2020 Januar - Programm - Ultraschall Berlin - Festival für neue Musik 15. bis 19. Januar 2020
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2 Editorial Inhalt Liebe Hörerinnen 2 Editorial und Hörer, 3 Aktuell © Deutschlandradio/Bettina Straub Künstliche Intelligenz wir müssen uns bei Ihnen bedanken. Sie haben sich als und gesellschaftliche Vielfalt Denkfabrikthema 2020 für Eine Welt 2.0 – „Dekolonisiert Das Festival Ultraschall Berlin euch!“ entschieden. Und fordern uns damit heraus: 4 Musik unseren Blick zu weiten, Perspektiven stärker zu wechseln, Die US-amerikanische Band Denkweisen zu überprüfen, Zusammenhänge noch besser Southern Avenue herauszuarbeiten. ‚Mose‘ von Adolph Bernhard Marx Nachrichten prägen unsere Sicht auf andere Länder und Kulturen. Aber 7 Spezial was halten wir für berichtenswert? Häufig sind es Krisen wie Krieg, Hunger, Between Ethics and Politics Dürre. Manchmal muss es sogar der besondere Aspekt sein, um das Interesse 50 Jahre nach Biafra und die Folgen eines Publikums mit westlich fixiertem Blick zu wecken: Googeln Sie mal ,Klima- für die humanitäre Hilfe in Afrika wandel‘ und ,Simbabwe‘; die Umsiedlung von Elefanten wegen Dürre oder das 8 Literatur Austrocknen der Victoriafälle (Tourismus!) scheinen von größerem Interesse Die venezolanische Literatur in Zeiten als die Folgen für die Menschen in Simbabwe. des politischen Bankrotts ‚Lesezeit‘ mit Christiane Neudecker Natürlich ist es wichtig, über Krisen zu berichten. Allerdings sollten wir auch noch mehr auf den Alltag, die Kultur, Wirtschaft und gesellschaftliche 10 Lange Nacht Debatten in jenen Ländern schauen, die wir vorrangig im Krisenmodus und als Zeugen sterben, Dinge erinnern Eine Lange Nacht über die wenig fortschrittlich wahrnehmen. #metoo ist auch in Nigeria ein Thema. Sicher- Habseligkeiten von Auschwitz lich mit einem eigenen kulturellen Zugang, der sich vielleicht nur erschließt, 11 Deutschlandfunk Nova wenn wir ihn von Autorinnen und Autoren erzählen lassen, die davon betroffen Podcastfestival 2020 sind, und wenn wir die Fakten nicht ausschließlich nach unseren eigenen kultu- rellen Vorstellungen bewerten. 12 Visitenkarte ‚Offenes Studio‘ im ‚Studio 9 – der Tag Im Sinne der Vielfalt muss auch die journalistische Berichterstattung deko mit …‘ im Deutschlandfunk Kultur lonisiert werden. Wir können die Welt nur begreifen, wenn wir unterschiedliche Perspektiven zulassen und aushalten. Eine Welt 2.0 – „Dekolonisiert euch!“ ver 13 Radiomenschen Thekla Jahn stehen wir daher als Aufforderung, stereotype Narrative weiter zu überwinden Thorsten Mathieu und Hintergründe immer wieder neu zu beleuchten. Wir werden diskutieren, 14 Gastbeitrag streiten und uns verändern. Prof. Dr. Bénédicte Savoy Sie haben uns bei der Wahl dieses Themas viele Kommentare und Hinweise mitgegeben, die wir gerne berücksichtigen. Der Austausch mit 15 Programmkalender Januar 20 Ihnen ist uns wichtig und weitere Anregungen sind willkommen: denkfabrik@deutschlandradio.de. Bereits jetzt können Sie auf unserem 78 Hörspiel und Feature Portal stöbern: deutschlandradio.de/denkfabrik/eine-welt-2-0. Monatsübersichten Ihre 80 Hörspiel Marie Sagenschneider Tipps/Ursendungen Leitung Wort, 83 Feature Deutschlandfunk Kultur Tipps/Ursendungen 86 Hintergrund Hörerservice Service-Nummern Kohlerevier Schlesien Wie Alkoholsucht Familien zerstört Telefon Nachrichten Podcast des Monats: ‚Über Podcast‘ 0221 345-1831 0221 345-29911 im Deutschlandfunk Kultur Fax Verkehrslage 0221 345-1839 0221 345-29916 88 Feuilleton E-Mail Seewetterbericht Anatol Regnier und seine Familie hoererservice@deutschlandradio.de 0221 345-29918 Trainerinnen im Spitzensport Internet Programme hören deutschlandradio.de/kontakt 0221 345-63000 90 Kinder Von Päckchen, Paketen und der Post Impressum Herausgeber Deutschlandradio, Körperschaft des Covergestaltung Grafik-Desk 91 Interview/Hörerforum/Nachrichten öffentlichen Rechts, Raderberggürtel 40, 50968 Köln, (Deutschlandradio Service GmbH) Telefon 0221 345-0 Gestaltung Mohr Design Verantwortlich Dr. Eva Sabine Kuntz (v.i.S.d.P.), Druck pva, Druck- und Mediendienstleistungen GmbH, Dr. Jörg Schumacher, Dr. Helmut Buchholz Industriestraße 15, 76829 Landau Redaktion Bettina Mayr, Brigitte Vankann, Miriam Vertrieb Deutschlandradio Service GmbH (DRS) von Chamier (Deutschlandradio Service GmbH) Raderberggürtel 40, 50968 Köln Mitarbeit Petra Baron, Mario Loch Adressenänderungen (Deutschlandradio Service GmbH), Ulrike Wallisch adressverwaltung@deutschlandradio.de Das JACK Quartet – Programmbeirat Markus Frania, Dr. Jan-Christoph Kitzler, Neu- und Abbestellungen deutschlandradio.de/kontakt Künstler beim Festival Rolf K. Otten (Deutschlandradio Service GmbH), Redaktionsschluss 21. November 2019, Ultraschall Berlin Susanne Pickert, Barbara Roth, Marie Sagenschneider Programmänderungen vorbehalten © Beowulf Sheehan
Aktuell 3 Minguet Quartett © Frank Rossbach Künstliche Intelligenz und gesellschaftliche Vielfalt Das Festival Ultraschall Berlin 1973 entwickelte der polni dem Ultraschall seit vielen Jahren zusammen- sche Schriftsteller Stanisław Lem die Idee arbeitet – ist geprägt von unterschiedlichen Konzerte im Deutschlandfunk Kultur eines Super-Computers namens GOLEM XIV, Perspektiven und Tendenzen, die nicht har- Mittwoch, 15. Januar, 20.03 Uhr der die Menschheit in zwei Vorträgen mit den monisch zum Ausgleich gebracht werden, Konzert Herausforderungen eines Lebens im Zeitalter sondern in ihrer Vielfalt und Unterschiedlich- DSO Berlin, Marc Albrecht der Künstlichen Intelligenz (KI) konfrontiert. keit miteinander in Kommunikation treten. Ein Er hinterfragt dabei radikal die Kriterien, die Porträtkonzert mit dem Black Page Orchestra Donnerstag, 16. Januar, 20.03 Uhr der Mensch aufstellte, um sich selbst als aus Wien macht diese Vielfalt hörbar. Konzert Krone der Schöpfung zu begreifen. Streng komponiert ist hingegen ein Por- JACK Quartet Mit dem elektronischen Musiktheater trätkonzert mit sämtlichen Streichquartetten Freitag, 17. Januar, 20.03 Uhr ‚Also sprach Golem‘ greifen der Komponist von Clara Iannotta. Das amerikanische JACK Konzert Kaj Duncan David und der Regisseur Thomas Quartet interpretiert die Werkreihe im Kon- oenm – österreiches ensemble Fiedler in die aktuelle Debatte um KI ein und zert – und nimmt sie einige Tage vorher auch für neue musik suchen eine musikalisch-künstlerische Ant- gleich auf CD auf, in einer Koproduktion von Samstag, 18. Januar, 19.05 Uhr wort. Welche Hoffnungen