Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

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Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Magazin der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät UZH und ihrer Alumni

Juli 2020

             Train the
               Brain
            Fürs Leben lernen, ein Leben lang
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Wirtschaftswi
 Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät

                                                            Auch weite
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                              oder magazin@oec.uzh.ch
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Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
INHALT

                   FOKUS

         Train the Brain
       Wie verändert sich die Bildung

                                                       3
          an der Uni (auch in Zeiten
     der Corona-Pandemie) und welchen
        Stellenwert hat lebenslanges
          Lernen für unsere Alumni?

   6    HINTERGRUND
        Die WWF lanciert mit
        UZH Executive Education
        ein fachübergreifendes Weiter-
        bildungsinstitut

        FRAGESTAFETTE
                                             4
   8
        Meinungen zur Bedeutung
        von Bildung und Lehre an
        der UZH

   14   NACHGEFRAGT
        Prof. Uschi Backes-Gellner
        über Akademie vs. Berufsbildung

   16   PEOPLE
        Studium und Weiterbildung
        fürs Berufsleben: Erfahrungen
        unserer Alumni
                                             6    18
   18   ALUMNI-PORTRÄT
        Was Vollblut-Unternehmer
        Samuel Manz antreibt

   20   LOKALTERMIN
        Mit Helga Fehr-Duda (leider nicht)
        im Asiaway

   22   UPDATE
        Stimmen zur Corona-Pandemie,
        Aktuelles und Events
                                             20   22
Oec. Juli 2020
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
FOKUS
4

                    Train the
                      Brain
                   Fürs Leben lernen, ein Leben lang

B
         ildung hört nach der obligatorischen Schulzeit
         nicht einfach auf. Sie begleitet uns ein Leben lang
         – heute mehr denn je: Der schnelle Wandel des
    Arbeitsmarkts erfordert stetige Weiterentwicklung
    und Agilität. Wie reagieren die Universität Zürich
    und die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät auf die
    Anforderungen und Bedürfnisse von Auszubildenden
    und Ausgebildeten? Und wie beurteilen Menschen
    aus Wissenschaft und Wirtschaft die Bedeutung von
    Bildung und Lehre an den Hochschulen? Diese Ausgabe
    gibt Einblick in die Bildungswelt in Akademie und
    Wirtschaft. Sie zeigt, wie sich Bildung (auch in Zeiten der
    Corona-Pandemie) verändert und welchen Stellenwert
    lebenslanges Lernen für unsere Alumni hat.

                                                          Oec. Juli 2020
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
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Oec. Juli 2020
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
FOKUS HINTERGRUND

                                                                                         programme an, die sehr gut besucht
                                                                                         werden. Wohl nicht zuletzt deshalb,

      Learning at the                                                                    weil in der universitären Weiterbildung
                                                                                         neueste Erkenntnisse schnell und
                                                                                         auf kurzen Wegen Eingang in alle

      Frontier of Knowledge                                                              Bildungsangebote finden.

                                                                                         UZH Executive Education
      Arbeiten im 21. Jahrhundert bedeutet agil sein, sich weiter-                       Die WWF ist seit vielen Jahren ein
6

      entwickeln, offen sein für Neues – das ist es, was der Arbeitsmarkt                führender Anbieter von Weiterbildung
      braucht. An der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WWF)                       im Bereich Executive Education in der
                                                                                         Deutschschweiz, speziell im Bereich
      entsteht deshalb ein Weiterbildungsinstitut, wo neues Wissen in
                                                                                         Management und Finance. Die Qualität
      zukunftsweisenden Bereichen vermittelt wird.                                       der Programme, der starke Aktualitäts-
      Text _ Maura Wyler                                                                 bezug im Sinne von «Learning at the
                                                                                         Frontier of Knowledge» – einem von
                                                                                         vier Leitsätzen der Fakultät – und die
                                                                                         Individualisierbarkeit der Lernformate
                                                                                         zeichnen die Angebote aus. Um ihre
                                                                                         Position zu stärken und weiter auszu-
                                                                                         bauen, lanciert die Fakultät mit UZH
                                                                                         Executive Education ein fachübergrei-

    A
            utomatisierung und Digitali-                                                 fendes Weiterbildungsinstitut, das alle
            sierung schreiten voran und                                                  Management- und Finance-Programme
            lassen viele Jobs verschwinden.                                              sowie Angebote im Bereich Artificial
    Besonders betroffen sind Jobprofile,                                                 Intelligence, Sustainable Finance und
    die stark von Routine geprägt sind                                                   Big Data bündelt. Dadurch sollen ein
    und durch Maschinen ersetzt werden                                                   starker Markenauftritt und gleich­
    können. Gleichzeitig entstehen neue                                                  zeitig eine einheitliche Angebotspalette
    Jobprofile, bei denen gut ausgebildete      Was muss Hans heute können?              geschaffen werden. «UZH Executive
    Personen Mangelware sind. Aus wirt-         Wie heisst es so schön im Volksmund:     Education soll die erste Adresse für
    schaftlicher und politischer Sicht ist es   Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans     Weiterbildung in der Schweiz werden»,
    wichtig, ein Gleichgewicht zwischen         nimmermehr. Glücklicherweise stimmt      formuliert Dekan Harald Gall seine
    Nachfrage und Angebot beim Human-           dieses Sprichwort nicht, ist der Mensch  Vision. Das geplante Institut wird fle-
    kapital zu schaffen, was aufgrund des       doch bis ins hohe Alter fähig, Neues     xible Angebote beinhalten, um so
    beschleunigten Wandels der Arbeits-         zu lernen. Aber woher wissen wir, was    den sich laufend verändernden Anfor-
    welt zunehmend schwieriger wird.            wir lernen sollen, also                                   derungen des Arbeits-
    Aus diesem Grund hat die Schweiz            was der Arbeitsmarkt                                      markts Rechnung zu
    die Weiterbildung auf Gesetzesebene         braucht – und wie ge-        In der universitären         tragen: Ein breites
    verankert. Das 2017 in Kraft getretene      langen wir zu diesem        Weiterbil­dung finden Angebot aus Program-
    Weiterbildungsgesetz hält fest, wie die     neuen Wissen? Es ist         neueste Erkenntnisse men von CAS bis MAS,
    Qualität bei Weiterbildungsangeboten        primär die Aufgabe            schnell Eingang in          flexible Buchungen
    garantiert, Transparenz gewährleistet       der Bildungsinstitu-             alle Angebote.           einzelner Module,
    und die Chancengleichheit gefördert         tionen, zu erkennen,                                      Interdisziplinarität,
    werden soll. Lebenslanges Lernen wird       wo Bedarf nach neuem                                      eine Kombination
    in unserer Gesellschaft entsprechend        Wissen herrscht, und dies in ihren       aus Online- und Präsenzlehre sowie
    immer wichtiger. Dies stellt Bildungs-      Aus- und Weiterbildungsangeboten ab-     die Aufnahme neuester Themen ins
    institutionen vor die Herausforderung,      zudecken. Auch die UZH ist sich ihrer    Programm-Portfolio ermöglichen dies.
    Angebote bereitzustellen, die die Be-       Verantwortung im Bereich Lebens-         Momentan noch in der Planungsphase,
    dürfnisse des Arbeitsmarkts zeitnah         langes Lernen bewusst und bietet über    soll das neue Weiterbildungsinstitut
    berücksichtigen.                            hundert hochkarätige Weiterbildungs-     2021 eröffnet werden.

                                                                                                                      Oec. Juli 2020
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Stimmen zu den Weiterbildungsprogrammen
     der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
                                                                       CAS in Big Data and Machine Learning
                                                              «Das CAS ermöglichte mir sowohl in der Breite wie auch

                                                                                                                        7
                                                                in der Tiefe einen bereichernden Einblick in Themen
                                                                rund um Big Data, Data Mining und Deep Learning.
                                                               Die Kursteilnahme hat in mir wieder die Begeisterung
                                                                    für Programmierung und Statistik geweckt.»
                                                                    Mie Brühl, Product Owner for Early Warning
                                                                  Indicators (EWI) im Credit Digitalization Program
                                                                                  der Credit Suisse
                Executive MBA in Digital Transformation
              «Die internationale Auslegung und der
           dadurch gewonnene Einblick in verschiedene
           Business Environments sind äusserst wertvoll.
        So war für mich zum Beispiel unsere Lernexpedition
         nach Israel sehr bereichernd. Die neu erworbenen
             Kenntnisse aus dem EMBA kann ich gut in
         meinem jetzigen Arbeitsumfeld einbauen und sie                       CAS Sustainable Finance
         helfen mir, meine Start-up-Ideen voranzutreiben.»
                                                                 «Der Kurs deckte sowohl theoretische Grundlagen
           Martina Dabo, Leiterin Business Development und    als auch sehr praktische Aspekte aus vielen verschiede-
            Strategy & Innovation bei der BKW Energie AG      nen Blickwinkeln dieses breiten Themas ab. Er hat mir
                                                               geholfen, ein Netzwerk in diesem Bereich aufzubauen
                                                               – eine interessante Mischung von Personen aus unter-
                                                                schiedlichsten Unternehmen und Berufsgattungen.»
                                                                                 Adrian Niederhauser,
                                                                    Consultant / Business Analyst bei der bmpi AG

