Der Akute Herzinfarkt bei Frauen - Eine Rarität oder häufig übersehen?
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Der Akute Herzinfarkt bei Frauen Eine Rarität oder häufig übersehen? Von Bernd Waldecker Bundesweit erleiden etwa 300.000 Menschen pro Jahr einen Herzinfarkt durch einen plötzli- chen und kompletten Verschluß eines Herzkranzgefäßes. Prähospitale (20-30%) und hospitale (10-20%) Sterblichkeit des akuten Herzinfarktes sind hoch. Der Verlauf des Herzinfarktes ist bei Frauen, insbesondere bei jungen Frauen, komplikationsträchtiger als bei Männern. Dies gilt, wenn keine spezifische gefäßwiedereröffnende Therapie eingeleitet wird. Die Ursachen für die Übersterblichkeit der Frauen sind vielfältig: verspätete Krankenhausaufnahme, höheres Lebens- alter zum Infarktzeitpunkt, bedeutsamere Begleiterkrankungen und der zögerliche Einsatz ge- fäßwiedereröffnender Therapieformen. Bei früher und konsequenter kathetergestützter Gefäß- rekanalisation kann die geschlechtsspezifische Sterblichkeit bei Frauen aller Altersstufen aber weitgehend beseitigt werden. 4 Spiegel der Forschung
Herzinfarkt bei Frauen A m 29. Oktober 2001 wurde Herzens und der Herzkranzgefäße (lat.: „farcire“ = verstopfen). Der Frau G.S. (46 Jahre) mit beweisen eine hochgradige akute Myokardinfarkt wird in aller schwerster Atemnot und Pumpschwäche der linken Herz- Regel durch das Aufbrechen (Rup- immer wiederkehrenden Ohn- kammer auf dem Boden eines sub- tur) eines atherosklerotischen Ge- machtsanfällen als Notfall in ein akuten, totalen Verschlusses der fäßgeschwürs an der Wand einer Krankenhaus eingeliefert. Wenig vorderen Herzkranzarterie. Die le- Herzkranzarterie (sog. „Koronar- später verschlechterte sich der Zu- bensbedrohliche Atemnot der Pati- plaque“) eingeleitet. Die Plaque- stand von Frau G.S. weiter dras- entin und ihre Herzrhythmusstö- ruptur ihrerseits provoziert die Aus- tisch; eine künstliche Beatmung rungen waren somit Folgekompli- bildung eines Blutgerinnsels, eines wurde wegen nicht beherrschbarer kationen eines etwa zwei Wochen Thrombus, weil durch das Offenle- Atemnot notwendig. Mehrfach tre- alten, großen Vorderwand-Herzin- gen des Plaque-Inhaltes sowohl die ten Anfälle einer lebensbedrohli- farktes. Trotz erfolgreicher Wieder- Blutplättchen, die Thrombozyten, chen Herzrhythmusstörung auf, die eröffnung des verschlossenen als auch das sich in der Blutbahn jeweils eine notfallmäßige elektri- Kranzgefäßes mittels Ballondilata- befindliche Gerinnungssystem akti- sche Defibrillation (Elektroschock- tion erlag die junge Patientin weni- viert werden. Dieser Thrombus ver- behandlung) erzwingen. Im EKG ge Tage später einer nicht zu be- schließt dann die Herzkranzarterie. und bei der Ultraschalluntersu- herrschenden Herzschwäche und Die Abfolge der Ereignisse ist in chung des Herzens zeigt sich ein immer wiederkehrenden, bösarti- Abbildung 1 skizziert. großer tage- bis wochenalter Infarkt gen Herzrhythmusstörungen. Tödli- Als Folge des Gefäßverschlusses der gesamten Herzvorderwand. cher Herzinfarkt bei (der jungen) wird das nachgeschaltete Gewebe (Spätere Angaben der Patientin und Frau G.S – ein zwar trauriges, aber vom Blutfluß abgeschnitten. Die der Angehörigen bestätigen einen seltenes Einzelschicksal? Toleranz des Myokards gegen eine starken Anfall von Brustschmerzen Blutflußunterbrechung beträgt nur mit Schweißausbruch etwa zwei Der umgangssprachliche Begriff Minuten. Danach beginnt dieses Wochen zuvor. Zu diesem Zeit- „Herzinfarkt“ meint einen Gewebs- Gewebe unwiderruflich abzuster- punkt wurde keine ärztliche Hilfe untergang von Herzmuskelzellen ben, sofern das zuführende Gefäß gesucht.) Die kurz darauf durchge- (Myokardinfarkt) durch einen Ver- dauerhaft