und Ängste wer- Deutschlandfunk Kultur mit dem Deutschen Konzert den durch die Entwicklung von intelligenten Musikrat. ,Also sprach Golem‘ Computersystemen heute ausgelöst, wie Zum ersten Mal ist Ultraschall Berlin mit Black Page Orchestra verändert sich das Selbstbild des Menschen einem Orchesterkonzert in der Akademie der Sonntag, 19. Januar, 20.03 Uhr und welche Handlungsoptionen bleiben für Künste zu Gast. Eine der Ausstellungshallen Konzert die Zukunft? am Hanseatenweg wird für das Rundfunk- DSO Berlin, Johannes Kalitzke Die Uraufführung von ‚Also sprach Go- Sinfonieorchester Berlin zum Konzertsaal. lem‘ ist einer der Höhepunkte von Ultraschall Zu hören ist unter anderem die Uraufführung Dienstag, 21. Januar, 20.03 Uhr Berlin – Festival für neue Musik, das Deutsch- eines Werks von Gordon Kampe. ‚Masque‘ für Konzert RSB, Brad Lubman landfunk Kultur und rbbKultur seit 1999 ge- Ensemble und Orchester, ein Auftragswerk meinsam veranstalten. von Deutschlandfunk Kultur, entfaltet ein Montag, 27. Januar, 1.05 Uhr Gesellschaftliche Fragen spielen auch Kaleidoskop ganz unterschiedlicher musika- Tonart bei Mirela Ivičević eine Rolle. „Vielleicht weil lischer Beziehungen zwischen den Musike- Trio Accanto ich in einer multiethnischen Familie in einem rinnen und Musikern des Ensemble LUX:NM Minguet Quartett multiethnischen Staat aufgewachsen bin, und dem Orchester – anspielungsreich, hin- Nina Janßen-Deinzer vielleicht auch nicht. Jedenfalls interessiert tersinnig, aufgeladen gleichermaßen mit Witz Christoph Grund es mich immer mehr nach dem zu suchen, und Melancholie. Detaillierte Informationen über alle was unterschiedliche Klänge (oder Men- Alle Konzerte des Festivals werden im Konzerte und Sendungen zum Festival schen) miteinander verbindet, bzw. nach Deutschlandfunk Kultur bundesweit übertra- finden Sie auf dem, was scheinbar ähnliche Strukturen gen. Erstmals sind wir in diesem Jahr an allen voneinander unterscheidet.“ Die Musik der fünf Abenden live dabei. Diese und weitere ultraschallberlin.de im kroatischen Split geborenen und in Wien Aufnahmen sind im ‚Konzert‘ sowie in einer deutschlandfunkkultur.de lebenden Komponistin – zurzeit Gast des langen Ultraschall-Nacht der ‚Tonart‘ zu hö- Berliner Künstlerprogramms des DAAD, mit ren. Rainer Pöllmann, Künstlerischer Leiter Ultraschall Berlin
4 Musik © Cris Civitillo Unter den Schwingen des Todesengels Josef Suk Für eines seiner ersten Konzerte als Chef- dirigent der Berliner Philharmoniker hat sich Kirill Petrenko einen ungewöhnlichen Programmpunkt vorgenommen: Mit der ‚Asrael‘-Sinfonie von Josef Suk präsentiert er eines der großen Orchesterwerke des frü- hen 20. Jahrhunderts. Dieses eindringliche Ein Porträt der Nürnberger instrumentale Requiem des tschechischen Klarinettistin und Komponistin Komponisten wird weder oft gespielt noch Rebecca Trescher Deutschlandfunk in einem Atemzug etwa mit den Sinfonien Donnerstag, 2. Januar, 21.05 Uhr Gustav Mahlers genannt – ein Vergleich, dem die Musik von Josef Suk standhalten dürfte. Deutschlandfunk Kultur überträgt Kammerjazz, groß gedacht dieses Konzert am 10. Januar live. Petrenko Ein Porträt der Nürnberger Wunderwerk barocker Bühnentechnik setzt sich übrigens schon seit Langem für Klarinettistin und Komponistin Die historische Maschinerie Suk ein und gibt damit dem Musikleben Rebecca Trescher im Ludwigsburger Schlosstheater auch jetzt einen Impuls, der in einem Berli- ner Kammermusikmarathon weitergetragen Musik mit breiter Klangpalette, aber ohne 1985 musste die hintere Bühnenanlage des wird, den wir am 29. Januar/5. Februar sen- allen Bombast: Mit ihren großen Ensembles Theaters im Residenzschloss Ludwigsburg den. Auch das Rundfunk-Sinfonieorchester gelingt es Rebecca Trescher, fast schon sin- einschneidende Eingriffe erleben, sie galt Berlin widmet sich dem Schaffen Suks und fonische Texturen zu kreieren und gleichzei- als nicht mehr zeitgemäß und entbehrlich erweckt die Tondichtung ‚Ein Sommermär- tig die Intimität und Flexibilität einer kleinen für moderne Inszenierungen. Allerdings zählt chen‘ zum Leben – zu hören am 26. Januar Jazzcombo zu bewahren. Bereits während sie in Bezug auf die Bühnentechnik, neben im ‚Konzert‘. ihres Studiums an der Hochschule für Musik der des schwedischen Schlosses Drottning- Deutschlandfunk Kultur in Nürnberg stellte Rebecca Trescher ihr holm und des Ekhof-Theaters im Gothaer 10./26./29. Januar Ensemble 11 zusammen. Der Großformation Schloss, zu den ältesten erhaltenen Exem- und 5. Februar, 20.03 Uhr gehörten sowohl Musiker mit klassischem plaren. Und so führten die Veränderungen in Konzert Hintergrund als auch solche mit klarer Jazz- der Fachwelt zu einem Sturm der Entrüstung. weiterer Sendehinweis: ausrichtung an. Zwischen diesen beiden Po- Kurz darauf begann eine eingehende minu Deutschlandfunk Kultur len bewegen sich auch Treschers Komposi tiöse Rekonstruktion, die über zehn Jahre Sonntag, 12. Januar, 15.05 Uhr tionen. Ergänzt werden sie durch Elemente dauern sollte. Die ‚Musikszene‘ fragt nach, Interpretationen aus Rock und Pop: Detailliert ausgearbeitete was mit der rekonstruierten alten Bühnen Ein Werk übermenschlicher Kraft Strukturen und ein hohes Maß an Sensibi- maschinerie im heutigen Theaterbetrieb Die ‚Asrael‘-Sinfonie von Josef Suk lität für Melodie und Tongebung treffen in noch möglich ist, wie sie sich im Festspielall- Treschers Musik auf Groove und spannende tag bewährt und wie hier historische Technik © Landesmedienzentrum Improvisationen. Im Rahmen einer eigenen und Denkmalschutz zusammengehen. Die historische Maschinerie Baden-Württemberg Konzertreihe in Nürnberg hatte Rebecca Deutschlandfunk im Ludwigsburger Schlosstheater Trescher über einen Zeitraum von mehreren Dienstag, 7. Januar, 22.05 Uhr Deutschlandfunk Monaten Gelegenheit, die vielen Nuancen Musikszene Dienstag, 7. Januar, 22.05 Uhr dieser Besetzung auszuloten und auch inter- disziplinär zu arbeiten. So entstanden eine Stummfilmmusikproduktion und Koopera- tionen mit Künstlerinnen aus Tanz, Malerei, Literatur und Videoperformance. Treschers Erfahrungen dieser Zeit sind nun in die Arbeit mit ihrem aktuellen Large Ensemble einge- flossen. Deutschlandfunk Donnerstag, 2. Januar, 21.05 Uhr JazzFacts
