Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein-Westfalen - Schwerpunkt "Neuinfektionen minimieren"
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Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen Weiterentwicklung der HIV/AIDS- Prävention in Nordrhein-Westfalen Schwerpunkt „Neuinfektionen minimieren“ www.mgepa.nrw.de
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Weiterentwicklung der HIV/AIDS- Prävention in Nordrhein-Westfalen Schwerpunkt „Neuinfektionen minimieren“
Inhalt Vorwort ............................................................................................................................. 5 Kurzfassung der Empfehlungen ..................................................................................... 7 1. HIV/AIDS-Prävention bleibt Herausforderung ........................................................ 9 2. Infrastruktur ............................................................................................................... 11 3. Epidemiologie ............................................................................................................ 13 4. Grundsätze ................................................................................................................ 14 5. Vorrangiger Handlungsbedarf.................................................................................. 15 5.1 Schwule Männer und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) .. 16 5.2 Menschen, die intravenös Drogen konsumieren ............................................. 17 5.3 Menschen in Haft ............................................................................................... 18 5.4 Menschen mit Migrationshintergrund ............................................................. 19 5.5 Frauen ................................................................................................................ 20 5.6 Jugendliche ........................................................................................................ 21 6. Empfehlungen .......................................................................................................... 22 6.1 Schwule Männer und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM).. 25 6.2 Menschen, die intravenös Drogen konsumieren ............................................ 29 6.3 Menschen in Haft .............................................................................................. 30 6.4 Menschen mit Migrationshintergrund ............................................................. 31 6.5 Frauen ................................................................................................................ 34 6.6 Jugendliche ........................................................................................................ 36 7. Begleitung des Weiterentwicklungsprozesses ...................................................... 38 Mitglieder der Arbeitsgruppe „Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prävention“ ........ 40 Glossar ............................................................................................................................. 41
Liebe Leserinnen und Leser, Aufklärung, Information und Prävention troffen sind, bewährt. Diese Qualitäts- statt Repression ist seit 25 Jahren der merkmale sind auch für die zukünftige Leitgedanke der HIV/AIDS-Prävention in Entwicklung und Umsetzung der Prä- Nordrhein-Westfalen. Seitdem sehen ventionskonzepte unverzichtbar. sich das Land Nordrhein-Westfalen, die Kommunen und die freien Träger in der Einem Wandel unterworfen sind jedoch Verantwortung, die weitere Verbreitung die Rahmenbedingungen der Prävention von HIV-Infektionen durch Information, in sehr unterschiedlichen Feldern: Aufklärung, Beratung und Testangebote Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu minimieren, HIV-infizierte und an über die Übertragbarkeit des HI-Virus AIDS erkrankte Menschen zu unterstüt- werden immer detaillierter. zen und sie vor Ausgrenzung und Dis- kriminierung zu bewahren. Die Bedürfnisse und Erwartungen der Zielgruppen der HIV-Prävention verän- Diese grundsätzliche Ausrichtung war dern sich. Das Internet bietet neue und ist die Basis des großen Erfolges Möglichkeiten der Information und der HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein- Beratung. Die Lebenserwartung von Westfalen und hat deshalb auch heute Menschen mit HIV nimmt zu. noch Bestand. Dabei haben sich als besondere Qualitätsmerkmale das Die Präventionsbotschaften und die Zusammenspiel staatlicher, kommuna- Methoden der Vermittlung an die Ziel- ler und nichtstaatlicher Akteurinnen und gruppen müssen sich diesem Wandel Akteure, die Orientierung der Angebote anpassen. Deshalb bleibt die HIV/AIDS- an der Lebenswirklichkeit der Betroffe- Prävention auch in Zukunft eine Heraus- nen und die Einbeziehung der Menschen, forderung. die von HIV und AIDS bedroht oder be-
Zwischen 2009 und 2010 haben die Ich würde mir wünschen, dass das vor- relevanten Akteurinnen und Akteure der liegende Landeskonzept zur Weiterent- HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein- wicklung der HIV/AIDS-Prävention in Westfalen, vertreten durch die Freie Nordrhein-Westfalen mit dem Schwer- Wohlfahrtspflege NRW, die Kommunalen punkt „Neuinfektionen minimieren“ Spitzenverbände und das Gesundheits- zur fachlichen Auseinandersetzung ministerium des Landes, gemeinsam beiträgt, den verantwortlichen Akteurin- ein Konzept zur HIV-Primärprävention nen und Akteuren neue Impulse für die entwickelt, das die heutigen Rahmen- künftige Ausrichtung der HIV/AIDS- bedingungen der Prävention beschreibt Prävention gibt und insgesamt die und Empfehlungen für die zukünftige Zusammenarbeit aller Beteiligten Praxis gibt. fördert. Barbara Steffens Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen 6
