Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union

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Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Mitteilungsblatt der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen
                                                         93. Jahrgang | Dezember 2020

Der Kraftakt

                                                         Niedersachsen,
                                                  Deutschland, die Welt –
                                                      Corona-Impfungen
                                                                laufen an

Kammerversammlung           Fortbildung                  Vertreterversammlung
Bericht über den            20. Oldenburger              Harsche Kritik
fortschreitenden            Ärztetag erstmals            an Pandemie-
Neubau des                  online als                   Bürokratie
Ärztehauses                 Live-Übertragung
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
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             Die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
             der Ärztekammer Niedersachsen schaffen
             Rechtssicherheit für Angehörige und Ärzte
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             Ein PDF-Dokument der neuen Patientenverfügung steht als kostenloser Download auf
             www.aekn.de und auf www.haeverlag.de zur Verfügung.
             Die gedruckte Version der Patientenverfügung ist gegen einen Unkostenbeitrag in Höhe von
             5,00 Euro pro Exemplar (per Vorauskasse) unter folgender Adresse zu bestellen:
             Hannoversche Ärzte-Verlags-Union GmbH, Karl-Wiechert-Allee 18-22, 30625 Hannover,
             E-Mail: info@haeverlag.de
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Editorial

             Aufgabe ohne Beispiel

                                                                            Liebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                                            sehr geehrte Damen und Herren,

                                                                            man könnte es als das größte Weihnachtsgeschenk
                                                                            aller Zeiten bezeichnen – die Corona-Impfungen
                                                                            laufen an. Kommt es so, wie wir alle es uns wün-
Fotos: KVN

                                                                            schen und für möglich halten, dann ist die er-
                                                                            sehnte Rückkehr zur Normalität im Leben in Sicht.

                         Doch erst einmal steht uns ein Kraftakt bevor. Eine Durchimpfung von –zig Millionen Menschen in
                         wenigen Monaten, dazu noch mit Wiederholungsimpfung, ist in der medizinischen Geschichte
                         unseres Landes ohne Beispiel. Die Infrastruktur dafür muss innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden
                         gestampft werden.

                         Die KVN steht bei dieser Herausforderung gemeinsam mit der Ärztekammer an der Seite der politisch
                         Verantwortlichen. Das Land Niedersachsen steuert diese größte Impfaktion in seiner Geschichte.
                         Doch Impfen ist und bleibt eine ärztliche Aufgabe. Wir haben es daher mit der ÄKN übernommen,
                         das medizinische Personal für die Impfzentren zu gewinnen. Die vielen freiwilligen Meldungen auf
                         unseren Aufruf hin signalisieren weithin: Unsere Ärzte sind sich ihrer Verantwortung bewusst und
                         wollen sich engagieren. Danke dafür!

                         Wer kommt zuerst? lautet jetzt die zentrale Frage. Denn der Impfstoff wird erst nach und nach in grö-
                         ßeren Mengen lieferbar sein. Uns ist wichtig, dass diese Diskussion aus den Praxen herausgehalten
                         wird. Lautstarke Auseinandersetzungen mit dem Doktor, ob man die Impfung bekommt, weil es doch
                         nächsten Monat nach Fuerteventura gehen soll –bloß nicht!

                         Von daher kann es nur von Vorteil sein, wenn zunächst an zentralen Stellen geimpft wird. Die unaus-
                         weichlichen Priorisierungsentscheidungen können nur unsere gewählten Volksvertreter treffen.
                         Ethische und medizinisch-fachliche Erwägungen werden hier in Ausgleich zu bringen sein.

                         Unsere dringende Empfehlung scheint aber Gehör zu finden: Impft zuerst das medizinische und pfle-
                         gerische Personal! Das wird für alle weiteren Maßnahmen gebraucht. Und das entspräche einem be-
                         währten Grundsatz: Schützt die Retter – damit sie gefahrlos retten können.

                         Herzlichst Ihre

                         Mark Barjenbruch                                              Dr. Jörg Berling
                         Vorstandsvorsitzender der KVN                                 Stellv. Vorstandsvorsitzender der KVN

             12 | 2020                                                                                                                  3
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Fotos: I. Wünnenberg; ÄKN
                                     8
Letzte Sitzung der 18. Wahlperiode: In der
                                                                            16
                                             Über COVID-19 informierte der 20. Olden-
                                                                                                                         28
                                                                                          Den Tag der Weiterbildung hielt die ÄKN-
Kammerversammlung ging es um Themen          burger Ärztetag, den Professor Dr. Claus-    Bezirksstelle Braunschweig mit Unterstüt-
wie Haushalt und Ärztehaus-Neubau.           Henning Köhne moderierte.                    zung des Sachgebiets erstmals online ab.

ÄKN
Politik
8     „Ein Berg von Aufgaben liegt hinter uns“ In der 19.
      Kammerversammlung der 18. Wahlperiode stand un-
                                                                    Bezirksstelle Braunschweig
                                                                    28    Tag der Weiterbildung online Viel Zuspruch erfuhr ei-
                                                                          ne Infoveranstaltung, die das Sachgebiet Weiterbil-
      ter anderem Dr. med. Martina Wenkers „Bericht zur                   dung für Weiterbildungsassistenten der Bezirksstelle
      Lage“ auf der Tagesordnung.                                         Braunschweig übers Internet anbot.
10    Positive Ertragsentwicklung Die Kammerversammlung             28    Erste Facharztprüfung Urologie Die Bezirksstelle
      der 18. Wahlperiode beschließt den Jahresabschluss                  Braunschweig bietet zusätzlich zu den Prüfungen im
      2019 und den Haushaltsplan 2021.                                    Fach Allgemeinmedizin jetzt auch Facharztprüfungen
12    Ausbau des Rohbaus Bericht in der Kammerversamm-                    für Urologen an.
      lung über den Baufortschritt des neuen Ärztehauses.
                                                                    Recht
COVID-19                                                            29    Seltene Erkrankungen wie eine Sectionarben-Gravidi-
14    FAQs zur zweiten Welle Hier erhalten Sie Informatio-                tät Von Fall zu Fall: Aus der Praxis der norddeutschen
      nen zur Wirksamkeit von Impfungen und Masken                        Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen
      oder der Frage, ob Masken für Kinder schädlich sind.
16    „COVID-19 wird uns von jetzt an begleiten“ Der                Qualitätsmanagement
      20. Oldenburger Ärztetag widmete sich mit verschie-           31    Die stationäre Qualitätssicherung gehört nun zu den
      denen Vorträgen und einer Podiumsdiskussion dem                     Aufgaben der „Landesarbeitsgemeinschaft Qualitäts-
      Thema „SARS-CoV-2-Infektion“.                                       sicherung Niedersachsen in der medizinischen Ver-
23    Algorithmen helfen bei Entscheidungen Die Pandemie                  sorgung“ (LAGN QSmV).
      stellt die interdisziplinäre Onkologie am Comprehen-
      sive Cancer Center Niedersachsen (CCC-N) in Han-              Nach Redaktionsschluss
      nover vor Herausforderungen.                                  87    Hilfe bei ethischen Konflikten im Krankenhaus Das
                                                                          Klinische Ethikkomitee der Universitätsmedizin Göt-
                                                                          tingen feierte unter der Leitung von Professor Dr. phil.
                                                                          Alfred Simon 2020 sein zehnjähriges Bestehen.

