Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr II/2020
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8. Dezember 2020 Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr II/2020 Teil I
2 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 INHALT Vorbemerkungen 3 Gesamtüberblick zur materiellen Einsatzbereitschaft 4 Der Generalinspekteur der Bundeswehr Initiative Einsatzbereitschaft 8 Erläuterungen und Tendenzen zur materiellen Einsatzbereitschaft aus der Perspektive der Organisationsbereiche der Bundeswehr Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr 10 Inspekteur des Heeres 13 Inspekteur der Luftwaffe 15 Inspekteur der Marine 16 Inspekteur der Streitkräftebasis 17 Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr 19 Inspekteur des Cyber- und Informationsraums 20 Impressum 21
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 3 Vorbemerkungen Mit dem vorliegenden Bericht zur „Materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“ für den Berichtszeitraum Mai bis Oktober 2020 wird die bekannte und bewährte Berichterstattung der vergan- genen Jahre fortgesetzt. Der Bericht umfasst aktuell 69 Hauptwaffensysteme. Im Vergleich zum letzten Bericht ergänzt der Marinehub- schrauber NH90 SEA LION das Bild der materiellen Einsatzbereitschaft. Bis jetzt sind bereits sechs neue NH90 SEA LION von insgesamt 18 an die Bundeswehr ausgeliefert worden. Er wird den mittlerweile über 40 Jahre alten Marinehubschrauber SEA KING bis 2023 vollständig ablösen. Die Ein- führung eines neuen militärischen Hubschraubers erstreckt sich über Zwischenschritte vom Anfangsflugbetrieb (Kennenlernen mit Industrieunterweisung) über zahlreiche taktische Einsatzprüfungen (Zertifizierung der ein- zelnen Missionen) hin zum regulären Flugbetrieb (Einsatz, Technik und Ausbildung in allen Missionen). Im Ge- gensatz zum zivilen Flugbetrieb ist der militärische Flugbetrieb von einer Vielzahl von unterschiedlichsten Mis- sionen und taktischen Verfahren geprägt, die zunächst mit dem neuen Hubschraubermuster speziell für die Bundeswehr „erflogen“ und bei denen der Hubschrauber auf „Herz und Nieren“ geprüft werden muss. Dies er- fordert hohe Kraftanstrengungen, Flexibilität und gegenseitiges Vertrauen sowohl auf Seiten der Industrie als auch von unserer Seite. Die derzeitige materielle Einsatzbereitschaft des NH90 SEA LION entspricht nicht un- seren Erwartungen, jedoch wird mit Hochdruck an den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einsatzprüfung im I. Quartal 2021 u.a. durch Beschaffung weiterer Ersatz- und Austauschteile sowie Bodendienstgeräte gear- beitet. Dieser Bericht gliedert sich unverändert in einen OFFENEN Teil I, der Bewertungen sowie aktuelle Entwicklun- gen in feinerer Granularität voranstellt, und einen GEHEIM eingestuften Teil II. Die sich im Teil II bietende Ge- samtschau über die materielle Einsatzbereitschaft und die hohe Detailtiefe der Informationen lassen konkrete Rückschlüsse auf aktuelle Fähigkeiten der Bundeswehr zu, so dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würde. Dies gilt umso mehr vor dem Hinter- grund einer verschärften sicherheitspolitischen Lage sowie dem deutschen Beitrag zur Sicherheitsvorsorge im Rahmen der Bündnisverteidigung. Die im Teil II des Berichts enthaltenen Informationen sind aus diesem Grund unverändert in ihrer Gesamtheit GEHEIM einzustufen. Damit wird auch dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten Rechnung getragen. Mit dem zeitgleich erscheinenden 12. Bericht des BMVg zu Rüstungsangelegenheiten (Rüstungsbericht) leisten wir unverändert einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und Transparenz.
4 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 Der Generalinspekteur der Bundeswehr Gesamtüberblick zur materiellen Einsatzbereitschaft Die Bundeswehr ist einsatzbereit und ein verlässlicher Partner Durch die regelmäßige Berichterstattung zur materiellen Darüber hinaus führen erforderliche und umfangreiche Mo- Einsatzbereitschaft der Bundeswehr werden die Öffentlich- dernisierungsmaßnahmen z.B. beim KPz LEOPARD 2 oder keit im Allgemeinen und das Parlament im Besonderen über beim Transportpanzer (TPz) FUCHS zunächst zu einer gerin- den Klarstand unserer Hauptwaffensysteme informiert. Das geren Verfügbarkeit dieser Systeme, erhöhen allerdings mit- Beibehalten einer einheitlichen Systematik von Messung und telfristig – und dann dauerhaft – deren materielle Einsatzbe- Berichterstattung garantiert die hohe Vergleichbarkeit und reitschaft. Transparenz hinsichtlich der Entwicklung und Bewertung der materiellen Einsatzbereitschaft. Die Auswahl der Waf- Beim NH90 konnte schrittweise das Inspektionssystem wei- fensysteme orientiert sich an ihrer herausgehobenen Rele- terentwickelt werden. Zusätzlich wurde für die ersten beiden vanz für Einsatz, einsatzgleiche Verpflichtungen sowie Maschinen das vertraglich vereinbarte standardisierte In- Übungen und Ausbildung in den militärischen Organisati- standhaltungspaket (auf Basis des sog. „SILV-Vertrages“ – onsbereichen. enthält Bonus-Malus-Regelungen) mit einer Durchlaufzeit von rund 100 Arbeitstagen abgeschlossen. Mit einer weiteren Die materielle Einsatzbereitschaft aller 69 Hauptwaffensys- Wirkungsentfaltung des Vertrages wird im Laufe des Jahres teme hat in den vergangenen sechs Monaten erneut zuge- 2021 gerechnet. Eine Erweiterung der Instandhaltungskapa- nommen und liegt bei nun 74%. Auch wenn dieser Positiv- zitäten und der personelle Aufwuchs bei der Industrie lassen trend erfreulich ist, so ist die Zahl aufgrund der fortbeste- eine zusätzliche Verbesserung der industriellen Unterstüt- henden großen Streuung zwischen den einzelnen Waffen- zung in der Instandhaltung erwarten. Diese positiven Ent- systemen nicht zufriedenstellend. So liegt die materielle Ein- wicklungen konnten wir beim Kampfhubschrauber TIGER satzbereitschaft beispielsweise bei den fabrikneuen unge- noch nicht erreichen, da z.B. fehlende Dockkapazitäten un- schützten LKW bei über 90%, bei Hubschraubern jedoch verändert zu einem Inspektionsstau führen. Dieser soll bis knapp 40%. 