DAV gibt's nicht" - Eins & Drei

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DAV gibt's nicht" - Eins & Drei
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                                   © Deutscher Apotheker Verlag

                 © DAV
                 „Geht nicht,

                 gibt’s nicht“
                               Wie pharmazeutische Kompetenz
                               statt Preisaktivität funktioniert

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DAV gibt's nicht" - Eins & Drei
Hinter den Kulissen                                                                                          9
                                           © Deutscher Apotheker Verlag
       In Bayreuth sind sie mit ihren vier Apotheken
       einer der Platzhirsche: Apotheker Dr. Jens
       Landwehr und Apotheker Dr. Andreas Paul.
       Und dies, obwohl sie nicht mit Rabatten,
       Talern und OTC-Sonderangebotsflyern arbeiten.
       Ihr Credo ist, pharmazeutische Kompetenz zu
       zeigen und zu leben. Ihre Filialleitungen, ihre
       Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen hinter
       dieser Philosophie.

        Text: Peter Ditzel
        Fotos: Philip Kottlorz

                         © DAV
       D    as vergangene Jahr hält die beiden Apotheker Jens
            Landwehr und Andreas Paul, die ihre vier Apo-
        theken in einer OHG führen, mächtig in Atem: In der
                                                                 mittel weiterverarbeitet“, erinnern sie sich. „Es war
                                                                 unglaublich, die Menschen standen bis auf die Straße,
                                                                 sie wollten alle ein Desinfektionsmittel haben.“
        ersten Corona-Welle müssen sie die Schutzwände in              Mit ihrem Facebook-Kanal, über den sie unter an-
        den Apotheken aufbauen und Arbeitsabläufe umstel-        derem per Podcasts immer wieder neueste Infos über
        len, Masken besorgen, Desinfektionsmittel herstellen,    den Verlauf der Pandemie, zum Corona-Virus und ihre
        aber vor allem viele beunruhigte Kundinnen und Kun-      Einschätzung dazu in einer sehr persönlichen, gut
        den informieren und beraten. Dann setzt ihnen die        verständlichen und einfachen Sprache verbreiten, er-
        Umstellung auf die neue Apobank-Soware zu, die          reichen sie weit über 100.000 User. „Unsere Podcasts
        so nebenbei kurzzeitig mal eine sechsstellige Summe      waren so erfolgreich, weil wir die Sorgen und die Nöte
        verschwinden lässt. Im September strei sie die AvP-     der Menschen aufgegriffen und Antworten gegeben
        Insolvenz, zum Glück nicht mit dem Hauptgeschä.         haben“, sind die beiden Apotheker überzeugt. Ihr per-
        Zwischendurch kommt ihre Mohren Apotheke im Zuge         sönliches Fazit, warum sie das vergangene Jahr trotz
        der Black-Lives-Matter-Bewegung wieder einmal in die     aller Widrigkeiten gut überstanden haben: „Den Rou-
        Diskussion. Und gegen Jahresende sorgt noch die zwei-    tinebetrieb hatten wir quasi eingestellt, es kam eh
        te Corona-Welle mit Maskenausgabe und erhöhtem Be-       immer anders. Unsere Routine war zu wissen, dass es
        ratungsbedarf für Mehrarbeit. „Das Jahr war heig“,      jeden Tag anders kommt“, lacht Paul.
        resümieren sie, „aber wir haben es glücklicherweise            Ein Problem bei der Arzneimittelbelieferung ist
        ohne gravierende Einschnitte überstanden.“ Die Coro-     auch, dass sie meist aus einem Versorgungsengpass
        na-Wellen können sie sogar positiv nutzen: „Wir wa-      heraus handeln müssen: „Wir haben uns deshalb so-
        ren von Anfang an gut mit Masken versorgt, konnten       gar dazu entschlossen, unser Lager entgegen allen
        auch über einen befreundeten Importeur kurzfristig       betriebswirtschalichen Erwägungen massiv aufzu-
        Masken aus Asien nachbestellen.“ Dann gelingt es ih-     stocken, um liefern zu können – das hat sich herumge-
        nen, eine große Menge an Isopropanol bei einem Che-      sprochen. Und so sind wir relativ gut durch die Corona-
        miewerk aufzutreiben – sie steigen in die Produktion     Welle gekommen.“
        von Desinfektionsmitteln ein. Es wird eine „turbulente
        Zeit“: „Tagsüber haben wir Kunden zu Fragen rund um      Aller Anfang ist …
        die Pandemie beraten und beruhigt, Infos auf Face-
        book gepostet und nachts standen wir dann bis zwei       Jens Landwehr (Jahrgang 1975) weiß, dass er eine
        Uhr morgens in der Apotheke und haben die 250-Liter-     Pole-Position hatte: „Ja, ich komme aus einer Apothe-
        Fässer mit Isoprop abgepumpt und zu Desinfektions-       kerfamilie, die ich bis zu meinem Urgroßvater zurück-     >