Kurzfassung der Empfehlungen attraktiv und werden gut genutzt. Die Kombination von Kompetenzen Die Akteurinnen und Akteure der verschiedener Akteurinnen und HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein- Akteure ist für die Gestaltung kom- Westfalen empfehlen, folgende Faktoren plexer Angebote hilfreich. erfolgreicher Prävention bei der Gestaltung zukünftiger Präventions- 5. Zielgruppennahe Testangebote maßnahmen einzubeziehen: erhöhen die Wahrscheinlichkeit, frühzeitig über die eigene HIV- 1. Erfolgreiche HIV/AIDS-Prävention Infektion informiert zu sein. kann nur im Zusammenspiel aller Das Testangebot muss dazu qualifi- Akteurinnen und Akteure auf Bun- zierten Standards genügen. Dazu des-, Landes- und kommunaler gehören vor allem: Einbindung in Ebene im Öffentlichen Gesundheits- Präventionsberatung und gegebe- dienst und in der freien Trägerschaft nenfalls weitere Begleitung, Anony- gemeinsam umgesetzt werden. mität und Vertraulichkeit sowie die Nutzung von an die Risikosituatio- 2. Wegen der großen Bedeutung nen der Ratsuchenden angepassten sexuell übertragbarer Infektionen und wissenschaftlich überprüften für die Übertragung des HI-Virus Test- und Untersuchungsverfahren. sollen Präventionsangebote zu HIV Informationen und Beratung 6. Medikamente, die der HIV-Behand- zu anderen sexuell übertragbaren lung dienen, werden bereits heute Infektionen, insbesondere Syphilis, in der Primärprävention eingesetzt, einschließen. zum Beispiel bei der HIV-Postexpo- sitionsprophylaxe. Zunehmend wird 3. Angebote sollen auf die Lebenswelt diskutiert, welchen Stellenwert anti- der jeweiligen Zielgruppe zuge- retrovirale Medikamente in der Ge- schnitten und möglichst niedrig- samtstrategie der Primärprävention schwellig sein. Aufsuchende einnehmen sollen. Welchen Einfluss Angebote verbessern den Zugang zu dies auf das primärpräventive Ver- Gruppen, die Beratungsstellen nicht halten haben wird, ist noch offen. nutzen. Die Akteurinnen und Akteure sind daher aufgerufen, diese Entwicklung 4. Präventionsmaßnahmen, die meh- kritisch zu begleiten und entspre- rere Angebote miteinander kombi- chende Beratungsangebote zu nieren, erweisen sich als sehr entwickeln. 7
7. Um die Einbindung von Freiwilligen 10. Die Qualität von Präventionsmaß- auf hohem Niveau zu halten, sollten nahmen muss kontinuierlich weiter- mehr Möglichkeiten des projektbe- entwickelt werden. Neben allge- zogenen Engagements und der meinen Verfahren der Qualitätsent- Mitwirkung bei der fachlichen wicklung stehen heute auch auf die Weiterentwicklung geschaffen, die HIV-Prävention zugeschnittene Qualifizierung intensiviert und Methoden zur Verfügung, die für die die Zertifizierung der erworbenen Weiterentwicklung von Maßnahmen Fähigkeiten verbessert werden. genutzt werden sollten. 8. Die neuen Medien eröffnen zusätzli- Über diese grundsätzlichen Empfehlun- che Möglichkeiten der Information gen hinaus beschreibt das Konzept zur und Beratung zu HIV/AIDS und an- Weiterentwicklung der HIV/AIDS-Prä- deren sexuell übertragbaren Infek- vention besonders geeignete Arbeitsan- tionen. Dabei ist darauf zu achten, sätze für folgende Zielgruppen: dass Botschaften über alte und Schwule Männer und andere Männer, neue Medien hinweg einheitlich ver- die Sex mit Männern haben, Menschen, mittelt und Verknüpfungen zwischen die intravenös Drogen konsumieren, neuen und alten Medien verbessert Menschen in Haft, Menschen mit Migra- werden. tionsgeschichte, Frauen und Jugendli- che. 9. Die Fortbildung der Akteurinnen und Die Arbeitsgemeinschaft AIDS-Präven- Akteure und der regelmäßige Aus- tion NRW hat sich zur Aufgabe ge- tausch über neue erfolgreiche Kon- macht, die Empfehlungen regelmäßig zepte sind essentielle Grundlagen auf ihre Aktualität zu überprüfen und an der Qualitätsentwicklung moderner zukünftige Entwicklungen anzupassen. Prävention. Regionale, überregio- Aktuelle wissenschaftliche Entwicklun- nale, landesweite und bundesweite gen sollen dabei ebenso einfließen wie Koordinations- und Arbeitstreffen die Erfahrungen aus der Praxis der sowie Qualifizierungsangebote sind Präventionsarbeit. zentrale Elemente der Kompetenz- erweiterung, der Erschließung von Synergien und der Verzahnung von Aktivitäten auf allen Ebenen. 8
1. HIV/AIDS-Prävention bleibt fälschlicherweise bisweilen sogar als Herausforderung heilbar angesehen. Fakt ist, dass Men- schen mit HIV und AIDS auch mit einer Seit über 25 Jahren bedroht HIV/AIDS umfassenden antiretroviralen Therapie weltweit die Gesundheit der Menschen. mehrheitlich eine niedrigere Lebenser- In dieser Zeit konnten viele wissen- wartung als Nichtinfizierte haben. Die schaftliche Erkenntnisse gewonnen, lebensverlängernden Therapien sind in medizinische und therapeutische Fort- der Regel mit erheblichen Nebenwir- schritte erzielt und erfolgreiche Präven- kungen und zum Teil körperlichen und tionsstrategien umgesetzt werden. seelischen Folgeerkrankungen verbun- Erfolge in der Bekämpfung der Krank- den. Menschen mit HIV müssen auch heit basieren insbesondere auf dem ab- heute mit Diskriminierung, u.a. im gestimmten Einsatz der politischen und Arbeitsleben, rechnen. Wer an AIDS gesellschaftlichen Kräfte, der Innovati- erkrankt, ist meist deutlich jünger als onskraft der Wissenschaft und dem En- andere chronisch oder schwer Kranke, gagement der Betroffenen und ihrer scheidet oftmals früh aus dem Arbeits- Organisationen. Eine Erfolg verspre- leben aus und gerät sowohl in finan- chende HIV/AIDS-Präventionsstrategie zielle Not als auch in ein soziales Ab- muss eine Vielzahl von Herausforderun- seits. Das Älterwerden von Menschen gen – international, national und regio- mit HIV und AIDS stellt das Gesund- nal – berücksichtigen und jeweils heits- und Sozialwesen deshalb vor geeignete Lösungsansätze erarbeiten. neue Herausforderungen, insbesondere Die Weiterentwicklung der HIV/AIDS- was die Betreuung, die Pflege, aber Prävention in Nordrhein-Westfalen be- auch die soziale Integration anbelangt. zieht daher die fachlichen Grundlagen Um bereits erreichte Erfolge der der WHO und UNAIDS ebenso ein wie HIV/AIDS-Prävention sowohl in der den nationalen Aktionsplan zur Umset- Allgemeinbevölkerung als auch in be- zung der HIV/AIDS-Bekämpfungsstra- sonders gefährdeten Gruppen zu stabi- tegie der Bundesregierung und die kon- lisieren und auch in Zukunft einen kreten Maßnahmen der Bundeszentrale Anstieg von Neuinfektionen zu verhin- für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). dern – auch vor dem Hintergrund stei- gender Neuinfektionen vor allem in AIDS hat in Deutschland im Vergleich zu Osteuropa und Zentralasien und zuneh- früher an Schrecken verloren. Viele be- mender Mobilität von Menschen –, wird trachten AIDS nicht mehr als bedrohli- der größte Handlungsbedarf darin ge- che Krankheit. Auch wenn eine sehen, Neuinfektionen weiter zu mini- HIV-Infektion behandelbar ist, wird sie mieren. 9