4                                                                                                     niedersächsisches ärzteblatt
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
44
Es wird einfacher und hoffentlich besser - mit
                                                                                   50
                                                 Kein Durchblick mehr – die Bürokratie schlägt
                                                                                                                                  57
                                                                                                  Digitale Hilfe und Begleitung für Transsexu-
der neuen Heilmittel-Richtlinie. Immerhin        in der Corona-Pandemie eigene Kapriolen.         elle – das Projekt i2TransHealth am UKE
reduziert sich der Formularkram von drei Vor-    Dr. Matthias Berndt und Dr. Jörg Berling reden   bringt Betroffene, Kliniker und Niedergelas-
drucken auf nur noch einen. Der Überblick.       Klartext über notwendige Veränderungen           sene im virtuellen Raum an einen Tisch

KVN
Vertreterversammlung
37    Zuviel der Gesetze Virtuelle Vertreterversammlung
                                                                          Telemedizin & Digitales
                                                                          57     Digitale Versorgung für spezielle Patientengruppen

                                                                                                                                                 Fotos: creativ collection, pxhere
      rechnete mit Corona-Bürokratie ab                                          Wie Videosprechstunden die ambulante Gesundheits-
                                                                                 versorgung ergänzen können: Das Beispiel i2Transhe-
Arzneimittel & Therapie                                                          alth
42    Keine signifikane Risikoerhöhung Atis informiert: Nach              60     An den Bedürfnissen vorbei Dr. med. Carl Stiller,
      Agioödem – AT1-Blocker als Alternative zu ACE-                             Hausarzt in Adelebsen, mit einem ganz persönlichen
      Hemmern?                                                                   Statement zum Stand der Digitalisierung in der ambu-
44    Neue Heilmittel-Richtlinie ab Januar 2021 Was sich                         lanten Medizin
      ändert – und ein Überblick über Serviceangebote für
      Ärzte und Therapeuten                                               Politik & Verbände
46    Ausfüllanleitung Formular 13 zur Heilmittelverord-                  61     Aus anderen KVen
      nung ersetzt bisherige Formulare 13, 14 und 18

Selbstverwaltung
48    Corona-Impfungen – viele Fragen offen Rund 60 Impf-
      zentren für Niedersachsen – doch wer impft wen?
50    „Irgendwann blickt keiner mehr durch“ Ärzteverbände
      kritisieren kleinteile Verwaltungsvorgaben in der Pan-
      demie – ein Interview mit Dr. Matthias Berndt und Dr.
      Jörg Berling

Praxis und Versorgung
52    Neuerscheinungen
54    Die Rechtsform macht’s – nicht immer Steuertipp:
      Wie ist ein Medizinisches Versorgungszentrum steu-
      erlich zu behandeln?                                                                          Standards
55    Checken Sie sich mal selbst Informationsstrecke Hy-                                           3    Editorial
      giene und Medizinprodukte: „Mein PraxisCheck“ hilft,                                          6    Aktuell
      Stärken und Schwächen der eigenen Praxis zu erken-                                            32   ÄKN-Mitteilungen
      nen                                                                                           62   KVN-Mitteilungen
                                                                                                    76   Veranstaltungen
                                                                                                    81   Rubrikenanzeigen
                                                                                                    87   Impressum

12 | 2020                                                                                                                                    5
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Aktuell

Aufbau eines Freiwilligenregisters zur Unterstützung der                               Zwanzig Jahre Krebsdoku-
niedersächsischen Impfzentren                                                          mentation in Niedersachsen

In den kommenden Monaten wird es                                                       Bei Fragen zur Prävention, Früherken-
auch vom Einsatz der Ärzteschaft ab-                                                   nung, Versorgungssicherung und Krebs-
hängen, wie schnell große Teile der                                                    forschung bilden aussagefähige und ver-
Bevölkerung geimpft werden können.                                                     lässliche Daten eine wichtige Basis. In
Deshalb ruft die Ärztekammer Nieder-                                                   Niedersachsen leisten das im Jahr 2000
sachsen gemeinsam mit dem Nieder-                                                      gegründete Epidemiologische Krebsre-
sächsischen Ministerium für Soziales,                                                  gister (EKN) und das vor zwei Jahren er-
Gesundheit und Gleichstellung sowie                                                    öffnete Klinische Krebsregister (KKN) ei-
der Kassenärztlichen Vereinigung Nie-                                                  nen wichtigen Beitrag zur Verbesserung
dersachsen (KVN) dazu auf, die Impf-                                                   der Versorgung: „Die hier erhobenen
zentren zu unterstützen (siehe auch                                                    Daten helfen, die Überlebenschancen
Seite 48). „Wir sollten uns als Ärztin-                                                von Patientinnen und Patienten zu er-
nen und Ärzte der Verantwortung stel-                                                  höhen“, sagte Gesundheitsministerin Dr.
len“, kündigte Ärztekammerpräsiden-                                                    rer. nat. Carola Reimann anlässlich des
tin Dr. med. Martina Wenker in der                                                     EKN-Jubiläums. Das Epidemiologische
letzten Kammerversammlung der 18.                                                      Krebsregister vergleicht zum Beispiel
Wahlperiode für Anfang Dezember                                                        Auswertungen zu Überlebenszeiten, un-
ein Schreiben an die niedersächsische       Es sind mehrere Impfstoffe gegen das       terstützt bei der regionalen Planung von
                                            SARS-CoV-2-Virus in der Entwicklung.
Ärzteschaft an: Darin wurden die Ärz-                                                  Versorgungseinrichtungen und wirkt bei
tinnen und Ärzte über den Aufbau ei-                                                   der nationalen Gesundheitsstudie NA-
nes Freiwilligenregisters informiert, das   fragt wird darüber hinaus ebenso die       KO mit. Als anerkanntes Referenzregister
künftig vom Meldewesen der Ärzte-           Bereitschaft zu anderen Einsätzen –        setzt die Einrichtung Maßstäbe – unter
kammer geführt wird. Interessierte kön-     wie zum Beispiel Gesundheitsämter          anderem bei der Qualitätssicherung des
nen auf den Fragebögen allerdings           oder Abstrichzentren zu unterstützen.      Mammographie-Screening-Programms.
nicht nur ihre Bereitschaft erklären, in    Die niedergelassenen Ärzte können          Außerdem führt das EKN als einziges
einem der geplanten 60 niedersächsi-        ihre Einwilligung ebenfalls über ein       Krebsregister Deutschlands seit einigen
schen Impfzentren für die Impfung ge-       Formular auf dem KVN-Meldeportal           Jahren ein gemeindebezogenes Moni-
gen SARS-CoV-2 mitzuwirken. Abge-           dokumentieren.                 r wbg       toring durch, um auffällige Krebshäu-
                                                                                       fungen zu erkennen. Das Klinische
                                                                                       Krebsregister beobachtet und analysiert
Neugeborene werden künftig routinemäßig                                                dagegen den gesamten Behandlungs-
auf die Sichelzellkrankheit untersucht                                                 verlauf im Fall einer Krebserkrankung:
                                                                                       also von der Früherkennung über die Si-
Der Bluttest auf Sichelzellkrankheit ist    Gendefekt verantwortlich. Er hat zur       cherung der Diagnose und die leitlini-
in Deutschland künftig fester Bestand-      Folge, dass die roten Blutkörperchen       engerechte Behandlung bis hin zur Tu-
teil der Früherkennungsuntersuchun-         (Erythrozyten) verkrümmen und ihre         mornachsorge. „Wir gehen damit ganz
gen bei Neugeborenen, wie der Ge-           Aufgabe, den Sauerstoff zu transpor-       entscheidende Schritte zur Sicherung der
meinsame Bundesausschuss (G-BA)             tieren, nicht mehr gut erfüllen. Außer-    Qualität der Versorgung von Krebspati-
jetzt entschieden hat. Damit deckt das      dem verkürzt sich die Lebensdauer der      entinnen und Krebspatienten. Gerade in
erweiterte Neugeborenen-Screening           betroffenen Erythrozyten. Pro Jahr wer-    einem Flächenland wie Niedersachsen
nun bereits 15 Krankheiten ab, die          den in Deutschland etwa 150 Kinder         muss man sich überall auf die Qualität
dank der frühen Untersuchung erkannt        mit der Sichelzellkrankheit geboren.       der Behandlung verlassen können“, sag-
und dadurch zielgerichtet therapiert        In den vergangenen Jahren wurde die        te die Ministerin, nachdem das KKN nach
                                                                                                                                   Foto: merklicht.de / stock.adobe.com

werden können. Die Sichelzellkrank-         Früherkennungs-Richtlinie        bereits   zwei Jahren des Aufbaus nun voll be-
heit führt zum Beispiel unbehandelt         mehrfach erweitert: So wurden das          triebsfähig ist. Über das KKN wird auch
bereits bei kleinen Kindern zu gravie-      Neugeborenen-Screening auf Muko-           Niedersachsen seinen Beitrag zur „Natio-
renden Schäden an lebenswichtigen           viszidose und die Reihenuntersuchung       nalen Dekade gegen Krebs“ leisten, die
Organen und sogar zu Todesfällen.           auf Herzfehler (Pulsoxymetrie-Scree-       im vergangenen Jahr ausgerufen wurde,
Für die Erkrankung ist ein angeborener      ning) aufgenommen.               r wbg     um alle Initiativen von Forschung und
                                                                                       Versorgung zu bündeln.             r red
6                                                                                                  niedersächsisches ärzteblatt
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Aktuell

