Der Gletscherschwund in den Alpen - Alexander Meixner Seminararbeit am Rudolf-Diesel-Gymnasium Augsburg, Jahrgang 2017/19 - DAV Sektion Augsburg
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Der Gletscherschwund in den Alpen Alexander Meixner Seminararbeit am Rudolf-Diesel-Gymnasium Augsburg, Jahrgang 2017/19 Bildquelle: https://www.bergwelten.com/a/die-8-letzten-grossen-gletscher-der-alpen
2 Inhaltsverzeichnis 1. Vorwort…………………………………………………………………… 3 2. Entstehung, Aufbau und Geschichte …………………………………….. 3 2.1 Die Entstehung von Gletschern…………………………………... 4 2.2 Aufbau eines Gletschers…………………………………………...6 2.3 Alpengletscher in der heutigen Zeit………………………………. 8 3. Veränderungen im Laufe der letzten Jahrhunderte………………………. 9 3.1 Gründe für das Abschmelzen der Gletscher….……………............10 3.2 Regionale Unterschiede im Alpenraum…………………………... 12 3.3 Fotovergleiche von Gletschern früher-heute ……………………... 13 4. Risiko- und Chancenbetrachtung …………………….…………………...15 4.1 Veränderung des Wasserhaushalts durch das Abschmelzen der Alpengletscher……………………………………………………..15 4.2 Auswirkungen auf Flora und Fauna …………………………….. 16 4.3 Auswirkungen auf Infrastruktur und Tourismus im Bereich der Alpen……………………………………………………………… 18 5. Gegenmaßnahmen zum Erhalt der Gletscher…………………………….. 21 6. Ausblick…………………………………………………………………... 24
3 1. Vorwort Die Alpengletscher faszinieren den Menschen seit jeher. Die ersten Aufzeichnungen und Beobachtungen gehen bis ins späte 19. Jahrhundert zurück 1. Gletscher sind sensible Ökosysteme, Orte unberührter Natur, der Beständigkeit und des Wandels zugleich. Aufgrund des langen Beobachtungszeitraums sind sie wichtige Klimazeugen für uns im 21. Jahrhundert. Sie gelten als Mahnmale und Opfer des globalen Klimasystems, das durch den Ausstoß von Treibhausgasen aufgrund menschlicher Aktivitäten zunehmend erwärmt wird. Nicht nur in den Alpen, sondern überall auf der Erde ist zu beobachten, dass die Gletscher abschmelzen und sich in größere Höhen zurückziehen, da sie auf die globalen Klimaveränderungen reagieren. Die Aufgabe des Menschen ist es nun, die Alpengletscher vor dieser großen Bedrohung zu schützen, um uns so vor zahlreichen Gefahren im alpinen Raum, die als natürliche Folgen des Gletscherschwundes auftreten, zu bewahren. Gerade deshalb ist der Schutz der Gletscher in der heutigen Zeit ein besonders wichtiges Thema, Abbildung 1: Pitztaler Gletscher in den Ötztaler Alpen (https://www.bergwelten.com/files/article/images/mauritius- das unsere ganze Aufmerksamkeit Pitztaler-Gletscher_0.jpg?output-format=jpg&output- quality=60&crop=3000px:1687.5px;0,156.25&downsize=670px: und Zuwendung verdient. 376px) 2. Entstehung, Aufbau und Geschichte In der Erdgeschichte gab es schon immer einen Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten, die sich durch natürlich bedingte Klimaänderungen erklären lassen 2. Dementsprechend sind auch die Gletscher in den Eiszeiten immer weiter vorgedrungen und in wärmeren Phasen haben sie sich wieder zurückgezogen. Während der letzten Eiszeit im Alpenraum, der Würmeiszeit, die vor ca. 110.000 Jahren begann und vor rund 10.000 Jahren endete, waren die Alpen nahezu vollständig vergletschert und die Eispanzer waren dabei teilweise mehrere Kilometer dick 3. Die Alpengletscher, in der Form wie wir sie heute kennen, sind die Ausläufer dieser Zeit. 1 http://geo.badw.de/arbeitsgebiete/alpen.html, 04.08.2018, 10.00 Uhr 2 Geographie Bayern 11, S. 152-153 3 https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BCrm-Kaltzeit, 06.08.2018 10.30 Uhr
4 2.1 Die Entstehung von Gletschern Ob und wo ein Gletscher wächst oder abschmilzt kann mit Hilfe seiner Massenbilanz und der Gleichgewichtslinie beschrieben werden. Grundsätzlich gilt: Fällt im Gletschergebiet im Jahresverlauf mehr Niederschlag in Form von Schnee (Akkumulation) als im gleichen Zeitraum verdunstet oder abschmilzt (Ablation), so gewinnt der Gletscher an Masse. Diese Gebiete nennt man Nährgebiete eines Gletschers und sie befinden sich über der Gleichgewichtslinie. Wenn genau das Gegenteil der Fall ist, also die Ablation größer als die Akkumulation, bezeichnet man diese Gebiete als Zehrgebiete, der Gletscher verliert an Masse und sie liegen unterhalb der Gleichgewichtslinie 4. Ein Gletscher lässt sich also in zwei verschiedene Bereiche gliedern und diese Grenze zwischen Nähr- und Zehrgebiet nennt man, wie bereits erwähnt, die Gleichgewichtslinie. Hier schmilzt genauso viel Eis ab, wie durch Schneefall wieder hinzukommt. Steigen die Temperaturen, so verschiebt sich die Gleichgewichtslinie in größere Höhen und die Gletscher ziehen sich allmählich zurück. Abbildung 2: Längsschnitt durch einen Gletscher zeigt die Aufteilung in Akkumulations- und Ablationsgebiet (Gletscher der Alpen, 40) 4 https://www.raonline.ch/pages/edu/pdf/Gletscher_Arbeitstext.pdf, 09.08.2018, 11.00 Uhr