Die US-amerikanische Band Southern Avenue Deutschlandfunk Musik 5 Freitag, 10. Januar, 21.05 Uhr On Stage Deutschlandfunk freitags jeweils 21.05 Uhr 3. 1. Erwacht aus der Trauer Die Indie-Rockband Madrugada Aufnahme vom 25. September 2019 im FZW, Dortmund 10. 1. Routiniertes Debüt Die US-amerikanische Band Southern Avenue Aufnahme vom 8. Juni 2019 beim Bluesfestival Schöppingen 17. 1. Alternativer Country mit Weltschmerz Die kanadische Band Cowboy Junkies Aufnahme vom 7. Juli 2019 © David McClister beim Rudolstadt-Festival 24. 1. Magische Momente Stu Larsen, Gitarre, Gesang Natsuki Kurai, Mundharmonika Aufnahme vom 30. Oktober 2018 Routiniertes Debüt in der Brotfabrik, Frankfurt Die US-amerikanische Zum 85. Geburtstag des Komponisten 31. 1. History Band Southern Avenue Georg Katzers Lied-Zyklen Comeback nach 20 Jahren: Luther Allison & Band Es war Unsicherheit zu spüren, die fünf jun- 1984 sang Roswitha Trexler, Spezialistin für Aufnahme vom 4. Oktober 1994 gen Musikerinnen und Musiker waren schließ- zeitgenössisches Vokalschaffen aus Ostber- bei den 15. Leverkusener Jazztagen lich noch nie in Deutschland aufgetreten: lin, in Paris Georg Katzers Heine-Lieder. 2019 Wie würde das Publikum auf den Sound aus haben Elisabeth Dopheide, Maria Yulin und Memphis reagieren? Gibt es Unterschiede in Nigel Thean, allesamt Studierende an der der Rezeption? Sie kamen mit dem Flugzeug Musikhochschule Hannover, Katzers ‚7 Lieder aus ihrer Heimat beinahe umweglos auf die für Stimme, Klavier und Violoncello‘ posthum Oratorium oder Musikdrama? Bühne des Schöppinger Festivals. Anfangs uraufgeführt und im Deutschlandfunk Kam- ‚Mose‘ von Adolph Bernhard Marx half ihnen die Routine des Soundchecks ge- mermusiksaal produziert. In den Jahrzehn- gen die Nervosität, dann zählte die Tromm ten dazwischen entfaltet sich nun allerdings Nicht für den Gottesdienst, sondern für den lerin an und die Show rollte los – sie sind kein überbordendes Liedschaffen – Katzer Konzertsaal hat Adolph Bernhard Marx sein schließlich keine Anfänger: 2013 traf der aus war ja kein zweiter Schubert. Aber seine we- groß besetztes dreiteiliges Oratorium ‚Mose‘ Israel stammende Gitarrist Ori Naftaly in nigen Liedzyklen haben es in sich: Immer für Soli, Chor und Orchester komponiert, Memphis die Sängerin Tierinii Jackson und geht es um Existenzielles darin, gespiegelt auf ein selbst verfasstes Libretto, nachdem ihre Schwester Tikyra. Zusammen mit einem an der Figur und der Erfahrung des gegen- ihm der Textvorschlag seines Freundes Felix Bassisten und einem Hammondorgel-Spieler wärtigen Künstlers. Immer reicht die emo Mendelssohn Bartholdy nicht zusagte. 1841 bildete er 2015 die Band Southern Avenue, tionale Spannweite vom Heiter-Satirischen wurde ‚Mose‘ in Breslau uraufgeführt. Die die mit ihrem groovenden Sound zwischen bis zum bittersten Ernst. Im Zentrum der Kritiken waren zum Teil vernichtend. So ließ Gospel, R’n’ B und Blues beim Label Stax in Miniaturen steht stets das hellsichtige Wort. Robert Schumann in seiner ‚Neuen Zeit- Memphis bestens aufgehoben ist. Und zum Anders als manche seiner Kollegen macht schrift für Musik‘ kein gutes Haar an Marx: Blues und verwandter Musik – auch aus Katzer es beim Komponieren nicht etwa un- „Es hat uns lange nichts so abgestoßen als Memphis – hat man in Schöppingen beste kenntlich, vielmehr verleiht er ihm theatrale diese Musik. (…) Zum Componisten fehlt ihm Verbindungen. Dimension. Autor Ingo Dorfmüller bringt unserer Meinung nach fast alles.“ Nicht im- Deutschlandfunk dieses Liedschaffen in Erinnerung und stellt mer lag Schumann mit seinen durchaus Freitag, 10. Januar, 21.05 Uhr Frühes und Letztes gegenüber. ätzenden Kritiken richtig. Der Leipziger Ge- On Stage Deutschlandfunk wandhausChor und die camerata lipsiensis Samstag, 11. Januar, 22.05 Uhr unter der Leitung von Gregor Meyer wollen Atelier neuer Musik Marx und seinem ‚Mose‘ einen Platz im Repertoire schaffen. weiterer Sendehinweis: Deutschlandfunk Kultur Deutschlandfunk Samstag, 25. Januar, 19.05 Uhr Montag, 13. Januar, 21.05 Uhr Oper Musik-Panorama
Der Geiger Helmut Zacharias 6 Musik Deutschlandfunk Donnerstag, 30. Januar, 22.05 Uhr 4. Raderbergkonzert 2019/2020 The Beggar’s Opera Charles Valentin Alkan/ John Christopher Pepusch Schaghajegh Nosrati, Klavier schreibt die erste Anti-Oper © ullstein bild Beim Namen Charles Valentin Alkan zucken London, 29. Januar 1728: Die erste Anti-Oper auch gut geschulte Hände gern zurück: so der europäischen Bühnengeschichte erlebt viele Noten! Zehn Finger scheinen da manch- ihre Uraufführung. Nach der im Prolog auf- mal nicht genug zu sein. Alkan galt schon in tretenden Figur nennt sie der Autor John Gay Historische jungen Jahren als einer der besten Pianisten (1685 – 1732) ‚Bettleroper‘. 69 Textnummern, Aufnahmen seiner Zeit und wurde wie Franz Liszt und teils unterlegt mit Melodien aus dem volks- Deutschlandfunk Frédéric Chopin, mit denen er befreundet tümlichen Liedgut, teils bearbeitet von zeit- donnerstags jeweils 22.05 Uhr war, zu einem Liebling der Salons. Mit zuneh- genössischen Komponisten wie Georg mendem Alter jedoch wandte er sich von Friedrich Händel. Ein Werk ganz aus dem 2. 1. Kraft aus der Stille dieser Sphäre ab und führte eine beinahe Geist des Montageprinzips. Komponist John Die Pianistin Clara Haskil (1895 – 1960) einsiedlerische Existenz. Schon zu Lebzeiten Christopher Pepusch (1667 – 1752) steuert 9. 1. Sternstunden ein Außenseiter, blieb ihm auch der Nach nur eine einzige Nummer und die Ouvertüre AARO N C O PL AN D ruhm verwehrt. Dass er nicht gänzlich in Ver- bei. Und der Stoff? Eine Sensation. Die Gano- Sinfonie Nr. 3 gessenheit geriet, ist das Verdienst einiger venwelt Englands auf der Bühne in Gestalt London Symphony Orchestra weniger Ausnahmepianisten vom Range der Familie Peachum und des Räubers und Leitung: Aaron Copland eines Ferruccio Busoni und, in jüngerer Ver Schürzenjägers Macheath. Das Ganze bei Aufnahme von 1959 gangenheit, Marc-André Hamelin. Schagha- höchster Textverständlichkeit. Über ein jegh Nosrati entdeckt Alkan auf ihre Weise volles Jahrhundert erlebt ‚The Beggar’s Ope- 16. 1. Gewandt in allen Spielarten Der Cellist Wolfgang Boettcher (*1935) neu. Mit entwaffnender Selbstverständlich- ra‘ die meisten Aufführungen eines Bühnen- keit und ihrem an der Klavierkunst Johann stücks überhaupt. Ihre bekanntesten Fans, 23. 1. Wie ein Naturereignis Sebastian Bachs geschulten Blick legt sie Bertolt Brecht und Kurt Weill, werden die Die Cellistin Jacqueline du Pré die verborgenen Schönheiten im Werk des bekannteste Adaption dazu liefern, die ‚Drei (1945 – 1987) vermeintlichen Tastenungeheuers frei. groschenoper‘. 30. 