Das Erleben des Symptoms Atemnot von Patienten mit COPD

 
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Das Erleben des Symptoms Atemnot
        von Patienten mit COPD

                      Bachelorarbeit
         zur Erlangung des akademischen Grades
     Bachelor of Science in Nursing (BScN)

                     im Rahmen des
                 Bachelor-Studiums
                 Pflegewissenschaft

                      vorgelegt von:
                   Paulina Berkmann

                       betreut von:
                   Helmut Täubl, MScN

                         an der
 UMIT – Private Universität für Gesundheitswissenschaften
           Medizinische Informatik und Technik

             Hall in Tirol, im Dezember 2017
Betreuungsbestätigung

Ich befürworte die Abgabe der vorliegenden Abschlussarbeit, welche von mir
betreut und ingesamt positiv bewertet wurde.

...................................................................

Datum und Unterschrift des Betreuers

Annahme durch das Studienmanagement

am: ................................................................

von: ................................................................
Vorwort

An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mich besonders in der
arbeitsintensiven Zeit während der Erstellung dieser Bachelorarbeit unterstützt und
motiviert haben. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn MScN Helmut Täubl für die
hervorragende Betreuung meiner Bachelorarbeit, welche er mit viel Engagement
und fachlicher Kompetenz vorgenommen hat.

Ein weiterer Dank gilt auch der Stationsleitung, DGKS Monika Bauer und dem
gesamten Team der Pneumologie II im LKH Natters für die hilfreichen und
ideenbringenden Eindrücke im universitären Praktikum.

Vielen Dank!
Abstract

Hintergrund: Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wird von der
WHO im Jahr 2030 als die dritthäufigste Todesursache weltweit prognostiziert. Die
Erkrankten sind von einer hohen Prävalenz an physischen und psychischen
Symptomen betroffen. In der Literatur wird die Atemnot als das herausragendste
und beschwerlichste Symptom bei COPD beschrieben.

Ziel: Das Ziel dieser Arbeit ist, einen Einblick in das Erleben der Atemnot bei COPD
Erkrankten zu gewinnen und die Auswirkungen auf sie selbst und ihr Umfeld zu
erheben.

Methodik:    In   dieser   Literaturübersichtsarbeit   wurde   eine   systematische
Literaturrecherche in verschiedenen Datenbanken durchgeführt. Es konnten
anhand definierter Ein- und Ausschlusskriterien zehn relevante Studien identifiziert
und in die Arbeit inkludiert werden.

Ergebnisse: Die Atemnot manifestiert sich nicht nur als häufige, plötzliche und
unkontrollierbare physische Krise, sondern auch als emotionale Last. Die
Atemlosigkeit führt zu Einschränkungen bei alltäglichen Tätigkeiten und schränkt
die Betroffenen in ihrer Freizeit ein. Auch die sozialen Interaktionen werden negativ
beeinflusst und es wird oft eine soziale Isolation erlebt. Der Kontakt mit dem
Gesundheitspersonal wird von den Patienten als notwendig gesehen, jedoch
werden Mängel in der Versorgung der Betroffenen identifiziert. Die Erkrankten
entwickeln Strategien, um die Atemnot und ihre Einschränkungen zu bewältigen.

Diskussion: Die fehlenden Unterstützungsangebote bei emotionalen und sozialen
Folgen der Atemnot und die Defizite in der Kommunikation werden in den
vergleichbaren Studien hervorgehoben. Die positive Bewältigung des negativen
Erlebens der Atemnot erfolgt durch ein individuelles Selbstmanagement, welches
durch Unterstützung des Gesundheitspersonals gefördert werden kann.

Schlüsselwörter: COPD, Atemnot, Erleben
Abstract

Background: The World Health Organization (WHO) predicts chronic obstructive
pulmonary disease (COPD) to be the third most common cause of death worldwide
by the year 2030. The patients are affected by many prevalent physical and psycho-
logical symptoms. In literature, dyspnea is the most prominent and most trouble-
some symptom experienced by people with COPD.

Aim: The aim of this qualitative study is to gain further insights how COPD patients
experience dyspnea and the limitations on their daily living.

Method: This research has been performed as systematic literature review of rele-
vant studies from 2007 to 2017 by searching in various databases. With defined
inclusion and exclusion criteria, ten relevant studies have been identified and were
included into this paper.

Results: Based on the results of the chosen studies, four thematic areas were iden-
tified. The shortness of breath manifests not only as a common, sudden and uncon-
trollable physical crisis, but also as an emotional burden. Dyspnea leads to physical
limitations in daily life and restricts patients in their leisure time. Social interactions
are being negatively affected leading to potential social isolation. Thus, contact with
health professionals is regarded to be crucial for patients. However, deficiencies in
health services and in communication with patients are being identified. Further-
more, the results reveal coping strategies of patients to combat the limitations of
their disease.

Discussion: The lack of support with emotional and social consequences of dysp-
nea and the deficits in communication are being highlighted in this study. Positive
coping strategies such as an individual self-management help to overcome negative
experiences of COPD and can be supported by health professionals.

Key words: COPD, experience, dyspnea, shortness of breath
Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung .......................................................................................................... 1
 1.1 Problemdarstellung ........................................................................................ 2
 1.2 Ziel der Arbeit................................................................................................. 3
 1.3 Aufbau der Arbeit ........................................................................................... 3
2 Methodik ........................................................................................................... 4
 2.1 Forschungsfrage ............................................................................................ 4
 2.2 Literaturrecherche .......................................................................................... 4
3 Ergebnisse ........................................................................................................ 9
 3.1 Tabellarische Darstellung der Ergebnisse ..................................................... 9
 3.2 Synthese der Ergebnisse ............................................................................. 15
      3.2.1 Die Natur der Atemnot ......................................................................... 15
      3.2.2 Freizeit und soziale Interaktionen ........................................................ 17
      3.2.3 Kontakt mit dem Gesundheitspersonal ................................................ 20
      3.2.4 Die Bewältigungsstrategien ................................................................. 22
 3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................. 24
4 Diskussion mit Limitationen ......................................................................... 26
5 Schlussfolgerungen ....................................................................................... 29
 5.1 Relevanz für die Pflegepraxis ...................................................................... 29
 5.2 Relevanz für die Pflegeforschung ................................................................ 30
6 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 31
Anhang ....................................................................................................................

Aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung und zur besseren Lesbarkeit wird in
der vorliegenden Arbeit die männliche Sprachform verwendet. Die Autorin weist an
dieser Stelle daraufhin, dass dies als geschlechtsunabhängig verstanden werden
soll (Anmerkung der Autorin, 2017).
1   Einleitung

Nach Schätzungen der WHO leiden weltweit ca. 64 Millionen Menschen an COPD
(WHO, 2016). In Österreich sind 10,6% der über 40-jährigen Bevölkerung von
dieser Erkrankung betroffen (Schirnhofer et al., 2007).

COPD (engl.: chronic obstructive pulmonary disease) steht als Sammelbegriff für
eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung, welche zu einer Verschlechterung
des Atemflusses führt. Die Erkrankung kennzeichnet sich durch chronischen
Husten, Auswurf und Atemnot (GOLD, 2017). Die Beeinträchtigung der normalen
Atmung ist fortschreitend und nicht vollkommen reversibel (WHO, 2017).

Einer der häufigsten Ursachen von COPD ist Tabakrauch (Bundesministerium für
Gesundheit, 2013). In Österreich rauchen 1,8 Millionen täglich, somit erhöht sich
bei jeder vierten Person ab 15 Jahren das Risiko, an COPD zu erkranken (Statistik
Austria, 2014). Bei Nichtrauchern verursacht das Zusammenspiel zwischen
genetischer Disposition, Luftschadstoffbelastung und der Sensibilität der Lunge die
Erkrankung (GOLD, 2017).

