Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr II/2020

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Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr II/2020
8. Dezember 2020

Bericht
zur materiellen Einsatzbereitschaft
der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr
II/2020

                Teil I
2                                                    BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020

INHALT
Vorbemerkungen                                                                                                   3

Gesamtüberblick zur materiellen Einsatzbereitschaft                                                              4
    Der Generalinspekteur der Bundeswehr

Initiative Einsatzbereitschaft                                                                                   8

Erläuterungen und Tendenzen zur materiellen Einsatzbereitschaft
aus der Perspektive der Organisationsbereiche der Bundeswehr
    Präsidentin des Bundesamtes für
    Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr                                                  10

    Inspekteur des Heeres                                                                                       13

    Inspekteur der Luftwaffe                                                                                    15

    Inspekteur der Marine                                                                                       16

    Inspekteur der Streitkräftebasis                                                                            17

    Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr                                                              19

    Inspekteur des Cyber- und Informationsraums                                                                 20

Impressum                                                                                                       21
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020   3

Vorbemerkungen

Mit dem vorliegenden Bericht zur „Materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr“
für den Berichtszeitraum Mai bis Oktober 2020 wird die bekannte und bewährte Berichterstattung der vergan-
genen Jahre fortgesetzt.

Der Bericht umfasst aktuell 69 Hauptwaffensysteme. Im Vergleich zum letzten Bericht ergänzt der Marinehub-
schrauber NH90 SEA LION das Bild der materiellen Einsatzbereitschaft.

Bis jetzt sind bereits sechs neue NH90 SEA LION von insgesamt 18 an die Bundeswehr ausgeliefert worden. Er
wird den mittlerweile über 40 Jahre alten Marinehubschrauber SEA KING bis 2023 vollständig ablösen. Die Ein-
führung eines neuen militärischen Hubschraubers erstreckt sich über Zwischenschritte vom Anfangsflugbetrieb
(Kennenlernen mit Industrieunterweisung) über zahlreiche taktische Einsatzprüfungen (Zertifizierung der ein-
zelnen Missionen) hin zum regulären Flugbetrieb (Einsatz, Technik und Ausbildung in allen Missionen). Im Ge-
gensatz zum zivilen Flugbetrieb ist der militärische Flugbetrieb von einer Vielzahl von unterschiedlichsten Mis-
sionen und taktischen Verfahren geprägt, die zunächst mit dem neuen Hubschraubermuster speziell für die
Bundeswehr „erflogen“ und bei denen der Hubschrauber auf „Herz und Nieren“ geprüft werden muss. Dies er-
fordert hohe Kraftanstrengungen, Flexibilität und gegenseitiges Vertrauen sowohl auf Seiten der Industrie als
auch von unserer Seite. Die derzeitige materielle Einsatzbereitschaft des NH90 SEA LION entspricht nicht un-
seren Erwartungen, jedoch wird mit Hochdruck an den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Einsatzprüfung
im I. Quartal 2021 u.a. durch Beschaffung weiterer Ersatz- und Austauschteile sowie Bodendienstgeräte gear-
beitet.

Dieser Bericht gliedert sich unverändert in einen OFFENEN Teil I, der Bewertungen sowie aktuelle Entwicklun-
gen in feinerer Granularität voranstellt, und einen GEHEIM eingestuften Teil II. Die sich im Teil II bietende Ge-
samtschau über die materielle Einsatzbereitschaft und die hohe Detailtiefe der Informationen lassen konkrete
Rückschlüsse auf aktuelle Fähigkeiten der Bundeswehr zu, so dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die
Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland schädigen würde. Dies gilt umso mehr vor dem Hinter-
grund einer verschärften sicherheitspolitischen Lage sowie dem deutschen Beitrag zur Sicherheitsvorsorge im
Rahmen der Bündnisverteidigung. Die im Teil II des Berichts enthaltenen Informationen sind aus diesem Grund
unverändert in ihrer Gesamtheit GEHEIM einzustufen. Damit wird auch dem Schutz unserer Soldatinnen und
Soldaten Rechnung getragen.

Mit dem zeitgleich erscheinenden 12. Bericht des BMVg zu Rüstungsangelegenheiten (Rüstungsbericht) leisten
wir unverändert einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und Transparenz.
4                                                                BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020

Der Generalinspekteur der Bundeswehr
Gesamtüberblick
zur materiellen Einsatzbereitschaft

Die Bundeswehr ist einsatzbereit
und ein verlässlicher Partner
Durch die regelmäßige Berichterstattung zur materiellen            Darüber hinaus führen erforderliche und umfangreiche Mo-
Einsatzbereitschaft der Bundeswehr werden die Öffentlich-          dernisierungsmaßnahmen z.B. beim KPz LEOPARD 2 oder
keit im Allgemeinen und das Parlament im Besonderen über           beim Transportpanzer (TPz) FUCHS zunächst zu einer gerin-
den Klarstand unserer Hauptwaffensysteme informiert. Das           geren Verfügbarkeit dieser Systeme, erhöhen allerdings mit-
Beibehalten einer einheitlichen Systematik von Messung und         telfristig – und dann dauerhaft – deren materielle Einsatzbe-
Berichterstattung garantiert die hohe Vergleichbarkeit und         reitschaft.
Transparenz hinsichtlich der Entwicklung und Bewertung
der materiellen Einsatzbereitschaft. Die Auswahl der Waf-          Beim NH90 konnte schrittweise das Inspektionssystem wei-
fensysteme orientiert sich an ihrer herausgehobenen Rele-          terentwickelt werden. Zusätzlich wurde für die ersten beiden
vanz für Einsatz, einsatzgleiche Verpflichtungen sowie             Maschinen das vertraglich vereinbarte standardisierte In-
Übungen und Ausbildung in den militärischen Organisati-            standhaltungspaket (auf Basis des sog. „SILV-Vertrages“ –
onsbereichen.                                                      enthält Bonus-Malus-Regelungen) mit einer Durchlaufzeit
                                                                   von rund 100 Arbeitstagen abgeschlossen. Mit einer weiteren
Die materielle Einsatzbereitschaft aller 69 Hauptwaffensys-        Wirkungsentfaltung des Vertrages wird im Laufe des Jahres
teme hat in den vergangenen sechs Monaten erneut zuge-             2021 gerechnet. Eine Erweiterung der Instandhaltungskapa-
nommen und liegt bei nun 74%. Auch wenn dieser Positiv-            zitäten und der personelle Aufwuchs bei der Industrie lassen
trend erfreulich ist, so ist die Zahl aufgrund der fortbeste-      eine zusätzliche Verbesserung der industriellen Unterstüt-
henden großen Streuung zwischen den einzelnen Waffen-              zung in der Instandhaltung erwarten. Diese positiven Ent-
systemen nicht zufriedenstellend. So liegt die materielle Ein-     wicklungen konnten wir beim Kampfhubschrauber TIGER
satzbereitschaft beispielsweise bei den fabrikneuen unge-          noch nicht erreichen, da z.B. fehlende Dockkapazitäten un-
schützten LKW bei über 90%, bei Hubschraubern jedoch               verändert zu einem Inspektionsstau führen. Dieser soll bis
knapp 40%.                                                         2022 abgebaut werden.

