Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen

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Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
Mitteilungsblatt der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen
                                                          94. Jahrgang | Oktober 2021

Honorar-Insuffizienz
Honorarverhandlungen
für 2022 bleiben hinter
den Erwartungen zurück

COVID-19                    Fortbildung                  Praxis & Versorgung
Erfahrungen                 ÄKN organisiert              Modellprojekt
aus dem                     Vortragsreihe                soll TSVG-
Impfzentrum                 für künftige                 Überweisungen
in Alfeld                   Pädiater                     ankurbeln
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
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             Die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht
             der Ärztekammer Niedersachsen schaffen
             Rechtssicherheit für Angehörige und Ärzte
                                                      Seh
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             Ein PDF-Dokument der neuen Patientenverfügung steht als kostenloser Download auf
             www.aekn.de und auf www.haeverlag.de zur Verfügung.
             Die gedruckte Version der Patientenverfügung ist gegen einen Unkostenbeitrag in Höhe von
             5,00 Euro pro Exemplar (per Vorauskasse) unter folgender Adresse zu bestellen:
             Hannoversche Ärzte-Verlags-Union GmbH, Karl-Wiechert-Allee 18-22, 30625 Hannover,
             E-Mail: info@haeverlag.de
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
Editorial

             Wert-geschätzt?
                                                                            Liebe Kolleginnen und Kollegen,
                                                                            sehr geehrte Damen und Herren,

                                                                            das also ist der Dank. Mit mageren 1,275 Prozent
                                                                            Honorarerhöhung werden wir für 2022 abgespeist.
                                                                            Das ist lächerlich. Sollen wir dafür noch dankbar
                                                                            sein?

                                                                             Was die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte
Fotos: KVN

                                                                             wert sind, haben sie in bald zwei Jahren Pandemie
                                                                             hinlänglich gezeigt. Sie waren und sind das Rück-
                         grat der Pandemiebekämpfung und der Corona-Impfungen. Mehr als 90 Prozent aller Corona-Fälle
                         wurden in der ambulanten Versorgung betreut. Die Niedergelassenen waren es, die den Kliniken den
                         Rücken freihielten für die Intensivversorgung der schweren Erkrankungsfälle. Und – ganz nebenher –
                         auch die zahllosen Erkrankungen mit versorgten, die nicht im Fokus medialer Aufgeregtheit stehen.

                         Was das alles den Krankenkassen wert ist, haben sie in den Honorarverhandlungen für 2022 gezeigt.
                         Tatsächlich – für die Anhebung des Orientierungswertes um 1,275 Prozent können wir uns aus Sicht
                         der Kassenvertreter noch bedanken! Sie hätten am liebsten eine Honorarabsenkung durchgepaukt
                         und begnügten sich dann damit, auf einer Nullrunde zu beharren. Erst im Schiedsamtsverfahren kam
                         es zu einer Minimallösung.

                         Hier geht es doch nicht um Almosen! Hier geht es um effiziente Ressourcenverteilung! Die Praxen
                         haben in den letzten Monaten eine Vielzahl von Krankenhauseinweisungen verhindert und so
                         immense Summen eingespart. Doch die bei ihnen auflaufenden Kostensteigerungen wollen die Kran-
                         kenkassen nicht gegenrechnen. Allein die Tariferhöhungen für die medizinischen Fachangestellten um
                         sechs Prozent Ende 2020 sind für viele Praxen eine enorme Belastung. Doch das spielte in den Ver-
                         handlungen keine Rolle.

                         Maßstab bei der jährlichen Neuverhandlung des Orientierungswertes sind die Morbiditätsentwicklung
                         und die Steigerung bei den Praxis- und Investitionskosten in zwei zurückliegenden Jahren. Für 2022
                         wurde die Kostenentwicklung von 2019 zu 2020 betrachtet. Die Anhebung des Orientierungswertes
                         hinkt der aktuellen Kostenentwicklung also immer weit hinterher.

                         So lassen sich die Belastungen der Praxen nicht adäquat abbilden. In der kommenden Legislaturperiode
                         muss der Gesetzgeber diese Spielregeln ändern. Er muss sich entscheiden: Was sind ihm wirtschaftlich
                         lebensfähige Praxen wert? Die Corona-Monate haben gezeigt: Die Antwort darauf kann zur gesell-
                         schaftlichen Existenzfrage werden.

                         Mit freundlichem Gruß

                         Mark Barjenbruch                                             Dr. Jörg Berling
                         Vorstandsvorsitzender der KVN                                stellv. Vorstandsvorsitzender der KVN

             10 | 2021                                                                                                                  3
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
8
Berufspolitischer Austausch beim Parlamen-
                                                                                  11
                                                Über ihre Erfahrungen als Leiterin des Impf-
                                                                                                                               15
                                                                                               Neue Folgen des ÄKN-Live-Talks „Zur
tarischen Abend der Ärztekammer Nieder-         zentrums in Alfeld im Landkreis Hildesheim     Sache Corona“ mit dem Infektiologen Pro-
sachsen mit Gästen aus Landespolitik,           berichtet Dr. med. Dorothea Mordeja, Vor-      fessor Dr. med. Matthias Stoll und dem Kin-
Gesundheitswesen und den Verbänden              sitzende der ÄKN-Bezirksstelle Hildesheim.     derarzt Dr. med. Tilman Kaethner

ÄKN
Politik
8     Den Weg aus der Pandemie im Blick Erster Parlamen-
      tarischer Abend der Ärztekammer Niedersachsen seit
                                                                        Bezirksstellen
                                                                        26     „Wir müssen heute die Fachkräfte ausbilden, die wir
                                                                               morgen brauchen“ Grußwort von Dr. med. Volker
      Ausbruch des SARS-CoV-2-Virus                                            von der Damerau-Dambrowski, Bezirksstelle Stade
                                                                        27     „Ich möchte die ärztliche Versorgung mit sichern“
COVID-19                                                                       Der „Landgang Stade“ vergibt erstmals Stipendien
10    „Geimpft sind wir stärker!“ Die ÄKN unterstützt die Impf-         28     „Ich nehme mir die Zeit und höre zu!“ Ruheständlerin
      kampagne des Landes mit einem Plakat am Neubau.                          Dr. med. Renate Koppe verstärkt das Team im Kran-
11    Eine gute Impfquote erreichte das Impfzentrum in Alfeld                  kenhaus Marienstift in Braunschweig.
      im Landkreis Hildesheim. Im Interview berichtet Dr. med.          29     Expedition Landarztmedizin Abteilung Allgemeinmedi-
      Dorothea Mordeja über ihre Erfahrungen als ärztliche Leiterin.           zin der Universität Oldenburg bot 25 Studierenden einen
15    Die Pandemie muss global bekämpft werden: Live-Talk                      Einblick in die medizinische Versorgung auf dem Land.
      „Zur Sache Corona“ ging mit zwei neuen Folgen auf                 30     21. Oldenburger Ärztetag als Live-Stream Neurologi-
      Sendung.                                                                 sche Erkrankungen stehen im Mittelpunkt.

Digitalisierung                                                         Recht
17    5. Niedersächsischer Digitalgipfel Gesundheit am 24.              31     Viele neue Fälle in Arbeit: Die Schlichtungsstelle für
      November. Eine Teilnahme an der Veranstaltung ist vor                    Arzthaftpflichtfragen der Ärztekammer Niedersachsen
      Ort in Hannover oder per Live-Übertragung möglich.                       hat die Arbeit aufgenommen.

