DER THEATERFÖRDERVEREIN - Ausgabe: Juli / August 2021 S. 2 Theaterförderverein dankt seinen Sponsoren S. 4 "Älter als Nathan" S. 6 Theater in ...
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DER THEATERFÖRDERVEREIN Ausgabe: Juli / August 2021 S. 2 Theaterförderverein dankt seinen Sponsoren S. 4 „Älter als Nathan“ S. 6 Theater in Zeiten der Pandemie S. 15 Theaterproben sind Knochenarbeit
THEATERFÖRDERVEREIN DANKT SEINEN SPONSOREN BESUCH DER MUSICAL-GENERALPROBE ALS ABSCHLUSS Vereine beleben und bereichern das das Budget des Vereins. Ihnen allen und Beisitzerin Renate Rudert waren gesellschaftliche Leben durch ihre zu danken, das war Anliegen eines als Vertreter des Theaterfördervereins rührigen, aktiven Mitglieder, die vor Treffens, zu dem am letzten Junitag dabei. allem im Ehrenamt tätig sind. Verei- des Jahres ins Parktheater eingela- Auch Generalintendant Roland May ne brauchen aber auch Geld, um den war. Und bei dem es gelang, wie dankte den Sponsoren. Und er gab ihre Zwecke zu erreichen. Das gilt sollte es im Umfeld des Theaters an- einen kleinen Vorgeschmack auf das nicht zuletzt für den Plauener Verein ders sein, mit dem Besuch der Gene- kommende Theaterangebot. Er freue zur Förderung des Vogtlandtheaters, ralprobe des derzeit mit großem Erfolg sich, dass mit „Paganini“ der Thea- in Plauen bestens bekannt als Thea- aufgeführten Musical Rock of Ages terbetrieb wieder begonnen habe terförderverein. Ihm steht seit 2013, das Nützliche mit dem Angenehmen und mit Rock of Ages im Parktheater in der Nachfolge der Löwel-Stiftung, zu verbinden. an die großartigen Traditionen die- die den Verein davor 15 zinsfreudige Gekommen waren unter anderen ser Aufführungsvariante angeknüpft Jahre lang großzügig mit Geld aus- Sylvio Grimm (mit Frau und Sohn Ian) werden könne. Fest eingeplant hat stattete, die vereinseigene Hans und von der Deutsche Vermögensbe- das Plauener Theater auch bereits Edith Löwel-Stiftung – Vogtland-Thea- ratung, Andreas Hostalka als einer den renommierten Theaterball von ter Plauen zur Seite. der Vorstandsvorsitzenden der Volks- Verein und Theater, der bereits am Doch auch weitere Institutionen, Un- bank Vogtland-Saale-Orla oder auch 5. Februar des nächsten Jahres wieder ternehmen, private Spender und Rechtsanwältin Carmen Richter. Ext- mit vielen Gästen rechnen kann. Er sei großzügige Gönner helfen dem Ver- ra aus Berlin angereist war der treue froh, „dass wir endlich wieder Theater ein und seinen Aktivitäten zugunsten Freund des Vereins Dr. Felix Blanken- anbieten und erleben könne“, schloss des Plauener Theaters seit Jahren stein. Die Stiftung des Vereins wurde Roland May, der im Hebst seine letzte uneigennützig mit Geldern und be- vertreten durch ihren Vorsitzenden Spielzeit beginnt, seine kleine Anspra- stücken, in Zeiten von Negativzinsen, Dr. Lutz Behrens. Als Ehrenpräsident che. Als dann die Generalprobe des des Vereins nahm Eberhard Eisel an Rock-Musicals erfolgreich zu Ende ge- der Zusammenkunft teil. Vorsitzender gangen war, rief ein sonst eher küh- Friedrich Reichel, sein Stellvertreter ler Banker, Andreas Hostalka, voller Helko Grimm, Schatzmeister Bodo Begeisterung über das Gehörte und Brand, der das Treffen auch organi- Gesehene aus: „Das ist meine Musik, siert hatte, Schriftführer Matthias Frank und es war großartig!“ L. B. IMPRESSUM Herausgeber: Verein zur Förderung des Vogtlandtheaters Plauen e.V. Friedrich Reichel, Vereinsvorsitzender (V.i.S.d.P.) Redaktion: Dr. Lutz Behrens Georg-Benjamin-Str. 67, 08529 Plauen Tel.: 0 37 41 / 44 05 92 0170 / 4814689 lutz.behrens@primacom.net Auflage: 1.000 Erscheint: aller zwei Monate Layout, Satz und Druck: PCC Printhouse Colour Concept Inh. Helko Grimm, Dorfstr. 6, Eröffneten das Treffen der Sponsoren des Theaterfördervereins im Plauener 08539 Rosenbach/V. OT Fasendorf Parktheater: (rechts) Generalintendant Roland May, daneben Förderver- verantw. Doreen Karl einsvorsitzender Friedrich Reichel. Foto: L. B. 2
INHALT Seite 2 THEATERFÖRDERVEREIN DANKT SEINEN SPONSOREN EDITORIAL Seite 3 EDITORIAL Seite 4 „ÄLTER ALS NATHAN“ Ex-Intendant Dieter Roth wird 80 Jahre alt Seite 5 DAS MOTTO: WIEDERSEHEN Die Spielzeit 2021/22 Liebe Theaterfreund*innen, am Theater Plauen-Zwickau sehr geehrte Damen und Herren, Seite 6-14 THEATER IN ZEITEN DER PANDEMIE endlich! Das Theater spielt wieder regelmäßig – das heißt, die nächsten zwei Mo- nate zunächst den Sommerspielplan und dann wieder den regulären Plan mit Seite 15 Premieren, Wiederaufführungen, Konzerten und all den guten und schönen Din- THEATERPROBEN SIND gen, die solch ein Haus zum Musentempel machen. KNOCHENARBEIT Auch für uns bedeutet das wieder mehr und endlich die Arbeit, nach der Sie sich wahrscheinlich auch sehnen. Am 13.09.2021, einem Montag, werden wir unse- ren ersten Stammtisch wieder haben. Als Thema werden wir uns die Vorhaben des Theaters etwas genauer erklären lassen. Es wird für uns alle ein völlig neues Geschäft sein, denn Ihre Gesprächspartner werden Ihnen auch noch nicht so bekannt sein. Herr Silvio Grimm wird Sie mit mir zusammen durch das Gespräch dieses und in der monatlichen Folge stattfindenden Gespräches führen. Und für den ersten Abend wird uns jemand von der Theaterleitung zu den Vorhaben des Theaters Stellung nehmen. Nochmal den Termin und Ort: Montag, den 13.09.2021, 19.00 Uhr im Theatercafe. Schon jetzt möchte ich Sie auf unsere Jahreshauptversammlung hinweisen. Am Wir gratulieren unserem Vereinsmit- 27.10.2021 werden wir nicht nur Rede und Antwort führen, was im vergangenen glied Steffen Zenner zu seiner Wahl als Jahr passierte oder auch nicht geschah sondern es ist auch ein neuer Vorstand Oberbürgermeister der Stadt Plauen! zu wählen. Auch seine Gattin ist Mitglied im Außerdem wird auch ein Abend „Der Förderverein lädt ein“ im Herbst stattfinden. Theaterförderverein. Zudem danken Diesen Termin und auch weitere Vorhaben werden Sie der nächsten Zeitschrift wir Herrn Zenner für seine Tätigkeit entnehmen können. als Mitglied des Aufsichtsrates der Hans und Edith Löwel-Stiftung – Vogt- Ich wünsche Ihnen jetzt erst einmal einen guten und erholsamen Sommerurlaub. land-Theater Plauen. Mit herzlichen Grüßen TITELFOTO: Unser Titelfoto zeigt Marcel Kaiser als Ihr Drew, ein Toilettenputzer mit musikali- schen Ambitionen, in der Inszenierung Friedrich Reichel von Rock of Age, apostropiert als Musi- Vorsitzender des Theaterfördervereins cal Comedy, was immer das ist. Das Publikum im Plauener Parktheater war begeistert, was willst du mehr. (Foto: © André Leischner) DER THEATERFÖRDERVEREIN 3
