. Entsprechend sind auch keine grossen Ströme von ausländischen Touristen zu erwarten.
Urlaubsoption                          Diese Situation entspräche mehrheitlich derjenigen aus dem Jahr 2020. Erfahrungsgemäss kön-
                                       nen Inlandtouristen dabei aber in keiner Tourismusregion den gesamten Rückgang ausländischer
                                       Gäste wettmachen. Einzig im Subbereich der Parahotellerie konnten 2020 einige Regionen eine
                                       positive Bilanz ziehen. Dazu gehören die typischen Ferienregionen wie das Wallis, die Region Frei-
                                       burg, Jura/Drei-Seen-Land, Graubünden und das Tessin (vgl. Abb. 9). Die autarken Urlaubsfor-
                                       men dürften sich in einem Szenario mit erschwerten Auslandsreisen und Beschränkungen im
                                       Gastronomiebereich weiterhin hoher Beliebtheit erfreuen, und zwar insbesondere in den genann-
                                       ten Ferienregionen.

Szenario 2: Hohe                       Eine zweite Möglichkeit ist, dass die Tourismusströme zwar zurückkehren, aber nicht mehr das
Kosten durch                           Ausmass von vor der COVID-19-Pandemie erreichen. Es existieren zwei naheliegende Gründe für
Stornierungs-                          ein solches Szenario: Erstens kann es durchaus sein, dass die Grenzen global zwar wieder geöff-
gebühren oder PCR-                     net werden, gewisse Reisebarrieren aber trotzdem bestehen bleiben, wie beispielsweise Quarantä-
Tests verhindern,                      nemassnahmen für Risikoländer oder Einreisebestimmungen in Form eines vorzuweisenden CO-
dass Tourismus auf                     VID-19-Tests. Die damit verbundenen Unsicherheiten und Kosten – wie etwa das hohe Stornie-
Vorkrisenniveau                        rungsrisiko, die Kosten von PCR-Tests oder sogar Preisanstiege infolge einer starken Nachfrage
klettert                               in beliebten Urlaubsdestinationen – dürften zumindest einen Teil der weniger wohlhabenden Tou-
                                       risten von Auslandsreisen abhalten.

Umweltbewusstsein                      Zweitens könnte der Trend hin zu mehr Regionalität und Umweltbewusstsein durch die
könnte Touristen von                   Coronakrise beschleunigt worden sein. In diesem Fall ist der (teilweise) Verzicht auf Flugreisen
Flugreisen abhalten                    eine bewusste Entscheidung, die geringere internationale Tourismusströme nach sich zieht. In die-
                                       sem zweiten Szenario ist damit zu rechnen, dass der Inlandtourismus zunehmen wird, wovon
                                       hauptsächlich heimische Ferienregionen, autarke Urlaubsformen und Hotels im mittleren Preis-
                                       segment profitieren würden. Demgegenüber wäre der Wegfall eines Teils der ausländischen Tou-
                                       risten besonders einschneidend für städtische Tourismusregionen. Bis anhin waren Luxushotels in
                                       der Lage, einen Teil der ausbleibenden Gäste durch höhere Zimmerpreise zu kompensieren. Sollte
                                       dies auch weiterhin gelingen, könnte der Umsatzeinbruch für Luxushotels vergleichsweise gering
                                       ausfallen.

Szenario 3:                            Möglich ist natürlich auch, dass die Reisebarrieren vorerst nicht für alle Länder gleich stark redu-
Schweizer                              ziert werden. Die Schweiz hat sich bisher im internationalen Vergleich eher durch lockere Bestim-
Reiseaktivität nimmt                   mungen ausgezeichnet. Sollte dies auch in den nächsten Monaten der Fall sein, könnte sich ein
zu, ausländische aber                  drittes Szenario manifestieren, in dem die Reiseaktivitäten der Schweizer rasch wieder ihr Vorkri-
vorerst nicht                          senniveau erreichen, jene der Ausländer hingegen nicht. Für den Schweizer Tourismus wäre dies
                                       wohl das negativste Szenario, ist es doch mit einer Situation gleichzusetzen, in der ausländische
                                       Gäste die Ausnahme bilden und ihre Übernachtungen in der Schweiz tief bleiben, während die Un-
                                       terstützung durch Schweizer Touristen, die wieder vermehrt im Ausland Urlaub machen, weitge-
                                       hend entfällt. In diesem dritten Szenario würden alle Segmente der Tourismusbranche leiden.