2022 abgebaut werden. Beispiele für eine positive Entwicklung sind die Hauptwaf- Ausgewählte Analyse im Produktlebenszyklus fensysteme EUROFIGHTER mit einem Klarstand von durch- Die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr bestehen oft aus schnittlich 66% und in der Spitze über 70%, A400M mit 43%, einem Mix an Systemen. Diese wiederum befinden sich in die geschützten Fahrzeuge der Streitkräftebasis (SKB) mit ei- drei unterschiedlichen Phasen ihres Produktlebenszyklus. ner materiellen Einsatzbereitschaft zwischen 78% und 85% Für den Erhalt der materiellen Einsatzbereitschaft ergeben und der Schützenpanzer PUMA (SPz), der erstmals mit mehr sich deshalb jeweils eine Vielzahl verschiedenster Herausfor- als 100 einsatzbereiten SPz in der Truppe vor Ort präsent derungen im Hinblick auf die Schnittstelle zur Industrie so- war. Unsere Benchmark von 70% materieller Einsatzbereit- wie zu den internen Prozessen der Planung und Logistik. schaft übertrafen 41 Hauptwaffensysteme, 12 waren schlechter als 50%. Systeme in der Einführungs- bis Wachstumsphase Für diese Systeme ist charakteristisch, dass sie noch nicht in Hauptwaffensysteme mit nach wie vor stark verbesserungs- vollständiger Tiefe in der Bundeswehr integriert sind. Das hat würdiger materieller Einsatzbereitschaft sind der Kampfhub- zur Folge, dass viele Kriterien zum Herstellen der Versor- schrauber TIGER, die „Modularen Sanitätseinrichtungen“ gungs- und schließlich der Einsatzreife nur in kleinen Schrit- sowie die Altsysteme wie TORNADO, der Transporthub- ten erfüllt werden. Teilweise wird die Instandhaltung noch schrauber CH-53 oder die Marinehubschrauber SEA KING mit ausschließlicher Abstützung auf die Industrie durchge- und SEA LYNX. führt. Teilweise sind erforderliche Produktdaten und Son- derwerkzeuge noch nicht in ausreichender Anzahl verfügbar. Während der Abnahmeprüfung unter Gefechtsbedingungen Während es in der Vergangenheit mit Blick auf Stabilisie- der 41 SPz PUMA mit dem für die VJTF 2023 robusteren rungseinsätze durchaus hingenommen werden konnte, bei Konstruktionsstand konnten sichtbare Fortschritte bei Qua- der Herstellung der Versorgungsreife im Interesse einer lität und Zuverlässigkeit des Waffensystems nachgewiesen schnellen Verfügbarkeit der ersten Systeme in den Einsatz- werden. Unverändert bedarf es zur Herstellung der Einsatz- gebieten und vom logistischen System der Bundeswehr ab- reife bis Frühjahr 2021 der gemeinsamen Anstrengungen mit weichende Sonderverfahren zur Instandhaltung der Systeme der Industrie. Dieser Bauzustand soll (im Rahmen einer zu zu etablieren, muss künftig vor dem Hintergrund der Aufga- beauftragenden großen Umrüstung in der Industrie) begin- ben in der Landes- und Bündnisverteidigung sowie in beson- nend ab 2021 auf die Gesamtflotte übertragen werden. In ei- deren Lagen (COVID-19-Pandemie) der frühen und unein- nem weiteren Schritt ist in 2022 über die Beschaffung eines geschränkten Herstellung der Versorgungsreife wieder eine 2. Loses SPz PUMA zu entscheiden. hohe Priorität eingeräumt werden. Gerade in dieser frühen
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 5 Phase muss sich das Schnittstellenmanagement Bundes- und der Steuergruppe fliegende Waffensysteme sowie die wehr und Industrie schnell auswirken. Trendwenden Material und Finanzen zeigen weiterhin mess- Beispiele für neue Systeme mit einer im Verlauf hohen bare Erfolge mit positiver Wirkung auf die materielle Einsatz- Schwankungsbreite der materiellen Einsatzbereitschaft zwi- bereitschaft. schen 27% bis 95% - sind u.a. SPz PUMA, A400M, H 145M LUH SOF, Geschützte Transportfahrzeuge (GTF) Zuladungs- Initiative Einsatzbereitschaft klasse (ZLK) 15t und NH 90. Bei 4 von 12 Systemen haben wir Die Initiative Einsatzbereitschaft wurde im Januar durch die Sonderprogramme zur Steigerung der materiellen Einsatz- Bundesministerin der Verteidigung gestartet. Die insgesamt bereitschaft aufgelegt (u.a. SPz PUMA). Erstmals liegt die 25 Einzelmaßnahmen wurden in enger Abstimmung mit den materielle Einsatzbereitschaft dieses Clusters bei über 79% Inspekteuren der militärischen Organisationsbereiche, der im Durchschnitt aller 12 Systeme. Präsidentinnen der Bundesämter für Ausrüstung, Informati- onstechnik und Nutzung (BAAINBw), Infrastruktur, Um- Systeme in der Wachstums- bis Sättigungsphase weltschutz und Dienstleistungen (BAIUDBw) sowie das Per- Die materielle Einsatzbereitschaft der Waffensysteme ist sonalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) und den Ab- aufgrund routinierter Prozesse hoch. Dadurch stehen die teilungsleitern des Ministeriums entwickelt. Produktpflege und Produktweiterentwicklung im Vorder- grund. So sind Alter und Größe der jeweiligen Flotte, aber Durch Fokusprojekte der Inspekteure und Präsidentinnen auch die konkrete Verwendbarkeit und Nutzung der Waffen- konnten Verbesserungen u.a. in der materiellen Einsatzbe- systeme, die Verfügbarkeit logistischer Daten und Doku- reitschaft bei EUROFIGHTER, SPz PUMA, A400M oder dem mentationen sowie die Versorgungsreife im System Bundes- TEP 90 erreicht werden. Sie unterstreichen die spürbaren wehr entscheidende Parameter zur Gewährleistung einer Fortschritte, die durch die Initiative Einsatzbereitschaft er- hohen materiellen Einsatzbereitschaft. Innerhalb dieser reicht wurden. Phase geht es vorrangig um die stetige Optimierung der Schnittstelle Bundeswehr und Industrie im Nutzungspro- Für die Luftwaffe konnte die Verfügbarkeit einsatzbereiter zess, um gerade die Übergänge der Systeme (Wachstums- Systeme und Besatzungen bei EUROFIGHTER und A400M zur Reifephase bzw. Sättigungsphase zur Degenerations- deutlich erhöht werden. Alle Beteiligten, von der Industrie phase) mit hoher Konstanz zu gewährleisten. bis zur Truppe waren dafür gefordert. Durch die Kooperation Beispiele für stabile Systeme mit einer im Verlauf kleinen zwischen Industrie, den Werkstätten des Marinearsenals und Schwankungsbreite der materiellen Einsatzbereitschaft zwi- dem Instandsetzungspersonal der Marine am Standort schen 65% bis nahezu 100% sind u.a. FREGATTEN, Warnemünde wurde mit der Qualifizierung des technischen KPz LEOPARD 2, GTK BOXER, EUROFIGHTER. Bei 12 Sys- Personals des 1. Korvettengeschwaders zur Stärkung unserer temen werden derzeit Umrüstprogramme, Konstruktions- Eigenbefähigung begonnen und eine Unterstützung des In- standanpassungen oder Stückzahlerhöhungen umgesetzt. standsetzungsmanagements im Marinearsenal etabliert. Die Die 31 Systeme dieses Clusters liegen bei einer verlässlichen positive Entwicklung der materiellen Einsatzbereitschaft des hohen materiellen Einsatzbereitschaft von häufig oberhalb SPz PUMA ist zu gleichen Anteilen auf eine klare Fokussie- 75%. rung im Heer als auch auf die gemeinsam von BMVg, BAAINBw und Heer mit der Industrie geschlossenen Zielver- Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase: einbarung zurückzuführen. Mit dem Fokusprojekt der Streit- Hier wird die Verfügbarkeit als auch die Einsatzbereitschaft kräftebasis werden Effekte durch Standardisierung und Op- insbesondere durch technische Defekte aufgrund der Alte- timierung der Instandhaltung exemplarisch an der Flotte des rung allmählich reduziert. Hinzu kommen Obsoleszenzen Trägerfahrzeugs „Truppenentstrahlungs-, entgiftungs-, ent- von Systemkomponenten, welche teilweise nicht mehr von seuchungsplatz 90" (TEP 90) untersucht. Die dabei gefunde- der Industrie aufgefangen werden. Dadurch müssen verwen- nen Synergieeffekte zur Optimierung der Ersatzteilbeschaf- dungsfähige Ersatz- und Austauschteile aus anderweitig de- fung und Straffung der Wartungsintervalle