Weiterbildung                                                           Qualitätsmanagement
19    Pädiatrie für Weiterzubildende Neue Fortbildungsreihe             32     Neuorganisation der zentralen Notaufnahme Projekte
      des Kompetenzzentrums Ärztliche Weiterbildung: Auf-                      aus dem Weiterbildungskurs „Ärztliches Qualitätsma-
      taktveranstaltung in Hannover                                            nagement“: Konzept für das Notfallzentrum der Klini-
                                                                               ken Aurich-Emden-Norden
Onkologie
22    „Die Rückkehr in den Beruf ist heute eher die Regel“              Patientensicherheit
      Dipl.-Soz. Päd. Annette Schmidt berichtet über 15 Jah-            34     Rechtssichere Einweisung in Medizinprodukte Das
                                                                                                                                             Foto: C. Wyrwa; J. Moras; E. Schmotz

      re psychoonkologische Beratung für die Niedersäch-                       Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. hat eine über-
      sische Krebsgesellschaft.                                                arbeitete, aktualisierte Handlungsempfehlung zum
                                                                               richtigen Vorgehen vorgelegt.
Allgemeinmedizin
24    Substitution, Palliativmedizin und mehr: Dritter Doppel-          Nach Redaktionsschluss
      schulungstag des Kompetenzzentrums zur Förderung der              83     „Seuchen“-Sonderausstellung in Hildesheim im Roe-
      Weiterbildung Allgemeinmedizin Niedersachsen (KANN)                      mer- und Pelizaeus-Musuem eröffnet

4                                                                                                           niedersächsisches ärzteblatt
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
46
                         Für die Versicherten ist die Welt noch in Ord-
                                                                                                                   52
                                                                                 Neben dem Ärztemangel zeichnet sich auch
                                                                                                                                                                     54
                                                                                                                                   Das TSVG gibt die Möglichkeit, Patienten
                         nung – trotz Corona. Sie vertrauen der Medi-            ein MFA-Mangel ab. Zwar wird in den Praxen        schnell an einen Facharzt weiterzuvermitteln.
                         zin, brauchen auf einen Termin nicht lange zu           viel ausgebildet, doch viele Altkräfte gehen in   Genutzt wird sie bislang nur wenig. Eine Ini-
                         warten, fühlen sich gut und sind oft beim Arzt          den Ruhestand. Andere orientieren sich um.        tiative der KVN will das nun ändern.

                         KVN
                         Honorar & Verträge
                         39 Honorar-Insuffizienz Honorarverhandlungen für 2022
                            nach zähem Ringen beendet. Orientierungswert steigt
                                                                                                           50 Neuerscheinungen
                                                                                                           52 Personalsorgen führen zu Versorgungsengpässen Viele
                                                                                                              Praxen leiden unter Personalschwund. Erhöhte Ausbil-
                            um 1,275 Prozent                                                                  dungsaktivität und monetäre Anreize können ihn nicht
                         40 Schutzschirm wird zugeklappt Vertreterversammlung                                 mehr auffangen
                            beendet „Schutzschirm”. Förderung von Testabstrichen                           54 Überweisung 1. Klasse Pilotprojekt der KVN Bezirksstelle
                            läuft weiter. Impfung von Schwangeren und Auffri-                                 Hannover soll „direkte Hausarztvermittlung” von Patienten
                            schungsimpfungen empfohlen                                                        an Fachärzte ankurbeln
                                                                                                           55 Wiederbelebung in Salzgitter Leerstehender Praxissitz
                         Arzneimittel & Verordnung                                                            wurde nach Niederlassungsförderung durch die KVN
                         42 Adipositaschirurgie oder Bariatrische Chirurgie ATIS                              durch Internisten Carsten Frank neu eröffnet
                            informiert: Wie ist es nach einer Magenbypassoperation
                            mit der Arzneimittelresorption?                                                Telemedizin & Digitales
                                                                                                           56 Kodieren fast wie von selbst Die praxisnahe Kodier-
                         Selbstverwaltung                                                                     unterstützung der KBV bindet wesentliche Kodierfunk-
                         44 „Die Selbstverwaltung ist die beste Ordnungsform“                                 tionen komfortabel in die Praxissoftware ein
                            Politikwissenschaftler Roland Czada über die „Intelligenz                      58 Ganz sicher digital KBV-Serie neue IT-Anwendungen:
                            der Demokratie“ und die Vorteile des deutschen Ge-                                Über KIM-Dienste medizinische Dokumente sicher
                            sundheitssystems                                                                  digital versenden

                         Praxis & Versorgung                                                               Berufspolitik & Verbände
                         45 Kleine Liebhaberei Steuertipp: Gewinne aus Photovol-                           60 Aus anderen KVen
                            taikanlagen und Blolckheizkraftwerken müssen ggf.
                            nicht mehr versteuert werden
                         46 Zufrieden wie immer Die alljährliche Versichertenbe-
                            fragung der KBV zeigt keine großen Veränderungen zu
                            den Ergebnissen der Vorjahre - Corona hin oder her                                                       Standards
                         49 Palliativmedizin in der Versorgungsrealität Forschungsprojekt                                            3     Editorial
                            zur „besonders qualifizierten und koordinierte palliativ-                                                 6     Aktuell
                            medizinische Versorgung“ (BQKPMV) sucht Teilnehmer                                                       35    ÄKN-Mitteilungen
Fotos: Barmer GEK; LAU

                                                                                                                                     61    KVN-Mitteilungen
                                                                                                                                     68    Veranstaltungen
                         Bitte beachten Sie die Beilagen des Klinikum Region Hannover „Repetitorium                                  72    Rubrikenanzeigen
                         Innere Medizin“ und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung                                           83    Impressum
                         „Pilotphase Frühmeldeverfahren Atemwege“ in einem Teil dieser Auflage.

                         10 | 2021                                                                                                                                             5
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
Aktuell

                                                                                           Neues Online-Angebot
                                                                                           für Gaststudierende
                                                                                           des Masterstudiengangs
                                                                                           Public Health an der MHH