        Eins & Drei 1/2021

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Hinter den Kulissen                                                                                           10
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     verfolgen kann.“ Wobei die Geschichte dieser Familie
     nicht an einer Apotheke hängt, die immer weiterver-
     erbt wurde, Eltern und Großeltern hatten verschiedene
     Offizinen. Die Rathaus Apotheke gehörte seinen Eltern
     Enno und Georgia Landwehr, die Brandenburger Apo-
     theke hatte sein Großvater Otto Wunderlich gegründet
     – das ist der Grundstock, auf den er aufbauen kann.
           Als sich Jens Landwehr für ein Studium entschei-
     det, verspürt er keinen Druck von seinen Eltern, die
     Apothekerlaufbahn einzuschlagen, fast das Gegenteil:
     „Mein Vater meinte sogar, das Leben als Apotheker ist
     lang nicht mehr so schön wie früher, also mach, was
     du für richtig hältst. Aber natürlich freute er sich über
     meinen Entschluss, Apotheker zu werden und die Apo-
     theken weiterzuführen.“
           Fürs Pharmaziestudium geht er nach Erlangen.
     Obwohl er zwischendurch auch mal mit einem Medi-
     zinstudium liebäugelt, findet er mehr und mehr Spaß
     an der Pharmazie. Schon im Studium wird ihm klar,
     dass er den Kontakt zu den Kunden, zu den Menschen
     sucht und braucht, eine Industrie- und Hochschullauf-

                      © DAV
     bahn kommt für ihn nicht infrage. Aber er schließt
     noch eine Promotion ans Studium an: „Mein Doktor-
     vater sprach mich an und ermunterte mich dazu. Und
     mein Vater riet mir unbedingt dazu: In die Apotheke
     kannst du auch noch später kommen. Mit einem Dok-
                                                               Das imposante Gebäude der Mohren Apotheke wurde im Jahr
     tortitel ist das Standing den Ärzten gegenüber viel
                                                               1610 in der Bayreuther Maximilianstraße erbaut. Im März
     besser.“ Und so bleibt er noch zur Promotion im Fach
                                                               2009 übernahmen Dr. Landwehr und Dr. Paul die Apotheke.
     Chemie in Erlangen.
           Während der Erlanger Zeit lernt er Andreas Paul
     (ebenfalls Jahrgang 1975) kennen, einen Studienkolle-     ken: Er fragt bei der Hagener Rathaus-Apotheke von
     gen, mit dem er zeitweise in einer Wohngemeinscha        Dr. Klaus Fehske nach, ob er ein Praktikum machen
     wohnt. Aus dieser Freundscha heraus wächst die           dürfe. Und ja, er kann dort für einige Wochen hospi-
     Idee: Warum später nicht gemeinsam eine Apotheke,         tieren. „Wir haben von Klaus Fehske in der Tat viel ge-
     einen Apothekenverbund führen? Wobei beiden klar          lernt“, so Landwehr. „Wir haben zwar nicht alles, aber
     ist, dass eine Freundscha und eine geschäliche          vieles von Fehskes Gedanken zur Apothekenführung
     Partnerscha zwei Dinge sind. Und ihnen ist bewusst,      übernommen und in unseren Verbund übertragen. Es
     dass man nicht immer einer Meinung sein kann, „was        war eine interessante Zeit. Er war und ist für uns nach
     durchaus spannend sein kann“, wie Paul es formuliert.     wie vor ein guter Ratgeber und Freund.“
           Doch bevor sie ihr Projekt in die Tat umsetzen             Am 1. Januar 2006 ist es dann so weit, Jens Land-
     können, geht Landwehr 2005 nach seiner Promotion          wehr wird Chef der Rathaus- und der Brandenburger
     zunächst als Angestellter in die elterliche Apotheke,     Apotheke: „Ehrlich gesagt, an Silvester davor habe ich
     wo sein Vater gerade die beiden Apotheken, die im Fa-     schlecht geschlafen, denn mir wurde bewusst, dass
     milienbesitz sind, in einen Filialverbund zusammen-       ab dem nächsten Tag alle Verantwortung, auch die fi-
     führt und die Filiale im alten Stil der 50er- bis 60er-   nanzielle, in meinen Händen liegt. Ein wenig leichter
     Jahre modernisiert.                                       machte es mir die öffentliche Ankündigung meines Va-
           Auf die Übernahme der Apotheke bereitet sich        ters vor der Belegscha, voll und ganz hinter meinen
     der junge Apotheker Landwehr nicht durch externe          Entscheidungen zu stehen. Und wenn ich Rat bräuchte,
     Kurse vor. Er schaut sich stattdessen viel bei seinem     könne ich gerne auf ihn zukommen.“
     Vater ab, z. B. auch das betriebswirtschaliche Arbei-           Auch Andreas Paul geht nach dem Studium zu-
     ten, was er sich durch Learning by Doing aneignet. Und    nächst als Angestellter in eine Apotheke, entschließt
     er schaut über den Tellerrand der heimischen Apothe-      sich dann ebenfalls zu einer Promotion im Fach Che-