Beispiele für eine positive Entwicklung sind die Hauptwaf-         Ausgewählte Analyse im Produktlebenszyklus
fensysteme EUROFIGHTER mit einem Klarstand von durch-              Die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr bestehen oft aus
schnittlich 66% und in der Spitze über 70%, A400M mit 43%,         einem Mix an Systemen. Diese wiederum befinden sich in
die geschützten Fahrzeuge der Streitkräftebasis (SKB) mit ei-      drei unterschiedlichen Phasen ihres Produktlebenszyklus.
ner materiellen Einsatzbereitschaft zwischen 78% und 85%           Für den Erhalt der materiellen Einsatzbereitschaft ergeben
und der Schützenpanzer PUMA (SPz), der erstmals mit mehr           sich deshalb jeweils eine Vielzahl verschiedenster Herausfor-
als 100 einsatzbereiten SPz in der Truppe vor Ort präsent          derungen im Hinblick auf die Schnittstelle zur Industrie so-
war. Unsere Benchmark von 70% materieller Einsatzbereit-           wie zu den internen Prozessen der Planung und Logistik.
schaft übertrafen 41 Hauptwaffensysteme, 12 waren
schlechter als 50%.                                                Systeme in der Einführungs- bis Wachstumsphase
                                                                   Für diese Systeme ist charakteristisch, dass sie noch nicht in
Hauptwaffensysteme mit nach wie vor stark verbesserungs-           vollständiger Tiefe in der Bundeswehr integriert sind. Das hat
würdiger materieller Einsatzbereitschaft sind der Kampfhub-        zur Folge, dass viele Kriterien zum Herstellen der Versor-
schrauber TIGER, die „Modularen Sanitätseinrichtungen“             gungs- und schließlich der Einsatzreife nur in kleinen Schrit-
sowie die Altsysteme wie TORNADO, der Transporthub-                ten erfüllt werden. Teilweise wird die Instandhaltung noch
schrauber CH-53 oder die Marinehubschrauber SEA KING               mit ausschließlicher Abstützung auf die Industrie durchge-
und SEA LYNX.                                                      führt. Teilweise sind erforderliche Produktdaten und Son-
                                                                   derwerkzeuge noch nicht in ausreichender Anzahl verfügbar.
Während der Abnahmeprüfung unter Gefechtsbedingungen               Während es in der Vergangenheit mit Blick auf Stabilisie-
der 41 SPz PUMA mit dem für die VJTF 2023 robusteren               rungseinsätze durchaus hingenommen werden konnte, bei
Konstruktionsstand konnten sichtbare Fortschritte bei Qua-         der Herstellung der Versorgungsreife im Interesse einer
lität und Zuverlässigkeit des Waffensystems nachgewiesen           schnellen Verfügbarkeit der ersten Systeme in den Einsatz-
werden. Unverändert bedarf es zur Herstellung der Einsatz-         gebieten und vom logistischen System der Bundeswehr ab-
reife bis Frühjahr 2021 der gemeinsamen Anstrengungen mit          weichende Sonderverfahren zur Instandhaltung der Systeme
der Industrie. Dieser Bauzustand soll (im Rahmen einer zu          zu etablieren, muss künftig vor dem Hintergrund der Aufga-
beauftragenden großen Umrüstung in der Industrie) begin-           ben in der Landes- und Bündnisverteidigung sowie in beson-
nend ab 2021 auf die Gesamtflotte übertragen werden. In ei-        deren Lagen (COVID-19-Pandemie) der frühen und unein-
nem weiteren Schritt ist in 2022 über die Beschaffung eines        geschränkten Herstellung der Versorgungsreife wieder eine
2. Loses SPz PUMA zu entscheiden.                                  hohe Priorität eingeräumt werden. Gerade in dieser frühen
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020      5

Phase muss sich das Schnittstellenmanagement Bundes-              und der Steuergruppe fliegende Waffensysteme sowie die
wehr und Industrie schnell auswirken.                             Trendwenden Material und Finanzen zeigen weiterhin mess-
Beispiele für neue Systeme mit einer im Verlauf hohen             bare Erfolge mit positiver Wirkung auf die materielle Einsatz-
Schwankungsbreite der materiellen Einsatzbereitschaft zwi-        bereitschaft.
schen 27% bis 95% - sind u.a. SPz PUMA, A400M, H 145M
LUH SOF, Geschützte Transportfahrzeuge (GTF) Zuladungs-           Initiative Einsatzbereitschaft
klasse (ZLK) 15t und NH 90. Bei 4 von 12 Systemen haben wir       Die Initiative Einsatzbereitschaft wurde im Januar durch die
Sonderprogramme zur Steigerung der materiellen Einsatz-           Bundesministerin der Verteidigung gestartet. Die insgesamt
bereitschaft aufgelegt (u.a. SPz PUMA). Erstmals liegt die        25 Einzelmaßnahmen wurden in enger Abstimmung mit den
materielle Einsatzbereitschaft dieses Clusters bei über 79%       Inspekteuren der militärischen Organisationsbereiche, der
im Durchschnitt aller 12 Systeme.                                 Präsidentinnen der Bundesämter für Ausrüstung, Informati-
                                                                  onstechnik und Nutzung (BAAINBw), Infrastruktur, Um-
Systeme in der Wachstums- bis Sättigungsphase                     weltschutz und Dienstleistungen (BAIUDBw) sowie das Per-
Die materielle Einsatzbereitschaft der Waffensysteme ist          sonalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) und den Ab-
aufgrund routinierter Prozesse hoch. Dadurch stehen die           teilungsleitern des Ministeriums entwickelt.
Produktpflege und Produktweiterentwicklung im Vorder-
grund. So sind Alter und Größe der jeweiligen Flotte, aber        Durch Fokusprojekte der Inspekteure und Präsidentinnen
auch die konkrete Verwendbarkeit und Nutzung der Waffen-          konnten Verbesserungen u.a. in der materiellen Einsatzbe-
systeme, die Verfügbarkeit logistischer Daten und Doku-           reitschaft bei EUROFIGHTER, SPz PUMA, A400M oder dem
mentationen sowie die Versorgungsreife im System Bundes-          TEP 90 erreicht werden. Sie unterstreichen die spürbaren
wehr entscheidende Parameter zur Gewährleistung einer             Fortschritte, die durch die Initiative Einsatzbereitschaft er-
hohen materiellen Einsatzbereitschaft. Innerhalb dieser           reicht wurden.
Phase geht es vorrangig um die stetige Optimierung der
Schnittstelle Bundeswehr und Industrie im Nutzungspro-            Für die Luftwaffe konnte die Verfügbarkeit einsatzbereiter
zess, um gerade die Übergänge der Systeme (Wachstums-             Systeme und Besatzungen bei EUROFIGHTER und A400M
zur Reifephase bzw. Sättigungsphase zur Degenerations-            deutlich erhöht werden. Alle Beteiligten, von der Industrie
phase) mit hoher Konstanz zu gewährleisten.                       bis zur Truppe waren dafür gefordert. Durch die Kooperation
Beispiele für stabile Systeme mit einer im Verlauf kleinen        zwischen Industrie, den Werkstätten des Marinearsenals und
Schwankungsbreite der materiellen Einsatzbereitschaft zwi-        dem Instandsetzungspersonal der Marine am Standort
schen 65% bis nahezu 100% sind u.a. FREGATTEN,                    Warnemünde wurde mit der Qualifizierung des technischen
KPz LEOPARD 2, GTK BOXER, EUROFIGHTER. Bei 12 Sys-                Personals des 1. Korvettengeschwaders zur Stärkung unserer
temen werden derzeit Umrüstprogramme, Konstruktions-              Eigenbefähigung begonnen und eine Unterstützung des In-
standanpassungen oder Stückzahlerhöhungen umgesetzt.              standsetzungsmanagements im Marinearsenal etabliert. Die
Die 31 Systeme dieses Clusters liegen bei einer verlässlichen     positive Entwicklung der materiellen Einsatzbereitschaft des
hohen materiellen Einsatzbereitschaft von häufig oberhalb         SPz PUMA ist zu gleichen Anteilen auf eine klare Fokussie-
75%.                                                              rung im Heer als auch auf die gemeinsam von BMVg,
                                                                  BAAINBw und Heer mit der Industrie geschlossenen Zielver-
Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase:                einbarung zurückzuführen. Mit dem Fokusprojekt der Streit-
Hier wird die Verfügbarkeit als auch die Einsatzbereitschaft      kräftebasis werden Effekte durch Standardisierung und Op-
insbesondere durch technische Defekte aufgrund der Alte-          timierung der Instandhaltung exemplarisch an der Flotte des
rung allmählich reduziert. Hinzu kommen Obsoleszenzen             Trägerfahrzeugs „Truppenentstrahlungs-, entgiftungs-, ent-
von Systemkomponenten, welche teilweise nicht mehr von            seuchungsplatz 90" (TEP 90) untersucht. Die dabei gefunde-
der Industrie aufgefangen werden. Dadurch müssen verwen-          nen Synergieeffekte zur Optimierung der Ersatzteilbeschaf-
dungsfähige Ersatz- und Austauschteile aus anderweitig de-        fung und Straffung der Wartungsintervalle sind auch zur
fekten Systemen gewonnen werden, womit wiederum deren             Übertragung auf andere Systeme nutzbar.
Verfügbarkeit reduziert wird. Dieses Vorgehen ist nicht be-
liebig ausdehnbar und muss zeitgerecht mit der Lieferpla-         Ziel bleibt es, konsequent den eingeschlagenen Weg auch in
nung für das jeweilige Nachfolgesystem synchronisiert wer-        2021 weiter zu gehen und die Fülle der Maßnahmen für je-
den, damit Fähigkeitseinbußen vermieden werden können.            den Angehörigen der Bundeswehr greifbar zu machen.
Deshalb steht gerade bei diesen Systemen die Schnittstelle
der Bundeswehr zur Industrie im Planungs- und Rüstungs-           Lerneffekte aus der COVID-19-Pandemie
prozess im Mittelpunkt.                                           Die Bundeswehr hat aus dem Stand, schnell und mit hoher
Beispiele für alte Systeme mit einer im Verlauf hohen             Agilität auf die Pandemie reagiert und mit der angemessenen
Schwankungsbreite der materiellen Einsatzbereitschaft zwi-        Unterstützung von Bund und Ländern ihre Leistungsfähig-
schen 33% bis 86% sind u.a. TORNADO, CH-53,                       keit erneut unter Beweis gestellt.
P-3C ORION, Betriebsstofftransporter. Bei 10 von 26 Syste-
men wird bereits konkret und intensiv an der Nachfolge- und
                                                                  Unsere Unterstützungsleistungen verlagerten sich im Pan-
Ablöseplanung gearbeitet (bspw. Betriebsstofftransporter,
                                                                  demieverlauf vom starken Einsatz des Sanitätsdienstes und
CH-53) bzw. ist eine Nutzungsdauerverlängerung zum Fäh
                                                                  logistischen Dienstleistungen hin zum derzeitigen Schwer-
igkeitserhalt eingeleitet (bspw. SPz MARDER). Die durch-
                                                                  punkt, der Unterstützung in den Gesundheitsämtern zur
schnittliche materielle Einsatzbereitschaft über alle 25 Sys-
                                                                  Nachverfolgung von Infektionsketten. Daneben halten wir
teme lag bei 69%, bei 11 Systemen jedoch häufig unter 60%.
                                                                  weiterhin eine Reserve vor, um kurzfristig im Rahmen der
                                                                  Amtshilfe verstärkend tätig zu werden.
Die mittel- bis langfristig wirkenden Maßnahmen u.a. der
Agenda Nutzung, der Task Force Beschaffungsorganisation
6                                                                BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020