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung ist von einer hohen Morbidität und
Mortalität geprägt (GOLD, 2017). Im Jahr 2015 starben drei Millionen Menschen
weltweit an der fortschreitenden Lungenerkrankung, das sind 6% aller
Verstorbenen. In Österreich wird COPD im Berichtsjahr 2010 für 2,7% aller
Verstorbenen als Todesursache angegeben (Bundesministerium für Gesundheit,
2013). Die Anzahl der an COPD Erkrankten wird in den nächsten Jahren aufgrund
der fortsetzenden Belastung durch Risikofaktoren und der alternden Bevölkerung
ansteigen (GOLD, 2017). Hochrechnungen der WHO prognostizieren die COPD im
Jahr   2030      als   dritt-häufigste   Todesursache     weltweit   (WHO,   2017).
Untersuchungsergebnisse der LEAD-Studie haben ergeben, dass bereits 3,5% der
bis 25-jährigen Österreicher kein normales Lungenwachstum aufweisen (Institut für
COPD und Pneumologische Epidemiologie, 2016).

                                                                                 1
1.1   Problemdarstellung

Durch den progredienten Verlauf der Erkrankung und der nicht reversiblen
Verengung der Atemwege in allen Krankheitsstadien kommt es bei den betroffenen
Patienten zu einer Einschränkung in der Lebensqualität. Patienten leiden an einer
großen Anzahl von belastenden Symptomen. Atemnot, Fatigue, Mundtrockenheit
und Husten haben einen negativen Effekt auf das tägliche Leben (Ekerblad et al.,
2014).

Die Erkrankung verändert die physischen Fähigkeiten, was sich durch den Verlust
von Energie, anhaltender Müdigkeit oder durch physische Einschränkung im
Vergleich zu anderen zeigt. Außerdem wird von Brooke (2013) beschrieben, wie
Patienten mit COPD einfache tägliche Aktivitäten und das Bewältigen gleichzeitiger
Aufgaben nicht mehr schaffen können. Durch diese Einschränkungen stellt sich die
Teilhabe am sozialen Leben als schwierig heraus und zwingt Erkrankte
beispielsweise, ihr Zuhause nicht verlassen zu können.

Die hohe Prävalenz an physischen und psychischen Symptomen von Patienten mit
einer Verringerung des Luftstromes zeigt die Notwendigkeit einer Früherkennung
und eines frühen Symptommanagements bei Patienten mit COPD. Das Erheben
des Erlebens der Symptome sollte ein wichtiger Schwerpunkt in der Pflege von
Patienten mit COPD sein, mit dem Zweck, die schwerwiegenden und belastenden
Symptome zu erkennen und damit eventuell zu verbessern (Ekerblad et al. 2014).
Die   Atemnot   beschreibt   Brooke   (2013)   als   das   herausragendste    und
beschwerlichste Symptom, welches die Patienten erleben.

                                                                                2
1.2   Ziel der Arbeit

Das Ziel der Bachelorarbeit ist es anhand aktueller wissenschaftlicher Literatur das
Erleben von Atemnot bei Patienten mit COPD zu erfassen. Es sollen durch die
Recherche und Identifikation relevanter wissenschaftlicher Studien die Erfahrungen
aus der Perspektive von Betroffenen und die Auswirkungen der Atemnot auf sie
selbst und ihr Umfeld dargestellt werden. Die Arbeit hat außerdem das Ziel,
Pflegepersonen zu sensibilisieren, um eventuell noch besser auf die betroffenen
Patienten eingehen zu können.

1.3   Aufbau der Arbeit

Diese Literaturübersichtsarbeit ist auf den fünf Prozessschritten nach Sturma et al.
(2016, S. 212ff) aufgebaut. Im Kapitel 2.1 und 2.2.1 wird der erste Schritt:
Identifizierung und Formulierung einer geeigneten Problem- und Fragestellung
behandelt. Die Identifizierung relevanter Literatur durch eine umfassende
Literaturrecherche kann aus dem Abschnitt 2.2 entnommen werden. Der dritte
Prozessschritt, Selektion relevanter Literatur und kritische Beurteilung, wird sowohl
im Kapitel 2.2 bearbeitet, sowie auch die kritische Würdigung der Studien nach
Brandenburg et al. (2007, S. 184). Zum Schritt 4 gehört die Darstellung, Analyse
und Zusammenfassung der Literatur, welches im Abschnitt 3.1 Tabellarische
Darstellung der Studien und in 3.2 als Deskription der Studien zu finden sind. Der
letzte Prozessschritt setzt sich aus der Interpretation und Präsentation der
Ergebnisse zusammen. Dies wird im Kapitel 3.3 Synthese der Studien und 3.4
Zusammenfassung der Ergebnisse beschrieben.

                                                                                   3
2     Methodik

Im folgenden Abschnitt wird die Forschungsfrage und die Vorgehensweise der
Literaturrecherche       genauer          beschrieben.   Die   Arbeit   ist   gemäß   dem
wissenschaftlichen Standard im EMED-Format (Mayer, 2007, S. 187) verfasst und
nach den fünf Prozessschritten nach Struma et al. (2016, S. 212ff) aufgebaut.

2.1    Forschungsfrage

Die Forschungsfrage dieser Arbeit leitet sich aus der Problemdarstellung der
Thematik ab und wurde mittels des PS-Schemas nach Davies (2011) entwickelt.
Die grafische Darstellung der Forschungsfrage kann aus der Tabelle 1 entnommen
werden.

Tabelle 1: PS-Schema nach Davies (2011)

    PS-Schema
    P – Personen                                  Patienten mit COPD
    S - Situation                                 Erleben der Atemnot

Folgende Fragestellung soll anhand einer Literaturrecherche in der Bachelorarbeit
beantwortet werden:
Wie erleben Patienten mit COPD das Symptom Atemnot?

2.2    Literaturrecherche

In diesem Kapitel werden die einzelnen Schritte der Literaturrecherche und Auswahl
zur Beantwortung der Forschungsfrage dargestellt.

2.2.1 Identifikation

Für die Literaturübersichtsarbeit wurde im Zeitraum von Juni bis September 2017
eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken Medline (via PubMed),
CINAHL Complete und Academic Search Elite (via EBSCO-Host) und Cochrane

                                                                                        4
Library durchgeführt. Ergänzt wird die Literaturrecherche durch eine Handsuche in
pflegerelevanten Fachzeitschriften in den Bibliotheken der UMIT, der Universität
Innsbruck und in der Landesbibliothek in Bregenz. Für die Literaturrecherche
werden die Suchwörter COPD, experience, breathlessness, dyspnea und shortness
of breath mit den Bool’schen Operatoren AND und OR in unterschiedlichen
Kombinationen verknüpft. Im Anhang 1 wird das Suchprotokoll dargestellt, um den
Suchprozess aufzuzeigen. Die nachfolgende Tabelle (Tabelle 2) verdeutlicht die
Suchbegriffe in deutscher und englischer Sprache.

Tabelle 2: Suchwörter in deutscher und englischer Sprache (eigene Darstellung, 2017)

  Suchwörter in Deutsch                 Suchwörter in Englisch
  COPD                                  COPD, chronic obstructive pulmonary disease
  Erleben                               experience
  Atemnot                               dyspnea, breathlessness, shortness of breath

2.2.2 Selektion

In weiterer Folge wurde eine Literaturselektion anhand definierter Ein- und
Ausschlusskriterien durchgeführt (siehe auch Tabelle 3). Die Titel und Abstracts
wurden geprüft und daraus den Kriterien entsprechend relevante Treffer formuliert.
In die Literaturübersichtsarbeit werden nur deutsch- und englischsprachige Studien
ab dem Jahre 2007 eingeschlossen. Exkludiert wurden jene Studien, die das
Erleben mittels Laborparametern oder ausschließlich die Lebensqualität erfassen,
Kinder betreffen und nicht im EMED-Format aufgebaut sind.