5 Doch wie bildet sich nun aus dem weichen Neuschnee solch ein kompaktes und festes Gletschereis wie in den Alpen? Den gesamten Verwandlungsprozess von Schnee zu Gletschereis bezeichnet man als Metamorphose 5. Zunächst liegen die frischen Schneekristalle locker nebeneinander und schließen dabei ein großes Luftporenvolumen von bis zu 95 % ein. Dadurch ergibt sich eine geringe Dichte von ca. 0,1 g/cm³. Da bei Sonneneinstrahlung als erstes die Spitzen der sternförmigen Kristalle schmelzen, wird der Schnee durch partielles Schmelzen und erneutem Gefrieren körniger und gleichzeitig fester. Fällt nun weiterer Neuschnee auf die mittlerweile etwas ältere, körnigere Schneeschicht, erhöht sich der Druck darauf und sie entwickelt sich zu einer noch festeren Schicht, deren Dichte bereits nach einigen Wochen bei etwa 0,4 g/cm³ liegt. Diese Schneeform nennt man Altschnee. Überdauert der Altschnee sogar den darauffolgenden Sommer, so nennt man ihn fortan Firn. Er weist eine spezifische Dichte von 0,5 g/cm³ auf. Schließlich bildet sich daraus festes Gletschereis, da der Druck in den unteren Schneelagen immer weiter zunimmt. Bei den endgültigen Gletschereismassen liegt die Dichte dann mit 0,8 bis 0,9 g/cm³ nur knapp unter dem Dichtewert von Wasser 6. Um etwas mehr als 1 m Gletschereis zu bilden, werden bis zu 10 m Neuschnee benötigt 7. Der Prozess hierfür dauert dementsprechend auch mehrere Jahre. Abbildung 3: Metamorphose von Neuschnee zu Gletschereis (Gletscher der Alpen, 35) 5 https://www.wissen.de/gletscher, 09.08.2018, 12.00 Uhr 6 Gletscher der Alpen, S. 35-38 7 https://de.wikipedia.org/wiki/Gletscher, 09.08.2018, 12.30 Uhr
6 2.2 Aufbau eines Gletschers Wie bereits im vorherigen Kapitel erklärt wurde, besteht ein Gletscher aus verschiedenen Schichten. Schnee und Firn bilden die obersten beiden davon. Erst darunter folgt dann das Gletschereis. Erreichen die Eismassen eine Dicke von ca. 20 bis 30 m, wandert der Gletscher aufgrund seines Eigengewichtes und infolge der Schwerkraft, talabwärts. Ein dünner Schmelzwasserfilm an der Sohle des Gletschers erleichtert das Gleiten auf dem festen Untergrund. Die Größe der Eismassen und das Gefälle bestimmen dabei die Fließgeschwindigkeit. Die Alpengletscher legen jährlich eine Strecke von etwa 30 bis 150 m zurück, während die Gletscher im Himalaya-Gebirge sogar zwischen 500 bis 1500 m erreichen können. Ebenfalls zu beobachten ist, dass die Fließgeschwindigkeit inmitten der Gletscherzunge am höchsten ist und zum Rande hin abnimmt, wodurch gefährliche Randspalten an der Oberfläche der Gletscher aufreißen können. Auch durch Dehnung in Längsrichtung der Gletscher oder Unebenheiten am Boden können bei der Bewegung ins Tal Risse an der Gletscheroberfläche quer zur Fließrichtung entstehen 8. Seit jeher haben Gletscher einen großen Einfluss auf das Landschaftsbild, denn sie formten die Täler so, wie wir sie heute aus dem Alpenraum kennen. Ins Eis eingeschlossene Steine wirken beim Abgang eines Gletschers wie grobes Sandpapier. Sie schleifen an den Rändern und am Untergrund des Abbildung 4: Lauterbrunnental: Ein typisches Gletschers Gestein ab, das von den Trogtal, das durch die Gletscher geformt wurde. (https://de.wikipedia.org/wiki/Trogtal#/media/File:Lauterbrun 9 Eismassen abtransportiert wird . Den nental.2008.jpg, 27.10.2018, 13.00 Uhr ) mitgeführten Ton, Sand und das Gestein bezeichnet man allgemein als Moränen. Dieses Material bleibt auf dem Weg nach unten an den Rändern (Seitenmoräne) und am Ende der Gletscherzunge (End- oder Stirnmoräne) als Geröllhügel bzw. Schuttwall liegen und bildet einen wichtigen Bestandteil von Gletschern. Vereinigen sich zwei Gletscher, so 8 https://www.planet-wissen.de/video-gletscher---das-ende-vom-ewigen-eis-100.html, 12.08.2018, 09.00 Uhr 9 https://www.planet-schule.de/mm/die erde/Barrierefrei/pages/Gletscher_gestalten_die_Landschaft.html, 12.08.2018, 10.30 Uhr
7 entsteht aus den jeweiligen Seitenmoränen eine gemeinsame Mittelmoräne, die jedoch erst im Zehrgebiet freigelegt und sichtbar wird 10. Charakteristisch für die Gletscheroberfläche im Ablationsgebiet sind die vielen Schmelzwasserbäche. Sie erzeugen oft schlangenlinienförmige Vertiefungen im Eis, die durch das Mäandrieren der Bäche entstehen. Weiter gletscherabwärts, zum Ende der Gletscherzunge hin, verschwinden diese Schmelzwasserbäche meist in der sogenannten Gletschermühle. Durch diese schachtartige Vertiefung im Eis fließt das Wasser nun weiterhin subglazial (unter der Eisdecke) ab und gelangt erst am Ende der Zunge wieder ans Tageslicht 11. Am Gletschertor, an der unteren Öffnung der Eisfront, fließt das Schmelzwasser „wie aus einer blutenden Wunde“ 12 Abbildung 5: Mäandrierender ab und bildet einen Gletscherbach. Da sich das Gletscherbach (Gletscher der Alpen, 39) Wasser dort mit Gesteinsmehl vermischt und sich weiß-grau verfärbt, bezeichnet man es auch als Gletschermilch. Bei größeren Wassermengen bildet sich aus dem Gletscherbach ein Fluss und sammelt sich das Wasser in einer Mulde, so entsteht ein Gletschersee. Abbildung 6: Gletschertor am Ende der Gletscherzunge (Gletscher der Alpen, 41) 10 https://gletscherg2h.wordpress.com/gruppe-2-2/, 12.08.2018, 12.00 Uhr 11 Gletscher der Alpen, S.40-41 12 http://www.die-klimaschutz-baustelle.de/gletschertor.html, 12.08.2018, 15.00 Uhr