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        mie. Bald darauf tritt er zunächst als Filialleiter seine resultieren. Während die Apotheke am Roten Hügel,
        Stelle in der Brandenburger Apotheke an, wo er erste      die Brandenburger Apotheke und die Rathaus Apo-
        Erfahrungen mit der Leitung eines Apothekenbetriebs       theke überwiegend auf eine Stammkundscha bauen
        sammelt.                                                  können, ist die Stärke der Mohren Apotheke, mitten
                                                                  in der Fußgängerzone, die Laufkundscha. Unter-
        Wenn der Zufall hil                                      schiede zeigen sich auch im Klientel der einzelnen
                                                                  Apotheken. Die Rathaus Apotheke hat in erster Linie
        2008 hört Jens Landwehr durch Zufall, dass die Moh-       eine besser gebildete Kundscha, die Brandenburger
        ren Apotheke von Bayreuth zum Verkauf steht. „Das         Apotheke bedient den Mittelstand, das Klientel ist bun-
        sahen wir als eine besondere Chance, da mussten wir       ter gemischt. „Dennoch haben wir für alle Apotheken
        zugreifen“, begeistern sich die beiden Apotheker noch     dieselbe Grundphilosophie, und die ist recht einfach:
        heute, „obwohl wir zwischendurch schon mal dachten,       Geht nicht, gibt’s nicht“, so Landwehr. „Wir wollen
        was für eine Schnapsidee.“ Aber die einmalige Gelegen-    unseren Kunden jeden nur möglichen pharmazeuti-
        heit, diese Apotheke zu übernehmen, können sie nicht      schen Wunsch erfüllen, wobei es sich von selbst ver-
        verstreichen lassen: Die Mohren Apotheke, gegründet       steht: Es muss legal sein. Aber es muss sich für uns
        Ende des 17. Jahrhunderts in einem der prächtigsten       nicht zwingend alles lohnen – da ist bei uns schon so
        Gebäude von Bayreuth, liegt im Zentrum der Stadt. Mit     was wie ein Robin-Hood-Gedanke dabei. Also, wenn
        einer Fläche von 400 Quadratmetern und einer Keller-      sich eine Aktion, eine Besorgung nicht sofort in den
        fläche von 200 Quadratmetern gehört sie zu den gro-        Büchern niederschlägt, dann machen wir es dennoch,
        ßen Apotheken. Nach der Übernahme modernisieren           weil sich aus unserer Erfahrung vieles querfinanziert.
        sie die Apotheke. Die Mohren Apotheke präsentiert         Unsere Grundeinstellung: Die Kunden werden unseren

                         © DAV
        sich heute als eine „altehrwürdige Dame mit jungem        Einsatz belohnen, indem sie wiederkommen, indem sie
        Gesicht“. Auch wenn sie einen polarisierenden Namen       ihrer Familie und ihren Freunden von unserem Enga-
        hat (dazu weiter unten mehr), „ist sie für unseren Apo-   gement erzählen.“
        thekerverbund durchaus gesichtsgebend“.                         Aber sie versuchen, nicht nur nach innen eine
              Der Kauf der Mohren Apotheke liegt 2014 gerade      gemeinsame Philosophie zu leben, sondern ihre Apo-
        mal fünf Jahre zurück, die Integration der Apotheke       theken auch im äußeren Auritt anzunähern. „Wir
        in den Apothekenverbund ist abgeschlossen, da klop       haben zum Beispiel ein gemeinsames Branding, eine
        der nächste Zufall an die Tür: Die Apotheke am Roten      einheitliche Kleidung, wir haben sehr viele Eigen-
        Hügel steht zum Verkauf. Landwehr und Paul zögern         spezialitäten, z. B. Homöopathika, Phytotherapeutika,          >
        nicht: „Der Kauf war eine strategische Entscheidung.
        Wir haben dadurch eine sehr schöne Verteilung un-
        serer Apotheken im Stadtgebiet erreicht, mit der wir
        unseren Kunden einen guten Service in der Lieferfä-
        higkeit und Belieferung bieten können.“