1. Mein Herz ist eine Violine Deutschlandfunk Deutschlandfunk Kultur Der Geiger Helmut Zacharias Sonntag, 26. Januar, 21.05 Uhr Mittwoch, 29. Januar, 21.30 Uhr (1920 – 2002) Konzertdokument der Woche Alte Musik Six Continents Nº2: Klassik-Pop-et cetera Mein Herz ist eine Violine Manu Delago Die Gastmoderatoren Der Geiger Helmut Zacharias und die Jenaer Philharmonie (1920 – 2002) Deutschlandfunk Manu Delago gehört weltweit zu den profi- samstags jeweils 10.05 Uhr Wenn Helmut Zacharias seine Violine spiel- liertesten Virtuosen des Hang. Ein Instru- te, dann lag immer ein Lächeln auf seinen ment, das im Jahre 2000 in der Schweiz er- 4. 1. Der Jazz-Schlagzeuger Lucas Niggli Lippen: Mit viel Vibrato und klanglichem funden wurde und inzwischen in verschie- Schmelz begeisterte er ab den sogenann- 11. 1. Die Sopranistin Christina Landshamer denen Varianten hergestellt wird. Es besteht ten Wirtschaftswunderjahren ein Millionen- grundsätzlich aus zwei miteinander verkleb 18. 1. Der Liedermacher Konstantin Wecker Publikum, nicht nur in der jungen Bundes ten stählernen Halbkugeln, auf deren oberer republik, sondern auch in Europa und den Halbschale Klangfelder eingearbeitet sind. 25. 1. Der Schauspieler Götz Schubert USA. Es waren allerdings nicht die berühm So produziert das Hang mit schwingenden ten klassischen Konzerte, die ihn so populär Tönen nahezu sphärische Klänge, diverse machten, wenn er sie auch beherrschte. Es Rhythmen und kann sehr dynamisch gespielt waren eher die unkonventionelle swingende werden. Mit seinem Bandprojekt Manu Dela- und jazzige Art seines Violinspiels und die go Handmade, solistisch und in Zusammen- eigenen und arrangierten Stücke und Schla- arbeit mit anderen Künstlern wie Anoushka ger, die das Publikum liebte. Schon früh be Shankar, Björk, Bugge Wesseltoft oder Georg gab er sich in die Aufnahmestudios und hatte Breinschmid, vermag der 1984 in Innsbruck zusammen mit seiner Band in den 60er- und geborene Musiker und Komponist Manu De- 70er-Jahren zahlreiche Fernsehauftritte. Vor lago dem Hang immer wieder neue Klang- 100 Jahren wurde der Geiger in Berlin gebo- gebilde zu entlocken, die im Zusammenklang ren. mit einem sinfonisch besetzten Orchester Deutschlandfunk wie der Jenaer Philharmonie an Faszination Donnerstag, 30. Januar, 22.05 Uhr kaum noch zu überbieten sind. Historische Aufnahmen Deutschlandfunk Kultur Montag, 27. Januar, 20.03 Uhr In Concert
Spezial 7 Between Ethics and Politics © ullstein bild/Mirrorpix 50 Jahre nach Biafra und die Folgen für die humanitäre Hilfe in Afrika Ausgemergelte Gestalten, kirchlicher Hilfsorganisationen wie Diakonie 50 Jahre nach dem Ende des Biafra-Krie- Massengräber voller verhungerter Kinder. und Caritas aus. Flugzeuge wurden organi- ges – Im Rahmen einer Schwerpunktwoche Vor 50 Jahren flimmerten täglich solche siert, Schiffe gechartert. In europäischen zwischen dem 13. und 19. Januar berichtet Bilder aus der nigerianischen Provinz Biafra Städten kam es zu Benefizveranstaltungen Deutschlandfunk Kultur ausführlich über über die ersten Farbfernseher. Sie gehörten und Protestmärschen, es entstanden neue die Hintergründe und Folgen für die Entwick- zum Schlimmsten, was die Welt seit der Herr- Menschenrechtsbewegungen und in der Fol- lungszusammenarbeit. Unter anderem in schaft der Nazis zu sehen bekam. Durch eine ge Hilfsorganisationen wie ‚Ärzte ohne Gren- folgenden Sendungen: komplette Blockade der Region Biafra zwi- zen‘. Die Spendenbereitschaft war enorm. Montag, 13. Januar, 18.30 Uhr schen 1968 und dem Ende des Krieges am Humanitäre Hilfe ohne Parteilichkeit – Weltzeit 15. Januar 1970 sollen durch nigerianische Geht das? Biafra 50 Jahre danach – Truppen mehr als zwei Millionen Menschen Für die Entwicklung der humanitären Hilfe Nigeria ist nicht befriedet auf schrecklichste Weise ums Leben gekom- und des humanitären Systems, wie wir es Dienstag, 14. Januar, 18.30 Uhr men sein. Diese Bilder haben die Wahrneh- heute kennen, war dieser Krieg von großer Weltzeit mung von Afrika stärker beeinflusst, als jedes Bedeutung. Nicht nur wegen der eklatanten 50 Jahre deutsche Entwicklungshilfe – andere Ereignis. Dass sie in die Wohnzimmer Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, Weiße Retter und teure Almosen der westlichen Welt kamen, lag auch daran, sondern auch wegen seiner immensen glo dass die beiden Widersacher im Biafra-Krieg, balen Mediatisierung. Mittwoch, 15. Januar, 18.30 Uhr Emeka Ojukwu und Yakubu Gowon, die inter- Aufarbeitung und Konsequenzen Weltzeit nationale Wahrnehmung des Konflikts nicht 50 Jahre nach dem Ende des Biafra-Krieges – Geschäftsideen statt Hilfsprogramme – Neue Wege in der Entwicklungs- dem Zufall überlassen wollten. Sie holten Welche Lehren wurden gezogen? Was bedeu- zusammenarbeit renommierte PR-Agenturen ins Land, die die tet heute humanitäre Hilfe für Afrika in Zeiten dramatischen Bilder weltweit verkauften, auf der Dekolonialisierung? Welche neuen Fragen Mittwoch, 15. Januar, 19.30 Uhr diese Weise den Krieg ins öffentliche Be- stellen sich für kirchliche Akteure, die mit ih- Zeitfragen. Feature wusstsein brachten und die politische Wahr- ren Hilfsorganisationen in Afrika aktiv sind? Kultur und Geschichte nehmung beeinflussten. Ein Weg könnte der ‚experimentelle Ansatz‘ Die Macht der Bilder – Biafra, der Beispielloses Engagement kirchlicher sein, also das Engagement in kleinen Projek Bürgerkrieg und die westliche Welt Hilfsorganisationen ten, wie in den Bereichen Bildung und Ge- Donnerstag, 16. Januar, 18.30 Uhr Die Bilder von ausgemergelten Kindern lös sundheitswesen, für das im vergangenen Jahr Weltzeit ten ein bis dahin beispielloses Engagement drei Armutsforscher mit dem Wirtschafts Afrikanische Bildungsoffensive – nobelpreis ausgezeichnet wurden. Wie kön- Eliteschulen für alle nen Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Sonntag, 19. Januar, 1.05 Uhr transparentere Finanz- und Steuersysteme Diskurs erreicht und bewahrt und wie kann die Kor- Biafra und die Folgen ruption besser bekämpft werden? für die humanitäre Hilfe © ullstein bild/Roger Viollet Ulrich Ziegler, Redaktionsleiter Zeitgeschehen Deutschlandfunk Kultur