Die besondere Herausforderung für alle Da Menschen, die durch HIV besonders relevanten Akteurinnen und Akteure der gefährdet sind, eine sehr heterogene HIV/AIDS-Prävention in Nordrhein- Gruppe bilden, besteht die Herausfor- Westfalen besteht darin, die Primärprä- derung erfolgreicher Prävention darin, vention für die Allgemeinbevölkerung die Maßnahmen so zu gestalten, dass sowie die Aufklärung und Ansprache sie die jeweiligen Zielgruppen tatsäch- besonders gefährdeter Bevölkerungs- lich erreichen. Wichtig ist, dass die se- gruppen zielgruppenspezifisch weiter- xuelle Orientierung, geschlechtsspezi- zuentwickeln. Die Strukturen und fische Faktoren sowie kulturelle Hinter- Konzepte sind den sich verändernden gründe konsequent berücksichtigt gesellschaftlichen, epidemiologischen werden. und medizinischen Entwicklungen und den regionalen Erfordernissen anzupas- Besonderes Augenmerk muss dabei sen. Dazu gehört auch, die HIV/AIDS- auch auf Menschen gerichtet werden, Prävention in Nordrhein-Westfalen mit die aufgrund sozialer, kultureller und der Prävention anderer sexuell über- persönlicher Faktoren ihre Gesundheit tragbarer Infektionen (STIs = sexually nicht ausreichend schützen können. transmitted infections) zu verknüpfen HIV/AIDS-Prävention muss deshalb und in Maßnahmen zur Förderung der zukünftig stärker mit Maßnahmen sexuellen Gesundheit zu integrieren. der Gesundheitsförderung verknüpft werden. Die erfolgreich praktizierten Ansätze der unterschiedlichen Akteurinnen und Unverzichtbar ist dabei nach wie vor Akteure zur zielgruppenspezifischen die Primärprävention für Kinder und Prävention für besonders gefährdete Jugendliche. Wichtig ist, HIV/AIDS- Bevölkerungsgruppen ebenso wie die Prävention als Teil von Gesundheits- primärpräventive Aufklärung der Allge- förderung und Sexualaufklärung zu meinbevölkerung durch die Bundeszen- verstehen und Jugendliche frühzeitig trale für gesundheitliche Aufklärung zu Beginn ihrer sexuellen Aktivität zu (BZgA), Gesundheitsämter, AIDS-Hilfen erreichen. und andere freie Träger sollten aufrecht erhalten werden. HIV/AIDS-Prävention bleibt auch zukünftig eine Gemein- schaftsaufgabe. 10
2. Infrastruktur beiden Säulen hat sich eine Struktur entwickelt, die einerseits eigene ziel- In Nordrhein-Westfalen ist es seit 1987 gruppenspezifische Schwerpunkte durch gemeinsame Anstrengungen und setzt und andererseits durch gemein- mit finanziellem Engagement der Kom- same Aktivitäten und Kooperationsfor- munen, der Freien Wohlfahrtspflege und men in der Lage ist, flexibel auf medi- des Landes gelungen, ein qualifiziertes zinische, epidemiologische und gesell- und differenziertes AIDS-Hilfesystem schaftliche Entwicklungen zu reagieren. aufzubauen. Das Engagement der Kommunen bildet eine wesentliche Grundlage für diese In- Dabei haben sich als besondere Quali- frastruktur und ist von zentraler Bedeu- tätsmerkmale das Zusammenspiel tung für die Ausgestaltung und Koordi- staatlicher, kommunaler und nicht- nation der regionalen HIV/AIDS-Präven- staatlicher Akteurinnen und Akteure, tion. die Orientierung der Angebote an der Lebenswirklichkeit der Betroffenen, die Die Aufgaben der unteren Gesundheits- Einbeziehung der Selbsthilfe und der behörden ergeben sich vorrangig aus Menschen, die von HIV und AIDS be- dem Gesetz über den öffentlichen Ge- droht oder betroffen sind, bewährt. sundheitsdienst (ÖGDG NRW) und dem Diese Qualitätsmerkmale sind auch für Infektionsschutzgesetz (IfSG). Beson- die zukünftige Entwicklung und Umset- dere Bedeutung haben die Sicherstel- zung der Präventionskonzepte unver- lung eines anonymen und kostenlosen zichtbar. HIV-Beratungs- und Testangebots sowie Diese Ausrichtung wird auch durch die die Beratung und Untersuchung ande- am 22. Juli 2009 geschlossene Rah- rer sexuell übertragbarer Infektionen. menvereinbarung über Grundsätze zur Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist Umsetzung der Kommunalisierung der gesetzlich verpflichtet, in allen 53 Krei- Landesförderung für Präventions- und sen und kreisfreien Städten die AIDS- Hilfemaßnahmen im Sucht- und AIDS- Koordination wahrzunehmen und Bereich in Nordrhein-Westfalen aus- HIV/STI-Beratung und Tests anzubie- drücklich bestätigt. ten. Die Kosten der HIV-Tests werden dabei durch das Land getragen. Ebenso Die Beratungs- und Hilfestruktur in haben die Aufklärung und Information Nordrhein-Westfalen ruht im Wesentli- der Bevölkerung sowie die Koordination chen auf zwei Säulen: dem Öffentlichen der auf kommunaler Ebene notwendi- Gesundheitsdienst und den Einrichtun- gen Angebote und Aktivitäten einen gen in freier Trägerschaft. Dank dieser hohen Stellenwert. 11
Die Aufgaben der Einrichtungen in freier stadtübergreifenden Aktivitäten werden Trägerschaft – dabei handelt es sich Jugendliche in 40 Kreisen/kreisfreien vorrangig um die regionalen AIDS- Städten erreicht. Hilfen, die AIDS-Hilfe NRW und weitere Träger der HIV/AIDS-Prävention – leiten Die 34 regionalen AIDS-Hilfen sowie sich aus deren Selbstverständnis, Leit- deren Landesverband verteilen sich bildern und Finanzierungsmöglichkei- derzeit auf 15 Kreise und 19 kreisfreie ten ab. Städte, ihre Angebote werden in der Regel auch überregional in Anspruch Die regionalen AIDS-Hilfen und deren genommen. Es gibt AIDS-Hilfe-Vereine, Landesverband sind sowohl Hauptan- die ausschließlich ehrenamtlich arbei- sprechpartnerinnen und Hauptan- ten, die Mehrzahl der AIDS-Hilfen ver- sprechpartner als auch Interessen- fügt jedoch über haupt- und ehren- vertretung für Menschen mit HIV und amtliche Mitarbeiterinnen und Mitar- AIDS. In Kooperation mit dem Öffentli- beiter. chen Gesundheitsdienst und den ande- ren in diesem Bereich tätigen Trägern Die HIV/AIDS-Prävention bei intravenös der Freien Wohlfahrtspflege bieten sie Drogenkonsumierenden wird durch die u. a. zielgruppenspezifische Prävention bestehenden Sucht- und AIDS-Hilfe- zu HIV und AIDS an. Von besonderer Strukturen geleistet. Spezielle Ange- Bedeutung sind dabei die Einbeziehung bote zur Erleichterung des Zugangs zu von Menschen mit HIV und AIDS und sterilen Spritzen und Nadeln sowie Kon- von den von HIV/AIDS besonders be- domen erfolgen insbesondere durch die drohten Gruppen in die strukturelle Drogen- und AIDS-Hilfen (z.B. Spritzen-/ Prävention, die fachliche Weiterentwick- Kondomautomaten). Daneben steht lung der Angebote und deren Qualität den Betroffenen ein differenziertes und sowie die Förderung des ehrenamtli- breit gefächertes Suchthilfenetz zur chen Engagements im HIV- und AIDS- Verfügung. Dies reicht von niedrig- Bereich. schwelligen Angeboten der Gesund- heits- und Überlebenshilfe über die Landesweit gibt es derzeit ca. 60 sexu- substitutionsgestützte Behandlung bis alpädagogisch geschulte HIV/AIDS- zur qualifizierten Entzugsbehandlung Präventionsfachkräfte (ehemals Youth- und der auf dauerhafte Abstinenz ange- workerinnen und Youthworker), die in legten Entwöhnung. Ein wesentliches 33 Kreisen und kreisfreien Städten bei Ziel der Hilfen ist der Schutz vor Infek- unterschiedlichen Trägern angesiedelt tionen mit HIV und anderen durch Blut sind. Aufgrund ihrer zum Teil kreis- bzw. übertragbaren Infektionskrankheiten. 12