Die durch die Pandemie in Teilen erheblich reduzierte Nut-         -    Qualitativ und quantitativ bestmögliche Verfügbarkeit
zung, insbesondere bei den schweren Landsystemen, die                   von IT zum digitalen ortsunabhängigen kollaborativen
Möglichkeit einer verstärkten vorbeugenden Instandhaltung               Arbeiten zum Schutz der Angehörigen der Bundeswehr.
und die intensivierte Schadensbehebung nach der fordern-           -    Vertrauenswürdige IT-Services auch unter den Bedin-
den Nutzung in den letzten beiden Jahren hat die materielle             gungen des dislozierten Arbeitens.
Einsatzbereitschaft erhöht.
                                                                   Diese Maßnahmen intensivieren die Digitalisierung der Bun-
So konnten wir gerade bei den Waffensystemen in der                deswehr und wurden als Beitrag des BMVg in das Konjunk-
Wachstums- bis Sättigungsphase alle Vorteile unserer Ei-           turpaket der Bundesregierung eingebracht.
genbefähigung, von der Instandhaltung bis hin zur Ersatz-
teilbevorratung, ausnutzen. Zudem wirkten sich die zu Be-          Neue Herausforderung im Zeitalter der Digitalisierung ist,
ginn der Pandemie erwarteten Störungen in den internatio-          dass die Sicherstellung der Führungsfähigkeit der Bundes-
nalen Lieferketten und bei den industriellen Kapazitäten in        wehr an den Standorten zwar ohne weiteres gewährleistet
der Instandsetzung und Produktion bei einzelnen Systemen           werden kann, ohne die Fähigkeit zum digitalen ortsunabhän-
negativ aus.                                                       gigen kollaborativen Arbeiten jedoch die Einsatzbereitschaft
                                                                   der Bundeswehr durch die Auflockerung eingeschränkt
Dies führte zu einer wertvollen Konsolidierung der materiel-       bleibt.
len Basis und Erhöhung des verfügbaren Bestands. Der Bun-
deswehr werden für 2021 und 2022 damit für Ausbildung,             Das Beschleunigen der Digitalisierung der Bundeswehr
Übung und Einsatz quantitativ wieder deutlich mehr Sys-            durch das Sonderprogramm ResilienzBw im Einsatz und im
teme zur Verfügung stehen, die aber für die Aufnahme des           Grundbetrieb, in der Truppe, auf der Ämter- und Komman-
Regel-Ausbildungs- und Übungsbetriebs auch dringend be-            doebene, für die Nachwuchskräfte in den Akademien, in Uni-
nötigt werden. Insofern ist die materielle Einsatzbereitschaft     versitäten, in Ausbildungs- und Lehreinrichtungen, For-
der Bundeswehr ganzheitlich zu betrachten – vom Kampf-             schung und Verwaltung der Bundeswehr erreicht ein über-
panzer/ EUROFIGHTER zum ungeschützten LKW – bis hin                geordnetes Ziel: das konsequente Verbessern der Einsatz-
zur Stärkung unserer militärischen Instandhaltungskräfte.          bereitschaft der Bundeswehr in allen Lagen.
Das bedeutet neben Aufbau und Erhöhung der Bevorratung
für Ersatzteile, Ausrüstung und Munition auch die Bevorra-         Ausblick des Generalinspekteurs der Bundeswehr
tung von Sanitätsmaterial, Medikamenten, Verpflegungs-             Die Bundeswehr erfüllt jederzeit und uneingeschränkt die an
mitteln. Dies alles dient auch der Erhöhung unserer                sie gestellten Aufträge und Anforderungen; auch wenn wir in
Resilienz.                                                         einigen Bereichen immer noch von der Substanz leben.

Die bisherigen Erfahrungen der Bundeswehr in der Pande-            Die Herausforderung liegt bei der Gleichgewichtung der
mielage COVID-19 unterstreichen, dass die Digitalisierung          Aufträge der Bundeswehr:
eine wesentliche Grundlage für die Aufrechterhaltung der           -    Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) ist die an-
Arbeits- und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ist. Die be-            spruchsvollste Aufgabe für die Bundeswehr. Die Ein-
grenzt vorhandenen Digitalisierungslösungen der Bundes-                 satzrealität bestätigt nicht nur die Gleichrangigkeit der
wehr haben sich in der Pandemielage grundsätzlich bewährt:              Aufgaben, sondern auch die Gleichzeitigkeit von IKM
Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr ist – dort, wo Digi-             und LV/BV, worin die besondere Herausforderung liegt.
talisierungslösungen vorhanden sind – durchgängig sicher-          -    Übernahme von mehr Verantwortung im Bündnis ge-
gestellt.                                                               lingt heute nur durch hohes Engagement und mit klarer,
                                                                        zeitlich gestaffelter Schwerpunktbildung
Die Arbeitsfähigkeit der Bundeswehr im Grundbetrieb war
jedoch nach den Maßnahmen zur Auflockerung in erhebli-             Um in diesem Sinne die Aufgabe der Bundeswehr als einem
chen Teilen eingeschränkt. Insbesondere das Herstellen und         wesentlichen Instrument unserer Sicherheits- und Verteidi-
Halten der materiellen Einsatzbereitschaft bedarf der durch-       gungspolitik auszufüllen, ist eine hohe Einsatzbereitschaft
gängigen Arbeitsfähigkeit der digitalen Prozesse, die voll-        verpflichtend. Sie trägt zur sicherheitspolitischen Hand-
ständig in unserem SASPF-System abgebildet sind. Techni-           lungsfähigkeit Deutschlands bei und unterstreicht unsere
sche Voraussetzung sind die allgemeine Verfügbarkeit und           Verlässlichkeit als Bündnispartner, dessen Streitkräfte
Nutzung sicherer Informationstechnik.                              gleichzeitig und gleichrangig bei LV/BV einsatzfähig sind.

Das BMVg hat im Rahmen einer Erstanalyse konkrete Maß-             Das Wiedererlangen von Fähigkeiten zum Bestehen (militä-
nahmen für ein Sonderprogramm identifiziert, die für die           rische Robustheit) in einem Szenario der Landes- und Bünd-
Einsatzbereitschaft der Bundeswehr unter den Bedingungen           nisverteidigung ist zeitaufwändig und an den gestiegenen
Pandemie wie COVID-19 besonders relevant sind.                     Anforderungen an die Bundeswehr auszurichten.