                                                                                           Sie wollen im Detail verstehen, was
                                                                                           Gesundheitspolitik und Gesundheits-
                                                                                           ökonomie in Theorie und Praxis be-
                                                                                           deuten? Sie wollen wissen, wie das
Netzwerk und Lobbyarbeit: Gründung des Bundesverbands                                      deutsche Gesundheitssystem funktio-
Patientensicherheitsbeauftragter Deutschlands                                              niert, was Soziale Sicherung in Ge-
                                                                                           sundheit und Krankheit ausmacht? Sie
Patientensicherheit ist ein wichtiger Leit-   Funktion eines Sprachrohrs übernehmen        interessieren sich für Epidemiologie, For-
gedanke bei der Weiterentwicklung des         und Kontakt zu Gremien, Branchen so-         schungsmethoden und die Aufgaben
Gesundheitswesens: Darüber besteht            wie Institutionen des deutschen Ge-          des Öffentlichen Gesundheitsdiensts?
bei allen an der gesundheitlichen Ver-        sundheitssektors herstellen. Dies soll die   Dann bietet Ihnen der Masterstudien-
sorgung in Deutschland Beteiligten Ei-        Patientensicherheit in Deutschland stär-     gang Bevölkerungsmedizin und Ge-
nigkeit: von der Politik über Kranken-        ker in den Fokus rücken und den Aus-         sundheitswesen – oder „Public Health“ –
häuser und Krankenkassen bis hin zu           tausch von fachlicher Expertise gewähr-      der Medizinischen Hochschule Han-
den Patientenvertretungen. Bisher gab         leisten. Die Gründungsmitglieder sind        nover (MHH) an, sich als Gasthörerin
es allerdings keinen Verband, der die         erfahrene, aktive Patientensicherheits-      oder Gasthörer für einzelne Online-
Interessen jener bündelt und vertritt, die    beauftragte: Das Amt der Vorstands-          Seminare oder ganze Module anzu-
tagtäglich intensiv an der Verbesserung       sprecherin bekleidet Dr. med. Maria          melden. Inhaltlich widmen sich die Mo-
der Patientensicherheit arbeiten. Anläss-     Ines Cartes Febrero, Patientensicher-        dule Themen wie Epidemiologie und
lich des Welttags der Patientensicherheit     heitsbeauftragte Ärztin und Leiterin der     Demographie, Gesundheitspolitik und
am 17. September 2021 wurde nun               Stabstelle Medizinische Prozess- und         -ökonomie, Management im Gesund-
durch die Gründung des Bundesver-             Patientensicherheit an der Medizini-         heitswesen oder den Grundlagen von
bands Patientensicherheitsbeauftragter        schen Hochschule Hannover. Weitere           Prävention und Gesundheitsförderung.
Deutschland e.V. i. Gr. zum einen eine        Informationen unter der E-Mail-Adresse:      Die Kursteilnahme ist kostenpflichtig
Basis für den fachlichen Austausch ge-        Cartes.Maria@mh-hannover.de und auf          und wird mit 60 Euro pro hinterlegtem
schaffen. Andererseits soll der Verband       der Webseite: www.bps-deutschland.eu         Zertifikat oder Leistungspunkt (ECTS)
für Patientensicherheitsbeauftragte die                                         r wbg      berechnet, wobei in den einzelnen Mo-
                                                                                           dulen eine unterschiedliche Anzahl an
                                                                                           Punkten erreicht werden kann. Den Zu-
Neugeborenen-Screening jetzt auch auf                                                      gang zur Anmeldung erhalten Interes-
spinale Muskelatrophie und Sichelzellkrankheit                                             sierte über den Link: www.mhh.de/stu-
                                                                                           dium-public-health/ stundenplaene-
Bereits Ende vorigen Jahres hat der           wie diese beiden neuen Untersuchun-          modulauswahl-und-handbuch
Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)             gen aber erbracht und über die gesetz-       Dort können außerdem der Stunden-
die Früherkennungsuntersuchungen              liche Krankenversicherung abgerech-          plan und das Modulhandbuch mit De-
bei Neugeborenen in Deutschland um            net werden können, muss zunächst             tailinformationen zum Inhalt der Kurse
zwei Leistungen erweitert. Das Neu-           der mit Vertretern von Ärzteschaft und       eingesehen werden. Die ersten Kurse
geborenen-Screening, bei dem einige           Krankenkassen besetzte Bewertungs-           starten im Oktober, Weitere dann im
Tropfen Blut untersucht werden, dient         ausschuss über die Vergütung ent-            Verlauf des Wintersemesters 2021/22.
dazu, seltene angeborene Erkrankun-           schieden haben. Dieser Schritt ist nun       Die erworbenen Zertifikate oder Leis-
gen bereits in den ersten Lebenstagen         für beide Tests erfolgt und jetzt können     tungspunkte (ECTS) können gegebe-
zu entdecken. Im November 2020                im Rahmen des Neugeborenen-Scree-            nenfalls im Rahmen eines späteren
wurde entschieden, künftig die Früh-          nings insgesamt 16 angeborene Stö-           Studiums anerkannt werden. Weitere
erkennungsuntersuchung um den Blut-           rungen des Stoffwechsels, des Hor-           Informationen sind per Mail erhältlich
test auf die Sichelzellkrankheit zu er-       mon-, Blut- und Immunsystems sowie           über ph-studiengang@mh-hannover.de
gänzen. Im Dezember 2020 wurde                des neuromuskulären Systems frühzei-         oder unter Telefon 0511 532 5999.
                                                                                                                                        Grafik: APS

der Test auf spinale Muskelatrophie           tig entdeckt und damit auch behandelt                                            r red
(SMA) hinzugefügt. Damit Leistungen           werden.                            r wbg
6                                                                                                      niedersächsisches ärzteblatt
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
Aktuell

Arztpraxen für Datenerhebung zu COVID-                            Onkologische Trainings- und Bewegungs-
19-Patienten gesucht                                              therapie

Im ambulanten COVID-19-Register des IGES-Instituts werden         Die Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie
Daten von COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten          (OTT®) ist ein personalisiertes und supervidiertes Bewe-
erfasst, die sich in ambulanter Behandlung befinden. Das           gungsprogramm, das speziell auf die Bedürfnisse von Pa-
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi ) ist      tienten vor, während oder nach einer Krebstherapie zuge-
Kooperationspartner des IGES-ABC-19-Registers, für das            schnitten ist. Es wurde am Centrum für Integrierte Onkologie
momentan noch teilnehmende Praxen gesucht werden, die             an der Uniklinik Köln in Zusammenarbeit mit der Deutschen
COVID-19-Patienten ambulant betreuen.                             Sporthochschule entwickelt.

Obwohl die meisten COVID-Erkrankten in Deutschland                Die individuelle, zielorientierte Therapieplanung sowie
von Hausarztpraxen medizinisch betreut werden, gibt es            die effektive Bewegungstherapie erfolgen auf Basis neuester
bisher kaum strukturierte Daten zum ambulanten Behand-            wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die OTT® wird von der
lungsverlauf von COVID-Patienten. Diese Forschungslücke           Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) empfohlen. Die Therapie
soll mit dem ABC-19-Register geschlossen werden. Besonders        orientiert sich an den onkologischen S3-Leitlinien. Sie
gefragt sind daher Praxen, die ihre COVID-19-Patienten            kann nur durch speziell ausgebildete und lizensierte OTT®-
dauerhaft betreuen. Die Teilnahme am Register wird mit 50         Therapeuten durchgeführt werden. Derzeit ist die Aner-
Euro pro eingeschlossenem Fall vergütet. Inhaltlich geht es       kennung der Onkologischen Trainings- und Bewegungs-
u. a. darum, wie der richtige Zeitpunkt für eine Kranken-         therapie für die Regelversorgung bei den gesetzlichen Ver-
hauseinweisung bestimmt werden kann, welchen Einfluss              sicherungsträgern durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
Begleiterkrankungen auf den Verlauf der SARS-CoV-2 Infektion      G-BA initiiert. Bei den Privat-Versicherten ist sie bereits in
haben oder wie sich Symptome und Behandlung bei Long              der Regelversorgung. Unabhängig davon können bereits
COVID entwickeln. Die Erkenntnisse sollen helfen, die Be-         jetzt alle Patienten versorgt werden, egal ob privat oder
handlung von COVID-19-Patienten zu verbessern. Dafür              gesetzlich versichert.                                  r dh
werden aber mehr Einträge benötigt. Das ZI freut sich über
jede Praxis, die das Register unterstützt. Alle weiteren Infor-   Weitere Informationen unter
mationen: ahttps://www.iges.com/abc19                     r dh    a www.myairbag24.de

KVN will keine Corona-Impfung in Apotheken
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) hat           adäquat eingeordnet und behandelt. Daher sollten sich
sich ablehnend gegen die Forderung der neuen Vorsitzenden         Bürgerinnen und Bürger vertrauensvoll an ihre Ärztin oder
der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA),         ihren Arzt wenden“, so der KVN-Vize.
Gabriele Overwiening, ausgesprochen, mit dem Impfen in
Apotheken die Corona-Impfquote zu verbessern. „Ein ge-            Berling bewertet den Vorschlag der Apotheker als „Schlag
sundheitspolitisch unausgereifter Schnellschuss mit fatalen       ins Gesicht der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Die
Folgen für die Gesundheitsversorgung in Deutschland“, be-         rote Linie ist überschritten.“ Apotheken hätten durch Coro-
wertet der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVN,         na-Testungen und die Belieferung der Arztpraxen mit Coro-
Dr. Jörg Berling, die Öffnung der Apotheken für Corona-           na-Impfstoffen ihre Kernkompetenz in der Pandemie unter
impfungen. Eine Impfung könne nicht im Vorbeigehen ohne           Beweis gestellt. „Aber Impfen ist und bleibt eine ärztliche
ärztliche Beratung erfolgen.                                      Leistung. Impfen setzt eine entsprechende ärztliche Aus-
                                                                  und Weiterbildung voraus, über die Apotheker nicht verfügen“,
„Impfen ist eine originär ärztliche Tätigkeit. Die Ausbildung     führte Berling aus. „In Niedersachsen sind seit dem Impfstart
zur Ärztin und zum Arzt rechtfertigt das in diese Berufsgruppe    in Praxen rund 4,5 Millionen Dosen Corona-Impfstoff
gesetzte Vertrauen. Ärztinnen und Ärzte wissen, was im Zu-        verimpft worden und die Praxen impfen weiter. Die Coro-
sammenhang mit Impfungen zu tun ist. Bei jeder Impfung            na-Pandemie bekommen wir nur gemeinsam in den Griff –
kann es zu Komplikationen kommen. Diese werden dann               und zwar jeder an seinem Platz“, erklärte Berling.
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10 | 2021                                                                                                                      7
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
Netzwerken im Dienste der Gesundheitsversorgung: Parlamentarischer Abend der Ärztekammer Niedersachsen im Pier 51 in Hannover.