Von 1008 Treffern konnten 937 aufgrund des Titels, welcher auf andere
Krankheitsbilder,        Interventionen        oder     die     Erhebung        ausschließlich   der
Lebensqualität hinwies, ausgeschlossen werden. Nach der Identifizierung der
verbliebenen 71 relevanten Treffer konnten 35 aufgrund eines anderen Outcomes
ausgeschlossen, 16 Duplikate entfernt, sechs Studien wegen des veralteten
Publikationszeitpunktes und eine Studie aufgrund der Publikationssprache
ausgeschlossen werden. 13 Studien wurden schlussendlich der Volltextanalyse
unterzogen. Im Zuge dessen wurden drei Studien exkludiert, weil sie für die

                                                                                                  5
Beantwortung der Forschungsfrage als nicht aussagekräftig eingestuft wurden.
Somit wurden zehn Studien in die Literaturübersichtsarbeit eingeschlossen. Das
Auswahlverfahren der Studien findet sich in der untenstehenden Abbildung 1 in
Form eines Flussdiagrammes zur besseren Nachvollziehbarkeit.

Tabelle 3: Ein- und Ausschlusskriterien (eigene Darstellung, 2017)

  Kriterien                 Einschlusskriterium                      Ausschlusskriterium
  Intervention              Erfassung des Erlebens                   Veränderung von
                                                                     Laborparametern,
                                                                     ausschließlich Lebensqualität
  Sprache                   Deutsch- und                             Studien in anderen Sprachen
                            englischsprachige Studien
  Population                Erwachsene COPD                          Kinder
                            Patienten
  Publikationsjahr Veröffentlichungen von                            Veröffentlichungen vor 2007
                            2007-2017
  Publikationsart           Studien im EMED-Format                   Kommentare, andere Artikel

                                                                                                     6
Flussdiagramm

                1.008 Treffer

     Medline (n=317), Cinahl Library
    (n=290), Academic Search Elite
   (n=224), Cochrane Library (n=177)

                Titel gescreent
                                                          937 ausgeschlossen

                                                        (keine Relevanz: andere
                                                   Erkrankungen, Interventionsstudien,
            Abstract gescreent                         Lebensqualitäts-Erhebung)

                    (n=71)

                                                          58 ausgeschlossen

                                                   anderes Outcome (n=35), Duplikate
                                                    (n=16), nicht aktuell (n=6), andere
                                                        Publikationssprache (n=1)
          Volltexte zur Durchsicht

        Qualitätsüberprüfung (n=13)

                                                           3 ausgeschlossen

                                                   3 aufgrund mangelnder
                                                   Aussagekraft

               Studien inkludiert

                      (n=10)

Abb. 1: Flussdiagramm (eigene Darstellung, 2017)

                                                                                    7
2.2.3 Bewertung

Die inkludierten Studien wurden anschließend bezüglich Vertrauenswürdigkeit und
Qualität mittels des Beurteilungsbogens nach Brandenburg et al. (2007, S. 184)
beurteilt. Alle eingeschlossenen Studien sind im EMED-Format verfasst. Eine
Zielformulierung   und      Beschreibung   der   Stichprobe   ist   in   jeder   Studie
nachvollziehbar beschrieben. Des Weiteren werden die Methodik, die Ergebnisse
und die Diskussion in den ausgewählten Studien ausführlich dargestellt. Von den
zehn ausgewählten Studien stammen neun aus dem Zeitraum 2007-2017 und
erfüllen somit das Kriterium der Aktualität. Eine der Studien, die für die Arbeit
verwendet wurde, erfüllt dieses nicht, da sie im Jahre 2006 veröffentlicht wurde.
Diese Studie wurde nach einer kritischen Beurteilung von Seiten der Autorin
aufgrund der inhaltlichen Qualität und für die vorliegende Arbeit aussagekräftiger
Ergebnisse inkludiert. Die wissenschaftliche Qualität der selektierten Studien kann
hiermit bestätigt werden.

                                                                                     8
3     Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die Studien tabellarisch dargestellt, sowie die Synthese beschrieben und anschließend die Ergebnisse
der inkludierten Studien zusammengefasst.

3.1    Tabellarische Darstellung der Ergebnisse

In der folgenden Tabelle (Tabelle 4) werden die inkludierten Studien dargestellt, gegliedert nach dem Publikationsjahr der
einzelnen Arbeiten.

Tabelle 4: Tabellarische Darstellung der inkludierten Studien (eigene Darstellung, 2017)
 Autor/Jahr/Land          Ziel/Fragestellung          Studiendesign             Methode/Stichprobe     Ergebnisse
 Genoe, Zimmer            Die Studie hat das Ziel,    Qualitative               Long Interview nach    Atemlosigkeit im Leben und in der Freizeit
 (2017), Deutschland      folgende                    Phänomenologie            McCracken (1988) und     - Nach kleinster Anstrengung atemlos
                          Forschungsfragen zu                                   Photovoice nach Wang     - Während alltäglichen Aktivitäten
                          beantworten:                                          (1999)                   - überraschendes Auftreten
                          Wie erleben ältere                                    (n=8)                    - Reduktion der Bewegung
                          Menschen mit COPD ihre                                                         - Einschränkung erlebt
                          Freizeit? Was für eine                                                       Veränderte Freizeit
                          Rolle spielt die Freizeit                                                      - Anpassung der Freizeitaktivitäten an Atemlosigkeit
                          bei älteren Menschen mit                                                       - Andere Aktivitäten werden unternommen
                          COPD in Bezug auf ihre                                                       Bedeutung der Freizeit
                          Symptome und der                                                               - Stabilität und Umverteilung der Bedeutung erlebt,
                          Aufrechterhaltung ihres                                                          bezieht sich auf persönliche Größe, Entspannung,
                          physischen und                                                                   soziales Umfeld
                          psychischen                                                                    - Freizeit als Ausbruch aus der Erkrankung
                          Wohlbefindens?                                                               Coping durch Freizeit
                                                                                                         - Bedeutung für mentale Gesundheit und Genuss des
                                                                                                           Lebens
                                                                                                         - Auftretende Gefühle der Atemnot werden verarbeitet

                                                                                                                                                                9
Autor/Jahr/Land         Ziel/Fragestellung            Studiendesign             Methode/Stichprobe   Ergebnisse
Dunger et al. (2014),   Die Erfahrungen und die       Teil einer qualitativen   Semistrukturiertes     - Atemnot durch verschiedene Trigger (Emotionale Last,
Deutschland             Bedeutung von Atemnot         Längsschnittstudie        Tiefeninterview          Anstrengung, verschlechterter Krankheitsverlauf)
                        für Patienten mit                                       (n=18)                   ausgelöst
                        fortgeschrittenem Krebs                                                        - Wird als physische Krise (Erstickung, Notfallsituation,
                        oder schwerer COPD.                                                              Ohnmacht) und psychologische Krise (Panik, Angst,
                                                                                                         Unsicherheit, Stress) erlebt
                                                                                                       - Atemnot wirkt sich auf das tägliche Leben aus: Verlust
                                                                                                         der Aktivität, soziale Isolation, Verlust eigener
                                                                                                         Vorlieben, Gewohnheit, Pläne, Träume, Verlust der
                                                                                                         Selbstwahrnehmung
                                                                                                       - Adaptionsweisen sind in den Krankheitsbildern
                                                                                                         unterschiedlich. COPD Patienten passen das tägliche
                                                                                                         Leben durch Kontrolle an (Strategieentwicklung,
                                                                                                         Organisation von Hilfe)
                                                                                                       - Chronischer Stress (Aufgabe, Unsicherheit,
                                                                                                         Hoffnungslosigkeit, auf den Tod warten) wird erlebt.