Lutz Behrens „ÄLTER ALS NATHAN“ EX-INTENDANT DIETER ROTH FEIERT 80. GEBURTSTAG Am 7. Juli feierte Dieter Roth, in Plau- Lebensbekenntnisse len sei auch Simons Buch „Fernes en als „Mann mit dem Hut“ und eines Provinzkünstlers Land“, in dem er nicht nur die Arbeit Träger der Stadtplakette bekannt, an seinem Humboldt-Film beschreibt, seinen 80. Geburtstag. Wir gratulieren Seine „Lebensbekenntnisse eines sondern auch die oftmals hindernis- dem Ex-Intendanten des Plauener Provinzkünstlers“ mit dem Titel „Eine reiche Entstehungsgeschichte seiner Theaters sehr herzlich! Wir wünschen virtuose Lüge“ nennt er selbst „eine Filme. ihm vor allem Gesundheit. ART-Autobiographie“. Im Geleitwort Simon beschreibt den Studenten Zum Gespräch getroffen haben zu Roths Autobiografie erinnert sich Dieter Roth an der Babelsberger wir ihn im Krankenhaus in Plauen. Er ein anderer Großer des Films, der Re- Filmhochschule als extrovertiert und musste sich einer Operation unter- gisseur Rainer Simon, wie Roth 1941 spontan. Roth habe Ulbricht laut- ziehen. Als wir ihn vor zehn Jahren in geboren, an gemeinsame Studien- stark imitiert und dies sogar vom Bal- der Zeitung des Theaterfördervereins zeiten mit Dieter Roth. Simon steht für kon aus. In bestimmten Fächern sei anlässlich seines 70. würdigten, ver- Filme wie: „Wie heiratet man einen er „mit gewagten Wortmeldungen wiesen wir auf seine Autobiografie, König“, „Till Eulenspiegel“, „Jadup aufgefallen“ für die manch anderer die wir auch heute allen denjenigen, und Boel“, „Die Frau und der Frem- exmatrikuliert worden wäre, die ihm die sie noch nicht kennen, ans Herz de“ oder auch „Die Besteigung des aber verziehen worden seien. legen. Chimborazo“. Zur Lektüre empfoh- Schönste Hoffnungen „Ein Glückskind“ sei Roth gewesen, resümiert Simon. Doch dies war nicht von Dauer. Roth, der mit seinem Mitstudenten Egon Schlegel das Film- projekt „Ritter des Regens“ als abend- füllenden Spielfilm plante und das DEFA-Spielfilmstudio als Mitproduzent gewinnen konnte, schien zu schöns- ten Hoffnungen zu berechtigen. Kri- tisch sollte der Filmerstling werden, im besten Sinne Partei ergreifend. Dann fuhr das 11. Plenum des ZK der SED wie ein eisiger Sturm in die Aufbruchs- stimmung. Ihm fielen nicht nur Filme wie „Das Kaninchen bin ich“ oder Romane wie Werner Bräunigs „Rum- melplatz“ zum Opfer. Auch der „Rit- ter des Regens“ verschwand in der Versenkung, um erst nach der Wen- de wieder aufzutauchen. Rainer Simon: „Die Filmkarriere von Dieter brach ab, ehe sie beginnen konnte“. Dieter Roth, Ex-Intendant des Thea- ters in Plauen, feiert am 7. Juli seinen 80. Geburtstag. Foto: L. B. 4
DAS MOTTO: WIEDERSEHEN Theater für das Publikum DIE SPIELZEIT 2021/22 AM THEATER PLAUEN-ZWICKAU Wir alle erlebten Dieter Roth als Am 16. Juni stellte Generalintendant Schul- und Kirchenkonzerte werden Nachfolgeintendant von Peter Ra- Roland May zusammen mit seinen das Konzertprogramm dieser Spielzeit destock Anfang der Neunzigerjah- Spartenleiterinnen und -leitern die abrunden. re am Vogtland Theater in Plauen. kommende Spielzeit 2021/22 am The- Das Tanzstück Marie! Romy! Petra! Einen Mann voller Ideen und Ein- ater Plauen-Zwickau vor. Die Spielzeit widmet sich den titelgebenden Per- fühlungsvermögen, der das Haus 2021/22 steht unter dem Motto Wie- sönlichkeiten: Marie Curie, Romy gemeinsam mit seinen Mitstreitern, dersehen. Dieses Motto hat viele Be- Schneider und Petra Kelly und wird von denen auf alle Fälle Renate deutungen: Zunächst einmal freut sich im Januar im Vogtlandtheater zu er- Wünsche und Christian Pöllmann das Theater nach vielen Monaten mit leben sein. Nach der Uraufführung in genannt sein müssen, erfolgreich leeren Sitzreihen besonders auf das Zwickau wird Die Möwe Jonathan ab aus tiefer Krise führte und zehn Wiedersehen mit seinem Publikum und April auch auf der Kleinen Bühne in Jahre lang leitete. Sein Credo: auch für das Publikum wird es ein Wie- Plauen zu sehen sein. „Theater ist nur für das Publikum dersehen geben. Und dann heißt es Im Schauspiel geht es im September wirklich existenzberechtigt“ ist von in der kommenden Saison auch „Auf mit Kleists Lustspiel Der zerbrochne bleibender Bedeutung. Beach- Wiedersehen“. Die Intendanz von Ro- Krug auf der Kleinen Bühne in Plauen tenswert auch seine nicht minder land May endet nach 13 Jahren mit los. Rund um den Themenkomplex gültige Mahnung, dass „ein Ge- dieser Spielzeit, die das Plauener Publi- des NSU wird das Theater gemein- meinwesen, eine Stadt, eine zen- kum zuvor aber noch mit einigen High- sam mit seinen Kooperationspart- tral bedeutsame Kommune ohne lights erfreuen wird. nern im Zeitraum vom 21. Oktober bis Theater armselig sein wird“. Musiktheaterfreunde in Plauen erwar- 7. November eine Vielzahl an Veran- Gern erinnern wir uns in Plauen an tet derweil ein unterhaltsamer Abend staltungen in Zwickau wie auch Plau- Inszenierungen Dieter Roths. An mit drei Operetteneinaktern von Jac- en präsentieren. Im Vogtlandtheater unter anderen „Irma la Douce“, ques Offenbach und Richard Genée folgt die Premiere der Shakespeare „Die Physiker“, „Nathan der Wei- unter dem Titel Der Musikfeind. Zu Komödie Maß für Maß. Mit Wer hat se“, „Der kleine Prinz“, „Szenen Weihnachten können die jüngsten Zu- Angst vor Virginia Woolf? kommt der einer Ehe“, „Stella“ oder auch die schauer*innen in Plauen die Nachtigall Schauspielklassiker von Edward Albee spektakulären „Titanic“-Aufführun- Tausendtriller kennenlernen und Ein- auf die Kleine Bühne nach Plauen, wo gen. Als Gast in Plauen führte er blicke in die Märchenwelt Armeniens dann ab Januar das Jugendstück Auf Regie bei „Anatevka“, „Ich, Feuer- erhaschen. Im Januar wird, ebenfalls Eis zum brisanten Thema Crystal Meth bach“ oder auch „Unter der Trep- in Plauen, die Händel-Oper Tamerlano zu sehen sein wird. Im März wird das pe“. nun als ein Abend - und nicht mehr in Schauspiel einen ganz besonderen Heute sieht Dieter Roth die Zukunft zwei Teilen - zur Aufführung kommen. musikalischen Abend präsentieren. des Stadttheaters vor allem darin, Auf der Kleinen Bühne werden un- Unter dem Arbeitstitel Wir sind Rio wer- sich der Wurzeln dieser Institution ter dem Titel Radames / Harakiri zwei den Lieder von Rio Reiser und Ton Stei- mit jahrhundertealten Traditionen Kammeropern von Peter Eötvös zur ne Scherben im Vogtlandtheater zu zu besinnen und diese zu pfle- Aufführung gebracht werden, bevor hören sein. Auf der Kleinen Bühne wird gen. Texttreue, weniger techni- Richard Wagners Romantische Oper man sich mit einem Gegenwartsstück sche Spielereien, Bewahrung der Lohengrin den krönenden Abschluss in einer Uraufführung einem aktuellen humanistischen Substanz – das ist im Vogtlandtheater bildet. Donizettis Thema widmen. für Roth eine Garantie, das The- Komische Oper Der Liebestrank (L‘eli- Auch werfen die Feierlichkeiten zum ater, an dem sein Herz hängt, in sir d‘amore) wird 2022 im Parktheater 900. Geburtstag der Stadt Plauen ihre der Zukunft zu bewahren. Das al- Plauen als Open-Air zu erleben sein. Schatten voraus. An diesem Jubiläum les werde Kraft kosten, deren Er- Alle Konzertliebhaber können sich wird sich auch das Theater mit zahl- gebnis aber die Mühe lohne. Und schon jetzt auf eine Reihe vielver- reichen Veranstaltungen gebührend gleichsam entschuldigend wegen sprechender Sinfoniekonzerte freuen. beteiligen. seiner guten Ratschläge führt er Zu hören sein werden unter anderen Im Mai wird das Theater Plau- an, er können sich solcherart Atti- Kompositionen von Joseph Haydn, en-Zwickau außerdem das Sächsische tüde durchaus leisten, sei er doch Igor Stravinsky, Franz Schubert und Jo- Theatertreffen 2022 ausrichten. Eine „inzwischen älter als Nathan.“ hannes Brahms. Die beliebte Compo- Woche lang gastieren Produktionen Gratulation Dieter Roth! Vor allem ser‘s Night widmet sich in dieser Spiel- aller Schauspielhäuser des Freistaats in Gesundheit und Lebensmut wün- zeit dem tschechischen Komponisten beiden Städten und bieten dem Pub- schen wir von Herzen. Antonín Dvořák. Sonder-, Familien-, likum ausgewählte Stücke. DER THEATERFÖRDERVEREIN 5