                           MAS in Real Estate
            «Der berufsbegleitende Master of Advanced
         Studies (MAS) in Real Estate am Center for Urban
           and Real Estate Management (CUREM) schafft
         eine Brücke zwischen der wirtschaftlichen und der
        technischen Betrachtung von Immobilien. Dank der
                                                                 MAS European and Chinese Business Management
       Weiterbildung verfüge ich nun über ein gemeinsames
      Verständnis der Marktakteure, aus dem rentable Bauten      «Der MAS ECBM war eine fantastische Erfahrung
          resultieren, die unsere Lebensräume aufwerten.»          im Bereich des kulturellen Austauschs und des
                                                               kontextuellen Lernens. Die erstaunliche Mischung aus
                               Marco Böhi,
                                                                Persönlichkeiten und Hintergründen hat eine starke
                  Director Real Estate Advisory bei PwC
                                                                 Lernkultur geschaffen, die mir seither jeden Tag in
                                                                          meiner Karriere geholfen hat.»
                                                                      Reyyan Okar, Account Manager bei Huawei
                                                                           Technologies Switzerland AG

Oec. Juli
     Dezember
          2020 2019
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
FOKUS FRAGESTAFETTE

     Bildung und Lehre
8

     an der UZH
     Wie beurteilen Menschen aus Wissenschaft und Wirtschaft
     die Bedeutung von Bildung und Lehre an der UZH? Stimmen und
     Meinungen vom Studienanfänger bis zur Rektorin ad interim.

                                                                                       zum Beispiel, um Buchungs­
                                             Nicolas Huber                             fristen von Modulen einzuhalten
                                             Bachelorstudent Informatik, 2. Semester   oder meinen Lernfortschritt zu
                                             Sie haben erst kürzlich Ihr               kontrollieren.
                                             Studium aufgenommen. Mit
                                             welchen Erwartungen sind                  Im Zuge der Corona-Pandemie
                                             Sie gestartet?                            musste die UZH im Frühlings­
                                             Ich möchte vor allem lernen,              semester komplett auf digitale
                                             Probleme analytisch und                   Lehre umstellen. Wie war dieser
                                             effizient zu lösen. Das Studium           Wechsel für Sie?
                                                  soll mir das nötige Rüstzeug         Ich brauchte schon etwas
                                                      dafür vermitteln und mir         Umgewöhnung, da ich sehr
                                                        auch aufzeigen, wie            gerne am Präsenzunterricht
                                                         ich mir gewünschte            teilgenommen habe. Natürlich
                                                          Fähigkeiten selbst           haben Podcasts auch ihre
                                                           aneignen kann.              Vorteile, doch ich benötige
                                                           Daneben soll                mehr Disziplin, um regelmässig
                                                          natürlich auch Platz         die Videos zu schauen. Zudem
                                                         für das soziale Leben         fehlt mir die soziale Interaktion.
                                                        und für den Sport              Gleichzeitig sollte man die
                                                     bleiben.                          Krise auch als Chance nutzen,
                                                                                       um die Digitalisierung weiter
                                             Was ist an der Uni anders als             voranzutreiben.
                                             am Gymnasium?
                                             Die Vorlesungen vermitteln
                                             komplexe Themen in viel                         «Ich möchte
                                             kürzerer Zeit – anders als bei               im Studium lernen,
                                             den Mittelschulen, wo alles                  Probleme analytisch
                                             schön portioniert gelehrt wird.                 und effizient
                                             Das eigentliche Verständnis                       zu lösen.»
                                             muss ich mir selbst erarbeiten,
                                             meist durch Übungen. Zudem
                                             brauche ich viel Eigeninitiative:

                                                                                                              Oec. Juli 2020
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
rungen profitieren. Ich hielt
                                                                                                       meine Vorlesung digital
                                                                                                       und live aus dem Home­
                                                                                                       office. Es freute mich sehr,
                                                                                                       wie gut sich die Studierenden
                                                                                                       auch im digitalen Format
                                                                                                       am Unterricht beteiligten.

                                                                                                                                         9
Marius Fricker                                                                                         Natürlich ist es nicht dasselbe
                                                                                                       wie im Präsenzunterricht,
Masterstudent Betriebswirtschaftslehre, 3. Semester
                                                                                                       aber ich denke, dass sich
Sie stehen kurz vor Abschluss Ihres Masterstudiums.                                                    digitale Lehre sehr sinnvoll
Haben sich Ihre Erwartungen im Rückblick mit Ihren                                                     gezielt einsetzen lässt (zum
Erfahrungen gedeckt?                                                                                   Beispiel durch ein Blended-
Teilweise. Ich konnte mir viel methodisches und theoreti­                                              Learning-Format).
sches Wissen aneignen – hier wurden meine Erwartungen
mehr als nur erfüllt. Beim Praxisbezug war das hingegen         Andrea
                                                                                                       Was möchten Sie den
nicht ganz der Fall. Vielleicht wird mir die Relevanz des       Giuffredi-Kähr                         Studierenden vermitteln
Gelernten für die Praxis aber im späteren Berufsleben           Assistenzprofessorin für Marketing     und mit auf den Weg geben?
deutlich.                                                       in the Digital Economy, Institut für
                                                                                                       Ich möchte den Studieren­
                                                                Betriebswirtschaftslehre
                                                                                                       den relevante wissenschaft­
Welche Eindrücke aus Ihrer Studienzeit werden                   Sie wurden Anfang Jahr
Ihnen besonders bleiben?                                        als Assistenzprofessorin an
Insgesamt ist es eine wunderschöne Zeit. Ich geniesse           die UZH berufen und unter-                «Mir ist wichtig,
mein Studium in Zürich in vollen Zügen und schätze              richten «Brand Management                  dass sich die
den regen Austausch mit spannenden Persönlichkeiten,            in the Digital Age». Wie ist               Studierenden
sowohl mit Studienkollegen wie auch mit Personen der            Ihr erster Eindruck?                         aktiv am
Fakultät. In der Lehre                                          Die UZH hat ein sehr breites                 Unterricht
bleiben mir besonders                                           Angebot an Lehrveranstal­
                                                                                                            beteiligen.»
die spannenden und                                              tungen. Dies ermöglicht
                              «Die Uni müsste
lehrreichen Seminare                                            es den Studierenden, die
                               die persönliche
und Blockkurse, die                                             Fächer auszuwählen, die                liche Kenntnisse und
                          Entwicklung während                   sie interessieren – und das            Fähigkeiten vermitteln, und
oft etwas anwen­
dungsorientierter
                           des Studiums stärker                 spüre ich im Unterricht.               natürlich hoffe ich auch, sie
ausgelegt sind, in                 fördern.»                    Die Studierenden sind sehr             mit meiner Begeisterung für
guter Erinnerung.                                               motiviert und bringen ein              das Fachgebiet anstecken zu
                                                                fundiertes Vorwissen mit,              können. Zudem ist es mir
Wie erlebten Sie den Wechsel auf die Online-Lehre               auf das ich in der Vorlesung           wichtig, nebst fachlichen
im Zuge der Corona-Pandemie?                                    aufbauen kann.                         Kompetenzen auch ihr
Die Umstellung ist nach einer kurzen Anpassungsphase                                                   kritisches und analytisches
ziemlich reibungslos verlaufen. Mir fehlt die Interaktion mit   Welche Ansprüche haben                 Denken sowie ihre Offenheit
Mitstudierenden und Dozierenden am meisten, ansonsten           Sie an Ihre eigene Lehre?              und Kreativität zu fördern,
funktioniert das Studieren von zu Hause relativ gut.            Mir ist es wichtig, dass sich          indem ich aktuelle Probleme
                                                                die Studierenden aktiv am              und Beispiele aus der
Ihr persönliches Fazit: Was könnte die Uni noch verbessern?     Unterricht beteiligen – das            Marketingpraxis aufgreife
Man müsste die persönliche Entwicklung während des              war eine Herausforderung               und sie aktiv am Unterricht
Studiums stärker fördern. Wichtige Kompetenzen wie Soft         in diesem Online-Semester.             beteilige.
Skills werden meiner Meinung nach zu wenig gelehrt              Wir Dozierenden wurden
und trainiert. Zudem fände ich es sehr motivierend und          von der UZH aber sehr gut
sinnstiftend, wenn die Schnittstellen zwischen Lehre und        unterstützt und konnten
Praxis besser aufgezeigt würden.                                gegenseitig von den Erfah­