Dieses Problemfeld wird auch im neuen und die jährlichen Neudiagnosen exakter Landeskonzept gegen Sucht angemes- voneinander abzugrenzen. Dabei ist zu sen berücksichtigt. beachten, dass es sich weiterhin um Schätzungen handelt. Trotz dieser Ein- schränkungen bieten die Meldungen 3. Epidemiologie über HIV-Neudiagnosen an das RKI jedoch die derzeit bestmögliche Grund- Die für die Planung und Weiterentwick- lage zur Abschätzung des aktuellen In- lung von Präventionsmaßnahmen not- fektionsgeschehens. wendigen Daten werden kontinuierlich vom Robert Koch-Institut (RKI) erho- Anhand der Analysen der Datenlage ben, bewertet und veröffentlicht. An- durch das RKI lässt sich die epidemio- hand dieser anonym gemeldeten Daten logische Entwicklung in der Bundes- lassen sich vor allem die vorherrschen- republik zum Ende des Jahres 2011 den Übertragungswege und Infektions- wie folgt beschreiben: trends in verschiedenen Bevölkerungs- gruppen, die Entwicklung von HIV-Neu- Nach einem kontinuierlichen Anstieg diagnosen, die geografische und demo- der Zahl der HIV-Neuinfektionen in grafische Verteilung erkennen. Deutschland zwischen 2001 und 2005 erreichten die HIV-Neuinfektionen 2006 Da es sich um nichtnamentliche Meldun- und 2007 einen Höhepunkt und gingen gen labordiagnostisch nachgewiesener seitdem leicht zurück. 2011 geht das HIV-Infektionen handelt, ist die Bestim- RKI von rund 2.800 Neudiagnosen und mung der Anzahl der HIV-Neuinfektio- rund 2.700 Neuinfektionen aus. Dies ist nen methodisch schwierig. Labordia- jedoch kein Grund zur Entwarnung. gnostisch erfasst werden HIV-Neudiag- nosen, die keinen direkten Rückschluss Die landesweite epidemiologische Ent- über den Zeitpunkt der Infektion zulas- wicklung in Nordrhein-Westfalen ist sen, da die Ansteckung mit dem HI-Virus mit der Entwicklung in Deutschland im und die Durchführung eines HIV-Tests Großen und Ganzen vergleichbar. zeitlich weit auseinander liegen können. Nach Schätzungen des RKI haben sich Nur bei einem kleineren Teil der Mel- in Nordrhein-Westfalen in 2011 rd. dungen liegen Angaben zum klinischen 650 Menschen neu infiziert. Männer, Stadium der HIV-Infizierten bzw. zur die Sex mit Männern haben, stellen CD4-Zellzahl vor. Seit 2011 werden diese sowohl in Deutschland als auch in NRW Daten als Berechnungsgrundlage ge- unverändert die größte Betroffenen- nutzt, um die jährlichen Neuinfektionen gruppe dar (über 70 %). 13
Der Anteil der Frauen unter den HIV-Neu- Neudiagnosen zeigen, dass sich in infektionen betrug 2011 in Deutschland Nordrhein-Westfalen die Syphilis-Fälle rd. 15 % und in NRW knapp 17 %. Mutter- zwischen 2001 und 2007 jährlich er- Kind-Infektionen betragen bundes- und höht haben. Auch wenn 2008 und 2009 landesweit weiterhin weniger als 1 %. kein weiterer Anstieg zu verzeichnen war, darf dies nicht als Trend oder gar Menschen mit Migrationshintergrund Entwarnung interpretiert werden, zumal Da seit 2001 die anonymen Meldungen ab 2010 ein erneuter Anstieg festge- von HIV-Infektionen an das RKI auch stellt wurde. Eine Auswertung der Fragen zum Herkunfts- und Infektions- Syphilis-Inzidenzraten (d.h. Anzahl der land beinhalten, lassen sich gewisse gemeldeten Fälle oder Erkrankungen Trends über die Verbreitung von HIV bei pro Jahr bezogen auf 100.000 Einwoh- Menschen mit Migrationshintergrund nerinnen und Einwohner) nach Regio- darstellen. Betrachtet man die Angaben nen zeigt, dass diese Infektionen be- der Herkunftsregionen, so wird deut- sonders in Großstädten und Ballungs- lich, dass der Anteil von Frauen und räumen zu beobachten sind. Männern aus den verschiedenen Regio- nen sehr unterschiedlich ist. Bei weibli- chen Migranten wurde die HIV-Infektion 4. Grundsätze vorwiegend im Herkunftsland erwor- ben, die Mehrzahl der Männer mit Mi- Schwerpunkte der HIV/AIDS-Präven- grationshintergrund hat sich dagegen in tion in Nordrhein-Westfalen sind seit Deutschland infiziert. Bemerkenswert 1987: ist, dass bei mehr als 50 % der HIV-po- • durch Information, Aufklärung, Be- sitiven männlichen Migranten als Infek- ratung und Test die weitere Verbrei- tionsrisiken Sex mit Männern und intra- tung von HIV-Infektionen zu venöser Drogengebrauch angegeben minimieren, wird. • HIV-infizierte und AIDS-kranke Men- schen vor Ausgrenzung und Diskri- Verbreitung der Syphilis in Nordrhein- minierung zu bewahren und Westfalen • die ärztliche, pflegerische und psy- Seit einigen Jahren wird insbesondere chosoziale Versorgung und Betreu- bei Männern, die Sex mit Männern ung von Menschen mit HIV und haben, eine Zunahme an Syphilis und AIDS in das bestehende Regelver- anderen sexuell übertragbaren Infektio- sorgungssystem zu integrieren und nen (STIs) beobachtet. Die Daten des – sofern fachlich angezeigt – RKI über die Entwicklung der Syphilis- notwendige Schwerpunke zu setzen. 14