THEATER IN ZEITEN DER PANDEMIE Wir alle haben seit Frühjahr 2020, der Wir, die Besucherinnen und Besu- Damen und Herren des Plauener Theaterball von Theater und unse- cher, sind da ganz anderer Meinung, Theaters. Wir haben einige von ihnen rem Verein ging gerade noch erfolg- uns fehlte Existentielles. Das ist die befragt, wie sie die Zeit der Theater- reich über die Bühne, eine kulturlose, eine Seite, die wir in der Ausgabe 5/6 schließung erlebt haben und wie es schreckliche Zeit erlebt. Irgendwel- 2021, Seite 8 bis 9, auch von einigen künftig im Theater weitergehen wird? che banausischen Zyniker haben Mitgliedern unseres Vereins haben Lesen Sie bitte die hochinteressan- schon formuliert: Es geht ja auch diskutieren lassen. ten, spannenden und aufschlussrei- ohne, was soll das Gedöns? Auf der anderen Seite stehen die chen Antworten. L. B. Was sagt Generalintendant Roland May auf unsere Umfrage? Wie haben Sie die Zeit der Theater- für unsere Schritte gab. Durch das schließung erlebt? Internet gibt es nun sehr umfangrei- Zu tun gab es mehr als genug. Neu che Möglichkeiten zu virtuellen Zu- erstellte Pläne mussten immer wieder sammenkünften, die einerseits Wege aktualisiert und verändert werden. und Transporte sparen, andererseits in Das Krisenteam, das sich bildete, der Anzahl jedoch zunehmen, da sie beschäftigte sich permanent mit schnell zu realisieren sind. Hier lauern Hygieneanforderungen, Schutzbe- natürlich auch gleich wieder Gefah- dürfnissen der Belegschaft und Mög- ren, da die nichtverbale Kommunika- lichkeiten künstlerischer Arbeit unter tion verkümmert, die ja im Leben und Pandemiebedingungen. Sehr schnell auf der Bühne einen großen Stellen- kam die Frage der Kurzarbeit auf, die wert einnimmt. dung zur Jugend wird ganz wichtig. sehr diffizil und zeitraubend ist. On- Hier sind irreparable psychische Be- line-Angebote wurden realisiert und Wie wird es Ihrer Meinung nach im schädigungen zu konstatieren. Wir Inszenierungen mit Vorsicht geprobt. Theater weitergehen? wollen und müssen sehen, was wir hier Ich selbst habe über die Monate zwei Theater ist eine analoge Kunst und an Reflektion, Erkenntnis, Geborgen- künstlerische Arbeiten im Musikthea- das wird sie auch bleiben. Trotzdem heit und Spaß beisteuern können, um ter und im Schauspiel realisiert. Schon werden die digitalen Er- Wunden zu heilen. die Zusammenkünfte zum Probieren fahrungen auch weiter- Die Gesellschaft ist waren Inseln der Kommunikation, des hin wichtige Bausteine erschöpft und ge- Kontaktes, der bei aller Vorsicht einen unserer Arbeit bleiben. reizt, die Politik ist es Eigenwert für uns soziale Wesen ent- Die Kunst ist in der Zeit der auch. Die Fragen faltete. Pandemie von Seiten der des Zusammenhalts Zwischen Vorsicht und Unverständnis Politik schlecht behan- des Gemeinwesens schwankten die Gefühle. Ich woll- delt worden. Zu sehr wur- beschäftigen uns te verstehen, was hier vor sich geht den künstlerische Fragen alle. Das Theater und habe alles Mögliche gelesen. an den Rand gedrängt und die Konzertsä- Vieles bleibt nach wie vor mit Frage- oder völlig vergessen. le sind auch sozi- zeichen versehen und wird sich erst in Zeitweise hatte man ale Orte. Als diese kommender Zeit mit etwas Abstand den Eindruck, es ginge werden sie in naher entschlüsseln lassen. Ich bin sehr ge- nur um Baumärkte, Fuß- Zukunft wichtiger spannt, welchen künstlerischen Mehr- ball und Frisuren. Hier Foto © André Leischner denn je. wert die gemeinsamen Erfahrungen braucht es eine Selbst- hervorbringen werden. verständigung, was zukünftig wirklich Zurück zum Betrieb: Wir haben die wichtig ist und welche Erneuerungen Belegschaft im Verbund mit dem Be- nötig sind. Im nationalen Kontext war SELBSTERKENNTNIS triebsrat regelmäßig und umfassend vieles in den letzten Jahren zu belie- informiert über die Entscheidungen big, zu viel Selbstbeschäftigung. Die „Sprich, wovon du willst, du der Leitung und waren sehr froh, dass wichtigen Fragen der Existenz müssen wirst immer von dir reden.“ es viel Verständnis und Nachvollzug wieder auf die Bühne. Die Hinwen- 6
Die Antworten der Tänzerin Christina Schulz auf unsere Umfrage: Wie haben Sie die Zeit der Theater- schenzeitlich ging uns allen mal die zusammengeschweißt. Ich bin Annett schließung erlebt? Puste aus, und die Motivation lag im Göhre sehr dankbar für ihre positive Es war schrecklich. Dazu muss ich kurz Keller. Wir haben es aber immer wie- Energie in dieser schwierigen Zeit und sagen, dass diese Spielzeit meine al- der geschafft, uns gegenseitig zu dafür, dass sie immer neue Ideen hat lererste ist. Ich kam im motivieren und wei- mit uns zu arbeiten, egal wie schwierig September 2020 hier an terzumachen. Darauf die momentane Situation auch sein und habe quasi nichts bin ich sehr stolz, dass mag. anderes erlebt, als eine wir als Company zu- Corona-Spielzeit. Wenn sammengehalten ha- Wie wird es Ihrer Meinung nach im man es überhaupt ben und es weiterhin Theater weitergehen? Spielzeit nennen kann. tun! Mit Annett Göh- Das weiß keiner so ganz genau. Eins Es war anfangs noch re, unserer Chefcho- ist aber klar, es wird Veränderungen möglich zu spielen reographin haben wir geben. (unter Corona-Bedin- Online Projekte (teil- Ich denke wir haben alle aus dieser gungen), aber ab No- weise über Zoom im Pandemie gelernt und wissen jetzt erst vember lief dann nichts Homeoffice), wie zum wirklich ‚reales Publikum‘ so richtig zu mehr. Beispiel unser neustes schätzen. Peu à peu hat man uns Video ‚remIXed - Vari- Jetzt steht bei uns erstmal die Musical immer neue Daten für ationen über Beetho- Produktion ‚Rock of Ages‘ an, die am unsere Premiere genannt. Nichts da- vens 9. Sinfonie‘ gehabt. Dann gab es 1. Juli 2021 um 20 Uhr im Parktheater in von wurde in die Tat umgesetzt. eine ziemlich große und aufwendige Plauen Premiere gefeiert hat. Soweit Das tat schon sehr weh zu sehen, wie Produktion ‚Die Geschichte des Sol- ich weiß sind bis zu 650 Personen im alle Kollegen und Kolleginnen darun- daten‘, die im September als Video Publikum erlaubt. Der absolute Wahn- ter leiden. Täglich zu Proben und sich herauskommen wird. Mit diesen Pro- sinn! Wir können es alle kaum erwar- neu zu motivieren ist hart, wenn man duktionen haben wir uns in den letz- ten, die Energie von den Zuschauern nicht weiß, wann man seine Kunst ten Monaten fit gehalten und auch zu spüren und am Ende echten Ap- vor Publikum präsentieren kann. Zwi- als Company hat uns diese Zeit sehr plaus zu hören! DER THEATERFÖRDERVEREIN 7