8 Literatur Die venezolanische Literatur in Zeiten des politischen Bankrotts Deutschlandfunk Kultur Sonntag, 5. Januar, 22.03 Uhr Buchhändler in Caracas © picture-alliance/dpa Wahn und Wirklichkeit Jackie Thomae Die venezolanische Literatur Literatur im Gespräch ‚Brüder‘ in Zeiten des politischen Bankrotts Terézia Mora über ihren neuen Roman ‚Auf dem Seil‘ Eines der meistdiskutierten Bücher des letz- Venezuela, das ölreichste Land Südameri- ten Halbjahres ist Jackie Thomaes Roman kas, wurde durch die sogenannte sozialisti- In ‚Der einzige Mann auf dem Kontinent‘ von ‚Brüder‘. Zwei Männer. Zwei Möglichkeiten. sche Revolution von Hugo Chávez und sei- 2009 hatte der IT-Spezialist Darius Kopp Zwei Leben. Jackie Thomae stellt darin die nem Nachfolger Nicolás Maduro innerhalb seinen Job verloren. Im zweiten Band ‚Das Frage, wie wir zu den Menschen werden, die von wenigen Jahren in das Armenhaus des Ungeheuer‘, für den Terézia Mora 2013 den wir sind. Mick, ein charmanter Hasardeur, Kontinents verwandelt. 4,5 Millionen Men- Deutschen Buchpreis bekam, dann seine lebt ein Leben auf dem Beifahrersitz, frei von schen flohen vor Hunger und Gewalt ins geliebte Frau Flora, weil sie Selbstmord be- Verbindlichkeiten. Und er hat Glück – bis ihn Ausland, unter ihnen viele Intellektuelle, gangen hatte. Nachdem er mit der Urne mit die Frau verlässt, die er jahrelang betrogen Künstler und Autoren. Wie reagieren die ihrer Asche durch halb Europa gefahren war, hat. Gabriel, der seine Eltern nie gekannt Schriftstellerinnen und Schriftsteller auf bestattete er sie schließlich im Ätna auf Sizi- hat, ist frei, aus sich zu machen, was er will: die Katastrophe in ihrem Land? Wo publizie- lien. Hier treffen wir Darius Kopp zu Beginn einen erfolgreichen Architekten, einen ein- ren sie nun, da die meisten venezolanischen des dritten Teils wieder. Ein Jahr ist im Prolog gefleischten Londoner, einen Familienvater. Verlage und Buchhandlungen aufgeben vergangen, ein weiteres dann, wenn die ei- Doch dann verliert er in einer banalen Situa- mussten und der venezolanische Buchmarkt gentliche Handlung einsetzt. Seine Familie tion die Nerven und steht plötzlich als Ag- zusammengebrochen ist? Bietet das Inter- kommt wieder ins Spiel, zu der er den Kon- gressor da – ein prominenter Mann, der tief net einen Ausweg für Prosa, Lyrik, Reportage takt abgebrochen hatte, weil diese Flora fällt. ‚Brüder‘ erzählt von zwei deutschen und Essay, trotz der fast täglichen Strom- nicht mochte. Und nach Berlin wird er schließ- Männern, geboren im gleichen Jahr, Kinder sperren? Oder findet die venezolanische lich reisen. Eine wichtige Rolle wird seine desselben Vaters, der ihnen nur seine dunkle Literatur nur noch im Ausland und für aus- 17-jährige Nichte Lore spielen, wenn Darius Haut hinterlassen hat. Die Fragen, die sich ländische Leser statt? Was bedeutet das für Kopp, der auf Sizilien zum Aussteiger gewor- ihnen stellen, sind dieselben. Ihre Leben Venezuela? Peter B. Schumann spricht mit den ist, versucht, ins Leben und in die Gesell- könnten nicht unterschiedlicher sein. Venezolanerinnen und Venezolanern im In- schaft zurückzufinden. Was hat Terézia Mora Deutschlandfunk und Ausland und liest ihre Werke. so an dieser Figur gereizt, dass sie ihr drei Mittwoch, 1./8. Januar, 20.30 Uhr Deutschlandfunk Kultur Romane widmete? Und wie hat sie sie über- Lesezeit Sonntag, 5. Januar, 22.03 Uhr haupt gefunden? Literatur Deutschlandfunk Kultur Freitag, 10. Januar, 19.30 Uhr Zeitfragen. Literatur
Literatur 9 Christiane Neudecker Studio LCB ‚Der Gott der Stadt‘ Aus dem Literarischen Colloquium Berlin ‚Der Gott der Stadt‘ heißt traditionsträchtig Lesung: Andreas Maier der neue Roman von Christiane Neudecker. Gesprächspartner: Jörg Magenau Am Anfang steht der Tod. Jemand versinkt und Frank Witzel zwischen geborstenen Eisschollen und eine Moderation: Tobias Lehmkuhl Leiche baumelt von der Decke eines Thea- ters. Die Todesfälle liegen Jahrzehnte aus- Als müsste man das Zimmer verlassen, das einander, doch es ist der gleiche Todestag: Haus, die Straße und den Ort, um am Ende, der 16. Januar. Im Winter 1912 ertrank Georg ob man es will oder nicht, genau dort wieder Christiane Neudecker Heym beim Schlittschuhlaufen, 1995 wer- zu landen: in Friedberg in der Wetterau, im den die Novizen einer elitären Schauspiel- Mühlweg, im Schoß der Familie. Wer die ers- © Maurizio Gambarini schule im gerade wiedervereinten Berlin auf ten sechs Bände von Andreas Maiers Zyklus Lesezeit sein verrätseltes Faust-Fragment angesetzt. ,Ortsumgehung’ gelesen hat, hätte nicht Deutschlandfunk Angestachelt von ihrem Professor verstri- unbedingt erwartet, dass im siebenten Band mittwochs jeweils 2.30 und 20.30 Uhr cken sie sich immer tiefer in den Gedanken- noch einmal alles von unten nach oben ge- labyrinthen des genialischen Dichters. Der kehrt wird. Doch sechs Bände lang lagen, 1. 1. Jackie Thomae liest aus ihrem Roman psychologische Druck steigt, Konkurrenz wie sich nun herausstellt, die berühmten Lei- ‚Brüder‘ (Teil 1) entflammt, Wahn und Wirklichkeit beginnen chen im Keller – in ,Die Familie’ kommen sie 8. 1. Jackie Thomae (Teil 2) zu verschwimmen. Dann wird ein Toter auf zum Vorschein. Familiengeschichte und Hei- der Probebühne der Schule gefunden. War matgeschichte – entspringt am Ende doch 15. 1. Christiane Neudecker liest aus ihrem es Mord, Selbstmord – oder doch ein Teufels- alles einzig und allein dem Geist der Lüge? Roman ‚Der Gott der Stadt‘ (Teil 1) pakt? Deutschlandfunk 22. 1. Christiane Neudecker (Teil 2) Deutschlandfunk Samstag, 25. Januar, 20.05 Uhr Mittwoch, 15./22. Januar, 20.30 Uhr Studio LCB 29. 1. Peter Schneider liest aus seinem Lesezeit Roman ‚Vivaldi und seine Töchter‘ (Teil 1) Deutschlandfunk Kultur Sonntag, 26. Januar, 0.05 Uhr (Teil 2 am 5. Februar) Studio LCB Weitere Informationen zu den Die Sagen seines Lebens, Literatursendungen in Deutschlandfunk über deren Wahrheit ich nichts weiß und Deutschlandfunk Kultur finden Sie unter deutschlandradio.de/literatur Drei literarische Väterporträts Minima Poetica „In Deutschland ist der Holocaust Familien- von der Kölner Poetica 6 geschichte.