Das Land sieht seine Aufgabe auch zu- – Eigenverantwortung und Solidarität künftig vor allem darin, gemeinsam mit als tragende Säulen der Prävention den Kommunen und freien Trägern die – Orientierung der Prävention an der vorgenannten gesundheitspolitischen Lebenswirklichkeit der jeweiligen Ziele und Schwerpunkte bedarfsge- Zielgruppen recht, regionsbezogen und qualitätsge- – Einbeziehung von Menschen, die sichert weiterzuentwickeln. Der fach- von HIV und AIDS bedroht und be- liche Austausch soll zukünftig insbeson- troffen sind, in die Entwicklung und dere im Rahmen einer Arbeitsgemein- Umsetzung von Präventionskonzep- schaft AIDS-Prävention stattfinden. ten Den Vorsitz führt das für AIDS zustän- – Fortführung und Weiterentwicklung dige Referat im Gesundheitsministe- der differenzierten staatlichen und rium des Landes Nordrhein-Westfalen. nicht staatlichen Angebotsstruktur. Eine vom Land finanzierte Geschäfts- stelle der Arbeitsgemeinschaft ist räum- lich und organisatorisch beim Landesver- 5. Vorrangiger Handlungsbedarf band der AIDS-Hilfe NRW angesiedelt. Dank des medizinischen Fortschritts Die Maßnahmen zur Bekämpfung von und des in Deutschland funktionieren- HIV und AIDS in Nordrhein-Westfalen den Gesundheitssystems, das Men- stehen vor allem unter der Überschrift schen mit HIV und AIDS den Zugang zu Aufklärung, Information und Präven- wirksamen Therapien ermöglicht, be- tion statt Repression und werden ins- trachten viele Menschen AIDS nicht besondere von folgenden Grundsätzen mehr als bedrohliche Krankheit und hal- geleitet: ten eine HIV-Infektion teilweise sogar – Achtung der Menschenwürde für heilbar. Diese Sichtweise hat einer- – Recht auf sexuelle Selbstbestim- seits zu einer Normalisierung im Um- mung, Akzeptanz unterschiedlicher gang mit der Erkrankung und mit sexueller Orientierungen Betroffenen beigetragen, andererseits – universeller Zugang zum Gesund- kann diese Einschätzung ohne weitere heitswesen, insbesondere zu Thera- Präventionsanstrengungen zu einem pie und medizinisch notwendigen nachlassenden Risikobewusstsein so- Medikamenten wohl in der Allgemeinbevölkerung als – universeller Zugang zu anonymen auch in besonders gefährdeten Grup- und kostenlosen HIV-Tests ein- pen führen. schließlich einer vertraulichen, freiwilligen Beratung 15
Da vor allem bestimmte Bevölkerungs- 5.1 Schwule Männer und andere gruppen gefährdet sind, sich mit HIV zu Männer, die Sex mit Männern infizieren, besteht vorrangiger Hand- haben (MSM) lungsbedarf darin, die Prävention auf diese Gruppen zu konzentrieren. Lan- Schwule Männer und andere Männer, desweit inhaltliche Schwerpunktsetzun- die Sex mit Männern haben (MSM), gen und Kampagnen können dabei die stellen nach wie vor die größte Betroffe- Akzeptanz und Nachhaltigkeit von Bot- nengruppe dar. 2011 wurden in Nord- schaften verbessern und die Wirksam- rhein-Westfalen rd. 72 % neuer HIV- keit der vor Ort und auf Landesebene Infektionen in dieser Gruppe festge- eingesetzten Mittel erhöhen. stellt. Besonderer Handlungsbedarf wird aber Gleichzeitig wird bei schwulen Männern/ auch darin gesehen, die zunehmende MSM seit einigen Jahren auch ein An- Verbreitung von Geschlechtskrankhei- stieg anderer sexuell übertragbarer In- ten stärker in den Blick zu nehmen und fektionen (STIs), vor allem Syphilis und den Zugang zu qualifizierter Beratung, Gonorrhoe (Tripper), beobachtet. Diese Diagnostik und Therapie zu erleichtern. Entwicklung bietet Anlass zur Sorge, Sinnvoll ist, die bewährten Erkenntnisse weil diese „klassischen“ Geschlechts- und Ansätze der HIV/AIDS-Prävention krankheiten die Ansteckung mit HIV für die Prävention von anderen sexuell begünstigen. Ziel muss deshalb sein, übertragbaren Infektionen zu nutzen. die HIV-Prävention zukünftig stärker mit der Prävention anderer Ge- Ebenso gibt es Handlungsbedarf, exis- schlechtskrankheiten zu verknüpfen. tierende Präventionsmaßnahmen auf Darüber hinaus ist die Einbettung der europäischer, Bundes-, Landes- und HIV/AIDS-Prävention in umfassendere kommunaler Ebene stärker miteinander Maßnahmen zur Förderung der Ge- zu verbinden. sundheit schwuler Männer bzw. von MSM ein sinnvoller Ansatz. Wichtig ist, Wirksame HIV/AIDS-Prävention bedarf die Präventionsmaßnahmen vorurteils- der Einbindung der Selbsthilfe und des frei an den schwulen Lebenswirklichkei- Ehrenamts, insbesondere der Men- ten zu orientieren. Beratungs-, Test- schen aus den besonders betroffenen und Untersuchungsangebote müssen Zielgruppen und von Menschen mit dabei in eine Gesamtstrategie von Prä- HIV/AIDS. Die Freiwilligenarbeit ist vention, Gesundheitsförderung und Be- dafür eine unverzichtbare Vorausset- handlungsangeboten eingebettet sein. zung. Erfolg versprechend sind insbesondere 16
aufsuchende Beratungs-, Test- und Un- 5.2 Menschen, die intravenös tersuchungsangebote von Gesundheits- Drogen konsumieren ämtern in Kooperation mit den AIDS- Hilfen, beispielsweise in Saunen und an Nach Angaben des RKI wurden 2011 weiteren Orten, an denen sexuelle Kon- knapp 8 % der HIV-Neuinfektionen in takte angebahnt werden oder an denen Nordrhein-Westfalen in der Gruppe der Prostitution stattfindet. Der Zugang zu intravenös Drogen konsumierenden Präventionsmaterialien (z.B. Kondome, Menschen geschätzt. Wesentlicher In- Gleitmittel, Informationsmaterialien) fektionsweg ist nach wie vor die ge- ist dabei ein wichtiges Element eines meinsame Nutzung von kontaminierten gesundheitsfördernden Ansatzes. Um Spritzen und Nadeln. Aber auch das se- diese Angebote, einschließlich Beratung xuelle Übertragungsrisiko ist von erheb- und ggf. Untersuchung in der Fläche licher Relevanz, insbesondere im sicherzustellen, ist eine dauerhafte Zusammenhang mit der Beschaffungs- Zusammenarbeit aller Akteurinnen und prostitution. Unter erhöhtem Konkur- Akteure – Gesundheitsämter, freier renzdruck und Druck der Freier wird Träger und gewerblicher Anbieter – eher auf die Kondombenutzung ver- notwendig. zichtet. Hinzu kommt, dass intravenös Drogenkonsumierende vor dem Hinter- Die Unterscheidung von schwulen Män- grund der strafrechtlichen Sanktionen nern und anderen Männern, die Sex mit des Betäubungsmittelgesetzes und der Männern haben (MSM), ist für die Prä- häufig einhergehenden Beschaffungs- vention von besonderer Bedeutung, da kriminalität oft ein Leben am Rande der es sich bei MSM nicht um eine klar Gesellschaft führen und von den ge- adressierbare Szene/Zielgruppe wie bei sundheitlichen und sozialen Hilfen nur schwulen Männern handelt und sich die unzureichend erreicht werden. Lebenswelten deutlich unterscheiden. MSM werden dadurch charakterisiert, In Nordrhein-Westfalen spielt darüber dass sie meist keine homosexuelle hinaus bei jungen Männern aus Ost- Identität ausbilden und sich durch und Zentraleuropa der intravenöse schwule Präventionsangebote nicht Drogenkonsum eine zentrale Rolle für bzw. nur eingeschränkt angesprochen ein HIV-Infektionsrisiko. fühlen. Die Weiterentwicklung der ziel- Die Einbindung der Drogenhilfeeinrich- gruppenspezifischen Prävention muss tungen ebenso wie der Drogenselbst- diese Unterscheidung deshalb sowohl in hilfe in die HIV/AIDS-Prävention ist ein der medialen als auch in der personalen zentrales Element für eine szenenahe Kommunikation stärker berücksichtigen. Arbeit. Regionale und landesweite 17