Den Weg aus der Pandemie im Blick
Rund 50 Gäste aus Politik und Gesundheitswesen empfing die Ärztekammer Niedersachsen
erstmals seit Ausbruch von COVID-19 zum Parlamentarischen Abend.

„Schön, dass dies heute wieder möglich ist“, begrüßte Prä-            Marion Charlotte Renneberg, die sich als Fachärztin für All-
sidentin Dr. med. Martina Wenker am 14. September rund                gemeinmedizin neben vielem anderen den Anliegen des
fünfzig Gäste zum Parlamentarischen Abend der Ärztekam-               ärztlichen Nachwuchses und der Medizinischen Fachange-
mer Niedersachsen (ÄKN). Erstmals seit Ausbruch der CO-               stellten widme. Mit Kernfragen zu Prävention und Umwelt
VID-19-Pandemie empfing die ÄKN wieder Mitglieder des                 befasse sich der Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Thomas
Landtags, der Landesregierung sowie Vertreterinnen und                Buck, der ebenso wie der Facharzt für Anästhesie und ÄKN-
Vertreter von Kommunen, Hochschulen und Verbänden                     Experte für Wirtschafts- und Finanzfragen Dr. med. Franz
zum gesundheitspolitischen Austausch in Hannover im                   Bernhard M. Ensink zum fünfköpfigen Ärztekammer-Vor-
Restaurant Pier 51 am Maschsee. Zu dem aufgrund von                   stand zählt. Weitere Vorstandsmitglieder sind der Dermato-
Pandemie und Hygienemaßnahmen reduzierten Kreis an                    loge Dr. med. Wolfgang Lensing, der sich laut Wenker zum
Gästen zählte auch Daniela Behrens, Niedersachsens Mi-                Experten für Satzungs- und Geschäftsordnungsfragen ent-
nisterin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.                 wickelt hat, der Facharzt für Allgemeinmedizin Jens Wa-
                                                                      genknecht mit seinem Engagement für die Ärztliche Fortbil-
Doch bevor es in kleineren Gesprächsrunden um Themen                  dung zum Beispiel auf der Insel Langeoog und Hans Martin
rund um die Gesundheitsversorgung ging, stellte Wenker                Wollenberg mit seiner Expertise als Klinikarzt, seit dieser
die ehrenamtliche Spitze der Ärztekammer mit ihren Inte-              Wahlperiode neu im Vorstand und unter anderem zuständig
ressensschwerpunkten vor – wie Vizepräsidentin Dr. med.               für den Krankenhausplanungsausschuss.
                                                                                                                                         Foto: C. Wyrwa

Daniela Behrens, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesund-    Ärztekammerpräsidentin Dr. med. Martina Wenker begrüßte beim
heit und Gleichstellung, bedankte sich für die gute Zusammenarbeit.   parlamentarischen Abend pandemiebedingt nur rund 50 Gäste.

8                                                                                                         niedersächsisches ärzteblatt
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
Politik

                                                                                              Die Landespolitik war gut vertreten beim
                                                                                              Parlamentarischen Abend (v.l.n.r.): ÄKN-Prä-
                                                                                              sidentin Dr. med. Martina Wenker, Gesund-
                                                                                              heitsministerin Daniela Behrens, der Vorsit-
                                                                                              zende der CDU-Fraktion Dirk Toepffer,
                                                                                              Landtagsvizepräsidentin Meta Janssen-Kucz
                                                                                              und ÄKN-Vizepräsidentin Dr. med. Marion
                                                                                              Charlotte Renneberg

Neben der Corona-Pandemie spielte die Enquetekommissi-                 19-Ausbruchs aber forderte Janssen-Kucz zunächst einmal,
on zur „Sicherstellung der ambulanten und stationären me-              es müsse nun in erster Linie gelingen, „das Land pandemie-
dizinischen Versorgung in Niedersachsen – für eine quali-              fest zu machen“.
tativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versor-
gung“, deren Abschlussbericht inzwischen vorliegt, an die-             Die Überwindung der Corona-Pandemie stand naturgemäß
sem Abend in den Grußworten immer wieder eine zentrale                 ebenfalls im Zentrum der Ansprache von Daniela Behrens.
Rolle. Denn viele der anwesenden Gäste hatten der Kom-                 Zunächst bedankte sich die niedersächsische Ministerin für
mission als Mitglieder angehört. Während Wenker zum                    Soziales, Gesundheit und Gleichstellung allerdings auch
Beispiel daran erinnerte, wieviel die Kommission beim Be-              im Namen der Landesregierung für die „gute Zusammenar-
such des Universitair Medisch Centrum Groningen und der                beit“ und den „guten Austausch“ mit der Ärztekammer.
Rijksuniversiteit im niederländischen Groningen gelernt ha-            Dann aber entfaltete sie ein umfangreiches gesundheitspo-
be, sprach die Vizepräsidentin des Niedersächsischen Land-             litisches Portfolio an Aufgaben für die Zukunft: Eine weitere
tags Meta Janssen-Kucz begeistert über den Austausch der               Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts, die Erfor-
Kommissionsmitglieder untereinander. Darüber hinaus setz-              schung von Long-Covid , die Sicherung der ärztlichen Ver-
te sich die aus Ostfriesland stammende gesundheitspoliti-              sorgung durch eine Landarztquote bei der Studienplatzver-
sche Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen für die lang-                gabe und Veränderungen bei der Krankenhausversorgung
fristige Sicherstellung einer „qualitativ hochwertigen medi-           kündigte die Ministerin an: „Da ist Ihr Sachverstand gefragt“,
zinischen Versorgung“ und explizit für die „Förderung des              sagte Behrens und tauchte ein in einen der kleinen Ge-
medizinischen Nachwuchses“ ein. Angesichts des COVID-                  sprächskreise dieses Abends.             r Inge Wünnenberg

Ärzte und Hochschulpräsidenten im Austausch (v.l.n.r.): ÄKN-Haupt-     Netzwerker aus Ärzteschaft und Landespolitik (v.l.n.r.): Wissen-
geschäftsführer Professor Dr. med. Nils R. Frühauf, Professor Dr.      schafts-Staatssekretärin Dr. rer. pol. Sabine Johannsen, ÄKN-Vor-
med. Michael P. Manns (Präsident der Medizinischen Hochschule          standsmitglied und Vorsitzender der ÄKN-Bezirksstelle Hannover
Hannover), ÄKN-Ehrenpräsident Professor Dr. med. Heyo Eckel, Pro-      Dr. med. Thomas Buck, der ÄKN-Bezirksstellenvorsitzende aus Osna-
fessor Dr. rer. nat. Josef von Helden (Präsident der Hochschule Han-   brück Dr. med. Steffen Grüner, der gesundheitspolitische Sprecher
nover) und Professor Dr. med. habil. Djordje Lazovic, Vorsitzender     der SPD-Fraktion Uwe Schwarz und der CDU-Landtagsabgeordnete
der ÄKN-Bezirksstelle Oldenburg                                        aus Osnabrück Burkhard Jasper

10 | 2021                                                                                                                                9
Honorar-Insuffizienz - Ärztekammer Niedersachsen
COVID-19

Geimpft sind wir stärker!
Die Ärztekammer Niedersachsen unterstützt die Impfkampagne des Niedersächsischen
Sozialministeriums: Am Neubau des Ärztehauses in Hannover ruft ein riesiges Plakat dazu
auf, sich impfen zu lassen.