8 2.3 Alpengletscher in der heutigen Zeit Die Alpengletscher bestehen aus ca. 5000 einzelnen Gletschern, die sich über mehrere Nationen erstrecken. Der größte Anteil der alpinen Vergletscherung, nämlich 43 %, die eine Fläche von über 1000 km² bedecken, befinden sich in der Schweiz. Mit 23 % oder einer in etwa halb so großen vergletscherten Fläche folgt Italien. Österreich 19 %, gefolgt von Frankreich 14 % stehen an dritter und vierter Stelle, während die gesamte in Deutschland befindliche Gletscherfläche gerade einmal 1 m² beträgt. Die beiden noch fehlenden Länder im Alpenraum, Lichtenstein und Slowenien können hingegen keine Gletschergebiete vorweisen 13. In der Schweiz findet man nicht nur die meisten, sondern auch den flächenmäßig größten und längsten Alpengletscher, den Aletschgletscher in den Berner Alpen. Der über 80 km² große und ca. 23 km lange Talgletscher entwässert über die Massa in die Rhone 14. Nicht umsonst werden die Gletscher der Alpen auch als „Wassertürme Europas“ bezeichnet, da sie die Hauptquellorte für sämtliche europäische Flüsse sind, z.B. für die Donau, den Rhein oder die Rhone. Abbildung 7: Aletschgletscher in der Schweiz (https://www.aletscharena.ch/naturphaenomen/grosser-aletschgletscher/aletschgletscher-fisheye-sommer-aletsch- arena-christian-ruegg-s.jpg, 27.10.2018, 13.30 Uhr) Nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich sind die Alpengletscher von höchster Bedeutung. Eine ganze Bandbreite an Freizeitangeboten locken jährlich etwa 100 bis 140 Millionen Touristen in den Erholungsraum Alpen, wozu auch die Gletschergebiete ihren Anteil beitragen 15. Das Besondere dabei ist, die Alpenregionen begeistern alle 13 Gletscher der Alpen, S. 20 14 https://www.bergwelten.com/a/die-8-letzten-grossen-gletscher-der-alpen, 16.08.2018, 09.00 Uhr 15 https://www.naturfreunde-bayern.de/cipra, 16.08.2018, 10.00 Uhr
9 Altersgruppen von jung bis alt. Der regelrechten Abhängigkeit mancher Regionen vom Alpentourismus stehen sehr empfindliche Naturräume gegenüber, die sensibel auf menschliche Eingriffe reagieren. Umweltschützer kritisieren immer wieder beispielsweise den Ausbau von Verkehrswegen oder die Erschließung neuer Skigebiete. Der sanfte oder nachhaltige Tourismus gewinnt hierbei immer mehr an Bedeutung. Dieser soll sowohl die Interessen der Touristen, als auch die Rücksicht auf die Umwelt in Einklang bringen, sodass die Natur geschont wird 16. 3. Veränderungen im Laufe der letzten Jahrhunderte In der Zeit zwischen 1500 und 1850 war das Klima in Mitteleuropa von kühlen Sommern geprägt. Das führte dazu, dass die Alpengletscher an Fläche zunahmen. Teilweise wurden sie sogar, wegen ihres stetigen Vordringens in tiefergelegene Gebiete, von den Menschen gefürchtet. Um das Jahr 1850 haben die Alpengletscher ihre maximale Ausdehnung seit der letzten Eiszeit erreicht 17. Ab der Industrialisierung und der damit verbundenen zunehmenden Lufttemperatur, hauptsächlich verursacht durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, begannen die Gletscher allmählich abzuschmelzen. Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Gletschern ist die Lufttemperatur sowie die Menge, Art und Häufigkeit von Niederschlägen. In einem Beitrag verschiedener Geografen und Glaziologen zum Thema Gletscherveränderungen in den europäischen Alpen heißt es, dass sich, innerhalb der letzten 150 Jahren bis hin zum Jahr 2000, der Schwund alpiner Gletscherflächen auf die Hälfte und der Verlust des alpinen Eisvolumens auf zwei Drittel beläuft 18. Auch in Zukunft wird sich an diesem Trend nichts ändern, sondern er wird weiterhin Fahrt aufnehmen und sich verstärken. Gletscherforscher rechnen mit dem fast vollständigen Abschmelzen der Alpengletscher noch in diesem Jahrhundert. 16 https://www.bmu.de/themen/wirtschaft-produkte-ressourcen-tourismus/tourismus- sport/nachhaltiger-tourismus/, 16.08.2018, 11.30 Uhr 17 https://geo.badw.de/fileadmin/user_upload/Files/GLAZ/pdf/Bayerische_Gletscher_im_Klimawandel_ 2012.pdf, 18.08.2018, 09.00 Uhr 18 http://www.geo.uzh.ch/~mzemp/Docs/Zemp_etal_JahrbuchOekologie08_2007.pdf, 18.08.2018, 10.00 Uhr
10 3.1 Gründe für das Abschmelzen der Gletscher Gletscher ziehen sich zurück, wenn im Zehrgebiet mehr Schnee und Eis abtaut oder verloren geht, als im Nährgebiet im gleichen Zeitraum hinzukommt (Vgl. 2.1 Entstehung der Gletscher). Gründe dafür können nicht ausreichende Niederschläge im Winter in Form von Schnee oder zu hohe Temperaturen, beispielsweise in strahlungsintensiven Frühlings- und Sommermonaten, sein. Als Hauptursache hierfür wird der Klimawandel, der neben internen und externen natürlichen Einflüssen auch durch den anthropogenen Treibhauseffekt entsteht, verantwortlich gemacht. Der Treibhauseffekt ermöglicht uns aber erst das Leben auf der Erde. Ohne ihn läge die durchschnittliche Lufttemperatur bei -18 Grad Celsius. Langwellige Wärmestrahlung wird von der Erde abgegeben und von den sogenannten Treibhausgasen in der Luft absorbiert und wieder zurück zur Erde emittiert. Dadurch bleibt die Strahlung in der Atmosphäre und entweicht nicht Abbildung 8: Der natürliche Treibhauseffekt (https://slideplayer.org/slide/1310035/3/images/5/Der+nat%C3%BCr ins Weltall 19. Diese Gase, wie liche+Treibhauseffekt.jpg, 27.10.2018, 14.00 Uhr) Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) oder Distickstoffoxid (N2O) sind in gewissen Mengen natürlich vorhanden. Durch menschliche Aktivitäten werden sie jedoch vermehrt ausgestoßen und verstärken den natürlichen Treibhauseffekt. Klimaänderungen sind die Folge. Auch wenn sich Deutschland für die Reduzierung der Treibhausemissionen einsetzt und mit einer Einsparung von knapp 30 % gegenüber dem Jahre 1990 Erfolge erzielt, die weltweite Bilanz ist weiterhin steigend 20. 