Stridsman et al.        Das Ziel der Studie ist es,   Qualitative Studie        Semistrukturiertes   Schaffung von Balance zwischen Atmung und
(2014), Schweden        die Erfahrungen über das                                Interview            Lebensfähigkeit, um Wohlbefinden zu erreichen
                        Wohlbefinden von                                        (n=10)               Anpassung an lebenslange Einschränkungen
                        Menschen mit moderater                                                         - Balance zwischen Akzeptanz und Übergabe 
                        bis schwerer COPD zu                                                             Geschwindigkeitsanpassung, Ausschließen von
                        erheben.                                                                         Aktivitäten, Annahme von Hilfe
                                                                                                       - Bedeutende Aktivitäten durchführen, Sozialisierung
                                                                                                         vornehmen
                                                                                                     Handhabung der Variationsbreite der Erkrankung
                                                                                                       - Balance zwischen guten und schlechten Tagen
                                                                                                       - Emotionale Adaptionsstrategien
                                                                                                     Vertrauen auf die Selbstfähigkeit
                                                                                                       - Physische Aktivitäten als Rehabilitation der Atemwege
                                                                                                       - Frische Luft steigert Wohlbefinden
                                                                                                     Erreichbarkeit zu einer vertrauenswürdigen Pflege
                                                                                                       - Kontinuität von der Gesundheitsversorgung im
                                                                                                         Krankenhaus und zuhause  Gefühl der Sicherheit,
                                                                                                         ansonsten Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit
                                                                                                       - Zuhören und die Vorschläge über Therapien bei
                                                                                                         Atembeschwerden von medizinischen Fachkräfte
                                                                                                         wichtig

                                                                                                                                                            10
Autor/Jahr/Land      Ziel/Fragestellung            Studiendesign           Methode/Stichprobe           Ergebnisse
Kvangarsnes et al.   Ziel der Studie ist es, die   Qualitative             narrativesTiefeninterview    Atemlosigkeit:
(2013), Norwegen     Erfahrung der Patienten       Querschnittsstudie      (n=10)                         - komplett abhängig von Hilfe (wenig Erinnerung an
                     mit einer akuten                                                                       Situation)
                     Exacerbation zu                                                                      - veränderte Wahrnehmung von der Realität (Albträume,
                     untersuchen.                                                                           beängstigendes Gefühl)
                                                                                                        Vertrauen und Misstrauen
                                                                                                          - Kompetenz des Gesundheitspersonals
                                                                                                          - benötigte Kontrolle
                                                                                                          - Gefühl der Sicherheit
                                                                                                          - Falsche Versprechungen und
                                                                                                            Medikationsverwaltungen
                                                                                                          - Bedrohungsgefühl
                                                                                                        Vertrauen gegenüber Gesundheitspersonal impliziert Kraft,
                                                                                                        wird diese missbraucht, entsteht Misstrauen

Gysels, Higginson    Wann suchen Patienten         Qualitative             Semistrukturiertes           5 Phasen des Krankheitsverlaufes und die Erfahrungen der
(2010), Spanien      Hilfe von einem               Querschnittsstudie      narratives Tiefeninterview   Atemlosigkeit:
                     Gesundheitsservice, was                               (n=18)                         - Das Auftreten der Atemlosigkeit  abrupte
                     erhalten sie und wie                                                                   Verschlechterung des Gesundheitszustandes
                     interpretieren sie es und                                                            - Erste Kontakt mit Gesundheitsanbieter
                     was sind die                                                                         - Zuhause und atemlos  Symptome im täglichen
                     Konsequenzen dieser                                                                    Leben und körperlicher Abbau  Versuch Routine
                     Kontakte?                                                                              weiterzuführen
                     Haben diese eine                                                                     - Die Suche nach medizinischer Hilfe: Kontakt mit
                     Auswirkung auf die                                                                     Gesundheitspersonal: nach einsamer Phase Zuhause
                     Krankheitsverarbeitung                                                                 alleine mit Atemnot  nicht die erwartete
                     der Patienten und was ist                                                              Unterstützung  unbeantwortete Fragen  Probleme,
                     der Effekt auf ihre                                                                    Service zu erreichen
                     Zukunftsperspektive?                                                                 - Vergangenheit und Gegenwart, aber keine Zukunft:
                                                                                                            kein weiteres Zukunftsdenken bis zum nächsten Tag

Gysels, Higginson    Das Ziel der Studie ist es,   Qualitative explora-    Semistrukturiertes           Natur der Atemnot
(2008), Spanien      das Erleben der Atemnot       tive Studie; Grounded   Tiefeninterview               - unkontrollierbares Ereignis
                     von Patienten mit COPD        Theory                  (n=18)                        - beeinflusst von anderen Symptomen und Gefühlen
                     während der Interaktion                                                             - physisches Erscheinungsbild anfänglich nur vom
                     mit                                                                                   Betroffenen bemerkbar
                     Gesundheitsdienstleist-                                                             - Einschränkungen vorhanden  durch Adaption wird
                     ungen zu erheben.                                                                     Routine erhalten
                                                                                                         - Wahrnehmung ändert sich im Laufe des Fortschreitens
                                                                                                           der Erkrankung

                                                                                                                                                             11
soziale Interaktion
                                                                                                  - Atemnot schambehaftet
                                                                                                  - Fehlende Akzeptanz in der Gesellschaft
                                                                                                  - Stigma der Selbstverschuldung
                                                                                                  - Angst vor Reaktionen der sozialen Umwelt
                                                                                                  - Vermeidung sozialer Kontakte
                                                                                                Reaktion der Gesundheitsleister
                                                                                                  - Mängel im Zugang zur Pflege
                                                                                                  - Fehlendes Verständnis des Gesundheitspersonals
                                                                                                  - Hilflosigkeit der Hausärzte bei Atemnot
                                                                                                  - Fehlendes Wissen

Autor/Jahr/Land         Ziel/Fragestellung            Studiendesign        Methode/Stichprobe   Ergebnisse
Hasson et al. (2008),   Das Ziel der Studie ist es,   deskriptive,         Tiefeninterview      Psychologische und physiologische Effekte:
Nordirland              die Notwendigkeit für         qualitative Studie   (n=13)                 - In akuter Phase  Todesangst + Entscheidung über
                        eine Palliativpflege und                                                    Krankenhausaufenthalt  emotionaler und
                        ein Bestehen von                                                            psychologischer Stress
                        Leistungen für Menschen                                                   - Sorgen über die unvorhersehbare Zukunft  Angst
                        mit fortgeschrittenem                                                       und Depression, Angst vor dem Alleinsein
                        COPD zu erforschen.                                                       - Frustation über Verlust der Aktivitäten
                                                                                                  - Veränderung Familiendynamik Soziale Isolation,
                                                                                                    Verlust der Selbstständigkeit, niedrigere Lebensqualität
                                                                                                Wahrgenommene Auswirkungen auf Pflegende
                                                                                                  - Schuldgefühle gegenüber pflegender Angehöriger
                                                                                                  - Gefühle wie Niedergeschlagenheit, Angst, Stress,
                                                                                                    Zwang, Schlaflosigkeit, Frustation wird bei Pflegenden
                                                                                                    und Famlie wahrgenommen
                                                                                                Gesundheits-und Sozialpflegeunterstützung
                                                                                                  - Zugang der Pflege teilweise nicht vorhanden, auf
                                                                                                    Familienmitglieder angewiesen
                                                                                                  - Pflegepersonen als „beschäftigt“ wahrgenommen,
                                                                                                    Patienten empfinden sich als störend
                                                                                                  - unvorhersehbaren Gesundheitszustand  Auswirkung
                                                                                                    auf Rehabilationsprogramme
                                                                                                  - Wünsche über regelmäßige Überwachung des
                                                                                                    Gesundheitszustands  Sicherheit
                                                                                                  - Lange Wartelisten und das Fehlen von Alltagshilfen