Abschlagszahlungen an die Mitglieder im                        Zahl der Medizinischen Versorgungs-
Jahr 2021 festgelegt                                           zentren auf 3.500 gestiegen

Der Vorstand der KVN hat den Terminplan 2021 für die Ab-       Die Zahl der Medizinischen Versorgungszentren ist im
schlags- und Restzahlungen verabschiedet. Die Abschlags-       vergangenen Jahr um 11,5 Prozent gestiegen. Damit gab
höhe wird unverändert im ersten und dritten Monat des          es Ende 2019 rund 3.500 Einrichtungen bundesweit, etwa
Quartals 24 Prozent, im zweiten Monat des Quartals 37          350 mehr als im Vorjahr. Das hat die Auswertung der ak-
Prozent des Durchschnitts der im vergangenen Kalenderjahr      tuellen MVZ-Statistik der KBV ergeben. Die meisten Me-
abgerechneten Honorargutschriften (Quartale 4/2019 bis         dizinischen Versorgungszentren (MVZ) wurden bislang in
3/2020) betragen. Sofern sich aufgrund pandemiebedingter       Bayern, Nordrhein, Niedersachsen und Berlin zugelassen.
Honorarrückgänge in den Basisquartalen rechnerisch nied-       So liegt Bayern mit 716 MVZ an der Spitze, gefolgt von
rigere Abschlagsbeträge im Vergleich zu 2020 ergeben,          Nordrhein mit 404. Die wenigsten MVZ sind mit 33 Ein-
werden die Abschläge aus dem Vorjahr auch für das Jahr         richtungen in Bremen zu finden. Durchschnittlich arbeiten
2021 übernommen. Die geltende Abrechnungsanweisung             in jedem der Zentren 6,2 Ärzte. Insgesamt sind in Deutsch-
sieht vor, dass die Monatsabschläge bis zum 24. eines Mo-      land knapp 22.000 Ärzte in MVZ tätig. Davon sind acht
nats erfolgen. Fällt der 24. auf einen Samstag, Sonntag oder   Prozent Vertragsärzte und 92 Prozent angestellt. Rund 63
Feiertag, so hat die Zahlung bis zum nächstfolgenden Werk-     Prozent der in MVZ angestellten Ärzte arbeiten in Teilzeit.
tag zu erfolgen. Unter Berücksichtigung der voraussichtli-     Hausärzte, Orthopäden und Chirurgen sowie fachärztliche
chen Liquidität wurden die Zahlungstermine 2021, sofern        Internisten sind bundesweit in den MVZ am häufigsten
der 24. auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt, auf      vertreten. Vertragsärzte (41 Prozent) und Krankenhäuser
den Freitag vorverlegt. Die Restzahlung folgt dann bis zum     (43 Prozent) gründen MVZ nahezu zu gleichen Anteilen.
15. des auf das Leistungsquartals folgenden 4. Monats. Im      Die bevorzugten Rechtsformen sind die Gesellschaft mit
Dezember wurde mit Rücksicht auf den Fälligkeitstermin         beschränkter Haftung (GmbH) und die Gesellschaft bür-
der Sozialversicherungsbeiträge eine Zahlung für den 21.12.    gerlichen Rechts (GbR). Der besonders starke Zuwachs
eingeplant.                                             r ös   von MVZ seit 2016 liegt unter anderem an einer veränder-
                                                               ten Gesetzeslage. So wurde damals eingeführt, dass auch
                                                               fachgleiche Ärzte gemeinsam ein MVZ gründen können.
                                                               Bis dahin mussten mindestens zwei verschiedene Arzt-
Übergangsfrist für elektronische                               gruppen in einem MVZ tätig sein.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung                                                                                     r ös
Zur Entlastung der Niedergelassenen hat die KBV beim
Bundesgesundheitsministerium (BMG) erreicht, dass die          BIX 2020: Zusätzlicher Bürokratieaufwand
elektronische AU-Bescheinigung nicht wie zunächst vorge-       durch Corona
sehen zum 1. Januar kommen muss, sondern es eine Über-
gangsfrist bis zum 30. September gibt. Das BMG hat seine       Der Bürokratieaufwand in den Praxen ist im Vergleich zum
Zustimmung allerdings mit der Auflage verbunden, dass die      Vorjahr um 1,3 Prozent gestiegen. Vor allem hat die Coro-
KBV die Details mit dem Spitzenverband der Krankenkassen       na-Pandemie die niedergelassenen Ärzte und Psychothera-
aushandeln müsse. „Auf dem Weg sind wir jetzt“, sagte          peuten zusätzlich belastet. Das ergab der zum fünften Mal
Kriedel. „Aber wir sind noch nicht endgültig durch mit der     von der KBV veröffentlichte Bürokratieindex 2020. Insge-
Vereinbarung.“                                                 samt 55,8 Millionen Netto-Arbeitsstunden verursachten
                                                     r dh      verschiedene Informationspflichten im Berichtsjahr – das
                                                               sind circa 715.000 Stunden mehr als im Vorjahr. Pro Praxis
                                                               mussten im Schnitt 61 Tage im Jahr für Bürokratie aufge-
                                                               wendet werden. Vor allem schlug hierbei die Arbeitsunfä-
Neuer Kopfschmerzbeauftragter für                              higkeitsbescheinigung (AU) mit circa 561.000 Nettostunden
Niedersachsen                                                  mehr als im Vorjahr zu Buche. Ein Mehrwert der Digitali-
                                                               sierung ist noch nicht zu spüren: Die Pflichten, die für Ver-
Dr. Borries Kukowski, Göttingen, ist neuer Regionalbeauf-      tragsärzte aktuell mit der Einführung der Telematikinfra-
tragter Kopf- und Gesichtsschmerz für Niedersachsen der        struktur einhergehen, bedeuteten eher einen Mehraufwand
Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.                für die Praxen, während den Nutzen andere Akteure wie
 a Kontakt unter https://www.drkukowski.de/ .                  die Krankenkassen haben.
                                                                                                                       r dh
12 | 2020                                                                                                                 7
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Politik

„Ein Berg von Aufgaben liegt hinter uns“
„Bericht zur Lage“ von Präsidentin Dr. med. Martina Wenker in der 19. Kammerversamm-
lungssitzung der 18. Wahlperiode: Auf der Tagesordnung standen verschiedene
Satzungsänderungen und die Gründung einer neuen Schlichtungsstelle 2021

                                                                                 Der Neubau des Ärztehauses, die Digitalisierung der Ärz-
                                                                                 tekammer oder die Entwicklung und Umsetzung der neu-
                                                                                 en Weiterbildungsordnung auf Bundes- und Landesebene:
                                                                                 In ihren Wortbeiträgen erinnerten eine Reihe von Kam-
                                                                                 merversammlungsmitgliedern und der in Ausschüssen
                                                                                 wie Gremien Tätigen an das in der vergangenen 18. Wahl-
                                                                                 periode Erreichte. Auch Dr. med. Martina Wenker, Präsi-
                                                                                 dentin der Ärztekammer Niedersachsen, zog am 28. No-
                                                                                 vember in der 19. Sitzung der Kammerversammlung in
                                                                                 dieser Wahlperiode in ihrem „Bericht zur Lage“ kurz Bi-
                                                                                 lanz: „Wir haben in den vergangenen fünf Jahren einen
                                                                                 riesigen Berg an Aufgaben bewältigt“, sagte Wenker, um
                                                                                 sich dann den aktuellen Herausforderungen für die Ärz-
                                                                                 teschaft zu widmen.