Hier die Antwort von Nicolaus Köhler, Solocellist und ehemaliger langjähriger Betriebsratsvorsitzender, auf un Wie haben Sie die Zeit der Theater- gebirgsvorland und im Vogtland se- eine „Sommergala“ im Parktheater. schließung erlebt? henswert nennt. Die irgendwann mal Das Gefühl, nach vier Monaten wieder Als ich im Februar 2020 mit Kopfhörern gültige 17 Kilometer-Grenze habe ich vor Publikum spielen zu können, war am Strand von Usedom wanderte und dabei oft ignoriert und mich innerlich unbeschreiblich. Auch die Musikschü- mich bei herrlichem Wetter zu erholen für einen verbalen Schlagabtausch ler konnten Einzelunterricht wieder in und gleichzeitig auf die anstehende mit den Beamten gerüstet – er ist aber Präsenz bekommen und meine Frauen Matthäus-Passion im Zwickauer Dom Gott sei Dank ausgeblieben. Unsere zu Hause waren der Meinung, dass es vorzubereiten, war die Welt noch in Tochter (damals zwölf) hat das alles doch am besten wäre, gleich noch- Ordnung. Abends mit Freunden beim wacker mitgemacht und weder ge- mal dasselbe Ferienhaus in der Bre- Rotwein sahen wir in den Nachrichten mault noch geblockt – das habe ich tagne zu buchen wie 2019 und so ist die Meldungen aus China und irgend- sehr genossen. Wir hatten schöne Er- es dann auch geschehen. Der Urlaub wie hatten wir das Gefühl, das ist weit lebnisse und wollten eigentlich ein Co- war entspannt und harmonisch, außer weg ... Auf den Tag genau 4 Wochen rona-Ausflugs-Fotobuch gestalten, ha- der Maske beim Einkaufen und in den später spielten wir die zweite Compo- ben es aber dann gelassen, weil ja kein engen historischen Innenstädten auch sers Night „Maurice Ravel“ in Plauen Endpunkt in Sicht war. Endlich – man Outdoor (!) erinnerte nichts an die Pan- und der Saal war nur noch halb voll – muss es fast so sagen – erwachten wir demie. am nächsten Tag war das Theater zu. alle aus der Betäubung: es gab die Meine Mutter war unterdessen mehr- Dass sich überall das gleiche Bild bot, ersten Ideen, unser Publikum über die fach gestürzt, zweimal zur Beobach- war überhaupt nicht beruhigend, son- Social-Media-Kanäle zu erreichen. Ich tung im Krankenhaus und wurde dern machte schon ganz am Anfang zähle das jetzt nicht alles auf, aber die – dann bettlägerig – vollends zum Pfle- das Ausmaß dessen deutlich, was da Osternacht mit dem Messias, quasi als gefall. Unsere Sorge, wie lange wohl auf uns zukam. Puzzle aufgenommen und zusammen- die Pflegeleistungen im betreuten Ich hatte gerade meine Eltern ins be- gesetzt, muss schon genannt werden. Wohnen noch ausreichend sein wür- treute Wohnen umgesiedelt, zwei Der Unterricht an den Musikschulen den, wuchs täglich. hübsche kleine Wohnungen mit al- war ja auch völlig zum Erliegen gekom- Die neue Spielzeit hatte begon- lem Komfort im Südwesten von Leip- men. Es gab dann die ersten Versuche nen und wir starteten mit den ersten zig. Nichts war wirklich fertig und die mit Online – Unterricht und erfreulicher- beiden Sinfoniekonzerten: kleine Beset- ersten Kontaktbeschränkungen – be- weise haben sich fast alle Schüler da- zungen auf der Bühne und kleine Be- sonders im Bereich der Pflegeeinrich- rauf eingelassen, auch mit der Harfe! setzungen in den Sälen. Jedes Konzert tungen – griffen Raum, die Möbelhäu- Völlig neue Probleme tauchten auf: wurde in jeder Stadt zweimal gespielt, ser kündigten baldige Schließungen meine Frau und ich haben oft gleich- um allen Abonnenten und Interessen- an. So bin ich also täglich nach Leipzig zeitig unterrichtet, der WLAN-Router ten einen Platz anbieten zu können. gefahren und habe gemeinsam mit musste gegen einen leistungsstärkeren Bei aller Freude – in Serie hätte dieses meiner Schwester (sie ist Sängerin im getauscht und die Raum aufteilung Modell für mich nicht gehen dürfen, MDR-Rundfunkchor) geschraubt, ge- trotz großer Wohnung abgestimmt es war ungemein anstrengend und ir- rückt und geräumt – wir hatten ja be- werden – schließlich musste die Toch- gendwo trotzdem nicht befriedigend. ruflich quasi das gleiche Schicksal und ter ihre Schulaufgaben auch am PC lö- Unsere neue Serie „Giro di Beethoven“ somit zunächst erst mal Zeit. Dann, als sen. Ich bin oft und gerne in den Super- mit ausgewählten kammermusikali- die Heime wirklich für den Besucher- markt gefahren – es war irgendwie ein schen Werken des Jubilars fand großen verkehr gesperrt wurden, haben wir Rest Zivilisation für mich und manchmal Anklang – dazu haben auch ausge- die Zeit für unsere „Alten“ mit Spazier- hat man sogar jemanden getroffen ... wählte, besondere Veranstaltungsorte gängen und kleinen Ausfahrten über- Nicht ohne Stolz und Dankbarkeit muss beigetragen, wie das Horchmuseum brückt: wir fuhren mit zwei Autos, jeder ich sagen – es gab kein böses Wort in Zwickau und der Pavillon an der Els- durfte ja nur eine Kontaktperson ha- dieser finsteren Zeit, ich hatte viel mehr teraue in Plauen. Gemeinsam mit dem ben. Es gab Spaziergänge im wunder- Zeit für mein Kind und meine Frau als Generalmusikdirektor, dem Musikdra- schönen Leipziger Palmengarten mit vor der Pandemie und wir sind als Fa- maturgen André Meyer und weiteren 200 Metern Abstand. Dann haben wir milie daran gewachsen. Der Sommer kammermusikbegeisterten Kollegen getauscht. Jeder sollte mit jedem Kind kündigte sich an, die allgemeine Coro- aus dem Orchester war ich selbst an mal reden können. Meine Mutter war na-Lage entspannte sich und wir plan- der Programmzusammenstellung be- damals schon stark dement – ihr konn- ten am Theater Open-Air Veranstal- teiligt und dann natürlich auch an den ten wir die Situation gar nicht mehr ver- tungen. In Zwickau wurde aus einem Aufführungen. Beglückend für mich mitteln. angedachten Auto-Kino-Konzert dann persönlich die Zusammenarbeit mit Auch mit meiner Familie bin ich viel doch die Miniaturausgabe von „Clas- zwei wunderbaren Geigern, die beide ins Freie gezogen: wir haben so ziem- sics unter Sternen“ auf der Schwanen- erst seit relativ kurzer Zeit bei uns musi- lich alles erwandert, was man im Erz- teichbühne und in Plauen spielten wir zieren – Filip Jeska und Ludek Ruzicka. 8
nsere Umfrage: Ein Höhepunkt für mich war die Auffüh- allen gutgetan, und es bleibt unbe- rung von Mahlers „Lied von der Erde“ dingt zu hoffen, dass es im Herbst end- in der kammermusikalischen Fassung, lich seine Pforten für unser Publikum und der absolute Tiefpunkt kam dann öffnen kann. Ich habe in dieser Zeit zwei Tage nach der letzten Aufführung einmal mehr begriffen, wie angreifbar eben dieses Werkes durch den plötz- unsere Zivilisation ist. Eigentlich ist nichts lichen und unerwarteten Tod unserer wirklich selbstverständlich, auch die Solobratscherin Barbara Drechsel, mit Freiheit, unser höchstes Gut, verlangt der ich seit Beginn meines Studiums vor Opfer. Ich habe gespürt, wie gut es tut, 45 Jahren freundschaftlich verbunden etwas zu geben, Dankbarkeit zu emp- Standorten schon während der Pan- war. Den ersten Teil der Händel-Oper fangen und auch mal mit einfachen demie erste Versuche gegeben, an „Tamerlano“ haben wir noch fertig Dingen glücklich zu sein. der Stellschraube der Finanzierung zu produziert und zur Premiere gebracht, drehen: unter anderem in Görlitz mit ei- das Weihnachtsmärchen und der ge- Wie wird es Ihrer Meinung nach im The- nem Konzept zur Neustrukturierung des plante Opern-Dreiakter wurden noch ater weitergehen? Theaters und auch in Plauen, mit der geprobt – gelangten aber nicht mehr Hier will ich damit beginnen, der jetzi- Absicht (wieder einmal) aus dem Kul- zur Aufführung. gen Geschäftsführung und künstleri- turraum