sind auch zur fekten Systemen gewonnen werden, womit wiederum deren Übertragung auf andere Systeme nutzbar. Verfügbarkeit reduziert wird. Dieses Vorgehen ist nicht be- liebig ausdehnbar und muss zeitgerecht mit der Lieferpla- Ziel bleibt es, konsequent den eingeschlagenen Weg auch in nung für das jeweilige Nachfolgesystem synchronisiert wer- 2021 weiter zu gehen und die Fülle der Maßnahmen für je- den, damit Fähigkeitseinbußen vermieden werden können. den Angehörigen der Bundeswehr greifbar zu machen. Deshalb steht gerade bei diesen Systemen die Schnittstelle der Bundeswehr zur Industrie im Planungs- und Rüstungs- Lerneffekte aus der COVID-19-Pandemie prozess im Mittelpunkt. Die Bundeswehr hat aus dem Stand, schnell und mit hoher Beispiele für alte Systeme mit einer im Verlauf hohen Agilität auf die Pandemie reagiert und mit der angemessenen Schwankungsbreite der materiellen Einsatzbereitschaft zwi- Unterstützung von Bund und Ländern ihre Leistungsfähig- schen 33% bis 86% sind u.a. TORNADO, CH-53, keit erneut unter Beweis gestellt. P-3C ORION, Betriebsstofftransporter. Bei 10 von 26 Syste- men wird bereits konkret und intensiv an der Nachfolge- und Unsere Unterstützungsleistungen verlagerten sich im Pan- Ablöseplanung gearbeitet (bspw. Betriebsstofftransporter, demieverlauf vom starken Einsatz des Sanitätsdienstes und CH-53) bzw. ist eine Nutzungsdauerverlängerung zum Fäh logistischen Dienstleistungen hin zum derzeitigen Schwer- igkeitserhalt eingeleitet (bspw. SPz MARDER). Die durch- punkt, der Unterstützung in den Gesundheitsämtern zur schnittliche materielle Einsatzbereitschaft über alle 25 Sys- Nachverfolgung von Infektionsketten. Daneben halten wir teme lag bei 69%, bei 11 Systemen jedoch häufig unter 60%. weiterhin eine Reserve vor, um kurzfristig im Rahmen der Amtshilfe verstärkend tätig zu werden. Die mittel- bis langfristig wirkenden Maßnahmen u.a. der Agenda Nutzung, der Task Force Beschaffungsorganisation
6 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 Die durch die Pandemie in Teilen erheblich reduzierte Nut- - Qualitativ und quantitativ bestmögliche Verfügbarkeit zung, insbesondere bei den schweren Landsystemen, die von IT zum digitalen ortsunabhängigen kollaborativen Möglichkeit einer verstärkten vorbeugenden Instandhaltung Arbeiten zum Schutz der Angehörigen der Bundeswehr. und die intensivierte Schadensbehebung nach der fordern- - Vertrauenswürdige IT-Services auch unter den Bedin- den Nutzung in den letzten beiden Jahren hat die materielle gungen des dislozierten Arbeitens. Einsatzbereitschaft erhöht. Diese Maßnahmen intensivieren die Digitalisierung der Bun- So konnten wir gerade bei den Waffensystemen in der deswehr und wurden als Beitrag des BMVg in das Konjunk- Wachstums- bis Sättigungsphase alle Vorteile unserer Ei- turpaket der Bundesregierung eingebracht. genbefähigung, von der Instandhaltung bis hin zur Ersatz- teilbevorratung, ausnutzen. Zudem wirkten sich die zu Be- Neue Herausforderung im Zeitalter der Digitalisierung ist, ginn der Pandemie erwarteten Störungen in den internatio- dass die Sicherstellung der Führungsfähigkeit der Bundes- nalen Lieferketten und bei den industriellen Kapazitäten in wehr an den Standorten zwar ohne weiteres gewährleistet der Instandsetzung und Produktion bei einzelnen Systemen werden kann, ohne die Fähigkeit zum digitalen ortsunabhän- negativ aus. gigen kollaborativen Arbeiten jedoch die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch die Auflockerung eingeschränkt Dies führte zu einer wertvollen Konsolidierung der materiel- bleibt. len Basis und Erhöhung des verfügbaren Bestands. Der Bun- deswehr werden für 2021 und 2022 damit für Ausbildung, Das Beschleunigen der Digitalisierung der Bundeswehr Übung und Einsatz quantitativ wieder deutlich mehr Sys- durch das Sonderprogramm ResilienzBw im Einsatz und im teme zur Verfügung stehen, die aber für die Aufnahme des Grundbetrieb, in der Truppe, auf der Ämter- und Komman- Regel-Ausbildungs- und Übungsbetriebs auch dringend be- doebene, für die Nachwuchskräfte in den Akademien, in Uni- nötigt werden. Insofern ist die materielle Einsatzbereitschaft versitäten, in Ausbildungs- und Lehreinrichtungen, For- der Bundeswehr ganzheitlich zu betrachten – vom Kampf- schung und Verwaltung der Bundeswehr erreicht ein über- panzer/ EUROFIGHTER zum ungeschützten LKW – bis hin geordnetes Ziel: das konsequente Verbessern der Einsatz- zur Stärkung unserer militärischen Instandhaltungskräfte. bereitschaft der Bundeswehr in allen Lagen. Das bedeutet neben Aufbau und Erhöhung der Bevorratung für Ersatzteile, Ausrüstung und Munition auch die Bevorra- Ausblick des Generalinspekteurs der Bundeswehr tung von Sanitätsmaterial, Medikamenten, Verpflegungs- Die Bundeswehr erfüllt jederzeit und uneingeschränkt die an mitteln. Dies alles dient auch der Erhöhung unserer sie gestellten Aufträge und Anforderungen; auch wenn wir in Resilienz. einigen Bereichen immer noch von der Substanz leben. Die bisherigen Erfahrungen der Bundeswehr in der Pande- Die Herausforderung liegt bei der Gleichgewichtung der mielage COVID-19 unterstreichen, dass die Digitalisierung Aufträge der Bundeswehr: eine wesentliche Grundlage für die Aufrechterhaltung der - Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) ist die an- Arbeits- und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ist. Die be- spruchsvollste Aufgabe für die Bundeswehr. Die Ein- grenzt vorhandenen Digitalisierungslösungen der Bundes- satzrealität bestätigt nicht nur die Gleichrangigkeit der wehr haben sich in der Pandemielage grundsätzlich bewährt: Aufgaben, sondern auch die Gleichzeitigkeit von IKM Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ist – dort, wo Digi- und LV/BV, worin die besondere Herausforderung liegt. talisierungslösungen vorhanden sind – durchgängig sicher- - Übernahme von mehr Verantwortung im Bündnis ge- gestellt. lingt heute nur durch hohes Engagement und mit klarer, zeitlich gestaffelter Schwerpunktbildung Die Arbeitsfähigkeit der Bundeswehr im Grundbetrieb war jedoch nach den Maßnahmen zur Auflockerung in erhebli- Um in diesem Sinne die Aufgabe der Bundeswehr als einem chen Teilen eingeschränkt. Insbesondere das Herstellen und wesentlichen Instrument unserer Sicherheits- und Verteidi- Halten der materiellen Einsatzbereitschaft bedarf der durch- gungspolitik auszufüllen, ist eine hohe Einsatzbereitschaft gängigen Arbeitsfähigkeit der digitalen Prozesse, die voll- verpflichtend. Sie trägt zur sicherheitspolitischen Hand- ständig in unserem SASPF-System abgebildet sind. Techni- lungsfähigkeit Deutschlands bei und unterstreicht unsere sche Voraussetzung sind die allgemeine Verfügbarkeit und Verlässlichkeit als Bündnispartner, dessen Streitkräfte Nutzung sicherer Informationstechnik. gleichzeitig und gleichrangig bei LV/BV einsatzfähig sind. Das BMVg hat im