                                                                                 In Dauerstress habe die Corona-Pandemie dieses Jahr
                                                                                 Ärztinnen und Ärzte versetzt, würdigte die Präsidentin im
                                                                                 Rahmen der Präsenzveranstaltung in Hannover, in der
                                                                                 strenge Hygieneregeln befolgt wurden, den Einsatz der
                                                                                 niedersächsischen Kolleginnen und Kollegen in den ver-
                                                                                 gangenen Monaten. Doch nachdem im Frühjahr dank ei-
                                                                                 nem gemeinsamen Vorstoß von Ärztekammer und Kas-
                                                                                 senärztlicher Vereinigung Niedersachsen (KVN) die ge-
                                                                                 setzliche Verankerung einer sogenannten Zwangsver-
                                                                                 pflichtung von Ärztinnen und Ärzten für künftige Pande-
                                                                                 mien habe verhindert werden können, sei nun die Unter-
                                                                                 stützung der Impfzentren erforderlich: „Wir sollten uns
Dr. med. Martina Wenker, Präsidentin der Ärztekammer Niedersach-                 als Ärztinnen und Ärzte der Verantwortung stellen!“ Mit
sen, gab einen kurzen Bericht zur Lage.                                          diesen Worten kündigte Wenker für Anfang Dezember
                                                                                 ein gemeinsames Schreiben des Niedersächsischen Mi-
                                                                                 nisteriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung,
                                                                                 der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer
               „Wir haben in den                                                 an alle Ärztinnen und Ärzte an. An der Mithilfe interes-
                                                                                 sierte Kolleginnen und Kollegen könnten sich dann in ein
               vergangenen fünf                                                  Freiwilligenregister des ÄKN-Meldewesens aufnehmen
                                                                                 lassen. Für die personelle Unterstützung der Impfzentren
               Jahren einen riesi-                                               durch die niedersächsische Ärzteschaft sprach sich auch
                                                                                 Kammerversammlungsmitglied Hans Martin Wollenberg
                gen Berg an Auf-
                                                                                                                                               Foto: I. Wünnenberg

                                                                                 aus, der auch Vorsitzender des Landesverbands Nieder-
                                                                                 sachsen des Marburger Bunds ist: „Denken wir aneinan-
               gaben bewältigt.“                                                 der! – Handeln wir miteinander“, heißt es in dem von der
                                                                                 Kammerversammlung einstimmig befürworteten Appell,
                                                      Dr. med. Martina Wenker,
                                   Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen
                                                                                 in dem Wollenberg fordert:

8                                                                                                               niedersächsisches ärzteblatt
Der Kraftakt - Hannoversche Ärzte-Verlags-Union
Politik

 „Vermeiden wir eigene Infektion und Erkrankung weiter                     Schlichtungsstelle sei notwendig geworden, weil die jetzige
 durch konsequentes Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung,                      „Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen
 durch Abstandhalten und durch Einhalten der Hygienere-                    Ärztekammern“ – wie in der vorigen Kammerversammlung
 geln. Unterstützen wir alle gemeinsam die Impfaktion in                   am 26. September 2020 beschlossen –, zum Ende kommenden
 den Impfzentren und lassen uns impfen. Stehen wir als                     Jahres ihren Betrieb einstellen werde, berichtete Svenja Nol-
 Impfärzte zur Verfügung und unterstützen wir diejenigen,                  ting, stellvertretende Justiziarin der Ärztekammer Niedersach-
 die sich als Impfärzte zur Verfügung stellen. Dann werden                 sen. „Wir planen parallel dazu, ab 1. April 2021 eine neue
 wir die Pandemie auch bewältigen.“                                        Schlichtungsstelle in der Ärztekammer aufzubauen“, kündigte
                                                                           Nolting an. Nach intensiver Diskussion wurde die Satzung mit
                                                                           einer großen Mehrheit und wenigen Gegenstimmen sowie ei-
                                                                           nigen Enthaltungen angenommen.

                                                                           Reisekosten- und Entschädigungsordnung
                                                                           nicht neu gefasst

                                                                           Eine überarbeitete Version der im Jahr 2017 letztmalig neu ge-
                                                                           fassten Reisekosten-und Entschädigungsordnung stellte Dr.
                                                                           med. Wolfgang Lensing vor. Er hatte als ÄKN-Vorstandsmit-
                                                                           glied an einer Arbeitsgruppe teilgenommen, in der auch die
                                                                           Ärzteversorgung und ein ehemaliger Partner der Wirtschafts-
                                                                           prüfungsgesellschaft PwC – PricewaterhouseCoopers vertreten
Dr. med. Gisbert Voigt stellte Änderungen zur Weiterbildungsordnung vor.   waren. Zehn Eckpunkte des dort in einem Zeitraum von zwölf

Ergänzungen zur Weiterbildungsordnung

Auf der Tagesordnung der Kammerversammlung standen au-
ßerdem erste Änderungen der am 1. Juli 2020 in Kraft getretenen
Weiterbildungsordnung: Dr. med. Gisbert Voigt, Mitglied im
ÄKN-Vorstand und in der Ständigen Konferenz „Ärztliche
Weiterbildung“ der Bundesärztekammer, berichtete über den
Fortschritt des e-Logbuchs und die wachsende Zahl der fertig
gestellten „fachlich empfohlenen Weiterbildungspläne“
(FEWP). Bei den aktuellen Änderungsanträgen ging es zum ei-
nen um redaktionelle Änderungen im Gebiet Dermatologie
sowie zum anderen um die Aufnahme der „Systemischen The-
rapie“ im Gebiet Psychosomatische Medizin und Psychothe-
rapie. Eine redaktionelle Vereinheitlichung der Vorgaben er-               Dr. med. Wolfgang Lensing präsentierte eine überarbeitete Version
folgte darüber hinaus bei der „Selbsterfahrung“ in den Gebieten            der Reisekosten- und Entschädigungsordnung.
der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie, der Kin-
der- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sowie der Zu-               Monaten erarbeiteten Änderungsentwurfs waren bereits von
satz-Weiterbildung Psychotherapie. Eine kontroverse Debatte                der Kammerversammlung am 26. September 2020 verabschie-
unter den Kammerversammlungsmitgliedern löste schließlich                  det worden. Die vom Ausschuss für Finanz- und Beitragsange-
die vorgeschlagene Einführung der Zusatz-Weiterbildung „Kli-               legenheiten erarbeitete Endfassung war jedoch nach Auffas-
nische Akut- und Notfallmedizin“ aus. Am Ende wurden alle                  sung der Delegierten Dr. med. Elke Buckisch-Urbanke nicht
vorgeschlagenen Änderungen mit einer großen Mehrheit, we-                  entscheidungsreif. Ihrem Antrag auf „Nichtbefassung“ stimmte
nigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen.                    die Mehrheit der Kammerversammlung zu – das heißt in
                                                                           dieser Wahlperiode wird es keine Entscheidung dazu geben.
Neue Satzung für eine neue
ÄKN-Schlichtungsstelle                                                     Zunächst vertagt wurde qua Delegierten-Votum außerdem
                                                                           die vom ÄKN-Vorstand angeregte Bildung eines neuen um-
Zur Verabschiedung vorgelegt wurde dem Plenum außerdem                     fassenden Ausschusses für „Ärztliche Versorgung“ durch Zu-
die „Satzung der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen              sammenlegung des „Ausschusses für Krankenhausangelegen-
der Ärztekammer Niedersachsen“. Die Einrichtung der neuen                  heiten“ und des „Ausschusses für Sektorenübergreifende Ver-

12 | 2020                                                                                                                                      9
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sorgung“: Der Vorstand hatte die Bildung dieses neuen Aus-      das sich für die Themen Datenschutz und Datensicherheit im
schusses angeregt, um den Delegierten der kommenden Wahl-       Zuge der Digitalisierung des Gesundheitswesens einsetzt: Die
periode der Kammerversammlung Gelegenheit zu geben, sich        Kammerversammlungsmitglieder entschieden, die Problematik
zu zukünftigen versorgungspolitischen Fragestellungen zu po-    zur weiteren Bearbeitung an die Bundesärztekammer zu über-
sitionieren – wie zum Beispiel zur wohnortnahen ambulanten      weisen. Die sich nachfolgend entwickelnde Diskussion offen-
haus- und fachärztlichen sowie stationären Versorgung, zur      barte einmal mehr, wie stark das Interesse einiger Mitglieder
Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts, zur Notfallver-   etwa am Erstellen von E-Mail-Verteilern für Neuigkeiten aus
sorgung und Digitalisierung oder auch zur Arzneimittelversor-   den Ärztevereinen oder den Bezirksstellen ist. Sie wurden da-
gung und Geburtshilfe.                                          rüber informiert, dass das demnächst zur Verfügung stehende
                                                                modifizierte Mitgliederportal die Möglichkeit eröffnen soll,
Eingehend diskutiert wurde neben weiteren Anträgen das Po-      sich zum Beispiel für Newsletter oder Nachrichten aus Ärzte-
sitionspapier der Fraktion „Kammer gemeinsam gestalten“,        kammer und Bezirksstellen einzutragen.
                                                                                                        n Inge Wünnenberg