Ziele sind:                                                        Einsatzbereitschaft ist der Maßstab, an dem die Bundeswehr
-    Langfristige Durchhalte- und Einsatzfähigkeit der Bun-        gemessen wird. Dafür werden einsatzbereite Kräfte benötigt,
     deswehr, angepasst an Lageentwicklungen in allen Be-          die im Zusammenwirken von Personal, Material, Infrastruk-
     reichen – Ausbildung, Qualifizierung, Grundbetrieb ein-       tur, Ausbildung und Übung entstehen. Die Verbesserung der
     schließlich Gesundheitsversorgung und ressortüber-            materiellen Einsatzbereitschaft bleibt damit eine Dauerauf-
     greifenden und multinationalen Einsatz von Bw-Kräf-           gabe in der Planung, Beschaffung und Nutzung der Systeme.
     ten.                                                          Dies allein ist aber nicht genug. Die Bundeswehr braucht ro-
                                                                   bustes Material, robustere Technik und die nötige Robust-
                                                                   heit im logistischen System.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020      7

Im Kern bedeutet dies, dass der Truppe einsatzbereites Gerät     ­     die Verringerung der Durchlaufzeiten in der Industriein-
rechtzeitig und in ausreichender Stückzahl für Einsatz und             standsetzung bspw. mittels Erhöhung der Planbarkeit,
Ausbildung zur Verfügung stehen muss, dazu gehören auch                Straffung der Wartungs- und Inspektionsintervalle, Er-
logistisches Fachpersonal, Dokumentationen, Ersatzteile,               höhung der Ersatzteilbevorratung, Schaffung von Bau-
Werkzeuge sowie feste bzw. mobile Serviceinfrastruktur.                gruppenpools und Controlling der Zielerfüllung,
Dazu benötigen wir ein modernes, nicht störanfälliges Logis-     ­     die Steigerung der Auslieferungsqualität durch die In-
tisches System zur nachhaltigen Nutzung unserer Waffen-                dustrie (Negativbeispiele: SPz PUMA, F125).
systeme.
                                                                 Der weit überwiegende Teil der Hauptwaffensysteme läuft
Mein Fokus liegt daher unverändert auf der Erhöhung der          weiterhin stabil und hat eine gute materielle Einsatzbereit-
materiellen Basis und der Stärkung des Verfügbaren Be-           schaft. Die eingeleiteten Verbesserungen der Task Force Be-
stands.                                                          schaffungsorganisation, der Agenda Nutzung und der Trend-
                                                                 wende Material greifen. Die Wirkung und Impulse der Initi-
Die Erhöhung der materiellen Basis gelingt weiterhin durch       ative Einsatzbereitschaft konnten den positiven Trend weiter
­    konsequente finanzielle Hinterlegung des Fähigkeits-        verstärken und nachhaltig ausbauen.
     profils der Bundeswehr,
­    Steigerung der Robustheit der Systemflotten durch För-      Die erhoffte Konsolidierung im Bereich Hubschrauber ist
     derung der Standardisierung und Reduzierung der Ty-         ausgeblieben; lediglich der NH90 TTH des Heeres zeigt po-
     penvielfalt,                                                sitive Tendenzen, bei KH TIGER ist die Lage weiterhin man-
­    konsequenten Vorzug marktverfügbarer, im Einsatz be-        gelhaft. Daher lasse ich mir regelmäßig persönlich über die
     währter, sofort verfügbarer „80%-Lösungen“ vor einer        Fortschritte zur Steigerung der materiellen Einsatzbereit-
     zeitintensiven, teuren und technologisch fordernden Ei-     schaft vortragen, zuletzt am 23. November 2020. Ich erwarte
     genentwicklung, deren Bewährung im Einsatz noch             im I. Halbjahr 2021 den notwendigen Turnaround.
     aussteht.
                                                                 Beim SPz PUMA sind Verbesserungen eingetreten, jedoch
Die Stärkung des Verfügbaren Bestandes erfordert                 nicht im erwarteten und beauftragten Umfang. Die Nachar-
­    massive Verstärkung der militärischen Instandset-           beiten im Bereich VJTF PUMA sollen bis Ende I. Quartal 2021
     zungskapazitäten durch Aufbau eines neuen Personal-         abgeschlossen sein, damit wir einen verlässlichen robusten
     körpers wie bspw. die neuen Technikstaffeln bei den         und einsetzbaren SPz haben. Absicht ist es, diesen dann „ein-
     Heeresfliegerverbänden,                                     satzbereiten“ Bauzustand als Blaupause für die erforderliche
­    den verstärkten Abschluss von sog. leistungsbasierten       Umrüstung aller SPz des 1. Loses beginnend Ende nächsten
     Industrieverträgen, die Bonus-Malus-Regelungen für          Jahres zu nutzen. In einem weiteren Schritt ist über die Be-
     die Erfüllung fest definierter Leistungen enthalten,        auftragung eines 2. Loses frühestens in 2022 zu entscheiden.
8                                                                 BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020