19 https://www.greenpeace.de/themen/klimawandel/was-ist-der-treibhauseffekt, 19.08.2018, 11.00 Uhr 20 https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in- deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase, 19.08.2018, 12.00 Uhr
11 Abbildung 9: Jährliche Treibhausgasemission in Deutschland (https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas- emissionen/die-treibhausgase, 27.10.2018, 14.00 Uhr) Auch die globale Durchschnittstemperatur lag 2017 ungefähr 0,54 Grad Celsius über dem langjährigen Mittelwert von 1961 bis 1990 21. Hinzu kommt, dass der Alpenraum von einem überdurchschnittlichen Lufttemperaturanstieg betroffen ist. Dieser liegt in etwa bei 1,5 Grad Celsius und ist somit deutlich größer, als der globale Vergleichswert. Abbildung 10: Abweichung der globalen Lufttemperatur vom Durchschnitt 1961 bis 1990 (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/2_abb_abw-globale-lufttemp_2018-05- 09_0.png, 27.10.2018, 14.00 Uhr ) 21 https://www.umweltbundesamt.de/indikator-globale-lufttemperatur#textpart-2, 19.08.2018, 12.30 Uhr
12 Abbildung 11: Abweichung der Lufttemperatur vom Durchschnitt 1961 bis 1990 in der Schweiz (https://www.uibk.ac.at/geographie/personal/steiger/awt_bbgr_klimabericht2013.pdf, 27.10.2018, 14.00 Uhr) Ein weiteres Problem stellt die Luftverschmutzung dar. Schmutzpartikel in der Luft, vor allem Feinstaub und Ruß, können den Gletscherschwund verstärken, indem sie sich an der Gletscheroberfläche ablagern und diese dunkler färben 22. Dadurch wird die Albedo, das Verhältnis von reflektierter Strahlung zur gesamten einfallenden Strahlung, gesenkt. Weiße Oberflächen können mehr Strahlung reflektieren, schwarze hingegen mehr absorbieren und diese in Wärme umwandeln 23. Der gleiche Vorgang ist zu beobachten, wenn die hellen Eismassen abschmelzen und darunter dunklerer Gesteinsschutt hervortritt, der mehr Sonnenwärme aufnimmt. Dieser Teufelskreis verstärkt somit den Abschmelzprozess. 3.2 Regionale Unterschiede im Alpenraum Grundsätzlich gibt es im Alpenraum topografische und klimatische Unterschiede. Die westlichen Alpen sind beispielsweise höher als die östlichen und gleichzeitig vom feuchten, milden, ozeanischen Klima geprägt, während im östlichen Teil eher kontinentale Luftmassen für die Temperatur und eine geringere Niederschlagsmenge verantwortlich sind 24. Diese regionalen Unterschiede sind unter anderem der Grund für die nicht gleichmäßige Bildung und Verbreitung der Gletscherflächen. Dennoch ist durch den starken Temperaturanstieg im gesamten Alpenraum über die letzten Jahrzehnte hinweg nur ein Trend zu beobachten und das ist der großflächige 22 http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/russ-aus-industrialisierung-startete-schmelzen-der- gletscher-in-alpen-a-920069.html, 19.08.2018, 13.00 Uhr 23 Geographie 11 Bayern, S. 170 24 http://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Gletscher_in_den_Alpen, 19.08.2018, 13.30
13 Rückzug der Alpengletscher. Natürlich gibt es auch hier wenige Ausnahmen, bei denen eine besondere Lage des Gletschers oder sonstige Effekte zu einer Massenzunahme führen. Abbildung 10: Längenänderung verschiedener Gletscher in der Schweiz (http://swiss-glaciers.glaciology.ethz.ch/live/messnetz/lc_cum_de.png, 28.10.2018, 11.00 Uhr) 3.3 Fotovergleiche von Gletschern früher-heute Dieses Kapitel soll anhand von verschiedenen Fotoaufnahmen ausgewählter Alpengletscher verdeutlichen, dass der Prozess des Gletscherschwundes in den Alpen bereits in vollem Gange ist. Als Indikator hierfür wird die räumliche Ausdehnung der Gletscherzunge betrachtet. Abbildung 13: Der Morteratsch- gletscher in der Bernina- Gruppe (Schweiz) 1911 / 2000 / 2011 / 2015 (http://www.gletsc herarchiv.de/files/ 11-304018- morteratsch- 2015.jpg, 28.10.2018, 12.00 Uhr)
14 Abbildung 14: Steingletscher und Steinsee im Berner Oberland (Schweiz) 1947 / 2017 / 2018 (http://www.gletscherarchiv.de/files/330606-stein-2018-1.jpg, 28.10.2018, 12.30 Uhr) Abbildung 11: Die Pasterze in den Hohen Tauern ( Österreich) 1938 / 2000 / 2007 / 2011 / 2013 / 2016 (http://www.gletscherarchiv.de/files/11-202063-pasterze-2016.jpg, 28.10.2018, 13.00 Uhr)