Strukturen der JES-Selbsthilfe (Junkies, In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits Ex-User und Substituierte) können da- verschiedene Ansätze und Aktivitäten für eine wichtige Unterstützung sein. zur Prävention von HIV und weiteren In- fektionskrankheiten. Zur Verhinderung Darüber hinaus bleibt die kontinuierli- der Weiterverbreitung von Infektions- che Weiterentwicklung der niedrig- krankheiten gibt es beispielsweise ein schwelligen Hilfeangebote (z.B. Drogen- Informationsblatt in 20 Sprachen sowie konsumräume) sowie der Angebote zur einen Erlass des Justizministeriums zur Substitutionsbehandlung Opiatabhän- kostenlosen Abgabe von Kondomen giger (z.B. diamorphingestützte Be- und wasserlöslichen Gleitmitteln an alle handlung) auch künftig eine wichtige Gefangenen (sog. Kondomerlass). Da- Aufgabe, um die HIV- Ansteckungsrisi- rüber hinaus trägt die regelmäßige Sub- ken bei intravenös Drogenkonsumieren- stitutionsbehandlung intravenös den zu minimieren. drogenabhängiger Inhaftierter zur Risi- kominimierung bei. 5.3 Menschen in Haft Abgesehen davon, besteht in verschie- denen Bereichen der Gesellschaft Menschen in Haft, vor allem Menschen, weiterhin Bedarf, die HIV/AIDS- und die intravenös Drogen konsumieren, Hepatitis-Prävention generell und damit haben ein besonders hohes Risiko, sich auch für Menschen in Haft weiterzuent- mit HIV und Hepatitis zu infizieren. Da- wickeln. Auch wenn die Präventions- rüber hinaus gehören ungeschützte se- möglichkeiten aufgrund der beson- xuelle Kontakte zwischen Gefangenen deren Situation des Strafvollzugs be- sowie die in Haftanstalten übliche Pra- grenzt sind, dürfen Prävention und Ge- xis des Tätowierens durch Gefangene sundheitsförderung nicht vor den Toren zu weiteren Infektionsrisiken. In Nord- der Justizvollzugsanstalten Halt ma- rhein-Westfalen wird davon ausgegan- chen. Sinnvoll ist, die Präventionsstra- gen, dass über 35 % der Inhaftierten tegien, die außerhalb des Justizvollzugs eine Drogenproblematik haben. erfolgreich sind, im Einvernehmen mit Die besondere gesundheitliche Gefähr- dem Justizministerium daraufhin zu dung, der sich viele Inhaftierte in der überprüfen, inwieweit sie in den Justiz- Haft aussetzen, stellt für die im Vollzug vollzugsanstalten Anwendung finden für die Gesundheitsfürsorge Verant- können, soweit dies nicht schon ab- wortlichen eine besondere Herausfor- schlägig entschieden ist oder zwin- derung dar, Infektionen im Strafvollzug gende rechtliche Vorschriften dem zu minimieren. entgegen stehen und keine neuen Er- 18
kenntnisse bzw. geänderten Rahmenbe- Gleichzeitig ist zu beobachten, dass der dingungen eine erneute Überprüfung Informationsstand zu HIV/AIDS und rechtfertigen. STIs bei Menschen mit Migrationshin- tergrund mit geringen Deutschkennt- Dazu soll der fachliche Austausch zwi- nissen, ungesichertem Aufenthalts- schen dem anstaltsärztlichen Dienst status und in der Sexarbeit Tätigen oft- der Justiz, externen Fachambulanzen, mals gering ausgeprägt ist. Insbeson- Kliniken und Schwerpunktpraxen sowie dere diejenigen, die keine Anbindung die Kooperation mit externen Einrich- an das gesundheitliche und soziale tungen der Suchtberatung und Anbie- Versorgungssystem haben, stellen tern von Präventions- und sonstigen eine besondere Herausforderung für Hilfeprojekten für inhaftierte Drogenge- die HIV/AIDS/STI-Prävention dar. fährdete sowie Drogengebraucherinnen und Drogengebraucher intensiviert Besonders defizitär ist der Zugang zu werden. Prävention und Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Papiere. Aus Furcht vor einer Entdeckung nehmen diese 5.4 Menschen mit Menschen medizinische Behandlung Migrationshintergrund sowie Angebote der Beratung meist nur im äußersten Notfall wahr. Die frühzei- Fast jede vierte in NRW lebende Person tige Diagnose und Behandlung von HIV (23,4 %) hat einen Migrationshinter- und anderen sexuell übertragbaren In- grund. Menschen mit Migrationshinter- fektionen sind damit praktisch unmög- grund haben in Nordrhein-Westfalen (so lich. Nichtstaatliche Strukturen und der wie in ganz Deutschland) generell kein öffentliche Gesundheitsdienst können besonderes HIV-Risiko. Sie werden in eine adäquate und nachhaltige Präven- vielen Fällen durch die allgemeinen tion und Gesundheitsversorgung nur Präventionskampagnen der BZgA, die lokal und in begrenztem Maße sicher- Informationsangebote des ÖGD, der stellen. AIDS-Hilfen und weiterer freier Träger erreicht. Etwa 2.400 (14 %) der in Nordrhein- Westfalen lebenden Menschen mit HIV Insbesondere Jugendliche werden in den und AIDS sind nach Schätzungen des Schulen und in der außerschulischen Ju- RKI im Jahr 2011 Menschen mit Migrati- gendarbeit – auch durch den Einsatz von onshintergrund aus sog. Hochpräva- Präventionsfachkräften – geschlechts- lenzregionen (Regionen, in denen mehr und kultursensibel angesprochen. als ein Prozent der Bevölkerung HIV- 19
infiziert ist). Bei 10 – 15 % der neu diag- Um Sprach- und Kulturbarrieren weiter nostizierten HIV-Infektionen dieser abzubauen, bedarf es zum einen weite- Menschen wird als wahrscheinliches In- rer migrationsspezifischer Ansätze, fektionsland Deutschland genannt. Als zum anderen aber auch weiterer Bemü- Infektionsweg werden überwiegend he- hungen, die transkulturelle Öffnung der terosexuelle Kontakte angegeben. Ta- vorhandenen Präventionseinrichtungen buisierung von Krankheit verbunden voranzutreiben. mit Diskriminierung der von Krankheit betroffenen Menschen erschwert den Zugang zu Präventionsangeboten. 