Dr. med. Marion Charlotte Ren-
neberg (l.), Vizepräsidentin der
Ärztekammer Niedersachsen,
und Ärztekammerpräsidentin
Dr. med. Martina Wenker
unterstützen die niedersäch-
sische Impfkampagne.

Überall in Niedersachsen signalisiert die Kampagne der Lan-      entschlossenen zu erreichen“, sagte Wenker anlässlich der
desregierung: „Geimpft sind wir stärker – Darum: Impfen,         verschiedenen Kampagnen. Nachdem Ende September lan-
Schützen, Testen“. Auch Dr. med. Martina Wenker und Dr.          desweit die Impfzenten geschlossen wurden, setzt das Sozial-
med. Marion Charlotte Renneberg, Präsidentin und Vizeprä-        ministerium nun – neben einer vorrangigen Impfung in den
sidentin der Ärztekammer Niedersachsen, sind der Überzeu-        Hausarztpraxen – vor allem auf lokale Mobile Impfteams:
gung, dass die COVID-19-Pandemie nur durch eine hohe             „Jede vollständig geimpfte Person trägt dazu bei, dass wir ge-
Impfquote überwunden werden kann. Deshalb war es für die         sund bleiben, möglichst unbeschwert leben können und hof-
Ärztekammer selbstverständlich, den Neubau des Ärztehauses       fentlich bald wieder zu mehr Normalität zurückkehren können.
an der Berliner Allee in Hannover für die vom Ministerium für    Jede Impfung schützt die betreffende Person vor einer schweren
Soziales, Gesundheit und Gleichstellung konzipierte Aktion       Erkrankung und gleichzeitig auch die gesamte Gesellschaft“,
zur Verfügung zu stellen. Das riesige Plakat, das seit einigen   begründete die niedersächsische Gesundheitsministerin Da-
Wochen dort hängt, rät der Bevölkerung in neun Sprachen,         niela Behrens mit Verve die Impfkampagne.
sich impfen zu lassen.
                                                                 Denn auch Anfang Oktober gab es noch keine Entwarnung
Begleitet wurde die Kampagne zu Beginn von der bundeswei-        der Landesregierung im Hinblick auf die Entwicklung der
ten Corona-Impfwoche in der ersten Septemberhälfte. Der          Pandemie: Regierungssprecherin Anke Pöksen sagte vielmehr
                                                                                                                                  Foto: N. Heusel

Aktionswoche war allerdings mit 500.000 Erstimpfungen noch       über die Zahl der Corona-Neuinfektionen: „Wir erwarten frü-
nicht der durchschlagende Erfolg beschert, den sich etwa die     her oder später einen Wiederanstieg.“ Deshalb plane Nieder-
Bundesregierung erhofft hatte. „Es geht jetzt darum, die Un-     sachsen vorerst keine weiteren Lockerungen.          r wbg
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COVID-19

                  „Wir liegen mit unserer Impfquote etwas über
                  dem niedersächsischen Durchschnitt“
                  Ende September wurden die 50 Impfzentren in Niedersachsen wieder geschlossen: Die
                  ärztliche Leiterin des Alfelder Impfzentrums im Landkreis Hildesheim Dr. med. Dorothea
                  Mordeja berichtet im Interview über die Arbeit des Zentrums und der mobilen Teams.

                  50 Impfzentren hat das Land Niedersachsen Ende 2020                  Hildesheim über die Herausforderungen beim Betrieb
                  aufgebaut, um Bürgerinnen und Bürgern flächende-                     der Impfzentren und zieht ein positives Fazit.
                  ckend Impfungen gegen COVID-19 anbieten zu können.
                  Da niedergelassene Ärztinnen und Ärzte seit Frühjahr                 Frau Dr. Mordeja, wie ist der Betrieb des Impfzentrums
                  2021 bereits einen Teil der Impfungen übernommen                     Alfeld im vorigen Winter angelaufen?
                  haben und inzwischen der Großteil der Bevölkerung
                  immunisiert ist, wurden die Impfzentren am 30. Sep-                  Mir wurde im Dezember 2020 die ärztliche Leitung des
                  tember wieder geschlossen. Dr. med. Dorothea Morde-                  Impfzentrums angetragen. Als ich mich entschieden hatte,
                  ja, Fachärztin für Allgemeinmedizin und bis zum                      die Aufgabe zu übernehmen, habe ich die Räumlichkeiten
                  31. März 2021 in einer Hausarztpraxis in Hildesheim-                 besichtigt und mich über die Herausforderungen infor-
                  Drispenstedt niedergelassen, hat im vorigen Dezember                 miert: Die aufwendige Kühlung des Impfstoffs mit Tro-
                  die Leitung des Impfzentrums in Alfeld übernommen –                  ckeneis und der Umgang damit haben mich beeindruckt.
                  eines der beiden Impfzentren im Landkreis Hildesheim.                Damals habe ich auch gleich Maßnahmen angesprochen,
                  Im Interview mit dem niedersächsischen ärzteblatt be-                die mir als Ärztin bei der Arbeit des Impfzentrums wichtig
                  richtet die Vorsitzende der Ärztekammer-Bezirksstelle                waren wie das Tragen einer Schutzausrüstung.

                  Dr. med. Dorothea Mordeja hat Ende 2020 die ärztliche Leitung des Impfzentrums des Landkreises Hildesheim in Alfeld übernommen.
Fotos: J. Moras

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COVID-19

Gab es auch in Alfeld zunächst mobile Teams?                Krankenhauses, hat dann im Rahmen der Fortbildung
                                                            mehr als 40 Ärztinnen und Ärzte darüber informiert, was
Ja – nur: Als es in der ersten Januarwoche 2021 losging,    bei einem anaphylaktischen Schock zu tun ist. Das kam
standen noch keine Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung.       sehr gut an.
Ich habe dann das Arztehepaar Bartels aus Elze kontak-
tiert. Von Dr. med. Renate Müller-Bartels und Dr. med.      Wie hat sich die Nachfrage nach den Impfungen in den
Friedrich Bartels wusste ich, dass sie im Ruhestand sind.   vergangenen Monaten in Alfeld entwickelt?
Wir drei sind dann in den ersten Tagen mit den mobilen
Teams in die Heime im Landkreis Hildesheim gefahren         Als die Priorisierung aufhörte, gab es nochmal einen An-
und haben die ersten Impfungen bei den Über-80-Jährigen     sturm. Später konnte man sogar ohne Termin zum Impf-
durchgeführt. Das waren viele Schwerstkranke, die meist     zentrum kommen und sich impfen lassen. Seit nun die
Betreuer hatten, von denen eine Unterschrift vorliegen      STIKO-Empfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jah-
musste. Oft mussten wir auch die Akten durchsehen, um       ren draußen ist, impfen wir auch diese Altersgruppe.
zu erfahren, welche Krankheiten die zu Impfenden hatten     Aber hier ist der Bedarf an Aufklärung enorm groß. Das
und welche Medikamente sie nahmen: Das bedeutete            habe ich selbst gemerkt, als ich neulich Anfang September
viel Arbeit und war von der Seite der Heime unterschied-    eine Schicht übernommen habe. Da braucht man mehr
lich gut vorbereitet. Vor allem empfand ich damals eine     Zeit, weil die Eltern – die unterschreiben müssen – viele
große Verantwortung dabei, Schwerstkranke zu impfen,        Fragen haben und sich Sorgen machen. Auch hier hat
weil der Impfstoff noch so neu war.                         man eine große Verantwortung.