Positive Ertragsentwicklung
Die Kammerversammlung der 18. Wahlperiode beschließt in ihrer letzten Sitzung den
Jahresabschluss 2019 und den Haushaltsplan 2021

Der Haushaltsplan für das kommende Jahr und der Ab-
schluss für das vorhergehende Jahr stellen traditionell einen
Schwerpunkt der Kammerversammlung im November dar.
Präsentiert wurde, dass für 2019 im Vergleich zum Pla-
nungsansatz eine positivere Mitglieder- und Kammerbei-
tragsentwicklung zu verzeichnen war. Insgesamt weist der
Jahresabschluss 2019 eine Bilanzsumme von 76,94 Millio-
nen Euro im Vergleich zu 44,54 Millionen Euro in 2018 auf.
Dieser Ansatz enthält die bilanziellen Auswirkungen des
aufgenommenen Baukredits. In der Abstimmung wurde der
Jahresabschluss von den Kammerversammlungsmitgliedern
ohne Gegenstimme bei zwei Enthaltungen angenommen.
Auf Antrag von Dr. med. Helmut Anderten, dem Vorsitzen-
den des Ausschusses für Finanz- und Beitragsangelegenhei-
ten, wurde außerdem der Entlastung des Vorstands zuge-          Dr. med. Helmut Anderten, Vorsitzender des Ausschusses für Finanz-
                                                                und Beitragsangelegenheiten in der 18. Wahlperiode
stimmt; nur zwei Delegierte und die Vorstandsmitglieder
als Betroffene enthielten sich.
                                                                schuss ein hohes Maß an Konzilianz, Diskussionsbereit-
Anschließend referierte Anderten über die notwendigen           schaft, Sachkenntnis und Gerechtigkeitssinn abgefordert.
Veränderungen der Rücklagen für 2021 und präsentierte           „Aber letztlich haben wir immer einen Konsens gefunden,
den Haushaltsplan: Das geplante Volumen sieht Aufwen-           den wir dann gemeinsam getragen und in der Kammerver-
dungen in Höhe von 29,8 Millionen Euro vor, denen ent-          sammlung kollegial vertreten haben. Dabei sind wir fast je-
sprechende Einnahmen gegenüberstehen. Nachdem die               des Mal mit einstimmigen Beschlüssen belohnt worden“,
Kammerversammlungsmitglieder den Haushaltsplan ange-            dankte Anderten den Ausschussmitgliedern Dr. med. Tilman
nommen hatten, blickte Anderten in der letzten Sitzung der      Kaethner, Detlef Schmitz und Christoph Wolf sowie dem
18. Wahlperiode auf seine Zeit als Ausschussvorsitzender        stellvertretenden Vorsitzenden Dr. med. Dr. med. vet. Ger-
zurück: Neben den finanzüblichen Aufgaben hätten den            hard Ey für die Zusammenarbeit. Auch dem für den Aus-
Ausschuss in den absolvierten 28 Sitzungen viele neue The-      schuss für Finanz- und Beitragsangelegenheiten zuständigen
                                                                                                                                     Foto: I. Wünnenberg

men von der Finanzierung des Ärztekammer-Neubaus über           Vorstandsmitglied Dr. med. Franz Bernhard M. Ensink,
die Bearbeitung neuer Tatbestände in der Gebührenordnung        MBA dankte Anderten „für die detailreichen Berichte zum
bis hin zur Gestaltung der Reisekosten- und Entschädi-          Baufortschritt sowie für das Mitwirken bei der Arbeitsgruppe
gungsordnung beschäftigt: Alle Themen hätten dem Aus-           Baufinanzierung“.                       n Inge Wünnenberg

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                                                                              96,39 % Ärztekammerbeiträge               28.709 T€

                                                                               0,34 % Bußen/Ordnungsgelder                100 T€

                                                                               0,95 % Erträge aus Gebühren                282 T€

                                                     Ertrag (29.783.000 €)     0,03 % Mieterträge

                                                                               0,00 % Kapitalerträge
                                                                                                                           10 T€

                                                                                                                           0,5 T€

                                                                               0,00 % Sonstige Erträge                       0 T€

                                                                               2,29 % Entnahmen aus Rücklagen            681,5 T€

                                                                               0,00 % Entnahmen aus Rücklagen                0 T€
                                                                                      (zweckgebunden)

                                                                               0,00 % Auflösung von Rückstellungen           0 T€

                                                                              25,94 % Personalaufwand                    7.727 T€

                                                                               2,87 % Aufwand für Organe                  856 T€

                                                                              18,99 % Sächlicher Aufwand                 5.657 T€

                                                                               4,52 % Kommunikation                      1.347 T€

                                                                               0,40 % Arbeitskreise                       119 T€

                                                                              12,96 % Bezirksstellen                     3.861 T€

                                                                               5,97 % Bundesärztkammer                   1.779 T€

                                                     Aufwand (29.783.000 €)    0,03 % Fürsorgeleistungen                     8 T€

                                                                               0,10 % Berufsgericht/Gerichtshof            30 T€

                                                                               5,27 % Schlichtungsstelle                 1.570 T€

                                                                               6,73 % Fort- und Weiterbildung            2.004 T€

                                                                               0,00 % Ärztliche Stelle                       0 T€

                                                                               1,49 % ZQ                                  443 T€
Graf.: H. Steffen; T. Schmitz-Reinthal

                                                                               0,00 % Organisationsentwicklung               0 T€

                                                                              14,71 % Zuweisung an Rücklagen             4.382 T€

                                                                               0,00 % Zuführung zu den Rückstellungen        0 T€

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Politik

Ausbau des Rohbaus
Bericht in der Kammerversammlung über den Baufortschritt des neuen Ärztehauses mit
vielen Bildern und Informationen von der Baustelle

Der Neubau des Ärztehauses an der Berliner Allee hat bereits    gemäß: Die öffentliche Treppe vom Foyer in das zweite
eine sichtbare Höhe erreicht: Inzwischen ist schon das vierte   Obergeschoss und das Fortbildungszentrum im Erdgeschoss
Obergeschoss im Rohbau fertiggestellt. Ass. jur. Ralf Noord-    sind im Rohbau fertig. Bereits im Frühsommer 2020 sind die
mann, LL.M, Ärztekammer-Geschäftsführer für Interne Diens-      beiden Untergeschosse soweit fertiggestellt worden, dass
                                                                                                                               Fotos: H. Krückeberg; M. Böcken; I. Wünnenberg

te und Bezirksstellen, brachte die Mitglieder der Kammerver-    dort bereits der technische Innenausbau begonnen hat.
sammlung deshalb in der Sitzung am 28. November mit
vielen Bildern und Informationen von der Baustelle auf den      Aktuell steht nun – gemeinsam mit dem Generalunterneh-
aktuellen Stand beim Fortschritt des Baus.                      mer – die Fertigstellung der Ausführungsplanung auf der
                                                                Basis der Funktionalen Leistungsbeschreibung und der Ent-
In der Tiefbauphase hatte der aufwendige Rückbau des Me-        wurfsplanung an: Hierfür hatte die Kammerversammlung be-
dienkanals zwischen den Gebäuden von Ärztekammer und            reits in ihrer Sitzung am 25. September 2019 eine Kostensi-
Kassenärztlicher Vereinigung Niedersachsen zu Herausfor-        cherheit in Form eines Risikovorbehalts von 4 Millionen Euro
derungen geführt. Die Hochbauphase läuft derzeit planungs-      beschlossen. Diese Gelder werden auch deshalb gebraucht,

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Der Neubau des Ärztehauses an der Berliner Allee hat bereits eine erkennbare Höhe erreicht: Inzwischen ist schon das vierte Obergeschoss im
Rohbau errichtet (l.). Fertiggestellt ist unter anderem die Treppe aus dem Foyer in den zweiten Stock (o.). In den Untergeschossen wurde
bereits mit den technischen Ausbau begonnen (u.).

da sich aufgrund der COVID-19-Pandemie Lieferschwierig-
keiten ankündigen, die den Baufortschritt verzögern könnten.
Endverhandelt wurde inzwischen das Paket „Fassade und
Dach“. Für die weiteren Pakete „Mechanische Haustechnik“,
„Elektroinstallationen“ und „Innenausstattung“ könnten noch
„Kostenauswirkungen“ entstehen.