5.5 Frauen Auch wenn diese Gruppe – in absoluten Zahlen gerechnet – klein ist, ist zur Mi- Nach Schätzungen des RKI haben sich nimierung von Neuinfektionen die Wei- 2011 in Nordrhein-Westfalen etwa terentwicklung kultursensibler Präven- 650 Menschen neu mit dem HI-Virus tionsangebote unter Berücksichtigung infiziert. Diese HIV-Neuinfektionen der Lebenswirklichkeit der Menschen betrafen 540 Männer und 110 Frauen. aus Hochprävalenzländern notwendig. Der Anteil der Frauen an den HIV-Neu- infektionen betrug danach knapp 17 %. In Nordrhein-Westfalen spielen darüber Was die Hauptübertragungswege von hinaus – insbesondere bei Menschen Frauen anbelangt, ist seit Mitte der aus Ost- und Zentraleuropa – zwei In- 90er Jahre zu beobachten, dass sich fektionswege eine zentrale Rolle: Sexu- Frauen zunehmend durch heterosexu- alkontakte zwischen Männern und elle Kontakte infizieren und die Über- intravenöser Drogenkonsum. Die Tabui- tragung durch intravenösen Drogen- sierung gleichgeschlechtlicher sexu- konsum rückläufig ist. eller Kontakte und die Diskriminierung Auch wenn die meisten Frauen kein be- von Drogenkonsumenten in den Her- sonderes HIV-Risiko haben und durch kunftsländern stellt eine besondere die allgemeinen Präventionskampagnen Herausforderung für die Prävention dar. der BZgA und die Informationsange- bote des ÖGD, der AIDS-Hilfen und wei- Da sich die Lebenssituation und räumli- terer freier Träger erreicht werden, so che Verteilung von Menschen mit Mi- gibt es Frauen, die aus unterschiedli- grationshintergrund in städtischen und chen Gründen diese Angebote gar nicht ländlichen Gebieten unterscheidet, sind oder nur unzureichend nutzen können. differenzierte Präventionsansätze und - angebote erforderlich. Spezifische Präventionsmaßnahmen müssen sich deshalb insbesondere an 20
die Frauen und jungen Mädchen rich- Primärprävention. Jugendliche stehen ten, die aufgrund ihrer sozialen, kultu- vor der Herausforderung, zu Beginn rellen oder persönlich schwierigen ihrer partnerschaftlich ausgerichteten Situation oftmals nur eingeschränkt für Sexualität sich sowohl mit Fragen der ihre Gesundheit und ihre Bedürfnisse Verhütung und des Schutzes vor sexuell eintreten können. Auch weil Frauen an- übertragbaren Infektionen als auch mit dere Zugänge zum Gesundheitssystem physischen und psychischen Verände- wahrnehmen und oft anders behandelt rungen auseinanderzusetzen. Die bishe- werden als Männer, muss der Blick für rigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Belange von Frauen und ihrer gesell- personalkommunikative Ansätze in der schaftlichen und gesundheitlichen Sexualaufklärung und Prävention diese Lebenssituation geschärft werden. Lernprozesse besonders fördern und unterstützen. Sie müssen jedoch früh- Auch wenn die Anzahl von Mutter-Kind- zeitig einsetzen, kontinuierlich weiter- Infektionen in Nordrhein-Westfalen geführt werden und sich an dem indi- während der Schwangerschaft oder der viduellen Entwicklungsstand, der sexu- Geburt gering ist, bleibt es ein wichtiges ellen Orientierung und den sozialen, Ziel, diese Zahl weiter zu reduzieren. kulturellen und ethnischen Hintergrün- Das Risiko einer HIV-Infektion des Kin- den der Jugendlichen ausrichten. des kann erheblich gesenkt werden, sofern die HIV-Infektion einer schwan- AIDS-Aufklärung in der Schule ist des- geren Frau rechtzeitig behandelt wird. halb ein wichtiger Bestandteil der HIV/ AIDS-Prävention. Die Bildungs- und Er- Handlungsbedarf besteht zukünftig vor ziehungsarbeit der Schulen wirkt darauf allem darin, die Lebenswirklichkeit und hin, dass irrationale Ängste vor der die Bedürfnisse von Frauen im Rahmen Krankheit und vor Erkrankten abgebaut der HIV/AIDS-Prävention stärker zu be- werden und Infizierte wie Erkrankte vor rücksichtigen. sozialer Ausgrenzung bewahrt bleiben (vgl. BASS 18 – 12 Nr. 4, AIDS-Aufklä- rung an Schulen, RdErl. d. Kultusminis- 5.6 Jugendliche teriums v. 1. 7. 1987). Die HIV/AIDS- Aufklärung und -Prävention ist ein Jugendliche gehören bislang nicht zu Querschnittsthema und verpflichtende den besonders gefährdeten Bevölke- Aufgabe der Bildungs- und Erziehungs- rungsgruppen. Da sie am Anfang ihrer arbeit an Schulen in NRW. sexuellen Aktivität stehen, sind sie je- doch eine wichtige Zielgruppe für die 21
Da andere sexuell übertragbare Infek- 6. Empfehlungen tionen, insbesondere Syphilis, Tripper und Chlamydien, auch Jugendliche be- Übergeordnetes Ziel dieser treffen und sich damit das Risiko einer Empfehlungen ist die „Minimierung“ HIV-Infektion erhöht, müssen die In- von Neuinfektionen. halte der HIV/AIDS-Prävention und Se- xualaufklärung mit den Informationen Die Maßnahmen der HIV/AIDS-Präven- zur Verhinderung der o. g. Infektionen tion in Nordrhein-Westfalen werden seit verknüpft werden. mehr als 20 Jahren von folgendem Grundgedanken geleitet: „Aufklärung, Besonders zu berücksichtigen sind Information und Prävention sind wir- weibliche und männliche Jugendliche, kungsvoller als Zwang und Repression.“ die in schwierigen sozialen Verhältnis- Der bisherige Verlauf der Infektionszah- sen leben, die Drogen konsumieren len in Nordrhein-Westfalen bestätigt die sowie männliche Jugendliche im Wirksamkeit und Richtigkeit dieser „Coming-out“, da in diesen Gruppen Strategie, die auch bei der Entwicklung das Infektionsrisiko erhöht ist. Sie be- künftiger Maßnahmen zu berücksichti- nötigen einen niedrigschwelligen Zu- gen ist. gang zu altersgerechten, geschlechts- spezifischen und kultursensiblen Ange- Folgende Vorgehensweisen bei der boten der Information, Beratung und Weiterentwicklung und Umsetzung von Untersuchung. Präventionskonzepten und -maßnah- men werden empfohlen: Die Angebote der Schule und der au- ßerschulischen Jugendarbeit werden • Zusammenarbeit, Koordination und durch HIV- und STI-Präventionsmaß- Vernetzung als Fundament nahmen der AIDS-, Sexual- und Jugend- Erfolg versprechender Prävention beratungsstellen unterstützt und weiter ausbauen: ergänzt. Notwendig sind kontinuierliche und strukturierte Kooperationen und Die besondere Herausforderung für alle gemeinsame Projekte zwischen AIDS-/ relevanten Akteurinnen und Akteure STI- und Sexualberatungsstellen, (insbesondere Land, Öffentlicher Ge- Jugendhilfe, Suchthilfe, Schulen und sundheitsdienst, freie Träger, Mitarbei- anderen Bildungseinrichtungen in terinnen und Mitarbeiter der Selbsthilfe öffentlicher und freier Trägerschaft. sowie ehrenamtlich Tätige) in Nord- rhein-Westfalen besteht darin, sowohl die Allgemeinbevölkerung als auch be- 22