Rahmen einer Erstanalyse konkrete Maß- Das Wiedererlangen von Fähigkeiten zum Bestehen (militä- nahmen für ein Sonderprogramm identifiziert, die für die rische Robustheit) in einem Szenario der Landes- und Bünd- Einsatzbereitschaft der Bundeswehr unter den Bedingungen nisverteidigung ist zeitaufwändig und an den gestiegenen Pandemie wie COVID-19 besonders relevant sind. Anforderungen an die Bundeswehr auszurichten. Ziele sind: Einsatzbereitschaft ist der Maßstab, an dem die Bundeswehr - Langfristige Durchhalte- und Einsatzfähigkeit der Bun- gemessen wird. Dafür werden einsatzbereite Kräfte benötigt, deswehr, angepasst an Lageentwicklungen in allen Be- die im Zusammenwirken von Personal, Material, Infrastruk- reichen – Ausbildung, Qualifizierung, Grundbetrieb ein- tur, Ausbildung und Übung entstehen. Die Verbesserung der schließlich Gesundheitsversorgung und ressortüber- materiellen Einsatzbereitschaft bleibt damit eine Dauerauf- greifenden und multinationalen Einsatz von Bw-Kräf- gabe in der Planung, Beschaffung und Nutzung der Systeme. ten. Dies allein ist aber nicht genug. Die Bundeswehr braucht ro- bustes Material, robustere Technik und die nötige Robust- heit im logistischen System.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 7 Im Kern bedeutet dies, dass der Truppe einsatzbereites Gerät die Verringerung der Durchlaufzeiten in der Industriein- rechtzeitig und in ausreichender Stückzahl für Einsatz und standsetzung bspw. mittels Erhöhung der Planbarkeit, Ausbildung zur Verfügung stehen muss, dazu gehören auch Straffung der Wartungs- und Inspektionsintervalle, Er- logistisches Fachpersonal, Dokumentationen, Ersatzteile, höhung der Ersatzteilbevorratung, Schaffung von Bau- Werkzeuge sowie feste bzw. mobile Serviceinfrastruktur. gruppenpools und Controlling der Zielerfüllung, Dazu benötigen wir ein modernes, nicht störanfälliges Logis- die Steigerung der Auslieferungsqualität durch die In- tisches System zur nachhaltigen Nutzung unserer Waffen- dustrie (Negativbeispiele: SPz PUMA, F125). systeme. Der weit überwiegende Teil der Hauptwaffensysteme läuft Mein Fokus liegt daher unverändert auf der Erhöhung der weiterhin stabil und hat eine gute materielle Einsatzbereit- materiellen Basis und der Stärkung des Verfügbaren Be- schaft. Die eingeleiteten Verbesserungen der Task Force Be- stands. schaffungsorganisation, der Agenda Nutzung und der Trend- wende Material greifen. Die Wirkung und Impulse der Initi- Die Erhöhung der materiellen Basis gelingt weiterhin durch ative Einsatzbereitschaft konnten den positiven Trend weiter konsequente finanzielle Hinterlegung des Fähigkeits- verstärken und nachhaltig ausbauen. profils der Bundeswehr, Steigerung der Robustheit der Systemflotten durch För- Die erhoffte Konsolidierung im Bereich Hubschrauber ist derung der Standardisierung und Reduzierung der Ty- ausgeblieben; lediglich der NH90 TTH des Heeres zeigt po- penvielfalt, sitive Tendenzen, bei KH TIGER ist die Lage weiterhin man- konsequenten Vorzug marktverfügbarer, im Einsatz be- gelhaft. Daher lasse ich mir regelmäßig persönlich über die währter, sofort verfügbarer „80%-Lösungen“ vor einer Fortschritte zur Steigerung der materiellen Einsatzbereit- zeitintensiven, teuren und technologisch fordernden Ei- schaft vortragen, zuletzt am 23. November 2020. Ich erwarte genentwicklung, deren Bewährung im Einsatz noch im I. Halbjahr 2021 den notwendigen Turnaround. aussteht. Beim SPz PUMA sind Verbesserungen eingetreten, jedoch Die Stärkung des Verfügbaren Bestandes erfordert nicht im erwarteten und beauftragten Umfang. Die Nachar- massive Verstärkung der militärischen Instandset- beiten im Bereich VJTF PUMA sollen bis Ende I. Quartal 2021 zungskapazitäten durch Aufbau eines neuen Personal- abgeschlossen sein, damit wir einen verlässlichen robusten körpers wie bspw. die neuen Technikstaffeln bei den und einsetzbaren SPz haben. Absicht ist es, diesen dann „ein- Heeresfliegerverbänden, satzbereiten“ Bauzustand als Blaupause für die erforderliche den verstärkten Abschluss von sog. leistungsbasierten Umrüstung aller SPz des 1. Loses beginnend Ende nächsten Industrieverträgen, die Bonus-Malus-Regelungen für Jahres zu nutzen. In einem weiteren Schritt ist über die Be- die Erfüllung fest definierter Leistungen enthalten, auftragung eines 2. Loses frühestens in 2022 zu entscheiden.
8 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 BMVg Initiative Einsatzbereitschaft Im Rahmen der Initiative Einsatzbereitschaft wurden in die- Mit dem Fokusprojekt der Streitkräftebasis werden Effekte sem Jahr mit klarem Fokus auf die Bedürfnisse der Streit- durch Standardisierung und Optimierung der Instandhal- kräfte insgesamt 25 konkrete Maßnahmen im engen Aus- tung exemplarisch an der Flotte des TEP 90 untersucht. Die tausch zwischen den Inspekteuren und Präsidentinnen der dabei gefundenen Synergieeffekte zur Optimierung der Er- Organisationsbereiche sowie den Abteilungsleitungen des satzteilbeschaffung und Straffung der Wartungsintervalle Ministeriums entwickelt. Erklärtes Ziel der Initiative ist es, sind auch auf andere Systeme übertragbar. spürbare positive Effekte bei der materiellen Einsatzbereit- schaft zu erreichen. Damit wurde seit Beginn der Initiative Die Anpassung und Vereinfachung der Beschaffungsverfah- Einsatzbereitschaft eine Verbesserung um vier Prozent er- ren steht im Mittelpunkt des Fokusprojektes der Sanität. reicht. Hierdurch soll bereits 2021 die Beschleunigung und Flexibi- lisierung der Beschaffung von handelsüblichen Produkten in Insbesondere die Fokusprojekte – eigene Schwerpunkte/ der Sanitätsdienstlichen Versorgung erreicht werden. Projekte - der Inspekteure und Präsidentinnen der Bundes- ämter des Geschäftsbereiches unterstreichen die Fort- Der Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum schritte, die bereits jetzt durch die Initiative Einsatzbereit- (CIR) trägt mit der Nutzungsverlängerung des Systems TET- schaft erreicht wurden. Dadurch sind u.a. Verbesserungen in RAPOL dazu bei, dass die Fähigkeit zur Führung der VJTF der materiellen Einsatzbereitschaft bei EUROFIGHTER, 2023 auf der Grundlage eines bisher bewährten Systems er- SPz PUMA, A400M oder dem TEP 90 gelungen. folgen kann. Hauptsächlich wird der „Terrestrischer Bündel- funk“ TETRAPOL für die Sprachübertragung von mobilen Auch die angestoßenen Prozesse und die Verknüpfung die- Einzelteilnehmern bei Übungen und Einsätzen der Bundes- ser mit den eingeleiteten Verbesserungen der Task Force Be- wehr genutzt. Dieses Projekt zeigt, dass materielle Einsatz- schO (Optimierung der Beschaffungs- und Nutzungsorgani- bereitschaft auch eine planerische Aufgabe ist, die sich ver- sation), der Agenda Nutzung und der Trendwenden Material ändernde Zeitlinien von Beschaffungsprojekten berücksich- beginnen zu greifen. Dadurch war es möglich Synergieef- tigen muss. Hier