BMVg
Initiative Einsatzbereitschaft

Im Rahmen der Initiative Einsatzbereitschaft wurden in die-         Mit dem Fokusprojekt der Streitkräftebasis werden Effekte
sem Jahr mit klarem Fokus auf die Bedürfnisse der Streit-           durch Standardisierung und Optimierung der Instandhal-
kräfte insgesamt 25 konkrete Maßnahmen im engen Aus-                tung exemplarisch an der Flotte des TEP 90 untersucht. Die
tausch zwischen den Inspekteuren und Präsidentinnen der             dabei gefundenen Synergieeffekte zur Optimierung der Er-
Organisationsbereiche sowie den Abteilungsleitungen des             satzteilbeschaffung und Straffung der Wartungsintervalle
Ministeriums entwickelt. Erklärtes Ziel der Initiative ist es,      sind auch auf andere Systeme übertragbar.
spürbare positive Effekte bei der materiellen Einsatzbereit-
schaft zu erreichen. Damit wurde seit Beginn der Initiative         Die Anpassung und Vereinfachung der Beschaffungsverfah-
Einsatzbereitschaft eine Verbesserung um vier Prozent er-           ren steht im Mittelpunkt des Fokusprojektes der Sanität.
reicht.                                                             Hierdurch soll bereits 2021 die Beschleunigung und Flexibi-
                                                                    lisierung der Beschaffung von handelsüblichen Produkten in
Insbesondere die Fokusprojekte – eigene Schwerpunkte/               der Sanitätsdienstlichen Versorgung erreicht werden.
Projekte - der Inspekteure und Präsidentinnen der Bundes-
ämter des Geschäftsbereiches unterstreichen die Fort-               Der Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum
schritte, die bereits jetzt durch die Initiative Einsatzbereit-     (CIR) trägt mit der Nutzungsverlängerung des Systems TET-
schaft erreicht wurden. Dadurch sind u.a. Verbesserungen in         RAPOL dazu bei, dass die Fähigkeit zur Führung der VJTF
der materiellen Einsatzbereitschaft bei EUROFIGHTER,                2023 auf der Grundlage eines bisher bewährten Systems er-
SPz PUMA, A400M oder dem TEP 90 gelungen.                           folgen kann. Hauptsächlich wird der „Terrestrischer Bündel-
                                                                    funk“ TETRAPOL für die Sprachübertragung von mobilen
Auch die angestoßenen Prozesse und die Verknüpfung die-             Einzelteilnehmern bei Übungen und Einsätzen der Bundes-
ser mit den eingeleiteten Verbesserungen der Task Force Be-         wehr genutzt. Dieses Projekt zeigt, dass materielle Einsatz-
schO (Optimierung der Beschaffungs- und Nutzungsorgani-             bereitschaft auch eine planerische Aufgabe ist, die sich ver-
sation), der Agenda Nutzung und der Trendwenden Material            ändernde Zeitlinien von Beschaffungsprojekten berücksich-
beginnen zu greifen. Dadurch war es möglich Synergieef-             tigen muss. Hier ist das exemplarisch gut gelungen.
fekte zu erzielen und diese entlang der gesamtplanerischen
Linie des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr auszurichten.            Insbesondere die Fokusprojekte der Bundesämter des Ge-
                                                                    schäftsbereiches verdeutlichen, wie wichtig eine umfassende
Bisherige Ergebnisse der Fokusprojekte                              Betrachtung auch von Nebenaspekten, wie z.B. Infrastruk-
Für die Luftwaffe konnte die Verfügbarkeit einsatzbereiter          tur, Personal, Finanzen, ist. Durch das BAAINBw wurde mit
Systeme und Besatzungen bei EUROFIGHTER (Steigerung                 besonderem Schwerpunkt die Vollausgabe der Mittel für die
der materiellen Einsatzbereitschaft auf durchschnittlich            Materialerhaltung erreicht. Ein weiteres Fokusprojekt wirkte
66%, in der Spitze sogar auf über 70%) und A400M (Steige-           im Bereich der Personalgewinnung: Mit Blick auf den tech-
rung auf im Durchschnitt 43% bei einem arbeitstäglichen             nologischen Fortschritt kommt es darauf an, fachlich versier-
Klarstand von 10 Maschinen) deutlich erhöht werden. Alle            tes und hoch motiviertes Personal für den Beschaffungs-
Beteiligten - von der Industrie bis zur Truppe - haben dies in      und Rüstungsbereich zu gewinnen. Gerade hier setzt die Fo-
einer gemeinsamen Kraftanstrengung erreicht.                        kusmaßnahme der Präsidentin des BAPersBw an, nämlich
                                                                    die Beschleunigung der Personalauswahl bei den Ingenieu-
Durch die Kooperation zwischen den Werkstätten des Mari-            ren für den Organisationsbereich AIN.
nearsenals, dem Instandsetzungspersonal der Marine am
Standort Warnemünde und der Industrie wurde mit der                 Übergreifende Effekte
Qualifizierung des technischen Personals des 1. Korvetten-          Durch das hohe Engagement und dem Pragmatismus aller
geschwaders begonnen und die Eigenbefähigung erheblich              Beteiligten sowie die weiterreichende Involvierung und in-
gestärkt. Gleichzeitig konnte eine Unterstützung des In-            tensive Kommunikation über alle Ebenen hinweg – von der
standsetzungsmanagements im Marinearsenal etabliert wer-            Leitung BMVg bis zur Truppe am Gerät - konnten bei allen
den.                                                                Maßnahmen der Initiative Einsatzbereitschaft nachweisbare
                                                                    Fortschritte erzielt werden.
Die positive Entwicklung der materiellen Einsatzbereitschaft
des SPz PUMA, zuletzt stabil bei circa 50%, ist zu gleichen         Am Beispiel der Verstärkung von personellen Kapazitäten in
Anteilen auf eine klare Fokussierung im Heer und auf die ge-        der Instandsetzung wird die zeitliche Dimension der Initia-
meinsam von BMVg, BAAINBw und Heer mit der Industrie                tive - von der Identifikation des Problems über die Lösungs-
geschlossene Zielvereinbarung zurückzuführen. In diesem             beschreibung bis zur Umsetzung - in einer Großorganisation
Sinne wurde auch die COVID-19-Pandemie-Zeit zur nach-               deutlich. Neueinstellung, Ausbildung und Qualifizierung des
haltigen Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft ge-         benötigten Fachpersonals ist langwierig und wirkt sich erst
nutzt, indem aufwendige Fristen und Umrüstarbeiten vorge-           nach einigen Jahren aus. Daher benötigt die Bundeswehr bei
zogen wurden. Der Erfolg ist bereits seit September 2020            allen Maßnahmen neben Umsetzungswillen, auch Geduld
sichtbar, da die Truppe im Verhältnis der letzten Jahre über        und Durchhaltevermögen.
spürbar mehr einsatzbereite Schützenpanzer vor Ort verfügt.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020     9

Auch die flankierenden Maßnahmen der Initiative Einsatzbe-        und die gebündelten Maßnahmen im Fokusprojekt des In-
reitschaft, wie die Erhöhung der Instandsetzungskapazitä-         spekteurs des Heeres, zeigen positive Effekte bei der Verbes-
ten, gezielter Ersatzteilbeschaffung durch die HIL GmbH           serung der materiellen Einsatzbereitschaft. Alle drei Maß-
                                                                  nahmen sind auf die Handlungsfähigkeit der VJTF 2023, aus-
                                                                  gerichtet.

                                            Projektierung           Umsetzung              Abgeschlossen            Gesamt

 Initiative Einsatzbereitschaft                                     2 (17%)                10 (83%)                 12

 Flankierende Maßnahmen                     1 (9%)                  1 (9%)                 9 (82%)                  11

 Weitere Maßnahmen                                                                         2 (100%)                 2

 Gesamtpaket                                1 (4%)                  3 (12%)                21 (84%)                 25

Initiative Einsatzbereitschaft geht weiter                        Gemeinsam mit der Agenda Nutzung und AG Umsetzung
Die Initiative Einsatzbereitschaft zeigt, dass die Mischung       BeschO zur Optimierung der Beschaffungs- und Nutzungs-
aus Verfahrens-, Verwaltungs- und operativen Maßnahmen            organisation sind viele der erforderlichen Maßnahmen be-
in ihrer Gesamtheit zu einer nachhaltigen Verbesserung der        schrieben und teilweise auch schon umgesetzt worden.
Situation führt. Nicht immer lassen sich Effekte einzelnen
Maßnahmen dezidiert zuschreiben.                                  Daher kommt es für 2021 darauf an, im Sinne der Initiative
                                                                  Einsatzbereitschaft weiter aktiv, mit Gestaltungswillen und
Die Initiative Einsatzbereitschaft hat den Fokus geschärft        dem Mut zu kreativen Lösungen an der Verbesserung der
und Impulse gesetzt, die teilweise unmittelbar, aber auch auf     materiellen Einsatzbereitschaft zu arbeiten. Dies kann im
mittlere und längere Sicht Wirkung entfalten.                     Kleinen geschehen mit maßgeschneiderten Projekten in ein-
                                                                  zelnen Einheiten und Dienststellen, aber auch das große
                                                                  Ganze, Prozesse und Strukturen betreffen.
10                                                                BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020

Präsidentin des Bundesamtes für
Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr
Zur Lage und Perspektive der
Einsatzreife der Hauptwaffensysteme