verschlossen bleibt und führte Katheteruntersuchung des schluß eines Herzkranzgefäßes keine Umgehungskreisläufe präfor- miert sind. Abbildung 2 illustriert anhand ei- nes Querschnitts durch das linke Herz mit dem Cavum in der Mitte das Anwachsen einer zentralen Ne- krosezone (schwarz) in einem nicht mehr durchbluteten Areal (grau). Das nicht gefährdete, gut durchblutete Herzmuskelgewebe ist rot markiert. Folge des Gewebsun- tergangs ist eine Reduktion der Pumpfunktion des Herzens, die grob mit der Infarktgröße korreliert. Weiterhin können Herzrhythmus- störungen und andere, ebenfalls le- bensbedrohliche Komplikationen den Infarkt begleiten oder später noch hinzutreten. Deshalb ist die Sterblichkeit von Patienten, die ei- nen akuten Herzinfarkt erleiden, hoch: Sie beträgt noch vor Kran- Abb. 1: Abfolge der Ereignisse beim Myokardinfarkt kenhausaufnahme etwa 30% ! 19. Jg./Nr. 2 • Dezember 2002 5
Waldecker Bernd Waldecker, Jahrgang 1956, stu- dierte von 1975 bis Selbst nach Krankenhausaufnahme hoher Blutdruck oder erhöhte LDL- tern. Andererseits bewirken Östro- 1982 an der Albert- liegt die Sterblichkeit innerhalb des Cholesterin-Werte und der Diabetes gene über verschiedene Mechanis- Ludwigs-Universität in Freiburg i.B. Hu- ersten Monats bundesweit ungefähr mellitus, beschleunigen das Auftre- men in der Summe eine Abnahme manmedizin. Die Aus- bei 10% bis 20%. Etwa 300.000 ten einer (Koronar-)Atherosklerose des lokalen Gerinnungsrisikos und bildung zum Facharzt Menschen erleiden in Deutschland und aggravieren deren Verlauf. halten eine überschießende Prolife- für Innere Medizin jährlich einen akuten Myokardin- Weit über 50% aller Patienten, ration von glatten Muskelzellen im mit Teilgebietsbe- farkt. die mit einem akuten Myokardin- Zaum. zeichnung Kardiolo- Koronarplaques, die durch ihre farkt zur stationären Aufnahme Im Gegensatz zu Männern ist al- gie erfolgte an den Universitätskliniken Ruptur einen Myokardinfarkt auslö- kommen, sind Männer. Als Ursache lerdings die absolute Häufigkeit des Maastricht (NL), Hei- akuten Myokardinfarktes bei Frau- delberg und Gießen. en im Zunehmen. Die Gründe sind Unterbrochen wurde nicht genau bekannt. Der Versuch, die Ausbildung durch menopausale Frauen mit weibli- einen Forschungs- chen Geschlechtshormonen zu be- aufenthalt an der handeln, um den hormonell be- Columbia University in New York (USA) dingten, relativen „Atherosklerose- 1987 bis 1988. Die schutz“ in die Menopause zu über- Venia Legendi wurde nehmen, schlug fehl (sog. HERS- ihm 1995 durch die und WHI-Studie). Entsprechende Justus-Liebig-Univer- Analog-Untersuchungen zur In- sität für das Fach In- farktprävention mit Östrogenrezep- nere Medizin erteilt. tor-Modulatoren (z.B. Raloxifen) Seit März 2002 ist er „Außerplanmäßiger bei menopausalen Frauen sind der- Professor“ an der zeit noch nicht abgeschlossen. Universität Gießen. Ebenso beunruhigend wie die Prof. Waldecker ist Häufigkeitszunahme ist der un- Leitender Oberarzt günstigere Verlauf des akuten Myo- der Medizinischen kardinfarktes bei Frauen. Fast Klinik I (Direktor: Prof. Dr. Harald Tillmanns) Abb. 2: Zeitabhängiger Gewebsuntergang bei akutem Myokardinfarkt. durchgehend wird in der Fachlitera- des Zentrums Innere tur über eine signifikant höhere Medizin des Universi- Frühsterblichkeit bei Frauen im tätsklinikums Gießen. sen, sind meist Ausdruck einer ge- wird angeführt, daß Frauen vor der Vergleich zu Männern berichtet. So Seine klinischen- und neralisierten Verengungs- und Ver- Menopause bezüglich der Athero- betrug in einer Registerübersicht in Forschungsschwer- kalkungserkrankung (Atherosklero- sklerose weitgehend geschützt sei- den USA (Vaccarino 1999) die punkte sind die Be- se) der