ist das exemplarisch gut gelungen. fekte zu erzielen und diese entlang der gesamtplanerischen Linie des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr auszurichten. Insbesondere die Fokusprojekte der Bundesämter des Ge- schäftsbereiches verdeutlichen, wie wichtig eine umfassende Bisherige Ergebnisse der Fokusprojekte Betrachtung auch von Nebenaspekten, wie z.B. Infrastruk- Für die Luftwaffe konnte die Verfügbarkeit einsatzbereiter tur, Personal, Finanzen, ist. Durch das BAAINBw wurde mit Systeme und Besatzungen bei EUROFIGHTER (Steigerung besonderem Schwerpunkt die Vollausgabe der Mittel für die der materiellen Einsatzbereitschaft auf durchschnittlich Materialerhaltung erreicht. Ein weiteres Fokusprojekt wirkte 66%, in der Spitze sogar auf über 70%) und A400M (Steige- im Bereich der Personalgewinnung: Mit Blick auf den tech- rung auf im Durchschnitt 43% bei einem arbeitstäglichen nologischen Fortschritt kommt es darauf an, fachlich versier- Klarstand von 10 Maschinen) deutlich erhöht werden. Alle tes und hoch motiviertes Personal für den Beschaffungs- Beteiligten - von der Industrie bis zur Truppe - haben dies in und Rüstungsbereich zu gewinnen. Gerade hier setzt die Fo- einer gemeinsamen Kraftanstrengung erreicht. kusmaßnahme der Präsidentin des BAPersBw an, nämlich die Beschleunigung der Personalauswahl bei den Ingenieu- Durch die Kooperation zwischen den Werkstätten des Mari- ren für den Organisationsbereich AIN. nearsenals, dem Instandsetzungspersonal der Marine am Standort Warnemünde und der Industrie wurde mit der Übergreifende Effekte Qualifizierung des technischen Personals des 1. Korvetten- Durch das hohe Engagement und dem Pragmatismus aller geschwaders begonnen und die Eigenbefähigung erheblich Beteiligten sowie die weiterreichende Involvierung und in- gestärkt. Gleichzeitig konnte eine Unterstützung des In- tensive Kommunikation über alle Ebenen hinweg – von der standsetzungsmanagements im Marinearsenal etabliert wer- Leitung BMVg bis zur Truppe am Gerät - konnten bei allen den. Maßnahmen der Initiative Einsatzbereitschaft nachweisbare Fortschritte erzielt werden. Die positive Entwicklung der materiellen Einsatzbereitschaft des SPz PUMA, zuletzt stabil bei circa 50%, ist zu gleichen Am Beispiel der Verstärkung von personellen Kapazitäten in Anteilen auf eine klare Fokussierung im Heer und auf die ge- der Instandsetzung wird die zeitliche Dimension der Initia- meinsam von BMVg, BAAINBw und Heer mit der Industrie tive - von der Identifikation des Problems über die Lösungs- geschlossene Zielvereinbarung zurückzuführen. In diesem beschreibung bis zur Umsetzung - in einer Großorganisation Sinne wurde auch die COVID-19-Pandemie-Zeit zur nach- deutlich. Neueinstellung, Ausbildung und Qualifizierung des haltigen Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft ge- benötigten Fachpersonals ist langwierig und wirkt sich erst nutzt, indem aufwendige Fristen und Umrüstarbeiten vorge- nach einigen Jahren aus. Daher benötigt die Bundeswehr bei zogen wurden. Der Erfolg ist bereits seit September 2020 allen Maßnahmen neben Umsetzungswillen, auch Geduld sichtbar, da die Truppe im Verhältnis der letzten Jahre über und Durchhaltevermögen. spürbar mehr einsatzbereite Schützenpanzer vor Ort verfügt.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 9 Auch die flankierenden Maßnahmen der Initiative Einsatzbe- und die gebündelten Maßnahmen im Fokusprojekt des In- reitschaft, wie die Erhöhung der Instandsetzungskapazitä- spekteurs des Heeres, zeigen positive Effekte bei der Verbes- ten, gezielter Ersatzteilbeschaffung durch die HIL GmbH serung der materiellen Einsatzbereitschaft. Alle drei Maß- nahmen sind auf die Handlungsfähigkeit der VJTF 2023, aus- gerichtet. Projektierung Umsetzung Abgeschlossen Gesamt Initiative Einsatzbereitschaft 2 (17%) 10 (83%) 12 Flankierende Maßnahmen 1 (9%) 1 (9%) 9 (82%) 11 Weitere Maßnahmen 2 (100%) 2 Gesamtpaket 1 (4%) 3 (12%) 21 (84%) 25 Initiative Einsatzbereitschaft geht weiter Gemeinsam mit der Agenda Nutzung und AG Umsetzung Die Initiative Einsatzbereitschaft zeigt, dass die Mischung BeschO zur Optimierung der Beschaffungs- und Nutzungs- aus Verfahrens-, Verwaltungs- und operativen Maßnahmen organisation sind viele der erforderlichen Maßnahmen be- in ihrer Gesamtheit zu einer nachhaltigen Verbesserung der schrieben und teilweise auch schon umgesetzt worden. Situation führt. Nicht immer lassen sich Effekte einzelnen Maßnahmen dezidiert zuschreiben. Daher kommt es für 2021 darauf an, im Sinne der Initiative Einsatzbereitschaft weiter aktiv, mit Gestaltungswillen und Die Initiative Einsatzbereitschaft hat den Fokus geschärft dem Mut zu kreativen Lösungen an der Verbesserung der und Impulse gesetzt, die teilweise unmittelbar, aber auch auf materiellen Einsatzbereitschaft zu arbeiten. Dies kann im mittlere und längere Sicht Wirkung entfalten. Kleinen geschehen mit maßgeschneiderten Projekten in ein- zelnen Einheiten und Dienststellen, aber auch das große Ganze, Prozesse und Strukturen betreffen.
10 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr Zur Lage und Perspektive der Einsatzreife der Hauptwaffensysteme Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Um längerfristig einen positiven Einfluss auf die materielle Nutzung der Bundeswehr, BAAINBw, übernimmt als zentra- Einsatzbereitschaft von Systemen in der Sättigungs- bis De- ler Verantwortlicher die Deckung des Sachbedarfs der Streit- generationsphase zu erhalten, ist ein entsprechendes Nach- kräfte. Die bedarfs- und forderungsgerechte Ausstattung der folgesystem zu beschaffen bzw. bei partiell auftretender Ob- Bundeswehr mit moderner Technik, leistungsfähigem und soleszenz eine Umrüstung der betroffenen Systeme bzw. sicherem Material sowie rüstungsbezogenen Dienstleistun- Änderung an den entsprechenden Komponenten mit an- gen ist unter wirtschaftlichen Bedingungen und im Einklang schließender Integration in das betroffene Gesamtsystem mit Gesetzen und Verordnungen zu erbringen. Die Präsiden- vorzunehmen. tin BAAINBw hat die Materialverantwortung für die Einsatz- reife. Die Projektleiterin bzw. der Projektleiter (PL) nimmt in Aufgrund der Obsoleszenzbeseitigung sowie der Fertigung diesem Rahmen die produktbezogenen Aufgaben der bzw. eines Nachfolgesystems ergeben sich allerdings kapazitäts- des Materialverantwortlichen für die Einsatzreife zum einen bedingt letzten Endes Verzögerungen in der Instandhaltung bei der Herstellung der Einsatzreife im Zuge der Realisierung von bestehenden Systemen. In Folge kommt es damit zu ei- sowie zum anderen bei dem Erhalt und bei der Wiederher- nem einhergehenden verminderten Verfügungsbestand, stellung der Einsatzreife im Rahmen der Nutzungssteuerung welcher eine erhöhte Nutzungsintensität erfährt und somit wahr. Einsatzreife bedeutet die sichere Verwendbarkeit eines negative Rückkopplungen