Für die Unterstützung bei dem Mammut-Projekt dankte in
der sich an den Vortrag anschließenden Aussprache Ärzte-
kammerpräsidentin Dr. med. Martina Wenker vor allem Dr.
med. Franz Bernhard M. Ensink, MBA, der den Bau als Vor-
standsmitglied von Anfang an betreut hat. Es gebe bei den
Ausführungsplanungen viele Punkte, die man sich im Detail
ansehen müsse, schilderte Ensink den Kammerversamm-
lungsmitgliedern sein Engagement. Daher sei bislang nicht              Auch Dr. med. Franz Bernhard M. Ensink, MBA, der den Bau als Vor-
bekannt, in welcher Größenordnung die noch ausstehenden                standsmitglied von Anfang an betreut hat, beantwortete während
Kosten rangieren würden, so Ensink. n Inge Wünnenberg                  der Aussprache zum Tagesordnungspunkt Neubau Fragen.

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COVID-19

Die zweite Welle in der Praxis
Schutzausrüstung, Zertifizierungen von medizinischen Masken und Studien zu deren Wirk-
samkeit : Lesen Sie jetzt Fragen und Antworten zu aktuellen Themen der zweiten COVID-
19-Infektionswelle.

Die zweite COVID-19-Infektionswelle verlangt von Ärztinnen      Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN). Auf
und Ärzten sowie medizinischem Personal erneut viel Flexi-      der Webseite der KVN (www.kvn.de) finden Sie weiter-
bilität, Geduld und Durchhaltvermögen. Die derzeitige In-       gehende Informationen und ein Portal, über das Sie per-
fektionslage wirft zudem im Alltag von Ärztinnen und Ärzten     sönliche Schutzausrüstung bestellen können.
immer neue Fragen auf. Einige dieser Fragen hat die Redaktion
des niedersächsischen ärzteblatts für Sie gesammelt und be-     In Kürze starten die Impfungen gegen SARS-CoV-2: Was
antwortet. Im Folgenden finden Sie kurze Informationen und      kann Patientinnen und Patienten über die Wirksamkeit der
Hinweise zur Beschaffung von Schutzausrüstung oder zu           neuen Impfstoffe gesagt werden?
wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Tragen von Masken.
Woher kann ich als privatärztlich tätige Ärztin oder Arzt       Wenn es heißt, ein Impfstoff gegen COVID-19 ist zu 90 oder
Schutzkleidung erhalten?                                        gar 95 Prozent wirksam, bezieht sich diese Angabe nicht auf
                                                                die Gruppe der Geimpften, sondern auf die der Infizierten.
Um die Ausstattung mit Schutzausrüstung von privaten            Darüber informiert Professor Dr. phil. Gerd Gigerenzer in der
Praxen kümmert sich die jeweilige Katastrophenschutz-           vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung heraus-
behörde des Landkreises, dem die Praxis oder der Ge-            gegebenen Unstatistik (www.rwi-essen.de/unstatistik/109/)
schäftssitz des Arztes oder der Ärztin zugeordnet ist. Die      des Monats. Laut Gigerenzer wird die Wirksamkeit folgen-
Ärztekammer Niedersachsen empfiehlt, Anfragen direkt            dermaßen ermittelt: Von den rund 43.000 Menschen in der
an den jeweiligen Kreis beziehungsweise die jeweilige           BioNTech-Studie sei etwa die Hälfte geimpft worden und die
kreisfreie Stadt oder Landesregierung zu richten.               andere Hälfte habe ein Placebo erhalten. Am Ende habe es
                                                                insgesamt 94 bestätigte COVID-19 Fälle gegeben. Die Wirk-
Und wie versorgen sich niedergelassene Ärztinnen und            samkeit des Impfstoffs werde dann berechnet, indem man
Ärzte mit einem Kassensitz?                                     den Anteil der COVID-19-Fälle in der Impfgruppe durch den
                                                                Anteil der Fälle in der Kontrollgruppe dividiere. Dieser Wert
Die Vergabe von Schutzausrüstungen für Praxen mit               werde dann in Prozente umgerechnet: Daraus folge, dass es
Kassensitz in Niedersachsen koordiniert weiterhin die           in der Impfgruppe 8 Fälle und in der Placebogruppe etwa 86

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COVID-19

                                   Fälle gegeben habe. Die Wirksamkeit beziehe sich also auf        sowie gemeinschaftlichen Risiken und dem gegebenen Nutzen
                                   die Reduktion von Infektionen und nicht auf die Reduktion        des Tragens von Masken zu dem Fazit, dass es Kindern grund-
                                   von schweren Erkrankungen oder gar Todesfällen.                  sätzlich zugemutet werden könne, Masken im Rahmen des
                                                                                                    Infektionsschutzes zu tragen. Zu möglichen unerwünschten
                                   Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse kann ich als Ärztin       negativen Beeinflussungen von Kindern und ihrer Gesundheit
                                   oder Arzt zitieren, wenn ich Fragen zur Schutzwirkung von        durch das Tragen von Masken fehle demnach eine ausrei-
                                   Masken im Alltag erhalte?                                        chende Datenlage. Die DGPI weist allerdings auch auf soziale
                                                                                                    und psychologische Faktoren hin, die im Einzelfall zu beden-
                                   Im Folgenden wird der Begriff Masken synonym sowohl für          ken seien. Insgesamt teilt die Fachgesellschaft gesundheitliche
                                   chirurgische Masken als auch Alltagsmasken wie den Mund-         Bedenken nicht und hält die Befürchtung, dass bei Kindern
                                   Nasen-Schutz aus Stoff verwendet. Es gibt derzeit (Stand:        seelische Probleme durch das Tragen von Masken entstehen,
                                   23. November) einige wissenschaftliche Studien und Artikel,      für unbegründet – sofern sie dabei von Erwachsenen und
                                   die sich mit der Frage beschäftigen, ob Infektionsschutz-        Eltern begleitet und auch aufgeklärt werden. Es sei wichtig,
                                   maßnahmen wie etwa das Tragen einer Maske im Alltag              Sinn und Ziel sowie Funktionsweise und Handhabung von
                                   und öffentlichen Raum Schutz vor einer Infektion mit SARS-       Masken im Alltag kindgerecht zu erklären und zu vermitteln.
                                   CoV-2 und COVID-19 bieten. Im Medizinbereich konnten             Die DGPI empfiehlt größenadaptierte chirurgische Masken
                                   für das Tragen von Masken vielfach positive Effekte nach-        oder selbst genähte Mund-Nasen-Bedeckungen für Kinder ab
                                   gewiesen werden. Darüber hinaus gibt es einige wissen-           sechs Jahren. Säuglingen sollten keine Masken angezogen
                                   schaftliche Publikationen, die das Tragen von Masken als         werden. Bei chronisch kranken Kindern oder Kindern mit Be-
                                   Maßnahme des Infektionsschutzes auch jetzt unterstützen          hinderungen empfiehlt die Fachgesellschaft – in Absprache
                                   und empfehlen: Prather, Wang und Schooley (2020) sowie           mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt –
                                   Peepels (2020) bewerten das Tragen von Masken in der der-        individuelle Lösungen zu erarbeiten. Lesen Sie die vollständige
                                   zeitigen Pandemie als eine wichtige Maßnahme, die die            Empfehlung unter: haeverlag.de/n/1f (zuletzt besucht: 24. No-
                                   Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2, der die Infektions-         vember). Weitere Informationen und Hinweise zu diesem
                                   krankheit COVID-19 auslöst, vermindern oder verhindern           Thema finden Sie auch in der Publikation der Weltgesund-
                                   kann. (Peepels, 2020: Face masks. What the data say,             heitsorganisation (WHO): haeverlag.de/n/1g.
                                   Nature 2020., http://www.haeverlag.de/n/1d).
                                   Auch eine Meta-Studie von „The Lancet“ um Chu, Akl, Du-          Wo finde ich tagesaktuelle Informationen rund um SARS-
                                   da et. al. (2020), die 172 Beobachtungsstudien (unter ande-      CoV-2 und COVID-19?
                                   rem 44 Kohorten-Studien, ohne experimentelle Settings)
                                   aus 16 Ländern zusammenfasst (n= 25697), untersucht die          Tägliche Lageberichte zur COVID-19-Situation in Deutsch-
                                   Wirksamkeit von Alltagsmasken, im Kontext von anderen            land bietet das Robert Koch-Institut (RKI): haeverlag.de/n/1i
                                   Maßnahmen wie Abstand halten und einem Schutz der Au-            Zahlen zur weltweiten Infektionslage finden Sie zudem
                                   gen im Alltag. Dabei kommen die Autoren zu einer eher po-        auch auf dem Daten-Dashboard der Johns Hopkins Univer-
                                   sitiven Einschätzung eines Mund-Nasen-Schutzes im Rah-           sity: haeverlag.de/n/1k
                                   men des Infektionsschutzes und unterstreichen seinen Stel-
                                   lenwert vor allem dort, wo nicht strikt Abstand gehalten         Welche Quellen kann ich Patientinnen und Patienten emp-
                                   werden kann. Darüber hinaus weist die Studie dem Tragen          fehlen – etwa, um sich über geltende Verordnungen, Emp-
                                   von Brillen eine zusätzliche Schutzfunktion vor einer SARS-      fehlungen oder Hygieneregeln zu informieren?
                                   CoV-2-Infektion zu. Chan (2020) unterstreicht zudem die
                                   Barriere-Funktion von Masken, die die Verbreitung oder die       Es gibt für den Bereich Gesundheit und Infektionsschutz ei-
                                   Aufnahme virushaltiger Tröpfchen verhindern kann.                nige Stellen, die aktuelle, faktenbasierte und gut verständli-
                                   (Chan et al., 2020: Narrative review of non-pharmaceuti-         che Informationen rund um COVID-19 bereitstellen. Infor-
                                   calbehavioural measures for the prevention ofCOVID-19            mationen zu Hygienemaßnahmen wie der AHA-Formel
                                   (SARS-CoV-2) based on theHealth-EDRM framework:                  oder zur Corona-Warn-App finden Bürgerinnen und Bürger
                                   https://doi.org/10.1093/bmb/ldaa030.)                            unter infektionsschutz.de und zusammengegencorona.de.
                                                                                                    Bei Fragen zur aktuellen Verordnung des Landes Nieder-
Grafik: Joshua / stock.adobe.com