“ Dieses Diktum Raul Hilbergs, Widerstand, Widerspruch, ja: das auf die deutsche Nachkriegsgesellschaft Widerspinst Peter Schneider der Täter gemünzt war, triff t auch auf die Ver- ‚Vivaldi und seine Töchter‘ folgten und Opfer zu. Drei Autorinnen legen Sieben Autorinnen und Autoren aus aller mit ihren Väter-Biografien beredtes Zeugnis Welt reisen an zur sechsten Poetica in Köln. Zu Lebzeiten war er eine Berühmtheit, heute davon ab. Natascha Wodin erzählt die von Sie stellen sich am Eröffnungsabend mit zählen seine Kompositionen zu den meist- Deportation und Zwangsarbeit gezeichnete Lesungen und im Gespräch mit dem Kurator gespielten weltweit. In der Zwischenzeit aber Lebensgeschichte ihres russischen Vaters, Jan Wagner vor. Das Fest der Weltpoesie war Antonio Vivaldis Werk bis zu seiner Wie- Barbara Honigmann beschreibt den Lebens- widmet sich der Fähigkeit des Standhaltens: derentdeckung vor 100 Jahren komplett ver- weg ihres jüdischen Vaters aus dem Exil in Als Resistenz kann der Härtegrad eines Ge- gessen. In ‚Vivaldi und seine Töchter‘ erzählt die DDR und seine Wandlung zum Kommu- genstands bezeichnet werden, die Wider- Peter Schneider die Geschichte des musika- nisten, während Wencke Mühleisen den Spu- standsfähigkeit eines Lebewesens gegen- lischen Visionärs und begnadeten Lehrers. ren ihres Vaters nach Slowenien ins Milieu über Einwirkungen von außen, schließlich Er begibt sich auf die Spur des geweihten der ‚volksdeutschen‘ Nationalsozialisten der Widerstand gegen eine Lage, einen Men- Priesters und Musikers im barocken Venedig. folgt. Aus drei Perspektiven fügt sich eine schen, eine Gruppe von Menschen. Alle drei Und er entdeckt dabei eine etwas unterbe- monströse deutsche Gewaltgeschichte zu- Bedeutungen lassen sich ohne Weiteres auf lichtete Seite des Musikgenies: Sein ganzes sammen, die im Schweigen ihren Nachklang die Poesie übertragen, die gefestigt genug Leben lang hat der „Prete Rosso“ an einem hatte: Die Väter haben wenig oder gar nichts sein will, um dem Vergehen zu trotzen. Mit Waisenhaus gearbeitet und mit den musika- erzählt. Auch wenn für ihre Töchter viele of- einer störrischen Beharrlichkeit scheint sie lisch begabten Mädchen das erste Frauen- fene Fragen bleiben – ihre Erkundungen im nachgerade immun zu sein gegen den flüch- orchester Europas gegründet. Für sie schrieb Vaterland ergeben ein komplexes Bild von tigen Zeitgeist und alle modischen Ismen – er einen großen Teil seiner Konzerte, mit ih- Deutschland im 20. Jahrhundert. und ist also ein Gegenentwurf zum Status nen brachte er sie zur Aufführung. Deutschlandfunk Kultur quo, ein Widerspruch, ein Widerspinst. Deutschlandfunk Freitag, 17. Januar, 19.30 Uhr Deutschlandfunk Kultur Mittwoch, 29. Januar Zeitfragen. Literatur Sonntag, 26. Januar, 22.03 Uhr und 5. Februar, 20.30 Uhr Literatur Lesezeit
10 Lange Nacht Zeugen sterben, Dinge erinnern Eine Lange Nacht über die Habseligkeiten von Auschwitz Elie Wiesel nannte Auschwitz alles zu bewahren, was sonst längst zerfallen gezeichnet, nach der Befreiung auch aus der die „siebenmal verriegelte Nacht“. Seine Er wäre. Leder zerbröckelt, Haare lösen sich auf, Erinnerung und sehr präzise. Seine Zeich- innerungen an die Shoah hat er mit Literatur Papier verblasst ohne professionellen Erhalt. nungen dienten als Grundlage für einige Pro- befreit. Da blieb von den letzten Stunden sei- Wir haben diese Werkstätten besucht und zesse gegen die Täter. Zwi Steinitz hat bis zu nes Freundes Juliek, einem Geiger, nur eine gefragt, wie authentisch konservierte Gegen- seinem Tode im August 2019 jeden Tag Ge- zertretene Violine, eine „kleine, wunderliche, stände noch erzählen können, wem sie ge- dichte geschrieben über Auschwitz, er hatte erschütternde Leiche“. Sie verschwand, so hörten und wer sie mitgenommen hat auf seine gesamte Familie in der Shoah verloren wie Juliek, für immer. die letzte Reise. Zwei Konservatorinnen aus und konnte erst spät über das Grauen spre- Die Nationalsozialisten haben nicht nur Deutschland erzählen, wie sie Briefe schüt- chen. Die ehemalige Geigerin Hilde Simcha die Juden Europas physisch vernichtet, sie zen, Schuhe bearbeiten, Kämme oder Zahn- erzählt vom Mädchenorchester, für das sie wollten auch jede Erinnerung an ihre Opfer bürsten retten, Kleider zusammenhalten, Noten transkribierte. Sie durfte als Orches- auslöschen, kein Zeugnis sollte bleiben: kei- Prothesen aufarbeiten und sogar Zyklon-B- termitglied ihre Haare behalten und hat sich ne Namen, keine Orte, keine Instrumente, Dosen von Rost befreien. Mit modernsten in Auschwitz Lockenwickler geschnitzt, um keine Kleider, keine Schuhe, keine Schriften, konservatorischen Mitteln gelingt es ihnen, frisiert ein wenig menschlicher auszusehen. keine Koffer, keine Zeichnungen … Es ist ih- Gegenstände, die längst zerfallen wären, als Die Lockenwickler, ein Samtkästchen für nen nicht gelungen. Tausende letzte Habse- Erinnerung zu bewahren. Sie berichten auch, Shabbatfeiern, ein Buch mit Rilke-Gedichten ligkeiten der Ermordeten ließen sie im größ- wie wichtig ihnen diese Arbeit ist, trotz der und Goethes ‚Faust‘, der sie durch Auschwitz ten Vernichtungslager zurück. Diese mittler- seelischen Anstrengungen, die sie mit sich begleitet hat, vermachte sie schließlich der weile ein dreiviertel Jahrhundert im Museum bringt. Gedenkstätte Yad Vashem. Sie konnte sich und in Depots lagernden Gegenstände sind, Wir haben die letzten, hochbetagten Zeit- nur schwer von den Erinnerungsstücken wenn die Zeitzeugen irgendwann nur mehr zeugen in Israel nach ihren Erinnerungen trennen. schweigen, jene Dinge, die das größte Ver- befragt: Batsheva Dagan hat als Auschwitz- Wir fragen junge Menschen jüdischen brechen der Menschheitsgeschichte bezeu häftling die letzten Habseligkeiten der Opfer Glaubens in Deutschland, wie sie sich ein gen sollen. Junge Konservatoren in moder- sortiert und verpackt, sie wurden nach Erinnern an die Shoah vorstellen könnten. nen Werkstätten auf dem Gelände des ehe- Deutschland geschickt. Der Maler Yehuda Und wir lesen für die ‚Lange Nacht‘ zum 75. maligen Konzentrationslagers bemühen sich, Bacon hat als Junge in Auschwitz heimlich Jahrestag der Befreiung von Auschwitz auch die großen Dichter, die jene „siebenmal ver- riegelte Nacht“ überlebt haben: Ruth Klüger, Elie Wiesel, Imre Kertész und Primo Levi. Maria Ossowski Deutschlandfunk Kultur samstags, 0.05 Uhr Lange Nacht Deutschlandfunk samstags, 23.05 Uhr Lange Nacht 4. 1. Hoffnung entsteht im Handeln Die Lange Nacht über 40 Jahre Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau © ullstein bild/SPUTNIK Alternativer Nobelpreis 11.1. Fremd in der Welt und frei im Leben Eine Lange Nacht über Jean-Paul Sartre und Albert Camus 18. 1. Schmelztiegel am Mekong Eine Lange Nacht über das Goldene Dreieck 25. 1. Zeugen sterben, Dinge erinnern Eine Lange Nacht über die Habselig- keiten von Auschwitz