auf die materielle Einsatzbereit- Produkts im Rahmen des vorgesehenen Verwendungs- schaft der Systeme ausübt. Beispielsweise kann hier der Be- zwecks einschließlich seiner Versorgungsreife oder die ver- stand an Kampfpanzern Leopard 2 genannt werden, wo sich traglich zugesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme ei- anstehende Umrüstmaßnahmen verschärfend auf die Ver- ner Dienstleistung. fügbarkeit der verbleibenden Systeme („Panzerdelle“) aus- wirken. Durch den im Allgemeinen und für Systeme in der Zu der in diesem Bericht dargestellten materiellen Einsatz- Sättigungs- bis Degenerationsphase im Speziellen dringend bereitschaft aller 69 Hauptsysteme der Bundeswehr schaffen benötigten Zulauf an Neu- bzw. Nachfolgegerät konnte un- die Herstellung und der Erhalt der materiellen Einsatzreife ter anderem diese negative Spirale über alle berichteten Sys- somit die produktbezogenen Voraussetzungen. teme betrachtet aufgebrochen werden und ein Absinken der materiellen Einsatzbereitschaft verhindert werden. Materielle Einsatzbereitschaft im Berichtszeitraum Während des Berichtszeitraums und insbesondere unter den Initiative Einsatzbereitschaft Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konnte die Einsatz- Mit der Initiative Einsatzbereitschaft wurden Impulse für bereitschaft im Mittel erneut leicht gesteigert werden. eine Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft der Bun- deswehr gesetzt. Im Rahmen der Initiative Einsatzbereit- Herausforderungen stellen sich unverändert bei Systemen schaft wurde vom BAAINBw in diesem Kontext ein eigenes in der Einführungs- bis Wachstumsphase sowie bei Syste- Projekt vorgeschlagen. Die Zielsetzung des eigenen Projekts men in der Sättigungs- bis Degenerationsphase dar. sieht die zweckgebundene Vollausgabe der anvertrauten Fi- nanzmittel bis Ende November 2020 für den Bereich der Ma- Bei Systemen, die sich in der Einführungs- bis Wachstums- terialerhaltung vor. Mit Hilfe von Frühwarnindikatoren und phase befinden, treffen geplante und ungeplante Instand- Steuerungsmechanismen konnten die selbst gewählten Mei- haltungsmaßnahmen auf durch Produktion ausgelastete In- lensteine bisher frühzeitig erreicht werden. Für einen voll- dustriekapazitäten, vor allem in Form von Personal. Bis zum ständigen Mittelabfluss wurden sowohl die notwendigen Aufbau einer entsprechenden Umlaufreserve von Hochwert- Bindungsstände frühzeitig erreicht, als auch die quartalsmä- komponenten muss auch für die sich in dieser Produktle- ßigen Meilensteine beim Ausgabenstand deutlich übertrof- bensphase befindlichen Systeme auf den Kreuztausch von fen. Komponenten ausgewichen werden. Der zum Ende des Berichtszeitraums vorliegende Ausgaben- Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase stoßen stand bei der Materialerhaltung übertrifft ebenfalls den für altersbedingt insbesondere im Bereich der Elektronikbau- diesen Zeitpunkt geplanten Meilenstein. Einen nicht unwe- gruppen vermehrt auf Obsoleszenz und damit auf nicht mehr sentlichen Einfluss auf die Zielerreichung hat die vorüberge- verfügbare Ersatzteile. Durch Gewinnung von Ersatzteilen hende Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 im aus auszusonderndem Gerät sowie durch Kreuztausch von Zuge des Konjunkturpakets. Komponenten wird dem negativen Einfluss der Obsoleszenz von Komponenten temporär entgegengewirkt. Die Vertrags- und Liefertreue der Industrie ist aufgrund der weiterhin spürbaren Auswirkungen der COVID-19 Pandemie immer noch mit gewissen Risiken im Hinblick auf die Zieler- reichung versehen. Durch intensive Anstrengungen aller
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 11 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BAAINBw erscheint ak- gesetzt. Um Dopplungen zu vermeiden, wird auf weitere Ak- tuell das Ziel, die Vollausgabe bereits im November 2020 zu tivitäten der AG Umsetzung BeschO im gleichzeitig erschei- erreichen, dennoch möglich. nenden Rüstungsbericht näher eingegangen. In organisationsbereichsübergreifenden Maßnahmen der 30-Tage-ET-/AT-Einsatzvorrat Initiative Einsatzbereitschaft, findet beispielsweise die „Per- Der Aufbau des 30-Tage-Einsatzvorrats an Ersatz- und Aus- sonelle Unterstützung Richtung BAAINBw und Marinearse- tauschteilen für die etwa 5.000 verschiedenen Produkte nal durch die Marine“ zur Beschleunigung maritimer Pro- (Waffensysteme und Geräte der Truppe) des Zwischen- jekte statt. Für die Zusammenarbeit im Rahmen der fach- schritts 2023 (primär für die Very High Readiness Joint Task technischen Mitprüfung oder Bearbeitung von Projektele- Force (VJTF)) schreitet in Verantwortung des BAAINBw suk- menten wurden hierzu 31 Dienstposten eingerichtet. In einer zessive voran. Bereits für ca. 3.300 Positionen der insgesamt weiteren Maßnahme „Sofortinstandsetzung in der Marine rund 30.000 Versorgungsartikel wurden Beschaffungen mit verbessern“ wird durch Übernahme von Aufgaben im In- einem Wert von rund 28 Millionen Euro eingeleitet. Beschaf- standsetzungsablauf die Expertise der Marine eingebracht fungszeitpunkt und Menge werden dabei IT-gestützt zu über und gleichzeitig instandsetzungsspezifisches Know-how er- 90% automatisiert auf den Weg gebracht und über beste- weitert. Hierzu wurden bereits erfolgreich eine Werkstatt so- hende Rahmenverträge und Neuverträge realisiert. Damit wie 5 Dienstposten eingerichtet und besetzt, mit deren Hilfe wird erstes Material bereits im ersten Halbjahr 2021 in die das Marinearsenal gemeldete Störungen oder Schäden kurz- Depots und Materiallager der Bundeswehr zulaufen. Ziel ist fristig beheben kann. es, bis Ende des Jahres 2022 den Aufbau des 30-Tage-Ein- satzvorrats für den Zwischenschritt 2023 abgeschlossen zu Management Bestellanforderungen haben. Auf der Beschaffung von Hochwertbaugruppen mit Im Berichtszeitraum konnte durch organisatorische Maß- langen Lieferzeiten liegt hierbei ein besonderes Augen- nahmen die Arbeitsfähigkeit in der Ersatzteilbeschaffung merk. auch unter den Rahmenbedingungen der COVID-19-Pande- mie aufrechterhalten werden. Die Bestellanforderung Gleichzeitig haben die Planungen für die Bedarfsermittlung (BANF)-Bearbeitung erwies sich trotz der zusätzlichen Belas- der Zwischenschritte 2027 und 2031 des Fähigkeitsprofils tung durch die Ad-Hoc-Beschaffungen von Material zur Be- der Bundeswehr in direkter Zusammenarbeit mit den Orga- kämpfung der COVID-19-Pandemie sowie zusätzlichem Be- nisationsbereichen der Bundeswehr und dem Logistikkom- darf für den 30-Tage ET/AT-Vorrat als robust. Neben der re- mando der Bundeswehr bereits begonnen. Dies ermöglicht gulären Einkaufs- und Projektarbeit wurden im Bereich des zukünftig einen auf den Planungsprozess für Materialerhal- Sanitätsmaterials durch ein interdisziplinär aufgestelltes tung abgestimmten zeitlichen Ablauf auf Grundlage der be- Team im BAAINBw ca. 1,9 Mio. grüne