austreten zu wollen. Das bei- Der Zustand meiner Mutter war inzwi- schen Leitung des Theaters für ihr weit- de Initiativen vorerst gescheitert sind, schen besorgniserregend – ein Inten- sichtiges und verlässliches Handeln werte ich nicht als Stabilisierung der siv-Pflegeplatz wurde durch meine während der Pandemie zu danken – Situation. Konkret erwarte ich, dass der Schwester organisiert und 2 Tage nach das schließt natürlich auch die künstle- Kulturpakt des Freistaates verlängert, meinem 60. Geburtstag haben wir sie ins rischen Vorstände mit ein. Es gab und entfristet und deutlich aufgestockt wird Pflegeheim umgesiedelt. Die strengen gibt immer wieder gute Ideen und Ini- – eigentlich hat das Ministerpräsident Besucherregeln ließen maximal einen tiativen, unser Theater trotz Einschrän- Kretzschmer vor der letzten Landtags- Besucher pro Woche zu – Weihnach- kungen zu präsentieren, das Publikum wahl in Aussicht gestellt. Dazu gehört ten hat sie uns schon fast nicht mehr er- zu ermutigen und auch uns Künstler speziell für das Theater Plauen-Zwickau kannt und 4 Wochen später ist sie, we- nicht in Lethargie versinken zu lassen. endlich ein dauerhaftes Bekenntnis zur nige Wochen vor ihrem 88 Geburtstag, Wahrlich keine leichte Aufgabe! Ich Fusion – das kann nicht erreicht wer- gestorben. Damit wir wenigstens mit kann hier beim besten Willen nicht vo- den, wenn alle vier Jahre eine neue meinem Vater und meiner Schwester raussagen, wie es weitergehen wird Debatte darüber ausgefochten wird, in Leipzig ein stilles Weihnachten feiern – ich kann hier nur schreiben wie es ob und wie man den Grundlagenver- konnten, sind wir alle am Heiligabend meiner Meinung nach weitergehen trag überhaupt verlängern sollte. Er zum Test gegangen ... sollte. Auf jeden Fall unterstreiche ich gehört endlich entfristet – es gibt kein Es war wieder Februar… meine Erzäh- die Forderung nach einem Konjunk- weiteres Beispiel für eine Fusion auf Ra- lung hat genau vor einem Jahr begon- turprogramm für die Kultur allgemein, ten! Ich bin kein Politiker, aber ich bin nen und hier sollte sie eigentlich auch da sind ja dann die Theater und Or- als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender enden, denn leider empfing uns chester integriert. Der Föderalismus hat über Jahrzehnte in solche Entscheidun- auch die Ostseeinsel Usedom in die- während der Pandemie unübersehbar gen mit eingebunden gewesen und sem Jahr nicht – das erste Mal seit Schwächen gezeigt – ich hielte es für ich weiß, dass es politisch helfen wird, Jahrzehnten, dass wir unseren Winter- fatal, wenn jetzt jedes einzelne Bundes- wenn man den Pflock mal richtig ein- urlaub nicht dort verbringen konnten. land im Angesicht der pandemischen schlägt und sagt: Das Theater ist unse- Aufführungen konnten bis zum heu- Spätfolgen mit seiner Theater- und Or- re gemeinsame Pflichtaufgabe! Sicher tigen Tag nicht stattfinden. Zwei Er- chesterlandschaft autark und nach wird es dann auch Finanzierungsab- eignisse aber, die auch bei mir das Kassenlage umgehen kann – etwa so schnitte geben, die in den städtischen Stimmungsbarometer wieder Richtung individuell, wie wir es bei den Corona- Haushalten verankert sind – keine Fra- „schön“ haben ausschlagen lassen, Verordnungen erleben mussten. Hier ge. Aber die finanzielle Ausstattung möchte ich doch noch erwähnen: sehe ich (eigentlich schon immer) den lässt sich vernünftiger und sachbezo- zum einen die sehr gelungene Video- Bund mehr und mehr in der Pflicht, ei- gener verhandeln, wenn nicht jedes Produktion des zweiten Klavierkonzer- nen verlässlichen prozentualen Anteil Mal die Existenz des gesamten Betrie- tes von Johannes Brahms und zum an- zu jedem Kulturinstitut beizusteuern. Ich bes zur Debatte stehen kann. deren die „Besitzergreifung“ des fertig halte hinsichtlich der Kulturhoheit der Schlussendlich aber wünsche ich Herrn renovierten Gewandhauses Zwickau – Länder einen Paradigmenwechsel für Löschner, der sich ja langsam bei uns zumindest durch die Künstler und tech- überfällig. Es geht um einen gesamt- einarbeitet, eine glückliche Hand für nischen Mitarbeiter bei einer Proben- deutschen Kulturschatz, den es zu er- unser Haus und verlässliche Partner in- woche für Don Giovanni. Das hat uns halten gilt. Leider hat es an einzelnen nerhalb und außerhalb des Theaters. DER THEATERFÖRDERVEREIN 9
Hier die Antworten der Geschäftsführerin der Theater Plauen-Zwickau gGmbH, Sandra Kaiser, auf unsere Umfrage: Wie haben Sie die Zeit der Theater- serem Betriebsrat, eine Vereinbarung schließung erlebt? zur Einführung von Kurzarbeit für alle Seit Beginn der Pandemie hatte ich Theaterbeschäftigten abschließen persönlich einen sehr intensiven Ar- und somit frühzeitig die Weichen für beitsalltag. Nach Bekanntwerden die finanzielle Absicherung des Thea- der ersten Infektionen in Deutschland ters stellen. habe ich immer noch gehofft, dass Im Mai 2020 kam dann die erlösende dieses Virus in den Griff zu bekom- Nachricht, dass die Theater wieder men ist. Erst als auch Fälle in unserer spielen dürfen, für die Aufnahme des Foto © André Leischner Region bekannt wurden und der erste Spielbetriebs in den Häusern zu kurzfris- Lockdown „drohte“, schien das Gan- tig, für eine Open-Air-Bespielung gera- zahlreichen Gremien und Verbänden ze irgendwie real zu werden. Ich weiß de rechtzeitig. Nach den bereits unter wurden Vorschläge erarbeitet, die lei- noch genau, wie wir gebangt haben, Corona-Bedingungen produzierten der keinen Eingang in die Allgemein- wann uns wohl die Schließung treffen und gespielten Open-Air-Vorstellun- verfügungen fanden. Wir waren mit wird. Die beiden Sinfoniekonzerte am gen im Sommer waren wir hoffnungs- umfassenden Hygienekonzepten und 12. März 2020 in Zwickau und am 13. voll für die neue Spielzeit 2020/2021. modernen Lüftungsanlagen gerüstet! März 2020 in Plauen sowie die Ballett- Bereits frühzeitig stand fest, dass diese Die Situation für die viele freischaffen- premiere Glashäuser vom israelischen Spielzeit, zumindest im ersten Teil, noch de Künstler*innen war und ist immer Gastchoreografen Oded Ronen am von Einschränkungen (AHAL-Regeln) noch verheerend. Und dabei stelle ich 13. März 2020 in Zwickau konnten betroffen sein wird. Inszenierungen mir die Frage, welchen Stellenwert ha- noch stattfinden, dann fiel der Vor- wurden „coronatauglich“ produziert. ben eigentlich Theater und Orchester hang und keiner von uns ahnte zu die- Platzkapazitäten wurden beschränkt, in unserem Land? sem Zeitpunkt, wie lange das Virus un- damit man den Mindestabstand von Die Sehnsucht nach Normalität ist bei seren Alltag und unser Wirken auf und 1,50 Meter einhalten konnte. Die Vor- allen sehr groß. Unsere erste Premiere hinter der Bühne einschränken würde. stellungen fanden ohne Pause statt am 11. Juni 2021, nach fast 7 Mona- Wir gründeten einen Krisenstab aus und das Besuchercatering blieb ge- ten Abstinenz, war für mich ein erster den Mitgliedern der Leitungsebene schlossen. Wir waren alle glücklich, Lichtblick. Wir hatten ein großartiges und unserem Sicherheitsbeauftrag- dass wir die Bühnen auch unter diesen Publikum und es war eine große Freu- ten, um stets zeitnah auf die aktuellen