Welche Aufgaben kamen auf Sie als ärztliche Leitung des     Wieso gab es neben den Impfstraßen während der ganzen
Impfzentrums zu?                                            Zeit weiterhin mobile Teams?

In den mobilen Impfteams oder in den drei Impfstraßen       Die mobilen Teams sind etwa in die Berufsbildenden
mit maximal 400 Impfungen am Tag in Alfeld habe ich im      Schulen gegangen oder bei Bedarf mehrmals in die Alten-
Laufe der Zeit eher selten mitgearbeitet: Meine Aufgabe     heime. Ich finde es gut, dass sie auch weiterhin im Einsatz
als medizinische Leitung war es vielmehr, die Konzepte      sein werden und künftig über das Gesundheitsamt laufen.
zu lesen, die immer wieder neu vom Land kamen, und          Jetzt im Sommer haben wir mit ihnen viele Aktionen ge-
die Informationen weiterzugeben. Auch die insgesamt         macht. Unter dem Stichwort Pop-up-Impfen haben wir
160 Ärztinnen und Ärzte, die in den beiden Impfzentren      Impfungen auf öffentlichen Plätzen oder in Stadtteilen
in Hildesheim und Alfeld im Einsatz waren, wurden von       angeboten, in denen viele Menschen mit Migrationshin-
den ärztlichen Leitern über Änderungen und Verbesse-        tergrund leben. Daneben haben wir Kleinbetriebe aufge-
rungen unterrichtet. Ich war in Alfeld außerdem für die     sucht, die keinen Betriebsarzt haben. Ich hatte noch die
medizinisch-organisatorischen Angelegenheiten zustän-       Idee, Impfungen auf Autobahnraststätten und Autohöfen
dig. Das heißt, ich musste mich zum Beispiel davon über-    anzubieten. Denn ich hatte mir überlegt, dass LKW-
zeugen, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen spritzen      Fahrer kaum eine Möglichkeit haben, sich impfen zu las-
konnten und sogenannte Spritzscheine ausstellen. Andere     sen, wenn sie ständig unterwegs sind. Ihnen haben wir
wiederum habe ich geschult. Außerdem habe ich Hygie-        deshalb den Einmal-Impfstoff von Johnson & Johnson an-
nekonzepte für das Impfzentrum entwickelt und die Um-       geboten. Das wurde gut angenommen.
setzung überwacht. Auch die Lagerung des Impfstoffs
habe ich kontrolliert oder den Impfteams erklärt, wie die   Erreichten Sie mit Ihren Aktionen viele Menschen?
verschiedenen Impfstoffe aufgezogen und teilweise auch
verdünnt werden mussten.                                    Ja, aber es gibt immer noch viele 20- bis 40-Jährige, die
                                                            sich nicht haben impfen lassen: Da wäre es gut, wenn
Sie haben außerdem mit dem Impfzentrum in Hildesheim        man diese Gruppe über die digitalen Medien durch mehr
zusammengearbeitet?                                         Information und Aufklärung erreichen könnte. Wo wir
                                                            noch mehr tun müssen, sind außerdem die Menschen mit
Ja, ich habe mich zum Beispiel mit Dr. med. Elmar Wilde,    Migrationshintergrund. Wenn ich stundenweise in meiner
dem ärztlichen Leiter des Hildesheimer Impfzentrums,        ehemaligen Praxis in Hildesheim-Drispenstedt arbeite –
für eine Fortbildung zum Thema Anaphylaxie zusam-           und dieser Stadtteil ist wirklich Multi-Kulti – sehe ich,
mengetan. In Alfeld hatte ich ohnehin von Anfang an         dass dort viele noch nicht geimpft sind. Ihre größte Angst
Notfallmedikamente vorrätig. Professor Dr. med. Georg       ist es, unfruchtbar zu werden. Deswegen lassen sie sich
von Knobelsdorff, Ärztlicher Direktor des St. Bernward      nicht impfen.

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COVID-19

Für die dritte Impfung benötigt man die niedersächsischen
Impfzentren nicht mehr?

Ich denke, nur ein Hausarzt kann entscheiden, welcher
Patient eine dritte Impfung benötigt. Bis jetzt heißt es,
dass Gebrechliche, Ältere, chronisch Kranke und Immun-
supprimierte sowie medizinisches Personal eine dritte
Impfung bekommen können. Aber es gibt keine Empfeh-
lung, dass grundsätzlich jeder Über-Achtzigjährige, der
vor einem halben Jahr geimpft wurde, ein drittes Mal
geimpft wird. Ich persönlich warte, was die Auffrischungs-
impfung betrifft, darauf, dass der Impfstoff zum Beispiel
besser an die Delta-Variante angepasst wird. Außerdem
lasse ich immer mal wieder Antikörpertiter bestimmen.
Und wenn ich sehe, dass meine 93-jährige Mutter, die
frühzeitig geimpft wurde, jetzt noch einen Antikörpertiter
von 300 hat, dann sehe ich gar nicht ein, warum ich sie
jetzt gleich wieder impfen soll.

Sie stehen einer dritten Impfung also eher abwartend ge-
genüber?

Meiner Meinung nach müssen wir erst noch Erfahrungen
sammeln und auf die Erkenntnisse und das Urteil der Ex-
pertinnen und Experten – etwa der Virologen – warten. Es
ist nicht Sache der Politiker zu sagen, wir müssen jetzt die
Pandemie bekämpfen und die dritte Impfung machen.
Hier muss die medizinische Expertise viel stärker berück-
sichtigt werden.
                                                               Drei Impfstraßen unterhielt das Impfzentrum in Alfeld: Vor der
                                                               eigentlichen Impfung erhielten die Impflinge in den Kabinen (links)
Wie sieht denn Ihre Bilanz aus, nun da das Impfzentrum
                                                               eine ärztliche Beratung.
geschlossen wird?

Wir haben generell in Niedersachsen aktuell knapp              Wer jetzt noch zu einer COVID-19-Impfung kommt, mel-
70 Prozent vollständig Geimpfte und bei den beiden             det sich an und diese Termine kann man gut auf die Wo-
Impfzentren hier in Hildesheim und Alfeld liegen wir mit       che verteilen.
70 Prozent etwas über dem niedersächsischen Durch-
schnitt. Damit können wir sehr zufrieden sein. Im Rück-        Was ist Ihr persönliches Fazit?
blick waren die Impfzentren für die Eindämmung der
Pandemie wirklich wichtig. Denn die Hausarztpraxen             Ich denke, wir haben es richtig gemacht mit den Impfun-
                                                                                                                                     Fotos: J. Moras

hatten trotzdem aufgrund der verbliebenen Impfungen            gen. Meiner Meinung nach, war es die einzige Möglich-
noch sehr viel zu tun – mehr, als man sich vielleicht vor-     keit, die Pandemie in den Griff zu bekommen. „Impfen,
gestellt hatte. Auch für meine frühere Praxis bedeutete es     impfen, impfen“, wie ich es zu Beginn des Jahres gefordert
einen Kraftakt, bis die eigenen Patientinnen und Patienten     habe, hat sich als der richtige Weg erwiesen.
geimpft waren. Die Impfungen brachten viel Mehrarbeit
mit sich – und zwar immer zu Zeiten am Mittwoch- oder
Freitagnachmittag, wo man sonst eigentlich frei hätte.         Das Interview führte Inge Wünnenberg.

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COVID-19

                             Ein pandemisches Infektionsgeschehen kann nur
                             global bekämpft werden!
                             Um die COVID-19-Infektionslage, Impfungen und die Situation von Kindern und Jugendli-
                             chen ging es im September in den Live-Talks „Zur Sache Corona“ mit dem Infektiologen
                             Professor Dr. med. Matthias Stoll und dem Kinderarzt Dr. med. Tilman Kaethner.