        Eine Philosophie für vier Apotheken

        Vier Apotheken, die unterschiedlicher nicht sein kön-
        nen – muss oder kann es da ein ähnliches Erschei-
        nungsbild, einen einheitlichen Auritt, eine gemein-
        same Ausrichtung geben? Nur bedingt, wie Landwehr
        und Paul für ihren Verbund lernen. Sie wissen: Wenn
        man eine fremde Apotheke samt ihrem Team zu einem
        Filialverbund hinzunimmt, wenn man also eine Apo-
        theke nicht von Anfang an selbst gestaltet und sie
        nicht mit eigenem Personal besetzen kann, dann dau-
        ert es seine Zeit, bis die neuen Strukturen in den Köp-
        fen aller Mitarbeiter*innen ankommen.
              Aber sie schaffen es dennoch, eine Art roten Fa-
        den für ihre vier Apotheken zu knüpfen, auch wenn         Für Apotheker Dr. Andreas Paul spielt die Zufriedenheit
        es Unterschiede gibt, die aus der Lage der Apotheken      der Kunden und seiner Mitarbeiter eine wichtige Rolle.

        Eins & Drei 1/2021

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                                                                  Landwehr und Paul legen großen Wert auf sehr gut
                                                                  ausgebildete Mitarbeiter*innen, die sich mit dem, was
                                                                  sie machen, identifizieren und sich engagieren. Im
                                                                  Gegenzug versuchen die Chefs, alles zu tun, dass die
                                                                  Mitarbeiter*innen Spaß an ihrer Arbeit haben. Selbst-
                                                                  kritisch merken sie an: Mitarbeiterführung ist nicht
                                                                  trivial. Teams zu formen ist nicht immer einfach, mit-
                                                                  unter auch ein schmerzhaer Prozess. Man sollte sich
                                                                  auf diesem Gebiet gewisse Fähigkeiten aneignen. Paul
                                                                  gesteht: „Unsere Anfänge waren da doch eher hemds-
                                                                  ärmelig.“ Aber die beiden Apotheker holen sich Rat
                                                                  beim Apothekencoach Klaus Holling, mit dem sie die
                                                                  Grundlagen und Fähigkeiten zur Mitarbeiterführung
                                                                  in ihren Apotheken legen. Wichtig ist den beiden, dass
                                                                  ein guter kollegialer Umgang miteinander im Betrieb
                                                                  herrscht. In den vier Apotheken arbeiten derzeit gut
                                                                  50 Kräe, überwiegend Frauen. Jede Apotheke hat ihr
                                                                  eigenes Team, eine Kommunikation zwischen den Apo-
                                                                  theken findet im Geschälichen viel, im Persönlichen