widrigen Umständen bespielen und de, unsere Künstler*innen wieder live Bestimmungen der Politik reagieren unser Publikum wieder begrüßen durf- auf der Bühne zu sehen. zu können. Sehr unbefriedigend war, ten. Wer konnte denn ahnen, dass der dass wir weder mittel- noch langfristig zweite „Lockdown“ im Herbst noch Wie wird es Ihrer Meinung nach im planen konnten. Die Allgemeinver- viel härter und länger ausfallen wür- Theater weitergehen? fügungen wurden stets kurzfristig be- de als bereits erlebt? Erneut mussten Die Digitalisierung hat uns während kannt gegeben, so dass wir nur darauf wir den Spielbetrieb am 2. November der Schließung unserer Häuser und reagieren konnten. Wir haben es trotz 2020 komplett einstellen, die Häuser der Kontaktbeschränkungen zahl- allem in dieser Zeit geschafft, wichti- schließen und hofften, dass zumindest reiche Möglichkeiten offeriert. Unser ge Entscheidungen zum gesundheitli- das Weihnachtsprogramm stattfinden Ballettsparte hat bereits während des chen Wohl aller Beschäftigten zu tref- könne. Leider entwickelte sich die ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 fen und können behaupten, dass wir Pandemie so dramatisch, dass wir bis „online“ trainiert und geprobt. Mittels bis heute dem Virus innerbetrieblich zum Sommer 2021 nicht mehr in den Zoom-Konferenzen hat Ballettdirek- Paroli geboten haben. Wesentlicher Häusern spielen konnten. Während torin Annett Göhre mit ihrem Ensem- Erfolgsfaktor war das gemeinschaft- dieser langen Schließung waren wir ble Choreografien einstudiert, um liche Wirken. Ein großes Dankeschön stets bemüht, den Kontakt zu unse- bei der ersehnten Öffnung des Thea- an alle Beteiligten, insbesondere rem Publikum zu halten und so ent- ters schnellstmöglich einsatzbereit zu unserem Technischen Direktor, Sil- standen auch einige sehr sehens- und sein. Auch in den anderen Sparten vio Gahs, der stets die aktuellen Be- hörenswerte Digitalprojekte. Auch entstanden anfangs kleine Filme und stimmungen im Blick hatte und die wenn wir sowohl gesundheitlich als Projekte, später sogar professionell für die Wiederöffnung notwendigen auch finanziell bisher gut durch diese gefilmte Aufnahmen. Es lag uns sehr Hygienekonzepte erstellte. Diese Zeit Pandemie gekommen sind, so macht am Herzen, den Kontakt zu unserem hat uns als Leitungsteam sehr eng zu- es mich immer noch sehr traurig, wie Publikum nicht zu verlieren. Es brauch- sammengebracht. Zudem konnte ich wenig Beachtung unsere Aufrufe an te aber auch Raum für kreatives innerhalb kürzester Zeit, aufgrund der die Politik zur frühzeitigen Öffnung der Schaffen in der langen Zeit der tota- sehr guten Zusammenarbeit mit un- Kulturbetriebe gefunden haben. In len Schließung. 10
Trotz allem bin ich mir sicher, Theater Die Schauspielerin Julia Hell antwortet auf unsere Fragen: funktioniert in seiner Ausdrucksform und Emotionalität nur analog. Digitale Die Theaterschließung, ein notwendi- ich lange Zeit nicht gesehen oder ge- Formate können ergänzen, aber das ges Übel hört hatte und vieles mehr was ohne Theatererlebnis in seiner Gänze nie- So wie viele Geschäfte, Dienstleister, diesen Lockdown wohl nie passiert mals ersetzen. Für die Künstler*innen Restaurants, andere Kultureinrichtun- wäre. Jetzt kommt Stück für Stück die ist die Reaktion des Publikums, der Ap- gen und sogar Schulen und Universi- Normalität zurück und ich freue mich plaus am Ende der Vorstellung oder täten musste leider auch unser Thea- über jeden kleinen Schritt in diese des Konzerts etwas Elementares. Für ter schließen. So konnten wir mithelfen Richtung. Doch mein größtes Glück in das Publikum ist das Theatererlebnis eine Pandemie zu bekämpfen. Und dieser Zeit ist die Wiedereröffnung un- als Ganzes unverzichtbar. Ich persön- wenn wir uns die heutigen Zahlen seres Theaters. lich fühle mich von einem Streaming ansehen waren wir offensichtlich er- angebot niemals so mitgenommen folgreich. Auch wenn mein Kopf das Wie wird es Ihrer Meinung nach im wie von einer Live-Vorstellung auf der weiß, war ich während der Schließung Theater weiter gehen? Bühne. In der digitalen Welt gibt mir oft traurig und niedergeschlagen. Wir spielen wieder! Und das ist erst- die Kameraeinstellung vor, was ich se- Die Proben, die Vorstellungen, die mal das Wichtigste. Dafür sind Theater hen soll. Das Liveerlebnis auf der Büh- Kollegen und natürlich das Publikum schließlich da. ne oder im Konzertsaal hingegen, lässt haben mir sehr gefehlt. Mein Tages- Die Open-Air Session hat begonnen mir die Freiheit, mich auch auf Dinge ablauf, meine Gedankenwelt waren und unsere Theater bietet ein viel- abseits des Geschehens einzulassen. immer bestimmt von meiner Arbeit. seitiges Programm, von Oper über Theater ist eine der ältesten Künste Theater spielen und alles was dazu Musical und natürlich ist auch an die und wird auch in Zukunft weiter existie- gehört habe ich immer kleinen Zuschauer ge- ren. So wie sich die Ausstattung, insbe- als meine Basis, mein Zu- dacht. sondere die technische Ausstattung hause empfunden. So Für die nächste Spiel- (Ton, Beleuchtung) weiterent wickelt war ich wie entwurzelt. zeit sind einige Neu- hat, werden sich auch Formate auf Auch in meinem Privat- produktionen geplant, der Bühne entwickeln. Bereits vor der leben gab es in dieser aber natürlich auch Pandemie haben wir uns in zahlrei- Zeit den ein oder an- Produktionen, die be- chen Inszenierungen zum Beispiel der deren Schicksalsschlag. reits geprobt wurden, Videotechnik bedient. Ich denke, die Das hat es nicht leichter aber nicht zur Auffüh- Zukunft liegt in der sinn- und maßvol- gemacht. rung gebracht werden len Verwendung von digitalen Lösun- Meine Mutter sagt im- konnten. Das Publikum gen, jedoch immer in Kombination mit mer “Den Kopf nicht darf sich auf einen viel- analogen Interaktionen. hängen lassen, vor al- seitigen Spielplan freu- lem wenn einem das en. Von Kleist bis Rio Wasser bis zum Halse Reiser fahren wie alles steht”. Und das habe auf. „DER SCHOSS IST ich auch nicht. Foto: © André Leischner Ich freue mich beson- Ich kann jetzt ganz wun- ders auf Shakespeares FRUCHTBAR NOCH …“ derbare Muffins backen, ich habe “Maß für Maß”. Hier wird das gesamte mich in Themen eingelesen, die mich Schauspielensemble unter Regie von 1932 legten die Mitglieder der schon lange interessieren, aber ich Roland May zu sehen sein. NSDAP im Preußischen Landtag nie Zeit hatte mich ausführlich damit Wir werden den Sommer und das einen Beschluss zur Abstimmung zu beschäftigen, mit Freunden und draußen spielen genießen und dann vor, der es ermöglichte, Verträ- Kollegen habe ich einen Buchclub mit vollem Elan in eine neue und auf- ge mit nichtdeutschen Künstlern gegründet, ich hatte telefonisch oder regende Spielzeit starten. nicht zu verlängern sowie aus per zoom Kontakt zu Menschen die Ich freue mich drauf! den Theaterspielplänen alle als antinationalistisch, pazifistisch und moralisch zersetzend ein- gestuften Stücke zu entfernen. KURIOSES VOM VW-THEATER (zitiert nach Lionel Richard: Deutscher Faschismus und Kul- In Wolfsburg, der Stadt, in der al- sonders großen Hinterbühne eine tur. Aus der Sicht eines Franzo- les mit VW zusammenhängt, vom Drehscheibe: Damit man Autos vor- sen. Akademie-Verlag Berlin Konzern gesponsert oder finanziert führen kann. 1982) wird, hat das Theater auf einer be- (SZ, 13./14.03.2021. S. 13) DER THEATERFÖRDERVEREIN 11