Masken, 8,7 Mio. Ein- nötigten Produktspektren. wegmasken, 24 Tsd. FFP3 Masken und 5,1 Mio. Schutzkittel für die Bundeswehr beschafft. Bei den Nichtverbrauchsgü- Die übergreifende waffensystemspezifische Ersatzteillage ist tern wurden über 30 verschiedene Produkte wie differenziert. Neben Ersatz- und Austauschteilen von markt- Beatmungs-, Ultraschall- oder Blutgasanalysegeräte unter verfügbaren oder marktnahen Produkten wie beispielsweise Vertrag genommen, wovon beispielsweise die Notfallbeat- bei den ungeschützten / geschützten Transportfahrzeugen mungsgeräte vollständig geliefert sind. kommt es bei spezifischem Artikeln weiterhin zu Verzöge- rungen. Durch die Bildung einer entsprechenden Umlaufre- Die Abarbeitungsquote offener BANFen lag im Berichtszeit- serve wie beispielsweise für diverse Hochwertkomponenten raum bei etwa 1 (Anzahl der neu eingegangenen BANF ent- des LEOPARD 2 können negative Einflüsse auf die materielle spricht in etwa der Anzahl der abgearbeiteten BANF). Die- Einsatzbereitschaft abgemildert werden. Zusätzlich von Ob- selbe Quote wurde auch für das Waffensystem KPz Leopard soleszenz betroffene Komponenten führen allerdings zu 2 erzielt. Die Effekte der waffensystemspezifischen Ausrich- langwierigen Instandhaltungsmaßnahmen des Gesamtsys- tung der Ersatzteilbeschaffung haben sich auch im Berichts- tems oder zwingen zu Alternativen. Im Rahmen des Eng- zeitraum positiv ausgewirkt. passmanagements müssen beispielsweise bei der Korvette K130 oder der CH-53 immer wieder durch gesteuerte Aus- Maßnahmen zur Steigerung bauten Austauschteile gewonnen werden um Instandhal- der materiellen Einsatzbereitschaft tungen der verbleibenden Systeme abschließen zu können. AG Umsetzung BeschO Generell wurden Dienstposten mit Relevanz für die Thema- Die Arbeitsgruppe „Umsetzung Untersuchung Beschaf- tik Ersatz- und Austauschteile im BAAINBw identifiziert und fungs- und Nutzungsorganisation sowie Optimierung Be- eingerichtet. Die Besetzung dieser Dienstposten wird priori- schaffungswesen" (kurz: AG Umsetzung BeschO) verfolgt siert vorgenommen und führt aktuell zu einer 90 prozentigen derzeit 58 Maßnahmen, welche u.a. die Kernaufgabe des Besetzungsquote. Im Zuge der Materialverantwortung für BAAINBw, die Projektarbeit, verbessern sollen. Dabei stehen die Einsatzreife stellt sich somit ein positiver Beitrag in der die Entlastung und Verstärkung der für die Projektarbeit vor- Instandhaltung von Systemen ein. gesehenen Personalressourcen, die Verbesserung der Ar- beitsbedingungen und die Steuerung der Projekte im Mittel- punkt. Fortschritte wurden u.a. im Bereich der Direkteinstel- lungen sowie bei der Einrichtung der stellvertretenden Ab- teilungsleitung in den projektführenden Abteilungen als zu- sätzliches Bindeglied zu den militärischen Organisationsbe- reichen erreicht. Damit haben wir die Voraussetzungen für eine spürbare Stärkung des Nutzungsmanagements im Amt
12 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 Sonderwerkzeugsätze Zahlreiche Obsoleszenzen sowie lange Standzeiten im Rah- Im Bereich der Sonderwerkzeugsätze (SdWzS) wurde die men der Inspektionsmaßnahmen führen insgesamt zu unbe- technisch-wirtschaftliche Bewertung des BAAINBw hin- friedigenden materiellen Einsatzbereitschaft des KH TIGER. sichtlich einer Beschaffung, beispielsweise unter Betrach- Mit Hilfe des „Maintenance Improvement Plan II“ sollen tung der verbleibenden Nutzungsdauer des jeweiligen Sys- auch bei diesem System Inspektionen optimiert werden. tems, durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurde wei- Komplexe Instandhaltungsmaßnahmen wie Hauptinspekti- terhin ein Vorschlag zur Beschleunigung der amtsinternen onen sollen verstärkt durch die Industrie durchgeführt wer- Projektablaufprozesse für eine effiziente Beschaffung an die den. Bei Instandhaltungsmaßnahmen in der Truppe kann auf Leitung des BMVg herangetragen. Die Vorschlagsinhalte be- einen abgestimmten und bedarfsorientierten On-Site-Sup- finden sich derzeit in ministerieller Prüfung. port der Industrie zurückgegriffen werden. Durch Umset- zung der zuvor dargestellten Maßnahmen wird zukünftig mit Allgemein besteht ein Bedarf an SdWzS überall da, wo in Zei- einer Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft für die- ten knapper Haushaltsmittel nur ein Minimum des eigentli- ses Waffensystem gerechnet. chen Bedarfs beschafft wurde. Aktuell orientiert sich der Be- darf an Material am Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, wel- Die erreichten Teilerfolge und Fortschritte zeigen, dass der ches bis 2031 vorausgeplant wurde. Somit wird der mengen- eingeschlagene Weg richtig und zielführend ist. Diesen Kurs mäßige Zulauf an SdWzS für die Systeme bis ins Jahr 2031 gilt es nun unvermindert fortzusetzen. Derzeit wird geprüft. andauern. Beispielsweise sind die SdWzS für die Systeme SPz ob eine Umstellung der Abläufe in der Instandhaltung auch PUMA oder DINGO vertraglich umgesetzt und somit in Be- beim NH90 einen positiven Beitrag auf dessen materielle schaffung. Bis zum ersten Zwischenziel 2023 sollen 288 Einsatzbereitschaft leisten kann. Durch eine signifikante Re- SdWzS für den SPz PUMA sowie 233 Sätze für den Dingo zu- duzierung der Durchlaufzeiten bei großen Industrieinspekti- laufen. Eine der Herausforderungen bei der Beschaffung onen konnte der geschlossene „Standardisierte Instandhal- ergibt sich dadurch, dass SdWzS nicht vollumfänglich aus tungsleistungsvertrag“ (SILV) bereits einen positiven Beitrag handelsüblichen Produkten bestehen, sondern anteilig auch leisten. In Folge konnte eine erhöhte Planungssicherheit als durch Sonderanfertigen (Bspw. Hebezeuge) ergänzt werden auch Luftfahrzeugverfügbarkeit erzielt werden. Die Erwar- müssen, bei denen die Herstellbarkeit teilweise nicht mehr tung liegt nun bei einer Verstetigung der reduzierten Durch- oder nur eingeschränkt gegeben ist. laufzeiten. Im BAAINBw findet derzeit zudem eine geson- derte Projektüberwachung für Beiträge zur VJTF 2023 statt, Anpassung von Prozessen und Vorgaben welche die Umsetzung von 315 zeitkritischen VJTF-Projek- Durch Anpassungen der Abläufe der Instandhaltung konn- ten überwacht. Diese Projekte müssen bis Ende 2020 gerüs- ten bereits Stillstandszeiten minimiert werden. Bei mehre- tet werden, damit im Jahr 2021 eine entsprechende Ausbil- ren Systemen wird somit ein positiver Beitrag zur materiel- dung am Material für die anschließende Stand-Up Phase der len Einsatzbereitschaft geleistet. Aufgrund qualitativer Ver- VJTF in 2022 stattfinden kann. In diesem Zusammenhang besserungen in der vorbeugenden Materialerhaltung konnte wird beispielsweise die Herstellung der Einsatzreife des SPz das Intervall der technischen Materialprüfung beim SPz PUMA-VJTF forciert. Ferner wird mit der beschleunigten PUMA erhöht werden. Weiterhin wurde für den SPz PUMA Einführung des Battle Management