                                                                                                                                                        12
Autor/Jahr/Land      Ziel/Fragestellung          Studiendesign    Methode/Stichprobe   Ergebnisse
Ek, Ternestedt       Die Studie beschreibt die   Phänomenologie   offenes Interview    Beschränkter Lebensraum, veränderte Lebensweise,
(2008), Schweden     gelebte Erfahrung vom                        (n=8)                verändertes Selbstverständnis
                     Leben mit schwerer                                                Verlust der physischen Stärke  Versagen
                     COPD während der                                                    - Scham für sich und ihre Situation
                     palliativen Phase der                                               - Gezwungen, auf Aktivitäten und materielle Dinge zu
                     Erkrankung.                                                           verzichten
                                                                                         - Gefühl von Verlust der Freiheit
                                                                                         - Abhängigkeit von Menschen und Geräten
                                                                                       Soziale und existenzielle Einsamkeit
                                                                                         - soziale Isolation trotz engen Beziehungen 
                                                                                           Vermeidung von Kontakt mit Menschen
                                                                                         - Verzicht auf Aktiviäten  Gefühl der Wertlosigkeit,
                                                                                           keine Gesprächsthemen
                                                                                         - Schutz der Familie  zeigen Gefühle nicht
                                                                                         - Pflegepersonen sprechen soziale Isolation und
                                                                                           Einsamkeit nicht an
                                                                                       Gefühl der Wertlosigkeit
                                                                                         - Auf und ab
                                                                                       Gefühl der Wichtigkeit und der Zugehörigkeit
                                                                                         - Wunsch nach Leben  soziale Interaktion  gibt
                                                                                           Stärke
Gullick, Stainton    Das Ziel der Studie ist,    Phänomenologie   Semistrukturiertes     - Verlust des selbstverständlichen Atmens 
(2007), Australien   das Erleben des Körpers                      Interview                Einschränkung Selbstpflegefähigkeit, soziale
                     von einer Person mit                         (n=58)                   Aktivitäten, Hobbys und Mobilität
                     Emphysem zu erfassen.                                               - Fehlendes wirksames Atmen und Mobilität im
                                                                                           Bewusstsein der Betroffenen
                                                                                         - Ausgelöst durch extreme Temperaturen, Staub,
                                                                                           Rauchentwicklung und Dehnbewegungen
                                                                                         - Verlust der spontanen Körperfunktion und der
                                                                                           unbewussten Bewegungen
                                                                                         - Fortschreitendes Versagen und Verlust des
                                                                                           vorhersehbaren Fähigkeit des Körpers 
                                                                                           schrumpfende Wirksamkeit als Person 
                                                                                           darauffolgende soziale Folgen
                                                                                         - Konstante und frustrierende Müdigkeit 
                                                                                           schrumpfende Ausdauer
                                                                                         - Alltägliche Aktivitäten betroffen  mehr Zeit, mehr
                                                                                           Ruheperioden und Hilfe von anderen benötigt
                                                                                         - Verlust des produktiven Selbsts und die Veränderung
                                                                                           des Temperaments  Stress und Konflikte
                                                                                         - Bewusstes Körpermanagement  Copingstrategie

                                                                                                                                            13
Autor/Jahr/Land         Ziel/Fragestellung            Studiendesign    Methode/Stichprobe   Ergebnisse
Fraser et al. (2006),   Das Ziel der Studie ist es,   Hermeneutische   Semistrukturiertes   Wissen, was funktioniert:
USA                     das Erleben von älteren       Phänomenologie   Interview              - Episoden von leichter Atemnot bis Panik
                        Personen mit schwerer                          (n=10)                 - Effektive Strategieentwicklung identifizieren
                        COPD zu erfassen, um                                                    (Inhalationen, Kontrolle der Panik, Lippenbremse,
                        zu verstehen wie sich die                                               atemerleichternde Körperhaltung)
                        Erkrankung auf sie                                                    - Interventionen von Angehörigen in Paniksituation nicht
                        auswirkt und auf welche                                                 hilfreich
                        Weise sie die Erkrankung                                            Mit Müh und Not festhalten:
                        in ihr Leben integrieren.                                             - Intensive Panik und Hilflosigkeit nicht umgänglich
                                                                                              - Beschreibung der Atemnot an einen Außenstehenden
                                                                                                schwierig  abhängig von anderen, um Schweregrad
                                                                                                und Interventionsnotwendigkeit einzuschätzen
                                                                                              - Betroffene abhängig von Familienmitglieder, Freunden
                                                                                                oder Gesundheitspersonal
                                                                                              - Fortschreitender Verlust der Selbstständigkeit 
                                                                                                Kompensation der Veränderungen nötig  Gefühl der
                                                                                                Isolation und schlechte Lebensqualität
                                                                                            Kontrollverlust-Kontrollgewinnung
                                                                                              - Adaption an Einschränkungen  Strategieentwicklung
                                                                                              - Kompensation der körperlichen Belastbarkeit und
                                                                                                funktionellen Fähigkeit
                                                                                              - Gefühl der Kontrolle durch Erhaltung der Routine durch
                                                                                                Fokussierung auf die Ressourcen
                                                                                              - Emotionen beziehend auf Verluste: Verleugnung,
                                                                                                Selbstmitleid, Bedauern, Akzeptanz
                                                                                              - Unvorhersehbares Leben durch fluktuierende und
                                                                                                plötzlich auftretende Symptome
                                                                                              - Medikationsanpassungen als Kontrollverlust

                                                                                                                                                  14
3.2   Synthese der Ergebnisse

Die Synthese beinhaltet die Analyse und den Vergleich der relevanten Ergebnisse
der einzelnen in die Arbeit inkludierten Studien.

3.2.1 Die Natur der Atemnot

Die Atemnot ist ein häufiges, plötzliches, unkontrollierbares und überraschendes
Ereignis, ausgelöst durch verschiedene Trigger (Dunger et al., 2014; Gysels,
Higginson, 2008; Hasson et al., 2008). Gysels und Higginson (2008) sehen andere
Symptome und Gefühle als beeinflussende Faktoren. Auch Dunger et al. (2014)
charakterisiert die emotionale Last, Anstrengung und der sich verschlechternde
Krankheitsverlauf als Auslöser der Atemnot. Das Erleben der Situation wird als
psychische (Panik, Angst, Unsicherheit, Stress) und physische Krise (Erstickung,
Notfallsituation, Ohnmacht) beschrieben.

Auch in der Untersuchung von Kvangarsnes et al. (2013) wird die akute Atemnot
als beängstigend, hässlich, unheimlich und erstickend erwähnt. Es treten vermehrt
Albträume auf und mehrere Patienten können sich an die akute Phase einer
Exazerbation nicht mehr erinnern (Kvangarsnes et al., 2013). Die Erkenntnis, dass
eine akute Phase zum Tod führen kann, zusammen mit der Entscheidung über die
Notwendigkeit    eines   Krankenhausaufenthaltes,    führt   zu   einem   extremen
emotionalen und psychologischen Stress. Es wird auch die kontinuierliche Angst
vor dem Alleinsein in einer akuten Phase erlebt (Hasson et al., 2008).

Gullick und Stainton (2007) benennen die Atemnot als anfängliche elementare
Veränderung am Körper, welche im Laufe der Erkrankung im Fokus der Betroffenen
bleibt. Die Auswirkungen auf das Leben sind der Verlust der Aktivität, die soziale
Isolation, der Verlust eigener Vorlieben, Gewohnheiten, Pläne, Träume und der
Selbstwahrnehmung (Dunger et al., 2014). Es werden von den Betroffenen gute und
schlechte Tage erlebt. An guten Tagen ist das Atmen leichter und es können
manche alltägliche Aufgaben wieder geschafft werden. Jedoch kann durch
Überlastung eine Verschlechterung der Symptome folgen. Diese Tage werden im

                                                                                15
Zusammenhang mit Erkältungen, Exazerbationen und einem gemindertem
Wohlbefinden erwähnt. Auch Ek und Temestedt (2008) gehen auf fluktuierende
Zustände während der Erkrankung ein. Traurigkeit und Frustration werden von den
Betroffenen erwähnt, auch der Verlust von Interesse an Aktivitäten wird erlebt
(Stridsman et al., 2014; Ek, Temestedt, 2008).