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12 Visitenkarte Radio live erleben ,Offenes Studio‘ im ‚Studio 9 – der Tag mit …‘ im Deutschlandfunk Kultur © Deutschlandradio/Marius Schwarz Anke Schaefer, Jenny Grenzmer, Julius Stucke, Frank Ulbricht, Alexander Moritz, Judith Velninski und Korbinian Frenzel (v. l. n. r.) Funkhaus Berlin. Kurz nach gewesen sein, das an genau diesem Tag live Beispiel Chefredakteurinnen wie Bascha zwölf. Noch drei Minuten, bis das Rotlicht für dabei war, bei einer der ersten Ausgaben des Mika (Frankfurter Rundschau), ‚Mr. Tages die Mittagssendung im Deutschlandfunk ‚Offenen Studios‘ im Deutschlandfunk Kultur. themen‘ Uli Wickert, Philosophen wie Wolf Kultur ‚Studio 9 – der Tag mit …‘ angeht. Der Seit September laden wir jeden Donnerstag ram Eilenberger, Politiker wie Cem Özde- Moderator geht gerade noch einmal mit der Hörerinnen und Hörer ein, im Studio Platz mir, Alexander von Lambsdorff oder auch Kulturkritikerin Jenni Zylka, dem Gast der zu nehmen, wenn wir mittags Radio machen Gesine Schwan (die ihre Kandidatur für den Sendung, die Themen durch, die im Mittel- und dort die wichtigen Fragen des Tages ver- SPD-Vorsitz übrigens an unserem Mikrofon punkt der Sendung stehen sollen: die Klima- handeln. Eine Idee, die entstanden ist, weil ankündigte). Zum Stamm unserer regelmä- krise im Bundestag, der aktuelle Antisemitis- wir Macher neugierig waren auf die Fragen, ßigen Gäste zählen außerdem Schriftstel mus-Bericht, später dann der 50. Geburtstag die Sie sich, unsere Hörerinnen und Hörer, lerinnen, Theater-Intendanten, Historike- des Beatles-Albums ‚Abbey Road‘ … Da hallt zu aktuellen Themen stellen. Wo laufen wir rinnen und Strategen von Thinktanks. Das die Stimme der Redakteurin aus der Regie Gefahr, bei den Aspekten stecken zu blei- verspricht ungewöhnliche Perspektiven auf durch die Lautsprecher im Studio: „Achtung, ben, die vielleicht die Medien- und Politik- Themen, die uns alle bewegen. So erzeugen gerade kommt die Meldung rein: Jacques welt brennend interessieren, aber sonst wir ein neues, zeitgemäßes Verständnis von Chirac ist gestorben.“ Kurze Rücksprache kaum jemanden? Das ‚Offene Studio‘ wurde aktuellem Zeitfunk. Im Radio ist das hörbar, mit den Nachrichten, die gerade live im Nach- aber auch aus der Taufe gehoben, weil wir aber auch im täglichen Podcast und live zu barstudio präsentiert werden: „Habt ihr eine gemerkt haben, wie groß das Interesse an erleben, immer donnerstags. Gerüchtewei- zweite Quelle, die die Nachricht bestätigt? einem Blick hinter die Kulissen ist. Wie ent- se heißt es ja, die spannendsten Gespräche Noch nicht?“ Okay, also abwarten. Anruf steht Radio? Wer sind die Menschen dahin- finden dann statt, wenn das Mikrofon aus ist. beim Korrespondenten in Paris, der bestä- ter? Wo und wie fallen redaktionelle Entschei- Kommen Sie zu uns und finden Sie es selbst tigt. Jetzt meldet auch der Élysée-Palast, dungen? In diesen Zeiten ist es wichtiger heraus. dass der frühere französische Präsident ge- denn je, journalistische Arbeit transparent zu storben ist. Fünf Minuten nach der ersten machen. Und die Werkstatt zu öffnen, in der Korbinian Frenzel, Meldung ist klar: Wir schmeißen das Pro- ständig abgewogen wird: Was ist relevant, Redaktion ‚Studio 9 – der Tag mit …‘ gramm um. Der große Monitor im gläsernen was ist gesprächswertig, was ist aktuell? Deutschlandfunk Kultur Studio 9 zeigt ein neues Thema im Sende ‚Studio 9 – der Tag mit …‘ – die Mittags- ablauf: Jacques Chirac, Nachruf auf einen sendung im Deutschlandfunk Kultur – liefert der großen Präsidenten Frankreichs. montags bis samstags von 12.05 Uhr bis Weitere Informationen zur Anmeldung für einen Studiobesuch Zugegeben, nicht jeder Tag bringt ‚Brea- 13.00 Uhr genau diesen Mix. Dabei hat diese king News‘ wie diese mit sich. Umso interes- Radiostunde ein Grundprinzip: Wir diskutie- deutschlandfunkkultur.de/ santer dürfte es für das kleine Publikum ren die Themen des Tages mit einem Gast offenesstudio aus Medien, Politik oder Kultur. Das sind zum
Radiomenschen 13 © Deutschlandradio/ Annika Pesch Neugierig auf Musik Ein fünfjähriger Junge interessiert sich in der Regel für Feuerwehr, Märchenhörspiele und Fußball. Bei mir war Lebenslanges Lernen es neben dem Fußball die Musik. Pink Floyd und Neil und Arbeiten Young bekam ich von meinem Vater auf die Ohren, selbst entdeckte ich sehr früh Queen, Santana und … Bei uns zu Hause in Hamburg lief fast immer das Radio – die Bay City Rollers. Die Boyband der 1970er-Jahre sorg- mal im Hintergrund, mal lauschten wir gebannt, wie an te dafür, sich auch mit Fragen zu beschäftigen wie: Wer jenem Rosenmontag, als ein Reporter live vom Kölner singt da eigentlich? Wer komponiert die Songs? Woher Karnevalszug berichtete. Ich war damals fünf Jahre alt stammt der Künstler oder die Band? Der musikaffine und stellte mir bei den Worten des Mannes am Mikrofon Freundeskreis meiner Eltern, darunter auch viele Musi- einen langsam dahinratternden Eisenbahnzug vor, über- ker, hatte die Antworten auf meine Fragen. In der Schule voll mit kostümierten Menschen, die sich lachend aus hatte ich das Glück, gleichgesinnte Kumpels zu finden, den Fenstern beugten und Bonbons auf den Bahnsteig mit ihnen neue Musik zu entdecken und kennenzulernen. regnen ließen. Wer kauft welchen Tonträger, um die ersten Mixtapes Dass es sich ganz anders zutrug in Köln, das erfuhr herzustellen? Das Taschengeld war natürlich sehr be- ich einige Jahre später, als wir in die Nähe der Rhein grenzt. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Eltern nicht metropole umgezogen sind. Aber die mitreißende und mehr mitreden, man hatte ja seinen eigenen Geschmack. die Fantasie beflügelnde Livereportage reichte aus, Damals entdeckten meine Freunde und ich auch die um mich in den Bann des Mediums Hörfunk zu ziehen. Musikzeitschriften. Die Mitschüler konsumierten die Ungezählt sind die Hörspiele, die ich seit meiner Kind- ‚Bravo‘, wir den ‚Musikexpress‘. Dann kamen die Schat- heit gehört habe; unvergessen die ‚aufklärenden‘ Sen- tenzeiten. Mit dieser riesigen Musikbegeisterung fielen dungen eines Joachim-Ernst Berendt, der mir seine die Schulnoten in den Keller. Im Elternhaus sorgte das Begeisterung für Jazz vermitteln konnte. Berührt haben natürlich für schlechte Stimmung, Nachhilfe hieß die mich seit jeher Reisereportagen, die mich in ferne Län- Lösung. Auch hier hatte ich Glück und lernte die richti der mitreisen und in fremde Kulturen eintauchen lassen. gen Menschen kennen: Meine Nachhilfe für Deutsch und Dennoch: Auf den Gedanken Journalistin zu werden Französisch arbeitete beim Radio. Wow! Der Rest ist ei- und selbst Hörfunk zu machen, kam ich erst einmal gentlich Geschichte. Nach einem Jahrzehnt Privatradio nicht. Fasziniert von interkultureller