Systems die Führungs- zusätzliche technische Infrastruktur zur Instandsetzung be- fähigkeit auf dem Gefechtsfeld der VJTF verbessert. Aber reitgestellt und mit SdWzS ausgestattet. Dringend benötigte auch die Modernisierung der LKW-Flotte sowie die Verbes- Ersatzteile im Wert von ca. 300 Mio. Euro befinden sich in der serung der feldmäßigen Unterbringung der Soldatinnen und Beschaffung und laufen bis Mitte 2023 zu. Das Artikelspekt- Soldaten im Einsatz durch Realisierung des Projektes „Un- rum des geschlossenen Ersatzteilrahmenvertrages SPz terbringung im Einsatz“ zeigen, dass der eingeschlagene PUMA bis zum Ende des Jahres deutlich erweitert. Im Ergeb- Weg einer engen Projektüberwachung zum Erfolg führt. nis konnte die Einsatzbereitschaft des SPz PUMA aufgrund großer Anstrengungen auf Seiten der Bundeswehr und In- dustrie auf zuletzt stabile 50% gesteigert werden. Die er- reichten Teilerfolge und Fortschritte zeigen, dass der einge- schlagene Weg richtig und zielführend ist. Diesen Kurs gilt es nun unvermindert fortzusetzen.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020 13 Inspekteur des Heeres Materielle Einsatzbereitschaft Heer Das Heer verantwortet im Rahmen der Meldung materielle oder KPz LEOPARD 2 stößt unverändert auf umfangreiche Einsatzbereitschaft insgesamt 14 Waffensysteme, davon Umrüstmaßnahmen der Bestandsflotten, sodass sich trotz zwölf Landsysteme und zwei fliegende Systeme. Sämtliche intensiver Steuerungs- und Koordinationsmaßnahmen Waffensysteme des Heeres sind mit Ausnahme des SPz durch das Heer kurzfristig keine nachhaltigen Verbesserun- PUMA und der beiden fliegenden Waffensysteme Trans- gen in der materiellen Einsatzbereitschaft sowie in der Ver- porthubschrauber NH90 und KH TIGER einsatzreife Sys- fügbarkeit einsatzbereiter Systeme für die Truppe einstellen. teme. Die positive Entwicklung beim SPz PUMA belegt, dass sich Insgesamt befindet sich die materielle Einsatzbereitschaft nunmehr erste Wirkungen aus eingeleiteten Maßnahmen der genutzten Waffensysteme weiterhin auf einem ausrei- zeigen. Nichtsdestotrotz müssen die gemeinsamen Anstren- chenden Niveau, um Einsätze und einsatzgleiche Verpflich- gungen mit der Industrie aktiv und intensiv weiterverfolgt tungen durch materielle Schwerpunktbildung ohne Ein- werden, um die positive Tendenz zu verstetigen. Das Heer schränkungen sicherstellen zu können. Die Durchführung bringt hierzu u.a. mit dem Fokusprojekt der Initiative Ein- von Ausbildungen und Übungen unterliegt unverändert ei- satzbereitschaft „Erhöhung Einsatzbereitschaft und Verbes- nem erheblichen Organisations- und Koordinationsaufwand serung Systemstabilität: SPz PUMA“ zwei Teilmaßnahmen sowie teilweisen Einschränkungen. zur Umsetzung. Für den Berichtszeitraum herauszustellen ist die im Juli 2020 abgeschlossene Taktische Einsatzprüfung Über den Berichtszeitraum konnte trotz der verstärkten Wie- des SPz PUMA im Konstruktionsstand VJTF. Im Ergebnis deraufnahme von Ausbildungs- und Übungstätigkeiten un- konnte durch das Heer die „Bereitschaft zur Übernahme“ ter den Rahmenbedingungen der COVID-19-Pandemie die zwar erklärt werden, jedoch unter konkreten und nicht uner- Einsatzbereitschaft der betrachteten Systeme auf einem heblichen Auflagen zur Abstellung einsatzrelevanter Mängel gleichbleibenden Niveau gehalten und in Teilen weiter ge- bis 31. Januar 2021. Darüber hinaus konnte vor allem auf- steigert werden. grund fehlender Funktionalitäten (z.B. bei der Waffenanlage „Mehrrollenfähiges leichtes Lenkflugkörpersystem“ Insbesondere die Einsatzbereitschaft des SPz PUMA zeigt (MELLS)), Sonderwerkzeugsätze und technischer Dokumen- eine positive Entwicklung. Dies ist einerseits auf zahlreiche tationen nur eine Technisch-Logistische Untersuchung des Maßnahmenpakete in enger Zusammenarbeit zwischen In- Systems erfolgen. Die Technisch-Logistische Einsatzprüfung dustrie, BMVg, BAAINBw, Heer sowie der HIL GmbH und ist bis Mitte 2021 abzuschließen. Als weitere wesentliche andererseits auf die parallel geschlossene „Zielvereinbarung Maßnahme im Fokusprojekt der Initiative Einsatzbereit- SPz PUMA“ zurückzuführen. Beim KPz LEOPARD 2 hat sich schaft wird militärisches Instandhaltungspersonal in neu hingegen die Wiederaufnahme des Ausbildungs- und eingerichteten Lehrgängen, insbesondere zur Verbesserung Übungsbetriebs nach den COVID-19-Einschränkungen er- der Befundungsfähigkeit, geschult und im Rahmen der Aus- wartungsgemäß dämpfend auf die noch positive Entwick- bildung und Inübunghaltung aktiv in die Instandsetzung der lung der Einsatzbereitschaft im Vorberichtszeitraum ausge- SPz PUMA eingebunden. Zusätzlich sorgt eine enge Abstim- wirkt. Beim NH90 konnte die Einsatzbereitschaft im Ver- mung zwischen der HIL GmbH, Industrie und Dienststellen gleich zum Vorberichtszeitraum weiter gesteigert werden. des Heeres für straffere Abläufe vor allem an den Schnitt- Eine deutliche Verbesserung der Einsatzbereitschaft ist auch stellen zu HIL-Stützpunkten im „Regionalprinzip“ vor Ort. beim Minenräumpanzer KEILER und der Amphibie erreicht worden. Die „Zielvereinbarung SPz PUMA“ zwischen BMVg, Heer und Industrie wirkt gezielt in rüstungsrelevante Handlungs- Die unverändert bestehenden Materialdefizite (z. B. unzu- felder und sorgt damit für ein ganzheitliches Herangehen, reichende Ersatzteilversorgung) führen nach wie vor zu einer auch in enger Wechselbeziehung zum Fokusprojekt „Erhö- intensiven Nutzung des verfügbaren Gerätes des Heeres. hung Einsatzbereitschaft und Verbesserung Systemstabilität: Maßnahmen im Rahmen der Modernisierung (Bsp. Moderni- SPz PUMA“ im Rahmen der Initiative Einsatzbereitschaft, sierung/ Umrüstung KPz LEOPARD 2 auf A7V und A6(M) um die Einsatzreife des SPz PUMA bis 2025 zu erreichen. So A3, GTK BOXER A1 auf A2) aber auch zur Kompensation ist zum Beispiel die Anhebung des Prüfintervalls für die technischer Überalterung oder nicht mehr marktverfügba- Technische Materialprüfung von 12 auf 24 Monate ein Er- rer Ersatzteile (Bsp. Ersatzteilneuentwicklung Torsions- gebnis der lösungsorientierten Zusammenarbeit auf allen dämpfer zwischen Motor und Getriebe für den Transport- Ebenen. panzer (TPz) FUCHS, Austausch der Feuerwarn- und Lösch- anlage des SPz MARDER) tragen bei allen Waffensystemen Bei den Hubschraubern des Heeres hat sich zum Ende des zu weiteren Einschränkungen der Systemverfügbarkeit und Berichtszeitraumes II/2020 die Einsatzbereitschaft des damit zu einer noch stärkeren Nutzung der vorhandenen NH90 wieder tendenziell verbessert, wenngleich es parallel Systeme bei. Dies verursacht erhöhte Ausfallquoten und aufgrund der Häufung zeitintensiver Störbehebungen sowie steigenden Instandsetzungs- und Wartungsaufwand. Der Lieferverzögerungen der Industrie von drei bis sechs Mona- Zulauf zusätzlicher Landsysteme bei SPz PUMA, GTK BOXER
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