In der Einteilung des Verlaufs der Atemnot beschreiben Gysels und Higginson
(2010) das Erleben in fünf Phasen des Krankheitsverlaufs. Als erstes bemerken die
Patienten das Auftreten der Atemnot. Die Periode des Erlebens der negativen
Effekte der Atemnot wird wahrgenommen und durch Routine versucht, die täglichen
Aktivitäten   aufzunehmen.     Nach      einer    abrupten    Verschlechterung       ihres
Gesundheitszustandes nehmen sie aufgrund der Beschwerden erstmals Kontakt
mit der Gesundheitsversorgung auf. Nach der Rückkehr ins Eigenheim erleben die
Patienten wiederholt Atemlosigkeit. Nach der einsamen Phase alleine mit der
Atemnot wird nach medizinischer Hilfe gesucht. Die Betroffenen sehen rückblickend
auf die Vergangenheit, erleben die Gegenwart, aber denken nicht an die Zukunft.
Diese wird als unsicher beschrieben. Ein Patient fasst das Leben mit der Atemnot
mit „Das Leben steht still!“ (Gysels, Higginson, 2010, S. 558) zusammen. In allen
Phasen manifestiert sich die Atemnot und wird von den Patienten als belastend
wahrgenommen.        Fraser   et   al.   (2006)     geht     auf   die   Variation    des
Krankheitssymptoms ein. Die Episoden der Atemlosigkeit variieren von leichter
Kurzatmigkeit bis hin zur Panik. Verleugnung, Selbstmitleid, Bedauern und
Akzeptanz sind Gemütsregungen, die von den Patienten beschrieben werden
(Fraser et al., 2006).

Das Leben wird durch die fluktuierenden und plötzlich auftretenden Symptome als
unvorhersehbar beschrieben (Stridsman et al., 2014; Hasson et al., 2008; Gysels,
Higginson, 2008; Fraser, 2006). Dies führt zu Sorgen über die Zukunft, gefolgt von
Angst und Depression (Hasson et al., 2008). Das Wissen über die Möglichkeit der
rapiden und sukzessiven Verschlechterung wecken bei den Erkrankten Gefühle der
Angst, vor allem vor einem Erstickungstod (Stridsman et al., 2014).

                                                                                       16
Kvangarsnes et al. (2013, S. 3067) beschreiben diese Angst in ihrer Studie folgen-
dermaßen: „If you get choking sensations, then... but when it comes to breathing,
fear is the worst enemy. If you ever notice that you lack something, it will be air. You
are now about to suffocate” „It was a fight for life and death every night – mentally,
not a real one, not a physical one” (Dunger et al., 2014, S. 5).

Auch Gysels (2010) geht auf das Erleben der Atemnot in der letzten Phase der
Erkrankung ein. Es wird rückwirkend die Zeit seit dem ersten Auftreten der Atemnot
evaluiert. Die Patienten denken nicht weiter an die Zukunft, als bis zum nächsten
Tag und fassen die Zukunft als unsicher zusammen.

3.2.2 Freizeit und soziale Interaktionen

Die Atemnot tritt während jeglicher körperlicher Anstrengung auf, beeinflusst
alltägliche Tätigkeiten und schränkt die Betroffenen in ihrer Freizeit ein. Die
Bewegung wird reduziert und an die Erkrankung angepasst (Genoe, Zimmer, 2017).
Der Verlust der physischen Stärke zwingt die Erkrankten auf Aktivitäten zu
verzichten. Dabei erwähnen Ek und Ternestedt (2008, S. 475) die Atemnot als die
größte Einschränkung von Aktivitäten: „So essentially my day consists of nothing
more than resting and reading a little; no, this isn’t living, it’s just existing…I just am.”

Durch die fortschreitende Erkrankung müssen Veränderungen kompensiert werden,
was sich durch den Verlust der Selbstständigkeit kennzeichnet (Fraser et al., 2006).
Die Betroffenen geben an, von ihrem Körper gewarnt zu werden und mit der
Abhängigkeit von der Hilfe anderer konfrontiert zu werden (Ek, Ternestedt, 2008).
Dies führt zu einem Gefühl der Isolation, zu einer schlechteren Lebensqualität und
Frustration (Stridsman et al., 2014; Hasson et al., 2008; Fraser et al., 2006). Ek und
Ternestedt (2008) beschreiben des Weiteren eine soziale und existenzielle
Einsamkeit, was durch die Vermeidung des Kontaktes zu anderen und von anderen
entsteht. Die Betroffenen erleben eine soziale Isolation trotz enger Beziehungen
und empfinden das Gefühl des Alleinseins. Auch die Wertlosigkeit stellt ein
negatives Empfinden dar, ausgelöst durch die Einschränkung der zuvor ausgeübten
Aktivitäten und der darauffolgenden fehlenden Gesprächsthemen. Ein Mann

                                                                                          17
beschreibt: „And if you lose the social aspect, when everyone else comes home
from work, I have nothing new to share. I have nothing to talk about – I don’t get to
hear about how a coworker’s washing machine breaks down or about child who
keep them awake all night” (Ek, Ternestedt, 2008, S. 474).

Das eingeschränkte physische Erscheinungsbild ist anfänglich nur vom Betroffenen
bemerkbar und wird nach außen versteckt (Gysels, Higginson, 2008). Es werden
auch Empfindungen vor Kindern und Ehepartnern versteckt. Es wird über die
Erkrankung gescherzt und die wirklichen Gefühle werden nicht ausgesprochen
(Hasson et al., 2008; Ek, Ternestedt, 2008). Die Notwendigkeit der Unterstützung
durch Angehörige wird mit gemischten Gefühlen beschrieben. Es findet nur
teilweise ein Austausch über die Erkrankung mit der Familie statt. Aus Angst vor der
Beunruhigung der Angehörigen wird oft nicht darüber gesprochen und Gefühle
unterdrückt (Hasson et al., 2008; Ek, Ternestedt, 2008). Auch Stridsman et al.
(2014) beschreiben, dass Betroffene nicht mit anderen über ihre Gefühle sprechen,
auch weil diese ihre Situation nicht verstehen. Ein Patient erzählt: „Not really, I don’t
want to upset her (his wife). I just keep it (feelings) to myself. The literature tells you
about who to contact but I can’t be bothered” (Hasson et al., 2008, S. 529).

Der Verlust des selbstverständlichen Atmens führt zu zunehmend eingeschränkter
Selbstpflegefähigkeit, Reduktion von sozialen Aktivitäten, Hobbys und zu
verminderter Mobilität. Das fehlende wirksame Atmen, die Mobilität, der Verlust der
spontanen Körperfunktionen und die unbewussten Bewegungen werden bewusst
wahrgenommen. Die alltäglichen Aktivitäten sind von Einschränkungen betroffen
und führen zu einer Abhängigkeit von Menschen und Geräten. Dies wiederum zu
einem Gefühl des Freiheitsverlustes (Ek, Ternestedt, 2008). Es muss mehr Zeit,
mehr Ruheperioden und Hilfe von anderen in Anspruch genommen werden (Gullick,
Stainton, 2007). Es werden soziale Einbußen, vor allem Veränderungen in der
Familiendynamik, steigende soziale Isolation, Verlust des Selbstbewusstseins, eine
niedrigere Lebensqualität und die benötigte Hilfe bei alltäglichen Aktivitäten
wahrgenommen (Hasson et al., 2008). Das Durchführen von bedeutungsvollen
Aktivitäten im täglichen Leben wurde von Stridsman et al. (2014) als wichtig im

                                                                                        18
Bezug auf das Wohlbefinden gesehen. Das Wohlbefinden manifestiert sich durch
die Stärke, an gesellschaftlichen Ereignissen teilzunehmen und sich mit Familie und
Freunde vergesellschaften zu können (Stridsman et al., 2014). Ek und Tedestedt
(2008) sehen das Gefühl des Gebrauchtwerdens, der Zugehörigkeit, der Teilnahme
am Leben und an sozialen Kontakten als wichtig.

Die Atemlosigkeit wird als schambehaftet und von anderen als nicht akzeptiert
beschrieben,   dies   wird   ausgelöst     durch   das    Stigma   der   möglichen
Selbstverschuldung und der darauffolgenden Reaktion der sozialen Umgebung
(Gysels, Higginson, 2008). Das hat eine Vermeidung sozialer Kontakte zur Folge
(Gysels, Higginson, 2008; Ek, Ternestedt, 2008). Der Verlust der physischen Stärke
wird ebenfalls als Versagen und als beschämend empfunden. Die Betroffenen
beschreiben ein Schamgefühl gegenüber sich und ihrer Situation (Ek, Ternestedt,
2008).