Oec. Juli 2020
Train the Brain Fürs Leben lernen, ein Leben lang - Juli 2020 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Chat Wacharamanotham
     Assistant Professor of Interaction Design, Department of Informatics

     You teach «Human-Computer Interaction (HCI)» for Bachelor
     and Master students. How do you perceive the exchange with
     your students?
     The students I experience in this course tend to be open-minded
     and bring diverse sets of background knowledge. Usually, there
     are students who do their minor in «People-Oriented Compu­
     ting» as well as those who are taking a major in the computer
10

     science field. This seems to be a fruitful interdisciplinary
     collaboration and this mixture of students is beneficial for
     learning HCI. Usually this results in many creative ideas for                       Conrad Meyer
     their term projects. I am often impressed by their
                                                                                         Emeritierter Professor für Betriebs­
     out-of-the-box ideas every time I teach this course.                                wirtschaftslehre, Institut für Betriebs­
                                                                                         wirtschaftslehre
     In 2019, you earned the UZH award for Best
                                                                                         Sie haben mehr als 40 Jahre an
     Teaching. What is important for good teaching
                                                                                         der Wirtschaftswissenschaftlichen
     from your point of view?
                                                                                         Fakultät doziert. Wie hat sich
     My goal is to encourage students to come up
                                                                                         die Lehre über all diese Jahre
     with their own creative approaches to solving
                                                                                         verändert?
     problems. They should look at questions from
                                                                                         Zunächst zum Beständigen:
     different perspectives. Crazy ideas are wel­
                                                                                         Für mich steht und fällt der
     come, and so is persistent questioning. Additio­
                                                                                         Erfolg der Lehre mit dem
     nally, my main focus is on the mental model that
                                                                                         persönlichen Engagement der
     students have about important concepts in the course.
                                                                                         Dozierenden. Auch heute noch
     Mental models are students‘ own explanation of the learning
                                                                                         – in der digitalen Welt – sind
     concepts. When students make mistakes in their assignments, it
                                                                                         die Studierenden mit «Herzblut»
     is usually because their mental model about the concept being
                                                                                         abzuholen. Gefragt sind Emotio­
     tested differs from the actual concept. If the
                                                                                         nen. Warum sonst sollen sie
     teachers can identify what caused the mental
                                                                                         persönlich an einer Veranstal­
     model to go wrong, they can fix their                 «My goal is to                tung teilnehmen? Geändert
     misunderstandings, and better improve their       encourage students                haben sich aber die technischen
     teaching materials to prevent those misun­          to come up with                 Möglichkeiten: Die Ablösung
     derstandings from happening in the first           their own creative               des legendären «Hellraumpro­
     place.                                           approaches to solving              jektors» war eine riesige Chance.
                                                                            problems.»   Die Antwort mit eintönigen
     What is the essential difference between
                                                                                         PowerPoint-Präsentationen war
     online and classroom teaching for you?
                                                                                         hingegen ein völlig falscher Weg.
     For me, it was difficult to assume that all students have the
                                                                                         Heute ist eine Lehre gefragt,
     same conditions. Maybe not all students will be able to attend
                                                                                         welche die Studierenden packt
     the lecture or the internet connection may be problematic. Thus,
                                                                                         und aktiviert. Allerdings ist
     I pre-recorded all my lectures and scheduled time for Q&As or
                                                                                         die Kombination aus begleiteter
     short quizzes at the end. This also gave me feedback if the
                                                                                         Vorbereitung der Studierenden,
     students understood the content, otherwise it was difficult
                                                                                         eigentlicher Lehre und internet­
     to «read the room». Team work was also more challenging.
                                                                                         basierten Vertiefungen extrem
     We tried to create guidelines on how to collaborate online for
                                                                                         aufwändig. Umso besser
     students and I restructured the assignments.
                                                                                         positioniert sind derzeit Dozie­
                                                                                         rende, die diesen Aufwand
                                                                                         bereits früh in Kauf genommen
                                                                                         haben. Sie können nun in An-­
                                                                                         betracht der Corona-Pandemie

                                                                                                                    Oec. Juli 2020
problemlos mit Livestreams             Vanessa Heini                                   «Die Corona-
oder anderen digitalen Metho­          M.A. in Betriebswirtschaftslehre,                  Pandemie
den arbeiten.                          Employer-Branding-Verantwortliche bei
                                       der Axpo Group und Lehrdiplom-Studentin
                                                                                      zeigt, dass es für
Wie haben sich die Studierenden
                                                                                      (Weiter-)Bildung
                                       Sie haben Ihren Master an der UZH
und die Universität Zürich über
                                                                                         immer eine
                                       vor sieben Jahren abgeschlossen.
die Jahre hinweg verändert?            Welche Erinnerungen haben Sie an
                                                                                      Möglichkeit gibt.»
Es ist spannend festzustellen,         Ihre Studienzeit?
dass sich die Studierenden             Das Studium ist mir noch in sehr          junge Menschen fachlich sowie

                                                                                                                        11
eigentlich nicht verändert haben.      guter Erinnerung. Vor allem im            persönlich weiterbringen. Das
Sie müssen aber in gewissen            Master habe ich die Wahlfreihei­          motiviert mich. Ich absolviere
Disziplinen akzeptieren, dass sie      ten bei den Fächern genutzt und           die Weiterbildung nebenberuflich,
Teil einer unüberschaubaren            mir das Studium nach meinen               aber dank Flexibilität seitens
Anzahl von Studierenden sind.          Interessen zusammengestellt. Ich          Arbeitgeber und einer Teilzeit-
Ebenso erwarten sie deutlich           habe viele tolle und intelligente         anstellung funktioniert es ganz
erkennbare Mehrwerte durch             Kommilitonen kennengelernt,               gut. Mein Ziel ist es, beide Berufe
die Veranstaltungen. Leider hat        viele Stunden in der Bibliothek           parallel auszuüben. Meines
sich das Risiko erhöht, dass sich      oder im Uni-Turm, aber auch               Erachtens ist es bereichernd,
der Stellenwert der Lehre an           im bQm oder im ASVZ                              wenn die Lehrperson in
Universitäten reduziert. So            verbracht.                                           der Privatwirtschaft
musste ich erkennen, dass für zu                                                               arbeitet und Praxis­
viele Dozierende die Forschung         Wie gut hat Sie Ihr                                       beispiele verwen­
(zu Recht) zentral ist, die Lehre      Studium auf                                                den kann.
aber als notwendiger Ballast           Ihren beruflichen
empfunden wird. Umso erfreu­           Weg vorbereitet?                                            Hatte die Corona-
licher ist es, dass sich an unserer    An der Universi­                                            Pandemie Einfluss
Fakultät international hoch            tät Zürich konnte                                          auf Ihre Weiter­
angesehene Persönlichkeiten            ich ein sehr wert-                                       bildung?
auch in der Lehre engagieren.          volles Netzwerk                                        Ja, sie beeinflusste
                                       aufbauen, das ich heute                            meine Weiterbildung
Was ist Ihr Highlight aus Ihrer Zeit   noch pflege und das mich auf                sehr. Ein wichtiger Teil sind
als Dozent?                            meinem beruflichen Weg begleitet.         Übungslektionen und das direkte
Das Highlight war für mich             Das Studium hat mich viel                 Feedback von Lehrpersonen und
ohne jeden Zweifel die Tatsache,       gelehrt: analytisches Denken,             Schülern. Diese waren lange
dass es auch in unserer digitalen      strukturiertes Arbeiten oder              nicht mehr möglich. Unsere
Welt nach wie vor möglich ist,         selbständiges Einarbeiten in neue         Didaktik-Seminare fanden zum
eine Vorlesung für über Tausend        Themen. Zudem konnte ich mir              Teil über Microsoft Teams statt,
Studierende in mehreren Hör-           fachlich eine gute theoretische           oder wir lösten digitale, praktische
sälen zu halten und die Zuhörer        Basis aufbauen, die ich dann              Gruppenübungen. Das funktio­
für eine wohl kaum sensationelle       in einem Praktikum mit Praxis-            nierte eigentlich ganz gut, und
Disziplin – das Accounting – ge­       erfahrung verknüpfen konnte.              ich lernte viel. Und es zeigt auch,
winnen zu können.                                                                dass es für (Weiter-)Bildung
                                       Sie absolvieren nun eine Weiter­          immer eine Möglichkeit gibt.
                                       bildung an der UZH. Warum haben
«Für mich steht und fällt der          Sie sich dazu entschieden?
 Erfolg der Lehre mit dem              Ich absolviere das Lehrdiplom
 persönlichen Engagement               Wirtschaft & Recht für die
     der Dozierenden.»                 Sekundarstufe 2, also Kanti und
                                       Gymi. Als Lehrperson ist man
                                       über die aktuelle Wirtschaft
                                       informiert, kann Wissen und
                                       Denkweisen vermitteln und