                       © DAV
                                                                  aber nur bedingt statt. „Diese Inselbildung hat sich so
                                                                  entwickelt“, so Landwehr, „und ist wohl ein Stück weit
     Ob Cannabis-Extrakt, traditionelle Heilmittel aus der        normal. Auch bei Betriebsfeiern zeigt sich, dass gerne
     chinesischen Medizin oder homöopathische Arzneimittel: Die   die Teams zusammensitzen.“
     Mohren Apotheke lässt keine Kundenwünsche offen.                    „Trainings und Coachings für Mitarbeiter*innen
                                                                  gab’s in der Anfangsphase, da konnten die Hauptprob-
                                                                  leme, die in Teams entstanden waren, gelöst werden.
     Nahrungsergänzungsmittel, die es nur in unseren              Heute vermitteln wir den neuen Mitarbeiter*innen in
     Apotheken gibt und die bei uns keine Regalhüter sind,        erster Linie unsere Grundregeln, wie wir in unseren
     sondern gelebt werden“, so Landwehr.                         Apotheken arbeiten wollen“, fügt Landwehr hinzu.
           Auch das gehört zur Philosophie dieses Apothe-         Eine dieser Grundregeln ist: Gib kein Medikament ab,
     kenverbunds dazu: Sonderangebote finden sich nur im           ohne die Beratung zumindest anzubieten. Die nament-
     Kosmetikbereich. Sonderpreise und Rabatte bei Arz-           liche Kundenansprache, der Blickkontakt mit dem
     neimitteln gibt es nicht – auch wenn dies nicht alle         Kunden, positive Formulierungen sind das A und O
     Kunden gut finden, zumal die eine oder andere Apo-            im Kundengespräch. Stumm den Dienst zu vollziehen
     theke von Mitbewerbern durchaus preislich aktiv ist.         wird in den Apotheken von Landwehr und Paul nicht
     Paul: „Wenn mich Kunden ansprechen, ob man ein               akzeptiert: „Denn jeder nicht gegebene Ratschlag ist
     Präparat ähnlich günstig bekommen kann wie in einer          in unseren Augen eine unterlassene Hilfeleistung. Und
     anderen Apotheke, sage ich ihnen: ‚Kaufen Sie’s dort         deshalb arbeiten bei uns Menschen, die einfach gerne
     und wenn Sie Hilfe brauchen, kommen Sie zu mir.' So          mit anderen Menschen kommunizieren. Der Kunden-
     zu handeln, es authentisch rüberzubringen – das muss         kontakt soll vermitteln: Wir kümmern uns um eure
     man lernen, ja, Größe muss man lernen.“ Und sollte           Anliegen und es gibt nichts, was wir nicht können.“
     es in Zukun tatsächlich in die Richtung gehen, dass         Eigentlich sollten und wollten die Apotheker dieses
     nur Niedrigpreise zählen, bleibt Paul gelassen: „Billig-     Coaching noch weiter ausbauen – „aber im Moment
     preisetiketten und Preisflyer könnten auch wir sofort         ist damit nicht zu rechnen, das Alltagsgeschä bindet
     drucken. Aber wir stützen uns lieber auf unsere gute         derzeit alle Ressourcen“, beschreibt Landwehr die ak-
     pharmazeutische Kompetenz, nehmen uns gerne die              tuelle Situation.
     Zeit für ausführliche und gute Beratungsgespräche
     und bauen auf ein großes Vorratslager – das lässt sich
     nicht von heute auf morgen einrichten“, so Paul.

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DAV gibt's nicht" - Eins & Drei
Hinter den Kulissen                                                                                            13
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        „Eine Apotheke ist wie eine große                         in dieser oder jener Filiale. Paul: „So eine Apotheke ist
        Familie“                                                  letztlich so etwas wie eine große Familie, die wiederum
                                                                  nahezu jeden ihrer Stammkunden kennt – ein großes
        Über eine große Fluktuation bei den Mitarbeiter*innen     Kapital, das man nicht unterschätzen sollte.“
        können sie sich nicht beklagen. „Wir zahlen halt auch            Regelmäßige Teambesprechungen und Jahresmit-
        gut“, so Landwehr, „und wenn wir eine passende Be-        arbeitergespräche sind ein Teil der Mitarbeiterführung,
        werbung erhalten, sind wir in der guten Lage, uns zu      ebenso stehen in normalen Zeiten natürlich zahlreiche
        fragen, ob wir eine weitere Kra einstellen wollen oder   soziale Aktivitäten auf dem Programm, z. B. ein Bow-
        nicht. Im Zweifelsfall sagen wir Ja, auch wenn wir im     ling-Turnier, bei dem die Teams gegeneinander antre-
        Moment ausreichend Mitarbeiter*innen haben.“ Aber         ten, ein Sommerfest und die Weihnachtsfeier – Corona
        die beiden Chefs wissen: Die nächste Schwangerscha       hat allerdings die Zahl solcher Besprechungen und Zu-
        kommt bestimmt, und es ist besser, wenn man nicht         sammenküne stark reduziert, wie sie eingestehen.
        händeringend suchen muss, sondern auf eine ausrei-               Mit ihren beiden Filialleitungen stehen die Inha-
        chend große Personaldecke zurückgreifen kann. Den-        ber in einem ständigen und sehr guten Kontakt, um
        noch, auch in der Bayreuther Gegend wird es immer         anstehende Themen zu besprechen. „Wir versuchen,
        schwerer, gutes Personal zu finden, „PKAs, so wichtig      allen unseren Apothekerinnen und Apothekern Frei-
        sie sind, sind absolute Mangelware“.                      heiten zu geben und das Gefühl zu vermitteln, sie
               Ein Vorteil, wenn man vier Apotheken hat: Man      arbeiten in ihrem eigenen Betrieb nach dem Motto:
        kann beim Einsatz von Arbeitskräen in der Regel fle-      Ich arbeite nicht für die Inhaber, sondern mit ihnen“,
        xibler agieren. So hat dieser Verbund Mitarbeiterinnen,   erklärt Landwehr die Zusammenarbeit mit seinem
        die gerne auch als Springerinnen arbeiten und in den      Führungspersonal. „Sie sollen sich mit ihrem Betrieb