15 4. Risiko- und Chancenbetrachtung Die mit der Zeit immer rasanter werdenden regionalen Veränderungen im Alpenraum bleiben selbstverständlich nicht ohne Folgen. Es entstehen verheerende Auswirkungen, sowohl für uns Menschen, als auch für die Natur und die Umwelt. Im Bereich Wirtschaft und Tourismus in den Alpen gibt es jedoch auch die eine oder andere positive Erkenntnis zum Thema Gletscherschwund, die den überwiegend negativen Aspekten jedoch klar unterzuordnen ist. 4.1 Veränderung des Wasserhaushaltes durch Abschmelzen der Alpengletscher Die Alpengletscher sind für die Wasserversorgung in Mitteleuropa von sehr großer Bedeutung. Sie dienen als saisonale Speicher, die den Niederschlag im Winter in Form von Schnee und Eis speichern und ihn im Sommer als Schmelzwasser in die Hochgebirgsflüsse speisen. Somit wird der Fortbestand dieser Flüsse durch das Abschmelzen der Eisreserven in der Vegetationsperiode gesichert 25. Klimamodelle sagen voraus, dass der Sommerniederschlag in Zukunft abnehmen und es vermehrt zu längeren Trockenperioden im Hochsommer kommen wird. Diese Ereignisse wären vergleichbar mit der großen Hitzewelle in Europa im Jahr 2003, aber auch die diesjährige Hitzeperiode in Deutschland ist ein Beleg dafür. Während dieser Dürrephase im vergangenen Sommer 2018 sanken die Pegelstände der großen Flüsse soweit, dass viele Frachtschiffe sogar nur noch einen Teil der sonst üblichen Ladung transportieren konnten 26. Im Jahr 2003 wurde das Problem der Wasserknappheit von vielen Menschen nicht realisiert, da die Flüsse dank der Gletscherspende weiterhin wasserführend waren. Laut Veröffentlichungen des Nationalen Forschungsprogramms (NFP 61) in der Schweiz, deren Ziel ein nachhaltiger Umgang mit den Wasserressourcen im 21. Jahrhundert ist, führt der Rhein bei Basel in normalen Jahren rund 9 % Gletscherschmelzwasser. Im Jahr 2003 waren es dagegen 23 %. Für die Rhone bei der Schweizer Gemeinde Chancy wurde zu dieser Zeit sogar ein Anteil von 75 % Gletscherschmelzwasser im Abfluss berechnet 27. Dieser enorme Wert 25 https://www.planet-wissen.de/video-gletscher---das-ende-vom-ewigen-eis-100.html, 22.08.2018, 09.00 Uhr 26 https://www.zdf.de/nachrichten/heute/wassermangel-in-grossen-fluessen-bremst-frachtverkehr- 100.html, 22.08.2018, 09.00 Uhr 27 https://www.umweltnetz-schweiz.ch/themen/klima/2031-nfp-61-sommertrockenheit-und- niedrigwasser.html, 22.08.2018, 10.00 Uhr
16 lässt sich durch ihr stark vergletschertes Einzugsgebiet erklären. Allgemein ist festzustellen, dass die Gletscher am gesamten Wasserabfluss nur in geringem Maße beteiligt sind. Sie liefern jedoch dann verlässlich Wasser, wenn es besonders benötigt wird. Neben den Gefahren in trockenen Sommermonaten wird es im Winter zunehmend zu Hochwasser kommen, da der Niederschlag aufgrund der globalen Erderwärmung nicht wie gewohnt als Schnee fällt, der in den Bergen zurückgehalten wird, sondern als Regen, der sofort abfließt 28. Bereits jetzt führt der Klimawandel in den Alpen zu einem Anstieg der Schneegrenze um 250 bis 300 m. Die wichtige Rolle der Alpengletscher als saisonale Speicher wird die Menschen in Zukunft vor große Herausforderungen stellen, da sich der Gletscherschwund und die steigende Schneegrenze direkt auf den Jahresabfluss von Gletschern auswirken. Die Abflüsse werden zunächst in den kommenden Jahrzehnten, aufgrund der Gletscherschmelze, zunehmen, aber gegen Ende dieses Jahrhunderts werden sie, als Folge der schwindenden Eisreserven, in vielen Alpentälern kaum noch von Gletschern beeinflusst. Gerade in Zeiten zunehmender Klimaextreme wären sie jedoch sehr bedeutsam. 4.2 Auswirkungen auf Flora und Fauna Im Alpengebiet zählt man rund 30.000 Tier- und ca. 13.000 Pflanzenarten 29. Unter den Pflanzenarten im Alpenraum gibt es etwa 400 endemische, also nur hier vorkommende Arten. Einige von ihnen sind vom Aussterben bedroht. Doch um zu verstehen wie es dazu kommt, zunächst noch etwas Allgemeines zur Vegetation in den Alpen. Abhängig von sinkenden Temperaturen und steigenden Niederschlägen mit zunehmender Höhe verändert sich diese grundlegend vom Tal bis zum Gipfel. Es bilden sich Vegetationszonen, welche als Höhenstufen bezeichnet werden. Diese vertikal gestaffelten Naturräume reichen vom Talboden über die Bergwaldstufe bis zu felsigen Gipfelbereichen mit vereinzelten Pionierpflanzen. Die Klimaerwärmung führt zu einer Verlagerung der Vegetationszonen bergaufwärts. Pro 100 Höhenmeter nimmt die Temperatur um ca. 0,5 Grad Celsius ab. Damit die Pflanzen nun in Folge der steigenden Temperaturen ihren gewohnten Lebensraum, an 28 http://www.gletscherarchiv.de/die_folgen/, 22.08.2018, 10.30 Uhr 29 https://www.bund-naturschutz.de/alpen/bedeutung/naturschutz.html, 24.08.2018, 11.00 Uhr