Arterien des Körpers. Die en. Es wird ein Zusammenhang Sterblichkeit von etwa 155.000 handlung des Akuten Koronarsyndroms und Atherosklerose ist eine in den In- zum Hormonstatus vermutet. Folg- Frauen früh nach Myokardinfarkt von Herzrhythmus- dustrieländern sehr verbreitete Er- lich verschwindet der Geschlechts- knapp 17%, während sie bei störungen. krankung, die mit dem Alter in ih- unterschied bezüglich der Infarkt- 230.000 Männern nur 12% betrug. rer Häufigkeit weiter zunimmt. Ni- inzidenz mit zunehmendem Alter. Bei jüngeren Frauen ist der Sterb- kotingenuß und Wohlstandserkran- Natürliches Östrogen bremst näm- lichkeitsunterschied besonders kungen, wie Übergewicht, ein zu lich die Synthese von (LDL-)Cho- deutlich und gravierend (Vaccarino lesterin in der Leber. Hohe LDL- 1999). Cholesterin-Spiegel gelten als wich- tiger, atherogener Risikofaktor. Wei- terhin steigert Östrogen die peri- Gründe für diese Übersterblichkeit phere Abnahme von LDL-Choleste- von Frauen mit Myokardinfarkt rin durch Aktivierung der entspre- chenden Zellrezeptoren. Durch Öst- Frauen, die mit einem akuten Myo- Prof. Dr. Bernd Waldecker rogene wird andererseits das gefäß- kardinfarkt das Krankenhaus errei- Medizinische Klinik I des Zentrums Innere Medizin schützende HDL-Cholesterin er- chen, sind im Vergleich zu Män- Klinikstraße 36 35392 Gießen höht. Östrogene haben eine direkt nern älter. Sie haben häufiger be- Tel.: 0641/99-52139 antithrombotische Wirkung auf die deutsame Zusatzerkrankungen, wie Fax: 0641/99-42109 arterielle Gefäßwand, indem sie ei- eine arterielle Hypertonie, eine E-Mail: Bernd.Waldecker@innere.med.uni-giessen.de nerseits die Gefäßerweiterung auf Fettstoffwechselerkrankung und ei- physiologische Reize hin erleich- nen Diabetes mellitus. Zusätzlich 6 Spiegel der Forschung
Herzinfarkt bei Frauen finden sich bei Frauen oft „untypi- Tabelle 1 sche“ und irreleitende Schmerzen Parameter Frauen Männer p im Nacken- und Schulterbereich (n=204) (n=577) sowie im Abdomen. Frauen klagen häufiger über vegetative Beschwer- Aufnahmebefunde den im akuten Infarkt als Männer. Alter [Jahre] 66±12 60±12
Waldecker bei Frauen, trotz schlechteren All- gemeinzustandes, weniger häufig eine erwiesenermaßen hilfreiche, intravenöse Thrombolyse, also eine medikamentöse Blutgerinnsel-Auf- lösung, versucht wird als bei Män- nern. Auch werden Frauen seltener in Institutionen weiterverlegt, die über die Möglichkeit einer optima- len invasiven Diagnostik und The- rapie des Myokardinfarktes verfü- gen. Ist die höhere Sterblichkeit von Frauen mit akutem Myokardinfarkt geschlechtsspezifisch? Die höhere in der Literatur zitierte Infarktsterblickeit bei Frauen gilt Abb. 3: Angiographischer Nachweis eines Koronargefäßverschlusses für Patientinnen, bei denen entwe- der keinerlei Versuche unternom- oder bei denen dies lediglich mit- tätsklinikum Gießen wurde seit En- men worden waren, das verschlos- tels medikamentöser Thrombolyse de 1989 (unter der Leitung von sene Kranzgefäß wiederzueröffnen, versucht worden war. Am Universi- Prof. Dr. Harald H.Tillmanns) die 8 Spiegel der Forschung
Waldecker Infarktbehandlung auf ein invasi- ves, interventionelles, auf dem Herzkatheterismus basierendes Vorgehen umgestellt (Koronaran- gioplastie oder „PTCA“). Dies be- deutet, daß kathetergestützt das In- farktgefäß schnellstmöglich identi- fiziert und sofort mechanisch wie- dereröffnet wird. Das Foto auf Seite 4 zeigt ein Katheter-Team bei ei- nem derartigen Eingriff: Der mit sterilen, blauen Folien abgedeckte Patient liegt quer zum Bild. Im Vor- dergrund stehen die beiden Opera- teure, dem Patienten zugewandt. Zwischen den beiden Operateuren erkennt man das Fernsehbild, wel- ches durch die