                         © DAV
        Filialen des Verbunds eingesetzt werden können, in de-    identifizieren können. Wir haben daher die Zustän-
        nen Not an der Frau ist. Wobei dies nur in Ausnahmesi-    digkeiten und Kompetenzen der Filialleitungen nicht
        tuationen geschieht, denn das Personal ist per se nicht   explizit geregelt, der gesunde Menschenverstand, das
        beliebig austauschbar: Zum einen möchten die Kunden       Miteinander und das Verständnis für den Betrieb ge-
        in ihrer Apotheke ihre bekannten Personen sehen und       ben die Richtung vor.“
        nicht bei jedem Besuch auf neue Mitarbeiter*innen                Mit diesem Vertrauen, das sie ihren Mitarbei-
        stoßen. Und zum anderen kennen ständig wechselnde         ter*innen entgegenbringen, sind die beiden Apotheker
        Mitarbeiter nicht die einzelnen spezifischen Vorgänge      bisher gut gefahren: „Und wenn eine Führungskra in
                                                                  einer Frage unsicher ist, kommt sie auf uns zu, um sich
                                                                  Rat zu holen. Es tut meinen leitenden Mitarbeiter*in-
                                                                  nen gut, frei agieren können, aber zugleich zu wissen,
                                                                  dass wir im Zweifelsfall immer für sie da sind.“
                                                                         Paul fügt hinzu: „Bei uns wird eine Kra nicht
                                                                  danach beurteilt, welchen Umsatz sie generiert, viel-
                                                                  mehr steht die pharmazeutische Beratung im Mittel-
                                                                  punkt. Bei uns soll sich jeder so einbringen, wie er es
                                                                  am besten kann. Wenn sich eine Filialleitung entschei-
                                                                  det, ein teures Produkt zu verkaufen, an dem wir nicht
                                                                  unbedingt viel verdienen, aber sie sich dafür entschie-
                                                                  den hat, weil sie überzeugt ist, den Kunden dadurch zu
                                                                  halten, so ist das doch genau richtig.“
                                                                         Als zusätzliche Motivation für alle Teams haben
                                                                  Landwehr und Paul für alle Mitarbeiter*innen eine Be-
                                                                  teiligung am Umsatzzuwachs eingeführt. Steigt der
                                                                  Umsatz im Vergleich zum Vorjahr, gibt es für alle Be-
                                                                  rufsgruppen und für alle Apotheken eine prozentuale
                                                                  Beteiligung am Umsatzzuwachs, die für alle gleich ist:
                                                                  „Wir haben den gleichen Bonus bewusst für alle Be-
        Tradition trifft auf Moderne: Nach der Übernahme haben die rufsgruppen eingeführt, da wir überzeugt sind, dass
        beiden Apotheker viel Geld in umfangreiche Umbaumaßnah-   das Engagement aller Berufsgruppen gleich wertvoll
        men investiert.                                           ist, vom Fahrer über die Reinigungskra bis zum Lei-        >

        Eins & Drei 1/2021

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                                             © Deutscher Apotheker Verlag

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                                                                                                       – Fehlanzeige.
                                                                                                       Das Inhaber-Duo
                                                                                                       überzeugt seine
                                                                                                       Kunden mit phar-
                                                                                                       mazeutischer
                                                                                                       Kompetenz und
                                                                                                       herausragendem
                                                                                                       Engagement.