17 den sie sich optimal angepasst haben, besiedeln können, müssen sie Stück für Stück nach oben ausweichen, bis schließlich die Bewohner des oberen Stockwerks komplett verdrängt werden. Große Zuzügler von unten nehmen ihnen das Licht 30. Ein erwähnenswerter positiver Aspekt ist, dass der vom Gletschereis freigelegte Gesteinsschutt, das sogenannte Gletschervorfeld, zur Entwicklung neuer Pflanzengesellschaften beiträgt. Durch den Gletscherschwund wurden innerhalb von rund 150 Jahren in den Schweizer Alpen etwa 750 km² vom Eis freigelegt. Schon nach wenigen Abbildung 12: Gletscher – Hahnenfuß (https://www.naturpark- Jahren verwandelte sich die tote Landschaft in oetztal.at/fileadmin/_processed_/3/1/csm_Gletscher eine lebendige Artenvielfalt. Aufgrund der hahnenfuss_schwarzkogel_naturpark_oetztal_a6806 1fd7f.jpg, 29.10.2018, 11.00 Uhr) eingeschränkten Lebensbedingungen in diesen Höhenlagen und wegen des steinigen Untergrundes, siedeln dort zunächst nur Pionierpflanzen, die an diese Umgebung perfekt angepasst sind. Eine schnelle Ausbreitung und Vermehrung, sowie eine hohe Wachstumsrate ermöglichen beispielsweise dem Kriechenden Nelkenwurz oder dem Gletscher - Hahnenfuß das Überleben in instabilem Gelände 31. Auch für einige Tierarten ist das Alpengebiet ein geeigneter Lebensraum. Bekannte Tierarten rund um die Gletscher sind z.B. der Steinbock, der Steinadler, Gämsen, Murmeltiere oder der Alpensalamander. Auch Murmeltiere reagieren empfindlich auf Temperaturveränderungen und suchen sich neue Lebensräume in höheren Lagen. Doch für sie reicht dort, im Gegensatz zu den spezialisierten Pflanzenarten, irgendwann die Humusschicht nicht mehr aus, um Höhlen für ihren Winterschlaf zu graben. Somit wird ihnen ihr Lebensraum entzogen Abbildung 13: Ein Murmeltier neben einem Gletscher und auch sie sind vom Aussterben bedroht. (Gletscher der Alpen, 86) 30 https://www.br.de/klimawandel/klimawandel-alpen-berge-auswirkungen-100.html, 24.08.2018, 13.00 Uhr 31 Gletscher der Alpen, S. 74-76
18 4.3 Auswirkungen auf Infrastruktur und Tourismus im Bereich der Alpen Die Veränderung der Landschaftszonen im Alpenraum haben auch aus wirtschaftlicher Sicht immense Auswirkungen, die bereits seit Jahren präsent sind. Ein Beispiel hierfür ist der Permafrostboden, der vor allem für die Sicherheit und Stabilität von großer Bedeutung ist. Der Begriff Permafrostboden bezeichnet ständig gefrorene Böden und Felswände, die nur in den Sommermonaten oberflächlich etwas auftauen. In den Alpen, in denen es flächenmäßig mehr Permafrostböden als Gletscher gibt, kommen sie hauptsächlich ab Höhen von 2.500 bis 3.000 m vor 32. Die sogenannten „Kleber der Alpen“, wie sie auch genannt werden, bieten besonders in Felswänden und steilen Hängen die nötige Stabilität für die gesamte Infrastruktur in höheren Lagen. Durch die klimatischen Veränderungen dringt nun zunehmend Wärme in die Felsspalten ein und dadurch können sich Gesteinsmassen lockern. Felsstürze, Hangbewegungen und Murgänge (in Kombination mit Zunahme der Starkniederschläge im Sommer) sind mögliche Folgen dieser Entwicklung. Dies stellt besonders für Bergstationen, Gondelbahnen oder auch Liftstützen und Seilbahnverankerungen, eine Gefahr dar, da sie mit der Zeit auf immer instabilerem Grund verankert sind 33. Ein weiteres Beispiel, das die Folgen des Klimawandels und des Gletscherschwundes aufzeigt sind die zahlreichen Gletscherseen, die sich in den letzten Jahren vermehrt gebildet haben. Sie bilden sich in Hohlformen, die durch die einst fließenden Bewegungen der Gletscherzungen geformt wurden. Ablagerungen und Moränen haben den Boden im Laufe der Jahre abgedichtet. Wenn das Eis schmilzt, sammelt sich das Wasser in diesen Becken und bleibt, durch den Zufluss von Regen- und Schmelzwasser aus höheren Lagen, erhalten 34. Gerade für Wanderer, die nicht die höchsten Gipfel erklimmen wollen, sind diese Landschaftsbilder zu einer beliebten Touristenattraktion geworden. 32 https://www.alpenverein.de/natur/naturschutzverband/die-alpen/alpiner-permafrost-klimazeiger- und-klebstoff-der-alpen_aid_28517.html, 26.08.2018, 09.00 Uhr 33 https://www.planet-wissen.de/video-gletscher---das-ende-vom-ewigen-eis-100.html, 12.08.2018, 09.00 Uhr 34 https://gletscherg2g.wordpress.com/gruppe5-gletscherg2b_g5/, 26.08.2018, 09.30 Uhr
19 Abbildung 14: Gletschersee in den Alpen (Gletscher der Alpen, 183) Gletscherseen können jedoch auch zur Gefahr werden, da nur die angehäuften Moränen als Dämme dienen und somit ein unerwartetes Ausbrechen der Seen möglich ist. Fließt immer mehr Schmelzwasser in den See, so ist der Hohlraum irgendwann ausgelastet, das Wasser durchbricht dann den instabilen Damm und strömt talabwärts. Hochwasser und Überschwemmungen nahegelegener Siedlungen im Tal sind die Folgen, wie man am Beispiel Grindelwald sehen kann. Das kleine Dorf in der Schweiz geriet im Jahr 2008 durch ein solches Unglück in die Medien. Ein Jahr nach dem Ausbruch des Gletschersees wurde ein 2 km langer Abflussstollen in einen Berg gesprengt, der als künstlicher Ablauf für das Wasser dient und das Dorf somit vor weiteren Katastrophen schützen soll. Durch Messsonden im See konnte die Siedlung bei dem Ausbruch vorzeitig gewarnt und der Schaden dadurch begrenzt werden 35. Manche Gletscherseen eignen sich jedoch auch für die Stromproduktion durch Wasserkraftanlagen. Mit Hilfe massiver Staudämme werden enorme Wassermassen aufgestaut, die nach und nach ins Tal abfließen und dabei Turbinen antreiben 36. Wilfried Haeberli von der Universität Zürich meint dazu: Abbildung 15: Staudamm zur Stromproduktion (Gletscher der Alpen, 225) 35 https://www.bernerzeitung.ch/region/thun/Wie-der-Gletschersee-gezaehmt-wurde/story/29667822, 26.08.2018, 10.00 Uhr 36 https://www.cipra.org/de/dossiers/2/76_de/inline-download, 26.08.2018, 10.30 Uhr