große, halbkreisför- mige Röntgenanlage in der linken Bildhälfte gewonnen wird. Mit Hil- fe dieses Fernsehbildes können die Katheter im Körper des Patienten Abb. 4: Direkte Angioplstie eines verschlossenen Koronargefäßes maneuvriert und das Ergebnis der Kontrastmittelfüllung der Herz- kranzarterien analysiert werden dung 5, aufgenommen etwa 15 Mi- tes Katheterlabor bereit. Dieses (Abb. 3-5). Abbildung 3 illustriert nuten nach Eingriffsbeginn, zeigt Vorgehen ist bezüglich der Progno- die Kontrastmittelfüllung des linken die Kontrastinjektion zum Ab- se für den Patienten anderen The- Koronarsystems; der Pfeil weist auf schluß der Intervention. Das Kon- rapieversuchen überlegen. einen thrombotisch bedingten Ge- trastmittel kann den ehemaligen Mittlerweile sind etwa 1000 Pati- fäßabbruch hin. In Abbildung 4 Verschluß frei passieren, weil der enten mit dieser innovativen Me- (derselbe Patient) konnte der Ver- Blutfluß wiederhergestellt ist. Zu thodik in Gießen behandelt wor- schluß mit einem sog. Führungs- diesen Eingriffen stehen rund um den. Knapp 800 Patienten sind >1 draht passiert werden. Mit Hilfe ei- die Uhr ein Team erfahrener Spezi- Jahr nachverfolgt. Es bot sich somit nes Ballonkatheters wird das ver- alisten der Medizinischen Klinik an, bei jetzt geschlechtsunabhängi- schlossene Gefäß geöffnet. Abbil- und ein entsprechend ausgestatte- ger, grundsätzlich optimaler Thera- pie den Infarkt-Verlauf von Frauen und Männern bezüglich der oben Tabelle 2: Kumulative Gesamtmortalität (Kaplan-Meier Analyse) formulierten Frage zu vergleichen. Besonderes Augenmerk legten wir Frauen Männer p auf den Verlauf bei jüngeren Frau- n=204 n=577 en. Die Charakteristika und Befun- de beider Patientengruppen sind in 1 Monat 7% 6.1% 0.6 Tabelle 1 aufgeführt. Es zeigte sich, (189) (534) daß etwa 25% aller Infarktpatien- 6 Monate 9.5% 8% 0.6 ten weiblichen Geschlechts sind. (170) (510) Frauen kommen später zur Be- handlung, sind etwas älter und ha- 1 Jahr 12.5% 9% 0.1 ben eine bedeutsamere Komorbidi- (163) (488) tät. Diese Befunde decken sich mit Zahlen in Klammern sind die absolute Zahl der Personen, die Beobachtungen anderer Autoren. zum jeweiligen Zeitpunkt noch unter Beobachtung sind. Der Koronarstatus bezüglich der 10 Spiegel der Forschung
Waldecker Schwere der zu Grunde liegenden Koronaratherosklerose ist in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Mit- tels der PTCA gelingt es in beiden Geschlechtern, in >90% einen frei- en Koronarfluß wieder zu erzwin- gen. Das 1-Monatsüberleben ist mit 94% und 93% bei den Männern bzw. Frauen nicht mehr unter- schiedlich. Nach einem Jahr leben 91% der Männer und 88% der Frauen (p=ns). Im weiteren Ver- lauf ist die Sterblichkeit bei Frauen höher. Unter Beachtung des höhe- ren Lebensalters und der schwere- ren Komorbidität der Frauen ist das relative Sterbe-Risiko (proportional hazards model) für Männer und Frauen auch im Langzeitverlauf nicht unterschiedlich. Wir folgern aus unseren Befunden, daß das ge- nerelle Überleben von Frauen mit akutem Myokardinfarkt sich von Abb. 5: Angiographischer Nachweis eines postinterventionell normalen Koronarflusses dem der Männer nicht bedeutsam unterscheidet, sofern das Infarktge- fäß frühzeitig und konsequent wie- vergleichbaren Alters machen hin- bei 29 der 33 Frauen (88%) und bei dereröffnet wird. Bei optimaler Ver- gegen etwa 25% der Gesamtpopula- 179 (89%) der jungen Männer. Die sorgung kann das ansonsten ge- tion aus. Bei diesen jungen, präme- unmittelbare PTCA des Infarktgefä- schlechtsspezifisch erhöhte Risiko nopausalen Frauen mit akutem My- ßes war bei allen 29 jungen Frauen bei Frauen mit akutem Myokard- okardinfarkt war auffällig, daß sie erfolgreich. Alle 33 jungen