Oec. Juli 2020
Jochen Menges
                                                                              Professor für Human Resource
                                                                              Management and Leadership, Institut
                                                                              für Betriebswirtschaftslehre

                                                                              An Ihrem Lehrstuhl erforschen
                                                                              Sie unter anderem, welche
                                                                              Fähigkeiten Mitarbeitende
                                                                              im 21. Jahrhundert brauchen.
                                                                              Welche Skills sollen aus Ihrer
12

                                                                              Sicht an Universitäten gelehrt
     Alexander F. Wagner                                                      werden?
     Professor für Finance, Institut für Banking und Finance                  Universitäten haben eine lange
                                                                              Tradition im Vermitteln von
     Sie sind als Professor sehr aktiv in der Entwicklung
                                                                              intellektuellen Fähigkeiten, zum
     neuer Lehrmethoden. Was gehört aus Ihrer Sicht
                                                                              Beispiel das Lösen komplexer
     denn zu gutem Unterricht?
                                                                              Fragestellungen oder kritisches
     Meiner Meinung nach gibt es drei
                                                                              Hinterfragen. Diese Fähigkeiten
     Aspekte. Erstens: Gute Lehre an der
                                                                              bleiben von zentraler Bedeutung.
     Universität muss Erkenntnis, nicht
                                                       «Mich überrascht,      Darüber hinaus bedarf es aber
     bloss Wissen vermitteln und noch
                                                     dass unsere Online-      vermehrt sozialer und emotio­
     besser zum eigenen Erkenntnisgewinn
     anregen. Zweitens: Gerade im Bereich
                                                    Foren für die diversen    naler Fähigkeiten, um für die

     der Wirtschaftswissenschaften sollte           Kurse nicht so intensiv   Herausforderungen der Zukunft

     die Lehre aktuellen Bezug haben. Und              genutzt werden.»       gewappnet zu sein.

     drittens darf und muss gute Lehre
                                                                              Welche Skills werden denn
     Spass machen!
                                                                              vom Arbeitsmarkt erwartet?
                                                                              Fachspezifische Expertise bleibt
     Welche neuen Lehrformen haben Sie in den letzten
                                                                              in den meisten Berufen wichtig,
     Jahren entwickelt?
                                                                              aber am Arbeitsmarkt suchen
     Wir haben zum Beispiel einen Massive Open Online
                                                                              mittlerweile viele Unternehmen
     Course (MOOC) zum Thema «Das liebe Geld – Finance
                                                                              mehr nach breit anwendbaren
     im Alltag» (siehe QR-Code unten) entwickelt. Dieser kosten-
                                                                              Fähigkeiten. Da künstliche
     lose Kurs ist öffentlich und für alle zugänglich. Ausserdem
                                                                               Intelligenz auch wissensba­
     haben wir letztes Jahr ein Bachelor-Seminar zum Thema
                                                                                      sierte Arbeit übernimmt,
     «Visualisierung in Corporate Finance» durchgeführt. Das
                                                                                         reicht Expertise nicht
     Seminar hatte zum Ziel, ansprechende Visualisierungen
                                                                                            aus. Zunehmend
     für komplexe Sachverhalte für die Vorlesungen von morgen
                                                                                             zählen Persönlich­
     zu gestalten. Einige Studierende haben super Arbeiten
                                                                                              keit, emotionale
     geliefert, von denen die besten in die Vorlesung im
                                                                                              Intelligenz und
     Herbstsemester 2020 eingebaut werden.
                                                                                              zwischenmensch­
                                                                                             liche Fähigkeiten.
     Wohin soll die Reise in der Lehre gehen?
     Wichtig scheint mir, die Interaktion zu fördern. Mich
                                                                                          Wie muss sich die
     überrascht, dass unsere Online-Foren für die diversen
                                                                                       Lehre an der Universität
     Kurse nicht so intensiv genutzt werden. Vielleicht müsste
                                                                                  diesbezüglich verändern?
     das noch attraktiver gemacht werden. Zudem bleibt das
                                                                              Persönlichkeitsbildung gehört
     Spannungsfeld zwischen dem Bedarf an kurzen, knackigen
                                                                              seit jeher zu den inhärenten Auf­
     Materialien und Tiefe immer eine Herausforderung.
                                                                              gaben der Universität. In der
                                                                              Vermittlung von sozialen und
                                                                              emotionalen Fähigkeiten können
                                                                              wir zunehmend auf evidenz-

                                                                                                        Oec. Juli 2020
-entwicklung zuständig, die
     «Die Corona-                        Gabriele Siegert                             Fakultäten für die Planung,
    Pandemie steht                       Rektorin ad interim der Universität Zürich   Organisation und Durchführung
   exemplarisch für                      Das Frühlingssemester hat vieles             der Lehre. Wir unterstützen die
   vieles, was uns in                    auf den Kopf gestellt und die                Fakultäten aber mit einer breiten
                                                                                      Palette an Angeboten und
 der Zukunftswelt der                    Universität innert Tagen in die
                                                                                      Dienstleistungen. Das umfasst
   Arbeit erwartet.»                     digitale Lehre katapultiert.
                                         Inwiefern hat die Umstellung die             unter anderem Angebote der
                                         Universität Zürich verändert?                Hochschuldidaktik auf curricula­
                                         Wir alle haben einen riesigen                rer Ebene, Lehrveranstaltungsbe­

                                                                                                                              13
basierte Methoden zurück­                                                             urteilungen und auch Qualitäts­
                                         Digitalisierungsschub hinter
greifen. Die Universität sollte                                                       gespräche mit Studierenden für
                                         uns. Alle mussten sich von heute
vom Kursangebot über die                                                              die Reflektion guter Lehre,
                                         auf morgen mit den Möglich­
Gestaltung der Lehre bis hin                                                          Support für die Benutzung und
                                         keiten und Tools der Online-
zur Bewertung der Leistung                                                                 die Produktion von Podcasts
                                         Kommunikation und
vermehrt auf diese Fähigkeiten                                                                   und die Verbesserung
                                         -Organisation
eingehen und für unsere                                                                            der Möglichkeiten
                                         auseinandersetzen
Studierenden noch mehr                                                                               für E-Assessments.
                                         und lernen, wie
Angebote schaffen, um diese
                                         man verschie­
Fähigkeiten zu üben und                                                                                  Wie wird die Lehre
                                         dene Software
auszubauen.                                                                                              an der Universität
                                         einsetzt und mit
                                         den didakti­                                                    Zürich in 20
Kann die Universität von der                                                                            Jahren aussehen?
                                         schen Zielen der
ausserordentlichen Situation, die                                                                      Obwohl wir alle
                                         Lehre gut ver­
das Coronavirus mit sich gebracht                                                                    überzeugt sind, dass
                                         knüpft. Manche
hat, auch profitieren?                                                                            die Online-Lehre
                                         waren da bereits sehr
Diese Krise zeigt eindrücklich,                                                            zunimmt, wird meines
                                         weit, bei anderen war der
wie wir neben intellektuellen                                                         Erachtens auch die Präsenzlehre
                                         Aufholbedarf gross. Die Corona-
und technischen Fähigkeiten                                                           bleiben. Wir kommen gegebenen­
                                         Pandemie ist gleichzeitig aber
eben auch soziale und emotio­                                                         falls zur Aufteilung, dass alle
                                         auch eine Chance und hat die
nale Fähigkeiten brauchen – und                                                       Lehre, in der es um reine Infor­
                                         Digitalisierung und den damit
steht damit exemplarisch für                                                          mationsvermittlung geht, nur
                                         verbundenen Kulturwandel
vieles, was uns in der Zukunfts­                                                      online stattfindet, dass aber
                                         massiv vorangetrieben.
welt der Arbeit erwartet. Klar                                                        dafür in Seminaren und Übungen
brauche ich technische Skills, um                                                     vermehrt im Präsenzrahmen
                                         Wie stellt die Universität Zürich
über Online-Plattformen zu                                                            intensiv miteinander gearbeitet
                                         sicher, dass sie mit ihrer Lehre am
lernen und virtuell zusammen­                                                         wird. Aber 20 Jahre sind natürlich
                                         Puls der Zeit bleibt – inhaltlich,
zuarbeiten. Zusätzlich muss ich                                                       eine lange Zeit. Vor allem, wenn
                                         didaktisch und technologisch?
aber auch auf Menschen online                                                         wir sehen, wie steil unsere Lern-
                                         Hier muss man zwischen der
eingehen und mit ihnen eine                                                           kurve in nur wenigen Monaten
                                         Universität als Ganzes und den
soziale Verbindung schaffen                                                           verlief, ist kaum abzuschätzen,
                                         einzelnen Fakultäten unterschei­
können – und ich muss mit all                                                         wo uns das längerfristig hinführt.
                                         den. Die Universität als übergrei­
den Emotionen umgehen                                                                 Zudem kann niemand sagen,
                                         fende Institution ist vor allem
können, die die Unsicherheit                                                          wie künftige digitale Errungen­
                                         für die Qualitätssicherung und
unserer Zukunft mit sich bringt.                                                      schaften oder zum Beispiel das
                                                                                      Internet der Dinge auch die Lehre
                                                                                      verändern werden.
                                    «Obwohl wir alle überzeugt
                                    sind, dass die Online-Lehre                       Ein ausführliches Interview mit
                                       zunimmt, wird meines                           Gabriele Siegert finden Sie unter
                                    Erachtens auch die Präsenz­                       www.oec.uzh.ch/oec
                                           lehre bleiben.»