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und               Um längerfristig einen positiven Einfluss auf die materielle
Nutzung der Bundeswehr, BAAINBw, übernimmt als zentra-              Einsatzbereitschaft von Systemen in der Sättigungs- bis De-
ler Verantwortlicher die Deckung des Sachbedarfs der Streit-        generationsphase zu erhalten, ist ein entsprechendes Nach-
kräfte. Die bedarfs- und forderungsgerechte Ausstattung der         folgesystem zu beschaffen bzw. bei partiell auftretender Ob-
Bundeswehr mit moderner Technik, leistungsfähigem und               soleszenz eine Umrüstung der betroffenen Systeme bzw.
sicherem Material sowie rüstungsbezogenen Dienstleistun-            Änderung an den entsprechenden Komponenten mit an-
gen ist unter wirtschaftlichen Bedingungen und im Einklang          schließender Integration in das betroffene Gesamtsystem
mit Gesetzen und Verordnungen zu erbringen. Die Präsiden-           vorzunehmen.
tin BAAINBw hat die Materialverantwortung für die Einsatz-
reife. Die Projektleiterin bzw. der Projektleiter (PL) nimmt in     Aufgrund der Obsoleszenzbeseitigung sowie der Fertigung
diesem Rahmen die produktbezogenen Aufgaben der bzw.                eines Nachfolgesystems ergeben sich allerdings kapazitäts-
des Materialverantwortlichen für die Einsatzreife zum einen         bedingt letzten Endes Verzögerungen in der Instandhaltung
bei der Herstellung der Einsatzreife im Zuge der Realisierung       von bestehenden Systemen. In Folge kommt es damit zu ei-
sowie zum anderen bei dem Erhalt und bei der Wiederher-             nem einhergehenden verminderten Verfügungsbestand,
stellung der Einsatzreife im Rahmen der Nutzungssteuerung           welcher eine erhöhte Nutzungsintensität erfährt und somit
wahr. Einsatzreife bedeutet die sichere Verwendbarkeit eines        negative Rückkopplungen auf die materielle Einsatzbereit-
Produkts im Rahmen des vorgesehenen Verwendungs-                    schaft der Systeme ausübt. Beispielsweise kann hier der Be-
zwecks einschließlich seiner Versorgungsreife oder die ver-         stand an Kampfpanzern Leopard 2 genannt werden, wo sich
traglich zugesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme ei-           anstehende Umrüstmaßnahmen verschärfend auf die Ver-
ner Dienstleistung.                                                 fügbarkeit der verbleibenden Systeme („Panzerdelle“) aus-
                                                                    wirken. Durch den im Allgemeinen und für Systeme in der
Zu der in diesem Bericht dargestellten materiellen Einsatz-         Sättigungs- bis Degenerationsphase im Speziellen dringend
bereitschaft aller 69 Hauptsysteme der Bundeswehr schaffen          benötigten Zulauf an Neu- bzw. Nachfolgegerät konnte un-
die Herstellung und der Erhalt der materiellen Einsatzreife         ter anderem diese negative Spirale über alle berichteten Sys-
somit die produktbezogenen Voraussetzungen.                         teme betrachtet aufgebrochen werden und ein Absinken der
                                                                    materiellen Einsatzbereitschaft verhindert werden.
Materielle Einsatzbereitschaft im Berichtszeitraum
Während des Berichtszeitraums und insbesondere unter den            Initiative Einsatzbereitschaft
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie konnte die Einsatz-              Mit der Initiative Einsatzbereitschaft wurden Impulse für
bereitschaft im Mittel erneut leicht gesteigert werden.             eine Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft der Bun-
                                                                    deswehr gesetzt. Im Rahmen der Initiative Einsatzbereit-
Herausforderungen stellen sich unverändert bei Systemen             schaft wurde vom BAAINBw in diesem Kontext ein eigenes
in der Einführungs- bis Wachstumsphase sowie bei Syste-             Projekt vorgeschlagen. Die Zielsetzung des eigenen Projekts
men in der Sättigungs- bis Degenerationsphase dar.                  sieht die zweckgebundene Vollausgabe der anvertrauten Fi-
                                                                    nanzmittel bis Ende November 2020 für den Bereich der Ma-
Bei Systemen, die sich in der Einführungs- bis Wachstums-           terialerhaltung vor. Mit Hilfe von Frühwarnindikatoren und
phase befinden, treffen geplante und ungeplante Instand-            Steuerungsmechanismen konnten die selbst gewählten Mei-
haltungsmaßnahmen auf durch Produktion ausgelastete In-             lensteine bisher frühzeitig erreicht werden. Für einen voll-
dustriekapazitäten, vor allem in Form von Personal. Bis zum         ständigen Mittelabfluss wurden sowohl die notwendigen
Aufbau einer entsprechenden Umlaufreserve von Hochwert-             Bindungsstände frühzeitig erreicht, als auch die quartalsmä-
komponenten muss auch für die sich in dieser Produktle-             ßigen Meilensteine beim Ausgabenstand deutlich übertrof-
bensphase befindlichen Systeme auf den Kreuztausch von              fen.
Komponenten ausgewichen werden.
                                                                    Der zum Ende des Berichtszeitraums vorliegende Ausgaben-
Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase stoßen            stand bei der Materialerhaltung übertrifft ebenfalls den für
altersbedingt insbesondere im Bereich der Elektronikbau-            diesen Zeitpunkt geplanten Meilenstein. Einen nicht unwe-
gruppen vermehrt auf Obsoleszenz und damit auf nicht mehr           sentlichen Einfluss auf die Zielerreichung hat die vorüberge-
verfügbare Ersatzteile. Durch Gewinnung von Ersatzteilen            hende Mehrwertsteuersenkung im zweiten Halbjahr 2020 im
aus auszusonderndem Gerät sowie durch Kreuztausch von               Zuge des Konjunkturpakets.
Komponenten wird dem negativen Einfluss der Obsoleszenz
von Komponenten temporär entgegengewirkt.                           Die Vertrags- und Liefertreue der Industrie ist aufgrund der
                                                                    weiterhin spürbaren Auswirkungen der COVID-19 Pandemie
                                                                    immer noch mit gewissen Risiken im Hinblick auf die Zieler-
                                                                    reichung versehen. Durch intensive Anstrengungen aller
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020       11

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BAAINBw erscheint ak-            gesetzt. Um Dopplungen zu vermeiden, wird auf weitere Ak-
tuell das Ziel, die Vollausgabe bereits im November 2020 zu          tivitäten der AG Umsetzung BeschO im gleichzeitig erschei-
erreichen, dennoch möglich.                                          nenden Rüstungsbericht näher eingegangen.

In organisationsbereichsübergreifenden Maßnahmen der                 30-Tage-ET-/AT-Einsatzvorrat
Initiative Einsatzbereitschaft, findet beispielsweise die „Per-      Der Aufbau des 30-Tage-Einsatzvorrats an Ersatz- und Aus-
sonelle Unterstützung Richtung BAAINBw und Marinearse-               tauschteilen für die etwa 5.000 verschiedenen Produkte
nal durch die Marine“ zur Beschleunigung maritimer Pro-              (Waffensysteme und Geräte der Truppe) des Zwischen-
jekte statt. Für die Zusammenarbeit im Rahmen der fach-              schritts 2023 (primär für die Very High Readiness Joint Task
technischen Mitprüfung oder Bearbeitung von Projektele-              Force (VJTF)) schreitet in Verantwortung des BAAINBw suk-
menten wurden hierzu 31 Dienstposten eingerichtet. In einer          zessive voran. Bereits für ca. 3.300 Positionen der insgesamt
weiteren Maßnahme „Sofortinstandsetzung in der Marine                rund 30.000 Versorgungsartikel wurden Beschaffungen mit
verbessern“ wird durch Übernahme von Aufgaben im In-                 einem Wert von rund 28 Millionen Euro eingeleitet. Beschaf-
standsetzungsablauf die Expertise der Marine eingebracht             fungszeitpunkt und Menge werden dabei IT-gestützt zu über
und gleichzeitig instandsetzungsspezifisches Know-how er-            90% automatisiert auf den Weg gebracht und über beste-
weitert. Hierzu wurden bereits erfolgreich eine Werkstatt so-        hende Rahmenverträge und Neuverträge realisiert. Damit
wie 5 Dienstposten eingerichtet und besetzt, mit deren Hilfe         wird erstes Material bereits im ersten Halbjahr 2021 in die
das Marinearsenal gemeldete Störungen oder Schäden kurz-             Depots und Materiallager der Bundeswehr zulaufen. Ziel ist
fristig beheben kann.                                                es, bis Ende des Jahres 2022 den Aufbau des 30-Tage-Ein-
                                                                     satzvorrats für den Zwischenschritt 2023 abgeschlossen zu
Management Bestellanforderungen                                      haben. Auf der Beschaffung von Hochwertbaugruppen mit
Im Berichtszeitraum konnte durch organisatorische Maß-               langen Lieferzeiten liegt hierbei ein besonderes Augen-
nahmen die Arbeitsfähigkeit in der Ersatzteilbeschaffung             merk.
auch unter den Rahmenbedingungen der COVID-19-Pande-
mie aufrechterhalten werden. Die Bestellanforderung                  Gleichzeitig haben die Planungen für die Bedarfsermittlung
(BANF)-Bearbeitung erwies sich trotz der zusätzlichen Belas-         der Zwischenschritte 2027 und 2031 des Fähigkeitsprofils
tung durch die Ad-Hoc-Beschaffungen von Material zur Be-             der Bundeswehr in direkter Zusammenarbeit mit den Orga-
kämpfung der COVID-19-Pandemie sowie zusätzlichem Be-                nisationsbereichen der Bundeswehr und dem Logistikkom-
darf für den 30-Tage ET/AT-Vorrat als robust. Neben der re-          mando der Bundeswehr bereits begonnen. Dies ermöglicht
gulären Einkaufs- und Projektarbeit wurden im Bereich des            zukünftig einen auf den Planungsprozess für Materialerhal-
Sanitätsmaterials durch ein interdisziplinär aufgestelltes           tung abgestimmten zeitlichen Ablauf auf Grundlage der be-
Team im BAAINBw ca. 1,9 Mio. grüne Masken, 8,7 Mio. Ein-             nötigten Produktspektren.
wegmasken, 24 Tsd. FFP3 Masken und 5,1 Mio. Schutzkittel
für die Bundeswehr beschafft. Bei den Nichtverbrauchsgü-             Die übergreifende waffensystemspezifische Ersatzteillage ist
tern wurden über 30 verschiedene Produkte wie                        differenziert. Neben Ersatz- und Austauschteilen von markt-
Beatmungs-, Ultraschall- oder Blutgasanalysegeräte unter             verfügbaren oder marktnahen Produkten wie beispielsweise
Vertrag genommen, wovon beispielsweise die Notfallbeat-              bei den ungeschützten / geschützten Transportfahrzeugen
mungsgeräte vollständig geliefert sind.                              kommt es bei spezifischem Artikeln weiterhin zu Verzöge-
                                                                     rungen. Durch die Bildung einer entsprechenden Umlaufre-
Die Abarbeitungsquote offener BANFen lag im Berichtszeit-            serve wie beispielsweise für diverse Hochwertkomponenten
raum bei etwa 1 (Anzahl der neu eingegangenen BANF ent-              des LEOPARD 2 können negative Einflüsse auf die materielle
spricht in etwa der Anzahl der abgearbeiteten BANF). Die-            Einsatzbereitschaft abgemildert werden. Zusätzlich von Ob-
selbe Quote wurde auch für das Waffensystem KPz Leopard              soleszenz betroffene Komponenten führen allerdings zu
2 erzielt. Die Effekte der waffensystemspezifischen Ausrich-         langwierigen Instandhaltungsmaßnahmen des Gesamtsys-
tung der Ersatzteilbeschaffung haben sich auch im Berichts-          tems oder zwingen zu Alternativen. Im Rahmen des Eng-
zeitraum positiv ausgewirkt.                                         passmanagements müssen beispielsweise bei der Korvette
                                                                     K130 oder der CH-53 immer wieder durch gesteuerte Aus-
Maßnahmen zur Steigerung                                             bauten Austauschteile gewonnen werden um Instandhal-
der materiellen Einsatzbereitschaft                                  tungen der verbleibenden Systeme abschließen zu können.