20 „Vielleicht könnte der Nutzen über den Verlust der weißen Landschaft hinwegtrösten.“ 37. Auch Wintersportler bleiben von den Folgen des Klimawandels nicht verschont. Die Schneesicherheit der Gletscher nimmt im Laufe der Jahre immer weiter ab, wobei gerade dies als das wichtigste Werbeargument für Wintersportgebiete gilt. In der Zeit von 1961 bis 2011 haben sowohl die Zahl der Frosttage, als auch die Neuschneesummen deutlich abgenommen 38. Schneearme Winter haben negative Auswirkungen auf die Saisondauer und somit auf den wirtschaftlichen Erfolg der betroffenen Gebiete. In einer Studie der OECD, die den Zusammenhang der Klimaänderung und der Schneesicherheit verdeutlicht, wurden im Jahr 2006 90 % der Skigebiete in den Alpen als schneesicher bezeichnet. Bei einem Anstieg der durchschnittlichen, regionalen Jahrestemperatur um +1 Grad Celsius würde dieser Wert auf 75 % sinken, bei +2 Grad auf einen Wert von 61 % und bei +4 Grad sogar auf nur noch 30 % 39. Generell ist mit einem Rückgang des Wintertourismus im Alpenraum zu rechnen, obwohl gerade dieser einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellt. Besonders Gletscherüberquerungen und Hochtouren werden in Zukunft für die Touristen risikoreicher, da aufgrund der Klimaerwärmung, auf den Wegen bis zu Abbildung 16: Gefährliche Spalten an der 30 m tiefe Spalten im Eis entstehen können, Oberfläche des Gletschereises (https://www.alpenverein.at/portal_wAssets/docs/n die oftmals mit Schnee bedeckt und somit atur-umwelt/aktuell/3_Alpine- Raumordnung/Gletscherschutz/ARO-27.pdf, nicht sofort erkennbar sind. In einem 29.10.2018, 12.00 Uhr) Erfahrungsbericht, der in der Sektionszeitschrift des Deutschen Alpenvereins Sektion Augsburg erschienen ist, werden die unterschiedlichsten Bedrohungen beschrieben. Demnach ist es keine Seltenheit, dass bestimmte Bergrouten für die Touristen gesperrt werden und nicht mehr 37 http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/gletscher-schmelze-im-hochgebirge-in-den-alpen- entstehen-neuen-seen-a-894629.html, 26.08.2018, 11.00 Uhr 38 https://www.uibk.ac.at/geographie/personal/steiger/awt_bbgr_klimabericht2013.pdf, 26.08.2018, 12.00 Uhr 39 http://www.oecd.org/general/oecd- berechnungenzudenauswirkungendesklimawandelsaufdieskiregionenindenalpen.htm, 26.08.2018, 13.00 Uhr
21 begehbar sind, da die Eismassen abschmelzen und das Berggelände ständigen Veränderungen unterliegt 40. 5. Gegenmaßnahmen zum Erhalt der Gletscher Obwohl das Problem des Gletscherschwundes in den Alpen schon seit der Industrialisierung bekannt ist, wurden anfangs kaum Gegenmaßnahmen, die den aktuellen Abschmelzvorgang verhindern oder begrenzen sollen, ergriffen. Hinzu kommt eine Verzögerungs- oder Reaktionszeit bei allen Gletschern. Sie ist dafür verantwortlich, dass sich die getroffenen Maßnahmen und einer damit bezweckten positiven Massenbilanz durch reichlich Schnee und geringerer Ablation nicht sofort in den Messdaten bezüglich der Längenausdehnung der Gletscher niederschlagen. Sie kann je nach Lage, Größe und den lokalen klimatischen Bedingungen am Gletscher zwischen wenigen Jahren und einigen Dekaden betragen. Diese Verzögerungszeit entsteht dadurch, dass sich die zusätzlichen Schneereserven (eine positive Massenbilanz vorausgesetzt) zunächst im Akkumulationsgebiet ansammeln und erst nach einiger Zeit, durch die natürliche Gletscherbewegung talabwärts, die Gletscherausdehnung aktiv beeinflussen 41. Allgemein bedeutet das, dass die heutigen Veränderungen im Alpenraum auf die Klimaverhältnisse des letzten Jahrhunderts zurückzuführen sind und nicht die heutigen Klimabedingungen wiederspiegeln. Noch bevor die ersten Gegenmaßnahmen für den Erhalt der Alpengletscher genannt wurden, hat der eine oder andere bereits tragisch festgestellt, dass sich diese Maßnahmen erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts bemerkbar machen werden und bis dahin große Teile der Gletscher verschwunden sein werden. Ob das nun die weltweite Reduzierung der Treibhausgase, welche als Hauptverursacher der globalen Klimaerwärmung gelten oder spezielle Methoden zum Schutz des Gletschereises in der Alpenregion sind, ist grundsätzlich egal. Sicherlich wäre das Wirkungsvollste, den anthropogenen Einfluss auf den Klimawandel zu verringern oder ihn sogar zu stoppen. Hierzu kann sich jeder Mensch selbst Gedanken bezüglich seines eigenen ökologischen Fußabdrucks machen und dementsprechend seine täglichen Konsumentscheidungen hinterfragen. Jedoch ist diese Maßnahme keine, die nur mit Sicht auf den 40 https://www.dav-augsburg.de/aav/alpenblick-magazine/261-alpenblick-ausgabe-2018-1, S.15-18, 26.08.2018, 14.00 Uhr 41 Gletscher der Alpen, S.61