                             Nach der Sommerpause des Live-Talk-Formats der Ärzte-
                             kammer Niedersachsen (ÄKN) hieß es im September wieder
                             Kamera an für „Zur Sache Corona“. In zwei neuen Folgen
                             des Live-Talks standen aktuelle Fragen zum Infektionsge-
                             schehen, Fortschritte der SARS-CoV-2-19-Impfungen sowie
                             die Zukunft mit COVID-19 im Fokus. Außerdem legte der
                             Talk am 20. September anlässlich des Weltkindertags das
                             Augenmerk auf die Situation von Kindern und Jugendlichen
                             in der Pandemie. Aufgrund dieses Schwerpunkts waren in
                             dieser 27. Folge zwei Experten zu Gast: zum einen der
                             Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie Professor Dr.
                             med. Matthias Stoll von der Medizinischen Hochschule
                             Hannover (MHH), der bereits in vielen der bisherigen Talks
                             sein Wissen mit den Zuschauenden geteilt hat, und zum an-
                             deren Dr. med. Tilman Kaethner, Facharzt für Kinder- und
                             Jugendmedizin sowie niedersächsischer Landesverbands-          Der Infektiologe Professor Stoll hat die Talks „Zur Sache Corona“ mit
                                                                                            seinem Fachwissen geprägt und stand auch im September wieder
                             vorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte
                                                                                            Rede und Antwort zu Fragen rund um COVID-19. Hier beim Talk am
                             e.V. (BVKJ).                                                   27. September mit ÄKN-Kommunikationschef Thomas Spieker.

                             Einer Einschätzung der aktuellen Infektionszahlen und der
                             Frage, ob derzeit vor allem jüngere Menschen schwer er-        ist die Betten- und Intensivbettenauslastung der Kranken-
                             kranken, widmete sich Professor Stoll im ersten Teil des Ge-   häuser ein ganz guter Wert, vorausgesetzt diese werden
                             sprächs. Der Eindruck, Jüngere erkrankten mehr, sei aus sei-   korrekt erfasst.“ Zusätzlich sei die Hospitalisierungsrate
                             ner Sicht, ein „Bias“ in der Wahrnehmung. „Fast alle schwer    indes stark abhängig von der Impfquote. Für Stoll eignet sie
                             erkrankten Fälle betreffen Ungeimpfte – und das sind eben      sich für ein tägliches Benchmarking und dazu, den Sinn
                             derzeit die Jüngeren. Das statistische Risiko für schwere      einer hohen Zahl von Geimpften in der Gesamtgesellschaft
                             Verläufe hängt auch dort vom Alter ab: sehr gering für 20-     zu verdeutlichen.
                             bis 30-Jährige, aber schon nicht mehr ganz gering für 50 bis
                             60-Jährige“, erklärte Stoll. Außerdem spielten unabhängig      Hospitalisierungsrate ungeeignet
                             vom Alter auch Begleiterkrankungen und Übergewicht als         als Frühwarnsystem
                             Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf eine
                             Rolle.                                                         Als eine Schwäche dieses Ansatzes identifizierte der Infek-
                                                                                            tiologe vor allem die fehlende Vorhersagekraft der Hospita-
                             Neue Indikatoren für den Infektionsschutz                      lisierungsrate. „Der Anstieg der Inzidenz geht der Hospita-
                                                                                            lisierungsrate um Tage und Wochen voraus“, erklärte Stoll.
                             Über das aktuelle Infektionsgeschehen hinaus warf der Talk     „Sind die Intensivkapazitäten ausgeschöpft, so werden wei-
                             auch einen Blick auf die Hospitalisierungsrate und die An-     tere Intensivfälle anschließend noch eine geraume Zeit
                             zahl an belegten Intensivbetten als neue Indikatoren für In-   schneller nachfolgen, als die im Krankenhaus behandelten
                             fektionsschutzmaßnahmen. Stoll ging auf Vor- und Nach-         Patientinnen und Patienten gesunden oder versterben. Inso-
Foto: ÄKN / Esther Schmotz

                             teile der aktuell geltenden Regelungen ein. Die 7-Tage-In-     fern sollte man also nicht allein auf Hospitalisierungsraten
                             zidenz als alleiniger Richtwert mache kaum mehr Sinn, da       setzen“, gab Stoll zu bedenken. Als Frühwarnindikatoren
                             anders als in den vorangegangenen Infektionswellen auf-        seien steigende Inzidenzwerte als Kriterium weiterhin wich-
                             grund des jüngeren Altersdurchschnitts der Infizierten we-     tig, um mit zeitlichem Vorlauf rechtzeitig Gegenmaßnahmen
                             niger Menschen schwer erkrankten, stimmte Stoll zu: „Hier      einleiten zu können.

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COVID-19

                                                                       den Kindern zu beschäftigen. Auch der Zugang zu digitalen
                                                                       Technologien habe eine wesentliche Rolle gespielt. Bei Fa-
                                                                       milien, die schon vor der Pandemie Probleme mit der Teil-
                                                                       habe gezeigt hätten, hätten die Kinder deutliche Nachteile
                                                                       gehabt und in der Folge oftmals Defizite entwickelt bis hin
                                                                       zu psychischen und psychosomatischen Störungen. Dies
                                                                       zeigten nicht zuletzt die Wartezimmer von Kinderpsycho-
                                                                       logen und -psychiatern. „Die ambulanten und stationären
                                                                       Angebote sind nachgefragt wie nie.“ Gerade im ländlichen
                                                                       Raum seien die Engpässe bei der psychotherapeutischen
Beim Live-Talk am 20. September digital zugeschaltet: Der Kinderarzt   Behandlung von Kindern und Jugendlichen schon vorher
und Landesvorsitzende des BVKJ Dr. med. Tilman Kaethner berichte-      gravierend gewesen, kritisierte der Kinder- und Jugendarzt.
te über die Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie.    Seit der Pandemie hätten die Wartezeiten noch weiter zu-
Unten rechts: Gebärdendolmetscherin Jana Blume                         genommen.