sonders gefährdete Bevölkerungsgrup- chen Beitrag zur Qualitätsentwicklung. pen gezielt zu erreichen, die zuneh- U.a. bieten die Erfahrungen aus dem mend komplexeren Präventionsbot- Modellprojekt „Partizipative Qualitäts- schaften angemessen zu vermitteln, entwicklung“ des Wissenschaftszen- örtliche, regionale und überregionale trums Berlin (WZB) eine gute Grund- Angebote aufeinander abzustimmen lage für weitere Schritte in diese Rich- und die speziellen Fähigkeiten und Stär- tung (www.qualitaet.aidshilfe.de). ken der verschiedenen Akteurinnen und Akteure sinnvoll einzusetzen. Dieser Um die Einbindung von Freiwilligen auf Prozess erfordert eine enge Zusammen- hohem Niveau zu halten, sollten mehr arbeit, einen kontinuierlichen fachlichen Möglichkeiten des projektbezogenen Austausch und eine verstärkte Koordi- Engagements und der Mitwirkung bei nation und Vernetzung auf allen Ebenen. der fachlichen Weiterentwicklung ge- schaffen, die Qualifizierung intensiviert • Die Qualität von Präventions- und die Zertifizierung der erworbenen maßnahmen kontinuierlich weiter Fähigkeiten verbessert werden. entwickeln: Mit Hilfe von modernen Medien (z.B. Die Qualität der Aufklärung, Beratung Internetplattform) werden die Kommu- und Informationsübermittlung hängt nikation der Akteurinnen und Akteure vor allem von der fachlichen Kompe- untereinander und die Qualitätsent- tenz der Präventionskräfte ab. Dazu wicklung ihrer Angebote (Best-Practice- sind ausreichende Angebote der Quali- Beispiele) zusätzlich gestützt. Auch fizierung und des Erfahrungsaustau- eine Intensivierung der Vernetzung mit sches auf kommunaler, Landes- und anderen Berufsgruppen, die im AIDS- Bundesebene anzubieten und zu nut- Bereich und in angrenzenden Themen- zen. Zur Intensivierung der Institutio- gebieten tätig sind, sichert und verbes- nen übergreifenden Zusammenarbeit sert die Qualität von Maßnahmen. (Präventionskräfte der Kommunen, freier Träger und der Selbsthilfe) sind • HIV-Prävention mit der Prävention sowohl örtliche, regionale als auch anderer sexuell übertragbarer überregionale Arbeitstreffen, Fachta- Infektionen verknüpfen: gungen etc. ein sinnvolles Instrument der Qualitätsentwicklung. Unbehandelte sexuell übertragbare In- fektionen, insbesondere Syphilis, sind Ebenso leistet die Evaluation der Prä- wesentliche Faktoren bei der Übertra- ventionsmaßnahmen einen wesentli- gung von HIV-Infektionen. Deshalb 23
sollte die Prävention anderer sexuell Untersuchung und ggf. Behandlung ein- übertragbarer Infektionen auch in bezogen werden. Präventionskonzepte und -Maßnahmen zu HIV/AIDS einfließen. Entsprechende Die Kosten des HIV-AK-Tests (Antikör- Angebote sollten jedoch, analog zur per-Test), des HIV-AK-Schnelltests und HIV-Prävention, auf die zielgruppenspe- für die Syphilis-Testung in den Gesund- zifischen Risiken und die Erreichbarkeit heitsämtern trägt das Land. (räumlich, sozial, kulturell, sprachlich, individuell) besonders betroffener oder • Die Medikalisierung der Primär- gefährdeter Menschen zugeschnitten prävention als Herausforderung werden. begreifen und kritisch begleiten: • HIV-Testberatung als Präventions- Medikamente, die der Behandlung einer mittel nutzen und weiterentwickeln: HIV-Infektion dienen, werden bereits heute im Bereich der Primärprävention Das Wissen um eine HIV-Infektion kann eingesetzt (HIV-Postexpositionsprophy- Betroffenen helfen, sich und andere laxe (PEP)) bzw. haben primärpräven- gezielt zu schützen. Um die Testbereit- tive Auswirkungen (Senkung der schaft zu erhöhen und den Zugang zu Viruslast durch antiretrovirale Thera- frühzeitiger Behandlung zu ermögli- pien und damit Reduktion des Risikos chen, muss das Angebot der HIV-Tes- der sexuellen Übertragbarkeit von HIV). tung folgende Bedingungen erfüllen: Es ist davon auszugehen, dass auch die > Einbindung in qualifizierte Beratung Präexpositionsprophylaxe (PrEP) – also und ggf. weitere Begleitung die Einnahme von Medikamenten vor > Wahrung von Anonymität und Ver- einem möglichen Infektionsrisiko – an traulichkeit Bedeutung gewinnen wird. Allerdings > niedrigschwelliges und auch be- gibt es diesbezüglich noch zahlreiche stimmte Zielgruppen aufsuchendes offene Fragen: Wird die PrEP das prä- Angebot ventive Verhalten verändern, in wel- > Nutzung der aktuellen, wissenschaft- chem Umfang wird sie genutzt werden, lich überprüften und den Ratsuchen- wer trägt ggf. die Kosten für eine PrEP den angepassten Test- bzw. und welche gesundheitlichen Folgen Untersuchungsverfahren. wird die Nutzung langfristig haben? Ebenfalls ist noch ungeklärt, wie die Be- Je nach individueller Risikoanamnese ratung für potenzielle Nutzer gestaltet sollten andere STIs in die Beratung, werden kann. 24
• Neue Medien und Kommunikations- als zentrale Beratungs-, Diagnostik- und wege intensiver nutzen: Untersuchungseinheiten). Jeder Akteur sollte für seine spezifischen Gegeben- Neue Medien sollten intensiver als heiten die Umsetzung landesweiter In- Raum der HIV/AIDS/STI-Prävention novationen und Möglichkeiten prüfen genutzt werden. Dabei muss darauf und nach Bedarf selbstständig und ei- geachtet werden, dass die Botschaften genverantwortlich umsetzen. über alte und neue Medien hinweg ein- heitlich vermittelt werden. Die Form der • Synergien mit anderen Präventions- Kommunikation muss jedoch dem je- ansätzen nutzen: weiligen Medium angemessen erfolgen. Auf die stärkere Verknüpfung neuer und Sowohl aus fachlichen Erwägungen als alter Medien ist ebenfalls hinzuwirken. auch vor dem Hintergrund begrenzter Die Nutzung interaktiver Anwendungen finanzieller Ressourcen sollten zukünf- im Internet (wie z.B. die Gestaltung in- tig vermehrt Synergien verschiedener dividueller Präventionsmedien auf der Präventionsansätze und -maßnahmen Online-Plattform www.machsmit.de angestrebt werden. Beispielsweise bie- oder die Verwendung von Online-Kalen- tet es sich an, die HIV/AIDS-Prävention dern bei der Terminvergabe für ein per- bei Menschen mit Migrationshinter- sönliches Beratungsgespräch) kann die grund mit migrationsspezifischen Pro- Motivation und Einbindung der Bevölke- jekten zu verknüpfen. Ebenso wirksam rung fördern („Crossmedia“). kann es sein, die HIV-Testberatung mit der Beratung anderer sexuell übertrag- • HIV-Prävention erfordert kreative barer Infektionen zusammenzuführen Antworten und innovative Heran- sowie Aktivitäten der Deutschen AIDS- gehensweisen: Hilfe, der BZgA, des Öffentlichen Ge- sundheitsdienstes, der AIDS-Hilfe NRW HIV ist eine dynamisch verlaufende Epi- usw. konsequenter zu verzahnen. demie, die immer wieder neue Fragen aufwirft und kreative Antworten erfor- dert. Diese Entwicklungen bedürfen 6.1 Schwule Männer und andere einer kontinuierlichen und bedarfsge- Männer, die Sex mit Männern rechten Anpassung, innovativer Kon- haben (MSM) zepte und Ideen wie beispielsweise Einrichtung von überregionalen Kompe- HIV-Neuinfektionen werden vor allem tenzzentren zu sexueller Gesundheit bei Männern beobachtet, die Sex mit (z.B. in Form von Know-how-Pools oder Männern haben. 2011 wurden in Nord- 25
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