Oec. Juli 2020
FOKUS NACHGEFRAGT

                                Tertiäre Ausbildung vs.
                                     Berufsbildung
                                Bildungsökonomin und Professorin Uschi Backes-Gellner über die
                                    aktuellsten Entwicklungen im Schweizer Bildungssystem.
14

     Immer mehr Menschen absolvieren in der Schweiz eine                                                                      Immer wieder taucht
     tertiäre Ausbildung. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?                                                               die Kritik auf, dass
     Ich halte das für eine eher problematische Entwicklung, da wir in der Schweiz                                            Universitätsabsolventen
     ein hervorragendes Berufsbildungssystem haben. Es stellt sicher, dass zwei Drittel                                       zu wenig spezifisch
     unserer Jugendlichen hochwertige und breite Qualifikationsbündel erlernen, die am                                        auf die Berufswelt
     Arbeitsmarkt gebraucht und von Firmen nachgefragt werden. Gleichzeitig wird mit
     dem Einbezug von Branchenverbänden und innovativen Unternehmen bei der regel­
                                                                                                                              vorbereitet sind. Sollten
     mässigen Aktualisierung von Berufsbildungscurricula sichergestellt, dass Berufsbildungs-                                 Universitäten ihre
     absolventen zukunftsorientierte Qualifikationen erlernen. Diese Qualifikationen helfen                                   Lehre also stärker an
     massgeblich, die Innovationsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft aufrechtzuerhalten                                        den Bedürfnissen
     und voranzutreiben. Wenn aber immer mehr Schulabsolventen eine tertiäre Ausbildung
     absolvieren, geht diese Stärke der Schweizer Wirtschaft verloren.
                                                                                                                              des Arbeitsmarkts
                                                                                                                              ausrichten?
                                                                                                                              Im Bildungssystem und im Hinblick
                                                                                                                              auf den Arbeitsmarkt haben die
                                                                                                                              Universitäten eine etwas andere Rolle
                                                                                                                              als die Berufsausbildung. Insofern
                                                                                                                              darf die Verbindung zum Arbeits-
                                                                                                                              markt durchaus etwas lockerer sein.
                                                                                                                              Dennoch sollten wir an den Universi-
                                                                                                                              täten stärker darauf achten, dass
     Inwiefern tragen die Hoch-                                                                                               unsere Absolventen den aktuellen
     schulen zur Förderung der                                                                                                Anforderungen des Arbeitsmarkts
     Schweizer Wirtschaft bei?                                                                                                gerecht werden. Ich denke da an
                                                                                                                              moderne Anforderungen wie
     Auf dem internationalen Parkett der Uni-                                                                                 Computational Thinking, Digital Skills
     versitäten ist die Konkurrenz gross, vor                                                                                 oder agiles Arbeiten, aber auch an
     allem, wenn es um die Forschung und die                                                                                  Kompetenzen wie Arbeitsorganisa-
     Ausbildung wettbewerbsfähiger wissen-                                                                                    tion, Teamfähigkeit oder an individu-
     schaftlich hochqualifizierter Führungskräfte                                                                             elle Fähigkeiten wie Ausdauer, Mut
     geht. In der Schweiz studieren über 50 %                                                                                 oder Belastbarkeit. Hier könnten und
     der Studierenden an einer internationalen                                                                                sollten wir einen stärkeren Beitrag
     Spitzenuniversität (Top 100 im Shanghai-                                                                                 leisten.
     Ranking), während dies beispielsweise in
     den USA weniger als 20 % sind. Das stellt
     sicher, dass wir selbst als kleines Land
     mit wenigen Universitäten aktiv die For-
     schungsfront mitbestimmen können. Hier
     müssen wir wettbewerbsfähig bleiben,
                                                                         Fachhochschulen wollen künftig ein Doktoratsstudium
     um unseren Wohlstand zu erhalten. Die                               anbieten. Wie beurteilen Sie diese Idee aus Sichtweise
     Fachhoch­schulen haben in diesem System                             der Universität Zürich?
     ebenfalls eine wichtige Rolle: Sie bilden
                                                                         Ich sehe diese Entwicklung als sehr kritisch an und halte es für problematisch, wenn
     eine wichtige Brücke zwischen Berufs-
                                                                         Fachhochschulen sich zunehmend wie Universitäten aufstellen. Sie werden dadurch
     bildung und Forschung. Mit ihrer anwen-
                                                                         ihrer Rolle weniger gut gerecht, weil sie sich nicht mehr auf ihre ursprüngliche Zielgruppe,
     dungsbezogenen Forschung und Lehre
                                                                         die Berufsabsolventen, fokussieren. Was ich aber in diesem Kontext für extrem wichtig
     ermöglichen sie einen praxisnahen Zugang
                                                                         halte, ist die hohe Durchlässigkeit des Schweizer Bildungssystems. Es muss zwar nicht jeder
     zur Forschungsfront. Dies führt in den
                                                                         am Ende an einer Universität oder ETH studieren, aber es muss für geeignete Kandidaten
     Unternehmen zu einer Steigerung der Pro-
                                                                         vorgespurte Wege geben, auf denen sie von einer Berufsausbildung bis zu einem Doktorat
     duktivität und der Problemlösungsfähigkeit
                                                                         an einer Spitzenuniversität gelangen können. Diese Wege gibt es, und sie werden genutzt.
     in FuE-Teams.
                                                           Ein ausführliches Interview mit Prof. Uschi Backes-Gellner finden Sie unter www.oec.uzh.ch/oec

                                                                                                                                                     Oec. Juli 2020
2021
202
You need Brainfood?
Weiterbildungen an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät

   Executive Master in Arts Administration   CAS in European Business Management
   Executive MBA – Digital Transformation    CAS in Investments & Derivatives
   Executive MBA – Internationales           CAS in Leadership und Governance an
                                             Hochschulen
   Management
   MAS in European and Chinese Business      CAS in Medical Leadership
   Management                                CAS in Risk Management for Banking and
   MAS in Finance                            Finance
   MAS in Real Estate                        CAS in Sustainable Finance
   DAS in Arts Administration                CAS in Unternehmensführung
   DAS in Finance                            CAS in Urban Management
   CAS in Arts Administration                CAS in Valuation & Taxes
   CAS in Big Data and Machine Learning      CAS in Wealth Management
   CAS in Blockchain                         Finance (diverse Kurse)
   CAS in Chinese Business Management        Immobilien (diverse Kurse)
   CAS in Corporate Finance

Weitere Informationen unter www.oec.uzh.ch/weiterbildungen
FOKUS PEOPLE

      Inwiefern hat Sie                                                       Julia Häcki

      das Studium bzw.
                                                                              Head of Sustainability & Projektleiterin Immobilien-
                                                                              entwicklung bei der Metall Zug AG
                                                                              Master of Arts UZH 2010, MAS in Real Estate 2016

      die Weiterbildung
                                                                              Als Projektleiterin bei der Metall Zug AG
16

                                                                              begleite ich Transformationsprojekte der
                                                                              Haushaltgeräteherstellerin V-ZUG AG zu

      an der UZH für
                                                                                     einem Tech Cluster. Im Tech Cluster
                                                                                         Zug sollen künftig die Metall-
                                                                                            pressen der Industrie laufen,