Abb. 14: Take-aways: Dank COVID-19 sehr beliebt                                   Abb. 15: Gastronomie: Restriktionen hemmen vollständige Erholung
Suchinteresse relativ zum höchsten Wert für die Schweiz seit dem 1. Januar 2017   Umsatzentwicklung Schweizer Gastronomie pro Tag, in CHF Mio., 7-Tages-Durch-
                                                                                  schnitt; Bundesratsentscheide zu Restriktionen/Lockerungen

             Take Away             Lieferservice           Lieferdienst                         Lockerungen                Restriktionen (Verschärfung)                  Umsätze Gastronomie
120                                                                               16
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100                                                                               12
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 20                                                                                0
                                                                                       Janv.…

                                                                                                                           Sept.…
                                                                                                  April 2019

                                                                                                               Juni 2019

                                                                                                                                                             Juni 2020
                                                                                                                                                 März 2020

                                                                                                                                                                         Sep. 2020

                                                                                                                                                                                                 März 2021
                                                                                                                                     Dez. 2019

                                                                                                                                                                                     Dez. 2020

  0
01.01.2017       01.01.2018        01.01.2019      01.01.2020        01.01.2021

Quelle: Google Trends, Credit Suisse                                              Quelle: Monitoring Consumption Switzerland, Bundesamt für Statistik, Credit Suisse
                                                                                  Letzter Datenpunkt: 23.05.2021

                                                                                                                                    Swiss Economics | 2.Q 2021                                               17
Szenario 4:              Im Gegensatz dazu würde die Tourismusbranche insgesamt wohl am meisten in einem vierten
Tourismusströme          Szenario profitieren, in dem sich die Tourismusströme wieder auf dem Vorkrisenniveau einpen-
pendeln sich wieder      deln. Insbesondere in städtischen Regionen und im oberen Preissegment der Hotellerie würde
auf Vorkrisenniveau      dies zu Erleichterung führen. Mit der Rückkehr der ausländischen Gäste würde in der Tourismus-
ein                      branche deshalb wohl insgesamt mehr Umsatz generiert. Dies schliesst aber nicht aus, dass ein-
                         zelne Segmente im Vergleich zum Pandemiejahr 2020 einen Rückschlag hinnehmen müssten.
                         Konkret wäre dies wohl in der Parahotellerie der Fall, in der in diesem vierten Szenario ein leichter
                         Rückgang der Gäste im Vergleich zum Jahr 2020 erwartet würde.

Sofortige Rückkehr       Welches der vier Szenarien oder welche Kombination derselben sich in den nächsten Monaten
zur Vorkrisensituation   schlussendlich manifestieren wird, ist schwierig abzuschätzen. Wir glauben aber, dass eine sofor-
erscheint uns            tige Rückkehr zur Vorkrisensituation eher unwahrscheinlich ist. Bis anhin bestehen immer noch
unwahrscheinlich         Unsicherheiten bezüglich eines möglichen Impfzertifikats. Ausserdem sind die für Flugreisen oft-
                         mals unentbehrlichen PCR-Tests mit erheblichen Kosten verbunden. Auch Faktoren, welche die
                         Einreisebestimmungen definieren, wie z.B. Risikoländerlisten und Quarantänemassnahmen, stel-
                         len weiterhin ein Hindernis für Auslandsreisen dar. Für viele Touristen dürften diese Punkte kos-
                         ten- und organisationstechnisch Grund genug sein, sich für einen Inlandurlaub zu entscheiden.
                         Deshalb werden sowohl die Parahotellerie als auch die Schweizer Ferienregionen aller Wahr-
                         scheinlichkeit nach im Sommer 2021 erneut zu den Gewinnern zählen.

                         emilie.gachet@credit-suisse.com
                         tiziana.hunziker.2@credit-suisse.com

                         Abb. 16: Beherbergungsbranche in Städten und im Luxussegment in drei von vier Szenarien benachteiligt
                         Mögliche Szenarien zur zukünftigen Entwicklung der Tourismusströme, Horizont entspricht rund sechs Monaten

                                                     Szenario 1                 Szenario 2                    Szenario 3                    Szenario 4

                                                                                                              Schweizer reisen wieder       Sowhol in- als auch
                                                     Auslandsreisen bleiben     Auslandsreisen wieder
                                                                                                              ins Ausland, internationale   ausländische
                                                     weiterhin erschwert.       möglich, pendeln sich aber
                           Beschrieb                                                                          Touristen kehren aber         Tourismusströme kehren
                                                     Inlandtourismus ist die    auf tieferem Niveau ein als
                                                                                                              nicht (sofort) in die         zum Vorkrisenniveau
                                                     einzige Option.            vor der Corona-Krise.
                                                                                                              Schweiz zurück.               zurück.

                           Inlandtouristen           Zunahme (++)               Zunahme (+)                   Abnahme (--)                  Keine Veränderung

                           Ausländische Touristen    Abnahme (--)              Abnahme (-)                    Abnahme (-)                   Keine Veränderung

                                                                                                                                            Alle Segmente der
                                                     Parahotellerie,            Parahotellerie,
                           Gewinner                                                                                                         Beherbergung ausser
                                                     Ferienregionen             Ferienregionen
                                                                                                                                            Parahotellerie

                                                     Städtische Regionen,       Städtische Regionen,          Alle Segmente der
                           Verlierer                                                                                                        Parahotellerie
                                                     Luxushotels                Luxushotels                   Beherbergung

                         Quelle: Credit Suisse

                                                                                                               Swiss Economics | 2.Q 2021                         18
Swiss Economics | 2.Q 2021   19
Geldpolitik

Opportunistische
Devisenverkäufe
                                      Gemäss unseren Schätzungen hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) in geringem
                                      Umfang Fremdwährungsreserven verkauft. Diese Verkäufe stellen keine eigentliche
                                      geldpolitische Straffung dar. Fremdwährungskäufe sind unseres Erachtens weiterhin
                                      wahrscheinlich, falls der Aufwärtsdruck auf den CHF wieder steigen sollte.