Kommunikation wur- führte der Weg zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk. de ich Fremdsprachenkorrespondentin, studierte Lite Ich sammelte 17 Jahre Erfahrung beim Saarländischen ratur- und Sprachwissenschaften, reiste nach Mittel- und beim Hessischen Rundfunk, bevor mein Weg zu und Südamerika. Erst während des Germanistikstudiums Deutschlandfunk Nova führte. Bei Deutschlandfunk begann ich für Zeitungen zu schreiben und Hörfunk zu Nova sind wir hungrig darauf, neue Musik zu entdecken, machen. Seit meinem Redaktionsvolontariat beim NDR Künstler und Bands zu unterstützen, die ihre eigenen ist mir die Arbeit für Fernsehformate ebenfalls ans Herz Geschichten geschrieben haben und qualitativ hoch- gewachsen, und mittlerweile sind Online- und Social- wertige Musik produzieren. Es gilt, das Musikstück zu fin- Media-Aktivitäten aus meiner journalistischen Arbeit den, das unserer jungen Zielgruppe gerecht wird und nicht mehr wegzudenken. Daneben habe ich am Aufbau zum anspruchsvollen Wortprogramm passt. Eine weite- von Wissensportalen mitgearbeitet, bin als Lehrbeauf- re schöne Herausforderung für mich ist die Umsetzung tragte an Universitäten tätig und Gutachterin für die Ak- der Konzerte ‚Auf der Bühne‘ mit jungen Künstlern. Diese kreditierung von Studiengängen. Nach wie vor fesselt Konzertreihe haben wir im Musikredaktionsteam für mich das Akustische, denn in Stimmen verdichtet sich Deutschlandfunk Nova entwickelt und dabei großen das Sein, in Geräuschen und Musik die unmittelbare Wert auf Veranstaltungsräume mit Charakter gelegt, wie Emotion. Und so bin ich seit vielen Jahren begeistert zum Beispiel den Kammermusiksaal im Deutschlandfunk dabei, ‚Radio zu machen‘ – speziell im anspruchsvollen oder den Raum Dresden im Deutschlandfunk Kultur. Ein Programm Deutschlandfunk. Job, der viel Spaß macht und den erwachsen geworde Nachdem ich für verschiedene Kultur- und Wissen- nen Jungen wieder ganz Kind sein lässt. schaftsredaktionen unterwegs war, bin ich nun seit Oktober 2019 fest verankert in der Redaktion ‚Campus & Thorsten Mathieu, Karriere‘. In unserer täglichen Sendung nehmen wir Redakteur bildungspolitische Themen in den Blick und begleiten Deutschlandfunk Nova alle Etappen des lebenslangen Lernens und Arbeitens. Thekla Jahn, Redakteurin ,Campus & Karriere‘ Deutschlandfunk © Deutschlandradio/ Dirk Borm
14 Gastbeitrag Öffnet Euch Prof. Dr. Bénédicte Savoy, 1972 in Paris geboren, ist fran zösische Kunsthistorikerin. Sie ist Professorin für Kunst geschichte der Moderne an der Technischen Universität Berlin sowie Professorin für die Kultur- geschichte des europäischen Kunsterbes des 18. bis 20. Jahr- hunderts am Collège de France in Paris. Ihre Forschungsinte ressen sind Kunst und Kultur- transfer in Europa, Museums © Brigitte Friedrich geschichte sowie Kunstraub und Beutekunst. 2016 erhielt sie den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Von Bénédicte Savoy Forschungsgemeinschaft. Westdeutschland im Frühjahr Die Lektüre der alten Korrespondenzen, Und heute? Museen wurden von Deutsch- 1979. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung be- Handreichungen, Sitzungsprotokolle und land nicht gebaut und Objektverzeichnisse richtet auf einer vollen Seite über ein Sym- Vermerke, die in den Dienstzimmern der da- in Deutschland tatsächlich nie publiziert. posium, das wenige Tage zuvor in Lindau zu maligen Museumsverantwortlichen in Berlin, Wer heute in Kamerun, Nigeria, Ruanda, Le- Ende gegangen ist: ‚Museen und die Dritte Stuttgart, München, Köln etc. entstanden, sotho, Tansania, Namibia etc. erfahren will, Welt‘. In freier Anlehnung an Karl Marx’ oft lässt tief in die Vergangenheit aktueller Ver- was vom dortigen materiellen Erbe sich zitierte Formel beginnt der Artikel mit dieser krampfungen blicken. Sie machen gleich- heute in den unsichtbaren Museumsdepots Feststellung: „Seit etwa sechs Jahren geht zeitig sichtbar, wie institutionelle Herablas- von Berlin, Hamburg, Stuttgart, München, ein Gespenst um in europäischen Museen, sung, Zynismus und Verachtung den Alltag Bremen, Köln, Leipzig oder Dresden befin- kurz Restitution genannt.“ In der Tat hatte vieler Behörden prägte, wenn es zum Bei- det, erfährt es nicht. Wer umgekehrt in Ber- eine 1973 in New York verabschiedete Reso- spiel hieß, man solle den Restitutionsforde lin, Hamburg, Stuttgart, München, Bremen, lution der UNO überall in der Welt – beson- rungen der Dritten Welt mit einem Angebot Köln, Leipzig oder Dresden heute erfahren ders in Europa und speziell in Deutschland – nach infrastruktureller Unterstützung be- möchte, welche kolonialen Mechanismen eine breite und hitzige, heute völlig verges- gegnen. „Ob man dann, in Form einer noblen und gewaltsamen Strukturen den Aufbau sene Debatte ausgelöst, deren Spuren sich Geste da und dort entsprechende Samm- der riesigen, geisterhaften Sammlungen in zahlreichen Archiven befinden. In Frank- lungen hingibt, hingeben soll, ist eine ande- im Herzen unserer Städte begünstigt haben, reich, Belgien, Großbritannien, aber auch re Frage. Aber das wird nach meiner Über- darf es auch nicht erfahren oder selbst er- und besonders in Deutschland entwickelten zeugung nicht vor 1990 der Fall sein“, schätz- forschen. Die Objekte leben unter uns. Sie daraufhin Museumsfunktionäre unterschied- te der Direktor des ethnologischen Muse- arbeiten in uns. Doch die Institutionen, die liche Strategien, um mit diesen Forderungen ums in Stuttgart im Jahr 1976, „und bis dahin sie in Deutschland aufbewahren, sind seit aus der ‚Dritten Welt‘, wie es damals hieß, ist ja noch einige Zeit.“ Gleichzeitig wehrten vierzig Jahren nicht bereit, Objektverzeich- umzugehen. In einer vertraulichen Stellung- sich die Museen gegen die Veröffentlichung nisse zu publizieren. Transparenz ist der nahme der deutschen UNESCO-Kommission von Objektverzeichnissen zu ihren Bestän- erste Schritt zur Dekolonisierung. Ohne hieß es im Sommer 1978: „Die Länder der den aus Afrika, Indien oder der Südsee: „Vor Transparenz kein Vertrauen. Dritten Welt sind entschlossen, ihr Kulturgut der Erstellung solcher Listen wird sowohl wiederzulangen und daheim zu präsentie- von Seiten unserer Völkerkundemuseen ren.“ Die Lage schien ernst, viele Museen als auch der Kulturverwaltungen gewarnt. machten mobil. So würden Begehrlichkeiten erst recht ge- weckt“, stellt ein ‚vertrauliches‘ Dokument der deutschen UNESCO-Kommission von 1978 fest.
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