      Ihr Berufsleben                                                                        Forschende an Cluster-The-
                                                                                               men arbeiten und Start-ups
                                                                                               von gemeinsamen Infra-

      gewappnet?                                                                               strukturen profitieren.
                                                                                              Hierfür sind Allrounder-
                                                                                             Qualitäten gefragt: Die
                                                                                           Aufgaben beinhalten Architek-
                                                                                        turwettbewerbe, Bauprojekte,
                                                                                  Standards für nachhaltige Immobilien-
                                                                              entwicklungen, Organisation von Zwischen-
       Dr. Gregory Bournet                                                    nutzungen, Wirtschaftlichkeitsberechnun-
       Partner and Head Corporate Finance at PwC Malaysia and Vietnam
                                                                              gen und Verhandlungen mit Behörden,
       PhD in Economics 2003
                                                                              Genossenschaften und Investoren. Der
       Let’s start with the conclusion first: reflecting on both my studies   MAS Real Estate hat mich ideal auf diese
       at UZH as well as my career over the last 20 years (I left Zurich      fachliche Breite vorbereitet und mir eine
       back in 2005 and worked in different cities), I believe the most       integrale Sichtweise der Immobilien­branche
       valuable aspect of my time at the university was the process,          vermittelt. Die Weiterbildung hat
       i.e. the journey of my studies. The saying «Der Weg ist das Ziel»      mein Skill-Set erweitert, um fundierte
       has been true for myself. The key learning for me was discipline       und eigenständige Positionen zu den
       and to learn to digest, analyze and systematically combine a           anspruchsvollen und oft sektorenüber­
       vast amount of content within a very short time. A challenge was       greifenden Fragestellungen zu entwickeln.
       therefore to optimize time allocation to manage the various            Die Dozierenden decken Mietrecht ebenso
       elements of the studies, including my own personal time. Next          ab wie zirkuläres Bauen, Urban Psychology,
       to that were the shaping of my emotional and                           Portfoliomanagement, Immobilienmarke-
       social intelligence to deal with stress, friends,                      ting und Architekturgeschichte. Von diesem
       professors and myself. I spent around                                  breiten Wissen habe ich stark profitiert.
       six months in the library to write my                                  Besonders stolz war ich, mir im Rahmen
       thesis. It was a very lonely time and an                               meiner Abschlussarbeit mit Regressions-
       experience I still draw from today. It was                             analysen neue Methoden angeeignet zu
       vastly different to the studies where                                  haben. Dank der moderaten Klassengrösse
       you have tons of other students coping                                 mit vielfältiger Zusammensetzung haben
       with the exact same setting and exam                                   wir Studierenden viel voneinander gelernt
       questions. Furthermore, the PhD experience                             und ein wertvolles Netzwerk aufgebaut.
       has prepared me to make decisions on focus,
       content and on time in isolation. Another critical
       aspect of my time at UZH was that learning never stops and
       one always needs to adapt to changing environments.

                                                                                                                     Oec. Juli 2020
Prof. Dr. Paul Mohacsi

                                                                                                                 17
                                                             Facharzt und Professor für Kardiologie und Innere
                                                             Medizin, Vorstandsmitglied OEC ALUMNI UZH
                                                             Executive MBA 2009

                                                             Das Schweizer Gesundheitswesen wird
  Prof. Dr. Stephanie Teufel                                 immer mehr von fachfremden «Experten»
  Ordinaria und Direktorin des International Institute of    und vom Staat gesteuert. Wirtschaftliche
  Management in Technology (iimt) der Universität Fribourg   Aspekte mit Begriffen wie «Case Mix» und
  Dr. phil. II 1991 (Informatik), Habilitation 1998
                                                             «QALY (Quality Adjusted Life Years)»
  Das Institut für Informatik hat meinen akade-              scheinen wichtiger zu sein als die Patienten
  mischen Werdegang entscheidend geprägt.                    selbst. Der kranke Mensch wird zum
  1987 startete ich als Doktorandin bei Prof. Dr.            Klienten, das Handlungsfeld
  Kurt Bauknecht, schloss 1991 mein Doktorat ab,             des Medizinalpersonals beschnitten, und
  wurde Oberassistentin und habilitierte 1998.               die Administration wuchert. Deshalb wollte
  Seither bin ich Privatdozentin an der UZH und              ich die gesundheitsökonomische Sprache
  Professorin an der Universität Fribourg. Die               lernen, damit ich Paroli bieten kann.
  Vorbereitung auf mein heutiges Tätigkeitsfeld              Das EMBA-Studium rüstete mich
  hätte nicht besser sein können. Neben den                  dafür, Initiator und Projektlei-
  «normalen» Funktionen als Doktorandin – wie                ter des Schweizerischen
  die Unterstützung bei Vorlesungen, Übungen                 Herz- und Gefässzentrums
  und Seminaren – kam die Forschung am                       (SHGZ) zu werden, eines
  eigenen Doktoratsthema nicht zu kurz. Durch                560-Mio.-Gebäudes mit 18
  Eigenverantwortung und -initiative lernte ich              Stockwerken. Dass dank
  schnell, auf eigenen Füssen zu stehen. Aber                meiner Weiterbildung das
  auch ganz praktisches Wissen war angesagt.                 Hauptgebäude einer der
  So war ich etwa für den Umzug des Instituts in             grössten Universitätskliniken
  das damals neue Gebäude am Irchel zuständig.               der Schweiz gebaut wird, erfüllt
  Meine Zeit als Oberassistentin, während der                mich mit Genugtuung, Dankbarkeit und
  ich die Lehrstuhlvertretung übernehmen                     Stolz. Was inhaltlich fehlte, war die «Digita-
  durfte, lehrte mich zudem, eigene Forschungs-              lisierung». Heute wird viel von Digitalisie-
  teams zu leiten, HR, Marketing und Finanzen                rung und den Vorzügen elektronischer
  zu managen, aber auch Durchhaltevermögen –                 Patienten­dossiers gesprochen. In Tat und
  ohne dabei Ziele wie die Habilitation aus den              Wahrheit sind die in der Schweiz angewen-
  Augen zu verlieren. Meine Forschungsaktivi-                deten Systeme für den klinischen Alltag
  täten am Institut haben es mir ermöglicht,                 jedoch wenig geeignet, mit Ausnahme des
  zwischen einer akademischen und einer                      KISIM vom USZ. Dieses Know-how wäre
  Industriekarriere zu wählen. Das Wichtigste,               sehr hilfreich gewesen, und es wäre
  was mir aber mitgegeben wurde, war die                     wünschenswert, dass ehemalige EMBAler
  Freude, mit jungen und junggebliebenen                     das inzwischen ergänzte Modul «Digitale
  Menschen zusammenzuarbeiten. Dies spiegelt                 Transformation» nachholen könnten.
  sich noch immer in allen meinen Tätigkeiten
  wider und ermöglicht mir, das Credo «Life-
  long Learning» jeden Tag aufs Neue zu leben.

Oec. Juli 2020
PORTRÄT

                                      Der Digitalisierer
                        Vollblutunternehmer Samuel Manz plant gerne zehn Jahre voraus – und
                                bleibt trotzdem vollkommen agil. Ganz nach dem Motto
                            «Go with the flow» ist er stets offen für sich ergebende Chancen.
                          Dabei treibt ihn ein verbindendes Element voran: das Digitalisieren.
18