So antwortet die Sängerin Christina Maria Heuel auf unsere Umfrage zur Pandemie: Wie haben Sie die Zeit der Theater- te Corona ja endlich vorbei sein! Die der nach langer Ruhephase wieder schließung erlebt? neue Spielzeit wurde vorgestellt und erwacht. Die zurückliegende Zeit kann ich nur die Motivation war überall im Thea- Wie habe ich sie nun erlebt, die Zeit als ein Wechselbad der Gefühle be- ter zu spüren. Bis Anfang November der Theaterschließung ? Ich will ehrlich schreiben. konnten wieder alle Sparten vor Publi- sein: Nach jeder Produktion, für die wir Die Arbeit an einem Theaterprojekt kum spielen. probten und die dann nicht aufge- lässt sich meiner Meinung nach mit ei- Kurz vor dem zweiten Lockdown führt werden konnte, machte sich bei nem Marathonlauf vergleichen: Mit all (« Lockdown Light ») des letzten Jahres mir große Enttäuschung breit. Trotz- unserer Ausdauer und Kraft arbeiten probten wir für Tamerlano. Die Oper dem habe ich in dieser Zeit vieles ge- wir auf unser Ziel hin: Die Vorstellung wurde für zwei Abende konzipiert, lernt, und auch vieles wiedererkannt: vor Publikum. Genau das war aber Tamerlano Teil I und Teil II. Der erste Das, was wirklich im Leben zählt ... es durch Corona nun nicht mehr mög- Teil der Oper konnte Ende Oktober/ sind Dinge wie die Gesundheit, das lich. Natürlich war das Anfang November zwei- respektvolle und verantwortungsvolle Verständnis da, dass mal im Vogtland-Thea- Miteinander, gute Gespräche, Wert- die Gesundheit der ter aufgeführt werden, schätzung und Dankbarkeit für alles, Gesellschaft vorgeht, die Fortsetzung jedoch was ich habe. Und jetzt weiß ich auch dass wir nun alle unse- musste warten. So ist wieder, warum ich Künstlerin gewor- ren Anteil daran leisten unser „halber Tamerla- den bin : Weil ich Ihnen, dem Publi- müssen. Trotzdem war no“ mein persönliches kum, ein Lächeln ins Gesicht zaubern es bitter, dass der Ap- Sinnbild für die Situation will. Ich will Sie bewegen, „in eine an- plaus ausbleiben muss- während des Lockdowns dere Welt hineinziehen“, sodass Sie es te. Ein Marathon … geworden: Genauso wie für die Zeit der Vorstellung vielleicht ohne Ziellinie in Sicht? das Publikum des Vogt- schaffen, nicht an die eigenen Ängste So gingen wir nach land-Theaters auf den und Sorgen zu denken. Nicht system- kurz vor der Endpro- zweiten Teil der Oper relevant? Herzrelevant aber allemal! benphase für „Hoffmann‘s Erzäh- warten muss, so warten wir auch … lungen“ in den ersten Lockdown. auf bessere Zeiten! Wie wird es Ihrer Meinung nach im Ein komisches Gefühl, „mitten- Natürlich wurde hinter den Kulissen, Theater weiter gehen ? drin“ aufhören zu müssen. So soll- sobald es die Zahlen zuließen, weiter- Ich glaube und hoffe sehr stark, dass te es auch für einige Zeit bleiben … gearbeitet. Deshalb sollte man den das Theater wieder einen neuen Stel- die Theater mussten sich umorgani- Begriff „Theaterschliessung“ vielleicht lenwert in der Gesellschaft einneh- sieren, neu planen, und sich immer auch relativieren, denn hinter den Ku- men wird. Durch die lange Abstinenz wieder aufs Neue an die geltenden lissen haben wir fast die ganze Zeit des haben wir alle gemerkt, dass Digitali- Regelungen anzupassen. Immerhin Lockdowns über weitergearbeitet, tät den analogen Kontakt nicht erset- war es uns aber möglich, die letzte um dem Publikum schnellstmöglich zen kann. So sollte es auch mit dem Spielzeit mit einer Sommergala in den ein vielseitiges Programm anbieten zu Theater sein. Videostreaming ersetzt Parktheatern beider Städte zu verab- können, sobald Vorstellungen wieder nicht den direkten Kontakt mit dem schieden … und wie das Publikum da- möglich sind. Publikum, das gemeinsame Lachen, bei mitging! Es war so schön für uns, zu Aktuell probe ich für « Liebestrank », das gemeinsame Weinen, das ge- sehen, dass nicht nur wir das Publikum der am Schwanenteich in Zwickau meinsame Schwelgen in der Musik. vermisst hatten, sondern das Publikum vom 1. bis 4. Juli aufgeführt wird … Daran glaube ich ganz fest. Und wenn auch uns! endlich, die Ziellinie! Ich singe eine der wir wieder für Sie spielen dürfen, wün- Dementsprechend gingen wir nach Hauptpartien und die Vorfreude ist sche ich Ihnen, dass Sie am Ende des der Sommerpause wieder frohen unendlich. Das Theater kommt mir in Abends mit einem genauso breiten Mutes an die Arbeit, denn nun muss- diesen Tagen wie ein Bienenstock vor, Lächeln nach Hause gehen, wie ich. MENSCHLICHES, ALLZU MENSCHLICHES Von Yoko Ono ist Folgendes über- nen Tag und dann mal eine Wo- probiert – und es keine zwei Mi- liefert: „Man soll mal versuchs- che.“ nuten lang geschafft. Es ist er- weise fünf Minuten nicht schlecht Dazu Schauspieler Lars Eidinger: staunlich, wie man sich aufwertet, über andere reden, dann mal ei- „Meine Frau und ich haben das indem man andere abwertet.“ 12
Die Musikerin Petra Lucacio antwortet auf unsere Umfrage: Wie haben Sie die Zeit der Theater- dem Beginn der neuen Spielzeit mit Mich erfüllt diese Zeit trotz aller Ein- schließung erlebt ? neuen Projekten in kleineren Beset- schränkungen, die ja auch für unser Genau erinnere ich mich noch zungen sowie dem gut ausgearbei- Publikum sehr schmerzhaft waren, mit an das letzte Sinfoniekonzert am tetem Hygienekonzept des Theaters großer Dankbarkeit dafür, dass wir 13. März 2020, einen Tag vor der er- wuchs bei mir die Hoffnung auf eine in dieser Zeit durch die Zahlung von sten Schließung aller Kultureinrichtun- relativ „normale“ Spielzeit, die am Kurzarbeitergeld nie finanzielle Sorgen gen, Schulen uvm. Ein tolles Programm 2. November ein jähes Ende fand. haben mussten. Unsere Kinder sind COMPOSER’S NIGHT – Maurice Ravel „Tamerlano 1“ konnte am 31. Okto- freischaffende Musiker und wir konn- – der Gedanke, dass das Theater am ber in Plauen noch Premiere feiern, ten hautnah erleben wie existentiell nächsten Tag für unbestimmte Zeit eine weitere Vorstellung am 1. No- einschneidend die Situation für sie schließen wird, schwebte gemein- vember und dann eine ganz ähnli- war, aber auch mit wie viel Kreativität sam mit der tollen Musik im Raum che Stimmung wie schon im März. Bei und Mut sie durch diese Zeit gegan- und erzeugte im Or- mir mischten sich neben gen sind und gehen. chester sowie beim dem Verständnis für die Publikum eine ganz Situation auch Zweifel Wie wird es Ihrer Meinung nach im besondere Stimmung. an der Richtigkeit der Theater weitergehen? Wie lange werden wir Maßnahmen – das Hy- Es geht weiter!! Wir hatten vom nicht spielen können, gienekonzept sollte sich 11. bis 13.6. die ersten Vorstellungen wie schlimm wird die doch erst einmal bewäh- im Parktheater mit der Operette „Pa- Pandemie werden? ren. Es war bitter wieder ganini“ Der frenetische Beifall, die tol- In den ersten Wo- zum Nichtstun verurteilt le Stimmung und die Freude an der chen nutzten wir die zu werden und auch zu Musik sind für mich Zeichen, dass den plötzlich vorhandene ahnen, dass dieser Lock- Menschen das Theater