SNB dürfte im                         Wir schätzen, dass die SNB im 1. Quartal 2021 Fremdwährungen im Wert von CHF 273 Mio.
1. Quartal 2021                       verkauft hat (vgl. Abb. 1). Die Bruttoverkäufe waren effektiv noch höher, die SNB kaufte jedoch
CHF 273 Mio. an                       im Januar wohl Devisen hinzu, was den Umfang der Nettoverkäufe im 1. Quartal reduzierte. Im
Fremdwährungen                        Vergleich zu den gesamten Fremdwährungsreserven von CHF 951 Mrd. (Stand Ende März) sind
veräussert haben                      diese Veräusserungen vernachlässigbar. Und doch ist es laut unseren Schätzungen das erste Mal
                                      seit dem 4. Quartal 2019, dass die SNB in geringem Umfang Devisen abgestossen hat. Zudem
                                      erfolgten diese Verkäufe, nachdem die SNB letztes Jahr fast CHF 110 Mrd. an Fremdwährungen
                                      erworben hatte, um dem Aufwärtsdruck auf den CHF gegenzusteuern.

Der schwächere CHF                    Theoretisch strafft eine Zentralbank ihre Geldpolitik, wenn sie einen Teil ihrer Vermögenswerte
bietet der SNB                        verkauft. Im aktuellen Fall sehen wir die Verkäufe jedoch in einem anderen Licht. Unserer Mei-
eine Gelegenheit,                     nung nach hat die SNB die Abwertung des CHF in der zweiten Februarhälfte 2021 (vgl. Abb. 2)
den Markt zu «testen»                 dazu genutzt, in geringem Umfang Fremdwährungen zu veräussern und damit den Markt zu «tes-
                                      ten». Die Verkäufe von Fremdwährungen (und folglich die Käufe von CHF) durch die SNB führen
                                      zwar tatsächlich zu einem Rückgang des Zentralbankgeldes, die Reduktion der Geldmenge ist je-
                                      doch zu gering, um eine wirtschaftliche Wirkung zu entfalten. Da der CHF in den letzten Wochen
                                      wieder aufgewertet hat, sind die Hinweise auf Devisenverkäufe zudem deutlich seltener gewor-
                                      den. Dies impliziert, dass die SNB ihre Fremdwährungsverkäufe bereits wieder eingestellt hat, um
                                      eine Straffung der geldpolitischen Bedingungen über den Wechselkurskanal zu verhindern. Damit
                                      drängt sich klar der Schluss auf, dass die jüngsten Verkäufe opportunistisch waren und keine
                                      geldpolitische Straffung einläuteten.

Wir rechnen bis                       Wir glauben, dass eine rasche Aufwertung des CHF – mit der wir allerdings nicht rechnen – die
mindestens Ende                       SNB zu erneuten Fremdwährungskäufen veranlassen würde. Allerdings verschafft die starke Er-
2022 mit keiner                       holung der Industrie in der Schweiz der SNB sicherlich einen gewissen Spielraum, falls der CHF
Leitzinserhöhung                      erneut kontinuierlich zulegen sollte. Abschliessend rechnen wir nicht damit, dass die SNB ihren
                                      Leitzins über unseren Prognosehorizont hinweg erhöhen wird, also mindestens bis Ende 2022.

Abb. 1: SNB hat im 1. Quartal 2021 Fremdwährungen veräussert                         Abb. 2: Der CHF hat seit Anfang April 2021 wieder aufgewertet
Devisenmarktinterventionen durch die SNB, in CHF Mrd.                                Index des handelsgewichteten CHF-Wechselkurses (1. Jan. 2019 = 100)

 60                                                                                  108
                         Schätzungen Credit Suisse       Offizielle Daten*
 50                                                                                  106
                                                                                                          CHF wertet auf
 40
                                                                                     104
 30
                                                                                     102
 20
                                                                                     100
 10

  0                                                                                   98

-10                                                                                   96
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Quelle: Schweizerische Nationalbank, Credit Suisse. * Offizielle Daten erst ab dem   Historische Performance-Angaben oder Finanzmarktszenarios sind keine verlässli-
1. Quartal 2020 verfügbar. Daten zum 1. Quartal 2021 werden Ende Juni 2021 ver-      chen Indikatoren für die aktuelle oder künftige Wertentwicklung. Quelle: Datastream,
öffentlicht. Letzter Datenpunkt: 1. Quartal 2021.                                    Credit Suisse. Letzter Datenpunkt: 18.05.2021.

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