Die noch unzureichende Impfquote in Deutschland und                    Die andauernde Wahrung von Distanz und weiterhin be-
anderen Teilen der Welt war ein weiteres Thema des Talks.              folgte Infektionsschutzmaßnahmen führten im täglichen
„Insgesamt sind nur 63 Prozent (Stand: 20.9.21) der Bevöl-             Praxisalltag außerdem aktuell zu dem vermehrten Auftreten
kerung vollständig geimpft – wir treten auf der Stelle. Für            von Infekten. Denn bei Kindern wie auch bei Erwachsenen
die jetzt dominierende Delta-Variante bräuchten wir min-               habe die Immunkompetenz nachgelassen. „Derzeit sehe
destens 80 Prozent. Das ist bisher unzureichend“, kritisierte          ich so viele Infekte durch fehlende Auffrischung der Im-
Stoll den beinahe stagnierenden Impffortschritt. Ohne eine             munkompetenz wie sonst erst im Herbst und Winter.“ Für
gesteigerte Impfquote sei mit Beginn der kälteren Jahreszeit           Kinder, die in der Pandemie gelitten haben, aber nicht
wie im Jahr zuvor – und wie in anderen Regionen der                    vorher schon mit Teilhabe-Problemen konfrontiert gewesen
Welt – noch einmal mit deutlich steigenden Fallzahlen für              seien, blickt Kaethner positiv in die Zukunft. „Kinder haben
COVID-19 zu rechnen. „Mit allen Begleiterscheinungen                   aus meiner Erfahrung eine extreme Resilienz, sodass sie das
wie vermehrten Krankheitsfällen und einer Beeinträchtigung             mit genügend Unterstützung unserseits aufholen werden.“
des öffentlichen Lebens“, warnte der Experte. Mit Blick auf            Für die Zukunft forderte der Kinderarzt und Landesver-
den internationalen Impffortschritt betonte Stoll die Bedeu-           bandsvorsitzende zudem einen klaren Fokus auf sozialer
tung einer globalen Herangehensweise bei der Bekämpfung                Teilhabe für die Jüngeren: „Wir sollten Kindern und Jugend-
der Pandemie. Denn Pandemie bedeute eine weltweite und                 lichen Schulschließungen und weitere Einschränkungen ih-
keine lokal begrenzte Ausbreitung. So sei die weltweite                res Lebensraums ersparen. Die Öffnungen der Schulen und
Versorgung mit Impfstoff ein globales Menschenrecht für je-            Betreuungseinrichtungen sollten bei zukünftigen Konzepten
des Individuum. Stoll sah hier reichere Länder in der Pflicht,         eine hohe Priorität haben.“ In diesem Zusammenhang sei
ärmeren zu helfen.                                                     es wichtig, an verschiedenen Stellen anzusetzen. Ein zen-
                                                                       traler Aspekt sei die Impfung des Umfelds: Es sei von großer
Pandemiefolgen überwinden – mehr sozia-                                Bedeutung, Erwachsene mit Kontakt zu jungen Menschen,
le Teilhabe für Kinder und Jugendliche                                 etwa Erzieherinnen und Erzieher oder Lehrkräfte, von einer
                                                                       Impfung zum Schutz der Kinder zu überzeugen. Auch
Die Impfungen bei Jüngeren und die Situation von Kindern               räumliche und zeitliche Lösungen, die Infektionsgefahren
und Jugendlichen in der Pandemie standen im Fokus des                  entzerrten sowie andere Transport- und Lüftungskonzepte
zweiten Talk-Teils am 20. September mit Dr. med. Tilman                seien hier Ansatzpunkte, die individuell und situationsab-
Kaethner. Im Gespräch betonte der Experte, dass Kinder                 hängig genutzt werden sollten. Was er sich konkret von der
und Jugendliche insgesamt sehr stark unter den Folgen der              Politik wünsche? „Die Kinder und Jugendlichen mehr in
Pandemie gelitten hätten, da ihre Routinen deutlich stärker            den Fokus nehmen und bei Entscheidungen, die diese be-
eingeschränkt worden seien als die vieler Erwachsener. So              treffen, auch die Folgen mitdenken!“
seien Treffen in Schule und Freizeit nicht mehr möglich ge-
wesen. Wie belastend die Situation von Kindern und Ju-                 Wenn Sie die Interviews in voller Länge sehen möchten,
                                                                                                                                      Foto: ÄKN / Esther Schmotz

gendlichen wahrgenommen worden sei, hänge seiner Er-                   schauen Sie sich die neuen Folgen von „Zur Sache Corona“
fahrung nach von verschiedenen Faktoren ab. „Es gab große              auf dem Youtube-Kanal der ÄKN an:
Unterschiede zwischen Familien auf dem Land und in der                 youtube.com/c/ÄrztekammerNiedersachsen
Stadt“, sagte Kaethner und verwies auf familiäre Konstella-
tionen, in denen die Ressourcen vorhanden waren, sich mit                                                        r Esther Schmotz
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              13 bis 18
                      8 Uhr

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              Veranstaltu                  t der Hochschule Hannover, Expo Pla
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                                                                                        annover

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                  Design Center der Hochschule Hannover, Expo Plaza 2 | 24.11.2021
13.00 Uhr Eröffnung                                                                      15.30 Uhr Vorträge
Dr. med. Martina Wenker                                                                  ViTAWiN - Interprofessionelles Notfalltraining mit Mixed Reality
Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen                                                Dr. rer. nat. Guillermo Carbonell
                                                                                         Hochschule Hannover – University of Applied Sciences and Arts,
Prof. Dr. rer. nat. Josef von Helden                                                     Informatik (Fakultät IV I)
Präsident der Hochschule Hannover
                                                                                         Ist Niedersachsen bereit für die flächendeckende
                                                                                         Digitalisierung im Gesundheitswesen?
13.30 Uhr Vorträge                                                                       Stefan Muhle
                                                                                         Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für
                                                                                         Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung
Die Lehren aus der Corona-Pandemie
Dr. rer. oec. Gottfried Ludewig
                                                                                         16.30 Uhr Diskussionsforen

                                                                                                                                                                         Bitte abtrennen/heraustrennen und per FAX an 0511/380 2260
Abteilungsleiter Digitalisierung, BMG

Digitale Zusammenarbeit aus Sicht von Hausärzten/-innen und                              Forum 1:
Öffentlichem Gesundheitsdienst                                                           Projekt DigiWissMed der Medizinischen Hochschule Hannover
Dr. med. Fabian Feil, Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes             Dr. med. Christian Koop, Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
Dr. med. Karin Bremer, Stv. Vorsitzende der ÄKN-Bezirksstelle Osnabrück
                                                                                         Forum 2: Einführung der elektronischen Patientenakte - So macht es die TK
                                                                                         Dirk Engelmann, Leiter der Landesvertretung Niedersachsen der Techniker
14.30 Uhr Podiumsdiskussion                                                              Krankenkasse (TK)

                                                                                         Forum 3: Schnittstellen im Praxisinformationssystem: Worauf müssen niederge-
“Digitalisierung in der Praxis und Gamification:                                          lassene Ärztinnen und Ärzte achten?
Neue Möglichkeiten in der medizinischen Ausbildung”                                      Jan-Cedric Volbers, Heide Cloud – Healthcare IT-Solutions

Dr. rer. nat. Guillermo Carbonell (HsH), Dirk Engelmann (Leiter TK-Landesvertretung),    Forum 4: Datensicherheit in Einrichtungen des Gesundheitswesens –
Dr. med. Fabian Feil (Präsident NLGA), Dr. rer. oec. Gottfried Ludewig (BMG), Dr. med.   Hackerattacken vorbeugen am Praxisbeispiel
Marion Charlotte Renneberg (Vizepräsidentin ÄKN), Dr. med. Martina Wenker (Präsi-        Prof. Dr. iur. Fabian Schmieder, Hochschule Hannover – University of Applied
dentin ÄKN). Moderation: Thomas Spieker, Pressesprecher der ÄKN                          Sciences and Arts, Vizepräsident für Digitalisierung und IT

                                                                        FORTBILDUNGSPUNKTE
                                                          sind bei der Ärztekammer Niedersachsen beantragt.

                                                                   Anmeldung
                                                  ONLINE unter www.digitalgipfel-gesundheit.de
                                                     Per E-Mail an: kommunikation@aekn.de
                                              Per FAX an: 0511 / 380 2260
           per POST an: Ärztekammer Niedersachsen - Kommunikation, Karl-Wiechert-Allee 18 - 22, 30625 Hannover

       Art der Durchführung: Präsenz
       Die Teilnahme am Digitalgipfel Gesundheit inklusive den Foren ist kostenfrei! Bitte nur für ein Forum anmelden!

       Ich möchte am 5. Niedersächsischen Digitalgipfel Gesundheit                         Ich möchte am 5. Niedersächsischen Digitalgipfel Gesundheit
       mit dem folgenden Forum teilnehmen:                                                 ohne Forum teilnehmen.

       Forum 1: Projekt DigiWissMed der MHH                                                Forum 3: Schnittstellen im Praxisinformationssystem:
       Dr. med. Christian Koop                                                             Worauf müssen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte achten?
                                                                                           Jan-Cedric Volbers

       Forum 2: Einführung der elektronischen Patientenakte -                              Forum 4: Datensicherheit in Einrichtungen des Gesund-
       So macht es die TK                                                                  heitswesens – Hackerattacken vorbeugen am Praxisbeispiel
       Dirk Engelmann                                                                      Prof. Dr. iur. Fabian Schmieder

       Titel: ________________ Vorname: ______________________________ Name: ______________________________

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