                                   Welche Empfehlungen gibt es zur Verwendung von Masken            sachsen können Sie auf die Webseite der Niedersächsischen
                                   bei Kindern?                                                     Landesregierung verweisen: haeverlag.de/n/1h.

                                   Eine aktuelle Empfehlung (Stand: 12. November) der Deut-         Eine Antwort auf Ihre Frage ist nicht berücksichtigt? Dann
                                   schen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) kommt   schreiben Sie uns an kommunikation@aekn.de.
                                   nach gründlicher Diskussion und Abwägung von individuellen                                                n Esther Schmotz

                                   12 | 2020                                                                                                                    15
COVID-19

„COVID-19 wird uns künftig weiterhin als
normale Infektionskrankheit begleiten“
Der 20. Oldenburger Ärztetag widmete sich mit verschiedenen Vorträgen und einer Podi-
umsdiskussion dem Thema „SARS-CoV-2-Infektion“. Der Livemitschnitt der Fortbildungs-
veranstaltung kann jederzeit auf dem ÄKN-YouTube-Kanal angesehen werden.

Über die ambulante und stationäre Versorgung während der Pandemie diskutierten auf dem Oldenburger Ärztetag (v.l.n.r.): Der niedersächsi-
sche Landtagsabgeordnete Volker Meyer, Dr. med. Matthias Pulz (Präsident des niedersächsischen Landesgesundheitsamts), Ärztekammerprä-
sidentin Dr. med. Martina Wenker, der niedergelassene Allgemeinmediziner Christoph Paschen und ÄKN-Kommunikationschef Thomas Spieker
als Moderator.

In diesem Jahr gibt es kein Thema, das alle im Gesundheitswe-         Dr. med. Claus-Henning Köhne als Vorsitzender und Pro-
sen Tätigen ähnlich in Anspruch nimmt wie das SARS-CoV-2-             fessor Dr. med. habil. Djordje Lazovic, der neue Vorsitzende
Virus und die dadurch ausgelöste COVID-19-Erkrankung. Der             der Oldenburger Bezirksstelle, angehören, das Thema
diesjährige Oldenburger Ärztetag, den die Ärztekammer-Be-             „SARS-CoV-2-Infektion“ in den Mittelpunkt der Veranstal-
zirksstelle Oldenburg am 14. November zum 20. Mal ausrich-            tung. Angesichts der Tatsache, dass Seuchen und Epidemien
tete, trug der Pandemie gleich in zweifacher Weise Rechnung:          seit jeher die Medizin- und Menschheitsgeschichte beglei-
Zum einen entschied sich die Bezirksstelle – um unnötige An-          ten, erinnerte Köhne in seiner Begrüßung an die Reportage
steckungen zu vermeiden –, die Fortbildungsveranstaltung              Heinrich Heines, der 1832 über den Ausbruch der Cholera
nicht wie in all den Jahren zuvor als Präsenzveranstaltung in         in Paris berichtet hat: „Dieser Text hat eine gewisse Aktua-
der Wandelhalle in Bad Zwischenahn durchzuführen. Die Ta-             lität“, verwies der Direktor der Klinik für Onkologie und
gung wurde vielmehr erstmals live aus den Räumen in Olden-            Hämatologie am Klinikum Oldenburg auf Parallelen: „Auch
burg übertragen und kann auch noch im Nachgang als Mit-               wir müssen uns rüsten, um die Herausforderungen dieser
schnitt jederzeit auf dem ÄKN-YouTube-Kanal unter                     Pandemie zu bewältigen“, leitete Köhne zum ersten Referat
                                                                                                                                            Fotos: I. Wünnenberg

http://www.haeverlag.de/n/074 angesehen werden.                       des Vortragsteils über, in dem sich Professor Dr. med. Axel
                                                                      Hamprecht mit der Frage befasste: „Gibt es eine Lösung
Zum anderen stellte der Fortbildungsausschuss der Bezirks-            durch Impfstoffe, die uns ermöglicht, künftig wieder ein
stelle Oldenburg, dem neben weiteren Mitgliedern Professor            normales Leben zu führen?“