     ter. Gerade die Arbeit der PKA, z. B. die Kommunika-       … mit E-Rezept

                      © DAV
     tion am Telefon, ist für die Apotheke von besonderer
     Bedeutung – und deshalb bekommen alle die gleiche          Aber die Auslieferung ist per se nicht das große Prob-
     Extra-Gratifikation.“                                       lem, sondern: Der Patient, der Kunde muss zunächst in
                                                                die Apotheke kommen. Im Internet zu bestellen ist zu-
     Die Zukun …                                               nächst bequem, die Auslieferung allerdings dann mit-
                                                                unter enttäuschend: Es dauert. „Wir fragen uns daher“,
     Landwehr sieht die Zukun realistisch. Er ist über-        überlegt Landwehr, „wie können wir besser werden
     zeugt, dass der Online-Versand den Vor-Ort-Apothe-         und mehr Bequemlichkeit bieten als der Versand via
     ken noch mehr zusetzen wird als bisher. „Die Apothe-       Internet? Die Frage ist auch: Was verändert sich mit
     kenlandscha wird sich in den nächsten Jahren weiter       dem E-Rezept? Werden die Älteren ihre E-Rezepte an
     ausdünnen. Aber die Vor-Ort-Apotheke kann dagegen          die Apotheken ihrer Wahl elektronisch weiterleiten
     ankämpfen“, ist er überzeugt, „wenn sie sich ein unver-    können? Ja, E-Rezept kann eine Chance, aber auch
     wechselbares Image gibt.“                                  ein Risiko zugleich sein.“ Landwehr sieht das größte
           „Es ist doch ein großes Pfund, dass die Kunden       Problem in der Frage, ob das Makelverbot eingehal-
     bei uns eine persönliche Ansprache haben – das kann        ten wird: „Es hängt viel davon ab, ob sich die Ärzte an
     das Internet in dieser Form nicht leisten“, fügt Paul      dieses Makelverbot halten. Ein Fehlverhalten müsste
     hinzu. „Die große Frage bleibt, ob das am Ende reichen     drastisch sanktioniert werden, bis hin zum Verlust der
     wird, um die niedergelassene Apotheke zu erhalten.“        Approbation“, schlägt Paul vor.
           Auch in Bayreuth und seinem Landkreis schlie-              Was der Apotheker in diesem Zusammenhang
     ßen jedes Jahr mehrere Apotheken, eine Entwicklung,        begrüßt: dass Spahn den Botendienst gestärkt hat und
     die bisher noch nicht zum Stillstand gekommen ist.         den Versand damit ein Stück weit uninteressanter für
     Immer mehr Stadtviertel verwaisen, sie sind ohne Apo-      die Kunden gemacht hat: „Die Vergütung des Boten-
     theke. „Gerade für ältere Menschen mit eingeschränk-       dienstes ist zudem ein kleiner Anreiz, allerdings nicht
     ter Mobilität ist das eine fatale Entwicklung“, so Land-   zu hoch, sodass so manche Kolleg*innen nicht auf die
     wehr. „Wir bieten natürlich unseren Lieferservice an,      Idee kommen, den Botendienst mit Lkws ausbauen.“
     aber das ist in den Köpfen dieser Menschen immer                 Die Größe ihres Verbunds macht die beiden Inha-
     noch nicht ausreichend verankert. Trotzdem haben           ber allerdings ein wenig gelassener: „Wir können der
     wir beim Botendienst massiv aufgestockt und zusätz-        Entwicklung von E-Rezept und Versandhandel einiger-
     lich zwei Studenten angestellt, die für uns Arzneimit-     maßen ruhig entgegensehen. Wir gehen davon aus,
     tel ausfahren. Mittlerweile sind fünf Personen für uns     dass unser Betrieb in den nächsten fünf Jahren nicht
     unterwegs.“                                                kaputtgehen wird.“ Landwehr ist sich auch im Klaren

Kein Nachdruck, keine Veröffentlichung im Internet oder einem Intranet ohne Zustimmung des Verlags!
Hinter den Kulissen                                                                                          15
                                            © Deutscher Apotheker Verlag
        darüber: "Ich hänge nicht um jeden Preis an einer Apo-   Auf ein Wort: die Mohren Apotheke
        theke, wie wir sie heute kennen. Wenn es Volkes Wil-
        le ist, dass Arzneimittel nur noch im Internet bestellt  Eine der Apotheken dieses Verbunds heißt Mohren
        werden, dann ist es so, dann ist die Vor-Ort-Apotheke    Apotheke, ein problematischer Name. Im Sommer 2020
        weg. Und wenn sich das Volk später darüber ärgert,       zieht die Diskussion im Zuge der Black-Lives-Matter-
        dann war’s wohl eine falsche Entscheidung.“ Und Paul     Bewegung besonders an. Hinzu kommt, dass die Uni
        ergänzt: „Es ist doch so, dass man bereits heute libe-   Bayreuth ein europaweit anerkanntes Institut für Afri-
        ralisierte Märkte in anderen Ländern verfolgen kann      kastudien hat mit einer sehr aktiven Community von
        und sieht, wie dort die Vor-Ort-Versorgung zerstört      People of Color. Paul hat sich mit den Fragen rund um
        wird und die Kosten in die Höhe gehen. Wir sollten uns   den Namen der Apotheke auseinandergesetzt. Seine
        rechtzeitig fragen, ob wir sehenden Auges einer Ent-     Mohren Apotheke wurde bereits attackiert, die Schau-
        wicklung nachlaufen, die so fatal ist.“ Er bringt es auf fenster beklebt, es fanden sich Kritzeleien auf dem
        den Punkt: „Man sollte sich vor Augen halten: Unser      Bürgersteig vor der Apotheke, Kunden beschimpen
        Staat nimmt für die Arzneimittelversorgung Einser-       Mitarbeiter als Rassisten, es gab Berichte in Zeitungen
        Abiturienten, die Pharmazie studieren und dann in        und im Internet. Andererseits führten die Attacken
        ihrer Apotheke mit ihrem privaten Vermögen haen.        auch zu einer Solidarisierungswelle vieler Bürger mit
        Das ist doch ein riesiger Ansporn, täglich darauf zu     der Mohren Apotheke. Paul hat großes Verständnis für
        achten, dass alles richtig läu. Warum sollte man so     die Beweggründe von Menschen, wenn sie die Darstel-
        ein gut laufendes System zerschlagen wollen?“            lung des Mohren als diskriminierend betrachten. „Ich
                                                                 akzeptiere diese Meinung“, so Paul, „aber ich sehe die
        „Wir sind und bleiben Apotheker“                         Debatte um den Apothekennamen durchaus anders