AG Umsetzung BeschO                                                  Generell wurden Dienstposten mit Relevanz für die Thema-
Die Arbeitsgruppe „Umsetzung Untersuchung Beschaf-                   tik Ersatz- und Austauschteile im BAAINBw identifiziert und
fungs- und Nutzungsorganisation sowie Optimierung Be-                eingerichtet. Die Besetzung dieser Dienstposten wird priori-
schaffungswesen" (kurz: AG Umsetzung BeschO) verfolgt                siert vorgenommen und führt aktuell zu einer 90 prozentigen
derzeit 58 Maßnahmen, welche u.a. die Kernaufgabe des                Besetzungsquote. Im Zuge der Materialverantwortung für
BAAINBw, die Projektarbeit, verbessern sollen. Dabei stehen          die Einsatzreife stellt sich somit ein positiver Beitrag in der
die Entlastung und Verstärkung der für die Projektarbeit vor-        Instandhaltung von Systemen ein.
gesehenen Personalressourcen, die Verbesserung der Ar-
beitsbedingungen und die Steuerung der Projekte im Mittel-
punkt. Fortschritte wurden u.a. im Bereich der Direkteinstel-
lungen sowie bei der Einrichtung der stellvertretenden Ab-
teilungsleitung in den projektführenden Abteilungen als zu-
sätzliches Bindeglied zu den militärischen Organisationsbe-
reichen erreicht. Damit haben wir die Voraussetzungen für
eine spürbare Stärkung des Nutzungsmanagements im Amt
12                                                               BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020

Sonderwerkzeugsätze                                                Zahlreiche Obsoleszenzen sowie lange Standzeiten im Rah-
Im Bereich der Sonderwerkzeugsätze (SdWzS) wurde die               men der Inspektionsmaßnahmen führen insgesamt zu unbe-
technisch-wirtschaftliche Bewertung des BAAINBw hin-               friedigenden materiellen Einsatzbereitschaft des KH TIGER.
sichtlich einer Beschaffung, beispielsweise unter Betrach-         Mit Hilfe des „Maintenance Improvement Plan II“ sollen
tung der verbleibenden Nutzungsdauer des jeweiligen Sys-           auch bei diesem System Inspektionen optimiert werden.
tems, durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurde wei-              Komplexe Instandhaltungsmaßnahmen wie Hauptinspekti-
terhin ein Vorschlag zur Beschleunigung der amtsinternen           onen sollen verstärkt durch die Industrie durchgeführt wer-
Projektablaufprozesse für eine effiziente Beschaffung an die       den. Bei Instandhaltungsmaßnahmen in der Truppe kann auf
Leitung des BMVg herangetragen. Die Vorschlagsinhalte be-          einen abgestimmten und bedarfsorientierten On-Site-Sup-
finden sich derzeit in ministerieller Prüfung.                     port der Industrie zurückgegriffen werden. Durch Umset-
                                                                   zung der zuvor dargestellten Maßnahmen wird zukünftig mit
Allgemein besteht ein Bedarf an SdWzS überall da, wo in Zei-       einer Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft für die-
ten knapper Haushaltsmittel nur ein Minimum des eigentli-          ses Waffensystem gerechnet.
chen Bedarfs beschafft wurde. Aktuell orientiert sich der Be-
darf an Material am Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, wel-          Die erreichten Teilerfolge und Fortschritte zeigen, dass der
ches bis 2031 vorausgeplant wurde. Somit wird der mengen-          eingeschlagene Weg richtig und zielführend ist. Diesen Kurs
mäßige Zulauf an SdWzS für die Systeme bis ins Jahr 2031           gilt es nun unvermindert fortzusetzen. Derzeit wird geprüft.
andauern. Beispielsweise sind die SdWzS für die Systeme SPz        ob eine Umstellung der Abläufe in der Instandhaltung auch
PUMA oder DINGO vertraglich umgesetzt und somit in Be-             beim NH90 einen positiven Beitrag auf dessen materielle
schaffung. Bis zum ersten Zwischenziel 2023 sollen 288             Einsatzbereitschaft leisten kann. Durch eine signifikante Re-
SdWzS für den SPz PUMA sowie 233 Sätze für den Dingo zu-           duzierung der Durchlaufzeiten bei großen Industrieinspekti-
laufen. Eine der Herausforderungen bei der Beschaffung             onen konnte der geschlossene „Standardisierte Instandhal-
ergibt sich dadurch, dass SdWzS nicht vollumfänglich aus           tungsleistungsvertrag“ (SILV) bereits einen positiven Beitrag
handelsüblichen Produkten bestehen, sondern anteilig auch          leisten. In Folge konnte eine erhöhte Planungssicherheit als
durch Sonderanfertigen (Bspw. Hebezeuge) ergänzt werden            auch Luftfahrzeugverfügbarkeit erzielt werden. Die Erwar-
müssen, bei denen die Herstellbarkeit teilweise nicht mehr         tung liegt nun bei einer Verstetigung der reduzierten Durch-
oder nur eingeschränkt gegeben ist.                                laufzeiten. Im BAAINBw findet derzeit zudem eine geson-
                                                                   derte Projektüberwachung für Beiträge zur VJTF 2023 statt,
Anpassung von Prozessen und Vorgaben                               welche die Umsetzung von 315 zeitkritischen VJTF-Projek-
Durch Anpassungen der Abläufe der Instandhaltung konn-             ten überwacht. Diese Projekte müssen bis Ende 2020 gerüs-
ten bereits Stillstandszeiten minimiert werden. Bei mehre-         tet werden, damit im Jahr 2021 eine entsprechende Ausbil-
ren Systemen wird somit ein positiver Beitrag zur materiel-        dung am Material für die anschließende Stand-Up Phase der
len Einsatzbereitschaft geleistet. Aufgrund qualitativer Ver-      VJTF in 2022 stattfinden kann. In diesem Zusammenhang
besserungen in der vorbeugenden Materialerhaltung konnte           wird beispielsweise die Herstellung der Einsatzreife des SPz
das Intervall der technischen Materialprüfung beim SPz             PUMA-VJTF forciert. Ferner wird mit der beschleunigten
PUMA erhöht werden. Weiterhin wurde für den SPz PUMA               Einführung des Battle Management Systems die Führungs-
zusätzliche technische Infrastruktur zur Instandsetzung be-        fähigkeit auf dem Gefechtsfeld der VJTF verbessert. Aber
reitgestellt und mit SdWzS ausgestattet. Dringend benötigte        auch die Modernisierung der LKW-Flotte sowie die Verbes-
Ersatzteile im Wert von ca. 300 Mio. Euro befinden sich in der     serung der feldmäßigen Unterbringung der Soldatinnen und
Beschaffung und laufen bis Mitte 2023 zu. Das Artikelspekt-        Soldaten im Einsatz durch Realisierung des Projektes „Un-
rum des geschlossenen Ersatzteilrahmenvertrages SPz                terbringung im Einsatz“ zeigen, dass der eingeschlagene
PUMA bis zum Ende des Jahres deutlich erweitert. Im Ergeb-         Weg einer engen Projektüberwachung zum Erfolg führt.
nis konnte die Einsatzbereitschaft des SPz PUMA aufgrund
großer Anstrengungen auf Seiten der Bundeswehr und In-
dustrie auf zuletzt stabile 50% gesteigert werden. Die er-
reichten Teilerfolge und Fortschritte zeigen, dass der einge-
schlagene Weg richtig und zielführend ist. Diesen Kurs gilt es
nun unvermindert fortzusetzen.
BMVg BERICHT ZUR MATERIELLEN EINSATZBEREITSCHAFT II/2020     13