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COVID-19

Impfstoffe zum Schutz vor COVID-19

Wie es möglich war, im Fall von SARS-CoV-2 so schnell
Impfstoffe in großer Zahl zu entwickeln, während dieser
Prozess bisher in der Regel bis zu 15 Jahre oder länger dau-
erte, erläuterte Hamprecht, Facharzt für Mikrobiologie, Vi-
rologie und Infektionsepidemiologie am Klinikum Olden-
burg, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fortbil-
dung. Dabei verwies der Arzt, der für seinen Vortrag im
Rahmen des Oldenburger Ärztetags aus dem Krankenhaus
zugeschaltet wurde, auf einen entscheidenden Unterschied:
„Es gab diesmal einen großen Vorteil, weil die genetische
Sequenz des Virus schon im Januar bekannt war und zudem
bereits Daten von anderen Corona-Viren vorhanden waren.“
Dadurch habe die Forschung bereits im März mit der Impf-
stoffentwicklung beginnen können. Außerdem sei das Ver-          Professor Dr. med. Claus-Henning Köhne moderierte den Vortragsteil
                                                                 des 20. Oldenburger Ärztetags.
fahren erheblich beschleunigt worden, indem die klinischen
Studien von Phase I bis Phase III nicht nacheinander,
sondern quasi parallel durchgeführt würden. Am 12. No-           Vakzin ChAdOx1, das von der Universität Oxford und dem
vember waren Hamprecht zufolge 259 Impfstoffe in der             Pharmahersteller AstraZeneca entwickelt werde. Zur Ver-
Entwicklung – davon elf in Phase III-Studien.                    fügbarkeit der Impfstoffe prognostizierte Hamprecht, dass
                                                                 er davon ausgehe, es werde spätestens in der zweiten Jah-
Unterschiedliche Arten von Impfstoffen                           reshälfte ausreichend Impfstoff geben, um die Bevölkerung
                                                                 auf einem größeren Level zu impfen.
Anschließend stellte der Arzt ausführlich und detailliert die
unterschiedlichen Arten von Impfstoffen vor, die derzeit ge-     Umgang mit der Pandemie im
gen COVID-19 entwickelt werden. Hamprecht gab einen              Nachbarland – den Niederlanden
Überblick über die Bandbreite der Ansätze von inaktivierten
oder abgeschwächten Lebend- und Totimpfstoffen über re-          Der „Umgang mit der Pandemie im Nachbarland“ – den
kombinante Impfstoffe sowie Vakzine mit virusähnlichen           Niederlanden – stand im Mittelpunkt des Vortrags von Pro-
Partikeln und Vektorimpfstoffe ähnlich dem bereits zuge-         fessor Dr. med. Alexander Friedrich. Die Ausbreitung von
lassenen Ebola-Impfstoff bis hin zu den RNA- und DNA-            COVID-19 habe auch in der niederländischen Gesellschaft
Vakzinen. Das relativ neue Konzept der RNA- und DNA-             zu dramatischen Auseinandersetzungen geführt, berichtete
Impfstoffe zielt darauf ab, dass die Geimpften selbst Antigene   der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektions-
produzieren. „Der Vorteil besteht in der schnellen Entwick-      epidemiologie sowie Inhaber des Lehrstuhls für medizini-
lung und dem gut kontrollierbaren Produktionsprozess in          sche Mikrobiologie und Infektionsprävention an der Uni-
vitro“, sagte der Experte über die RNA-Impfstoffe: „Wir ha-      versität Groningen: „Eine neue Infektionskrankheit, für die
ben aber bisher noch kein nach diesem Konzept zugelasse-         zunächst jeder Mensch suszeptibel ist, führt ungebremst in-
nes Vakzin“, räumte Hamprecht ein. Deshalb habe man              nerhalb von sechs bis 16 Wochen zu einem Peak – und der
bisher kaum Erkenntnisse über Langzeitschutz und langfris-       ist dann nicht zu handeln“, erläuterte Friedrich. Das Ergebnis
tige Nebenwirkungen. Eine Hürde für die Verteilung sei zu-       wäre der Kollaps des Versorgungssystems. Um dieses Sze-
dem die Stabilität der Impfstoffe, denn sie müssten zum Teil     nario zu verhindern, habe man auch in den Niederlanden
bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden. „In dieser Ka-        versucht, Zeit zu gewinnen, bis die bei respiratorischen Er-
tegorie haben wir die Impfstoffe von Moderna, BioNTech/          krankungen zu erwartende saisonale Verbesserung im Som-
Pfizer und Curevac, die derzeit am weitesten in der Ent-         mer einsetze oder am Ende wirksamere Therapien bezie-
wicklung sind“, nannte Hamprecht die Vakzine, die seit           hungsweise Impfungen zur Verfügung stünden.
Mitte November Schlagzeilen machen.
                                                                 Infektionsherde für COVID-19
Für die rekombinanten Vektorvakzine schließlich nehme
man infektionsfähige Trägerviren etwa aus dem Tierreich          Zunächst aber schilderte Friedrich der Zuhörerschaft, wie sich
wie zum Beispiel Schimpansenadenoviren, in die man das           der COVID-19-Ausbruch während der ersten Welle in den
Genmaterial einbaue. Auf diesem Wirkstoffprinzip basiere         Niederlanden entwickelte: „Im Norden des Landes hatten wir
sowohl der russische Sputnik V-Impfstoff als auch das            früher Ferien als im Süden und wir haben auch keinen Karne-

12 | 2020                                                                                                                       17
COVID-19

Professor Dr. med. Axel Hamprecht befasste sich mit der Frage:       Der Umgang mit der Pandemie im Nachbarland – den Niederlan-
„Gibt es eine Lösung durch Impfstoffe, die uns ermöglicht, künftig   den – stand im Mittelpunkt des Vortrags von Professor Dr. med. Ale-
wieder ein normales Leben zu führen?“                                xander Friedrich von der Universität Groningen.

val“, analysierte der Arzt. Dies sei ein Grund für die niedrigeren    Lockdowns auch in den Niederlanden das Infektionsge-
Infektionszahlen in den nördlichen Landesteilen. Außerdem             schehen reduzieren konnten. Als problematisch für das In-
habe der Norden mehr Zeit gehabt, sich vorzubereiten – und            fektionsgeschehen beschrieb er allerdings Studentenverei-
die Containment-Strategie mit Tests für das Gesundheitsper-           nigungen, Großfamilien, Migrantenzentren, die im Gesund-
sonal sei im Norden zu keinem Zeitpunkt aufgegeben worden.            heitswesen und in Pflegeheimen Tätigen sowie die dort
Insgesamt sei der Ausbruch in den Niederlanden mit 436.544            ständig anwesenden und hochgefährdeten Patienten und
dokumentierten Fällen und 8358 an der Krankheit Verstorbe-            Bewohner: „Wir wissen mittlerweile, dass die mittlere Über-
nen (Stand: 14. November 2020) dramatisch verlaufen. Dabei            tragungsrate in Gesundheitseinrichtungen sowie bei Ge-
seien vor allem im Süden und Westen des Landes zwei Drittel           sundheitsmitarbeitern bei zwischen sechs und zehn Perso-
der Verstorbenen Pflegeheimen und Versorgungseinrichtungen            nen liegt.“
zuzuschreiben, bedauerte Friedrich.
                                                                      Plädoyer für den Einsatz von Antigen-Tests
„Hit hard and early“
                                                                                        Dabei sei eines der am meisten unterschätzten
„,Hit hard and early‘, scheint hingegen „Wir werden in den                              Risiken in den Niederlanden seiner Meinung
zum Erfolg zu führen“, formulierte der kommenden Jahren                                 nach die a-, prä- oder oligosymptomatische
Arzt aus epidemiologischer Sicht eine eine Testgesellschaft                             Übertragung: Erst im Mai dieses Jahres sei die
der Lehren, die er aus dem bisherigen werden.“                                          Relevanz dieses Aspekts anerkannt worden, so
Verlauf der Pandemie gewonnen hat.              Professor Dr. med. Alexander Friedrich, Friedrich: „Trotzdem führt das bis heute zu Ver-
                                                                 Universität Groningen
Denn eine besonders große Herausfor-                                                    zögerungen bei den Maßnahmen“, kritisierte
derung für sein Land sei in den vergan-                                                 der Arzt. Das Problem bestehe darin, dass bei
genen Monaten vor allem die geringe Zahl der zur Verfügung               COVID-19 kurz vor und kurz nach Beginn der Symptome
stehenden Intensivbetten gewesen, wies Friedrich auf die                 die Ansteckungswahrscheinlichkeit aufgrund der hohen Vi-
knappe Ausstattung der Niederlande hin: „Die Absorptions-                renkonzentration in Nase und Rachen am größten sei. Des-
kapazität des deutschen Versorgungssystems war von Beginn                halb baue er neben PCR-Verfahren auch auf die Antigen-
an fünf Mal höher. Deshalb erreichen wir in der Versorgung               Tests: „Ich glaube, sie werden uns helfen, herauszubekom-
sehr viel schneller den Anschlag.“ An dieser Stelle nutzte               men, ob jemand in den nächsten Tagen infektiös wird“,
                                                                                                                                           Fotos: Universität Oldenburg; H. Veenstra

der Arzt die Gelegenheit, sich für die grenzübergreifende                hofft Friedrich. Er empfahl: „Am besten in spezifischen Mo-
Solidarität und Zusammenarbeit mit den Bundesländern                     menten – zum Beispiel nach Kontakt zu jemandem, der po-
Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu bedanken.                       sitiv ist –, jeden Tag testen, dann können Superspreading-
                                                                         Events frühzeitig verhindert werden.“
Den Ansteckungsrisiken auf der Spur
                                                                      Am Ende seines Beitrags unterstrich der Facharzt für Mikro-
In seiner Beurteilung des bisherigen Pandemieverlaufs zeigte          biologie, Virologie und Infektionsepidemiologie noch ein-
Friedrich zudem auf, wie stark die Phasen mit partiellen              mal die Bedeutung der Tests: „Die PCR-Tests werden wir

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