                                                  Text _ Charlotte Ulmann Foto _ Vincente Aranguiz

     S
            eine erste Website baute er mit 15, die Gründung der            Eine Vision zu haben und etwas zu bewegen, ist Manz’
            ersten eigenen Firma folgte mit 18 Jahren. Samuel               stärkster Antrieb. «Visionär, kreativ und intrinsisch moti-
            Manz war, mit Ausnahme einer Semesterassistenz zu               viert», so würde er sich selbst beschreiben. Seinem Berufs-
     Studienzeiten am damaligen Bankeninstitut der UZH, noch                wunsch als Kind – Erfinder – ist er in gewisser Weise treu
     nie irgendwo angestellt. Für ihn eine Typfrage: «Wenn man              geblieben: sei es im kreativen Arbeiten, im Tüfteln an Ideen,
     ein klar geregeltes Leben will, ist man in der Selbständigkeit         im Experimentieren oder im Umsetzen. Doch wie bleibt
     falsch», betont der 38-Jährige. Ihm ging es hingegen nie nur           jemand, der sich in einer sich stetig verändernden, digitalen
     um finanzielle Aspekte, sondern vielmehr um den Sinn im                Welt bewegt, up to date? Viel wichtiger als Zertifikate auf
     täglichen Tun. «Sonst hätte ich auch gleich zu einer Bank              Papier sei für ihn die praktische Erfahrung, konstatiert
     gehen können», doppelt er augenzwinkernd nach. Stattdes-               Manz. So bilde er sich täglich in der persönlichen Interaktion
     sen gründete er bereits 2002 die Firma Firegroup, eine                 mit spannenden Menschen weiter und lese Fachartikel. Ein
     Agentur für Digital Business und E-Commerce mit heute                  weiterer Weg, sich intensiv mit einem Thema zu beschäfti-
     über 20 Mitarbeitenden – Tendenz steigend.                             gen, sei die Gründung einer Firma. Lernen hat für ihn
         Doch damit nicht genug: Zusammen mit seinem Bruder                 deshalb stets einen sehr aktiven und weniger passiven
     hat Manz den Schweizer Online-Vergleichsdienst money-                  Charakter inne. Dazu gehöre auch Lifelong Learning als
     land.ch gegründet, und auch bei der Crypto Finance Confe-              Organisation und der Mut, Fehler zu machen.
     rence AG sowie bei Wurst & Moritz, nach eigenen Angaben
     dem ersten Social-Media-Restaurant in Europa, war er von               «Go with the flow» – im Zehn-Jahres-Takt
     Anfang an federführend dabei. Was die verschiedenen                    Auch wenn er weiss, dass nicht alles planbar ist, macht
     Engagements miteinander verbindet, ist das Thema «Digita-              Manz stets einen Zehn-Jahres-Plan – sowohl im Berufs- wie
     lisieren». Der Fokus seiner Arbeit liegt jedoch klar auf seiner        auch im Privatleben. Dies empfiehlt er auch den Unternehmen,
     Firma Firegroup, wo er und sein Team KMUs bei der                      die er berät: «Viele führen auf Sicht und vergessen dabei,
     digitalen Transformation begleiten. Viele Kunden hätten                eine langjährige Strategie zu haben.» Gerade in unserer
     noch nicht verstanden, dass Digitalisierung kein IT-System,            schnelllebigen Zeit sei es aber unabdingbar, sich länger­
     sondern eine Business-Strategie ist, so Manz. Früher oder              fristige Gedanken zu machen: Wohin wollen wir, und was
     später werde das Digitale aber bei jeder Firma eine Rolle              ist der Grund dafür? «Wer den Hafen nicht kennt, in den er
     spielen – und darüber entscheiden, ob man überhaupt noch               segeln will, für den ist kein Wind der richtige», lautet daher
     existieren könne oder nicht.                                           Manz’ Devise. Dabei bleibt er stets seinem Lebensmotto «Go
                                                                            with the flow» treu. Steht das nicht in diametralem Gegen-
     Zehnmal besser als die Konkurrenz sein                                 satz zum Zehn-Jahres-Plan? Mitnichten. Bei aller Planung
     Die Früchte seiner Arbeit als «Digitalisierer» zeigen sich             müsse man stets offen sein für Opportunitäten, die sich
     derzeit in der Softwarelösung «Fire». Ganz nach dem Motto              ergeben, bilanziert Manz. Nach dieser Prämisse hat er sein
     «Be where the customers are» bietet die Lösung dem                     bisheriges Berufsleben gelebt und wird das auch die
     Kunden ein zentrales Digital-Commerce-System. Und er                   nächsten zehn Jahre tun.
     hat damit Grosses vor: Die Software soll dem Anspruch «ten
     times better» genügen, sprich zehnmal besser sein als die
     Konkurrenz. Speziell im Bereich der Fashion-Industrie strebe
     man mit «Fire» die weltweite Marktführerschaft an – unter
     anderem dank einem integrierten digitalen Showroom und
     einer digitalen Vertriebslösung.

                                                                                                                               Oec. Juli 2020
19
                 Samuel Manz (lic. oec. publ.)
                 ist Gründer und Geschäftsführer
                 der Firegroup GmbH, einer
                 Agentur für Digital Business
                 und E-Commerce. Daneben ist
                 er Co-Founder und Board Member
                 von moneyland.ch, der Crypto
                 Finance Conference AG sowie
                 von Wurst & Moritz. Manz ist
                 verheiratet und Vater von zwei
                 Söhnen.

Oec. Juli 2020
LOKALTERMIN

     Mit Helga
     Fehr-Duda
20

     (leider nicht)
     im Asiaway*
     Text _ Fabienne Schumacher

     Sie sind Professorin für Entscheidungstheorie. Was ist die
     beste Entscheidung, die Sie selbst im Leben getroffen haben?
        Dass ich 1986 Ernst Fehr in einer Wiener Beiz einen
     Heiratsantrag gemacht habe.

     Wie sind Sie denn überhaupt bei diesem Forschungsthema
     gelandet? War es ein Bauch- oder ein Kopfentscheid?
       Keines von beidem. Vieles im Leben ist dem Zufall
     geschuldet. 2003 wurde mir eine Stelle an der ETH Zürich
     angeboten. Mein Arbeitsauftrag lautete damals, die experi-
     mentelle Forschung des Lehrstuhls zu geschlechtsspezifi-
     schen Unterschieden im Risikoverhalten zu betreuen. Ich
     dachte mir, warum nicht, und habe mich so richtig in das
     Thema eingegraben und ein eigenes Forschungsprogramm
     entwickelt. Der Appetit kam sozusagen mit dem Essen.

     Ursprünglich haben Sie Wirtschaftsmathematik studiert.
     Hätte Sie auch etwas anderes gereizt?                             österreichischen Investmentbank. Ich war während der
       Mathematik war eines meiner Lieblingsfächer im                  grossen Privatisierungswelle in Osteuropa an vielen
     Gymnasium. Die Kombination mit Wirtschaft habe ich                Mergers & Acquisitions beteiligt. In so einem Job muss man
     gewählt, weil ich von Wirtschaft keine Ahnung hatte und           24 Stunden für die Kunden zur Verfügung stehen. Nachdem
     der Meinung war, dass ich das ändern musste. Ausserdem            wir nach Zürich gezogen waren, erhielt ich ein sehr gutes
     wollte ich nach dem Studium einen Job in der Wirtschaft           Angebot für eine vergleichbare Aufgabe. Zeitgleich hat sich
     suchen. Ich habe zwar nach Abschluss des Diplomstudiums           aber unser zweites Kind angekündigt, und mir war klar,
     auch ein paar Semester Soziologie studiert, bin dann              dass ich einen so belastenden Job nicht mit zwei kleinen
     aber doch in der Ökonomie hängen geblieben. Insofern              Kindern annehmen kann. Ich bin also eher durch Zufall als
     war die Studienwahl wohl richtig.                                 mit Absicht wieder in der Wissenschaft gelandet.

     Sie haben eine ungewöhnliche Laufbahn hinter sich: Nach           An welchen Moment in Ihrer Karriere denken Sie gerne zurück?
     Ihrer Promotion haben Sie 17 Jahre lang in der Privatwirtschaft      Als ich meine erste Top-5-Publikation in der Zeitschrift
     gearbeitet. Weshalb haben Sie sich nach so langer Zeit zum        «Econometrica» durchgebracht habe. Auch der Entscheid der
     Wechsel in die akademische Welt entschieden?                      Universität Zürich, mich zur ausserordentlichen Professorin
        Bevor unsere Kinder auf die Welt kamen, hatte ich einen        für Entscheidungstheorie und experimentelle Entschei-
     stressigen Job als Head of Research der damals grössten           dungsforschung zu ernennen, hat mich unglaublich gefreut.

                                                                                                                        Oec. Juli 2020
Professorin Helga Fehr-Duda hat an

                                                                                                                                     21
                                                                                             der Technischen Universität Wien
                                                                                             Wirtschaftsmathematik studiert
                                                                                             und bekleidete nach ihrer Promotion
                                                                                             1986 Positionen in der Finanzabtei-
                                                                                             lung des grössten Industriekonzerns
                                                                                             Österreichs sowie der renommier-
                                                                                             testen Investmentbank des Landes.
                                                                                             Nach einigen Semestern als Lehrbe-
                                                                                             auftragte in Finanzwirtschaft an der
                                                                                             Universität Zürich entschied sie sich
                                                                                             2003, wieder komplett in die akade-
                                                                                             mische Forschung zurückzukehren.
                                                                                             Seit 2014 ist Helga Fehr-Duda als
                                                                                             Professorin für Entscheidungstheo-
                                                                                             rie und experimentelle Entschei-
                                                                                             dungsforschung am Institut für
                                                                                             Banking und Finance tätig. Sie wird
                                                                                             Ende Juli 2020 emeritiert.

Ich war bis dahin nur als Postdoc an der ETH angestellt,        strahlend blauer Himmel, angenehme Temperaturen.
während meine beiden Mitarbeiter bereits Professorenstellen     Wahrscheinlich haben sich viele Menschen in Zürich,
angetreten hatten.                                              zumindest zu Beginn des Lockdowns, wie ich damals so
                                                                gefühlt, als wären sie im falschen Film gelandet. Schade,
Die Corona-Pandemie hat das Frühlingssemester 2020 – Ihr        macht sich der Klimawandel nicht so unmittelbar und
letztes Semester an der Universität Zürich – komplett auf den   drastisch bemerkbar wie die Pandemie.
Kopf gestellt. Wie haben Sie die Situation erlebt?
   Beruflich hat mich die Krise quasi in den Vorruhestand       Ende Juli werden Sie nun offiziell emeritiert. Worauf freuen
katapultiert. Ich hatte dieses Semester keine Lehrveranstal-    Sie sich am meisten – und was wird Ihnen fehlen?
tungen und Prüfungsverpflichtungen mehr. Die Betreuung             Eine der schönsten Seiten meines Berufs sind der Kontakt
meines Masterstudenten und meines Doktoranden konnte            und der Austausch mit jungen Menschen, das wird mir
ich zudem sehr gut von zu Hause aus bewerkstelligen.            fehlen. Andererseits freue ich mich darauf, nicht mehr für
Persönlich hat mich die Situation stark an den Frühling 1986    jede Publikation kämpfen zu müssen.
erinnert, als der Reaktor in Tschernobyl in die Luft geflogen
ist. In Wien war man vergleichsweise nah dran, und radio­       *Normalerweise treffen wir uns für das Gespräch im
aktiver Fallout ist genauso unsichtbar wie das Coronavirus.     Lieblingsrestaurant der porträtierten Person. Aufgrund der
Obendrein war auch das Wetter damals so wie in Zürich:          Corona-Pandemie war dies für diese Ausgabe nicht möglich.