Inspekteur des Heeres
Materielle Einsatzbereitschaft Heer

Das Heer verantwortet im Rahmen der Meldung materielle             oder KPz LEOPARD 2 stößt unverändert auf umfangreiche
Einsatzbereitschaft insgesamt 14 Waffensysteme, davon              Umrüstmaßnahmen der Bestandsflotten, sodass sich trotz
zwölf Landsysteme und zwei fliegende Systeme. Sämtliche            intensiver Steuerungs- und Koordinationsmaßnahmen
Waffensysteme des Heeres sind mit Ausnahme des SPz                 durch das Heer kurzfristig keine nachhaltigen Verbesserun-
PUMA und der beiden fliegenden Waffensysteme Trans-                gen in der materiellen Einsatzbereitschaft sowie in der Ver-
porthubschrauber NH90 und KH TIGER einsatzreife Sys-               fügbarkeit einsatzbereiter Systeme für die Truppe einstellen.
teme.
                                                                   Die positive Entwicklung beim SPz PUMA belegt, dass sich
Insgesamt befindet sich die materielle Einsatzbereitschaft         nunmehr erste Wirkungen aus eingeleiteten Maßnahmen
der genutzten Waffensysteme weiterhin auf einem ausrei-            zeigen. Nichtsdestotrotz müssen die gemeinsamen Anstren-
chenden Niveau, um Einsätze und einsatzgleiche Verpflich-          gungen mit der Industrie aktiv und intensiv weiterverfolgt
tungen durch materielle Schwerpunktbildung ohne Ein-               werden, um die positive Tendenz zu verstetigen. Das Heer
schränkungen sicherstellen zu können. Die Durchführung             bringt hierzu u.a. mit dem Fokusprojekt der Initiative Ein-
von Ausbildungen und Übungen unterliegt unverändert ei-            satzbereitschaft „Erhöhung Einsatzbereitschaft und Verbes-
nem erheblichen Organisations- und Koordinationsaufwand            serung Systemstabilität: SPz PUMA“ zwei Teilmaßnahmen
sowie teilweisen Einschränkungen.                                  zur Umsetzung. Für den Berichtszeitraum herauszustellen ist
                                                                   die im Juli 2020 abgeschlossene Taktische Einsatzprüfung
Über den Berichtszeitraum konnte trotz der verstärkten Wie-        des SPz PUMA im Konstruktionsstand VJTF. Im Ergebnis
deraufnahme von Ausbildungs- und Übungstätigkeiten un-             konnte durch das Heer die „Bereitschaft zur Übernahme“
ter den Rahmenbedingungen der COVID-19-Pandemie die                zwar erklärt werden, jedoch unter konkreten und nicht uner-
Einsatzbereitschaft der betrachteten Systeme auf einem             heblichen Auflagen zur Abstellung einsatzrelevanter Mängel
gleichbleibenden Niveau gehalten und in Teilen weiter ge-          bis 31. Januar 2021. Darüber hinaus konnte vor allem auf-
steigert werden.                                                   grund fehlender Funktionalitäten (z.B. bei der Waffenanlage
                                                                   „Mehrrollenfähiges      leichtes    Lenkflugkörpersystem“
Insbesondere die Einsatzbereitschaft des SPz PUMA zeigt            (MELLS)), Sonderwerkzeugsätze und technischer Dokumen-
eine positive Entwicklung. Dies ist einerseits auf zahlreiche      tationen nur eine Technisch-Logistische Untersuchung des
Maßnahmenpakete in enger Zusammenarbeit zwischen In-               Systems erfolgen. Die Technisch-Logistische Einsatzprüfung
dustrie, BMVg, BAAINBw, Heer sowie der HIL GmbH und                ist bis Mitte 2021 abzuschließen. Als weitere wesentliche
andererseits auf die parallel geschlossene „Zielvereinbarung       Maßnahme im Fokusprojekt der Initiative Einsatzbereit-
SPz PUMA“ zurückzuführen. Beim KPz LEOPARD 2 hat sich              schaft wird militärisches Instandhaltungspersonal in neu
hingegen die Wiederaufnahme des Ausbildungs- und                   eingerichteten Lehrgängen, insbesondere zur Verbesserung
Übungsbetriebs nach den COVID-19-Einschränkungen er-               der Befundungsfähigkeit, geschult und im Rahmen der Aus-
wartungsgemäß dämpfend auf die noch positive Entwick-              bildung und Inübunghaltung aktiv in die Instandsetzung der
lung der Einsatzbereitschaft im Vorberichtszeitraum ausge-         SPz PUMA eingebunden. Zusätzlich sorgt eine enge Abstim-
wirkt. Beim NH90 konnte die Einsatzbereitschaft im Ver-            mung zwischen der HIL GmbH, Industrie und Dienststellen
gleich zum Vorberichtszeitraum weiter gesteigert werden.           des Heeres für straffere Abläufe vor allem an den Schnitt-
Eine deutliche Verbesserung der Einsatzbereitschaft ist auch       stellen zu HIL-Stützpunkten im „Regionalprinzip“ vor Ort.
beim Minenräumpanzer KEILER und der Amphibie erreicht
worden.                                                            Die „Zielvereinbarung SPz PUMA“ zwischen BMVg, Heer
                                                                   und Industrie wirkt gezielt in rüstungsrelevante Handlungs-
Die unverändert bestehenden Materialdefizite (z. B. unzu-          felder und sorgt damit für ein ganzheitliches Herangehen,
reichende Ersatzteilversorgung) führen nach wie vor zu einer       auch in enger Wechselbeziehung zum Fokusprojekt „Erhö-
intensiven Nutzung des verfügbaren Gerätes des Heeres.             hung Einsatzbereitschaft und Verbesserung Systemstabilität:
Maßnahmen im Rahmen der Modernisierung (Bsp. Moderni-              SPz PUMA“ im Rahmen der Initiative Einsatzbereitschaft,
sierung/ Umrüstung KPz LEOPARD 2 auf A7V und A6(M)                 um die Einsatzreife des SPz PUMA bis 2025 zu erreichen. So
A3, GTK BOXER A1 auf A2) aber auch zur Kompensation                ist zum Beispiel die Anhebung des Prüfintervalls für die
technischer Überalterung oder nicht mehr marktverfügba-            Technische Materialprüfung von 12 auf 24 Monate ein Er-
rer Ersatzteile (Bsp. Ersatzteilneuentwicklung Torsions-           gebnis der lösungsorientierten Zusammenarbeit auf allen
dämpfer zwischen Motor und Getriebe für den Transport-             Ebenen.
panzer (TPz) FUCHS, Austausch der Feuerwarn- und Lösch-
anlage des SPz MARDER) tragen bei allen Waffensystemen             Bei den Hubschraubern des Heeres hat sich zum Ende des
zu weiteren Einschränkungen der Systemverfügbarkeit und            Berichtszeitraumes II/2020 die Einsatzbereitschaft des
damit zu einer noch stärkeren Nutzung der vorhandenen              NH90 wieder tendenziell verbessert, wenngleich es parallel
Systeme bei. Dies verursacht erhöhte Ausfallquoten und             aufgrund der Häufung zeitintensiver Störbehebungen sowie
steigenden Instandsetzungs- und Wartungsaufwand. Der               Lieferverzögerungen der Industrie von drei bis sechs Mona-
Zulauf zusätzlicher Landsysteme bei SPz PUMA, GTK BOXER
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