                         © DAV
                                                                 und bitte darum, vor dem Hintergrund der Meinungs-
        Trotz ihrer Management-Aufgaben für vier Apotheken       freiheit auch meine Meinung zu akzeptieren.“ Nach
        fühlen sich Landwehr und Paul als Apotheker, nicht als   intensiven Diskussionen sind die Apotheker zu dem
        Kaufleute. „Unser Ansatz ist: Wir arbeiten hier phar-     Schluss gekommen: „Es gibt gute Gründe, dass wir
        mazeutisch und nicht kaufmännisch“, spitzt es Land-      unsere Mohren Apotheke nicht umbenennen, es auch
        wehr zu. „Wenn wir es pharmazeutisch richtig und gut     nicht können und letztlich auch nicht wollen. Wir ver-
        machen, dann muss es auch kaufmännisch funktio-          suchen vielmehr, das Thema aktiv anzugehen und zu
        nieren.“ Natürlich, auch diese beiden Apotheker kom-     leben, z. B. wollen wir in unseren Apothekendekora-
        men nicht darum herum, auf die Zahlen zu schauen         tionen diese Fragen aufarbeiten und darstellen, auch
        und ihre betriebswirtschalichen Auswertungen zu         mit musealem Charakter. Wir wollen unseren Kunden
        lesen: „Aber wir achten primär schon darauf, dass        zeigen: Wir sind uns dieser Fragen bewusst, wir setzen
        unsere Mitarbeiter*innen und Kund*innen glücklich        uns damit auseinander.“
        sind, auch wenn manches rein betriebswirtschalich
        gesehen anders entschieden werden müsste. Aber wir       Sport hält uns fit
        wissen mittlerweile seit 15 Jahren, dass dieser Ansatz
        aufgeht.“                                                Entspannung vom Apothekenalltag finden Jens Land-
               Ihre internen Zuständigkeiten und Aufgaben ha-    wehr und Andreas Paul in der Familie: Beide sind
        ben sie eher nach ihren individuellen Stärken unterei-   verheiratet, beide haben zwei Kinder. Und beide sind
        nander aufgeteilt: Um die organisatorischen und struk-   sportbegeistert, haben sogar die gleichen sportlichen
        turellen Aufgaben kümmert sich Apotheker Paul, das       Aktivitäten: Skifahren ist für sie genauso eine Lei-
        liegt ihm mehr, wie er einräumt, während sich Apothe-    denscha wie Mountain-Bike-Fahren. Paul freut sich,
        ker Landwehr z. B. für Personalfragen und -gespräche     dass er auf seinem Grundstück eine kleine Sporthal-
        zuständig sieht, auch für Verhandlungsgespräche und      le errichten und einen Beach-Volleyball-Platz anlegen
        das Erschließen neuer Geschäskontakte. Zurzeit sind     konnte. „Sport ist ein wichtiger Bestandteil unseres
        die beiden damit beschäigt, mehr zu delegieren, z. B.   Lebens, Sport zu treiben macht den Kopf frei.“ Aber sie
        eine Assistenz-Ebene einzurichten für die Geschäs-      können durchaus auch genießen: „Wir kochen und es-
        leitung: „Die organisatorischen Aufgaben, die auf die    sen gerne.“ Und ja, sie feiern gerne, sie sind gesellige
        Apotheke zukommen, nehmen zu, wir glauben, dass          Typen im besten Sinn.
        uns der eine oder die andere Kra in unserem Team
        einige Aufgaben abnehmen kann.“
                                                                                                                            •

        Eins & Drei 1/2021

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