gefehlt hat. Si- Zeit für Sachen, die down mit Sicherheit län- cher hängt auch die Zukunft unseres immer liegen bleiben, ger dauern würde. Das Spielbetriebes weiter von der Entwick- Fotoalben erstellen, Renovieren, No- Infektionsgeschehen in Sachsen und lung der Pandemie ab, aber Impfen, ten sortieren und neue Stücke pro- besonders auch hier im Vogtland ga- Testen und ein verantwortungsvolles bieren. Dann kam die Beschäftigung ben den Verantwortlichen Recht. Hygienekonzept sollten helfen um mit der digitalen Technik und die Ein- Die letzten Wochen ab März waren eine weitere komplette Schließung ladung von Herrn Siberski, an dem geprägt von dem Blick auf Inziden- zu vermeiden. Die Auswirkungen der digitalen Projekt „Osternacht 2020“ zwerte, Hoffnung auf Öffnung und Pandemie werden unser Land und mitzuwirken. Jeder Musiker spielte zwei sehr schönen digitalen Projekten unsere Region sicher noch länger seine Stimme zu Hause ein und am des Orchesters – Brahms Klavierkon- beschäftigen und ich sehe da unser Ende wurden alle Videos zu einem zert Nr. 2 mit Frank Dupree am Klavier Haus umso mehr in der Verantwor- Gemeinsamen vereint, etwas Unge- und remIXed – Variationen über Bee- tung anspruchsvolles, unterhaltendes, wohntes und Neues – spannend für thovens IX. Sinfonie, die hören- und aber auch bildungspolitisches Theater jeden Einzelnen – ein Gruß an das sehenswerten Videos werden sicher für alle zu machen. Ich glaube, wenn Publikum. Mit Beginn des Sommers, noch eine ganze Weile bei YouTube wir die Menschen hier im Blick haben ersten Konzerten im Parktheater und zu erleben sein. wird das auch in Zukunft gelingen! EINER VOM FILM 90 Jahre alt wurde unlängst der skeptisch. Bringen die nicht eine Gemachte, ist unverzichtbar.“ Sei- Drehbuchautor („Ich war neun- stellvertretende Wirklichkeit ein statt ne Lebensthemen benennt er so: zehn“; „Solo Sunny“; „Der Aufent- der direkten, die uns interessierte? „Ich wollte immer meine Kindheit halt“; „Der nackte Mann auf dem Aber die Schauspieler sind schon verstehen und das Leben meiner Sportplatz“; „Sommer vorm Balkon“ auf eine wunderbare Weise die Eltern. Und ich wollte vor die Haus- und viele andere) Wolfgang Kohl- Mitte des Kinos. Die Kamera zeigt tür treten und gucken: Was ist denn haase. das Gefühl in seiner Verwandlung so los?“ in einem Gesicht, das kann kein Über die gescheiterte DDR sagt er: Was sagt er über Schauspieler? Foto und kein Theater. Wir fürchte- „Sie hat den Nachweis gelohnt, „Schauspieler sahen wir anfangs ten Kunst. Aber Kunst, das zusätzlich dass es so nicht gegangen ist.“ DER THEATERFÖRDERVEREIN 13
So antwortet der Chorsänger Michael Simmen auf unsere Umfrage zur Pandemie: Wie haben Sie die Zeit der Theater- eigentlich darauf angewiesen, die Spielzeit nach und nach wieder in den schließung erlebt ? anderen Stimmen gut zu hören, damit Normalbetrieb zurückkehren können. Die Theaterschließung im März ver- man mit ihnen musikalisch kommuni- Wir haben doch so viele Stücke vor- gangenen Jahres hat uns sozusagen zieren kann. Durch die Abstände, die bereitet, die wir liebend gerne dem kalt erwischt. Die Neuinszenierung der wir einhalten mussten, war dies natür- Publikum präsentieren möchten. Oper „Hoffmanns Erzählungen“ stand lich sehr schwierig. Jeder Chorsänger Denn eines ist gewiss: trotz aller On- kurz vor dem Ab- wurde quasi zum Solisten, line-Produktionen, gibt es meines Er- schluss. Die Enttäu- den Gesamtklang konnte achtens nur einen wirklichen Platz für schung war natürlich allenfalls der Chordirektor das Theater, und das ist die echte groß. Es war, als hät- aus sicherer Entfernung hö- Bühne und mit Publikum! te man ein lecke- ren. Es geht doch nichts über einen The- res Mittagessen ge- Da in dieser Zeit auch kaum aterabend, wenn hunderte von kocht, und vor dem Bühnenproben stattfan- Zuschauern zusammen mit dem En- Essen wird alles in die den, hatten wir aber sehr semble einen Theaterabend erleben. Tonne gekloppt. viel Zeit, neue Werke einzu- Längerfristig, und natürlich durch den Keiner wusste, wie studieren und richtig daran neuen Intendanten, wird es bestimmt lange die Schlie- zu feilen. Selten hat man im zu einigen Änderungen kommen. Das ßung des Theaters Chorsaal so viel Zeit, explizit ist sicher richtig, das Theater soll sich andauern würde. am Chorklang zu arbeiten, doch immer weiter entwickeln. Ich Wir dachten alle, ein wie wir im vergangenen hoffe, dass wir in Zukunft ein breit ge- paar Wochen zu, dann geht‘s wieder Jahr die Gelegenheit hatten. Unse- fächertes Publikum erreichen werden. los. Wie wir uns doch alle geirrt haben! rem Chordirektor ist es zu verdanken, Alt und Jung, Leute von hier, aber Der Schließung des Theaters folgte dass wir in dieser Zeit einen wirklich auch Zuschauer aus anderen Kultu- eine Zeit in Homeoffice und Kurzar- guten und homogenen Chorklang ren, sollten am Theater teilhaben kön- beit. Immer wieder neue Projekte soll- erarbeiten konnten. Wir sind nun alle nen. ten zu Hause vorbereitet werden, die guter Hoffnung, uns in der nächsten dann wieder ad acta gelegt werden Sommerproduktion, in Donizettis Lie- Ein Wichtiges Anliegen ist mir auch die mussten. Aida, Lustige Witwe, Nachti- bestrank, als kleiner, aber feiner und Erneuerung des Grundlagenvertrags gall, Hoffman, Wiederaufnahme Don wohlklingender Chor präsentieren zu 2022. Giovanni, mehrere Chorkonzerte, al- dürfen. Nur durch das Engagement der bei- les vorbereitet und anschließend auf den Städte, Plauen und Zwickau, Halde gelegt. Das war natürlich frus- Wie wird es Ihrer Meinung nach im kann der Fortbestand der beiden The- trierend. Theater weiter gehen? ater gewährleistet werden. Da wün- Im Spätsommer konnten dann end- Kurzfristig hoffen wir natürlich auf eine sche ich mir mehr Zusammenhalt der lich wieder Chorproben stattfinden, erfolgreiche Sommerbespielung im Politiker beider Städte im Sinne eines natürlich nur in entsprechend großen Parktheater, respektive auf der Bühne vielseitigen, breit aufgestellten The- Räumen und unter Einhaltung der Ab- am Schwanenteich. aters. Nur gemeinsam werden wir es standsregeln. Als Chorsänger ist man Wir hoffen auch, dass wir die nächste schaffen! TROPENHELM UND KHAKIHOSEN Bodo Ramelow, Ministerpräsident auf diese Zeit der „Deindustrialisie- den Tisch gezogen wurden … Die- von Thüringen und Mitglied der rung des Ostens“ angesprochen, ser Kali-Bergbau hätte wirtschaft- Partei Die Linke, kam in den Neunzi- sagt Ramelow: lich betrieben werden können. Der gern nach Thüringen, um dort den Westen wollte sich Konkurrenz vom Landesverband der Gewerkschaft „Ich sah, wie der Westen über das Hals schaffen. Ich habe 1992 mal Handel-Banken-Versicherungen Land kam und erlebtes Leben über- auf einer Versammlung gesagt: Ich mit aufzubauen. schreiben wollte. Ich entwickelte wünsche mir, wir hätten Tropenhel- In einem Interview (Die Zeit, H. eine Allergie gegen diese Über- me und Khakihosen. Dann würde 20/2021 vom 12. Mai 2021, S. 35) heblichkeit. Als ich sah, wie die Kali- man uns als westdeutsche Besat- vom Redakteur Martin Machowetz Kumpels von Bischofferode über zungssoldaten gleich erkennen.“ 14
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