Der Verlust des produktiven Selbst führt zu einer Veränderung des Temperaments
und des Verhaltens, dies wiederum zu Stress und Konflikten mit Anderen (Gullick,
Stainton, 2007). Hasson et al. (2008) erwähnen die Auswirkungen auf pflegende
Familienmitglieder. Die Betroffenen fühlen sich ihnen gegenüber schuldig und
nehmen bei den Pflegenden Niedergeschlagenheit, Angst, Belastung, Zwang,
Schlaflosigkeit und Frustration wahr. Fraser et al. (2006) betonen außerdem die
Schwierigkeit der Beschreibung der Atemnot gegenüber Außenstehenden. Die
Betroffenen sind von anderen abhängig, um den Schweregrad der Atemnot und die
Interventionsnotwendigkeit darzustellen. Die Hilfe von Familie und Freunden
ermöglicht den Patienten allerdings, ihr psychologisches und physisches Potential
auszuschöpfen und Kontrolle zu erhalten.

Bei einer akuten Exazerbation sehen die Patienten die Atemnot als Hauptgrund für
das Aufsuchen einer Notaufnahme und fühlen sich komplett abhängig von anderen
Menschen (Kvangarsnes et al., 2013). Auch Gysels und Higginson (2010) erwähnen
in ihrer Phaseneinteilung der Erkrankung, dass Alleinsein zuhause mit der Atemnot,
die Patienten zu einer medizinischen Hilfesuche zwingt.

                                                                                19
3.2.3 Kontakt mit dem Gesundheitspersonal

Die Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitspersonal wird von Gysels und Higginson
(2010) in den fünf Phasen des Krankheitsverlaufes beschrieben. Das Auftreten der
Atemlosigkeit und die nachfolgende Konsultierung von Gesundheitspersonal stehen
am Anfang der Erkrankung. Nach der einsamen Phase alleine zuhause mit der
erlebten Atemnot, suchen die Patienten medizinische Hilfe auf. Die Interaktion mit
dem Gesundheitspersonal bringt nicht die erwartete Unterstützung mit sich und
unbeantwortete Fragen entstehen (Gysels, Higginson, 2010).

Vor allem die soziale Isolation und die Einsamkeit wird vom medizinischen Personal
nicht angesprochen, obwohl dies von den Betroffenen als hilfreich empfunden
würde (Ek, Temestedt, 2008). Die Betroffenen nehmen die Pflegepersonen als
beschäftigt wahr und möchten diese nicht stören oder sie nur im Falle einer
Notsituation um Hilfe bitten (Hasson et al., 2008). Des Weiteren wird das Zuhören
des medizinisches Gesundheitspersonals und die Vorschläge zu Therapien bei
Atembeschwerden als Steigerung des Wohlbefindens des Erkrankten empfunden
(Stridsmann et al., 2014).

Durch den Kontrollverlust der COPD Patienten wird Vertrauen gegenüber dem
Gesundheitspersonal benötigt. Wird dieses missbraucht, entsteht Misstrauen.
Dieses Gefühl wird von den Betroffenen als Bedrohung erlebt. Entscheidungen über
die Behandlung wird in die Hände von Gesundheitspersonal gelegt (Kvangarsnes
et al., 2013). Die Medikationsanpassungen werden als weitere Quelle des
Kontrollverlustes beschrieben,     vor allem bei unbekanntem medizinischen
Fachpersonal (Stridsmann et al., 2014; Fraser et al., 2006). Stridsmann et al. (2014)
beschreiben die Kontinuität der Gesundheitsversorgung im Krankenhaus und
zuhause als elementarer Punkt, um das Gefühl der Sicherheit gewährleisten zu
können. Diskontinuität führt zu Unsicherheiten und Hoffnungslosigkeit (Stridsman
et al., 2014). Die Patienten wünschen sich eine regelmäßige Überwachung ihres
Gesundheitszustandes. Das gibt ihnen das Gefühl von Beruhigung (Hasson et al.,
2008).

                                                                                  20
Es werden Lungenrehabilitationsprogramme angeboten. Diese können jedoch
aufgrund der Unvorhersehbarkeit des Gesundheitszustandes der Patienten oft nicht
wahrgenommen werden oder es besteht die Schwierigkeit für ambulant versorgte
Patienten, einen Termin zu erhalten. Im Laufe der Zeit werden die Patienten immer
mehr zuhause gebunden, woraus die soziale Isolation resultiert (Hasson et al.,
2008). Es werden Mängel beim Zugang zur Pflege erläutert und das fehlende
Verständnis des Gesundheitspersonals erwähnt. Die Hilflosigkeit von Hausärzten
bei Atemnot wird als fehlendes Wissen deklariert (Gysels, Higginson, 2008). Das
fehlende Verständnis wird in folgender Situation von einem Patienten geschildert:
„...I got a car to the doctor’s and walked in, it was a sunny day and I just felt very
depressed. I felt sad but he said “But you’re here in very good form.” I said “ Yes,
thank you very much, bye doctor“ And I left to walk to the bus stop and by that time,
I was out of breath and exhausted. And I thought “Ah, I remember why I was de-
pressed, getting out of the car to the doctors was quite easy…” (Gysels, Higginson,
2008, S. 456).

Hasson et al. (2008) beschreiben die fehlende Information über COPD und das
Fehlen von Hilfsangeboten als belastend. Vor allem wird keine Information über die
Angebote von emotionaler und psychologischer Hilfe gegeben. Auch das Wissen
über den Zugang und das Ansuchen zu finanzieller Unterstützung wird nicht
übermittelt. Die Patienten müssen sich teilweise fehlende unterstützende
Alltagshilfen selbst finanzieren. Die fehlende Kommunikation zeigt sich wie folgt:
“We were just told that it was COPD. I had never heard of it and in fact, I couldn’t
remember the sequence of letters for a long time” (Gysels, Higginson, 2010, S. 561).

                                                                                   21
3.2.4 Die Bewältigungsstrategien

Die Reaktion der COPD Patienten auf die Erkrankung ist von der Anpassung des
täglichen Lebens durch Kontrolle geprägt. Es werden Strategien entwickelt und Hilfe
organisiert. Die Betroffenen reagieren jedoch auch mit chronischem Stress. Die
Aufgabe, Unsicherheiten, Hoffnungslosigkeit und das Warten auf den Tod wird von
den Patienten erlebt (Dunger et al., 2014). Stridsman et al. (2014) beschreiben die
Balance zwischen Atmung und Lebensfähigkeit, um ein Wohlbefinden erreichen zu
können. Die Anpassung an lebenslange Einschränkungen, vor allem die Akzeptanz
und Übergabe, trägt zur Steigerung des Wohlbefindens bei. Die Geschwindigkeit,
die Aktivitäten und die Annahme von Hilfe müssen an die Atmungseinschränkungen
angepasst werden. Auch die Adaptierung auf die Variationsbreite der Erkrankung
und das Vertrauen auf die Selbstfähigkeit hilft, um eine positive Einstellung zu
erreichen. Der Verlust der unbewussten Bewegungen, der Funktion und des
Verhaltens des Körpers werden durch Strategien kompensiert und somit der
Atemlosigkeit entgegengesetzt (Gullick, Stainton, 2007). Die Routine und das
physische Erscheinungsbild wird durch Adaption an die Einschränkungen aufrecht
erhalten (Gysels, Higginson, 2008).

Gullick   und   Stainton     (2007)       beschreiben    außerdem   das       bewusste
Körpermanagement. Bewusst Atem holen und einteilen, den steigenden Bedarf der
Planung berücksichtigen, die körperlichen Grenzen austesten und Aufgaben
beenden, diese Einschränkungen erkennen und eine bewusste Kontrolle der
Einflussfaktoren in der Umwelt gewährleisten die besten Möglichkeiten einer
erfolgreichen Bewältigung der Atemlosigkeit. Auch Stridsman et al. (2014) sehen
einen positiven Effekt durch den Versuch der Beendigung von alltäglichen
Aufgaben.   Fraser   et    al.   (2006)    beschreiben   Inhalationen   als   effektive
Strategieentwicklung. Des Weiteren sind dabei die Kontrolle der Panik, die
Lippenbremse und atemerleichternde Körperhaltungen wichtige Elemente bei der
Bewältigung der Atemnot.