Oec. Juli 2020
UPDATE

                                                                               «I am especially looking forward to
                                                                               being able to look directly into the eyes of
                                                                               my students again (rather than just through
                                                                               the screen) and to returning to the daily
                                                                               spontaneous interactions that can sometimes
                                                                               trigger a cool research idea.»

        Historischer
                                                                               Prof. Davide Scaramuzza, Department of Informatics

        Moment für alle
22

        Das Frühlingssemester 2020 wird
        wohl in die Geschichtsbücher einge-
        hen. Aufgrund der Corona-Pandemie
        stellte die Universität Zürich erstmals
        in ihrer Geschichte den Präsenz­
        unterricht ein und wechselte innert
        kürzester Zeit auf digitale Lehre. Diese
        Umstellung hat den Alltag ganz vieler
        Personen an der Universität Zürich
        und unserer Fakultät durcheinander-
        gewirbelt. Auf dieser Doppelseite
        geben wir einen Einblick, was sich in
        den letzten Monaten an unserer
        Fakultät alles verändert hat.

                                                                                     Forschungs- und
                                                                                     Pressebeiträge zur
                                                                                     Corona-Pandemie
                                                                                     Unsere Professoren waren
                                                                                     auch in Zeiten des Corona-
                                                                                     virus gefragte Experten.
                                                                                     Auf unserer Webseite
                                                                                     finden Sie eine Auswahl
                                                                                     von Interviews, Meinungen
                                                                                     und aktuellen Forschungs-
                                                                                     beiträgen rund um das
                                                                                     Coronavirus. Weitere
                                                                                     Informationen unter
                                                                                     www.oec.uzh.ch/corona-
        Im Mai fand die Mitgliederversammlung von OEC Alumni virtuell statt.         pandemie

                                                                                                                                    Oec. Juli 2020
Stimmen aus der Fakultät zum ausserordentlichen Frühlingssemester 2020

                                                                              «Die Online-Lehre stellte alle Beteiligten vor grosse
                                                                              Herausforderungen. Zu meinem Erstaunen funktionierte
                                                                              die Umstellung meist einwandfrei. Zu diesem Erfolg
                                                                              leisteten alle ihren Beitrag – die Universität mit dem
                                                                              Einrichten der Infrastruktur und die Dozierenden und
                                                                              Studierenden mit viel Verständnis und Geduld.»
                                                                              Antonio Thurnher, studiert Betriebswirtschaftslehre

                                                                                                                                            23
                                                      «Ich musste meine Experimente am
                                                      Magnetresonanztomographen (MRT)
                                                      vorübergehend unterbrechen. Mich
                                                      belastete vor allem das Ungewisse, wie
                                                      und wann es weitergeht.»
                                                      Lydia Hellrung, Postdoc am Institut
                                                      für Volkswirtschaftslehre

                                                      «Mich freut es sehr, dass
                                                      mit der Umstellung auf den
                                                      Online-Unterricht die Diskus-            «Für unsere Aus-
                                                      sionen über die Digitalisierung          tauschstudierenden
                                                      der Lehre stark zugenommen               ist die Pandemie sehr
                                                      haben.»                                  einschneidend. Die
                                                                                               Unsicherheit und die
                                                      Benjamin Wilding, Geschäfts-
                                                                                               Sorgen sind gross – das
                                                      führer, Leitung Lehre &
                                                                                               zeigt sich auch in den
                                                      Weiterbildung am Institut für
                                                                                               zahlreichen E-Mails, die
                                                      Banking und Finance
                                                                                               wir erhalten haben.»
                                                                                               Richard Müller-Winter,
                                                                                               Fachkoordinator für
                                      «As an exchange student I like to
                                                                                               Austauschstudierende
                                      go around and discover the city,
                                                                                               am Dekanat
                                      the culture and I love to interact
                                      with people. Unfortunately, this
                                      was not really possible for me
                                      this spring semester. So my ex-                                      «Die Bibliothek für Volkswirt-
                                      change was a bit different that                                      schaft bot während des
                                      I imagined.»                                                         Frühlingssemesters einen
                                      Eileen, Exchange Student                                             Minimalbetrieb an und lie-
                                      from the Fudan University in                                         ferte für UZH-Angehörige
                                      Shanghai, China                                                      Literatur nach Hause.»
                                                                                                           Lukas Tobler, Leiter der
                                                                                                           Bibliothek für Volkswirtschaft

                                                                 Weitere kurze Interviews von Personen an unserer Fakultät
                                                                 gibt es unter bit.ly/coronavirus-alltag

Facts & Figures
•Sämtliche Lehrveranstaltungen mussten für die rund 26′000        Studierenden innert Tagen digitalisiert werden.
•Rund 9500    Mitarbeitende der UZH arbeiteten ab Mitte März im Homeoffice.
•Im Frühlingssemester 2020 wurden an den vier Instituten über 100 Online-Prüfungen durchgeführt,
 wobei bei der grössten Assessmentprüfung 830 Studierende gleichzeitig die Prüfung absolvierten.

Oec. Juli 2020
UPDATE

     Neue Berufungen und Ernennungen – willkommen
     an der Fakultät
                        Sandro Ambühl wurde per 1. Januar 2020
                        zum UBS Foundation Assistenzprofessor
                        für Behavioral Economics of Financial
                        Markets ernannt. Zu seinen Forschungs-
                        schwerpunkten gehören Experimental
24

                        Economics, Behavioral and Experimental
                        Finance sowie Behavioral Welfare Economics.

                        Per 1. April 2020 wurde Teodora Boneva zur
                        Assistenzprofessorin für Ökonomik der
                        Kinder- und Jugendentwicklung ernannt,
                        gestiftet vom Jacobs Center for Productive
                        Youth Development. In ihrer Forschung
                        befasst sie sich unter anderem mit Bildungs-
                        interventionen zur Förderung von
     Fähigkeiten in der Kindheit und untersucht, welche Rolle
     Überzeugungen bei Bildungsinvestitionen spielen.

                       Dan Olteanu wurde per 1. Mai 2020
                       zum ordentlichen Professor für Big Data
                       Science am Institut für Informatik
                       ernannt. Zuvor war er ordentlicher
                       Professor am Department of Computer
                       Science an der Universität Oxford. Sein
                       Hauptinteresse gilt dem Verstehen von
     schwierigen rechnerischen Herausforderungen der
     Datenverarbeitung und dem Entwerfen von einfachen
     und skalierbaren Lösungen dafür.

     Emeritierung
                        Helga Fehr-Duda, ausserordentliche
                        Professorin für Entscheidungstheorie und
                        experimentelle Entscheidungsforschung
                        wird Ende Juli 2020 emeritiert. Zu ihren
                        Forschungsschwerpunkten gehörten die           Neue Prodekane gewählt
                        Modellierung, Messung und Schätzung
                                                                       Per 1. August 2020 hat die Fakultät einen neuen Vorstand
                        individueller Präferenzen gegenüber
                                                                       gewählt: Prof. Uschi Backes-Gellner (bisher) übernimmt
     Risiko und Verzögerung. Im Namen der Fakultät ein
                                                                       künftig das Dossier «Forschung, Nachwuchsförderung
     herzliches Dankeschön für das langjährige Engagement.
                                                                       und Akkreditierung». Nick Netzer (neu), Professor
     Ein Interview mit Helga Fehr-Duda finden Sie auf Seite 20.
                                                                       für Corporate Finance, wird für den Bereich «Lehre und
                                                                       Studium» zuständig sein und Alexander Wagner (neu),
       Bleiben Sie up to date!                                         Professor für Ökonomie, für die Themen «Weiterbildung
                                                                       und Outreach». Als Prodekan zurück­getreten ist
       Die Corona-Pandemie hat auch den Eventkalender
                                                                       Prof. Josef Zweimüller, der weiterhin als Professor für
       unserer Alumnivereine durcheinandergewirbelt. Eine
                                                                       Ökonomie tätig ist.
       aktuelle Übersicht finden Sie unter: www.alumni.ch
       und www.oecalumni.ch

                                                                                                                      Oec. Juli 2020
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