Frauen infarkt reduziert werden. im Mittel drei oder mehr (!) klassi- überlebten – im Gegensatz zu Frau sche Risikofaktoren auf sich verein- G.S., die sich überhaupt erst etwa ten (Tabelle 3). Nikotinmißbrauch zwei Wochen nach Infarktbeginn in Gründe für einen „vorzeitigen“ lag bei 18 Frauen vor. Berufstätig ärztliche Behandlung begeben hatte. Herzinfarkt bei jungen Frauen und waren 22/33 Patientinnen, 29 Frau- Wir folgern, daß eine vorzeitige Ko- Prognose en hatten zumindest eine Schwan- ronaratherosklerose bei prämeno- gerschaft erlebt. Bei der Akutangio- pausalen Frauen möglich und kei- 16% aller Frauen mit akutem Myo- graphie der Herzkranzgefäße zeigte nesfalls eine Rarität ist, sofern eine kardinfarkt (33 von 205) waren prä- sich ein persistierender, kompletter sehr ungünstige Risikokonstellation menopausal (Tabelle 3); Männer Verschluss einer Herzkranzarterie vorliegt. Diese Koronaratherosklero- Tabelle 3: Charakteristika von 33 prämenopausalen, jungen Frauen vs 192 jungen Männern mit akutem Myokardinfarkt Prämenopausale Frauen Junge Männer (< 55 J.) p-Wert n=33 n=192 Alter 46+6 46+5 0,5 (33-54 ) (30-54) Leitsymptom Brustschmerz 19 (58%) 113 (59%) 0,9 Zeit bis Klinikaufnahme 272+224 min 177+139 min 0,03 (30-720 ) (30-720) Raucher(in) 22 (67%) 94 (49%) 0,1 Hypercholesterinämie 30 (91%) 166 (86%) 0,7 Arterielle Hypertonie 19 (58%) 101 (53%) 0,7 Diabetes mellitus 5 (15%) 35 (18%) 0,8 Kontrazeptiva 13 (39%) --- --- 12 Spiegel der Forschung
Herzinfarkt bei Frauen se kann auch bei jungen Frauen Männern) mit akutem Myokard- zum Herzinfarkt führen. Andere, infarkt sofort und konsequent das früher vermutete Mechanismen, wie verschlossene Herzkranzgefäß (in- eine „Übergerinnbarkeit“ des Blutes terventionell) wieder zu rekanali- oder ein Überwiegen von Embolien sieren. Dann kann bei Frauen ein aus dem Herzen, spielen vermutlich ähnlich günstiger Infarkt-Verlauf keine dominierende Rolle. Bei sofor- wie bei Männern erzielt werden. • tiger und konsequenter Koronarin- tervention kann das Überleben aber meist gesichert werden. LITERATUR Welche Bedeutung kommt diesen • Greenland P, Reicher-Reiss H, Goldbourt • Hulley S, Grady D, Bush T. Randomized Erkenntnissen zu? U, Behar S: In-hospital and 1-year mortali- trial of estrogen plus progestin for second- ty in 1524 women after myocardial infarc- ary prevention of coronary artery disease Laien und Ärzte müssen auf die be- tion. Comparison with 4315 men. Circula- in postmenopausal women (HERS-study). trächtliche Inzidenz eines akuten tion 1991; 83: 484-491. JAMA 1998;280:605-613. • Chandra N, Ziegelstein R, Rogers W, Tie- • Rossouw J. Early risk of cardiovascular Herzinfarktes bei Frauen hingewie- fenbrunn A, Gore J, French W, Rubison M. events after commencing hormone sen werden, um gegen das verbrei- Observations of the treatment of women replacement therapy (WHI-study). Curr tete Vorurteil: „(Junge) Frauen kön- in the United States with myocardial Opinion in Lipidol. 2001;12:371-375. infarction: a report from the National • Waldecker B, Grempels E, Waas W, nen keinen Herzinfarkt erleiden“, Haberbosch W, Voss R, Tillmanns H. Registry of Myocardial Infarction-I. Arch erfolgreich anzugehen. Nur so Int Med 1998,158:981-988. Direct angioplasty eliminates sex diffe- kann das zu lange Zeitintervall • Vaccarino V, Parsons L, Every NR, Bar- rences in mortality early after acute myo- zwischen Infarkt und Behandlungs- ron HV, Krumholz HM: Sex-based differ- cardial infarction. Am J Cardiol 2001, 88: ences in early mortality after myocardial 1194-1197 beginn bei Frauen verkürzt werden. infarction. N Engl J Med 1999; 341: 217- Das Ziel muß sein, bei Frauen (wie 225. 19. Jg./Nr. 2 • Dezember 2002 13
Sie können auch lesen