22 Gletscherschwund in den Alpen vollzogen werden sollte, sondern als Lösung für sämtliche Probleme auf der ganzen Welt dienen könnte. Die Frage, die uns jedoch immer im Hinterkopf bleibt, wird sein, ob nicht jeder mögliche Rettungsversuch für die Gletscher schon zu spät kommt. Dennoch möchte ich im Folgenden auf zwei mögliche Gegenmaßnahmen genauer eingehen. Eine Möglichkeit zum Schutz der Alpengletscher könnte das Abdecken des Gletschereises mit weißen Folien sein. Diese Folien bestehen aus einem wasserdurchlässigen Vlies, das vor Wärme schützen und nebenbei eine hohe Albedo schaffen soll 42. Somit soll möglichst viel Sonnenlicht reflektiert werden (Vgl. Kapitel 3.1 Aktuelle Gründe). Kritiker bemängeln hierbei aber den künstlichen Eingriff in die Natur, da es keine natürliche Herangehensweise ist. Außerdem ist diese Möglichkeit aufgrund des Ausmaßes an Gletscheroberflächen, die bedeckt werden müssten um optimalen Schutz zu Abbildung 17: Gletscherabdeckungen im gewährleisten, begrenzt. Bereich der Skiliftanlagen (Gletscher der Alpen, 250) Die zweite Möglichkeit, dem Gletscherschwund in den Alpen entgegenzuwirken, ist hauptsächlich auch aus wirtschaftlicher Sicht interessant. In Gletschergebieten kommen immer mehr künstliche Beschneiungsanlagen zum Einsatz, mit deren Hilfe der Skitourismus aufrechterhalten werden soll, da sie die fehlenden Schneemengen liefern. In Zeiten abnehmender Schneesicherheit gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Dennoch werden diese künstlichen Beschneiungsanlagen nicht von allen als Problemlöser für den Klimawandel in den Skiregionen angesehen. Pro Hektar Grundbeschneiung, was einer Schneedecke von 30 cm entspricht, werden je nach Hanglage rund 2 bis 6 Millionen Liter Wasser und ca. 20.000 kWh elektrische Energie 42 https://www.snowplaza.de/weblog/9715-neue-methode-soll-gletscherschmelze-verhindern/, 31.08.2018, 10.00 Uhr
23 benötigt 43. Zum Vergleich: Ein 4-Personen Haushalt verbraucht jährlich in etwa 4.000 kWh Strom. Angesichts der Unmengen an Energie, die dafür aufgebracht werden müssen und auf welche Art und Weise diese Energie produziert wird, stellt sich die Frage, ob dies eine nachhaltige Lösung für den Skitourismus sowie den Schutz der Alpengletscher ist. Zudem sind die Möglichkeiten der künstlichen Beschneiung begrenzt, denn hierfür muss das Tagesminimum der Temperaturen negativ sein. Bei einer Temperaturerhöhung von einem Grad Celsius, reduziert sich die Beschneiungsmöglichkeit um 5 bis 10 % 44. Umweltschützer kritisieren außerdem den Ausbau von Skigebieten mit Schneekanonen angesichts ihrer kurzfristigen Wirkung und der hohen Belastung für Flora und Fauna, unter anderem wegen der Lärmbelästigung für Wildtiere 45. Dennoch ist positiv zu bewerten, dass es Ansätze und Ideen gibt, überhaupt gegen den Gletscherschwund in den Alpen vorzugehen, um das Eis so lange wie möglich für uns Menschen zu erhalten. Abbildung 18: Schneekanone bei St. Moritz im Einsatz (https://files.newsnetz.ch/story/1/0/7/10782591/9/topelement.jpg, 29.10.2018, 13.00 Uhr) 43 https://www.bund- naturschutz.de/fileadmin/Bilder_und_Dokumente/Themen/Alpen/Aktuelles/Der_gekaufte_Winter_- _8.12.2015.pdf, 31.08.2018, 11.00 Uhr 44 Geographie Bayern 11, S. 147 45 https://www.umwelt-im-unterricht.de/hintergrund/wintersport-mit-folgen-das-oekosystem-alpen/, 31.08.2018, 13.00 Uhr
24 6. Ausblick Der Gletscherschwund ist keineswegs ein Phänomen, das nur die Alpenregion betrifft, sondern vielmehr ein weltweites, klimabedingtes Abschmelzen der Eismassen hauptsächlich in Bergregionen. Ob im Kaukasus oder im Himalaya-Gebirge, überall ist zu beobachten, dass die Gletscherflächen schrumpfen. Auch in Peru, in den Tälern der Cordilliera Blanca leiden die Menschen unter den Folgen des Klimawandels, der für den Gletscherrückgang verantwortlich ist. Die Cordilliera Blanca in den nördlichen Anden Perus, ist die höchste Gebirgskette des amerikanischen Kontinents. Die Peruaner, die an deren fruchtbaren Hängen siedeln, sind abhängig vom Schmelzwasser der Gletscher, das sie für die Bewässerung ihrer Felder nutzen und damit ihren Lebensunterhalt sichern. In den letzten Jahren klagen sie ohnehin schon über ausgedehnte Trockenzeiten und fehlende Niederschlagsperioden, jetzt kommt noch hinzu, dass sich die Wasserzufuhr aus den Bergen ebenfalls in den letzten Jahren um 30 % verringert hat 46. Der Grund für den Rückgang sind die kleiner werdenden Eisvorräte an den Spitzen. Somit ist es nahezu unmöglich, dass die landwirtschaftliche Produktion in diesen Gebieten aufrechterhalten wird. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie kleinere Bevölkerungsgruppen auf der Erde, die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommen. Wir können die aktuelle Entwicklung, die in Gang gesetzt worden ist, aufgrund der Verzögerungszeit nicht einfach stoppen. Selbst wenn jetzt sämtliche Ursachen, die für den Schmelzprozess verantwortlich sind, beseitigt werden, käme für die Alpengletscher wahrscheinlich jede Rettung zu spät. Große Teile der Eismassen wären bereits verschwunden. Dennoch ist es unsere Aufgabe, die Geschwindigkeit dieser Entwicklung zu verlangsamen. Eine erfolgreiche Anpassung an die Veränderungen und Folgen des Gletscherschwundes ist abhängig von der Zeit, die uns dafür bleibt. Anderenfalls können wir den nachfolgenden Generationen nur noch anhand von Bildern und Geschichtsbüchern über die einst existierenden Gletscher berichten. 46 https://www.planet-wissen.de/video-gletscher---das-ende-vom-ewigen-eis-100.html, 12.08.2018, 09.00 Uhr
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