Durch die Kompensation der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit kann die
Routine erhalten bleiben. Daraus resultiert ein Gefühl der Kontrolle. Nicht nur die

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Kontrollgewinnung über die körperlichen Verluste, sondern auch die dadurch
entstandenen Gefühle gehören zur Krankheitsbewältigung (Fraser et al., 2006).
Emotionale    Adaptionsstrategien     können    einen   positiven   Effekt   auf   das
Wohlbefinden haben. Die Atemnot kann durch das Bearbeiten der negativen
Gefühle mit positiven Gedanken und guter Laune reduziert werden. Auch die
Stressreduktion durch die Bewältigung von Angst vor der Atemlosigkeit wird von
Stridsman et al. (2014) beschrieben.

Das aktive Leben eines Menschen ändert sich. Der Austausch der früheren
Aktivitäten mit anderen Interessen wirkt sich positiv auf die Bewältigung aus
(Stridsman et al., 2014). Außerdem beschreiben Genoe und Zimmer (2017) und
Stridsman et al. (2014) die Bedeutung der Freizeitaktivitäten für das Coping. Die
physische Aktivität wird als Rehabilitation der Atemwege gesehen, was zu einem
gesteigerten physischen und psychischen Wohlbefinden führt. Es ist wichtig, trotz
Atembeschwerden die physischen Bewegungen weiterzuführen, jedoch angepasst
und ohne Stress. Nicht nur die physischen Aktivitäten tragen zur Besserung der
Atemnot bei, sondern auch die mentalen Aktivitäten (Genoe, Zimmer, 2017;
Stridsman et al., 2014). Die frische Luft wird als weiterer Faktor für ein gesteigertes
Wohlbefinden beschrieben (Stridsman et al., 2014).

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3.3   Zusammenfassung der Ergebnisse

Patienten mit COPD erleben die Atemnot als ein häufiges, unkontrollierbares und
plötzliches Ereignis, welches erhebliche Einschränkungen in ihrem alltäglichen
Leben zur Folge hat (Dunger et al., 2014; Gysels, Higginson, 2008; Hasson et al.,
2008). Die Atemnot ist anfänglich eine elementare Veränderung am Körper und
bleibt während der Erkrankung im Fokus (Gullick, Stainton, 2007). Die Erkrankten
sind nicht nur von physischen, sondern auch von psychischen Beeinträchtigungen
betroffen. Die Gefühle und andere Symptome beeinflussen die Atemlosigkeit,
welche sich in verschiedenen Variationen manifestiert (Gysels, Higginson, 2008).
Das Leben wird von den Patienten aufgrund der plötzlich auftretenden Symptome
als unvorhersehbar beschrieben (Stridsman et al., 2014; Ek, Temestedt, 2008;
Hasson et al., 2008; Gysels, Higginson, 2008; Fraser, 2006). Betroffene denken
nicht weiter an die Zukunft, als bis zum nächsten Tag (Gysels, Higginson, 2010).
Die soziale Interaktionen, Freizeit und Mobilität werden durch die Atemnot
eingeschränkt und führen zu einem Gefühl der Isolation (Stridsman et al., 2014;
Hasson et al., 2008; Fraser et al., 2006). Die negativen Effekte werden von den
Betroffenen wahrgenommen und die physischen Einschränkungen nach außen
versteckt (Gysels, Higginson, 2008). Die Angst vor dem Alleinsein, der Atemnot und
dem Erstickungstod ist ein dominantes Erleben (Stridsman et al., 2010; Hasson et
al., 2008). Die Betroffenen sind wütend, traurig und frustriert über sich selbst und
ihre Situation (Hasson et al., 2008). Es wird versucht, tägliche Aktivitäten routiniert
aufzunehmen. Es braucht mehr Zeit, häufigere Ruheperioden und Hilfe von anderen
muss angenommen werden (Gullick, Stainton, 2007).

Der Kontakt mit dem Gesundheitspersonal wird von den Betroffenen als notwendig
gesehen, aber auch negative Eindrücke werden bei der Versorgung identifiziert.
Misstrauen gegenüber dem Gesundheitspersonal und Mängel im Zugang zur Pflege
werden erlebt. Die Interaktion mit dem Gesundheitspersonal bringt nicht die
erwartete Unterstützung und unbeantwortete Fragen bleiben offen. Das fehlende
Verständnis des Gesundheitspersonals sowie die Hilflosigkeit der Hausärzte bei
Atemnot führen zu negativen Gefühlen (Gysels, Higginson, 2008). Die Betroffenen
nehmen die Pflegepersonen als beschäftigt wahr und möchten diese nur im Falle

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einer Notsituation um Hilfe bitten (Hasson et al., 2008). Entscheidungen über die
Behandlung werden bei Atemnot in die Hände des Gesundheitspersonals gelegt.
Der dadurch entstandene Kontrollverlust impliziert Vertrauen, wird dieses
missbraucht, entsteht Misstrauen. Diese Bedrohung und das Misstrauen werden
von den Erkrankten erlebt (Kvangarsnes et al., 2013).

Zu einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung gehört die Kontrollgewinnung über
die körperlichen Verluste sowie über die entstandenen Gefühle (Fraser et al., 2006).
Um die Atemnot erfolgreich bewältigen zu können, ist die Adaptionsfähigkeit und
eine effektive Strategieentwicklung von großer Bedeutung (Stridsman et al., 2014).
Auch die Freizeitaktivitäten wirken sich positiv auf das Wohlbefinden der
Betroffenen aus (Genoe, Zimmer, 2017; Stridsman et al., 2014).

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4   Diskussion mit Limitationen

Es konnte anhand der Ergebnisse der Literaturübersichtsarbeit ein Einblick in das
Erleben des Symptoms Atemnot gewonnen werden. Diese Studie zeigt die
zahlreichen unbefriedigenden Bedürfnisse der Patienten mit COPD und beschreibt
ein Defizit einer informativen, emotionalen und sozialen Unterstützung der
Betroffenen durch Gesundheitspersonal auf. In vergleichbaren Studien wird die
Atemnot als Hauptgrund für die Einschränkungen in allen Bereichen des Lebens
beschrieben (Svedsater et al., 2017; Gysels, Higginson, 2011). Die Auswirkungen
der Atemnot auf die Patienten werden dabei thematisiert, vor allem werden die
physischen, emotionalen und sozialen Folgen von Atemnot beschrieben (Svedsater
et al., 2017; Halpin et al., 2015; Simon et al., 2013; Brooke, 2013; Gysels, Higginson,
2011). Die Bewältigung und das Coping der Auswirkungen werden in anderen
Studien ebenfalls dargestellt (Bove et al., 2017, Chen et al., 2016; Harris et al., 2013;
Gysels, Higginson, 2011; Williams et al., 2009).

Die Ergebnisse der ausgewählten Studien heben die emotionalen und sozialen
Auswirkungen der Atemnot auf die betroffenen Patienten hervor. Vor allem Ängste
und die soziale Isolation spielen beim Erleben der Atemnot eine große Rolle
(Svedsater et al., 2017; Stridsman et al., 2014; Halpin et al., 2015; Kvangarsnes et
al., 2013; Simon et al., 2013; Hasson et al., 2008; Fraser et al., 2006). Svedsater et
al. (2017) gehen ebenfalls auf das Erleben der Angst vor Verschlechterung der
Symptome und den atemnotauslösenden Aktivitäten ein. Auch Halpin et al. (2015)
beschreiben das Erleben der Angst und Panik als dominantes Gefühl der
Erkrankten, was aus der Lebensbedrohlichkeit während der Symptomatik resultiert.

Eine qualitative Studie von Simon et al. (2013) beschreibt die Erfahrung von
Patienten in verschiedenen Typen der Atemlosigkeit. Die Episoden werden nach
Charakteristika eingeteilt. Der COPD spezifische Typ wird als getriggert oder nicht
getriggert, unerwartet und stark beschrieben. Die Betroffenen erleben einen
Kontrollverlust, Panik und Todesangst während jeder Episode der Atemnot (Simon
et al., 2013).

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